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{"created":"2022-01-31T16:51:52.028437+00:00","id":"lit37372","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Lichtwitz, L.","role":"author"},{"name":"A. Renner","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 92: 113-118","fulltext":[{"file":"p0113.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Temperaturabhfingigkeit der Goldzahl und der Viskosit\u00e4t kolloidaler L\u00f6sungen.\nVon\nL. Lichtwitz und A. Renner.\n(Aus der medizinischen Klinik zu G\u00f6ttingen.)\n(Der Redaktion zugegangen am 14. Juni tau.\u00bb\nI Die Temperaturabh\u00e4ngigkeit der Goldzahl.\nNach der von Zsigmondy angegebenen Methode der Bestimmung der Goldzahl wurde eine gro\u00dfe Zahl kolloidaler L\u00f6sungen untersucht. *)\nEine kalt bereitete L\u00f6sung einer durch Dialyse salzfrei gemachten Gelatine hatte folgende Goldzahlen:8)\n22\u00b0\t35\u00b0\t50\u00b0\n0,005 ccm 0,004 ccm 0,004 ccm\nDie gleiche L\u00f6sung nach 24 Stunden:\n20\u00b0\t25\u00b0\t30\u00b0\t350\t40\u00b0\t7q*\n0,007-0,008 ccm 0,007 ccm 0,006 ccm 0,005 ccm 0,005 ccm 0,005 ccm\nDie Schutzkraft einer in der K\u00e4lte bereiteten Gelatine-l\u00f6sung nimmt mit steigender Temperatur zu. Die Zunahme ist keine stetige; die gr\u00f6\u00dfte \u00c4nderung der Goldzahl erfolgt zwischen 25 und 35\u00b0.\nVon der gleichen, drei Tage alten Gelatinel\u00f6sung wurden zwei gleich starke Verd\u00fcnnungen angesetzt, die eine mit Wasser, die andere mit Salzs\u00e4ure, so da\u00df die L\u00f6sung \u00ab/10p war.\nDie Temperaturabh\u00e4ngigkeit der Goldzahl der sauren Gelatine war folgende:\n20\u00b0\t30\u00b0\t40\u00b0\t55\u00b0\t70\u00ae\t99\u00b0\nneutrale G. 0,007 ccm \u2014\t\u2014\t. _ .\t__\nsaure G* * 0)009 * 0,009ccm 0,009ccm 0,007ccm 0,006ccm 0,006ccm\nAlso : die saure Gelatine sch\u00fctzt schlechter. Die Zunahme der Schutzkraft liegt bei der sauren Gelatine \u00fcber 40\u00b0.; zwischen 55 und 70\u00b0 ist eine deutliche Besserung feststellbar. Feinere Unterschiede der Farbenn\u00fcancen zwischen 20 und 40\u00b0 sind\n\u2018) Die Untersuchungen sind ausgef\u00fchrt von A. Renner (Inaug.-Diss. G\u00f6ttingen 1913).\n*) D|e in Kubikzentimeter ausgedr\u00fcckten Goldzahlen sind die Mittelwerte von je 10 Bestimmungen, die nur wenig voneinander abweichen.\nHoppe-Seyler\u2019s Zeitschrift f. physiol. Chemie. XCI1.\n8","page":113},{"file":"p0114.txt","language":"de","ocr_de":"114\nL. Lichtwitz und A. Renner,\nvorhanden ; sie zeigen, da\u00df auch in diesem Temperaturintervall ein Einflu\u00df besteht.\nDie Goldzahlen einer n'ioo-NaOH-Gelatine:\n20\u00b0 60\u00b0\n0,006 ccm\t0,006 ccm\nDie Schutzkraft dieser Gelatine ist bei 200 h\u00f6her als die von neutraler Gelatine (vgl. Schulz und Zsigmondy).*) Eine Zunahme der Schutzkraft mit der Temperatur ist nicht vorhanden.\nDie Goldzahlen einer kaltbereiteten L\u00f6sung vondialysiertem Serumalbumin :\n20\u00b0\t40\u00b0\t\u00d60\u00b0\t70\u00b0\n0,003 ccm 0,003 ccm 0,001 ccm 0,001 ccm\nEin besonderes Interesse verdient die Tatsache, da\u00df bei 70\u00b0 die Albuminl\u00f6sung eine deutliche Tr\u00fcbung und dennoch eine bessere Schutzkraft zeigte als die klare L\u00f6sung von 40 \u00b0. Die Schutzkraft h\u00e4ngt also nicht allein von der Teilchengr\u00f6\u00dfe ab. Da\u00df keine \u00e7hemischen Um\u00e4nderungen die Verbesserung bedingen, ist dadurch bewiesen, da\u00df bei raschem Abk\u00fchlen auf 20\u00b0 die Schutzkraft auf den alten Wert zur\u00fcckgeht.\nDiese Untersuchungen zeigen, da\u00df die Schutzwirkung kolloidaler L\u00f6sungen mit steigender Temperatur zunimmt. Besonders auffallend ist, da\u00df bei der Gelatine sowohl als bei dem Serumalbumin die Zunahme keine stetige ist.\nZu einer Erkenntnis des Wesens der Temperaturwirkung reichen unsere Versuche nicht aus.\nFolgende Ver\u00e4nderungen des kolloidalen Zustandes durch die Temperatur sind m\u00f6glich: \u00c4nderung der Teilchengr\u00f6\u00dfe durch feinere Aufteilung; \u00c4nderungen des Wassergehalts; \u00c4nderung der Geschwindigkeit der Teilchen; chemische Ver\u00e4nderungen im Molek\u00fcl (Hydrolyse oder dergl.). Der letzte Modus spielt bei der Gelatine und bei Temperaturen unter 50\u00b0, wie die Reversibilit\u00e4t der Schutzkraft\u00e4nderung zeigt, keine Rolle. Die Teilchengeschwindigkeit l\u00e4\u00dft sich vielleicht ultramikroskopisch verfolgen.\nUnsere Untersuchungen \u00fcber die Temperaturabh\u00e4ngigkeit\n*) Hofmeisters Beitr\u00e4ge, Bd. 3, S. 137, 1902.","page":114},{"file":"p0115.txt","language":"de","ocr_de":"Temperaturabh\u00e4ngigkeit der Goldzahl u. Viskosit\u00e4t koll. L\u00f6sungen. 115\nder Goldzahl geben keinen Aufschlu\u00df \u00fcber die Theorie. Aber als biologisch interessante Tatsache sei hervorgehoben, da\u00df in kolloidalen L\u00f6sungen durch die Goldzahl nachweisbare Zustands\u00e4nderungen in dem Intervall der Temperaturen, in dem die Lebensprozesse ablaufen (38\u201442\u00b0), erfolgen.\nII. Die Temperaturabh\u00e4ngigkeit der Viskosit\u00e4t von kolloidalen L\u00f6sungen.\nStarke,1) Rossi,2) Bottazzi?) und White4) haben \u00fcbereinstimmend an Eiwei\u00dfl\u00f6sungen, Serum, Plasma, Milch und Galle bei h\u00f6herer Temperatur eine geringere Viskosit\u00e4t gefunden.\nWir verwandten zur Messung der Viskosit\u00e4t \u00d6stwaldsche Kapillarviskosimeter. und zwar f\u00fcr d\u00fcnne L\u00f6sungen feine Kapillaren, f\u00fcr konzentrierte gr\u00f6bere. Es wurden stets \u00ab Messungen vorgenommen. Die Temperatur wurde zu Beginn und zum Schlu\u00df eines jeden Versuches gemessen und der mittlere Viskosit\u00e4tswert auf die mittlere Temperatur bezogen. Der Fehler der Messungen betrug \u00abtwas weniger als l\u00b0/o.\nZun\u00e4chst wurde die Temperaturabh\u00e4ngigkeit der Viskosit\u00e4t des Wassers in 4 Viskosimetern bestimmt. In Tabelle I bedeuten die Zahlen die Durchlaufzeiten in Prozenten der Durchlaufzeit bei 15\u00b0.\nTabelle I.\nTemperatur\t\tViskosimeter h. j in.\t\tIV*\n15\u00b0\t100 (100)\t100\t100\t100\n20\u00b0\t89 (89)\t89\t89.\t89\n25\u00b0\t79 (79)\t79\t78\t79\n30\u00b0\t71 (71)\t71\t70\t71\n35\u00b0\t04 (64)\t65\t64\t64\n40\u00b0\t58 (58)\t59\t. 58\t58\n45\u00b0\t54 v54)\t54\t54\t53\n50\u00b0\t50 (49)\t50\t50\t50\n55\u00b0\t47 (46)\t47\t\t\t\u2014'\n\u2018) Biochem. Zeitschrift, Bd. 37, S. 482, 1911.\n*1 Arch, di Fisiolog., Bd. 1, S. 500, 1904; Bd. 2, S. 599, 1905.\n3)\tHandb. d. vergl. Physiol., 1, 1912.\n4)\tArch, internat, de Physiol.. IV.\n8*","page":115},{"file":"p0116.txt","language":"de","ocr_de":"110\tL. Lichtwitz und A. Renner,\nDiese Werte stimmen gut \u00fcberein. In der Kolonne I (eingeklammerte Zahlen) ist die \u00c4nderung des spezifischen Gewichtes mit der Temperatur\u00e4nderung ber\u00fccksichtigt. Die so berechneten Werte zeigen Abweichungen, die innerhalb der Fehlerbreite liegen. Wir haben daher bei unseren Versuchen den Einflu\u00df der Temperaturabh\u00e4ngigkeit des spezifischen Gewichts auf die Viskosit\u00e4t nicht ber\u00fccksichtigt.\nVersuche mit Serumalbumin.\nMehrfach umgef\u00e4lltes und durch Dialyse elektrolytfrei gemachtes Albumin aus Pferdeserum.\nTabelle II.\nBeobachtete Werte\t\tUmgerechnete Werte\t\t\nTemperatur\tDurchlaufzeit in Sekunden\tTemperatur\tDurchlaufzeit in Sekunden\t\u00b0/o\n15,1\t64,5\t15,0\t64,7\t100\n20,0\t57,1\t20,0\t57,1\t88\n24,6\t51,1\t25,0\t50,7\t79\n30,0\t45,5\t30,0\t45,5\t71\n35,1\t40,8\t35,0\t40,9\t63\n39,3\t38,0\t40,0\t37,3\t58\n44,8\t34,2\t45,0\t34,0\t52,5\n49,5\t31,7\t50,0\t31,5\t49\n57,0\t28,0\t55,0\t29,0\t45\nDie Viskosit\u00e4t der Albuminl\u00f6sung nimmt also mit steigender Temperatur ab. Und die Zahlen in Stab 5, verglichen mit Tabelle I, zeigen, da\u00df die Temperaturabh\u00e4ngigkeit bei der Albuminl\u00f6sung innerhalb der Beobachtungsfehler dieselbe ist wie bei reinem Wasser. Es ist also die \u00c4nderung der Viskosit\u00e4t mit der Temperatur in verd\u00fcnnten Albuminl\u00f6sungen nur durch das Wasser und nicht durch das Kolloid bedingt.\nEbenso verh\u00e4lt sich menschliches Blutserum.","page":116},{"file":"p0117.txt","language":"de","ocr_de":"Temperaturabh\u00e4ngigkeit der Goldzahl u. Viskosit\u00e4t koll. L\u00f6sungen. 117\nTabelle III. .\nBeobachtete Werte\t\tUmgerechnete Werte\t\t\nTemperatur\tDurchlaufzeit in Sekunden\tTemperatur\tDurchlaufzeit in Sekunden ! in \u00b0/o\t\n15,7\t101,6\t15,0\t103,2\t100\n20,3\t90,3\t20,0\t91,0\t' 88\n24,7\t81,0\t25,0\t80,4\t78\n30,2\t71,4\t30,0\t71,8\t70\n35,3\t64,3\t35,0\t64,9\t63\n39,5\t58,9\t40.0\t58,5\t57\n44,3\t54,1\t45,0\t: ; {>3,o\t52\n49,3\t49,7\t50,0\t\u2022 49,2\t47\n58,9\t42,5\t55,0\t45,2\t44\nWasser hatte in diesem Viskosimeter bei 15? eine Durchlaufzeit von 57,8\". Das Wasser hat trotz einer viel geringeren Viskosit\u00e4t die gleiche Temperaturabh\u00e4ngigkeit (vgl. Tabelle I mit Stab 5 der Tabelle III).\nTabelle IV.\nFettreiches Blutserum vom Menschen, bei dem trotz des Fettgehalts durch eine gro\u00dfe Zahl von Beobachtungen \u00fcbereinstimmende Werte gefunden wurden. Die Viskosit\u00e4t wurde mit steigender und dann mit fallender Temperatur untersucht.\nBeobachtete Werte\t\tUmgerechnete Werte\t\t\nTemperatur\tDurchlaufzeit in Sekunden\tTemperatur\tDurchlaufzeit in Sekunden | in \u00b0/\u00ab \u2022\t\n16,8\t106,6\t15,0\t110,6\t100\n25,8\t86,3\t25,0\t88,1\t80\n35,0\t69,0\t35,0\t.69,0\t63\n45,2\t57,5\t45,0\t57,7\t52\n53,4\t50,3\t50,0\t53,7\t49\n63,8\t45,9\t60,0\t47,7\t43\n61,6\t49,1\t60,0\t50,7\t41\n53,2\t58,2\t50,0\t61,7\t49 \"\n36,9\t77,4\t35,0\t80,6\t64\n26,5\t95,5\t25,0\t; 100,0\t\u2019 80\n16,8\t145,6\t.\t15,0\t125,6\t100","page":117},{"file":"p0118.txt","language":"de","ocr_de":"118 L i c h t w i 17. u. R e n n e r, \u00dcber Goldzahl u. Viskosit\u00e4t koll. L\u00f6sungen.\nBei der hohen Temperatur ist eine Zustands\u00e4nderung der Kiwei\u00dfl\u00f6sung (beginnende Koagulation) eingetreten, durch die die Viskosit\u00e4t zunimmt (Starke). Die Temperaturabh\u00e4ngigkeit der Serumviskosit\u00e4t ist beim Erw\u00e4rmen und beim Abk\u00fchlen die des reinen Wassers.\nAlso auch im Blutserum ist die Ver\u00e4nderung der Z\u00e4higkeit mit der Temperatur allein durch das Wasser bedingt. Ebenso verhalten sich bekanntlich verd\u00fcnnte Salzl\u00f6sungen. Man nimmt an, da\u00df die Ionen mit einer Wass.erh\u00fclle umgeben sind, so da\u00df die Reibung immer nur zwischen den Wasserteilchen stattfindet. Bei Hydrosolen von den von uns untersuchten Kolloidkonzentrationen w\u00fcrde diese Auffassung mit den Anschauungen \u00fcber die Konstitution der L\u00f6sung eines reversiblen Kolloids \u00fcbereinstimmen.\nNach Burton-Opitz nimmt bei defibriniertem Blut die Viskosit\u00e4t mit steigender Temperatur st\u00e4rker ab als bei Wasser.\nNach unseren Messungen ist die Viskosit\u00e4ts\u00e4nderung des Serums (= der des Wassers) im Fieber eine recht betr\u00e4chtliche, da zwischen 36\u00b0 und 43\u00b0 die Viskosit\u00e4t um 12\u00b0/o abnimmt.\nG\u00f6ttingen, 21. V. 1914.","page":118}],"identifier":"lit37372","issued":"1914","language":"de","pages":"113-118","startpages":"113","title":"\u00dcber die Temperaturabh\u00e4ngigkeit der Goldzahl und der Viskosit\u00e4t kolloidaler L\u00f6sungen","type":"Journal Article","volume":"92"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:51:52.028443+00:00"}