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{"created":"2022-01-31T16:38:56.556210+00:00","id":"lit36451","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Cohn, J.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 12: 153-154","fulltext":[{"file":"p0153.txt","language":"de","ocr_de":"Litter aturbericht.\n153\nSomit bleibt nach D. der Gesichtssinn als der einzige raumschaffende Sinn \u00fcbrig. Als der einzige, sage ich, der nicht-optische Eaumvor Stellungen nicht einmal neben sich duldet. D. lehrt ausdr\u00fccklich, dafs, f\u00fcr uns Sehende wenigstens, der Tastsinn \u00fcberhaupt nicht im st\u00e4nde sei, r\u00e4umliche Perzeption zu vermitteln; sonst k\u00f6nnte ja die Raumvorstellung nicht eine einheitliche und in sich homogene sein. Freilich ist an und f\u00fcr sich die Raumauffassung als Produkt des Tastsinnes denkbar und bei Blindgeborenen verwirklicht. Aber jene taktilen Raumvorstellungen seien mit optischen absolut unvereinbar; sie k\u00f6nnten nicht nebeneinander bestehen, sondern m\u00fcfsten, wo sie zusammentr\u00e4fen, sich gegenseitig bek\u00e4mpfen, bis die eine alleinherrschend geworden. Dieser Widerstreit sei deutlich zu beobachten bei operierten Blindgeborenen einerseits, bei sp\u00e4ter Erblindeten andererseits. \u2014 Auch die Tiefendimension und die Bewegung wird nach D. auf rein optischem Wege wahrgenommen, wobei der Verfasser freilich auch die Muskelempfindungen des Auges als Bestandteile der \u201esensations visuelles\u201c ansieht! \u2014 Die Raum Vorstellung ist nicht mit der Vorstellung der Ausdehnung ersch\u00f6pft, vielmehr kommt hierzu noch als notwendiger Faktor die Gestalt; und gerade auf die Auffassung dieser bezieht sich die Heterogeneit\u00e4t optischer und taktiler Raum Wahrnehmung. Dafs die Geometrie dennoch f\u00fcr Blinde und Sehende gilt, wird damit erkl\u00e4rt, dafs sie nicht eine Wissenschaft der Dinge, sondern eine Wissenschaft der Beziehungen sei. \u2014 Im letzten Kapitel sucht sich D. mit der KANTschen Raumlehre auseinanderzusetzen.\nW. Stern (Berlin).\nJames H. Htslop. Our Lokalization in Space. Psychol Rev. III.\nS. 89\u201492. 1896.\nC. L. Herrick. Suspension of the Spatial Consciousness. Ebenda III.\nS. 191\u2014193. 1896.\nEinige Beobachtungen \u00fcber die Orientierung beim Erwachen mitten in einem Traum. Verfasser meint, dafs das Gesichtsbild der wirklichen Umgebung, wenigstens bei ihm selbst, zur Erkenntnis derselben n\u00f6tig sei. Blofse Tastwahrnehmungen verwirren zwar das Traumbild, geben aber keine Klarheit. In einem anderen Falle, wo er sich wachend \u00fcber die Lage eines Ladens t\u00e4uschte, l\u00f6ste sich diese T\u00e4uschung erst, als er sich ihre Ursache (einen Laden gleicher Art in einer anderen Stadt) visuell vorstellte.\nIm Anschlufs an Hyslops Beobachtung teilt Herrick einen Fall mit, wo er beim Erwachen lange \u00fcber den Ort, an welchem er schlief, im Unklaren war. Die Orientierung wurde hier ohne H\u00fclfe des Gesichtssinnes wiedererlangt.\tJ. Cohn (Berlin).\nJosiah Royce. Some Observations on the Anomalies of Self-Consciousness. Psychol. Rev. II. S. 433\u2014457 u. 574\u2014584. 1895.\nDie Hauptabsicht dieser Arbeit ist, den sozialen Faktor als wesentlich mafsgebend f\u00fcr das Selbstbewufstsein und seine Erkrankungen nachzuweisen. Die hervortretenden Seiten des normalen Selbstbewufstseins","page":153},{"file":"p0154.txt","language":"de","ocr_de":"154\nLitter aturbericht.\nsind (S. 438) 1. eine relativ best\u00e4ndige Gruppe innerer Zust\u00e4nde (Gemeinempfindungen, Gef\u00fchle); 2. das Gef\u00fchl der freien \u00dcberwachung (Beherrschung) des allgemeinen Verlaufs der inneren Zust\u00e4nde; 3. die Erwartung eines zuk\u00fcnftigen, die Erinnerung an ein vergangenes Selbst, welches als mehr oder minder genau dem gegenw\u00e4rtigen Selbst gleichend vorausgesetzt wird; 4. eine Summe \u00e4ufserer Beziehungen von Macht, Hecht, Ehre, Stellung, Pflicht etc. zu den Nebenmenschen, den sozialen Gruppen und eventuell zu Gott.\nDie sozialen Beziehungen sind insofern der entscheidende Faktor, als ihr Vorhandensein oder Fehlen daf\u00fcr entscheidend ist, ob eine Gruppe von Gemeinempfindungen auf das Selbstbewufstsein bezogen wird oder nicht. So ist z. B. bei Kolik eine heftige St\u00f6rung der Gemeinempfindungen vorhanden, ohne auf das Selbstbewufstsein einzuwirken; denn Leibschmerzen verm\u00f6gen nicht die Vorstellung einer sozialen Lage hervorzurufen. Dagegen bewirkt die allgemeine Depression nach einer Grippe die Vorstellung von sozialem Mifsgeschick, Verwirrung und Machtlosigkeit, und damit eine \u00c4nderung des Selbstbewufstseins.\nSo gut wie alle anderen Faktoren des Selbstbewufstseins kann nun auch der soziale Faktor erkranken. Ein Beispiel einer solchen Erkrankung wird im zweiten Teil der Arbeit gegeben.\nDer Grundgedanke der Arbeit ist sicherlich sehr anregend, nur der Titel ist ein wenig irref\u00fchrend. Es handelt sich bei allen diesen Er\u00f6rterungen weit mehr um die richtige oder falche Vorstellung von der eigenen Pers\u00f6nlichkeit, als um das, was man gew\u00f6hnlich Selbstbewufstsein nennt. Das eigentliche Selbstbewufstsein, d. h. die Gegen\u00fcberstellung eines \u201eIch\u201c und eines \u201eNicht-Icha, wobei das \u201eNicht-Ich\u201c ebensogut als \u201eSache\u201c wie als \u201efremde Pers\u00f6nlichkeit\u201c charakterisiert sein kann, wird dabei \u00fcberall schon vorausgesetzt. Es wird gezeigt, wie f\u00fcr die n\u00e4here Ausgestaltung und Bewertung dieses \u201eIch\u201c die sozialen Motive entscheidend werden. Diese Bemerkung soll die Arbeit durchaus nicht tadeln, sondern ihr nur ihren wissenschaftlichen Ort anweisen.\nJ. Cohn (Berlin).\nA. Binet et V. Henri. La m\u00e9moire des mots. Vann\u00e9e psychol. Bd. I. S. 1\u201423. 1895.\n\u2014 La m\u00e9moire des phrases. L\u2019ann\u00e9e psychol. Bd. I. S. 24\u201459. 1895.\nEs wird berichtet \u00fcber Versuche, welche mit Schulkindern angestellt sind. Bei einer ersten Gruppe von Versuchen wurde den Kindern eine Eeihe von Worten, welche keinen inneren Zusammenhang hatten, vorgelesen und ihnen die Aufgabe gestellt, unmittelbar nach dem Aussprechen des letzten Wortes alles niederzuschreiben, was sie behalten hatten. Er ergab sich:\n1.\tDer Umfang des (prim\u00e4ren) Ged\u00e4chtnisses w\u00e4chst ein wenig mit zunehmendem Alter.\n2.\tMit der Anzahl der vorgesprochenen Worte w\u00e4chst auch die Anzahl der behaltenen Worte.","page":154}],"identifier":"lit36451","issued":"1896","language":"de","pages":"153-154","startpages":"153","title":"Josiah Royce: Some Observations on the Anomalies of Self-Consciousness. Psychol. Rev. II. S. 433-457 u. 574-584. 1895","type":"Journal Article","volume":"12"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:38:56.556215+00:00"}