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{"created":"2022-01-31T16:51:51.578150+00:00","id":"lit37370","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Salkowski, E. ","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 92: 89-103","fulltext":[{"file":"p0089.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Quelle des Thiosulfates im Kaninchenharn.\nVon\nE. S&lkowski.\n(Aus der chemischen Abteilung des pathologischen Instituts der Universit\u00e4t Berlin.)\n(Der Redaktion zugcgangen am 11. Juni 1914.,\nNachdem ich festgestellt hatte, da\u00df der Harn von Kaninchen bei F\u00fctterung mit Wei\u00dfkohl betr\u00e4chtliche Mengen von Thiosulfat (und Spuren von Mercaptan bezw. bei demErhilzen tnit Salzs\u00e4ure Mercaptan liefernden K\u00f6r|>ern) enth\u00e4lt, bei F\u00fctterung mit Mohrr\u00fcben und einigen anderen Futtermitteln dagegen nicht,') war es die n\u00e4chste Aufgabe, die Ursache dieser Erscheinung zu ermitteln. Es waren, zun\u00e4chst zwei M\u00f6glichkeiten ins Auge zu fassen: 1. es konnten mit dem Wei\u00dfkohl besonders gro\u00dfe Mengen eiwei\u00dfspaltender und reduzierender Bakterien eingef\u00fchrt sein, deren umfangreiche T\u00e4tigkeit dann das Vorkommen von Thiosulfat und Spuren von Mercaptan wohl erkl\u00e4ren konnte; 2. es konnten im Wei\u00dfkohl Substanzen pr\u00e4formiert sein, die im Organismus des Kaninchens Thiosulfat und Spuren von Mercaptan lieferten.\nDie erstere Annahme war von vornherein die weniger wahrscheinliche, da sich die Anwesenheit gr\u00f6\u00dferer Mengen von F\u00e4ulnisbakterien doch schon in dem vorher l\u00e4ngere Zeit aufbewahrten Wei\u00dfkohl h\u00e4tte verraten m\u00fcssen. Au\u00dferdem war sie weit schwieriger einwandfrei zu beweisen bezw. zu widerlegen ; ich wandte mich daher zun\u00e4chst der zweiten M\u00f6glichkeit zu.\n1200 g Wei\u00dfkohl wurden ersch\u00f6pfend mit Wasser bei Siedetemperatur behandelt unter wiederholtem Abpressen mit einer starken Presse, die Ausz\u00fcge koliert, dann filtriert und\n*) Diese Zeitschrift, Bd. 89, S. 485 (1914).","page":89},{"file":"p0090.txt","language":"de","ocr_de":"90\nE. Salkowski\nauf dem Wasserbad auf etwa 300 ccm eingedampft, in zwei gleiche Teile, a und b, je 600 g Kohl entsprechend geteilt. Der eingedampfte Auszug war von sirup\u00f6ser Beschaffenheit, br\u00e4unlicher Farbe, reagierte ziemlich stark sauer und enthielt, wie eine minimale, abgenommene Probe zeigte, reichlich reduzierenden und g\u00e4rungsf\u00e4higen Zucker. Mit diesem Auszug wurde zun\u00e4chst ein Versuch am Kaninchen angestellt. Hierzu diente ein Tier von 2360 g K\u00f6rpergewicht, dasselbe, an dem schon durch die fr\u00fcheren Versuche festgestellt war, da\u00df es, wie alle bisher untersuchten Kaninchen, bei Kohlf\u00fctterung Thiosulfat ausscheidet, bei Mohrr\u00fcbenf\u00fctterung dagegen nicht.\nDer Vorsicht halber wurde aber nochmals durch eine zweit\u00e4gige Vorf\u00fctterung mit je 600 g Mohrr\u00fcben festgestellt, da\u00df der, Harn dabei kein Thiosulfat enth\u00e4lt.\nAm 4.12. 14 erhielt das Tier den auf ca. 30 ccm eingedampften, mit einem Gemisch von Natriumcarbonatl\u00f6sung und Natronlauge genau neutralisierten Auszug a entsprechend 600 g Kohl mit der Schlundsonde in den Magen, daneben 300 g Mohrr\u00fcben, die es im Laufe des Tages vollst\u00e4ndig verzehrte. Die Quantit\u00e4t der Mohrr\u00fcben wurde geringer gew\u00e4hlt mit R\u00fccksicht auf die erhebliche Quantit\u00e4t der in dem Kohlauszug enthaltenen N\u00e4hrstoffe.\nDer Harn vom 3. war stark alkalisch, seine Quantit\u00e4t betrug einschlie\u00dflich der zum Aussp\u00fclen d\u00e9s Schiebkastens des K\u00e4figs angewandten verd\u00fcnnten Essigs\u00e4ure 250 ccm. Selbstverst\u00e4ndlich wurde der in der Blase noch befindliche Harn durch Ausdr\u00fccken gewonnen. Nach dem Filtrieren war der sauer reagierende Ham absolut klar. Mit dem Harn wurden folgende Versuche angestellt:\n1.\tEine Probe mit Silbernitratl\u00f6sung versetzt, ergab positive Reaktion (anfangs Gelbf\u00e4rbung, die schnell in Braun \u00fcberging).\n2.\t100 ccm wurden mit 10 ccm Salzs\u00e4ure von 1,126 D destilliert: im K\u00fchlrohr zeigte sich ein starker Anflug von Schwefel. Die erste Fraktion des Destillates \u2014 etwa 10 ccm \u2014 gab, mit Na2C03 genau neutralisiert, auf Zusatz von Nitro-prussidnatrium und Zinksulfat Rotf\u00e4rbung, auf weiteren Zusatz","page":90},{"file":"p0091.txt","language":"de","ocr_de":"\u00ee ber die Quelle des Thiosulfates im Kaninchenharn/ 91\nvon Ferrocyankalium purpurrote Flocken.1) Auch die sp\u00e4teren Destillate gaben eine, wenn auch schw\u00e4chere Reaktion.\n3.\tIn oO ccm wurde nach dem Erhitzen mit Salzs\u00e4ure die Gesamtschwefels\u00e4ure bestimmt. Erhalten 0,2878 g, also 1,439 p. d. = 0,195 S.\n4.\tN in 10 ccm 0,0294 = 0,735 p. d.\nVerh\u00e4ltnis von Sulfat-S : N = 1 :\nAm 5. erhielt das Tier 500 g Mohrr\u00fcben ohne Zusatz, in dem Harn vom 5. = 370 ccm war Thiosulfat nicht mehr nachweisbar, vielleicht etwas mehr S02 im Destillat, als sonst aus dem Kaninchenharn bei dieser F\u00fctterung.\nBisher war also festgestellt, da\u00df die Thiosulfat-Ausscheidung bewirkende Substanz wasserl\u00f6slich und mit Wasser-d\u00e4mpfen nicht fl\u00fcchtig ist, also beim Verdampfen. nicht verloren geht. Nach den Erfahrungen, die ich bez\u00fcglich des Mercaptannachweises gemacht habe, w*ar es aber immerhin auch m\u00f6glich, da\u00df der Kohlauszug Mercaptan in gebundener Form enth\u00e4lt, soda\u00df dasselbe erst beim Erhitzen mit Salzs\u00e4ure erhalten wird. Ferner k\u00f6nnte vielleicht auch direkt Thiosulfat im Kohlauszug enhalten sein.\nZur Untersuchung hierauf wurde der andere, .(>00 g Kohl entsprechende Teil des Auszuges mit 5 ccm Salzs\u00e4ure*) versetzt und erhitzt,, die D\u00e4mpfe in Quecksilbercyanidl\u00f6sung geleitet : es trat keine Mercaptidausscheidung auf, beim Weiterdestillieren bis auf weniger als 100 ccm machte sich im K\u00fchlrohr kein Anflug von Schwefel bemerkbar.\n*) Bez\u00fcglich der Anstellung der Reaktion weichen die neueren Angaben von Treadwell (Qualitative Analyse, 6. Auflage. S. 306) von den \u00e4lteren in Fresenius (Qualitative Analyse, 15. Auflage, S. 236) etwas ab. T. schreibt successiven Zusatz von Nitroprussidnatrium, Zinksulfat, Ferrocyankalium vor, Fresenius dagegen eine mit'Nitroprussidnatrium versetzte Zmksulfatl\u00f6sung, ich habe mich nach Treadwell gerichtet. Was die Feinheit der Reaktion betrifft, so gibt eine nicht mehr merklich sauer reagierende L\u00f6sung von NallSO, in dem Verh\u00e4ltnis von 1 : 20000 noch eine sehr deutliche Reaktion, vorheriges schwaches Alkalisieren mit NatCOs oder Ans\u00e4uern mit Essigs\u00e4ure wirkt st\u00f6rend.\n*) Ich nahm nur 5 ccm, weil ich die L\u00f6sung noch zum Tierversuch zu verwenden gedachte und eine zu gro\u00dfe Menge NafU hierbei st\u00f6rend gewesen w\u00e4re.","page":91},{"file":"p0092.txt","language":"de","ocr_de":"92\nE. Salkowski,\nDer abgedampfte Kohlauszug enth\u00e4lt also weder Thio-sulfat noch gebundenes Mercaptan.\nEs war nun zu vermuten, da\u00df der Destillationsr\u00fcckstand, einem Kaninchen gegeben, eine Ausscheiduug von Thiosulfat im Harn bewirken w\u00fcrde.\nAm 11. 2. erhielt dasselbe Kaninchen, das inzwischen in den Stall zur\u00fcckgebracht worden war, 500 g Mohrr\u00fcben. Der Harn vom 11. = 350 ccm enthielt kein Thiosulfat, auch S02 war mit der angef\u00fchrten Reaktion im Harn nicht nachweisbar.\n1.\t100 ccm gaben 0,1008 g RaS04 = 0,3528 p. d. = 0,0485 g S.\n2.\tN-Gehalt 0,4851 p. d.\nVerh\u00e4ltnis von Sulfat-S : N = 1 : 10,1.\nAm 12. 2. erhielt das Kaninchen den noch weiter eingedampften, genau neutralisierten Destillationsr\u00fcckstand in den Magen (Vol. ca. 40 ccm). Das Tier erscheint in den ersten Stunden etwas affiziert, trinkt etwas vorgesetztes Wasser, verzehrt die ihm gegebenen 300 g Mohrr\u00fcben. Harn = 400 ccm.\n1.\tAg-Reaktion zweifelhaft.\n2.\tSchwefelariflug aus 100 ccm gleichfalls zweifelhaft.\nDie erste Fraktion des Destillates, ca. 10 ccm, gibt ziemlich starke Reaktion auf S02.\n3.\t100 ccm gaben 0,363 g BaS04 = 1,452 p. d. = 0,1996 g S.\n4.\tN-Gehalt 0,772 p. d.\nVerh\u00e4ltnis von Sulfat-S : N = 1 : 3,87.\nAm 13. erhielt das Kaninchen 500 g Mohrr\u00fcben, fri\u00dft davon indessen nur 365 g. Harn 350 ccm. Thiosulfat nicht nachweisbar.\n1.\t100 ccm gaben 0,1054 g BaS04\t0,3689 g p. d. = 0,0507 g S.\n2.\tN-Gehalt = 0,8575 g p. d.\nVerh\u00e4ltnis von Sulfat-S = 1 : 16,9.\nDie Schwefels\u00e4ureausscheidung hat also nach Einf\u00fchrung des mit Salzs\u00e4ure erhitzten Kohlauszuges betr\u00e4chtlich zugenommen, dagegen hat sich Thiosulfat nicht im Harn nach-weisen lassen.\nNach diesem Ergebnis konnte man daran denken, da\u00df die Thiosulfatausscheidung und die Schwefels\u00e4ureausscheidung zwei ganz voneinander unabh\u00e4ngige Vorg\u00e4nge sind, umsomehr","page":92},{"file":"p0093.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Quelle des Thiosulfates ijn Kaninchenharn. 93\nals die Oxydation von Thiosulfat zu Schwefels\u00e4ure nach dem Verhalten desselben beim Menschen und Hund auch f\u00fcr das Kaninchen zwar sehr wahrscheinlich, aber bisher meines Wissens nicht durch direkt hierauf gerichtete Versuche erwiesen ist. Ich beschlo\u00df daher, einen Versuch hier\u00fcber bei einem mit Mohrr\u00fcben gef\u00fctterten Kaninchen anzustellen und zwar wiederum an demselben Tier, das zu den bisherigen Versuchen gedient hatte, gleichzeitig aber auch zum Vergleich dem Tier NaHS03 zu verabreichen.\nUber die Versuchsanstellung ist wenig zu sagen. Das Kaninchen, das zu Beginn des Versuches jetzt 2500 g wog, erhielt pro Tag 600 g Mohrr\u00fcben, die es vollst\u00e4ndig auffra\u00df, bis auf den 17., an, dem nur rund 400 g gefressen wurden. An einzelnen Tagen erhielt es NaHS03 mit Soda neutralisiert, an anderen Na2S203. Der Harn wurde im K\u00e4fig aufgefangen, der Zinkschiebkasten sorgf\u00e4ltig mit einem Gemisch von Wasser und Essigs\u00e4ure ausgesp\u00fclt, der zur\u00fcckgehaltene Teil des Harns durch Ausdr\u00fccken der Blase erhalten. Stets wurde soviel Essigs\u00e4ure hinzugesetzt, da\u00df alles Calcium- resp. Magnesium-phosphat in L\u00f6sung ging, dann erst das Volumen bestimmt und eventuell durch Wasserzusatz abgerundet (auf das.also wegen des nicht bestimmten Wasser- und Essigs\u00e4urezusatzes kein Wert zu legen ist), filtriert. Der filtrierte Harn wurde so absolut klar erhalten und blieb in Glasst\u00f6pselflpschen aufbewahrt wochenlang klar und ganz unver\u00e4ndert. Jeder Harn wurde durch Zusatz von Silbernitratl\u00f6sung auf Thiosulfat gepr\u00fcft, einerseits sofort, anderseits erst mehrere Tage nach Abschlu\u00df der ganzen Versuchsreihe in einem Serienversuch. Dank der vorz\u00fcglichen Haltbarkeit des Harns war dies m\u00f6glich.\nBei dem Serienversuch wurden die Harnproben \u2014 8 bis 10 ccm \u2014 in nebeneinander stehende Keagenzgl\u00e4ser gegossen, dann 3*>/oige Silbernitratl\u00f6sung hinzugesetzt \u2014 etwa >/2\u2014 des Volumens \u2014 und die Farbe des Niederschlages sofort und nach lU\u2014Va Stunde vergleichend gepr\u00fcft.\nWeiterhin wurden jedesmal 100 ccm mit Salzs\u00e4ure destilliert, die ersten 10 ccm auf SO, gepr\u00fcft und auf das Auftreten von Schwefelanflug im K\u00fchlrohr geachtet. In je 100 ccm wurde","page":93},{"file":"p0094.txt","language":"de","ocr_de":"94\nE. Salkowski,\ndie Gesamtschwefels\u00e4ure bestimmt. StickstofTbestimmungen erschienen nach dem Resultat der Schwefels\u00e4urebestimmungen1) \u00fcberfl\u00fcssig, umsomehr als das K\u00f6rpergewicht nach Abschlu\u00df des Versuches (24 Stunden nach der letzten Futterdarreichung und nach Abdr\u00fccken der Blase bestimmt) nur wenig - um 150 g \u2014 abgenommen hatte. Dabei kommt noch in Betracht, da\u00df das Gewicht zu Beginn des Versuches unmittelbar nach der Entnahme aus dem Stall, also relativ zu hoch gefunden wurde. Die Ergebnisse des Versuches sind in nachfolgender Tabelle zusammengestellt.\nBez\u00fcglich der S02 in den Destillaten bemerke ich, da\u00df sie an den Tagen, an denen Sulfit oder Thiosulfat gegeben war, durch die Reaktion mit Nitroprussidnatrium, Zinksulfat und b errocyankalium deutlich nachweisbar war, an den Normaltagen nicht.\n\ti Ein-\tHarn-\tBaS04\tBaS04\tNieder-\tSchwefel-\nDatum\tgegossene\tmenge\taus\taus der Tages-\tschlag\tanflug beim\n\tSubstanz\t\t100 ccm\tquan-\tmit\tDestillieren mit\n\t\tin ccm*)\t\ttit\u00e4t\tAgNOj\tSalzs\u00e4ure\n15./4.\t0\t520\t0,0848\t0,4410\twei\u00df\t0\n1\u00ab.\to\t530\t0,0870\t0,4610\t>\t0\n17.\t0,2 g NaHS03\tHarn z. Teil verloren\t\t_\t\u00bb\t0\n18.\t0,4 \u00bb\t>\t520\t0,2528\t1,3146\tgelb\t0\n19*\t0\t550\t0,0706\t0,3883\twei\u00df\t0\n20.\t0\t480\t0,0810\t0,3888\t\u00bb\t0\n21.\t0,25gNa2S80s -f \u00f4 g H*0\t550\t0,1406\t0,7733\tgelb\tdeutlich\n22. i\t0,5 g Na,S803 ~b 5 g H,0\t510\t0,2380\t1,2138\tgelb, schnell orange\tstark\n23.\t0\t550\t0,0994\t0,5467\tschwach gelb\t0\n24.\t0\t540\t0,0666 1\t0,3596\twei\u00df\t0\nBetrachtet man die Tabelle, so sieht man auf den ersten Blick, da\u00df, wie zu erwarten war, sowohl das Natriumsulfit als\n\u2018) Ich konnte dieses Resultat abwarten, da die Harne ja konserviert\nwaren.\n*) Stets einschlie\u00dflich Wasser und Essigs\u00e4ure.","page":94},{"file":"p0095.txt","language":"de","ocr_de":"95\n\u00dcber die Quelle des Thiosulfates im Kaninchenharn.\nauch das Thiosulfat eine starke Vermehrung der Schwefel-s\u00e4ure bewirkt hat.\nBez\u00fcglich der quantitativen Verh\u00e4ltnisse ergibt sich f\u00fcr Natriumsulfit: die Schwefels\u00e4ureausscheidung betrug, ausgedr\u00fcckt als BaS04, am 18. 0,3146 g; am 16. ist ausgeschieden 0,461 g, das Plus betr\u00e4gt also 0,8536 g. 0,4 g NaHSOs w\u00fcrden bei vollst\u00e4ndiger Oxydation 0,896 g BaS04 liefern, die Oxydation ist also fast vollst\u00e4ndig erfolgt. M\u00f6glicherweise enth\u00e4lt der Harn vom 18. auch noch etwas Schwefels\u00e4ure von der Zufuhr am 17. her.\n^ Nach der Verabreichung von 0,75 g Thiosulfat (Na,S803 + 5H20) ist an den beiden Tagen der Zufuhr des Salzes ausgeschieden: Schwefels\u00e4ure, ausgedr\u00fcekt als BaS04, 1,987 g, an den beiden vorhergehenden Tagen 0,777 g, das Plus betr\u00e4gt also 1,21 g. 0,75 g Thiosulfat w\u00fcrde bei vollst\u00e4ndiger Oxydation 1,410 g BaS04 geliefert haben, die Oxydation ist also im Organismus zum gr\u00f6\u00dften Teil erfolgt. Richtiger ist es wohl, die Zahl f\u00fcr den 23. noch als unter Einflu\u00df des zugef\u00fchrten Thiosulfats stehend hinzuzunehmen, da der Harn an diesem Tage zweifellos noch etwas Thiosulfat enth\u00e4lt. Darnach wurden aus dem Harn der 3 Tage erhalten: 2,534 g BaS04, davon abzuziehen 3 X 0,388 g = 1,165 g, also auf das Thiosulfat zu beziehen 1,369 g.\nIch komme nun noch zu einem auffallenden. Punkt der Ergebnisse. F\u00fcr den am 18. nach Einf\u00fchrung von NaHSOs entleerten Harn ist in der Tabelle die Farbe des Silberniederschlages als gelb angegeben, w\u00e4hrend ein Schwefelanflug in der K\u00fchlerr\u00f6hre beim Destillieren mit Salzs\u00e4ure nicht bemerkt wurde. Zwischen diesen beiden Bestimmungen besteht also ein Widerspruch. Es sei mir gestattet, auf die Reaktion der Harnproben mit Silberl\u00f6sung noch mit einigen Worten einzugehen.\nDie Angaben in der Tabelle beziehen sich auf die unmittelbar nach Zusatz der Silberl\u00f6sung oder wenige Minuten sp\u00e4ter eintretenden Erscheinungen. L\u00e4\u00dft man die Gl\u00e4ser stehen, so f\u00e4rben sich die Niederschl\u00e4ge der nicht thiosulfathaltigen Harne grau, namentlich auf der belichteten Seite (der Genauig-","page":95},{"file":"p0096.txt","language":"de","ocr_de":"96\nE. Salkowski,\nkeit wegen bemerke ich, da\u00df die Niederschl\u00e4ge in der Kuppe des Reagenzglases, soweit dasselbe in dem Holz des Stativs steht, ihre Farbe ziemlich unver\u00e4ndert behalten, augenscheinlich weil dieser Teil vor dem Licht gesch\u00fctzt ist), die Niederschl\u00e4ge in den thiosulfathaltigen Harnen f\u00e4rben sich dagegen nicht grau, sondern dieselbe Farbe nimmt allm\u00e4hlich zu, oder geht bei sehr geringem Thiosulfatgehalt, wie in dem Harn vom 18. in Graugelb \u00fcber.\nL\u00e4\u00dft man die Proben stehen, so findet man am n\u00e4chsten Tage, auch bei Aufbewahrung im Dunkeln alle Niederschl\u00e4ge schwarz (nur der Niederschlag vom 22. mit dem st\u00e4rksten Thiosulfatgehalt war noch br\u00e4unlich). Auch dann kann man noch gut erkennen, welche Niederschl\u00e4ge aus thiosulfathaltigen, welche aus thiosulfatfreien Harnen stammen. Gie\u00dft man n\u00e4mlich die \u00fcber dem Niederschlag stehende Fl\u00fcssigkeit so gut es geht ab, setzt dann etwa das gleiche Volumen Salpeters\u00e4ure an 1,2 D hinzu und erw\u00e4rmt gelind bis zum beginnenden Sieden, so zeigen sich die Niederschl\u00e4ge aus dem thiosulfatfreien Harn fast wei\u00df, die aus dem thiosulfathaltigen grau bis schwarz. Man braucht nat\u00fcrlich mit der Anwendung von Salpeters\u00e4ure nicht bis zum n\u00e4chsten Tage zu warten, schon nach zirka halbst\u00fcndigem Stehen sind die Unterschiede bei der Behandlung mit Salpeters\u00e4ure unverkennbar, ja auch nach kurzem Stehen. Es ist auch nicht gerade n\u00f6tig, den \u00fcberstehenden Harn abzugie\u00dfen.\nBei Versuchen, die mit den Harnen der Vorperiode unter Zusatz von Natriumthiosulfat \u00fcber die Feinheit der Reaktion mit Silbernitrat bei nachtr\u00e4glicher Anwendung von Salpeters\u00e4ure angestellt wurden, zeigte sich, da\u00df in 8\u201410 ccm einer L\u00f6sung von 1 g Natriumthiosulfat (Na2S203\t5 H20) auf 20000 Harn,\nentsprechend fast l,'4nooo-H2S203, die Thioschwefels\u00e4ure durch die beschriebene Art der Reaktionsanstellung noch gut erkennbar ist, w\u00e4hrend ein Schwefelanflug im K\u00fchlrohr bei der Destillation von 100 ccm einer solchen Harnl\u00f6sung mit 10 ccm Salzs\u00e4ure nicht mehr erkennbar ist. Schon in meiner ersten Mitteilung habe ich die Ansicht ge\u00e4u\u00dfert, da\u00df die Silberreaktion allein eigentlich zum Nachweis des Thiosulfats schon ausreicht. Die weitere Besch\u00e4fti-","page":96},{"file":"p0097.txt","language":"de","ocr_de":"97\nOber die Quelle des Thiosulfates im Kaninchenharn.\ngung mit diesem Gegenst\u00e4nde hat mich in dieser Ansicht noch best\u00e4rkt, und die Differenz hinsichtlich der Anwesenheit von Thio-sulfat in dem Befunde vom 18. erkl\u00e4rt sich einfach durch die gr\u00f6\u00dfere Feinheit der Silberreaktion gegen\u00fcber dem Destillattonsverfahren, vorausgesetzt, da\u00df man die Erscheinungen nach dem Zusatz von Silbernitrat sorgf\u00e4ltig beobachtet und nachtr\u00e4glich Salpeters\u00e4ure anwendet. Ich zweifle nach alledem nicht daran, da\u00df auch der nach dem Eingeben von Natrium-sulfit entleerte Harn Spuren von Thiosulfat enthielt.\nIch komme nun noch einmal auf die Tatsache zur\u00fcck, da\u00df bei F\u00fctterung mit Wei\u00dfkohl au\u00dferordentlich viel mehr Schwefels\u00e4ure in Form von Sulfaten im Harn vorhanden ist. wie bei F\u00fctterung mit Mohrr\u00fcben, wie auch aus der Seite 505 in Band 89 dieser Zeitschrift abgedruckten Tabelle hervorgeht. Vielfach werden die Kohlarten als schwefelreiche Gem\u00fcse bezeichnet, man denkt dabei aber wohl immer mehr an einen hohen Gehalt von schwefelhaltigen organischen K\u00f6rpern. Un-erwarteterweise hat sich nun aber gezeigt* da\u00df der Kohl sich gegen\u00fcber den Mohrr\u00fcben auch durch einen weit h\u00f6heren Gehalt an durch Wasser ausziehbaren schwefelsauren Salzen auszeichnet.\n200 g Kohl wurden mit mehr als 2 1 destilliertem Wasser gr\u00fcndlich ausgekocht, koliert und abgepre\u00dft, dann filtriert. Die Ausz\u00fcge wurden auf 100 ccm eingedampft und nochmals durch ein nicht angefeuchtetes Filter filtriert. In 80 ccm wurde nach dem Erhitzen mit Salzs\u00e4ure die Schwefels\u00e4ure bestimmt. Es wurde erhalten\n0,3462 BaS04, also f\u00fcr die angewendeten 200 g Kohl 0,4325 g.\nF\u00fcr die Frage der Abstammung des Thiosulfats bei Kohlf\u00fctterung schien es mir von Interesse, auch die Quantit\u00e4t des organisch gebundenen Schwefels in Kohl und Mohrr\u00fcben fest-zustellen. Bei den gro\u00dfen Quantit\u00e4ten Zucker im Filtrat war zu bef\u00fcrchten, da\u00df die Verbrennung des eingedampften Filtrats mit Salpetermischung explosionsartig verlaufen w\u00fcrde. Um dies zu verh\u00fcten, schien es mir zweckm\u00e4\u00dfig, wenigstens einen Teil des Zuckers vorher zu zerst\u00f6ren. Zu dem Zweck wurden die gesamten Filtrate von BaS04, Waschwasser und der Wasch-\nHoppe-Seyler\u2019g Zeitschrift f. physiol. Chemie. XCII.\t\"\t7","page":97},{"file":"p0098.txt","language":"de","ocr_de":"98\nE. Salkowski,\nalkohol im Kolben so lange gekocht, bis kein Alkohol mehr vorhanden, dann ca. 15 ccm Salpeters\u00e4ure von 1,2 D hinzugesetzt und weiter eingekocht. Die Fl\u00fcssigkeit f\u00e4rbte sich dabei allm\u00e4hlich citronengelb und tr\u00fcbte sich unter Ausscheidung von BaS04. Die auf etwa 70\u201480 ccm eingekochte Fl\u00fcssigkeit wurde nun in ein Becherglas \u00fcbertragen^ mehrmals nachgesp\u00fclt, am n\u00e4chsten Tage das BaS04 abfiltriert usw. Erhalten: 0,0988 g, also f\u00fcr die angewendeten 200 g Kohl 0,0988 X 5 4 = 0,1235.\nFiltrat und Waschwasser wurden bis 100 ccm eingedampft resp. darauf aufgef\u00fcllt, 50 ccm mit Na2C03 neutralisiert, eingedampft, mit Salpetermischung geschmolzen usw. BaS04 erhalten 0,1252 g X = 0,313 g.\nAus 200 g Kohl wurden somit erhalten BaS04:\na)\taus Sulfaten .................... 0,4325 g\nb)\tdurch Kochen mit Salpeters\u00e4ure1). 0,1235 \u00bb \\\nc)\tdurch Schmelzen mit Salpeter . . 0,3130 \u00bb j\t^\n0,8690 g\nDie Quantit\u00e4t des organisch gebundenen Schwefels ist demnach ein wenig h\u00f6her, wie die des anorganischen, als Sulfat vorhandenen.\nEbenso wurden nun 200 g Mohrr\u00fcben behandelt. Die Filtration erfolgte sehr z\u00f6gernd. Zur Untersuchung kamen 75 ccm des Filtrats. Diese ergaben direkt 0,1426 g BaS04, durch Kochen mit Salpeters\u00e4ure 0,0165 g, in der H\u00e4lfte des Filtrats von diesem Niederschlag durch Schmelzen mit Salpeter 0,0236 g.\nEs wurden also aus 200 g Mohrr\u00fcben erhalten :\na)\taus Sulfaten.....................0,1901 g\nb)\tdurch Kochen mit Salpeters\u00e4ure . 0,0220 \u00bb )\nc)\tdurch Schmelzen mit Salpeter . 0,0629 \u00bb / \u2019\t\u00ae\n\u00d6^\u00fc\u00d6T2)\nDer Vergleich der beiden Futtermittel ergibt demnach folgendes :\n%\n\u2022 \u2018) bezw. Salpetersalzs\u00e4ure, da die Fl\u00fcssigkeit ja viel Chloride enthielt.\n*) S\u00e4mtliche Bestimmungen habe ich mit absolut schwefels\u00e4urefreien Chemikalien von Kahlbaum ausgef\u00fchrt, es wurde dreimal mit je 100 ccm Salzs\u00e4ure abgedampft. In dem Abdampfungsr\u00fcckstand von 300 ccm Salzs\u00e4ure war keine Schwefels\u00e4ure nachweisbar.","page":98},{"file":"p0099.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Quelle des Thiosulfates im Kaninchenharn. 99\n1.\tDer Gesamtschwefelgehalt ist im Kohlauszug mehr als 3 mal so hoch wie im Mohrr\u00fcbenauszug.\n2.\tDie Sulfate betragen beim Kohl mehr als das Doppelte gegen\u00fcber den Mohrr\u00fcben.\n3.\tDer organisch gebundene Schwefel ist beim Kohl mehr als 5mal so hoch wie bei den Mohrr\u00fcben; der Unterschied nach dieser Richtung ist also der auffallendste.\nInwieweit spiegeln sich nun diese Unterschiede im Harn der mit Kohl und Mohrr\u00fcben gef\u00fctterten Kaninchen wieder? Zum \\ ergleich beziehe ich mich auf einen Versuch, der schon einmal in Bd. 89, S. 505 berichtet ist. Ich bemerke noch, da\u00df das Kaninchen von 2300 g K\u00f6rpergewicht pro Tag 600 g Wei\u00dfkohl resp. Mohrr\u00fcben erhielt. Der Harn wurde im K\u00e4fig gesammelt, die Perioden durch Abdr\u00fccken des noch in der Blase befindlichen Harns abgegrenzt. Die angegebene Harnmenge schlie\u00dft die zum Aussp\u00fclen des Sp\u00fclkastens angewendete verd\u00fcnnte Essigs\u00e4ure und das Wasser mit ein.1) Der Harn war stets alkalisch, die Reaktion nach dem Sammeln des Harns sauer, Das Datum bezieht sich auf den vorhergehenden Tag, Zur Erleichterung des Vergleiches sei hier die Tabelle nochmals mitgeteilt.\nDatum\tHarn- menge in ccm\t\t\u00dfaS04\taus\t\tHomerkungen\n\t\ta Gesamt- schwefel\tb aus den Sulfaten\tc aus Nichtsulfaten\t\t\n8\t555\t2,421\t1347\t1,074\t\t:\tt\n9\t515\t2,482\t1,453\t1,039\tMittel \u2022fl fl *jn\tAm 7., 8., 9., 10., 11. F\u00fctterung\n11\t510\t3.164\t1,864\t1,300,\t\u00bbl,lo7\tmit Wei\u00dfkohl.\n14\t505\t0.669\t0,421\t0,248\t\t\n15\t500\t0,622\t0,404\t0,218\tMittel\tAm 13., 14., 15.; 16. F\u00fctterung\n16\t570\t0,538\t0,328\t0,210\t0,22o\tmit Mohrr\u00fcben.\nHieraus ergibt sich folgende abgeleitete Tabelle f\u00fcr das Baryumsulfat aus den verschiedenen Formen des Schwefels\n\u2018) An der angef\u00fchrten Stelle sieht infolg\u00e7 eines Druckfehlers \u00abaus\u00bb statt \u00abein\u00bb.","page":99},{"file":"p0100.txt","language":"de","ocr_de":"100\nE. Salkowski,\nin 600 g Futter einerseits und die unter dem Einflu\u00df dieses Futters entleerte 24st\u00fcndige Harnmenge anderseits. Die Zahlen f\u00fcr den Harn sind die Mittelwerte der vorigen Tabelle.\nWei\u00dfkohl\t\tHarn bei Wei\u00dfkohl\tMohrr\u00fcben\tHarn bei Mohrr\u00fcben\nAus Gesamtschwefel .\t2,607\t2,692\t0,825\t0,609\n\u00bb Sulfaten\t\t1,2975\t1,555\t0,5708\t0,884\n\u00bb Nichtsulfaten . . .\t1,8095\t1,137 * *)\t0,2547\t0,225\nF\u00fcr die F\u00fctterung mit Wei\u00dfkohl ergibt sich demnach eine recht genaue \u00dcbereinstimmung der Schwefelverteilung im Futter und im Harn, f\u00fcr die Mohrr\u00fcben ein nicht unerhebliches Defizit an Schwefel \u00fcberhaupt, das sich wohl durch mangelhafte Ausnutzung des Futters erkl\u00e4rt. Diese zeigt sich auch in der Beschaffenheit des Kotes, der bei der Wei\u00dfkohlf\u00fctterung hart und trocken ist, bei Mohrr\u00fcbenf\u00fctterung von weicher Konsistenz.2) Die beste \u00dcbereinstimmung zwischen Futter und Harn zeigt in beiden F\u00e4llen das Baryumsulfat aus dem Nich-sulfatschwefel. Dementsprechend ist in dem Harn bei Kohlf\u00fctterung ca. 5 mal soviel Nichtsulfatschwefel vorhanden, wie in dem Harn nach Mohrr\u00fcbenf\u00fctterung, ebenso wie im Kohl 5mal soviel organisch gebundener Schwefel vorhanden ist, wie in den Mohrr\u00fcben.\nAuffallend ist, wie wenig von dem organisch gebundenen Schwefel des Futters im Organismus zu Schwefels\u00e4ure oxydiert wird; vermutlich trifft diese Oxydation nur den Schwefel der Eiwei\u00dfk\u00f6rper im weitesten Sinne.\nWenn es nun auch kaum zweifelhaft sein kann, da\u00df die Quelle des Thiosulfatgehaltes des Harns in den schwefelhaltigen organischen Verbindungen des Kohls zu suchen ist, so schien es mir bei dem hohen Gehalt des Kohls an schwefelsauren Salzen doch w\u00fcnschenswert, zu untersuchen, ob nicht auch schwefelsaure Salze, in gr\u00f6\u00dferen Mengen einverleibt, im Darmkanal des Kaninchens zu einem gewissen Bruchteil in Thio-sulfat \u00fcbergehen k\u00f6nnen.\n*) Zum gro\u00dfen Teil aus Thiosulfat.\n*) Vielleicht ist auch der Sulfatgehalt der Mohrr\u00fcben etwas wechselnd.","page":100},{"file":"p0101.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Quelle des Thiosulfates im Kaninchenharn. 101\nDiese Idee liegt nicht so fern, wie es anf\u00e4nglich scheint. Durch meine alten Versuche \u00fcber das Verhalten des Taurins im Organismus ist festgestellt, da\u00df die SOsH-Gruppe des Taurins im Darmkanal des Kaninchens zum Teil zu Thiosulfat, das im Harn erscheint, reduziert wird. Da\u00df diese Reduktion im Darmkanal durch die in ihm stattfindenden F\u00e4ulnisvorg\u00e4nge des Eiwei\u00dfes \u2014 vielleicht auch B\u00fctters\u00e4ureg\u00e4rung der Kohlenhydrate \u2014 erfolgt, kann nicht zweifelhaft sein, da bei subcu-taner Einverleibung des Taurins Thiosulfatbildung nicht ein-tritt. Damit steht auch in \u00dcbereinstimmung, da\u00df sie beim Hund auch bei innerlicher Verabreichung des Taurins ausbleibt.\nZu den Versuchen mit Natriumsulfat diente ein Kaninchen von 2550 g K\u00f6rpergewicht. Das Futter bestand an allen Tagen aus 600 g Mohrr\u00fcben, die stets vollst\u00e4ndig aufgefressen wurden. Am 18. und 19. bekam das Tier nur Mohrr\u00fcben, am 20. au\u00dfer- \u2022 dem 15 ccm Normalschwefels\u00e4ure mit NatCOs neutralisiert, am 21. und 22. je 20 ccm, gleichfalls neutralisiert. Da mir der Kohlauszug reicher an Zucker zu sein schien, wie der Mohrr\u00fcbenauszug, so wurden an Natriumsulfattagen noch 10 g Traubenzucker gegeben.\nDer Harn wurde in der \u00fcblichen Weise gesammelt, mit Essigs\u00e4ure anges\u00e4uert, gemessen, dann in Glasst\u00f6pselflaschen filtriert und in diesen aufbewahrt. Seine Quantit\u00e4t betrug am 18. 480ccm; am 19. 620 ccm; am 20. 480ccm;.am 21..580ccm; am 22. 550 ccm.\nDie Konservierung des Harns durch die Essigs\u00e4ure erm\u00f6glichte es, wiederholt Serienversuche \u00fcber das Verhalten der Harne zu Silbernitratl\u00f6sung anzustellen. Hierbei zeigte sich nun eine wesentliche Differenz in dem Verhalten des Harns am 18. und 19. im Gegensatz zu dem am 20., mehr aber noch zu dem am 21. und 22. Die letzteren Harne verhielten sich so, wie ich es oben f\u00fcr einen sehr geringen Gehalt an Thiosulfat beschrieben habe, also deutliche Gelbf\u00e4rbung beim Stehenlassen, schw\u00e4rzliche resp. Grauf\u00e4rbung des Chlorsilbers nach der Einwirkung der Salpeters\u00e4ure, w\u00e4hrend das Chlorsilber in dem Harn am 18. und 19. wei\u00df oder fast ganz wei\u00df erschien.","page":101},{"file":"p0102.txt","language":"de","ocr_de":"102\nE. Salkowski,\nDasselbe ergab auch das Verhalten zu wenig Quecksilberchlorid beim Erhitzen.1)\nEs ist also \u2014 sehr vorsichtig ausgedr\u00fcckt \u2014 zweifellos, da\u00df die betreffenden Harne eine Substanz enthalten, die beim Stehen mit Silbernitratl\u00f6sung Schwefelsilber bildet. Da\u00df diese Substanz Thiosulfat ist, kann man wohl als im h\u00f6chsten Grad wahrscheinlich bezeichnen. Allerdings konnte beim Destillieren des Harns vom 22. unter Salzs\u00e4urezusatz kein Schwefelanflug im K\u00fchlrohr erhalten werden, die Silberreaktion ist eben empfindlicher als das Destillationsverfahren.\nEs schien mir noch von Interesse, den Gehalt des Harns vom 22. an Sulfaten und an Neutralschwefel (im Filtrat von der Schwefels\u00e4urebestimmung, also ohne etwaiges Thiosulfat) zu bestimmen. Aus 100 ccm wurden erhalten 0,4934 BaS04 = 2,7137 p. d. und nach dem Schmelzen mit Salpeter 0,0492 \u2014 0,2706 p. d. Die Quantit\u00e4t des aus dem organisch gebundenen Schwefel stammenden BaS04 ist nur wenig h\u00f6her, wie bei der F\u00fctterung mit Mohrr\u00fcben allein, irgendwelche Schlu\u00dffolgerung l\u00e4\u00dft die Differenz nicht zu.\nDer in diesem Versuch erhaltene Befund bez\u00fcglich der Silberreaktion steht in einem gewissen Widerspruch damit, da\u00df bei dem Harn, der bei Mohrr\u00fcbenf\u00fctterung unter Zusatz des mit Salzs\u00e4ure erhitzten, dann neutralisierten Kohlauszuges entleert wurde, die Silberreaktion als zweifelhaft angegeben ist. Das r\u00fchrt vielleicht daher, da\u00df ich damals die Erweiterung der Reaktion durch Anwendung von Salpeters\u00e4ure noch nicht kannte: es ist m\u00f6glich, da\u00df Spuren von Thiosulfat .auch bei diesem Versuch vorhanden gewesen sind.\nWas den Vorgang der Thiosulfatbildung betrifft, so ist es denkbar, da\u00df das Sulfat zuerst zu Sulfid reduziert, dieses dann im Tierk\u00f6rper zu Thiosulfat oxydiert wird. Auf die M\u00f6glichkeit der Reduktion von Sulfaten zu Sulfiden durch F\u00e4ulnisbakterien habe ich wiederholt hingewiesen.\nWenn nun nach dem Ausfall des Versuches mit Natriumsulfat eine geringe Reduktion des reichlich zugef\u00fchrten Sulfates zu Thiosulfat auch wahrscheinlich ist, so erfolgt diese doch\n*) Vgl. meine Mitteilung in Bd. 89, S. 488 dieser Zeitschrift.","page":102},{"file":"p0103.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Quelle des Thiosulfates im Kaninchenharn. 103\nin so geringem Umfange, da\u00df als Quelle des Thiosulfats bei Kohlf\u00fctterung doch die organischen schwefelhaltigen Verbindungen des Kohls in Anspruch zu nehmen sind. Welche schwefelhaltigen Substanzen speziell in Frage kommen, soll weiter untersucht werden.\nZusammenfassung,\n1.\tDie Substanz, welche bei Kohlf\u00fctterung Thiosulfat-ausscheidung im Harn bewirkt (bezw. die Substanzen), gejit in den w\u00e4sserigen Auszug des Kohls \u00fcber und ist nicht fl\u00fcchtiger Natur; sie ist nicht Thiosulfat, wird aber durch Erhitzen mit Salzs\u00e4ure anscheinend zerst\u00f6rt.\n2.\tMohrr\u00fcben und Wei\u00dfkohl unterscheide^ sich au\u00dferordentlich voneinander bez\u00fcglich ihres Gehaltes an Sulfaten und organisch gebundenem Schwefel. Diese Differenzen spiegeln sich bei Verbitterung im Harn wieder. Ebenso wie der Kohlauszug 5 mal mehr organisch gebundenen Schwefel enth\u00e4lt, wie der Mohrr\u00fcbenauszug, enth\u00e4lt auch der Harn bei Kohlf\u00fctterung 5 mal mehr Nichtsulfatschwefel, als der Harn bei Mohrr\u00fcbenf\u00fctterung.\n3.\tEingegebenes Thiosulfat wird auch im Organismus des Kaninchens gr\u00f6\u00dftenteils oxydiert, ein kleiner Teil unver\u00e4ndert ausgeschieden.\n4.\tAuch Natriumsulfit wird gr\u00f6\u00dftenteils oxydiert, bildet jedoch auch eine kleine Menge Thiosulfat, a\u00f9gehscheinlich durch Reduktion im Darmkanal.\n5.\tNach dem Eingeben gro\u00dfer Mengen von Natriumsulfat zeigt der Harn Reaktionen, die auf die Gegenwart von Spuren von Thiosulfat hindeuten.\n6.\tDie Silberreaktion mit nachfolgender Anwendung von Salpeters\u00e4ure erm\u00f6glicht es, Thiosulfat im Harn noch in einer Verd\u00fcnnung von t : 20000 (bezogen auf Na*Sa0. 4- 5 H,0) zu erkennen.","page":103}],"identifier":"lit37370","issued":"1914","language":"de","pages":"89-103","startpages":"89","title":"\u00dcber die Quelle des Thiosulfates im Kanninchenharn","type":"Journal Article","volume":"92"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:51:51.578156+00:00"}