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{"created":"2022-01-31T16:39:34.317090+00:00","id":"lit36424","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Stern, W.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 12: 66-67","fulltext":[{"file":"p0066.txt","language":"de","ocr_de":"66\nLitteraturbericht.\nCharakter. Andere lassen sich durch Logik und Psychologie zur Welterkl\u00e4rung anregen. So schuf Plato die logische Form zur Idee um, Empedokles wollte die Erscheinungen aus Liebe und Hafs erkl\u00e4ren, Schopenhauer durch den Willen. Aufser den Erfahrungswissenschaften sind aber die religi\u00f6sen Vorstellungen von besonderer Kraft f\u00fcr die Methaphysik gewesen, besonders die Vorstellung eines pers\u00f6nlichen Cottes. Nur wird dabei der Inhalt der religi\u00f6sen Idee nicht selten zu einem unpers\u00f6nlichen Begriffe umgewendet. Mit dieser p an th eis tischen Bichtung ist aber die Mystik eng verwandt. Ihre Sehnsucht, sich aufzul\u00f6sen und in die allumfassende Einheit tiberzugehen, ist nicht ohne Zusammenhang mit dem von Plato (Symposion) geschilderten Eros, insofern als gesteigerte Vergeistigung sinnlicher Triebe stufenweise zur mystischen Versenkung in die Idee f\u00fchrt.\tK. Bruchmann.\nF. H. Bradley. On the supposed Uselessnes of the Soul. Mind. New Series No. 14. S. 176-179. April 1895.\nEs giebt eine Anschauung \u00fcber das Verh\u00e4ltnis von Seele und K\u00f6rper, welche die v\u00f6llige Unabh\u00e4ngigkeit des k\u00f6rperlichen Ablaufs vom seelischen Geschehen behauptet. Hiernach ist die Seele gleichsam ein Bad an einer Maschine, das keinen Einflufs auf die Bewegung der Maschine hat. Wie liefse sich diese Anschauung mit der darwinistischen Teleologie vereinbaren, laut welcher jedes Existierende f\u00fcr die Entwickelungsstufe, auf der es existiert, n\u00fctzlich sein mufs ? Man m\u00fcfste dann dem Bewufstsein eine \u00e4hnliche Funktion zuschreiben, wie dem Beibeger\u00e4usch einer Maschine; es ist zwar selbst Kraftvergeudung, zeigt aber doch an, wo etwas der Vervollkommnung bed\u00fcrftig ist, und bewirkt so einen Fortschritt, durch den es selbst \u00fcberfl\u00fcssig gemacht und aufgehoben wird. Indessen kann sich B. mit diesen Konsequenzen nicht einverstanden erkl\u00e4ren.\nW. Stern (Berlin).\nElmer Gates. The Science of Mentation and some New General Methods Of Psychologic Research. The Monish Vol. V. No. 4. S. 574\u2014597. 1895.\nUnter \u201ementation\u201c versteht G. \u201edie Gesammtheit der bewufsten und unterbeW\u00fclsten Anpassungsth\u00e4tigkeiten eines lebenden Organismus\u201c und steckt nun in etwas schematischer Art ein neues Wissenschaftsgebiet ab, das er in Bio-Psychologie und Psycho-Biologie einteilt. Erstere untersucht die Abh\u00e4ngigkeit geistiger Vorg\u00e4nge von organischen Strukturen und physischen Umgebungsbedingungen, letztere die Abh\u00e4ngigkeit organischer Strukturen von gewissen seelischen Bestimmtheiten. Beide Male besteht die Hauptmethode darin, dafs die eine Gruppe von Ph\u00e4nomenen k\u00fcnstlich variiert wird, wobei man dann nach gewisser Zeit im st\u00e4nde ist, zu erkennen, inwiefern die andere Ph\u00e4nomengruppe sich jener Ver\u00e4nderung angepafst hat.\nWenn es nun entschieden zu weit gegangen ist, hier eine g\u00e4nzlich neue Wissenschaft sehen zu wollen und vor allem von ihr jene fundamentale wissenschaftliche, p\u00e4dagogische, ethische Umw\u00e4lzung zu erwarten, wie es G. mit einem etwas phantastischen Optimismus thut, so ist doch nicht zu bestreiten, dafs manche der vorgeschlagenen Methoden brauch-","page":66},{"file":"p0067.txt","language":"de","ocr_de":"Litter aturbericht\n67\nbare Erweiterungen der bisherigen psychophysiologischen Experimental* formen darstellen. Zur Erl\u00e4uterung sei hier folgendes Beispiel erw\u00e4hnt (das freilich im einzelnen noch zu manchen Bedenken Anlafs giebt): G. experimentierte mit drei Gruppen von Sch\u00e4ferhunden, in welchen er k\u00fcnstlich eine verschiedenartige Ausbildung der Gesichtseindr\u00fccke herbeif\u00fchrte. Die eine Gruppe wurde in einem v\u00f6llig dunklen Baume gehalten, die zweite unter nat\u00fcrlichen Verh\u00e4ltnissen belassen, die dritte abgerichtet im Unterscheiden von Farben. Nach Ablauf mehrerer Monate untersuchte er die Hirne der drei Gruppen und fand bedeutende Struktur- und Gewichtsverschiedenheiten.\tW. Stern (Berlin).\nF. Navratil. Die Elemente der psychischen Therapie. Wien, J. Safar, 1896. 38 S.\nNavratil stellt, wie er in dem Nachworte sagt, die Besultate seines Studiums der Elemente der psychischen Behandlung zusammen, in der Meinung, dafs die Ver\u00f6ffentlichung derselben den j\u00fcngeren Kollegen von einigem Nutzen sein d\u00fcrfte.\nOb er dieser guten Meinung gerecht geworden, dar\u00fcber liefse sich streiten, und es w\u00e4re wohl eine andere Behandlung des Gegenstandes denkbar, die dem Ziele n\u00e4her k\u00e4me. Andererseits erkl\u00e4rt sich der Verfasser f\u00fcr zufrieden, wenn es ihm gelungen sei, dem einen oder anderen der j\u00fcngeren Kollegen Anregung zum Studium der psychischen Heilmethode gegeben zu haben, oder wenn er Anlafs geworden sei, dafs Besseres auf diesem Gebiete zum Erscheinen komme. Angesichts dieses bescheiden gesteckten Zieles wird sich die Kritik ebenfalls zu bescheiden haben.\nNavratil hat viel gelesen, und, wer vieles bringt, wird manchem etwas bringen.\nDafs unter der Last des rast- und ruhelosen Studiums, wie es der \u00fcbergrofse Beichtum an medizinischen Einzelf\u00e4chern nun einmal erfordert, die \u00e4rztliche Kunst Not leiden mufs, und der angehende Arzt oft in allem anderen Bescheid weifs, und nur in dem einen nicht, wie er sich einem Kranken gegen\u00fcber zu benehmen hat, dar\u00fcber besteht unter den \u00e4lteren \u00c4rzten kaum ein Zweifel. Mit der Ausbildung des Verstandes h\u00e4lt die des Herzens nicht immer gleichen Schritt, und neben den sich immer steigernden Anforderungen des \u201eFaches\u201c mufs die allgemeine Bildung notwendigerweise zu kurz kommen.\nOb nun hierin das Studium der Philosophie, der Psychologie und der Geschichte der Medizin, welches Navratil empfiehlt, einen wesentlichen Wandel bringen und das Fehlende ersetzen werde, das w\u00e4re erst zu beweisen.\nStudiert wird jetzt schon genug, nach der Meinung von vielen schon mehr als genug, und es d\u00fcrfte sich eher darum handeln, f\u00fcr das Neue Platz zu machen, als wie noch neues Studium auf das alte zu h\u00e4ufen.\nDer moderne Mediziner kann keine neuen F\u00e4cher mehr lernen, weil er schon zu den alten keine gen\u00fcgende Zeit mehr hat, die er kaum mehr in sich aufnehmen, geschweige denn zu einem organischen Ganzen\n5*","page":67}],"identifier":"lit36424","issued":"1896","language":"de","pages":"66-67","startpages":"66","title":"Elmer Gates: The Science of Mentation and some New General Methods of Psychologic Research. 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