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{"created":"2022-01-31T16:17:27.956973+00:00","id":"lit37361","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Gonnermann, Max","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 99: 255-296","fulltext":[{"file":"p0255.txt","language":"de","ocr_de":"Beitr\u00e4ge zur Kenntnis der Biochemie der Kiesels\u00e4ure.\nVpn\nDr. Max Gonnermann.\nMit 4 Tabellen.\n(Aus dem Institute f\u00fcr Pharmakologie und physiologische Chemie zu Rostock.) (Der Redaktion zugegangen am 7. M\u00e4rz 1917.)\nInhalt.\nSeite\nMethodik........................................................ 255\n1.\t\u00dcber den Kiesels\u00e4uregehalt einiger epithelialen Gebilde........\t257\nTabelle I........................................................ 264\n2.\t\u00dcber den Kiesels\u00e4uregehalt von Abk\u00f6mmlingen des mittleren\nKeimblattes...................................................... 266\nTabelle II....................................................... 269\n3.\t\u00dcber die Ausscheidungsst\u00e4tten der Kiesels\u00e4ure aus dem Organismus ...................................................... ....\t271\nTabelle III...................................................... 277\n4.\t\u00dcber die Beziehungen der Kiesels\u00e4ure zu den Lungen und \u00fcber\nden Kiesels\u00e4uregehalt einiger Pflanzen ...........\t280\nTabelle IV...........................................* . 290-291\n\u00dcber die biologischen Funktionen der Kiesels\u00e4ure in den h\u00f6heren Tieren ist unter Medizinern und physiologischen Chemikern so gut wie nichts bekannt. Und doch kann es nicht dem geringsten Zweifel unterliegen, da\u00df die Kiesels\u00e4ure ein Baustein des normalen menschlichen und tierischen Organismus ist, gerade so wie z. B. das Eisen. Nach Albu und Neuberg1) enthalten sogar alle Organe regelm\u00e4\u00dfig Silikate. Da\u00df es daher wohl auch Krankheiten geben d\u00fcrfte, die auf Kiesels\u00e4uremangel oder Kiesels\u00e4ureschwund beruhen, und bei denen die Darreichung von Kiesels\u00e4ure in geeigneter l\u00f6slicher Form indiziert erscheint und wesentliche Besserung, ja sogar Heilung herbeizuf\u00fchren imstande ist, ist leicht denkbar. Es\n*) Alb. Albu und Carl Neuberg, Physiologie u. Pathologie des Mineralstoffwechsels (Berlin 1906), S. 186.","page":255},{"file":"p0256.txt","language":"de","ocr_de":"256\nMax Gonnermann,\nd\u00fcrften hier analoge Verh\u00e4ltnisse vorliegen, wie bei den Pflanzen. Bekanntlich hat Jodin1) nachgewiesen, da\u00df man Maispflanzen zwar mehrere Generationen hintereinander in kiesels\u00e4urefreien Medien z\u00fcchten kann, da\u00df solche Exemplare aber der normalen Widerstandsf\u00e4higkeit gegen mechanische Sch\u00e4digungen entbehren und auch viel leichter von Parasiten befallen werden. Ganz analoge Verh\u00e4ltnisse kommen nach R. Robert bei der karvern\u00f6sen Tuberkulose der Menschen in Betracht, w\u00e4hrend bei den Tieren mit kiesels\u00e4urereicher Kost sich eben nie Kavernen bilden. Weiter pflegt Robert bei Besprechung der Berberikrankheit, die ja durch gesch\u00e4lten Reis hervorgerufen, durch Zugabe der Reiskleie aber geheilt wird, zu bem\u00e4ngeln, da\u00df von allen Experimentatoren noch keiner darauf R\u00fccksicht genommen hat, da\u00df der polierte Reis nur sehr wenig Kiesels\u00e4ure enth\u00e4lt, die Reiskleie aber au\u00dferordentlich gro\u00dfe Mengen. Es w\u00e4re daher nicht undenkbar, da\u00df die Darreichung entsprechend gro\u00dfer Kiesels\u00e4uremengen auch ohne das Kleienvitamin sich bei dieser Krankheit n\u00fctzlich erweist. Das Angef\u00fchrte d\u00fcrfte es verst\u00e4ndlich machen, da\u00df ich mich l\u00e4ngere Zeit auf Veranlassung Roberts hin mit quantitativen Kiesels\u00e4urebestimmungen in tierischen und pflanzlichen Gebilden besch\u00e4ftigt habe.\n\u00dcber die Methodik der Untersuchung liegen namentlich von Hugo Schulz in Greifswald ausf\u00fchrliche Ver\u00f6ffentlichungen vor. Was meine eigene Methodik anlangt, m\u00f6gen folgende kurzen Angaben gen\u00fcgen. Alle Organe, welche nicht an sich trocken waren, wie Haare, Horn, Seide, wurden unter Alkohol geh\u00e4rtet, getrocknet, zerkleinert, endlich zu Pulver zerrieben und im Soxhl et sehen Extraktionsapparat mittels \u00c4ther entfettet. Das entfettete Pulver wurde gewogen. Die so gewonnenen Gewichtsangaben finden sich im vierten Stabe der unten folgenden Tabelle I. Die Veraschung wurde nur in Porzellantiegeln vorgenommen, die vorher mit konzentrierter Salzs\u00e4ure geh\u00f6rig ausgekocht waren und dabei erwiesen hatten, da\u00df sie nur Spuren von Kiesels\u00e4ure in L\u00f6sung gehen lassen, also beispielsweise 3 Tiegel von 40 ccm, 25 ccm und 10 ccm\n*) Jodin, zitiert nach Jahresber. f. die Fortschritte der Chemie. Jahrg. 1883, S. 1392.","page":256},{"file":"p0257.txt","language":"de","ocr_de":"Beitr\u00e4ge zur Kenntnis der Biochemie der Kiesels\u00e4ure. 2\u00ab)7\nInhalt im ganzen nur 1 mg. Aus der Asche wurde nach der bei der Mineral- und Pflanzenanalyse allgemein \u00fcblichen Methode die Kiesels\u00e4ure abgeschieden, der nach dreimaligem Eindampfen mit konzentrierter Salzs\u00e4ure erhaltene staubartige Trockenr\u00fcckstand wurde, was ich als sehr wichtig herausgefunden habe, mit Salpeters\u00e4ure ausgekocht, um das in Salzs\u00e4ure zum Teil schwer l\u00f6sliche Eisenphosphat, welches fast in keinem Organ fehlt, in L\u00f6sung zu bringen. Dies wurde so lange fortgesetzt, bis durch Schwefelammon im Filtrat keine Gr\u00fcnf\u00e4rbung mehr hervorgerufen wurde. Wurde die Asche am Ende des Gl\u00fchprozesses nicht wei\u00df, sondern blieb sie dunkel, d. h. kohlehaltig, trotzdem das Gl\u00fchen nie bis zum Schmelzen getrieben worden war, so wurde sie mit salzs\u00e4urehaltigem Wasser ausgekocht, die L\u00f6sung filtriert, in tarierter Schale verdampft und der Filterr\u00fcckstand von neuem gegl\u00fcht. Dabei schwand dann die dunkle Farbe. Der Schaleninhalt wurde zur gefundenen Asche hinzugerechnet. Die Kiesels\u00e4ure der Tabelle ist als Anhydrid gerechnet und sowohl f\u00fcr Asche als f\u00fcr entfettete Trockensubstanz angegeben. Der Sicherheit halber wurde die Richtigkeit der Zahlen fast in allen F\u00e4llen dadurch kontrolliert, da\u00df die gewonnene reine Si02 mit Ammoniumfluorid verrieben und durch Gl\u00fchen im Platintiegel verfl\u00fcchtigt wurde. Nur der beim Gl\u00fchen sich verfl\u00fcchtigende Teil wurde als SiO, gerechnet. Er stimmte\naber meist mit dem schon vorher gewonnenen Werte gut \u00fcberein.\n1. \u00dcber den Kiesels\u00e4uregehalt einiger epithelialen\nGebilde.\nDa\u00df die Deckschichten der Pflanzen (Diatomeen, Equi-setaceen, Gramineen) und der niederen Tiere (Infusorien, Kieselschw\u00e4mme) von ihrem Kieselreichtum lebenslang gro\u00dfen Vorteil haben, ist leicht einzusehen. Aber auqh bei den Wirbeltieren bis zum Menschen hinauf finden wir, wie die Analyse l\u00e4ngst erwiesen hat, in den epithelialen Gebilden der \u00e4u\u00dferen Haut reichlich Kiesels\u00e4ure als mechanisch sch\u00fctzendes, der Verhornung analog wirkendes Agens. Unter diesem Gesichts-","page":257},{"file":"p0258.txt","language":"de","ocr_de":"258\nMax Gonnermann,\npunkte wird es verst\u00e4ndlich, da\u00df diejenigen Teile der Hautgebilde, welche dauernd abgesto\u00dfen werden, auch lebenslang immer wieder neuer Zufuhr bed\u00fcrfen. Robert beklagt sich in seinen Vorlesungen, da\u00df dar\u00fcber in keinem einzigen ihm zug\u00e4ngigen dermatologischen Werke auch nur ein Satz zu finden ist. Schlo\u00dfberger fand vor einem halben Jahrhundert in dem in Wasser unl\u00f6slichen Teile der Ichthyosisborken 29,6\u00b0/o Kiesels\u00e4ure. Auf Asche berechnet, w\u00fcrde diese Zahl nat\u00fcrlich noch viel h\u00f6her ausfallen. Schmelzer fand unter Gorup-Besanez in der Asche der Borken eines Patienten mit Pellagra erhebliche Mengen von Kiesels\u00e4ure. Dies sind die einzigen beiden Angaben, die ich in der Literatur finden konnte. Die s\u00e4mtlichen modernen Dermatologen scheinen f\u00fcr die Nachpr\u00fcfung dieser Angaben kein Interesse zu haben.\nVom Standpunkt der vergleichenden Biologie aus sind nicht minder interessant die leider ebenfalls aus alter Zeit datierenden und nicht nachgepr\u00fcften Angaben \u00fcber den Si02-Gehalt der Vogelfedern. Gorup-Besane'z fand in der Asche der Federn k\u00f6rnerfressender V\u00f6gel 40\u00b0/o Si02, in der Asche fleischfressender nur 27\u00b0/o und in der von Fischen lebenden V\u00f6geln sogar nur 10,5\u00b0/o Si02. Ganz mit Recht schlie\u00dft Gorup-Besanez daraus auf einen Einflu\u00df der Nahrung auf den Kiesels\u00e4uregehalt der Federn. Dazu stimmt, da\u00df er die Federn ganz junger V\u00f6gel kiesels\u00e4ure\u00e4rmer fand als die \u00e4lterer. Wir d\u00fcrfen daraus wohl die Vermutung herleiten, da\u00df auch beim Menschen geeignete kiesels\u00e4urereiche Kost die Ern\u00e4hrung der Haut mit Kiesels\u00e4ure zu verbessern imstande ist. Die Angabe der Vegetarier, da\u00df bei ihrer Lebensweise die Psoriasis viel leichter schwinde als bei gemischter Kost, erscheint unter diesem Gesichtspunkt verst\u00e4ndlich. Auch f\u00fcr gewisse Formen des chronischen Ekzems hat man dieselbe Behauptung aufgestellt. Die Frage, in welcher Form sich das Silicium in den Federn findet, hat zuerst Drechsel,1) z. T. mit Frln. Winogradoff, zu beantworten versucht. Nach\n*) E. Drechsel, Zentralbl. f. Physiol., Bd. 11, 1898, S. 361. Dies ist nur eine vorl\u00e4ufige Mitteilung ; die ausf\u00fchrliche Arbeit ist aber \u00fcberhaupt nicht erschienen.","page":258},{"file":"p0259.txt","language":"de","ocr_de":"Beitr\u00e4ge zur Kenntnis der Biochemie der Kiesels\u00e4ure. 259\ndiesen beiden Autoren findet sieh unser Element in den Vogelfedern als Orthokiesels\u00e4ureester Si(0C34H590)4 eines zweiwertigen Alkohols C34H60O2.\nCerny1) wiederholte diese Versuche und stellte die fragliche Substanz sowohl aus G\u00e4nsefedern als aus H\u00fchnerfedern dar. Die Federst\u00e4mme der Gans lieferten 0,17\u00b0/o und die zugeh\u00f6rigen (ahnen 0,15\u00b0/o dieser Substanz. H\u00fchnerfedern aber lieferten 0,346 \u00b0/o, also das Doppelte. Der Gehalt an Si02, der bei dieser Substanz nach Drechsel 2,97\u00b0/o betragen m\u00fc\u00dfte, betrug aber in maximo nur 0,4\u00b0/o und war mehrmals sogar null. Trotzdem Drechsel sogar einen Orthokiesel-s\u00e4urecholesterylester k\u00fcnstlich darstellen konnte, liegen nach Cerny, was die von Drechsel und von ihm selbst isolierten Substanzen der Federn anlangt, Gemische von Fetts\u00e4urestern eines oder mehrerer hochmolekularen Alkohole des B\u00fcrzeldr\u00fcsensekrets mit als Verunreinigung auf die Federn gelangtem Kieselstaub vor. Kobert hat in seinen Vorlesungen diese Auffassung immer bek\u00e4mpft; er h\u00e4lt das Silicium f\u00fcr einen integrierenden Bestandteil auch der reinsten Vogelfedern, gibt aber zu, da\u00df es darin vielleicht nur als unorganische Substanz sich findet. Gegen die Auffassung von Cerny spricht \u00fcbrigens, da\u00df dieser Autor aus dem \u00c4therextrakt des mit Alkohol vorher entw\u00e4sserten Vogelblutes (von G\u00e4nsen, H\u00fchnern, Tauben) sowie aus der G\u00e4nseleber eine analoge kiesels\u00e4urehaltige Substanz mit 0,05\u20140,80\u00b0/o Si02 darstellen konnte.\nEin Analogon der Vogelfedern sind die Igelstacheln, die immer kiesels\u00e4urehaltig sind. Ein zweites Analogon der Federn der V\u00f6gel sind die Haare der Tiere und der Menschen. Gorup-Bezanez\tfand in der Asche\nvon\tRehhaaren.......................8,1 \u00ae/0\tKiesels\u00e4ure,\n\u00bb\tSchafwolle......................8,3\to/o\n\u00bb Bockhaaren................9,4\u00b0/o\t\u00bb\n\u00bb Meerschweinchenhaaren ll,8\u00b0/o\t-, *\n\u00bb Hundehaaren...............12,5\u00b0/o\t\u00bb\n\u00bb\tPferdehaaren...................14,6\t\u00b0/o\n*)' ^arl Cerny, Zur Frage des Vorkommens von Kiesels\u00e4ure im Organismus. Diese Zeitschr., Bd. 62, S. 296, 1909.","page":259},{"file":"p0260.txt","language":"de","ocr_de":"260\nMax Gonnermann,\nBeim Menschen ist Haupt- und Barthaar zu unterscheiden. Die zun\u00e4chst zu nennenden Analysen beziehen sich auf Haupthaar. Nach Hammarsten1 *) kann der Gehalt der Haare an unorganischen Bestandteilen zwischen 0,5 und 7\u00b0/o schwanken. Hier w\u00e4ren vergleichende Analysen des Haupthaars verschiedener Menschenrassen von erheblichem Wert. Baudrimont*) fand in der Asche schwarzen Menschenhaars 6,611\u00b0/o, in der Asche wei\u00dfen Haars 12,308\u00b0/o, in der von braunem 30,666\u00b0/o, in der von blonden 30,717\u00b0/o und in der von rotem Haupthaar 42,462\u00b0/o Kiesels\u00e4ure. Gorup-Besanez erhielt aus der Asche wei\u00dfer Haare 9,52\u00b0/o und aus der brauner 13,89\u00b0/o Kiesels\u00e4ure. Wie schon das aus dem Ei kriechende H\u00fchnchen in den ersten Federn etwas Kiesels\u00e4ure enth\u00e4lt, so kommt auch der Mensch bereits mit kiesels\u00e4urehaltigem Haupthaar zur Welt; doch nimmt der Kiesels\u00e4uregehalt nachher noch zu. Eine dar\u00fcber orientierende Tabelle hat auf Grund Kunkelscher und eigner Analysen Kall3) aufgestellt. Er fand den Prozentgehalt des unveraschten Haars an SiO, beim blonden Neugebornen zu0,083, beim dunkelblonden Neugebornen aber zu 0,103. Beim 2j\u00e4hrigen blonden Kinde fand er bereits 0,115<>/o Si02. Im braunen Haupthaar eines 15j\u00e4hrigen fand er 0,184\u00b0/o, in denen eines 17 j\u00e4hrigen 0,151 \u00b0/o und in denen eines 18 j\u00e4hrigen 0,152 \u00b0/o. Das dunkelbraune Haupthaar eines 59j\u00e4hrigen enthielt 0,233\u00b0/o. Das graue Haar eines 63j\u00e4hrigen und eines 65j\u00e4hrigen enthielten 0,100 und 0,098 \u00b0/o. Analysen von Barthaaren hat er zwei ausgef\u00fchrt. Der rote Bart eines 35j\u00e4hrigen enthielt 0,093\u00b0/o und der graue Bart eines 65j\u00e4hrigen 0,142\u00b0/o.\nAuf Asche sind diese Zahlen leider nicht umgerechnet. Nimmt man an, da\u00df die Barthaare der beiden oben erw\u00e4hnten Personen auch nur 1,0\u00b0/o Asche enthielten, was nach meinen eigenen Analysen noch zu niedrig ist, und da\u00df diese im wesentlichen aus Kiesels\u00e4ure bestand, so ergibt sich f\u00fcr die\n') 0. Hammarsten, Lehrbuch der physiologischen Chemie, 6. Aufl. (Wiesbaden 1907), S. 684.\n\u2022) Zitiert nach H. Schulz, Pfl\u00fcgers Arch., Bd. 84,1901, S. 67\u201469.\n3) Friedrich Kall, Die Kiesels\u00e4ure in tierischen und menschlichen Organismen. Diss. W\u00fcrzburg 1898.","page":260},{"file":"p0261.txt","language":"de","ocr_de":"Beitr\u00e4ge zur Kenntnis der Biochemie der Kiesels\u00e4ure. 261\nAsche des roten Bartes 9,3\u00ae/o SiO, und f\u00fcr den Bart des Greises 14,2 \u00b0/o Si\u00dc\u00e4. F\u00fcr die Haupthaarasche des oben genannten 15j\u00e4hrigen berechnet sich 18,4<* */o SiO,. Hugo Schulz h\u00fclt alle quantitativen Kiesels\u00e4urebestimmungen des Haares f\u00fcr ungenau, da es nicht gelinge, den an Haaren festhaftenden Kieselstaub zu entfernen. Unter diesem Gesichtspunkt betrachtet, m\u00f6chte auch ich wenigstens die eine oben angef\u00fchrte Angabe,\u2019\nda\u00df die Haarasche bis 42\"/o SiO, enthalten k\u00f6nne, als zu hoch ansprechen.\nDa\u00df die Kr y stallinse des Auges als epitheliales Organ kiesels\u00e4urehaltig ist, ist leicht verst\u00e4ndlich. Schulz1) fand in der Asche von Rinderlinsen 0,20 \u00b0/o und in der von Rindern und Schweinen 0,28 \u00b0/o Si02. Was Menschenlinsen anlangt, liegen nur Beobachtungen an Starkranken vor. Wir haben aber keine Sicherheit, da\u00df der Kiesels\u00e4uregehalt der Linse bei Gesunden derselbe ist wie bei Starkranken.\nVon dr\u00fcsigen Organen hat O i d t m a n n schon 1858 die L eb e r untersucht. Die Asche der Leber eines 56 j\u00e4hrigen Mannes ergab 0,27 \u00b0/o Si02 entsprechend 0,01 *lo der Lebertrockensubstanz. Die Asche der Leber eines an Marasmus senilis zugrunde gegangenen Mannes lieferte 0,12 \u00b0/0 Si02, entsprechend 0,003 \u00ab/o der Trockensubstanz. Die Asche der Leber eines syphilitischen Neugeborenen ergab 0,18 \u00b0/0 Si02 entsprechend 0,009 \u00b0/o der Trockensubstanz. Die Asche der Leber zweier Kr\u00e4hen enthielt 3,93o/o Si02, entsprechend 0,10 \u00b0/0 der Trockensubstanz.\nAuch in dem Sekrete der Leber, der Galle, ist stets Kiesels\u00e4ure, wTenn auch nur in Spuren nachweisbar.\nDas Gleiche gilt von der Milchdr\u00fcse und ihrem Sekret, der Milch, auf die ich unten noch n\u00e4her eingehen werde.\nNach Kunkel2) und seinen Sch\u00fclern Faulhaber, L\u00fcring und Kall ist auch das Pankreas stets kiesels\u00e4urehaltig. Noch Faulhaber kann es bis 0,1234\u00b0/o seiner Asche\naus Kiesels\u00e4ure bestehen. In neun Analysen des Kunkelschen\n*\n*) H. Schulz, Pfl\u00fcgers Arch., Bd. 84, 1901, S. 78. .\n*) A. J. Kunkel, Sitzungsber. der physikal.-med. Gesellsch. zu W\u00fcrzburg, Jahrg. 1898, S. 78. Vgl. Malys Jahresber., Jahrg. 29, S. 438 und Jahrg. 30, S. 512. Hier irrt\u00fcmlich 12,339 \u00b0/o SiOr\nHoppe-Seyler\u2019s Zeitschrift f. physiol. Chemie. IC.\t'\t19","page":261},{"file":"p0262.txt","language":"de","ocr_de":"262\nMax Gonnermann,\nInstituts fehlte die Kiesels\u00e4ure in diesem Organ nie. Kunkel und seine Sch\u00fcler kommen zu dem Ergebnis, da\u00df in diesem Organ die Vorratskiesels\u00e4ure des Organismus so aufgestapelt wird, wie das Jod in der Schilddr\u00fcse und das Eisen in der Leber. Kahle1 * 3) hat dann weiter geglaubt eine innige Beziehung des Kiesels\u00e4uregehaltes des Pankreas zu Tuberkulose und Carcinom feststellen zu k\u00f6nnen. Bei Tuberkulose sollte das Pankreas an Kiesels\u00e4ure verarmen und bei Carcinom sich mit Kiesels\u00e4ure, die aus dem carcinomat\u00f6sen Organ auswandert, anreichern. Kahles Untersuchungsmaterial war aber nur sp\u00e4rlich. Darum hat Schulz*) diese Frage k\u00fcrzlich von neuem gepr\u00fcft. Er untersuchte 73 menschliche Bauchspeicheldr\u00fcsen und fand als Mittel s\u00e4mtlicher Analysen in 100 g Trockensubstanz 12,05 mg Si02. Falls die F\u00e4lle von Tuberkulose und Krebs ausgeschlossen wurden, ergab sich als Mittel 13,07 mg. Das Mittel aus 11 Pankreasdr\u00fcsen sicher Tuberkul\u00f6ser ergab 13,59 mg, also eine Steigerung des Kiesels\u00e4uregehaltes, und das Mittel von 9 Krebskranken 15,92 mg, also ganz im Sinne von Kahle eine gewisse Steigerung. Es darf nicht verschwiegen werden, da\u00df bei beiden Krankheiten auch Einzelwerte weit unter dem Mittel gefunden wurden, sowie da\u00df Schulz \u00fcber die etwaige Behandlung der Tuberkul\u00f6sen, aus deren Leichen diese Dr\u00fcsen stammten, mit kiesels\u00e4urereicher Kost oder Arznei, wodurch diese mit Kiesels\u00e4ure wieder angereichert sein k\u00f6nnten, keine Angaben macht. Das mittlere Gewicht der frischen Dr\u00fcse betrug durchschnittlich 56,82 g (59,88 beim Mann, 51,90 bei der Frau), die Trockensubstanz 18,7472 g, die Asche 6,3144 g mit 0,2071 \u00b0/0 SiO*. Bei Leuten von 60\u201480 Jahren war der Si08-Gehalt des Pankreas besonders hoch; das Maximum war 1,3831 \u00b0/o.\nVon andern hierhergeh\u00f6rigen Organen bezw. Bestandteilen der Warmbl\u00fcter, in denen Kiesels\u00e4ure gefunden wurde, nenne ich das Gehirn, in dem sie beim Kalbe nach Gorup-Besanez8) als Kieselfluornatrium enthalten ist,\n*) Hanns Kahle, M\u00fcnch, med. Wochenschr., Jahrg. 1914, S. 752.\n\u2022) Hugo Schulz, Biochem. Zeitschr., Bd. 70, 1915, S. 464.\n3) Gorup-Besanez, Lehrb. d. physiol. Chem., 4. Aufl.","page":262},{"file":"p0263.txt","language":"de","ocr_de":"Beitr\u00e4ge zur Kenntnis der Biochemie der Kiesels\u00e4ure. 263\ndas Eidotter, in dem sie nach Poleck1) 0,55\u20141,40% der Asche ausmacht, und das Eiwei\u00df der Eier, dessen Asche nach Poleck und Weber*) 0,28\u20142,04% Kiesels\u00e4ure enth\u00e4lt.\nDies ist der wesentliche Inhalt der Weltliteratur \u00fcber den Kiesels\u00e4uregehalt epithelialer Gebilde.\u2019\nIch selbst habe sieben Analysen von rotem Haupthaar und zum Vergleich drei von nichtrotem angestellt. Die Analysen von Baudrimont und von Gorup f\u00fcr nicht rotes Haar schwanken in ihrem Kiesels\u00e4uregehalt zwischen 6,61 und 30,67%; meine eigenen ergaben 7,4\u201422,8% f\u00fcr Asche. Der sehr hohe Kiesels\u00e4uregehalt der Asche roten Haares, den Beau-drimont fand, steht vereinzelt. Bei meinen Analysen schwankt der Kiesels\u00e4uregehalt der Asche von rotem Haar zwischen 2,61 und 29,30%. Als Durchschnitt ergibt sich bei mir 14,04%. Irgend welche Sonderstellung in bezug auf den Kiesels\u00e4uregehalt nimmt das rote Haar also nicht ein. Wie die au\u00dferordentlich gro\u00dfen Schwankungen des Siliciumgehaltes der Asche zu erkl\u00e4ren sind, ist unbekannt; mir gen\u00fcgt, sie zweifellos festgestellt zu haben. Recht auffallend war mir, da\u00df die Asche einzelner roter Haararten einen rotbraunen Farbenton hatte und reichlichen Eisengehalt ergab. In dem unter Nr. 6 in die Tabelle aufgenommenen Falle wurde das Eisen titrimetrisch mittels Permanganat bestimmt; es betrug auf FetOs bezogen 14,81% der Asche. Ob dieser Eisengehalt zu der roten Farbe des Haares mit beigetragen hat, wei\u00df ich nicht.\nAuch in der Schafwolle scheint, wie im menschlichen Haar, der Kiesels\u00e4uregehalt betr\u00e4chtlich schwanken zu k\u00f6nnen. W\u00e4hrend Gorup-Besanez in der Asche 8,3% SiOf angibt, fand ich 31,1 %. Es liegt nach Kobert nahe, anzunehmen, da\u00df Wolle sonst gleicher Art um so haltbarer ist, je h\u00f6her ihr Kiesels\u00e4uregehalt ist.\nAuch bei ein und derselben Seidenart d\u00fcrfte nach Kobert mit dem Gehalt an Kiesels\u00e4ure die Haltbarkeit steigen. Ich fand f\u00fcr ein mindestens 100 Jahr altes Seidengewebe, das als^ostindisches galt, einen Kiesels\u00e4uregehalt der Asche von\nJ) Ebenda, S. 740.\n*) Poleck und Weber, Hoppe-Seylers Physiol. Chemie, S. 778.\n19*","page":263},{"file":"p0264.txt","language":"de","ocr_de":"264\nMax Gonnermann,\nTabelle I. Epitheliale Organe bezw. Produkte solcher.\n\t|\t\tMenge\tAsche in\t\t\nLfd.\tUntersuchte\tStammt wo-\tder fett-\tProzeri-\tbiu,-\u00fcehalt\t\n\t\t\tfreien\tten der\t\t\nNr.\t\t\t\t\t\t\n\tSubstanz\ther?\tTrocken-:\tTrocken-\tAsche\tTrock.-\n\t\t\tSubstanz!\tSubstanz\t\tSubst.\n\t\t\tg\t\u00b0/o\t\t\u00b0/0\n1\tMenschenhaar J graubraun\tM\u00e4nner\t10,0\t1,87\t21,92\t0,51\n2\tMenschenhaar wei\u00df\t\u00e4ltere Dame\t12,0\t0,29\t2*2,85 !\t0,07\n3\ti Menschenhaar kastanienbraun\tweibl. Person\t25,0\t0,48\t7,\u00ab\t0,04\n4\tMenschenhaar braunrot\tMann\t20,0\t1.53\t1 1 20,80\t0,40\n5\tMenschenhaar goldblond\tweibl. Person\t22.0\t1,40\t*2,61\t0,04\n6\tMenschenhaar hellrot\tM\u00e4dchen\t20,0\t1,07\t14,02\t0,15\np\u00bb /\tMenschenhaar hochrot\tKnabe\t6.5\t1,20\t*23,08\t0,28\n\tMenschenhaar\t\t10,0\t1,16\t*29,30\t0,34\n8\thellrot\t>\t\t\t\t\n9\tMenschenhaar rotblond\tM\u00e4dchen\t30,0\t0,90\t4,44\t0.04\n10\t\u00bb\t\u00bb\t18,0\t2,83\t3,90\t0,09\n11\tWolle vom Schaf\tneues wei\u00dfes Flanellgewebe\t10,0\t3,54\t31,10\t1.17\n12\tSeide\turaltes schwach\t10.0\t3,98\t1.26\t0,05\n\taus Ostindien\tgef\u00e4rbtes Gewebe\t\t\t\t\n13\tMail\u00e4nder gelbe Seide\tCrefelder Fabrik\t10,0\t0.58\t0,86\t0,05\n14\t\u00bb\t\u00bb\t10,0\t0,42\t1,90\t0,08\n15\tCornu Cervi Hirschhorn\taltes Sammlungspr\u00e4parat\t14,0\t57,95\t0,86\t0,50\n16\tHatmakers\tdeutsches\t10,0\t8,14\t0,37\t0,03\n\tTrockenmilch\tHandelspr\u00e4parat\t\t\t\t\n17\tMarine- Trockenmilch\tenglisches rMarincdepot\t10,0\t5,88\t0,34\t0,02\n18\tNebennieren\tMensch\t4,8\t3,90\t7,44\t0,29\n19\t\u00bb\t\u00bb\t4,0\t3,30\t16,10\t0,54\n20\tThymusdr\u00fcse\tKind\t5.8\t4,36\t8,04\t0,38\n21\t5 Amniosh\u00e4ute\tMensch\t18,2\t1,34\t20,22\t0,30\n22\t6 *\t\u00bb\t21,0\t0,64\t*20,00\t0,13\n23\tHausenblase\tbeste Sorte\t10,0\t1,06\t2,83\t0,03","page":264},{"file":"p0265.txt","language":"de","ocr_de":"Beitr\u00e4ge zur Kenntnis der Biochemie der Kiesels\u00e4ure. 265\n1,26 \u00b0/o und f\u00fcr zwei von einer Crefelder Firma bezogene Muster Mail\u00e4nder hellgelbe Seide 0,86 und 1,90%. Der h\u00f6here Preis entsprach dem h\u00f6heren Kiesels\u00e4uregehalt.\nVon dem fr\u00fcher offizinellen Cornu Cervi tornatum lag ein mindestens 30 Jahre altes Sammlungspr\u00e4parat von ausgezeichneter G\u00fcte vor. Seine Asche enthielt, da es ja ein epitheliales Gebilde ist, Kiesels\u00e4ure, aber nur 0,86 \u00b0/o, also gerade so viel wie eine Mail\u00e4ndische Seide.\n\u00dcber den Kiesels\u00e4uregehalt der Milch liegen nur sp\u00e4rliche Angaben vor. Oidtmann* *) fand in der Asche der Frauenmilch 0,72% Si02, entsprechend 0,03\u00b0/0 der Trockensubstanz. Die nicht getrocknete Kuhmilch enth\u00e4lt nach Pfyl*) im Liter 1,9 mg Si02, d. h. also doppelt soviel als Eisen. Sterilisieren der Kuhmilch in Glasflaschen, namentlich in noch ungebrauchten, kann nach Pfyl diesen Kiesels\u00e4uregehalt nicht unwesentlich steigern. Ich glaube nicht, da\u00df dadurch Gefahren bedingt werden; im Gegenteil wird dadurch die Kuhmilch der Menschenmilch \u00e4hnlicher, denn nach meinen Analysen enth\u00e4lt ja die Muttermilchasche doppelt soviel Kiesels\u00e4ure als die Kuhmilchasche; ich fand n\u00e4mlich in der Asche von zwei Trockenmilchpr\u00e4paraten nur 0,34-0,37<% Si02. Kobert h\u00e4lt die Zufuhr von Kiesels\u00e4ure beim S\u00e4ugling f\u00fcr ebenso wichtig als die von Kalk und Magnesia, und wichtiger als die von Eisen, denn der Embryo legt vor der Geburt ein Vorratsdepot von Eisen an, das neun Monate nach der Geburt vorh\u00e4lt, w\u00e4hrend sein Kieseldepot (Thymus ?) nicht sicher bekannt ist.\nVon bisher anscheinend ununtersuchten Organen epithelialer Natur habe ich mehrere untersucht. Der Kiesels\u00e4uregehalt der Asche der Nebennieren schwankte zwischen 7,44 16,10%; der der Thymusdr\u00fcse betrug 8,04\u00b0/0. In der Asche der Amnioshaut fand ich 20,00\u201420,22%, in der als beste Sorte Hausenblase in den Handel kommenden Fischblase des St\u00f6r 2,83\u00b0/o. Beide Gebilde haben nur einen sehr d\u00fcnnen epithe-\n*) H. Oidtmann, \u00dcber die anorganischen Bestandteile der Leber usw, W\u00fcrzburger Preisschrift 1858.\n*) B. Pfyl, Arbeiten aus dem Kaiserlichen Gesundheitsamte, Bd.48. 1915, S. 321.","page":265},{"file":"p0266.txt","language":"de","ocr_de":"266\nMax Gonnermann,\nlialen \u00dcberzug und darunter Bindegewebe, welches die Hauptmenge der Amnioshaut und der Fischblase ausmacht. Der Kiesels\u00e4uregehalt kommt hier wohl haupts\u00e4chlich dem Bindegewebe zu. Ich h\u00e4tte daher beide Organe auch im folgenden Kapitel mit abhandeln k\u00f6nnen. Da\u00df der Kiesels\u00e4uregehalt des Amnios so hoch ist, erkl\u00e4rt sich wohl ungezwungen daraus, da\u00df diese Haut den St\u00f6\u00dfen des sich oft lebhaft bewegenden Kindes einen kr\u00e4ftigen Widerstand leisten mu\u00df. Den Kiesels\u00e4uregehalt der Hausenblase hat \u00fcbrigens schon H. Schulz gefunden.\n2. \u00dcber den Kiesels\u00e4uregehalt von Abk\u00f6mmlingen des mittleren Keimblattes.\nDie Untersuchung der hierher geh\u00f6rigen Gebilde des Menschen und der Tiere ist die Dom\u00e4ne von H. Schulz.1) Das Ergebnis seiner sehr zahlreichen \u00fcberaus m\u00fchsamen Untersuchungen ist, da\u00df, wo Bindegewebe im Tierk\u00f6rper sich findet, da auch Kiesels\u00e4ure angetroffen wird, ferner, da\u00df der Kiesels\u00e4uregehalt bei dem gleichen Gewebe in der Jugend des Individuums h\u00f6her als im Alter ist und seinen h\u00f6chsten Wert im embryonalen Bindegewebe und in der Glask\u00f6rpersubstanz erreicht. In 100 g Trockensubstanz des Rinderglask\u00f6rpers fand Schulz 58,24 mg Si02 und in der der menschlichen Whartonschen S\u00fclze 24,36 mg SiOt. Auf Asche umgerechnet ergeben sich f\u00fcr die S\u00fclze 0,5985 \u00b0/o. Frauenberger,2) der diese Untersuchung wiederholte, fand in der Asche der S\u00fclze allerdings nur 0,0284 Vo SiO*. Wie dieser Widerspruch zu erkl\u00e4ren ist, wei\u00df ich nicht. Die Glask\u00f6rperasche von Rindern und Schweinen vermischt ergab 0,1762 \u00b0/o SiOj und die von Rindern allein 0,1428\u00b0/o. \u00dcber den SiO,-Gehalt der Krystallinse ist bei den epithelialen Organen gesprochen worden. Die Bulbuskapsel ergab Schulz in 100 g Trockensubstanz bei Rindern und Schweinen 8,7 bis\n\u00bb) Hugo Schulz, Pfl\u00fcgers Arch., Bd. 84,1901, S. 67 und Bd. 89, 1902, S. 112.\n*) F. Frauenberger, \u00dcber den Kiesels\u00e4uregehalt der Whartonschen S\u00fclze. Diese Zeitschrift, Bd. 57, 1908, S. 17.","page":266},{"file":"p0267.txt","language":"de","ocr_de":"Beitr\u00e4ge zur Kenntnis der Biochemie der Kiesels\u00e4ure. 267\n14,1 mg Si02. Auf Asche berechnet sich 0,2 t\u20140,26\u00b0/o. In 100 g Trockensubstanz der Milzkapsel fand Schulz 17,2 bis 20,4 mg SiOa; auf Asche berechnet sich 0,42-0,49\u00b0/o. F\u00fcr 100 g Trockensubstanz der Milzpulpa fand er 13,6 bis 16,3 mg Si02 entsprechend 0,14\u20140,18\u00b0/o der Asche. Der S. 261 u. 265 schon erw\u00e4hnte Oidtmann fand in der Asche der menschlichen Milz 0,17\u00b0/o Si02. Die Dura mater des menschlichen Gehirns ergab Schulz in 100 g Trockensubstanz 8,7 mg Si02, entsprechend 0,33 \u00b0/o der Asche, ln 100 g Trockensubstanz der F as ci en fand er 10,6 mg Si02, entsprechend 0,24\u00b0/o der Asche; in 100 g Trockensubstanz menschlicher Sehnen 4,1\u20148,6 mg Si02, entsprechend 0,10\u20140,42\u00b0/o der Asche. Ja in einem weiteren Falle fand er sogar 0,49\u00b0/o der Sehnenasche aus Kiesels\u00e4ure bestehend. Hier ist die Schwankungsbreite also eine sehr gro\u00dfe. In 100 g Trockensubstanz von Rindersehnen fand unser Autor 7,3\u201413,7 mg Si02, entsprechend 0,23\u20140,66\u00b0/o der Asche. Beim Pflanzenfresser scheinen danach die Werte viel h\u00f6her zu liegen als beim Menschen. 100 g Trockensubstanz von Rinderaorta ergaben 9,87 mg Si02, entsprechend 0,28 \u00b0/0 der Asche. Die Trockensubstanz k\u00e4uflicher Gelatine ergab in 100 g 28,3\u201429,7 mg Si02, entsprechend 1,72\u2014l,78\u00b0/o der Asche. F\u00fcr selbst dargestelltes Glutin .lauten die entsprechenden Werte 22,7 mg und l,53\u00b0/o der Asche. F\u00fcr Rindfleisch fanden sich in 100 g Trockensubstanz 18,2\u201488,5 mg Si02; der Durchschnitt aller 5 Analysen ergibt 42,3 mg. Auf Asche berechnen sich 0,03\u20140,17 \u00b0/o. Wie in den Rindersehnen, so ist also auch im Rindfleisch der Kiesels\u00e4uregehalt ein schwankender. F\u00fcr 100 g Trockensubstanz der Wadenmuskulatur des Menschen fand Schulz 19,1\u201427,0 mg Si02, entsprechend 0,04 bis 0,06 \u00b0/o der Asche. Der Kiesels\u00e4uregehalt des Rindfleisches \u00fcbertrifft also infolge der rein pflanzlichen Nahrung dieses Tieres den des Menschenfleisches. In 100 g Trockensubstanz des Ovarialcysteninhaltes einer Frau fanden sich 3,81 mg Si\u00fc2, in einem andern Falle aber 9,06 mg. Auf Asche berechnet ergeben beide F\u00e4lle 0,03\u00b0/o. Eiterasche ergab 0,05\u00b0/o Si02. 100 g Trockensubstanz entfetteter Hautst\u00fccke","page":267},{"file":"p0268.txt","language":"de","ocr_de":"268\nMax Gonnermann,\nvom Menschen ergaben 3,8-5,1 mg Si\u00d4\u201e entsprechend 0,11 bis 0,19\u00b0/o der Asche. Soweit folge ich den Angaben von Schulz.\nVon andern hierher geh\u00f6rigen Gebilden ist namentlich noch das Blut zu nennen, in dessen Asche sie bei V\u00f6geln1) und Rindern2) nachgewiesen worden ist. In der Blutasche einer an Gelenkrheumatismus gestorbenen Frau fand Wittins3>l 0,530/0 SiOs.\t'\nIch lasse nun meine eigenen Analysen folgen und zwar\ngenau nach demselben Schema wie in der ersten Tabelle (s. Tabelle II).\nDie ersten 13 Nummern der Tabelle beziehen sich auf Blut und daraus gewonnene Stoffe. Wir sehen, da\u00df in der Asche die Kiesels\u00e4ure nie fehlt; sie mu\u00df daher als ein normaler Blutbestandteil des Menschen, des Rindes, Hammels und Pferdes und daher wohl aller S\u00e4ugetiere angesehen werden. Wie wir oben erfuhren, hat sie D\u00e4mmer auch im Vogelblut nachgewiesen. Sie findet sich nach .meinen Analysen sowohl in den Blutk\u00f6rperchen als im Blutserum. Ganz besonders reichlich aber wird sie vom hibrin an sich gerissen, in dessen Asche sie 15,9\u201430,0\u00b0/o ausmachen kann. Dies ist eine ganz neue, bisher \u00fcbersehene Tatsache, die auf die von Bergei eingef\u00fchrte therapeutische Benutzung des Fibrins bei Wunden und Knochendefekten Licht wirft. Es ist nicht unwahrscheinlich, da\u00df gerade die Kiesels\u00e4ure dabei wesentlich mit wirkt, denn wo Bindegewebe sich bilden soll, mu\u00df Kiesels\u00e4ure vorhanden sein. Da\u00df das aus Rinderfibrin dargestellte Pepton der Firma Dr. Friedrich\nWitte in Rostock ebenfalls Kiesels\u00e4ure enth\u00e4lt, ist leicht-verst\u00e4ndlich.\nF\u00fcr Muskulatur des Rindes und des Menschen habe ich S. 267 die von Schulz gefundenen Werte mitgeteilt. Das Herz hat von allen Muskeln die gr\u00f6\u00dfte Arbeit zu leisten. Es schien mir daher nicht ohne Wert, es auf seinen Kiesels\u00e4uregehalt\n') D\u00e4mmer, Anorgan. Chemie, Bd. 2, 1894, S. 485.\n*) G Tammann, Diese Zeitschrift, Bd. 12, 1888, S. 325.\n3) Witting, Archiv der Pharmazie, Jg. 1857, Bd. 140.","page":268},{"file":"p0269.txt","language":"de","ocr_de":"Beitr\u00e4ge zur Kenntnis der Biochemie der Kiesels\u00e4ure. 269\nTabelle II. Abk\u00f6mmlinge des mittleren Keimblattes.\n\t\t\t\tMenge\tAsche in\tSiO,-Gehalt\t\nLfd.\tUntersuchte * |\t\tStammt wo-\tder fett-freien\tProzenten der\tder\t\nNr.\tSubstanz\t\ther ?\tTrocken-\tTrocken-\tAsche . j\tTrock.*\n\t\t|\t\tSubstanz Substanz\t\t\tSubst.\n\t\t1\t\tg\t\u00b0/o\t\u00b0/o\t!\t#/\u00bb\n1\tGetrockn. Blut j\t\tRind\t2.0\t4,61' !\ti,n !\t0,05\n2\t\t\u00bb >\t>\t5,0\t5,20\ti,ir>\t0,06\n3\t\t* \u00bb\tMensch\t15,0\t4,70\t2,35\t0,04\n4\t\t\u00bb >\tHammpl\t10,0\t4,84\t0,42\t0,02\n5\tBlutk\u00f6rperchen\t\tRind\t11,5\t2,26\t3,45\t0,08\n6\tBlutserum\t\tPferd\t10,0\t11,27\t2,93\t0,33\n7\t\tX\tX\t7.0\t10,50\t3,48\t0,36\n8\t\tX\tMensch\t4,0\t8,89\t1,69\t0,15\n9\t\tFibrin\tRinderblut r.\t11,0\t0,45\t15,91\t0,64\n10\t\t>\tMenschenblut\t10,0\t0,86\t16,28\t0,14\n11\t\t>\t>\t12,7\t0,39 .\t30,00\t0,12\n12\tSubstitol Bergei\t\tE. Merck\t. 10,0\t0,70\t31,43\t0,22\n13\tPepton Witte\t\tWitte-Rostock\t10,0\t1,58\t4,43\t0,07\n14\tHerzmuskel\t\tHund\t26,0\t3,06\t2,17\t0,004\n15\t\t>\tMensch\t25,0\t1,92\t3,69\t0,072\n16\t\t>\t>\t19,0\t2,06\t3,So\t0,08\n17\t\t\u00bb\tMensch, gesunder\t25,0\t2,39.\t4,71\t0,11\n18\tc\u00f6 8 2\tD\u00fcnndarm oberes St\u00fcck\tM\u00e4dchen\t16,5\t1,58 *\t8,46\t0,13 f\n19\tS c .C ci\tD\u00fcnndarm\t\t9,5\t1.05\t10,01\t\n\t3 \u00a3 w I\tunteres St\u00fcck\t>\t\t\t\t0,10\n20\tcn\t! O -,\tD\u00fcnndarm oberes St\u00fcck\t46 j \u00e4hr. Frau\t16.0\t2,90\t9,65\t0,29\n21\tG (V\tD\u00fcnndarm unteres St\u00fcck\t46 \u00bb\t\u00bb\t13,4\t2,50\t2,08\t0,06\n22\tO\u00c4 >\tDickdarm\t46 >\t*\t20,5\t2,40\t8,04\ti 0,07\n23\t\tCatgut\tChirurg. Klinik Rostock\t8,0\t3,85 .\t9,71\t0,37\n24\t\t>\tmed. Warenhaus Rostock\t6,0\t1,28 \u2018\t10,39\t0,13\n25\tGelatina alba\t\tApoth. Rostock\t2,0\t2,80\t1 2,68\t0,07\n26\tEpithelfreie Cutis vom Rind (?)\t\tE. Merck\t10,0 i \u2022\t3,22\t0,46\t0,01","page":269},{"file":"p0270.txt","language":"de","ocr_de":"270\nMax Gonnermann,\nzu pr\u00fcfen. Die von mir gefundenen Werte liegen auffallend h\u00f6her als die von Schulz. W\u00e4hrend Schulz f\u00fcr die Asche des Menschenmuskels 0,06\u00b0/o und f\u00fcr die des Rindes 0,17\u00b0/o als Maximum fand, fand ich f\u00fcr die Asche des Herzmuskels vom Hund 2,17\u00b0/o und f\u00fcr die des Menschen sogar 3,69\u20144,71 \u00b0/o.\nAus den bindegewebigen Teilen der D\u00fcnndarmwandungen von Schafen wird das Cat gut bereitet. Ich konnte in der Literatur keine Angabe \u00fcber die Aschenbestandteile dieses wichtigen Nahtmateriales finden. Entsprechend meinen S.263 wiedergegebenen Anschauungen \u00fcber Seide und Wolle erwartete ich, da\u00df auch die Catgutasche merkliche Mengen von Kiesels\u00e4ure enthalten werde. In der Tat fand ich 9,71 bis 10,39\u00b0/o Si02 darin. Dies gab mir Veranlassung, auch die von Mucosa und Submucosa befreite Darmwandung auf Kiesels\u00e4ure zu pr\u00fcfen. Ich fand bei einem M\u00e4dchen in der Asche des D\u00fcnndarmteiles 8,46\u201410,01\u00b0/o Si02 und bei einer Frau 2,08\u20149,65\u00b0/o und in der Asche des Dickdarmteiles 3,04\u00b0/o. Es ist anzunehmen, da\u00df die entsprechenden Darmabschnitte von Pflanzenfressern noch h\u00f6here Werte liefern werden. Der hohe Kiesels\u00e4uregehalt des Catgut wird dadurch verst\u00e4ndlich. An der Haltbarkeit der Catgutf\u00e4den d\u00fcrfte der Kiesels\u00e4uregehalt wesentlichen Anteil haben.\nMeine Kiesels\u00e4ure werte f\u00fcr Gelatine liegen etwas h\u00f6her als die von Schulz. Er fand in der Asche h\u00f6chsens l,78\u00b0/o SiOt, ich fand 2,68 \u00b0/o.\nWas die Haut anlangt, so enth\u00e4lt die Oberhaut selbstverst\u00e4ndlich Kiesels\u00e4ure. F\u00fcr die Lederhaut liegen keine Zahlen vor. Schulz analysierte ein Gemisch von Epidermis und Cutis. Ich fand f\u00fcr die Asche des zu Gerbs\u00e4urebestimmungen in den Handel kommenden schneewei\u00dfen flockigen Handelspr\u00e4parates von wohl dem Rind entstammender Lederhaut 0,46 \u00b0/o SiO,. Wie weit f\u00fcr die technische Brauchbarkeit von Lederwaren deren Kiesels\u00e4uregehalt Bedeutung hat, kann nur auf Grund zahlreicher Analysen festgestellt werden.\nFassen wir die Ergebnisse beider Kapitel zusammen, so k\u00f6nnen wir sagen, da\u00df die Produkte beider Keimbl\u00e4tter Kiesels\u00e4ure enthalten.","page":270},{"file":"p0271.txt","language":"de","ocr_de":"Beitr\u00e4ge zur Kenntnis der Biochemie der Kiesels\u00e4ure. 271\n3. \u00dcber die Ausscheidungsst\u00e4tten der Kiesels\u00e4ure\naus dem Organismus.\nDa\u00df die Galle1) und die Milch regelm\u00e4\u00dfig Kiesels\u00e4ure enthalten, wurde schon S. 261 und 265 besprochen. Beim Vogel verl\u00e4\u00dft auch im Eidotter und Eiwei\u00df ein Teil dieser Substanz den m\u00fctterlichen Organismus. Ebenso wird mittels Hautschuppen, N\u00e4geln und Haaren Kiesels\u00e4ure vom Organismus abgesto\u00dfen.\nEs bleiben jetzt noch die zwei Hauptabzugswege des Organismus zu besprechen, n\u00e4mlich die Ausscheidung durch die Niere und die durch die Darmdr\u00fcsen.\nNach Hammarsten2) enth\u00e4lt der Menschenharn \u00abnach den gew\u00f6hnlichen Angaben etwa 0,3\u00b0/oo Si02>. Daraus w\u00fcrde sich bei einer durchschnittlichen Tagesmenge von 2,5 Liter als t\u00e4gliche Ausscheidung eines Erwachsenen die betr\u00e4chtliche Menge von 750mgSi02 ergeben. Neuberg3) freilich steht der Annahme, da\u00df der Harn des Menschen kiesels\u00e4urehaltig sei, auf Grund eigener Analysen skeptisch gegen\u00fcber. Er sagt: \u00abFast nie findet man w\u00e4gbare Meiigen von Kiesels\u00e4ure, wenn man ganz reine Gef\u00e4\u00dfe, und zwar Platinschalen oder Porzellanschalen mit sehr harter Glasur benutzt oder die Kiesels\u00e4ure nicht etwa mit Reagenzien einschleppt\u00bb. Vor kurzem haben Ludwig Knorr in Jena und Hermann Weyland in Berlin das Patent Nr. 285285 (vom 22. M\u00e4rz 1914) auf Darstellung von Estern der Orthokiesels\u00e4ure erhalten. Diese sollen kurzen Zeitungsnotizen nach, gleichgiltig, ob sie wasserl\u00f6slich oder unl\u00f6slich sind, bei innerlicher Darreichung im Magendarmkanal gespalten werden, und die Kiesels\u00e4ure soll durch den Harn bei Menschen und Tieren zur Ausscheidung gelangen. Selbst das ganz unl\u00f6sliche terti\u00e4re Glycerin-orthosilicat\n*) Vgl. Mercks Jahresbericht, Bd. 18, 1914, S. 2.\n*) Olof Hammarsten, Lehrbuch der physiol. Chem., 6. Aufl. (Wiesbaden 1907), S. 624.\n*) Carl Neuberg, Der Harn, Teil I (Berlin 1911), S. 74.","page":271},{"file":"p0272.txt","language":"de","ocr_de":"272\nMax Cionnermann,\nH\u201eC\u20140X\t,0\u2014CHa\nI\tI\nHC\u20140/ X0-CH\nHaC\u20140^ ^O-CH, H#C-0/ ^O-CH,\nHG\u2014Ov /)\u2014CH\nI >i<\t1\nH.G-Q/ X0\u2014CH#\ngelangt nach diesen Autoren bei innerlicher Darreichung zu 30\u00b0/o in den Harn, mu\u00df also vorher gespalten und resorbiert worden sein.\nln den Konkrementen der menschlichen Harnwege wollen Fourquoy und Vauquelin1) Kiesels\u00e4ure gefunden haben; seit mehr als 100 Jahren ist diese Angabe aber unbest\u00e4tigt geblieben.\nln den Harnwegen der pflanzenfressenden Tiere sind dagegen kiesels\u00e4urehaltige Konkremente schon sehr lange bekannt. So beschrieben Koningk und Wurz er2) solche. Liebner3) beschrieb Harnr\u00f6hrensteine der Schafe, in denen sich neben ll,03\u00b0/o organischer Substanz und 11,62\u00b0/o Kalk 6,21 \u00b0/o Schwefels\u00e4ure und 71,05 \u00b0/o Kiesels\u00e4ure befanden. Einige seitdem \u00fcber tierische Kieselsteine erschienene Arbeiten gebe ich nach der neuesten Zusammenstellung von K lim hier4) wieder. Nach diesem Autor kommen Blasensteine bei wilden und zahmen Tieren, m\u00f6gen sie nun Pflanzen- oder Fleischfresser sein, vor, und zwrar in allen L\u00e4ndern. Nat\u00fcrlich fehlt es aber noch sehr an Analysen dieser Steine. Unter Ochsen und Schafen kommt die Steinkrankheit, und zwar auch die mit Kiesels\u00e4ure, endemisch vor, w\u00e4hrend unsere S\u00e4ure in den Pferdesteinen bisher nur selten gefunden wurde. Die Rindersteine enthalten dagegen meist Kiesels\u00e4ure.\n*) Fourquois und Vauquelin, M\u00e9m. de l'Institut national, Bd. 4, Paris 1803, S. 162 und 395.\n*) Koningk u.Wurzer, Schweiggers Journal,Bd.36,1822,S.321.\n3) Liebner, Chemische Untersuchung von Harnr\u00f6hrensteinen der Schafe. Buchners Repert., Bd. 15, 1866, S. 32.\n*) M. Klimmer, \u00dcber Harnsteine unserer Hauss\u00e4ugetiere. Arch, d. wissensch. und prakt. Tierheilkunde, Bd. 25, 1916, S. 336.","page":272},{"file":"p0273.txt","language":"de","ocr_de":"Beitr\u00e4ge zur Kenntnis der Biochemie der Kiesels\u00e4ure. 273\nDammann1 *) fand in einem Falle neben 1,1 \u00b0/o Magnesia, 0,7\u00b0/o Phosphors\u00e4ure und 0,3\u00b0/o organischer Substanz nicht weniger als 97,9\u2018Vo Kiesels\u00e4ure.\nDie Harnsteine der Schafe und Ziegen stimmen in ihrem chemischen und physikalischen Verhalten im allgemeinen mit jenen der Kinder \u00fcberein. Lintner*) in Weyhenstephan gibt als Zusammensetzung in einem Falle an: Kiesels\u00e4ure 71,05% + Schwefels\u00e4ure 6,24% -f- Kalk 11,62% + Eisen und Magnesia in Spuren -f- 11,03% organische Substanz. Dammann3) beschrieb bei diesen Tieren massive gelbbraune Steine aus Kiesels\u00e4ure (30%), umgeben von Magnesium und Calciumcarbonat (60%) und durchsetzt von 7% organischer Bindesubstanz. In den Blasensteinen der Hunde, Katzen und Schweine ist Si02 bisher nicht gefunden.\nAls Ursache der Steinbildung wird von Dammann 1897 f\u00fcr die Kiesels\u00e4uresteine der Zugochsen \u00fcberm\u00e4\u00dfige KartolTel-und Schlempef\u00fctterung angesprochen, da nach deren Sistierung weitere Erkrankungen nicht vorkamen. Pflug4) f\u00fchrt die Bildung von Steinen, die au\u00dfer SiO* auch Calciumcarbonat, Calcium- und Magnesiumphosphat und Tripelphosphat enthielten, auf knappe Darreichung von Wasser (mineralreichem) und von Futter, das an erdigen und salzigen Bestandteilen reich war, zur\u00fcck. Dammann glaubt, da\u00df die reichlichen sauren Phosphate des Harns, di\u00a9 durch die KartofTelnahrung bedingt waren, den Harn sauer machten und die Kiesels\u00e4ure ausf\u00e4llten.\nMir selbst standen durch g\u00fctige Vermittlung von Prof. Brandi in M\u00fcnchen vier beliebige Rinderharnsteine aus dem Institute von Prof. Kitt in M\u00fcnchen zur Verf\u00fcgung, \u00fcber die ich kurz folgendes mitteile.\nStein I von Erbsengro\u00dfe, 0,5 g schwer, war in verd\u00fcnnter Salzs\u00e4ure unter Aufbrausen v\u00f6llig l\u00f6slich. Kiesels\u00e4ure war nicht nachweisbar.\nStein II von Bohnengr\u00f6\u00dfe, 1,4 g wiegend, von grauer Farbe, leicht zerreiblich, war in verd\u00fcnnter Salzs\u00e4ure ohne Gasentwicklung zum gr\u00f6\u00dften\n*) Dammann, Deutsche tier\u00e4rztl. Wochenschr., Bd. 5, 1897, S.435.\n*) Lintner, siehe bei May, Wiener Vjschr. f. Vet., Bd. 27, S. 158.\n3)\tDammann, Magaz. f. d. ges. Tierheilkunde, Bd. 36,1870, S.450.\n4)\tPflug, Adams Wochenschrift, Bd. 3, S. 17.","page":273},{"file":"p0274.txt","language":"de","ocr_de":"274\nMax Gonnermann,\nTeil l\u00f6slich. Er enthielt im wesentlichen Kiesels\u00e4ure, deren Menge 0,071 \u00b0/o des Steines ausmachte.\nStein III, offenbar von demselben Tier stammend, bohnengro\u00df, grauwei\u00df, leicht zerreiblich, in verd\u00fcnnter Salzs\u00e4ure ohne Gasentwicklung zum gr\u00f6\u00dften Teil l\u00f6slich. Der unl\u00f6sliche Teil enthielt im wesentlichen Kiesels\u00e4ure, deren Menge ebenfalls 0,071 > des Steines ausmachte.\nStein IV, 1.74 g schwer, besteht aus einer Anzahl kleiner erbsenf\u00f6rmigen Partikel, die sehr hart sind. Salzs\u00e4ure entwickelt daraus sehr reichlich Kohlens\u00e4ure, l\u00f6ste aber keineswegs alles. Mit Hilfe der Fluor-arnrnonmethode wurden 8 mg SiO, nachgewiesen, d. h. 0,46\u00b0/\u00fc des Steines.\nAlso waren von vier beliebig herausgegriffenen noch nicht analysierten Rinderharnsteinen drei in geringem Grade kiesels\u00e4urehaltig. Dies stimmt zu der Ansicht, da\u00df in den Steinen der Rinder sehr oft Kiesels\u00e4ure enthalten ist. Allerdings scheint ihre Menge sehr betr\u00e4chtlich schwanken zu k\u00f6nnen.\nAuch \u00fcber fl\u00fcssige Kiesels\u00e4ureausscheidung durch den Harn von Rindern bei normaler F\u00fctterung bin ich dank dem Entgegenkommen von Geh. Rat N. Zuntz in Berlin in der Lage, einige Mitteilungen machen zu k\u00f6nnen, die er unserm Institute zur Ver\u00f6ffentlichung \u00fcberlassen hat.\nEs handelt sich um Stoffwechselversuche, die zu einer noch nicht gedruckten Versuchsreihe \u00fcber die sogenannte Lecksucht geh\u00f6ren. Diese Versuche wurden von Dr. Strigel, jetzt Abteilungsvorsteher in Pommritz, ausgef\u00fchrt. Uns interessiert daran das Folgende.\nDie Versuchstiere wurden s\u00e4mtlich nur mit Heu, zum Teil unver\u00e4ndertem, zum Teil chemisch pr\u00e4pariertem gef\u00fcttert. Das Protokoll der ersten vier Versuchsreihen befindet sich in den H\u00e4nden des Landwirtschaftlichen Ministeriums in Berlin; von den \u00fcbrigen gebe ich folgende Daten:\nVersuch 5A: Kalb von durchschnittlich 72,5kg Gewicht. Das t\u00e4glich verf\u00fctterte Heu im Gewicht von 1,328 kg Trockensubstanz enthielt 84,45 g Asche, darin 9,91 g SiO,; im Tagesharn fanden sich 0,366 g SiO,.\nVers\u00fcch 5B: Dasselbe Heu wird mit Alkali gekocht und ausgewaschen. Kalb 7, im Gewicht von 87 kg. T\u00e4glich verzehrt 1425 g Heutrockensubstanz mit 61,07 g Asche, darin 12,05 g SiO,. Im Harn 0,24 g SiO,.\nVersuch 6A: Dasselbe Heu ged\u00e4mpft. Kochsalzzugabe zum Futter. Gewicht des Tieres 75,6 kg. Verzehr t\u00e4glich 1,180 kg Heulrocken-substanz mit 40,6 g Mineralstoflfe, darin 7,39 g SiO,, im Tagesharn 0,236 g SiO,.\nVersuch 6 B: Dasselbe Heu mit verd\u00fcnnter Salzs\u00e4ure ausgelaugt. Dem Futter werden zugegeben 10 g Calciumphosphat, 30 g Calciumcarbonat, 3 g Natriumcarbonat bis zur Herstellung alkalischer Reaktion. Gewicht","page":274},{"file":"p0275.txt","language":"de","ocr_de":"Beitr\u00e4ge zur Kenntnis der Biochemie der Kiesels\u00e4ure. 275\ndes Tieres 97 kg. Verzehr t\u00e4glich 1.863 kg Heutrockensubstanz mit 78,9 g Asche, darin 13.74 g SiOa, im Ham 0,29 g SiO,.\nVersuch 7A: Braunheu vom Jahre 1903. Gewicht des Tieres 160,9 kg. Tageseinnahme 3,616 kg, Heutrockensubstanz mit 217,7 g Mineralstoffen, darin 21,45 g SiO,, im Ham 0,63 g SiOt.\nVersuch 7B: Kalb von 137,2 kg. Tageseinnahme 2,692 kg mit 172 g Asche, darin 15,3 g Si02, im Harn 0.526 g.\nVersuch 8A: Heu einer meliorierten Wiese, erster Schnitt vom Jahre 1904. keine Salzbeigabe. Gewicht des Tieres 158 kg. Tageseinnahme 3,485 kg Trockenheu mit 192 g Asche, darin 24,58 g Si02, im Tagesharn 0,5 g Si02.\nVersuch 8B: Das Heu des. vorigen Versuchs mit Zugabe von t\u00e4glich 20 g Calciumphosphat, 4 g Natriumbicarbonat, 3,5 g Chlornatrium. Verzehr t\u00e4glich 3,698 kg Heutrockensubstanz mit 199,1 g Mineralstoffe, darin 26,1 g Si02, im Tagesharn 0,33 g.\nVersuch 9A: Heu einer meliorierten Wiese aus dem Jahre 1904, erster Schnitt ohne Salzbeigabe. Tiergewicht 177,6 kg. Im Tagesheu 2,778 kg Trockensubstanz, 181,6 g Asche, darin 16.23 g SiOt, im Tagesharn 0.731 g.\nVersuch 9B: Heu einer mit Natriumsalpeter ged\u00fcngten meliorierten Wiese. Tiergewicht 171 kg. Tagesverzehr 3,324 kg Heu mit 157,0 g Mineralstoffe, darin 16,51 g Si02, im Tagesharn 0,435 g Si02.\nVersuch 10 A : F\u00fctterung mit Grummet von einer meliorierten Wiese, Tiergewicht 127,2 kg. Tagesverzehr 2,032 kg Heutrockensubstanz mif 136 g Mineralstoffe, darin 22,7 g SiO\u201e im Tagesharn 0,540 g SiO,.\nVersuch 10 B: Braunheu der Ernte 1904, mittleres Tiergewicht 85,7 kg. Verzehr t\u00e4glich 1,311 kg Heutrockensubstanz mit 79,3 g Asche, darin 89,67 g Si02, im Harn 0,240 g Si02.\n. Vielleicht interessiert die Leser noch folgende Zusammenstellung \u00fcber den wechselnden Kiesels\u00e4uregehalt des in Rede stehenden Heues verschiedener Ernte :\nVon demselben fand sich im Heu des Jahres 1902: 0,58\u00b0/o SiO\u201e\n1903 : 0,72 \u00b0/o SiOt, 1904: 0,69 \u00b0/o SiO,.\nEs wurden ferner verschiedene Schnitte desselben Jahrgangs 1904 in bezug auf ihre Zusammensetzung verglichen. Da ergab sich in einem ungew\u00f6hnlich fr\u00fch geschnittenen Heu 0,66 \u00b0/o Si02, im normalen ersten Schnitt 0,69 \u00b0/o, im Grummet 1,03 \u00b0/o und im dritten Schnitt der zu fr\u00fch geschnittenen Wiese 0,89 \u00b0/o.\nDiese Versuche beweisen, da\u00df die Kiesels\u00e4ure, in Form von Heu gefressen, beim Kalb resorbierbar ist und zum Teil durch den Harn wieder ausgeschieden wird. Offenbar enth\u00e4lt der Harn aller Pflanzenfresser regel-","page":275},{"file":"p0276.txt","language":"de","ocr_de":"276\nMax Gonnermann,\nm\u00fc\u00dfig Kiesels\u00e4ure, falls das Futter nicht zu arm daran ist. Im Harn der Kaninchen hat sie schon Siegfried1) nachgewiesen.\nDa\u00df im Kot des normalen und kranken Menschen dauernd reichlich Kiesels\u00e4ure enthalten ist, beweist nat\u00fcrlich f\u00fcr ihre Ausscheidung als Endprodukt des Stoffwechsels gar nichts. Wie beim Eisen m\u00fcssen wir im Kot den unresorbiert gebliebenen Teil des Nahrungseisens und der Nahrungskiesels\u00e4ure von dem durch die Galle und durch die Darmschleimhaut ausgeschiedenen Teile unterscheiden ; dies ist zur Zeit aber f\u00fcr die Kiesels\u00e4ure noch nie versucht. Ob die resorbiert gewesene und vom K\u00f6rper als \u00fcbersch\u00fcssig oder als abgenutzt ausgesto\u00dfene Kiesels\u00e4ure zum Teil durch die Darmdr\u00fcsen ausgeschieden wird und mit dem Kot weggeht, ist mithin eine noch nie studierte Frage.\nIch habe S. 269\u2014270 besprochen, da\u00df der schleimhautfreie Teil des D\u00fcnndarms kiesels\u00e4urehaltig ist. Es schien Robert w\u00fcnschenswert, die Mucosa und Submucosa ebenfalls auf ihren Si02-Gehalt zu pr\u00fcfen. Falls eine Aufnahme oder Ausscheidung durch diese stattfindet, mu\u00df in ihr eine gewisse Menge von Kiesels\u00e4ure anzutreffen sein. Falls diese von der Nahrung herr\u00fchrt und also lediglich resorbierte ist, mu\u00df bei einer Dreiteilung des Darmes (oberer D\u00fcnndarm, unterer D\u00fcnndarm, Dickdarm) das oberste Drittel am reichsten und das unterste am \u00e4rmsten daran sein. Handelt es sich dagegen um Ausscheidung von Kiesels\u00e4ure durch die Darmschleimhaut, dann werden alle drei Teile gleich viel enthalten, ja vielleicht sogar der Dickdarm durschnittlich mehr als der mittlere Teil. Die nachstehenden Versuche sollten diese Frage kl\u00e4ren (Tab. III).\nDie Technik dabei war folgende. Der m\u00f6glichst gut ausgeblutete Darm wurde der L\u00e4nge nach ge\u00f6ffnet und aufs sorgf\u00e4ltigste von Speiseresten bezw. Kot befreit, indem er wiederholt mechanisch gereinigt und dann mit Wasser abgesp\u00fclt wurde. Alsdann wurde der D\u00fcnndarm in eine obere und eine untere H\u00e4lfte, einmal auch in Drittel zerlegt. Der Dickdarm bildete einen Abschnitt f\u00fcr sich. Alle Abschnitte wurden nun auf Glasplatten mittels eines stumpfen Messers\n*) Alfr. Siegfried, Ein Beitrag zur Kenntnis des physiol.-chem. und pharmak. Verhaltens des kieselsauren Natrons usw. Diss. Rostock 1900.","page":276},{"file":"p0277.txt","language":"de","ocr_de":"Beitr\u00e4ge zur Kenntnis der Biochemie der Kiesels\u00e4ure. 277\nTabelle III.\nMucosa und Submucosa des Darmes.\nLfd.\tWelcher\tstammt wo-\tMenge der fett-\tAsche in Prozen-\tSiO,-Gehalt j\t\tDurch- schnitt\n\tDarm-\t\tfreien\tten der\tder\t(\t\tl.SiO--\nNr.\tabschnitt ?\ther?\tTrocken* Substanz\tTrocken- substanz\tAsche\tTrock.* Subst.\tSehalt. der Asche\n\t\t\tg\t\u00b0/o\t\t\t\u2022/\u2022\n1\tD\u00fcnndarm\tverbluteter\t4,2\t3,34\t13,26\t\t\n1\toberes St\u00fcck\tMann\t\t\t\t3,09\t\n9\t\tverblutete\t2,0\t8,95\t\t\t\nLt\t\u00bb\tFrau\t\t\t4,47\t0,40\t\n3\t\u00bb :\t50 j\u00e4hriger Mann\t1U\t3,24\t2,57\t0,58\t6,31\ni\tD\u00fcnndarm\t27 j\u00e4hr.\t9,0\t3,06\t\t\t\n\toberstes St\u00fcck\tM\u00e4dchen\t\t\t5,86\t1,28\t\np;\tD\u00fcnndarm\t\t5,0\t\t\t\t\n0\tmittl. St\u00fcck\t>\t\t2,83\t5,40\t1,60\t\n\u00df\tD\u00fcnndarm\tverbluteter\t10,42\t4,89\t\t\t\nO\tunteres St\u00fcck\tMann\t\t\t3,92\t0,19\t\n7\t\tverblutete\t2,0\t8,95\t\t\t\ni 8\t*\tFrau\t\t\t4,47\t0,40\t4,35\n\t\t\t\t\t\t\t\n\t>\t5\u00fcj\u00e4hr. Mann\t3,2\t3,00\t3,62\t0,68\t\nq\tD\u00fcnndarm\t27 j\u00e4hr.\t5,0\t2,83\t\t\t\n\tunterstes St\u00fcck\tM\u00e4dchen\t\t\t5,40\t1,60\t\n10\tDickdarm\tverblutete Frau\t2,7\t6,00\t5,55\t0,33\t\n11\t>\tnormaler Mann\t5,5\t5,42\t5,26\t0,29\t5,44\n12\t\u00bb\t27 j\u00e4hr. M\u00e4dchen\t1,0\t4,80\tt 6,71\t1,92\t\n13\t\u00bb\t50 j\u00e4hr. Mann\t1,75\t1,43\t5,29\t0,42\t\n14\tD\u00fcnndarm obere H\u00e4lfte\t| kr\u00e4ftiger, 1 gesunder\t10,5\t1,03\t6,09\ti 0,41\t\u2014\n\tD\u00fcnndarm\t'mittelgro\u00dfer\t\t*\t\t\t\n15\tuntere H\u00e4lfte\t1 Hund, ent-\t14,0\t0,73\t8,28\t0,49\t\n\tu. Dickdarm\tJ blutet\t\t\t\t\t\n\tAus-\t\t\t\t\t\t\n16\tScheidungen eines ausgeschalteten\tkr\u00e4ftiger Landarbeiter\t15,2\t0,77\t3,15\t0,03\t\u2014\n\tDickdarms\t\t\t\t\t\t\nHoppe-Seyler\u2019* ZeiUchrift f. physiol. Chemie. IC.\n20","page":277},{"file":"p0278.txt","language":"de","ocr_de":"278\nMax Gonnermann,\noder Messerr\u00fcckens mechanisch abgeschabt, wobei Mucosa und Submucosa sich abl\u00f6sen und zwar in Form eines feuchten wei\u00dfgrauen Breies. Dieser wurde sofort unter Alkohol gebracht und der Alkohol nach dem Hartwerden gewechselt. Zuletzt wurde mittels \u00c4ther im Soxhletsehen Apparate das Fett quantitativ entfernt. Mit dem Fett gehen nat\u00fcrlich auch die Lipoide zum gr\u00f6\u00dften Teil mit fort. Die Menge dieser entfetteten und getrockneten Mucosa findet sich in Tabelle III in Grammen, dann weiter die daraus gewonnene Asche in Prozenten, ferner die Si02-Menge in Prozenten der Asche und in Prozenten der Trockensubstanz. Der letzte Stab der Tabelle enth\u00e4lt die Durchschnitte der Prozente f\u00fcr die drei Darmabschnitte. Diese Zahlen sind die f\u00fcr uns hier ma\u00dfgebenden. Wie wir erwarten mu\u00dften, ist der Kiesels\u00e4uregehalt der der Kiesels\u00e4ureresorption entsprechenden Schleimhaut der oberen D\u00fcnndarmh\u00e4lfte relativ gro\u00df, n\u00e4mlich im Durchschnitt 6,31 \u00b0/o der Asche. Die 5 Bestimmungen, aus denen sich diese Zahl zusammensetzt, zeigen jedoch selbstverst\u00e4ndlich betr\u00e4chtliche Unterschiede, indem wahrscheinlich der verblutete Mann auf der H\u00f6he der Verdauung war und daher 13,2 \u00b0/o Si02 lieferte, w\u00e4hrend der unter Nr. 3 aufgef\u00fchrte 50j\u00e4hrige Mann wahrscheinlich n\u00fcchtern war und nur 2,57 \u00b0/o Si02 lieferte. Bei dem unteren D\u00fcnndarm und bei dem Dickdarm ist die Schwankungsbreite erheblich geringer, weil hier nicht Resorption, sondern Ausscheidung vorwiegt oder sogar einzig und allein in Frage kommt. Namentlich f\u00fcr den Dickdarm m\u00f6chte Kobert dies durchaus behaupten. S\u00e4mtliche vier Analysen f\u00fcr den Dickdarm ergeben \u00fcber 5,2\u00b0/o der Asche an Si02; der Durchschnitt ist 5,44 \u00b0/o. Da auch bei dem 50j\u00e4hrigen Manne, dessen Kiesels\u00e4ureresorption so gering war, sich 5,29\u00b0/o ergeben haben, kann dies eben nicht Aufnahme, sondern nur Ausscheidung sein. Die Zahlen f\u00fcr den unteren D\u00fcnndarm liegen bei drei Personen unter 5\u00b0/o; der Durchschnitt f\u00fcr alle vier betr\u00e4gt 4,35\u00b0/o. Zur Pr\u00fcfung der Richtigkeit der hier entwickelten Anschauungen entblutete Kobert einen gesunden kr\u00e4ftigen Mittelhund nach 6st\u00e4ndigem Hungern, und ich teilte seinen vom Magen abgeschnittenen ganzen Darmkanal","page":278},{"file":"p0279.txt","language":"de","ocr_de":"Beitr\u00e4ge zur Kenntnis der Biochemie der Kiesels\u00e4ure. 279\nin zwei gleiche H\u00e4lften. Die obere, lediglich aus D\u00fcnndarm bestehende H\u00e4lfte lieferte 6,09\u00bb/0 seiner Mucosaasche an SiO , die andere aus unterem D\u00fcnndarm und Dickdarm bestehende H\u00e4lfte dagegen lieferte 8,28\u00ab/o. Also auch am n\u00fcchternen Hunde \u00fcberwog die Kiesels\u00e4uremenge des unteren Darmabschnittes die des oberen. Damit ist die Richtigkeit der Anschauung, da\u00df der untere Darmabschnitt, wie er Kalk, Magnesia und Phosphors\u00e4ure abgibt, so auch Kiesels\u00e4ure ausscheidet, \u00e4u\u00dferst wahrscheinlich gemacht und zwar sowohl f\u00fcr den Menschen als f\u00fcr den Hund.\nZur Gewi\u00dfheit konnte diese Anschauung nur erhoben werden, wenn es gelang, mit Hilfe eines im untersten D\u00fcnndarmabschnitt anzulegenden Anus praeternaturalis den Dickdarm f\u00fcr mehrere Wochen von der Bef\u00f6rderung des D\u00fcnndarminhaltes an den Anus ganz auszuschalten. Robert\u00ab) war in der Lage, einen kr\u00e4ftigen Landarbeiter, dem wegen einer brandigen Hernie im untersten D\u00fcnndarmabschnitt ein solcher widernat\u00fcrlicher After angelegt worden war, mehrere Monate lang beobachten zu k\u00f6nnen. Er hatte vortrefflichen Appetit und entleerte seinen gesamten Kot regelm\u00e4\u00dfig durch die Fistel. Der Dickdarm wurde nach der Operation wiederholt von der Fistel her ausgesp\u00fclt und war bald ganz leer, so da\u00df das in ihn eingef\u00fcllte Sp\u00fclwasser v\u00f6llig frei von Galle und Kot wieder zutage kam. Nach einiger Zeit stellte sich jedoch etwa 2mal w\u00f6chentlich Stuhldrang ein und es kam jedesmal zur Entleerung von 1\u20143 grauwei\u00dflichen Klumpen, die nach der Analyse Dickdarmausscheidungen waren. Sie hatten Talgkonsistenz und enthielten Mucin, Epithelien, Eiwei\u00df, Fetts\u00e4uren, Seifen, Neutralfette, ln der Asche fanden sich Alkalien, Calcium, Magnesium, Eisen, Phosphors\u00e4ure. Ob auch Kiesels\u00e4ure vorhanden war, wurde fr\u00fcher nicht untersucht. Ich erhielt jetzt die letzten im Besitze von Robert befindlichen Reste solcher unter Alkohol aufbewahrten Klumpen. Sie waren drei Monate nach Anlegung der Fistel entleert, konnten also un-\n\u2019) R. Robert und W. Koch, Einiges \u00fcber die Funktion des menschlichen Dickdarms. Deutsche med. Wochenschr., Jahrg. 1.894, Nr. 47.\n20*","page":279},{"file":"p0280.txt","language":"de","ocr_de":"280\nMax Gonnermann,\nm\u00f6glich noch Reste von Kot enthalten. W\u00e4hrend die aus den ersten zwei Monaten einen mittleren Aschengehalt von 27,88\u00b0/o, berechnet auf Trockensubstanz, ergeben hatten, ergaben diese^ die unter Nr. 16 in der Tabelle aufgef\u00fchrten Werte. Der Dickdarm hatte eben offenbar wegen langen Nichtgebrauches seine ausscheidenden Funktionen f\u00fcr unorganische Stoffe vermindert. Trotzdem ergab sich 3,15 \u00b0/o der Asche an Kiesels\u00e4ure. Damit ist die Ausscheidung von Kiesels\u00e4ure durch die Dickdarmschleimhaut des Menschen exakt erwiesen.\n4. \u00dcber die Beziehungen der Kiesels\u00e4ure zu den Lungen und \u00fcber den Kiesels\u00e4uregehalt einiger\nPflanzen.\nMit der Frage, ob die Lungen Kiesels\u00e4ure enthalten, hat sich zuerst Ku\u00df maul1) besch\u00e4ftigt. Da er in der Asche der Lunge eines 14t\u00e4gigen Kindes gar keine Kiesels\u00e4ure und in der eines 3!* * Jahre alten nur Spuren davon fand, in der von Erwachsenen aber ausnahmslos, so folgert er, da\u00df die Lunge an sich kiesels\u00e4urefrei ist und nur durch Einatmen von Kieselstaub, dem sich niemand auf die Dauer entziehen kann, allm\u00e4hlich kieselhaltig wird. Diese Kiesels\u00e4ure ist also nach ihm nur ein Fremdk\u00f6rper, der mit den normalen Funktionen des Organes gar nichts zu tun hat.\nZu den an Bindegeweben reichen Organen des Menschen m\u00fcssen die Lymphknoten gerechnet werden. Es ist daher nach dem S. 266 Gesagten zu vermuten, da\u00df sie durchweg kieselhaltig sind. Bisher wurden leider nur die an den Bronchien sitzenden sogenannten Bronchialdr\u00fcsen darauf untersucht. Wrokressenski*) analysierte diese Gebilde von sechs Personen und fand in deren Asche im Durchschnitt 29,2\u00b0/o Kiesels\u00e4ure. Die Schwankungen waren allerdings gro\u00df. Den h\u00f6chsten Gehalt lieferte ein an Pyelonephritis gestorbener M\u00fcller, n\u00e4mlich 55,6 \u00b0/o, den niedrigsten ein an Abdominal-\n') Ku\u00dfmaul, Deutsches Archiv f. klin. Med., Bd. 2, S. 89.\n*) Wrokressenski, Untersuchungen der Lunge und der Bronchialdr\u00fcsen auf Kiesels\u00e4ure. Wratsch, Jahrg. 19, 1899, S. 405. Ref. in Malys Jahresber., Jahrg. 29, 1899, P. 496.","page":280},{"file":"p0281.txt","language":"de","ocr_de":"Beitr\u00e4ge zur Kenntnis der Biochemie der Kiesels\u00e4ure. 281\ntyphus gestorbenes 18 j\u00e4hriges M\u00e4dchen mit 6,03 \u00b0/o der Asche an Si02. Wie bei den Steinhauern durch fortw\u00e4hrendes Einatmen von feinem Kieselstaub eine krankhafte, besonders reichliche Einlagerung unl\u00f6slicher Kieselstaubteilchen in die Lunge und in deren Lymphknoten, d. h. sogenannte Chali-kosis pulmonum, entsteht, so d\u00fcrfte auch bei M\u00fcllern durch Einatmen des Staubes von Mehl und Kleie, die ja kiesels\u00e4urereich ist, eine analoge Anreicherung der Lunge und der Bronchiallymphknoten entstehen und daher der Gehalt von 55,6 \u00b0/o Si02 in der Asche dieser Knoten bei dem M\u00fcller als krankhaft erh\u00f6ht angesehen werden m\u00fcssen. Irgend welche resorp-tive Wirkungen k\u00f6nnen die Silikatmengen des Kieselstaubes bei Steinhauern und M\u00fcllern nat\u00fcrlich nicht aus\u00fcben, da sie \u00fcber die region\u00e4ren Bronchiallymphknoten nicht hinausgelangen. Sie sind eben unl\u00f6sliche Massen, die mit der Kiesels\u00e4ure des normalen Organismus auf keinen Fall in einen Topf geworfen werden d\u00fcrfen. Dieselbe \u00dcberlegung mu\u00df angestellt werden mit Bezug auf die von Wrokressenski gefundenen Werte f\u00fcr die Lunge. Die Asche der Lunge von sechs Personen enthielt im Durchschnitt 10,88 \u00b0/o Si02. Das sicher als pathologisch zu erkl\u00e4rende Maximum ergab die des genannten M\u00fcllers mit 33,7 \u00b0/o und das Minimum die einer 19j\u00e4hrigen Wirtschafterin mit 3,5 \u00b0/o. Ob man den oben genannten Befund von 6,03 \u00b0/o SiOs in den Bronchiallymphknoten eines jungen M\u00e4dchens und den von 3,5\u00b0/o in der Lunge der Wirtschafterin als normal bezeichnen darf, m\u00f6chte ich offen lassen, da immerhin auch hier Kieselstaub der Einatmungsluft mit in Frage kommen kann. Ich will mich vorsichtig lieber dahin aussprechen, da\u00df die Mengen des physiologischen Gehaltes an Si02 f\u00fcr Lunge und bronchiale Lymphknoten wohl noch niedriger liegen.\nAuf Koberis Veranlassung hat sein ehemaliger Sch\u00fcler, der Lungenspezialist Goswin Zickgraf,1) einige Lungen-steine von Tuberkul\u00f6sen chemisch untersucht und als erster\n') Gosw. Zickgraf, \u00dcber die Beteiligung der Kiesels\u00e4ure an der Bildung von Lungensteinen. Brauers Beitr\u00e4ge zur Klinik der Tuberkulose, Bd. 5, 1906, S. 399.","page":281},{"file":"p0282.txt","language":"de","ocr_de":"282\nMax Gonnermann,\ndarin neben dem in allen Lehrb\u00fcchern angef\u00fchrten Kalk auch Kiesels\u00e4ure nachgewiesen, und zwar nat\u00fcrlich nicht eingeatmeten Silikatstaub, sondern vom Organismus zu Heilzwecken abgelagerte Kiesels\u00e4ure. Mit demselben Thema haben sich dann Gerhartz und Strigel1) besch\u00e4ftigt, nach denen ich zun\u00e4chst einen mir weder im Original noch in einem guten Referat zug\u00e4ngigen franz\u00f6sischen Autor zu Wort kommen lasse. Gerhartz und Strigel zitieren als Beweis, da\u00df vernarbtes tuberkul\u00f6ses Lungengewebe nicht besonders kiesels\u00e4urereich ist, Robin,2) bei dem es hei\u00dft: La silice s\u2019\u00e9levait en moyenne \u00e0 0,0185\u00b0/o de mati\u00e8re fra\u00eeche et \u00e0 1,481 \u00b0/o de r\u00e9side min\u00e9ral. Dans les poumons de notre cinqui\u00e8me tuberculeux elle atteignait O g. 0,012 \u00b0/o de mati\u00e8re humide et 1,158\u00b0/o de reside min\u00e9ral, soit une diminution dans tous les sens, ce qui indique que le poumon tuberculeux n\u2019a pas le pouvoir de retenir sa silice de constitution. Einige Zeilen weiter hei\u00dft es: Le poumon tuberculeux perd une notable proportion de sa silice sans possibilit\u00e9 de la retenir. Gegen diese Ausf\u00fchrungen l\u00e4\u00dft sich einwenden, da\u00df in den untersuchten Lungen die Abheilungsprozesse nicht gen\u00fcgend im Vordergr\u00fcnde standen. Gerhartz und Strigel analysierten einen Lungenstein, der gar keine Kiesels\u00e4ure enthielt, sondern nur Calciumphosphat (61,29 \u00b0/o), Calciumcarbonat (23,42 \u00b0/o) und Magnesiumcarbonat (5,96\u00b0/o). Sie schlie\u00dfen daraus, da\u00df der Befund Zickgrafs gar keine Bedeutung habe und nicht im entferntesten als Beleg f\u00fcr die Selbstheilung der Lungenschwindsucht durch Kiesels\u00e4ureeinlagerung angezogen werden k\u00f6nne. Nach Kobert und nach meiner eigenen Ansicht ist diese Behauptung viel zu weitgehend. Bei allen Krankheiten gibt es eine Grenze, wo die Heilkraft des Organismus aufh\u00f6rt. So sagen z. B. Arno\n*) H. Gerhartz und A. Strigel, \u00dcber Lungensteine und Kiesels\u00e4urebehandlung. Brauers Beitr\u00e4ge zur Kenntnis der Tuberkulose Bd. 10, Heft 1.\n*) A. Robin, Composition chimique et min\u00e9ralisation de poumon chez l\u2019individu sain et chez le phtisique. Application \u00e0 la physiol, pathol. et \u00e0 la th\u00e9rap. de la phtisie pulmonaire. Bull. mens, de la Soc. d\u2019\u00c9tudes scientif. sur la Tuberc. F\u00e9vr. 1907, S. 24 des Sep.-Abdr.","page":282},{"file":"p0283.txt","language":"de","ocr_de":"Beitr\u00e4ge zur Kenntnis der Biochemie der Kiesels\u00e4ure.\n283\nEd. Lamp\u00e9 und Lavinia A. Lamp\u00e9,1) da\u00df sie wiederholt darauf aufmerksam gemacht haben, da\u00df folgendes biologisches Gesetz existiert: \u00abMit zunehmender Erkrankung nehmen z. B. bei Lungentuberkulose und bei Carcinom die Abwehrkr\u00e4fte des Organismus oder seine Reaktionsf\u00e4higkeit immer mehr ab und versagen schlie\u00dflich* *. F\u00fcr jeden Arzt, der wie Kobert l\u00e4ngere Zeit hindurch schwerkranke Tuberkul\u00f6se scharf beobachtet hat, ist dies eine altbekannte Tatsache. Es versteht sich von selbst, da\u00df bei der Frage der Ausheilung nicht zu schwerer Phthise von derartigen F\u00e4llen ganz abgesehen werden mu\u00df. Bei sehr vielen Phthisikern finden wir bei der Sektion gar keine Heilbestrebungen der Natur ; bei einigen finden wir ungen\u00fcgende; bei einzelnen aber erstaunlich vollkommene, dank deren die betreffenden die schwere Erkrankung jahrzehntelang \u00fcberstehen konnten. Schulz\u00ab) und Robert3) haben nun von der Tatsache ausgehend, da\u00df das Lungenbindegewebe kiesels\u00e4urereich ist, und da\u00df bei der fibr\u00f6sen Form der Phthise dieses Bindegewebe enorm zunimmt und im Kampf mit der Krankheit h\u00e4ufig den Sieg davon tr\u00e4gt, den Gedanken ausgesprochen, da\u00df die wesentlichste unorganische Substanz des Lungenbindegewrebes, das Silicium, daran mitbeteiligt ist, und da\u00df die Zufuhr gel\u00f6ster Kiesels\u00e4ure in m\u00f6glichst harmloser Form diesem Heilbestreben zu Hilfe kommt. Da Roberts Anschauungen von einigen Widersachern nicht ganz im richtigen Licht wiedergegeben sind, und da bei diesen Gegnern der Verdacht vorhanden zu sein scheint, als ob Kobert f\u00fcr irgend ein gewinnbringendes Mittel Reklame zu machen beabsichtige,\n*) A. Ed. Lamp\u00e9 u. L. A. Lamp\u00e9, Vergleichende Untersuchungen \u00fcber die im Serum von Basedowkranken auftretenden komplementbildenden Antik\u00f6rper und Abwehrfermente. Deutsches Archiv f. klin. Med., Bd. 120, 1916, S. 424.\n*) Au\u00dfer den in vorstehender Arbeit schon angef\u00fchrten zwei Archivarbeiten von K. Schulz vgl. auch M\u00fcnchn. med. Wochenschr. 1902, S. 440.\n\u2022) R. Kobert, Schlu\u00dfbemerkungen zu der Arbeit seines Sch\u00fclers Alfr. Siegfried, Ein Beitrag zur Kenntnis des physiologischen und pharmakologischen Verhaltens des kieselsauren Natriums etc. Archives internationales de Pharmacodyn. et de Th\u00e9r., Bd. 9, 1901, S. 28\u00f6.","page":283},{"file":"p0284.txt","language":"de","ocr_de":"284\nMax Gonnermann,\nerscheint es mir notwendig, seine Ausf\u00fchrungen w\u00f6rtlich wiederzugeben. Er sagt an der angef\u00fchrten Stelle:\n\u00abDie Frage, ob kieselsaures Natrium pharmakotherapeutisch verwendbar ist, durfte bisher eigentlich \u00fcberhaupt nicht am Menschen gepr\u00fcft werden, weil immer noch einzelne hochangesehene Gelehrte, wie A. v. Vogl in Wien, f\u00fcr die Giftigkeit dieses Pr\u00e4parates eintraten. Erst durch die-vorstehende Arbeit von Siegfried ist die relative Ungiftigkeit des Mittels bei innerlicher Eingabe erwiesen und damit die Vorbedingung f\u00fcr Versuche am kranken Menschen erf\u00fcllt. Es ist daher an der Zeit, zu \u00fcberlegen, welche Krankheiten zur Behandlung mit Natrium silici-cum purissimum sich etwa eignen k\u00f6nnten. Mir scheinen die folgenden vielleicht Ber\u00fccksichtigung zu verdienen. (Ich \u00fcbergehe Nr. 1\u20144.)\n5.\tWir haben erfahren, da\u00df die Schuppen der Haut bei Ichthyose relativ reich an Kiesels\u00e4ure sind. Wir d\u00fcrfen wohl daraus schlie\u00dfen, da\u00df diese S\u00e4ure bei Hyperkeratosen mit im Spiele ist, und werden sie daher bei dieser Krankheitsgruppe als kontraindiziert betrachten, aber umgekehrt in F\u00e4llen mangelhafter Hornhautbildung unser Mittel empfehlen, um entweder die reichliche Bildung verhornender Epidermis anzuregen oder um die Resistenzf\u00e4higkeit der Hornschicht zu erh\u00f6hen. Ich m\u00f6chte die Herrn Dermatologen auf diesen Punkt besonders hinweisen.\n6.\tNoch wichtiger scheint mir die Beziehung der Kiesels\u00e4ure zum Bindegewebe und zwar speziell der Lunge zu sein. Der pathologische Anatom und der Lungensanatoriumsarzt unterscheiden bekanntlich zwei Formen der Phthisis pulmonum, die Zerfallsphthise und die fibr\u00f6se Phthise. Erstere gibt eine schlechte Prognose, letztere eine bessere. Als Direktor der Brehmerschen Lungenheilanstalt zu G\u00f6rbers-dorf habe ich nun unabl\u00e4ssig nachgesonnen, welches unsch\u00e4dliche Arznei-oder Nahrungsmittel man wohl den Kranken lange Zeit hindurch bequem reichen k\u00f6nne, um dem Zerfalle vorhandener tuberkul\u00f6ser Lungeninfiltrate vorzubeugen und die Bildung haltbarer fibr\u00f6ser Narben herbeizuf\u00fchren. Bei Durchsicht aller \u00fcberhaupt vorhandenen Stoffe blieben meine Gedanken nur bei zweien haften, n\u00e4mlich bei Kalk und bei den Kiesels\u00e4urepr\u00e4paraten. Unter dem Einflu\u00df der Vorstellung, da\u00df kranke Lungenstellen durch Verkalkung ausheilen k\u00f6nnen, ist bekanntlich Lippspringe ein sehr ber\u00fchmter Lungenkurort geworden. Wir sind von der Vor. Stellung, da\u00df Trinken kalkreicher Quellw\u00e4sser den tuberkul\u00f6sen Lungenproze\u00df g\u00fcnstig beeinflusse, auf Grund vielj\u00e4hriger Pr\u00fcfung durch die hervorragendsten Kliniker allerdings zur\u00fcckgekommen. Die Verkieselungstheorie ist aber noch nie genauer gepr\u00fcft worden, obwohl sie eines eben so sorgf\u00e4ltigen Studiums durch die Lungenspezialisten wert ist als die Verkalkungstheorie. Es ist nicht undenkbar, da\u00df kiesels\u00e4urereiches Bindegewebe haltbarer ist als kiesels\u00e4urearmes. Durch die erst nach meiner G\u00f6rbersdorfer Zeit erschienene, oben erw\u00e4hnte Arbeit von H. Schulz, wonach gerade das Bindegewebe zur Kiesels\u00e4ure in der Tat die l\u00e4ngst","page":284},{"file":"p0285.txt","language":"de","ocr_de":"Beitr\u00e4ge zur Kenntnis der Biochemie der Kiesels\u00e4ure. 285\nvermutete intime Beziehung hat, ist mir die Berechtigung meiner damaligen \u00dcberlegungen von Neuem klar geworden. Da ich durch meine Wegberufung von G\u00f6rbersdorf an der Ausf\u00fchrung von Vorversuchen an vielen geeigneten Patienten verhindert worden bin, habe ich gleich nach Abschlu\u00df unserer Tierversuche meinen G\u00f6rbersdorfer Kollegen, Herrn Direktor Dr. Weicker, ersucht, die Vorversuche an Menschen in die Hand zu nehmen. Ich habe ferner die Ver\u00f6ffentlichung dieser Zeilen ein ganzes Jahr hinausgeschoben, um ihm Zeit f\u00fcr solche Vorversuche zu lassen. Ich m\u00f6chte auch jetzt nur so viel sagen, da\u00df die Unsch\u00e4dlichkeit der Darreichung m\u00e4\u00dfiger Dosen dieses Salzes in viel Fl\u00fcssigkeit gel\u00f6st zur Gen\u00fcge klargestellt ist. Ob therapeutische Resultate bei der Behandlung Schwinds\u00fcchtiger mit Natrium silicicum purissimum erzielbar sind, dar\u00fcber kann zurZeit noch nichts ausgesagt werden; es soll aber sp\u00e4ter dar\u00fcber berichtet werden.\u00bb\nAu\u00dfer Weicker haben auch Wei\u00dfmayr, Rohden und namentlich Roberts Sch\u00fcler Zickgraf die von Robert angeschnittene Frage weiter verfolgt. Wei\u00dfmayr und Rohden \u00e4u\u00dferten sich brieflich sehr befriedigt \u00fcber diese Behandlungsmethode. Zickgraf1) wies zun\u00e4chst nach, da\u00df nach Trinken von L\u00f6sungen des Natrium silicicum purissimum dies z. T. im Harn des Patienten wiedererscheint, mithin resorbierbar ist und in allen Organen des R\u00f6rpers kreist. Weiter hat er, veranla\u00dft durch Siegfrieds Versuche \u00fcber die Einwirkung des kieselsauren Natrons auts Blut, das Blutbild seiner Patienten studiert und gefunden, da\u00df durch das Mittel eine Vermehrung der mehrkernigen Leukocyten, also eine Verbesserung des Blutbildes im Sinne Arneths auftritt. Dieselbe Wirkung trat ein, wenn er2) das kiesels\u00e4urehaltige Wasser der Glash\u00e4ger Mineralquelle trinken lie\u00df. Unter Beachtung der normalerweise im Laufe des Tages vorkommenden Schwankungen der Leukocytenzahl hat auf Roberts Veranlassung, aber unabh\u00e4ngig von ihm, unter Eontrolle der Rostocker medizinischen Rlinik Simi Schwarz3) die Versuche\n\u00fcber den Einflu\u00df des Glash\u00e4ger Wassers auf das Blutbild als\n'\n<r1\n*) Siehe das Zitat oben auf S. 281.\n\u2022) Gosw. Zickgraf, \u00dcber die Darreichung von kiesels\u00e4urehaltigem Mineralwasser in Lungenheilst\u00e4tten. Zentralbl. f. innere Med. 1908, Nr. 20.\n3) Simi Schwarz, Die Einwirkung eines kiesels\u00e4urehaltigen Mineralwassers usw. auf die Zahl der Leukocyten. im menschlichen Blute. Dissert. Rostock 1911.","page":285},{"file":"p0286.txt","language":"de","ocr_de":"286\nMax Gonnermann,\nerster nachgepr\u00fcft. Nachdem er 174 Tage lang Vorversuche ohne Kiesels\u00e4ure gemacht hatte, ging er zur Darreichung des Glash\u00e4ger Wassers \u00fcber, das damals im Liter 42,7 rag Metakiesels\u00e4ure enthielt.\nDie Versuche zerfallen in vier Gruppen. Die erste besteht aus 20 F\u00e4llen, in denen drei Tage hintereinander je eine * */* Literflasche Glash\u00e4ger Wassers verabreicht wurde. Dieser Gruppe schlie\u00dfen sich 3 F\u00e4lle an, wo das doppelte Quantum, 3 mal 2 Flaschen gegeben wurde. Als dritte Gruppe dienen zum Vergleich 3 weitere F\u00e4lle, bei denen reines Brunnenwasser gegeben wurde. Und den Schlu\u00df bilden wiederum 4 Vergleichsf\u00e4lle, an denen nur die physiologischen Leukocytenschwankungen ohne besondere Medikation beobachtet wurden.\nEine deutliche Einwirkung des Mineralwassers auf die Leukocyten-zahl war in der Mehrzahl der F\u00e4lle vorhanden, und zwar betrug die Steigerung in\n3 F\u00e4llen\t0\u00b0/o des urspr\u00fcnglichen Maximums (keine\nWirkung),\n10\t\u00bb bis 40\u00b0/o des urspr\u00fcnglichen Maximums (Mini-\nmum der positiven Wirkung),\n10\t\u00bb\t* fast 200 \u00b0/o des urspr\u00fcnglichen Maximums (Maxi-\nmum der positiven Wirkung).\nDie h\u00f6chste absolute Steigerung war etwa 216\u00b0/o des Maximums.\nEine Hyperleukocytose durch das Kieselwasser war damit also von neuem erwiesen.\nKobert hat sich aber auch damit nicht begn\u00fcgt, sondern hat noch einen dritten und vierten Forscher, n\u00e4mlich den Heilst\u00e4ttenarzt Ladendorfi) und den bekannten Blutspezialisten Helwig2) zur Nachpr\u00fcfung der Frage nach verschiedenen Richtungen hin angeregt. Ladendorf best\u00e4tigte die g\u00fcnstige Wirkung auf Grund von Versuchen an seinen Patienten. Helwig pr\u00fcfte an Tieren und Menschen unter peinlichster Ausschaltung aller Selbstt\u00e4uschung und Zuf\u00e4lligkeiten.\n*) Ladendorf, \u00dcber die therapeutische Wirksamkeit der Kiesels\u00e4ure. Zeitschr. f. Balneologie, Jahrg. 5, Nummer vom 15. Juni 1912.\n*) Helwig, Die Bedeutung der Kiesels\u00e4ure f\u00fcr Phagocytose und Wundheilung. Zeitschr. f. Balneologie, Jahrg. 7, Nummer vom 1. Dez. 1914. \u2014 Derselbe, Der Einflu\u00df mineralischer L\u00f6sungen auf das Blutbild und die Phagocytose. Ebenda, Jahrg. 8, Nummer vom 1. Juni 1915 und Ver\u00f6ffentl. der Zentralstelle f. Balneologie, Bd. 2, Heft 12 vom 5. Mai 1915.","page":286},{"file":"p0287.txt","language":"de","ocr_de":"Beitr\u00e4ge zur Kenntnis der Biochemie der Kiesels\u00e4ure. 287\nEr hat dar\u00fcber teils bereits im Druck berichtet, teils wenigstens eine kurze Zusammenfassung m\u00fcndlich auf der Tagung in Rostock im Herbst 1916 gegeben. Nach diesen seinen mehrj\u00e4hrigen umfassenden Untersuchungen kann es nicht dem geringsten Zweifel mehr unterliegen, da\u00df die oben besprochenen Wirkungen der Kiesels\u00e4ure, in welcher Form sie auch dargereicht werden mag, sich erzielen lassen. Von der Glash\u00e4ger Quelle kann dabei v\u00f6llig abgesehen werden. Auf die Einzelheiten einzugehen, erscheint, bevor nicht der abschlie\u00dfende Bericht Hel wigs gedruckt vorliegt, verfr\u00fcht.\nGanz unabh\u00e4ngig von Kobert und seiner Schule haben Prof. R\u00f6\u00dfle und Dr. Kahle im pathologischen Institut zu Jena die Abh\u00e4ngigkeit des Vernarbungsprozesses von einem gewissen Kiesels\u00e4uregehalt des Gewebes und der Gewebsfl\u00fcssigkeiten dargetan. Nach Kahle1) ersieht man bei der Sektion von Phthisikern aus dem Gehalt des Pankreas an Kiesels\u00e4ure, welche Form der Lungentuberkulose der betreffende Patient gehabt hat. Fehlt die nur mit Hilfe der Kiesels\u00e4ure zu erm\u00f6glichende Induration der erkrankten Lungenpartien, so ist auch das Pankreas kiesels\u00e4ureverarmt. Der betreffende Mensch hat dann entweder eine zu geringe Kiesels\u00e4urezufuhr gehabt, oder er hat die F\u00e4higkeit, dies wichtige Element zu speichern, g\u00e4nzlich verloren gehabt. An Tieren konnte Kahle ebenfalls zeigen, da\u00df Kiesels\u00e4uregaben die Neigung tuberkul\u00f6ser Prozesse zur fibr\u00f6sen Induration und Abkapselung unterst\u00fctzten. Nach R\u00f6\u00dfle2) ver\u00e4ndert Siliciumbehandlung tuberkul\u00f6s infizierter Tiere das anatomische Bild der Tuberkulose so sehr, da\u00df aus den Ver\u00e4nderungen mit Sicherheit zwischen behandelten und unbehandelten Tieren differenziert werden kann. Auch bei Porzellanarbeitern, die feinen Silikatstaub einatmen, der zum Teil l\u00f6slich ist, sieht man nach R\u00f6\u00dfle, falls sie tuberkul\u00f6s werden, haupts\u00e4chlich\n*) Hanns Kahle, Einiges \u00fcber den Kiesels\u00e4urestoffwechsel bei Krebs und Tuberkulose und seine Bedeutung f\u00fcr die Therapie der Tuberkulose. M\u00fcnchn. med. Woch\u00e8nschr. 1914, Nr. 14, S. 753..\na) R- R\u00f6\u00dfle, Zur Siliciumbehandlung der Tuberkulose. M\u00fcnchn. med. Wochenschr., 1914, Nr. 14, S. 756.","page":287},{"file":"p0288.txt","language":"de","ocr_de":"288\nMax Gonnermann,\ndie fibr\u00f6se Form der Erkrankung auftreten. Mit Tuberkulose schwer infizierte, scheinbar rettungslos verlorene Tiere zeigten schon am f\u00fcnften Tage nach Einverleibung von Kiesels\u00e4urepr\u00e4paraten im Gegensatz zu den Kontrollieren deutliche Bindegewebsneubildung in den erkrankten Partien und vernarbende Vorg\u00e4nge, welche an die VernarbungsVorg\u00e4nge beim Menschen erinnern. Dazu kommt, da\u00df, wie Kobert feststellen konnte, ein Patient, der wegen unheilbarer Phthise von der Versicherungsanstalt als zur Aufnahme in eine Lungenheilanstalt abgelehnt wurde und sich daraufhin von einem Kurpfuscher mit einem Tee lange Zeit hindurch behandeln lie\u00df, in erfreulichster Weise sich besserte. Dieser Tee erwies sich als kiesels\u00e4urereich. Es erschien daher sowohl Kobert als anderen Autoren zeitgem\u00e4\u00df, diese bisher von der Schulmedizin verachteten kiesels\u00e4urehaltigen Teearten des Volkes namentlich auf flen wasserl\u00f6slichen und daher resorbierbaren Teil ihres Kiesels\u00e4uregehaltes hin wissenschaftlich zu pr\u00fcfen. Diese Teesorten k\u00f6nnten ja eine doppelte Wirkung haben, d. h. die Bildung eines die fibr\u00f6se Phthise bedingenden kiesels\u00e4urereichen Bindegewebes bezw. kiesels\u00e4urereicher Lungensteine einleiten sowie durch ihre Wirkung auf das Blut eine heilsame Leukocytose und damit einen Schutzwall von Leukocvten um die erkrankten Lungenstellen erm\u00f6glichen. Schulz1) hat als erster einen solchen Tee analysiert und in dem sogenannten Zinnkraut des Pfarrers Kneipp, d. h. in Equi-setum arvense, 0,6\u00b0/o des Krautes an l\u00f6slicher Kiesels\u00e4ure gefunden. Gerhartz und Strigel2) haben diese Untersuchungen fortgesetzt. Sie behandelten je 50 g der betreffenden Droge mit 750 ccm Wasser und lie\u00dfen nach 30 Minuten Kochdauer die Substanz noch etwa 48 Stunden mit dem Wasser stehen. Dabei erhielten sie in den Ausz\u00fcgen folgende Werte an wasserl\u00f6slicher Kiesels\u00e4ure:\n') H. Schulz, Einige Bemerkungen \u00fcber Kiesels\u00e4ure. M\u00fcnchn. med. Wochenschr., Jalirg. 1902, S. 440.\n*) H. Gerhartz und A. Strigel, \u00dcber Kiesels\u00e4urebehandlung. Brauers Beitr\u00e4ge z. Klinik der Tuberkulose, Bd. 10, Heft 1.","page":288},{"file":"p0289.txt","language":"de","ocr_de":"Beitr\u00e4ge zur Kenntnis der Biochemie der Kiesels\u00e4ure. 289\nf\u00fcr\tEquisetum arvense 4\t.\t0,49\tg\tentspr.\t0,98 \u00b0/o\n\u00bb\tUrtica dioica ....\t0,09\tg\t\u00bb\t0,18\u00b0/o\n\u00bb\tAchillea millefolium\t.\t0,08\tg\t*\t0,l\u00f6\u00b0/o\n*\tPlantago spec.... 0,035\tg\t\u00bb\t0,07 \u00b0/o\n\u00bb\tVeronica......... 0,065\tg\t\u00bb\t0,\u00ee3\u00b0/o.\nSie schlie\u00dfen merkw\u00fcrdigerweise, da\u00df sie trotz der hohen Zahl (0,98 \u00b0/o) f\u00fcr Equisetum sich nicht f\u00fcr die Anerkennung eines Kausalzusammenhanges zwischen Kiesels\u00e4ure-Aufnahme und Heilwirkung, falls eine solche \u00fcberhaupt objektiver Kritik standh\u00e4lt, bekennen. Ich selbst ging von der Tatsache aus, da\u00df die Patienten von Zickgraf und Schwarz schon nach dreit\u00e4gigem Trinken von je einer Flasche, d. h. von Liter Glash\u00e4ger Wassers eine wesentliche Leukocytensteigerung bekommen hatten. In diesen 750 ccm Brunnen sind nach der neuesten Analyse von Dr. Karl Kobert 40 mg Si02 enthalten. Ich verglich damit den Si02-Gehalt von 3 Tassen Tee. Dieser wurde in Anlehnung an die auf der Etikette, einer dieser Kr\u00e4uterarten gegebenen Vorschrift folgenderma\u00dfen hergestellt. Je 50 g trockner Species, entsprechend der f\u00fcr 10 Tassen n\u00f6tigen Kr\u00e4utermenge, wurden mit einem Liter destilliertem V asser ausgekocht, das Dekokt zw\u00f6lf Stunden zum Abk\u00fchlen beiseite gestellt, von den hierbei sich absetzenden feinen Pflanzenteilen vorsichtig getrennt, zur Trockne verdampft, der gewogene Trockenr\u00fcckstand verbrannt und in der trocknen Asche die vorher l\u00f6slich gewesene Kiesels\u00e4ure analytisch bestimmt, d. h. nach unl\u00f6slicher Abscheidung durch 3 maliges hei\u00dfes Behandeln mit konzentrierter Salzs\u00e4ure zum staubtrocknen Pulver eingedampft und gewogen. Es wurde dann berechnet, wie viel Si02 auf drei Tassen, jede zu 5 g Kraut gerechnet, kommt. Da die meisten Volks Vorschriften sogar 4 Tassen trinken lassen, ist die von mir berechnete Tagesmenge also eher kleiner, als sie bei den Volkskuren zu seih pflegt. Das Ergebnis des Vergleichs dieser 3 Tassen mit dem gleichen Volumen Glash\u00e4ger Wasser zeigt die \u00dcbersicht auf S. 293, w\u00e4hrend aus Tabelle IV (S. 290-291) der Prozentgehalt dieser Drogen an Gesamtkiesels\u00e4ure wie an wasserl\u00f6slicher, analog berechnet wie bei Gerhartz und Striegel (siehe oben)!","page":289},{"file":"p0290.txt","language":"de","ocr_de":"290\nMax Gonnermann,\nTabelle IV.\nLfd.\nNr.\nDeutscher\nName,\nVolksbezeichnungen der Droge\nWissen-\nschaftliche\nBenennung\nBezugs-\nquelle\nMenge des ge-won-\tWasserl\u00f6s- liche\t\tGesamt-\t\n\tKiesels\u00e4ure\t\tKiesels\u00e4ure\t\nnenen\tbe-\tbe-\tbe-\tbe-\nTrock.\u00ab\trechn.\trechn.\trechn.\trechn.\nEx-\tauf\tauf\tauf\tauf\ntraktes\tAsche\tDroge\tAsche\tDroge\n*/\u2022\tOL 10\t\u00b0'o\t\t\u00b0/o\nGesamtmenge der Asche in der Droge \u00b0/0\nEchter Puhlmann-Tee, Gesundheitstee\nRlanken-\nheimer-Tee,\nLiebersche\nKr\u00e4uter\nHerba Galeopsidis von Galeopsis ochroleuca Lam. s. G. grand iflora Rth.\nPuhlmann & Comp., Berlin\nCaesar & Loretz, Halle-S.\n16,2\n16,6\n10,14\n26,87\n0,288\n0.892\n5,0\n3,4\n2,84\n3,32\n\tScheuertee,\tHerba\tRats-\t\t\t\t\t\t\n3\tPfarrer\tEquiseti mi-\tapotheke\t17,8\t29,17\t1,815\t\t\t6,31\n\tKneipps Zinn-\tnorisd.h. die\tin Ro-\t\t\t\t\u2014\t\u2014\t\n\tkraut\tsterilen\tstock-M.\t\t\t\t\t\t\n4\tTannenkraut, Feldschacn- telhalm\tStengel und Wedel von Equisetum arvense L.\tCaesar & Loretz, Halle-S.\t11,5\t18,87\t0,732\t80\t9,4\t3,88\n\tHomerokraut, Weidemanns\tHerba\tCaesar\t\t\t\t\t\t\\\n5\trussischer\tPolygoni\t& Loretz,\t15,6\t64,10\t0,350\t\t1,8\t2,72\n\tSchwindr\ts. Centumno-\tHalle-S.'\t\t\t\t\t\t\n\tsuchtstee\tdii s. sangui-\t\t\t\t\t\t\t\n\tVogel-\tnalis von\t\t\t\t\t\t\t\n6\t\tPolygonum aviculare L.\tV\u00f6gen-\t\t\t\t\t\t\n\tkn\u00f6terich-\t\tteichplatz\t13,0\t59,40\t1,407\t15\t1,4\t2,44\n\tkraut.Polypec\t\ti. Rostock\t\t\t\t\t\t\n7\tHirsetee\tSemen Panici milia-cei\tSamen- handlung Lebed\u00e9\t24,0\t4,51\t0,49\t59\t\t10,86\n\t\t\tRostock-M.\t\t\t\t\t\t\n8\tRoggenstroh- mehl\tStengel von Secalecereale\tRostock\t4,0\t13,04\t0,30\t49,27\t12,3\t2,30\n\t\tAu\u00dfenschicht\t\t\tmini-\tmini-\t\t\t\n9\tRoggenkleie\tdes Samens\t>\t19,0\t\t\t57,5\t2,3\t1,82\n\t\tSecalecereale\t\t\tmal\tmal\t\t\t\n10\tMeerkohl\tHerba Crambes ma-ritimae\tHeiligen- damm\t35,3\t22,90\t1,65\t\u2014\t2,6\t14,32","page":290},{"file":"p0291.txt","language":"de","ocr_de":"Beitr\u00e4ge zur Kenntnis der Biochemie der Kiesels\u00e4ure. 291\nTabelle IV (Fortsetzung).\nLfd. Nr. i\tDeutscher Name, Volksbezeichnungen der Droge\tWissen- schaftliche Benennung\tBezugs- quelle\tMenge des gewonnenen Trock.-Extraktes \u00b0/o\tWasse lici Kiesels be- rechn. auf Asche */\u2022\trl\u00f6s- ie >\u00e4ure be- j rechn. auf Droge \u00b0/o\tGesa Kiesels be- | rechn. auf Asche \u00b0/o\tmt- >\u00e4ure be- rechn. auf Droge \u00b0/o\tGesamtmenge der Asche in der Droge \u00b0/*\n11\tBl\u00e4tter des Adlerfarns\tPteris aquilina\tRostocker Heide\t3,7\t8,73\t0,16\t61,86\t3,46\t0,55\n. 12 i i\tWedelstiele des Adlerfarns\t>\t>\t1,7\t5,79\t0,20\t10,28\t0,54\t0,35\nH\tNadeln der L\u00e4rche\tLarix decidua\tRostock\t\u2014\t4,84\t0,29\t\u2014\t\u2014\t25,36\n14\tWiesenheu\thaupts\u00e4chlich Poa pratensis\tRostock\t11,7\t11,58\t0,467\t\u2014\t\u2014\t\u2014\n15\tSalzblume (ganz. Pflanze)\tHonkenya peploides Ehrh.\tWarne- m\u00fcnde\t\u2014\t\u2014\t. \u2014\t4,90\t1,86\t17,84\n16\tSeegras\tZostera marina\t>\t13,0\t4,72\t052\t9,18\t1,69\t4,47\nJ\u2019\tZuckeralge\tLaminaria saccharina\tM\u00fcritz\t\u2014\t\u2014\t\u2014\t20,26\t4,00\t1,98 I\n18\tDauerhefe\tSaccharo- myces cerevisiae\tM\u00fcnchen\t\u2014\t\u2014\t\u2014\t1,20\t0,18\t15,30\n19\tN\u00e4hrhefe\t*\tBerlin\t\u2014\t\u2014\t\u2014 '\u2022\t1,96\t0,16\t9,16\n20\t\u00bb\t1\tBrunnen- gr\u00e4ber Rostock\t\u2014\t\u2014\t\u2014\t1 4,94\t0,46\t9,30\n21\tNucleol aus Hefe\tNatrium nucleinicum\tParke Davis & Co. Detroit\t\u2014\t\u2014\t\u2014\t12,59\t0,87\t6,91\n22\t>\ti\t>\t\u2014\t\u2014\t\u2014\t14,34\t1,18\t8,23\n23\t' Eichenrinde\tCortex Quercus\tCaesar & Loretz Halle-S.\t\u2014\t0\t0 *\t16,73\t9,70\t5,5","page":291},{"file":"p0292.txt","language":"de","ocr_de":"292\nMax Gonnermann,\nzu ersehen ist. Ich habe in dieser Tabelle gleichzeitig auch noch einige andere Drogen aufgenommen, deren Gesamtgehalt an Kiesels\u00e4ure mir der Untersuchung wert schien.\nBetrachten wir jetzt diese Tabelle IV. Sie beginnt mit den drei- popul\u00e4rsten Teearten gegen Schwindsucht. Unter Nr. 1\u20142 ist Herba Galeopsidis aufgef\u00fchrt, f\u00fcr die ich vier volkst\u00fcmliche Bezeichnungen beigef\u00fcgt habe ; es gibt aber auch noch andere Namen daf\u00fcr. Die Zusammensetzung der Droge schwankt, wie man l\u00e4ngst wei\u00df, nach dem Standort. Ich habe daher zwei verschiedene Muster analysiert. Das aus Berlin von der Puhlmanngesellschaft bezogene ergab 0,288 \u00b0/o wasserl\u00f6sliche Kiesels\u00e4ure, das von Caesar & Loretz in Halle bezogene aber 0,892 \u00b0/o, also das Dreifache. Unter Nr. 3\u20144 ist Herba Equiseti minoris aufgef\u00fchrt. Auch bei dieser habe ich zwei Muster verschiedener Herkunft analysiert, eins aus Halle und eins aus Rostock. W\u00e4hrend Schulz 0,6 \u00b0/o l\u00f6sliche Kiesels\u00e4ure in dieser Droge fand, fanden Gerhartz .und Strigel 0,98 \u00b0/o und ich selbst im Hallischen Muster 0,73 \u00b0/o, im Rostocke^ aber 1,81 \u00b0/o, also das Dreifache von Schulz. Letzteres Muster war wohl auf sehr sandigem Boden gewachsen; jedenfalls gedeiht dieser Schachtelhalm hier auf solchem \u00fcberall. Man sieht, wie bei dem Kraut von Galeopsis, die gro\u00dfe Verschiedenheit im Kiesels\u00e4uregehalt. Unter Nr. 5 und 6 ist das alte, \u00fcber ganz Ru\u00dfland verbreitete Volksschwindsuchtsmittel, der Vogelkn\u00f6terich, aufgef\u00fchrt. Eine mythische Pers\u00f6nlichkeit Horn er o, der von andern als raffinierter Schwindler bezeichnet wird, soll der Volks\u00fcberlieferung nach ganz Ru\u00dfland durchzogen und den Gebrauch dieses Mittels eingef\u00fchrt haben. Im ganzen benutzt das russische Volk f\u00fcnf Polygonumarten, \u00fcber die Robert durch v. Hen\u00e7ici1) das Wichtigste hat zusammenstellen lassen. Auch bei dieser Droge ist die Menge der l\u00f6slichen Kiesels\u00e4ure nach dem Standort verschieden. Ein Rostocker Muster ergab 1,41 \u00b0/o, ein\n\u2018) A. A. v. Henrici, Weitere Studien \u00fcber Volksheilmittel verschiedener in Ru\u00dfland lebender V\u00f6lkerschaften. Historische Studien aus dem pharmakol. Institute zu Dorpat, herausgegeben von R. Robert, \u00dfd. 4 (Halle a. S. 1894), S. 52.\ni","page":292},{"file":"p0293.txt","language":"de","ocr_de":"Beitr\u00e4ge zur Kenntnis der Biochemie der Kiesels\u00e4ure. 293\nHallisches nur 0,35 \u00b0/o, w\u00e4hrend der Gesamtkiesels\u00e4uregehalt in dem letzteren gr\u00f6\u00dfer war als im ersteren. Als letztes Volksmittel ist unter Nr. 7 der Hirsetee angef\u00fchrt, der 0,49\u00b0/o l\u00f6sliche Kiesels\u00e4ure enth\u00e4lt. Ordnet man die genannten Mittel nach der in 750 g Fl\u00fcssigkeit enthaltenen .Kiesels\u00e4uremenge, so erh\u00e4lt man folgende Reihenfolge:\n1.\tTrinken\tvon\t1 Flasche Glash\u00e4ger Wassers f\u00fchrt zu 40 mg Kiesels\u00e4ure\t\t\t\n2.\t\u00bb\t>\t3 Tassen Puhlmanntee\t*\t\t43 >\t\u00bb\n3.\t\u00bb\t>\t3\t* Kn\u00f6terichtee aus Halle *\t52 \u00bb\t\u00bb\n4.\t>\t>\t3\t* Hirsetee\t>\t73 \u00bb\t\u00bb\n5.\t>\t>\t3\t\u00bb Schachtelhalmtee aus Halle >\t110 \u00bb\t\u00bb\n6.\t\u00bb\t\u00bb\t3\t\u00bb Galeopsistee\t\u00bb\t\u00bb\tm \u00bb\t\u00bb\n7.\t\u00bb\t\u00bb\t3\t\u00bb Kn\u00f6terichtee aus Rostock \u00bb\t211 >\t\u00bb\n8.\t>\t\u00bb\t3\t\u00bb Schachtelhalmtee \u00bb\t\u00bb\t272 *\t\u00bb\nDie Quantit\u00e4t von 750 ccm ist nur deshalb von mir gew\u00e4hlt, weil soviel gerade in einer Flasche Glash\u00e4ger Wasser enthalten ist, und weil schon dieses Quantum unzweifelhaft W irkungen hervorbrachte. Die Teearten werden vom Volke in Mengen von 3\u20144 Tassen getrunken. Wir ersehen aus der Zusammenstellung, da\u00df schon bei 3 Tassen 43\u2014272 mg Kiesels\u00e4ure dem Organismus t\u00e4glich einverleibt werden, also weit mehr als durch das Kieselwasser. Angesichts dieser Tatsache haben wir kein Recht mehr, \u00fcber die Volksbehandlungsmethode der Schwindsucht mittels dieser vom Volke in verschiedenen L\u00e4ndern Europas instinktiv herausgefundenen Teearten zu spotten. Wie der Krieg uns \u00fcberhaupt der Beachtung der einheimischen Volksmittel wieder mehr zugef\u00fchrt hat, so empfiehlt es sich, der von Kobert schon lange vor Ausbruch des Krieges ausgesprochenen Aufforderung, in recht vielen Lungenheilanstalten und Lungenpolikliniken eingehend jahrelang die Schwindsuchtsbehandlung mit Kieseipr\u00e4paraten und speziell auch mit Kieselteearten zu studieren, endlich nachzukommen. Bis jetzt hat Kobert durch seine Freunde und Sch\u00fcler zum mindesten schon soviel feststellen lassen, da\u00df diese Teesorten ungef\u00e4hrlich sind und in einzelnen F\u00e4llen erheblichen Nutzen zu stiften schienen.\nNat\u00fcrlich kann man die l\u00f6sliche Kiesels\u00e4ure au\u00dfer durch\nHoppe-Seyler\u2019s Zeitschrift f. physio!. Chemie. IC.\n21","page":293},{"file":"p0294.txt","language":"de","ocr_de":"294\nMax Gonnermann,\nGetr\u00e4nke nach Robert1) auch in Formen von Speisen zuf\u00fchren. Unsere Tabelle IV enth\u00e4lt auch nach dieser Hinsicht einige orientierende Angaben. Die Hirse, die ja sehr h\u00e4ufig auch als Speise, z. B. in Breiform genossen wird, bildet dazu den \u00dcbergang. Weiter hat Robert schon immer in seinen Vorlesungen Stimmung zu machen gesucht f\u00fcr die Einf\u00fchrung des Meerkohls als Gem\u00fcse in den Speisezettel von reich und arm. In England ist diese Kohlart ganz allgemein bekannt und wird auf dem Wochenmarkt verkauft. In der N\u00e4he von Rostock, wo sie fr\u00fcher so gut wie ganz ausgerottet war, w\u00e4chst sie am Strande auf reinem Kieselsande jetzt wieder in \u00fcppiger F\u00fclle. Eine einzige der \u00fcppig wuchernden Stauden gen\u00fcgt, um eine ganze Familie satt zu machen. Der Wassergehalt ist, wie bei allen Kohlarten, hoch; er betr\u00e4gt bei den frisch abgeschnittenen Bl\u00e4ttern 88,23\u00b0/o. Der w\u00e4sserige Auszug liefert gr\u00f6\u00dfere Mengen Trock\u00e9nextrakt als alle anderen untersuchten Pflanzen, n\u00e4mlich 35,3 \u00b0/o. Die wasserl\u00f6sliche Kiesels\u00e4ure der Abkochung betr\u00e4gt l,65\u00b0/o der Droge. I\u00dft man den Kohl als Gem\u00fcse, so nimmt man noch viel reichlichere Mengen auf. Die Einf\u00fchrung des Meerkohles und des Hirsebreies in den Speisezettel aller Lungenheilanstalten ist dringend zu empfehlen, namentlich da beide Gerichte billig zu beschaffen sind. Ein Aufgu\u00df des als Nahrung wertlosen Roggenstrohmehls enth\u00e4lt mehr von der l\u00f6sliche\u00fc Kiesels\u00e4ure als der Puhlmanntee; man k\u00f6nnte diesen billigen Aufgu\u00df als Wasser f\u00fcr die Herrichtung beliebiger Suppen in Lungenheilst\u00e4tten fast allt\u00e4glich m\u00fchelos verwenden.\nIn der Roggenkleie fand ich dagegen die Menge der l\u00f6slichen Kiesels\u00e4ure minimal. F\u00fcr die Kiesels\u00e4urezufuhr bei Haustieren ist von Wichtigkeit zu erfahren, da\u00df die l\u00f6sliche Kiesels\u00e4uremenge hiesigen Wiesenheus 0,47\u00b0/o ausmacht,\n*) Es darf wohl hier daran erinnert werden, da\u00df Robert auch die Veranlassung dazu gegeben hat, eine Gruppe von Pflanzen mit sogen. Nahrungsmittelsaponinen in die Lungenheilst\u00e4tten einzuf\u00fchren. Mai) vergleiche R. Robert (Brauers Beitr\u00e4ge zur Rlinik der Tuberkulose, Bd. 31, 1914, S. 481) und O. Blanchard in Roberts neuen Beitr\u00e4gen zur Renntnis der Saponinsubstanzen, Bd. 1, 1916, S. 126.","page":294},{"file":"p0295.txt","language":"de","ocr_de":"Beitr\u00e4ge zur Kenntnis der Biochemie der Kiesels\u00e4ure. 295\nalso sehr hoch ist! Auch in den Bl\u00e4ttern und Stielen der Wedel des Adlerfarns1) konnte ich 0,16\u00b0/o bezw. 0,20\u00b0/o l\u00f6sliche Kiesels\u00e4ure nachweisen. Da der Adlerf\u00e0rn jetzt nicht nur als Viehfutter, sondern auch als Menschennahrung herangezogen wird, scheint mir dieser Hinweis nicht ganz \u00fcberfl\u00fcssig. Unter den jetzt zur Ern\u00e4hrung der Menschen und der Haustiere vielfach herangezogenen Stoffen nimmt die Hefe fast die erste Stelle ein. Ich habe die bekannte M\u00fcnchner Dauerhefe sowie Berliner und Rostocker N\u00e4hrhefe auf ihren Kiesels\u00e4uregehalt untersucht. Allerdings konnte ich nicht feststellen, da\u00df die Si02 v\u00f6llig l\u00f6slich ist; die Hauptmenge fand ich aber wohl l\u00f6slich, wofern das betreffende Pr\u00e4parat nicht bei zu hoher Temperatur getrocknet worden war. Ich fand auf trockne Droge berechnet 0,16\u20140,46\u00b0/o SiOs, also Werte, ie bei t\u00e4glichem Zusatz von etwa 3 Teel\u00f6ffel N\u00e4hrhefe zur Kost 30 mg ausmachen, falls wir 0,2 0/o SiO* als Durchschnitt rechnen. Auch dieser Speisenzusatz d\u00fcrfte f\u00fcr Lungenheilanstalten wesentlich mit in Betracht kommen. Ein aus Hefe hergestelltes Handelspr\u00e4parat von nucleinsaurem Natrium, das mir in Form des Nucleol von Schwickerath in zwei Mustern zur Verf\u00fcgung stand, enth\u00e4lt 0,87\u2014l,18\u00b0/o SiOt. Dieser Umstand beweist, da\u00df bei der Ausf\u00e4llung der Nuclein-s\u00e4ure aus Hefeausz\u00fcgen diese S\u00e4ure die Hauptmenge der Kiesels\u00e4ure mit niederrei\u00dft und bei allen Reinigungsversuchen festh\u00e4lt. Ich stellte fest, da\u00df auch diese Kiesels\u00e4ure in ihrer Gesamtheit wasserl\u00f6slich ist.\nZum Schlu\u00df habe ich noch drei hiesige Strandpflanzen auf ihren Gesamt-Kiesels\u00e4uregehalt untersucht, weil dies bisher noch nie geschehen ist, n\u00e4mlich das Seegras, die Zuckeralge und die Salzblume. Das Seegras ergab, berechnet auf Droge, 0,52\u00b0/o l\u00f6sliche Kiesels\u00e4ure. Das Seegras wird jetzt im Kriege vielfach als Futter mit benutzt; Nohne Zweifel gelangt der gr\u00f6\u00dfte Teil der l\u00f6slichen Kiesels\u00e4ure zur Resorption. Bei der mannithaltigen Laminaria saccharina betr\u00e4gt der Kiesel-\n*) C. Griebel, \u00dcber die Verwendung der Wurzelst\u00f6cke (und Wedel) des Adlerfarns. Zeitschr. f. Untersuch, der Nahrungs- und Genu\u00dfmittel, Bd. 32, 1916, S. U7.\n21*","page":295},{"file":"p0296.txt","language":"de","ocr_de":"296\nMax Gonnermann,\nS\u00e4uregehalt der Asche 20,26\u00b0/o; sie wird jetzt ebenfalls als Viehfutter benutzt und d\u00fcrfte merkliche Mengen resorbierbarer Kiesels\u00e4ure zuf\u00fchren. Die Salzblume, Honkenya peplo-ides Ehrh. sive Halianthus peploides Fries (Caryophylla-ceae, Alsineae), ist eine ausdauernde, au\u00dferordentlich h\u00e4ufige Pflanze aller feuchten sandigen Stellen des Strandes der Ostsee, der Nordsee und der Adria. Ihrer H\u00e4ufigkeit wegen k\u00f6nnte sie billig in den Handel kommen, falls von ihrem 1,86 \u00b0/o der Droge und 4,90\u00b0/o der Asche betragenden Kiesels\u00e4uregehalt, wie zu erwarten ist, ein wesentlicher Teil resorbierbar ist, was ich erst im kommenden Sommer werde feststellen k\u00f6nnen. Wie weit sie als Salat oder Gem\u00fcse verwertbar ist, werde ich dann gleichfalls mitteilen. F\u00fcr den Strand bildet sie eins der wichtigsten Mittel, den lockern Kieselsand zu befestigen und in eine sch\u00fctzende Pflanzendecke umzuwandeln. Da sie ausdauernde Rhizome nach allen Seiten hin reichlich aussendet, ist die Gefahr, durch Abschneiden ihrer jungen Triebe den Strand zu sch\u00e4digen, nicht sehr gro\u00df. Umgekehrt w\u00fcrde ihre Einf\u00fchrung in die Reihe der Nahrungs- und Genu\u00dfmittel die n\u00fctzliche Folge haben, sie wie den Meerkohl an zahlreichen jetzt noch ganz pflanzenfreien Sandstellen des Strandes anzus\u00e4en und diese Stellen an Unbemittelte zu verpachten.\nWeitere Mitteilungen \u00fcber unorganische Stoffe in Pflanzen und Tieren behalte ich mir vor.","page":296}],"identifier":"lit37361","issued":"1917","language":"de","pages":"255-296","startpages":"255","title":"Beitr\u00e4ge zur Kenntnis der Biochemie der Kiesels\u00e4ure","type":"Journal Article","volume":"99"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:17:27.956979+00:00"}