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{"created":"2022-01-31T16:40:54.740379+00:00","id":"lit37392","links":{},"metadata":{"alternative":"Handbuch der Physiologie. Band 5: Handbuch der Physiologie der Absonderung und Aufsaugung","contributors":[{"name":"Drechsel, E.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"In: Handbuch der Physiologie. Band 5: Handbuch der Physiologie der Absonderung und Aufsaugung, edited by Ludimar Hermann, 447-624. Leipzig: F.C.W. Vogel ","fulltext":[{"file":"p0446a0001.txt","language":"de","ocr_de":"CHEMIE\nDER\nABSONDERUNGEN UND DER GEWEBE\nOUT AUSSCHLUSS DER VERDAUUNGSS\u00c4FTE, DR\u00dcSEN UND MUSKELN)\nVON\nPkof. Dr. E. DRECHSEL in Leipzig.","page":0},{"file":"p0446a0002.txt","language":"de","ocr_de":"\n\n\n\n\n\n\t\n\t\n\t\n\t\n\t\n\t\n","page":0},{"file":"p0447.txt","language":"de","ocr_de":"VORWORT.\nDie Bearbeitung der \u201eChemie der Absonderungen und der Gewebe\u201c f\u00fcr das vorliegende Handbuch habe ich auf Wunsch des Herausgebers und des Verlegers vor etwa Jahresfrist \u00fcbernommen. Venn ich auf diesen Umstand, sowie auf den weiteren, dass die Zeit, welche ich dieser Arbeit widmen konnte, durch meine Berufs-th\u00e4tigkeit sehr erheblich eingeschr\u00e4nkt wurde, besonders kinweisen zu m\u00fcssen glaube, so geschieht dies nur, um die mannichfachen L\u00fccken zu erkl\u00e4ren. Ich war unter diesen Verh\u00e4ltnissen gezwungen, wenn die Beendigung der Arbeit und somit auch der Abschluss des ganzen Handbuchs nicht ungeb\u00fchrlich lange verz\u00f6gert werden sollte, mich haupts\u00e4chlich auf eine gedr\u00e4ngte Darstellung des thats\u00e4ch-lichen chemischen Materials zu beschr\u00e4nken und die Auseinandersetzung der physiologischen Verh\u00e4ltnisse mehr in den Hintergrund treten zu lassen.\nLeipzig, im Mai 18S3.\nE. Dreclisel.","page":447},{"file":"p0448.txt","language":"de","ocr_de":"\n\n\n\n\n\n\n\n\n\n\n\n\n\n\n\n\n\n\n\n\n\n\n\n\n\n\n\n\n\n\n\n\n\n\n\n\n\n\n\n","page":448},{"file":"p0449.txt","language":"de","ocr_de":"ERSTES CA1TTEL.\nDer Harn.\nDer Harn enth\u00e4lt den weitaus gr\u00f6ssten Theil aller derjenigen festen und fl\u00fcssigen Substanzen, welche, als f\u00fcr die Zwecke des Organismus nicht mehr tauglich, aus diesem entfernt werden sollen, insbesondere Wasser, Salze und stickstoffhaltige Verbindungen. Seine Zusammensetzung muss daher einestheils von der der genossenen Nahrung abh\u00e4ngen, anderntheils aber von den speciflschen Stoffwechselprocessen, welche sich in den Organismen abspielen. Die Erfahrung lehrt denn auch, dass Ver\u00e4nderungen in der Nahrung die Eigenschaften des Harns beeinflussen, und ebenso, dass der Harn verschiedener Thierclassen eine verschiedene Beschaffenheit zeigt. Daher lassen sich weder bestimmte Eigenschaften noch eine bestimmte Zusammensetzung f\u00fcr den Harn angeben, sondern nur Cfren-zeu, innerhalb welcher etwa dieselben unter normalen Verh\u00e4ltnissen schwanken. Ganz selbstverst\u00e4ndlich erscheint es auch hiernach, dass unter pathologischen Bedingungen der Harn ganz neue Eigenschaften annehmen kann, deren Untersuchung dem Arzte h\u00e4ufig werthvolle diagnostische Aufschl\u00fcsse giebt.\nI. Allgemeine Eigenschaften des Harns.\nInsoweit als die Eigenschaften des Harns von besonderen Stoffwechselbedingungen abh\u00e4ngen, ist besonders zu unterscheiden der Harn der S\u00e4ugethiere (einschliesslich des Menschen) und der nackten Amphibien, welcher fl\u00fcssig ist, von demjenigen der V\u00f6gel und beschuppten Amphibien, welcher bei der Entleerung breiartig ist und erst allm\u00e4hlich an der Luft erstarrt; letzterem scheint auch der noch sehr wenig untersuchte Harn der Wirbellosen nahe zu stehen.\nHandbuch der Physiologie, lid. V.\t29","page":449},{"file":"p0450.txt","language":"de","ocr_de":"450 Drechsel, Chemie der Absonderungen und der Gewebe, I. Cap. Der Harn.\nDer Harn des n\u00fcchternen Menschen ist eine vollkommen klare, heller ode\u201d ^unkler bernsteingelbe Fl\u00fcssigkeit von eigent\u00fcmlichem schwachem Geruch und salzigem Geschmack; er l\u00e4sst beim Stehen einen \u00e4usserst geringen wolkigen Niederschlag fallen, welcher aus etwas Schleim und einzelnen Epithelien der Harnwege besteht. Die Reaction desselben ist sauer, doch kann nach st\u00e4rkeren Mahlzeiten w\u00e4hrend der Magenverdauung dieselbe vor\u00fcbergehend neutral oder selbst alkalisch werden; letzteres tritt auch nach dem reichlichen Gen\u00fcsse von kohlensauren oder pflanzensauren Alkalien ein. Das specifische Gewicht schwankt innerhalb weiter Grenzen und h\u00e4ngt nat\u00fcrlich von der Concentration ab; unter normalen Verh\u00e4ltnissen betr\u00e4gt es im Mittel 1017\u20141020, kann aber nach reichlichem Trinken bis auf 1003 sinken, und nach starkem Schwitzen bis auf 1030 steigen.\nDer Harn der Fleischfresser ist dem des Menschen sehr \u00e4hnlich, aber meist bedeutend concentrirter und besitzt h\u00e4utig einen unangenehmen Geruch (Hund, Katze); seine Reaction ist stark sauer. Pflanzenfresserharn ist theils klar (Kuhharn), theils lehmicht tr\u00fcbe (Pferd), und von alkalischer Reaction; er ist aber sauer und ganz klar bei jungen Thieren, solange dieselben noch ges\u00e4ugt werden. Ueberhaupt wird der Harn der S\u00e4ugethiere bei animalischer Kost (und bei Hunger) klar und sauer, bei vegetabilischer dagegen alkalisch und leicht tr\u00fcbe, denn aus ersterer entsteht bei der Oxydation mehr S\u00e4ure (aus dem Schwefel des Eiweisses und dem Phosphor des Lecithins) als von den disponiblen Basen zur Bildung neutraler Salze ben\u00f6thigt wird, w\u00e4hrend in den Vegetabilien so viel pflanzensaure Salze enthalten sind, dass die im Organismus daraus entstehenden kohlensauren Salze mehr als hinreichend sind, um alle gleichzeitig gebildeten Minerals\u00e4uren zu neutralen Salzen zu binden.\nDer Harn der V\u00f6gel und beschuppten Amphibien ist bei der Entleerung breiartig, wird aber an der Luft schnell fest; er ist fast ganz rein weiss.\nII. Chemische Bestandtheile des Harns.\nDer Harn ist ausgezeichnet durch seinen grossen Reichthum an Bestandtheilen; trotz der vielen auf die Erforschung seiner Zusammensetzung gerichteten Versuche ist es doch noch lange nicht gelungen, auch nur die constant darin vorkommenden Substanzen s\u00e4mmtlick zu erkennen, ganz abgesehen von den Verbindungen, welche sich nur unter besonderen Verh\u00e4ltnissen, namentlich nach Einf\u00fchrung differenter Substanzen in den Organismus darin vorfin-","page":450},{"file":"p0451.txt","language":"de","ocr_de":"Bestandtheile.\n451\nden. Von anorganischen Stoffen enth\u00e4lt er Wasser und alle Salze, welche auch sonst als Bestandtheile der K\u00f6rperfl\u00fcssigkeiten aufge-funden worden sind: die Chloride der Alkalien, Phosphate und Sulfate derselben, sowie von Kalk und Magnesia; unter Umst\u00e4nden auch die kohlensauren Salze dieser Basen; fernerSpuren von Eisen, Kiesels\u00e4ure und Fluor. Viele andere anorganische Stoffe, wie Jod, Lithium, Arsen, Quecksilber u.s. w. gehen ebenfalls in den Harn \u00fcber, wenn sie dem Organismus einverleibt worden waren. Von organischen Verbindungen sind namentlich die stickstoffhaltigen von Bedeutung: Harnstoff, Harns\u00e4ure, Xanthin, Kreatinin, die Harnfarbstoffe inch ihrer Chromogene, Hippurs\u00e4ure; von Zersetzungsproducten der Harns\u00e4ure Allantom und oxalursaures Amnion ; von den stickstofffreien Paroxyphenylessigs\u00e4ure, mehrere Aetherschwefels\u00e4uren. Wie schon bemerkt finden sich nach Eingabe fremder organischer Verbindungen sehr h\u00e4ufig neue, sonst nicht im Harn beobachtete Substanzen, w\u00e4hrend andere, wie z. B. Pyrophosphate, unterphosphorigsaure Salze, Ferrocyankalium, Alkohol, sich als solche im Harn wiederfinden.\nUeber den Brechungsco\u00ebfficienten des Harns liegen Untersuchungen von Valentin1 vor; \u00fcber den Harn von Neugeborenen von Martin, R\u00fcge und Biedermann 2, und \u00fcber den von S\u00e4uglingen von Gruse3; \u00fcber Affen- und Rinderharn von J. Munk4 5.\nSubstanzen, /reiche constant im normalen Harn Vorkommen, oder deren Auftreten doch nicht an die Einverleibung bestimmter anderer Verbindungen gekn\u00fcpft erscheint.\nA ) Harnstoff C H4 AG 0.\nDer Harnstoff' wurde im unreinen Zustande zuerst 1773 von Rouelle d. J. als Extractum saponaceum urinae erhalten, und 1799 von Fourcroy und Vauquelin reiner dargestellt. Er kommt in gr\u00f6sserer Menge im Harn vor, namentlich in dem der S\u00e4ugethiere, nackten Amphibien und Fische, nur in geringen Mengen in dem der V\u00f6gel ; er findet sich in kleiner Menge auch im Blute, in Transsudaten, im Fruchtwasser, in der Leber, im Darmsaft, in der Galle und in der Milch (Spuren), im Schweiss, w\u00e4hrend er in den Muskeln und im Gehirn noch nicht mit Sicherheit nachgewiesen werden konnte.\n1\tValentin, Arch. f. d. ges. Physiologie. XVII. S. 255.\n2\tBiedermann, Ber. d. deutsch, chem. Ges. VIII. S. 11^4.\n3\tCruse, Jahrb. f. Kinderheilk. N. F. XI. S. 393.\n4\tJ. Munk. Arch. f. (Anat. u.) Physiologie. 1880. Suppl S. 22.\n5\tGmelin-Kra\u00fct, Handb. d. org. Chemie. 4. Autl. V. S. 287.\n29*","page":451},{"file":"p0452.txt","language":"de","ocr_de":"452 Drechsel, Chemfe der Absonderungen und der Gewebe 1. Cap. Der Harn.\nHarnstoff entsteht aufsehr manniehfache Weise; W\u00f6hler1 2 stellte ihn zuerst k\u00fcnstlich aus cyansaurem Ammon dar, sp\u00e4ter wurde er aus Chlorkohlenoxyd und Ammoniak -, aus Kohlens\u00e4ure\u00e4ther und Ammoniak, aus carbaminsaurem Ammoniak durch Erhitzen mit absolutem Alkohol auf 140\u00b0 (Basarow3) oder durch Elektrolyse mit Wechselstr\u00f6men bei gew\u00f6hnlicher Temperatur (Drechsel4), aus Cyanamid durch Aufnahme von Wasser (Cannizaro, Clo\u00ebz 5), sowie als Zersetzungsproduct vieler anderer K\u00f6rper wie Harns\u00e4ure und deren Abk\u00f6mmlingen, Guanidin, Kreatin u. s. w. erhalten. Zur Darstellung benutzt man entweder Harn (am besten vom Hund), den man verdampft, mit Alkohol auszieht und wieder verdampft, oder die Umsetzung des cyansauren Ammons, indem man eine w\u00e4ssrige L\u00f6sung von cyansaurem Kali mit der \u00e4quivalenten Menge schwefelsauren Amnions versetzt, eindampft, zun\u00e4chst das schwefelsaure Kali auskrystallisiren l\u00e4sst, und den aus der Mutterlauge durch weiteres Eindampfen erhaltenen rohen Harnstoff aus Alkohol umkrystallisirt. Im reinen Zustande bildet der Harnstoff grosse wasserfreie, s\u00e4ulenf\u00f6rmige Kry-stalle, welche denen des salpetersauren Kalis \u00e4usserst \u00e4hnlich sind; er ist in Wasser sehr leicht und unter starker Temperaturerniedrigung l\u00f6slich, etwas weniger leicht in absolutem Alkohol und noch weniger in Aether (doch nimmt letzterer beim Sch\u00fctteln mit einer con-centrirteren w\u00e4ssrigen L\u00f6sung, z. B. Hundeharn, etwas Harnstoff aus derselben auf). In Chloroform, Benzol, Petroleum\u00e4ther ist er fast oder ganz unl\u00f6slich. Beim Erhitzen schmilzt er zun\u00e4chst unzersetzt bei 130\u00b0; h\u00f6her erhitzt zersetzt er sich leicht unter Bildung mannich-facher Producte (die zum Theil durch secund\u00e4re Reactionen entstehen), wobei die Schmelze anfangs unter lebhaftem Aufsch\u00e4umen Gase entwickelt, sp\u00e4ter tr\u00fcbe wird und endlich zu einer weissen Masse erstarrt. Die Zersetzung selbst erfolgt nach drei Richtungen:\n1)\tCH\\ N'2 0 = CO \u25a0 N \u2022 NHa cyansaures Ammon\n2)\tCU\\ JS-i 0 \u2014 HiO-\\-CN NB? Cyanamid\n3)\t2 CH\\N-iO = NB?, -f- (NB2 \u2022 COyiHN Biuret.\nDas cyansaure Ammon zerf\u00e4llt weiter in Ammoniak und Cyans\u00e4urehydrat, welches sich theils zu Cyanurs\u00e4ure G 2V3 (hth polyme-risirt, theils zu 2 Mol. mit 1 Mol. Cyanamid zu Ammelid G Ah O-i H\\ Zusammentritt, theils mit dem Wasser zu Kohlens\u00e4ure und Ammo-\n1\tW\u00f6hler, Ann. d. Physik. XII. S. 253, XV. S. 619.\n2\tNatanson, Ann. d. Chemie 11. Pharm. XCVIII. S. 289.\n3\tBasarow, Journ. f. pract. Chemie. (2) I. S. 283.\n4\tDrechsel, Ebenda. XXII. S. 481.\n5\tClo\u00ebz, Ann. d. Chemie n. Pharm. LXXVIII. S. 230.","page":452},{"file":"p0453.txt","language":"de","ocr_de":"Harnstoff.\n453\nniak zerf\u00e4llt, welche ihrerseits sich wieder in dem Verh\u00e4ltnisse von 1 Mol. CO-2 + 2 Mol. NHs zu carbaminsaurem Ammon vereinigen. Letzteres Salz setzt sich, wenn man die Zersetzung in einem R\u00f6hrchen vornimmt, am entferntesten von dem festen R\u00fcckst\u00e4nde ab ; diesem n\u00e4her condensirt sich eine \u00f6lige Fl\u00fcssigkeit, die beim Erkalten theils tr\u00fcbe, theils krystallinisck erstarrt (Biuret). Diese Zersetzung kann man sehr gut zur Erkennung selbst kleiner Mengen Harnstoffs benutzen; das Biuret l\u00f6st sich schon in kaltem Wasser auf und giebt mit etwas Kupfervitriol und Natronlauge eine sch\u00f6ne rothe Fl\u00fcssigkeit, w\u00e4hrend der erdige weisse R\u00fcckstand in etwas heissem Ammoniak gel\u00f6st mit einer ammoniakalischen Kupferl\u00f6sung sogleich oder nach einiger Zeit einen sch\u00f6n krystallischen, violetten Niederschlag von cyanursaurem Kupferoxydammoniak giebt.\nMit unterbromigsauren oder unterchlorigsauren Alkalien zerfallt der Harnstoff in w\u00e4ssriger L\u00f6sung schon bei gew\u00f6hnlicher Temperatur in Stickstoff, welcher unter Aufsch\u00e4umen entweicht, Kohlens\u00e4ure und Wasser:\nCH\\ N-2 0 \u2014(\u2014 3 KBrO = N% \u2014|- 6 O2 \u2014f- 2 HiO \u2014(\u2014 3 KBv.\nAuf diese Zersetzung gr\u00fcndet sich die KNOP-H\u00fcFNER\u2019sche Methode zur Bestimmung des Harnstoffs.1 Eine \u00e4hnliche Ver\u00e4nderung erleidet der Harnstoff durch \u00fcbersch\u00fcssige salpetrige S\u00e4ure beim Erhitzen2: CHi N-2 0 4- X-iCh = CO2 + Ab + 2 Ih 0, w\u00e4hrend in der K\u00e4lte sich beide nach Liebig und W\u00f6hler3 in Cyans\u00e4ure und salpetrigsaures Ammon umsetzen :\n2 CHuXO 4- N2O2, == 2 NH\\0 NO X 2 CONH.\nBeim Eindampfen seiner w\u00e4ssrigen L\u00f6sung in h\u00f6herer Temperatur verfl\u00fcchtigt sich der Harnstoff stets zu einem kleinen Tkeile als kohlensaures Ammon; erhitzt man ihn mit Barytwasser (oder ammoniakalischer Chlorbaryuml\u00f6sung) im zugeschmolzenen Rohre auf 2(M>\", so ist die Zersetzung vollst\u00e4ndig (Methode der Harnstoffbestimmung von Bunsen).\nDer Harnstoff giebt mit S\u00e4uren und Salzen Verbindungen, die zum Theil sch\u00f6n krystallisiren. Besonders wichtig sind das salpetersaure und oxalsaure Salz. Vermischt man eine concentrirte Harnstoffl\u00f6sung mit concentrirter farbloser Salpeters\u00e4ure, so entsteht ein krystallinischer Niederschlag von salpetersaurem Harnstoff: CH a Xi 0 -j- HXO3, der unter dem Mikroskop sch\u00f6ne durchsichtige,\n1\tKnop-H\u00fcfner, Ztschr. f. analyt. Chemie. IX. S. 226; Journ. f. pract. Chemie. (2) III. S. 1.\n2\ts Claus, Ber. d. deutsch, chem. Ges. IV. S. 140.\n3\tLiebig u. W\u00f6hler, Ann. d. Chemie u. Pharm. XXVI. S. 261.","page":453},{"file":"p0454.txt","language":"de","ocr_de":"454 Drechsel, Chemie der Absonderungen und der Gewebe. 1. Cap. Der Harn.\nsechsseitige, rhombische T\u00e4felchen und daneben weissliche, weniger\n'\to\ndeutliche Krystallaggregate erkennen l\u00e4sst. Dieselben sind in kaltem Wasser nicht leicht, in verd\u00fcnnter Salpeters\u00e4ure schwerer l\u00f6slich, noch weniger in salpeters\u00e4urehaltigem Alkohol ; sie l\u00f6sen sich auch in kaltem Aceton und krystallisiren beim Verdunsten desselben in der K\u00e4lte wieder aus. In \u00e4hnlicher Weise entsteht der oxalsaure Harnstoff 2 CH\\IN 2 O-|- ( 2 0\\ Hi -f-Ih C> welcher auch in Wasser wenig-\n'\to\nl\u00f6slich ist, noch weniger in Oxals\u00e4ure und in Alkohol. Eine Verbindung des Harnstoffs mit Phosphors\u00e4ure erhielt J. Lehmann1 2 aus abgedampftem Schweineharn in farblosen gl\u00e4nzenden, in Wasser leicht l\u00f6slichen Krystallen ; dieselbe kann auch direct aus den Compo-nenten dargestellt werden. Ueber eine ebenfalls im Harn gefundene Verbindung mit Uronitrotoluols\u00e4ure s. diese.\nAuch mit manchen Salzen verbindet sich der Harnstoff z. B. mit Kochsalz, salpetersaurem Natron, Sublimat, salpetersaurem Silberoxyd; die L\u00f6sung dieser letzteren Verbindung tr\u00fcbt sich bei l\u00e4ngerem Erhitzen und scheidet dann beim Erkalten lange S\u00e4ulen von cyansaurem Silberoxyd ab (W\u00f6hler). Durch grosse Schwerl\u00f6slichkeit ausgezeichnet ist die Verbindung mit Palladiumchloritr : 2 CHiN'iO PdCl2, welche sich nach einiger Zeit als gelber krystal-linischer Niederschlag ausscheidet, wenn man eine L\u00f6sung von Pal-ladiumchlor\u00fcr zu \u00fcbersch\u00fcssiger Harnstoffl\u00f6sung zusetzt. In Alkohol, sowie concentrirter w\u00e4ssriger Harnstoffl\u00f6sung ist sie ganz unl\u00f6slich (Drechsel-). Mit salpetersaurem Quecksilberoxyd giebt eine salpeter-s\u00e4urehaltige Harnstoffl\u00f6sung zun\u00e4chst eine schwache Tr\u00fcbung, nach einiger Zeit aber setzen sich feste, krystallinisehe Krusten einer Verbindung: 2 CN'iFhO -f- FI yO + HgNiO\u00e7 ab; vermischt man aber sehr verd\u00fcnnte und warme L\u00f6sungen von Harnstoff und salpetersaurem Quecksilberoxyd, so entsteht ein schwerer, weisser, krystallinischer Niederschlag: 2 CN-iH\\0 + 3 HyO + HgN-iO* (Liebig; Methode desselben zur Harnstoffbestimmung3). In Kochsalzl\u00f6sung sind alle diese Niederschl\u00e4ge leicht l\u00f6slich. Endlich sind auch Verbindungen des Harnstoffs mit Metalloxyden, namentlich Quecksilberoxyd und Silberoxyd bekannt.\nBez\u00fcglich seiner chemischen Constitution wird der Harnstoff' von den meisten Chemikern als Amid der Kohlens\u00e4ure, als Carbamid:\taufgefasst; da aber mit dieser Ansicht sein Ver-\nhalten als eins\u00e4urige Base nicht wohl in Einklang steht, nimmt Kolbe\n1\tJ. Lehmann, Chem. Centralbl. 1366. S. 1119.\n2\tDrechsel, Journ. f. pract. Chemie. (2) XX. S. 499.\n3\tLiebig, Ann. d. Chemie u. Pharm. LXXXV. S. 294.","page":454},{"file":"p0455.txt","language":"de","ocr_de":"Harnstoff. Entstehung im Organismus.\n455\nan, dass er das Amid der Carbamins\u00e4ure sei:\tAr, dessen\nbeide\u2019 Amidradicale nicht gleiche chemische Function besitzen. Das Biuret ist dann entsprechend als Dicarbamins\u00e4ureamid Hi \u2022 CO)iII^S aufzufassen.\nUeber die Entstehung des Harnstoffs im Organismus sind die Ansichten noch getheilt. Fr\u00fcher glaubte man, dass er direct durch Oxydation aus dem Eiweiss entst\u00e4nde, und B\u00e9champ, sowie sp\u00e4ter Ritter gaben an, aus Eiweiss durch Einwirkung von \u00fcbermangansaurem Kali Harnstoff erhalten zu haben; allein weder St\u00e4deler noch Loew1 und Tappeiner '2 konnten diese Angaben best\u00e4tigen, und Lossen ;! zeigte j\u00fcngst, dass zwar kein Harnstoff, wohl aber eine kleine Menge Guanidin bei der fraglichen Reaction entsteht. Wenn nun auch dieses letztere unter Umst\u00e4nden in Harnstoff \u00fcbergehen kann, so giebt dieses Resultat Lossen\u2019s doch keine St\u00fctze f\u00fcr die Oxydationstheorie ab, da eben kein Harnstoff erhalten wurde, sondern Guanidin ; h\u00f6chstens k\u00f6nnte man daraus schliessen, dass bei der Zersetzung des Eiweisses im Organismus eine kleine Menge Guanidin oder \u00e4hnlicher, vielleicht dem Guanin nahe stehender Verbindungen abgespalten und sp\u00e4ter in Harnstoff \u00fcbergef\u00fchrt werde. Dagegen lehrten andere Versuche, dass die Harnstoffbildung im Organismus ein synthetischer Process sein m\u00fcsse. Sghultzen und Nencki1 fanden n\u00e4mlich, dass nach Eingabe von Glycocoll der Stickstoff desselben als Harnstoff wieder ausgeschieden werde ; da aber 1 Mol. Glycocoll nur 1 At. Stickstoff enth\u00e4lt, 1 Mol. Harnstoff dagegen deren 2, so ist klar, dass zur Bildung dieses letzteren eine Synthese noth-weudig ist. Eine vollkommene Best\u00e4tigung f\u00fcr diesen Schluss wurde sp\u00e4ter durch die verschiedenen F\u00fctterungsversuche mit Salmiak von v. Knieriem E. Salkowski (), mit kohlensauren und pflanzensauren Ammonsalzen von Schmiedeberg und Hallervorden 7, Coranda b, Feder und E. Von \u2019 geliefert, welche den Nachweis erbrachten, das-das eingef\u00fchrte Ammoniak im Organismus des Menschen, des Hundes und des Kaninchens in Harnstoff \u00fcbergeht. Schultzen und Nencki ziehen aus ihren Versuchen den Schluss, dass die Eiweisss\n1\tLoew, Journ f. pract. Chemie. (2) IL S. 2S'.).\n2\tTappeiner, Maly\u2019s Jahresber. 1871. S. 11.\n3\tLossen, Ann. d. Chemie u. Pharm. CCI. S. 369.\n4\tSchultzen u. Nencki, Ztschr. f. Biologie. \\ III. S. 124; s. a. E. Salkowski, Ztschr. f. physiol. Chemie IV. S. 35 u. 100.\n5\tv. Knieriem, Ztschr. f. Biologie. X. S. 263.\n6\tE. Salkowski, Ztschr. f. physiol. Chemie. I. S. 1.\n7\tHallervorden, Arch. f. exper. Pathol. X. S. 125.\n8\tCoranda, Ebenda. XII. S. 76.\n9\tFeder u. E. Voit, Ztschr. f. Biologie. X\\ I. S. 179.","page":455},{"file":"p0456.txt","language":"de","ocr_de":"456 Drechsel, Chemie der Absonderungen und der Gewebe. 1. Cap. Der Harn.\nk\u00f6rper zun\u00e4chst unter Bildung von Amidos\u00e4uren zerfallen, welche ihrerseits dann in Harnstoff \u00fcbergehen, und stellen die intermedi\u00e4re Bildung von Cyanverbindungen als m\u00f6glich hin. Hoppe-Seyler1 ist der Ansicht, dass im Organismus zun\u00e4chst Cvans\u00e4ure entsteht, welche sich mit Ammoniak verbindet und dann in Harnstoff umwandelt:\nCNOII + NIh = CNONfh ; CNONH\\ = CO{NH-2)1.\nE. Salkowski 2 dagegen stellt die Hypothese auf, dass sich entweder 2 Mol. Cyans\u00e4ure unmittelbar mit Wasser in Harnstoff und Kohlens\u00e4ure zersetzen:\n2 CNOH -ff H20= CO (Nif2) -ff C02\noder bei Zufuhr von Ammoniak nach der vorhergehenden Gleichung Harnstoff geben.\nDie Hypothesen von Hoppe-Seyler und E. Salkowski haben aber das Bedenkliche, dass sie die Bildung von Cyanverbindungen voraussetzen, welche einerseits noch nicht im Organismus angetroffen worden sind und andererseits heftige Gifte f\u00fcr denselben sind. W\u00fcrden sie wirklich w\u00e4hrend des Lebens gebildet, so sollte man meinen, dass der Organismus die F\u00e4higkeit haben m\u00fcsse, sie \u00e4usserst schnell und energisch in Harnstoff umzuwandeln, und dann ist es schwer zu begreifen, dass cyansaures Kali schon in kleinen Mengen so stark giftig wirkt und nicht sofort in den unsch\u00e4dlichen Harnstoff \u00fcberge-f\u00fchrt wird. Diesen Einw\u00e4nden entgeht die Hypothese von Schmiedeberg nach welcher der Stickstoff des Eiweisses, bez. der Amidos\u00e4uren zun\u00e4chst als kohlensaures Ammon abgeschieden wird, aus welchem sodann durch Wasserabspaltung Harnstoff entsteht. Eine wichtige St\u00fctze f\u00fcr diese Anschauung bildet die Thatsache, dass nach Eingabe von kohlensaurem Ammon Harnstoff, und von kohlensaurem Aethylamin kleine Mengen von Aethylharnstoff im Harn erscheinen (Schmiedeberg 4). Gegen diese Ansicht l\u00e4sst sich nur einwenden, dass wenn Kohlens\u00e4ure und Ammoniak Zusammentreffen, unter allen Umst\u00e4nden carbaminsaures Ammon entsteht, welches erst durch Wasseraufnahme in kohlensaures Salz \u00fcbergeht (Drechsel5), sowie dass durch Oxydation von Leucin, Glycocoll und Tyrosin in alkalischer L\u00f6sung ebenfalls Carbamins\u00e4ure entsteht (Drechsel 0- Desshalb ist von Drechsel 7 die Hypothese aufgestellt worden, dass der Harnstoff aus carbaminsaurem Ammon durch Wasserabspaltung gebildet werde,\nt Hoppe-Seyler, Ber. d. deutsch, chem. Ges. 1874. S. 34 ; Physiol.Chemie. S. 810.\n2\tE. Salkowski, Ztschr. f. physiol. Chemie. I. S. 1 ; Die Lehre vom Harn S. 68.\n3\tSchmiedeberg, Arch. f. exper. Pathol. VIII. S. 1.\n4\tDerselbe, Ebenda.\n5\tDrechsel, Journ. f. pract. Chemie. (2) XVI. S. 180.\n6\tDerselbe, Ebenda. (2) XII. S. 417.\n7\tDerselbe, Ebenda. (2) XXII. S. 476; Arch. f. (Anat. u.) Physiol. 1880. S. 550.","page":456},{"file":"p0457.txt","language":"de","ocr_de":"Harnstoff, Entstehung im Organismus.\n457\nund zwar nicht auf die Weise, dass die Elemente des Wassers auf einmal, in Form von Wasser, abgespalten werden, sondern durch zwei unmittelbar auf einander folgende Reactionen: eine Oxydation, welche 2 At. Wasserstoff, und eine Reduction, welche 1 At. Sauerstoff eliminirt:\nI. NH-2 \u25a0 CO \u2022 0 \u2022 NHi -f- 0 = NH-2 COO\u2022 NB> + ICO carbaminsaures Ammon\nII. NH-2 COO\u2022 iXff2 + I\u00ce2 = NHi \u2022 CO \u25a0 NIC + H20\nHarnstoff.\nWie man sieht, giebt diese Hypothese nicht nur \u00fcber die Harnstoffbildung Aufschluss, sondern auch zugleich \u00fcber den Modus der Wasserabspaltung innerhalb einer w\u00e4ssrigen L\u00f6sung, und als St\u00fctze f\u00fcr dieselbe dient die Thatsache, dass bei der Elektrolyse einer w\u00e4ssrigen L\u00f6sung von carbaminsaurem Ammon mittelst Wechselstr\u00f6men, wo also an jeder Elektrode in kurzen Zwischenr\u00e4umen hintereinander Oxydations- und Reductionsprocesse vor sich gehen, bei gew\u00f6hnlicher Temperatur kleine Mengen von Harnstoff gebildet werden.\nUeber den Ort der Harnstoffbildung im Organismus war bis vor Kurzem etwas Sicheres nicht bekannt; Meissner1 hatte zwar gefunden, dass die Leber von Hunden und H\u00fchnern gr\u00f6ssere Mengen von Harnstoff bez. Harns\u00e4ure enthielten als das Blut dieser Thiere, und schloss daraus, dass dieses Organ die Bildungsst\u00e4tte f\u00fcr diese Verbindungen sei, allein Gscheidlen 2 3 widersprach dieser Ansicht, da er nach mehrmaligem Durchleiten von Blut durch eine Hundeleber den Harnsfoffgehalt desselben nicht vergr\u00f6ssert fand, und J. Munk ! kam zu dem Resultate, dass der Harnstoffgehalt des Blutes h\u00f6her sei als der der Leber. Vor Kurzem zeigte indessen W. v. Schr\u00f6der 4, dass das Blut hungernder Hunde beim Durchleiten durch eine ausgeschnittene Hundeleber zwar keine Zunahme seines Harnstoffgehaltes zeigt, wohl aber nach Zusatz von kohlensaurem oder ameisensaurem Ammon, oder auch ohne diesen Zusatz, falls das Blut von in der Verdauung befindlichen Thieren stammt; dagegen konnte er eine solche Vermehrung des Harnstoffgehaltes beim Durchleiten des Blutes durch eine Niere oder durch Muskelgewebe nicht nachweisen. Nach diesen Versuchen ist also die Leber als Hauptbildungsst\u00e4tte\n1\tMeissner. Ztschr. f. rat. Med. XXXI. iS. 234.\n2\tGscheidlen, Habilitationsschrift : Ueber den Ursprung des Harnstoffs im Thierk\u00f6rper. Leipzig 1871.\n3\tJ. Munk, Arch. f. d. ges Physiologie. XL S. 1 (JO.\n4\tW. v. Schr\u00f6der, Arch. f. exper. Pathol. XV. S. 364.","page":457},{"file":"p0458.txt","language":"de","ocr_de":"458 Drechsel, Chemie der Absonderungen und der Gewebe. 1. Cap. Der Harn.\ndes Harnstoffs (und wahrscheinlich auch der Harns\u00e4ure beim Vogel) zu betrachten.\nDie Menge des vom Menschen ausgeschiedenen Harnstoffs betr\u00e4gt bei gew\u00f6hnlicher gemischter Kost etwa 25\u201432 g pro die, doch ist sie in sofern sehr bedeutenden Schwankungen unterworfen, als sie bei rein animalischer Kost betr\u00e4chtlich, bis auf etwa das Doppelte, an-steigen, und bei sehr eiweissarmer Kost auf etwa die H\u00e4lfte herabsinken kann. Auch die einzelnen, tagtiber gelassenen Harnportionen zeigen bedeutende Differenzen; am meisten Harnstoff wird w\u00e4hrend der Verdauung entleert; vgl. die von Ludwig construirten Curven in dessen Lehrb. d. Physiol. 2. Aufl. II. S. 387.\nHarng\u00e4hrung. L\u00e4sst man klaren Harn l\u00e4ngere Zeit an der Luft stehen, so nimmt allm\u00e4hlich die saure Reaction desselben ab, und schl\u00e4gt endlich in die alkalische um, wobei die Fl\u00fcssigkeit sich tr\u00fcbt und Krystalle von phosphorsaurer Ammonmagnesia neben harnsauren Salzen absetzt. Diese Erscheinung, die sog. ammoniakalische Harng\u00e4hrung, beruht auf der Umwandlung des Harnstoffs in kohlensaures Ammon durch eine Bakterienart (Pasteur1 2). R. v. Jaksch-hat diese in k\u00fcnstlichen N\u00e4hrfl\u00fcssigkeiten gez\u00fcchtet und gefunden, dass sie zu ihrer Entwicklung ausser zwei anorganischen Salzen (phosphorsaures Kali und schwefelsaure Magnesia) und Harnstoff noch eine kohlenstoffhaltige Substanz bedarf (Essigs\u00e4ure, Milchs\u00e4ure, Bernsteins\u00e4ure, Aepfels\u00e4ure etc.). Cohn hat f\u00fcr dieselbe den Namen Micrococcus ureae vorgeschlagen. Die Umwandlung des Harnstoffs wird durch ein Ferment bewirkt, welches Muscuuus 3 4 von den Bakterien trennt, indem er schleimigen Harn von Blasenkatarrh mit Alkohol f\u00e4llt, den Niederschlag bei gelinder Temperatur trocknet, in Wasser l\u00f6st und filtrirt. Diese L\u00f6sung mit Harnstoff versetzt entwickelt bald Ammoniak; das Ferment wird durch 0.1% Salzs\u00e4ure zerst\u00f6rt, nicht aber durch Alkohol, Phenol, Natronlauge oder Kochsalz. Die Keime dieses Micrococcus sind nach Miquel 4 in der Luft vorhanden, besonders in der N\u00e4he solcher Orte, wo Harn in gr\u00f6sserer Menge der ammoniakalischen G\u00e4hrung unterliegt. Nach Versuchen von Richet5 besitzt auch die Magenschleimhaut von Menschen, Hunden und Kaninchen die F\u00e4higkeit, Harnstoff in G\u00e4hrung zu versetzen, wodurch sich das Auftreten von kohlensaurem Ammon\n1\tPasteur, Ann. d. chim. et phys. 18(52. p. 52.\n2\tR. v. Jaksch, Ztschr. f. physiol. Chemie. V. S. 395; Med. Centralbl. XVIII. S. 180.\n3\tMusculus, Arch. f. d. ges. Physiologie. XII. S. 214.\n4\tMiquel, Bull. d. 1. soc. chim. de Paris. XXIX. p. 387.\n5\tRichet, Comptes rendus. XC1I. p. 730.","page":458},{"file":"p0459.txt","language":"de","ocr_de":"Harns\u00e4ure.\n450\nim Magen bei Ur\u00e4mie erkl\u00e4ren w\u00fcrde; ferner k\u00f6mmt nach Miquel1 2 im Kloakenwasser ein Bacillus vor, welcher dieselbe Umwandlung des Harnstoffs bewirkt. Bei Abwesenheit der erw\u00e4hnten Organismen tritt nach Cazeneuve und Livon 2 auch bei l\u00e4ngerer Stauung des Harns in der Blase niemals ammoniakalische G\u00e4hrung ein. Eine saure Harng\u00e4hrung existirt nach neueren Untersuchungen von F. R\u00f6h-mann3 nicht; das bisweilen beobachtete Ansteigen der sauren Reaction w\u00e4hrend der ersten Tage des Stehens von Harn an der Luft r\u00fchrt von der Anwesenheit von Alkohol oder Zucker her.\nB) Harns\u00e4ure 65 Hi A 4 O3.\nNeben Harnstoff findet sich im Harn fast immer Harns\u00e4ure (1776 von Scheele entdeckt); im fl\u00fcssigen Harn der Menschen, S\u00e4ugethiere und nackten Amphibien neben viel Harnstoff nur in geringer Menge, umgekehrt im breiigen Harn der V\u00f6gel und beschuppten Amphibien in grosser Menge neben wenig Harnstoff. Die von einem gesunden erwachsenen Menschen in 24 Stunden ausgeschiedene Harns\u00e4uremenge schwankt etwa zwischen 0,2 und 1 g.\nZur Darstellung der Harns\u00e4ure benutzt man am besten Schlangenharn, welchen man in heisser verd\u00fcnnter Kali- oder Natronlauge l\u00f6st; aus der filtrirten Fl\u00fcssigkeit schl\u00e4gt Kohlens\u00e4ure saures harnsaures Alkali nieder, welches abfiltrirt, mit Wasser gewaschen und dann in kochende verd\u00fcnnte Salzs\u00e4ure eingetragen wird, wobei sich die Harns\u00e4ure als schweres Krystallpulver abscheidet. 1m reinen Zustande bildet sie ein farbloses krystallinisches Pulver, welches unter dem Mikroskope aus flachen prismatischen Pl\u00e4ttchen bestehend erscheint; aus menschlichem Harn durch Zusatz von Salzs\u00e4ure und Stehenlassen langsam ausgeschieden bildet sie meist gelbe bis braune Wetzstein- und tonnenf\u00f6rmige gr\u00f6ssere Kry St\u00e4llchen.* Setzt man zu einer w\u00e4ssrigen L\u00f6sung eines harnsauren Alkalis in der K\u00e4lte verd\u00fcnnte Salzs\u00e4ure, so f\u00e4llt die Harns\u00e4ure zun\u00e4chst amorph aus, verwandelt sich aber bald in Krystalle. In Wasser ist sie sehr schwer l\u00f6slich, in 14 \u201415,000 Th. bei 20\u00b0 und 1800\u20141900 bei Siedhitze; in Alkohol und Aether ist sie unl\u00f6slich. In Harn ist sie l\u00f6slicher als in Wasser; in Glycerin l\u00f6st sie sich ziemlich reichlich, ebenso beim Erhitzen in phosphorsaurem Natron und essigsaurem Natron unter Bildung von harnsaurem Salz. Auf diesem Verhalten beruht die saure Reaction des Harns:\n1\tMiquel. Bull. d. 1. soc. ehim. d. Paris. XXXI. p. 391, XXXII. p. 126.\n2\tCazeneuve u. Livon, Rev. mens, de m\u00e9d. et de chir. II. p. 166.\n3\tR\u00f6hmann, Ztschr. f. physiol. Chemie. Y. S. 94.","page":459},{"file":"p0460.txt","language":"de","ocr_de":"460 Drechsel, Chemie der Absonderungen und der Gewebe. 1. Cap. Der Harn.\nNazHPO* + CoffM O3 =NaHiPOx + CbH6NaNO3, denn das zweifach saure phosphorsaure Natron r\u00f6thet stark Lakmus. In conc. Schwefels\u00e4ure l\u00f6st sich Harns\u00e4ure ebenfalls und wird durch Wasser unver\u00e4ndert wieder daraus abgeschieden. Beim Erhitzen zersetzt sich die Harns\u00e4ure ohne zu schmelzen und unter Bildung von Ammoniak, Blaus\u00e4ure, Harnstoff und Cyans\u00e4ure, bez. Cyanur-s\u00e4ure. Mit alkalischer Kupferl\u00f6sung geben harnsaure Alkalien zun\u00e4chst einen weissen Niederschlag von harnsaurem Kupferoxydul, welcher beim Kochen mit \u00fcbersch\u00fcssiger Kupferl\u00f6sung zu rothem Oxydul wird h Bringt man einen Tropfen einer L\u00f6sung von Harns\u00e4ure in kohlensaurem Natron auf mit Silberl\u00f6sung befeuchtetes Fil-trirpapier, so entsteht sofort ein dunkelbrauner Fleck von metallischem Silber, bei sehr grosser Verd\u00fcnnung (0,000002 g) noch ein gelber (Schiff 1 2). Mit Salpeters\u00e4ure erw\u00e4rmt giebt Harns\u00e4ure Alloxan und Harnstoff, ebenso bei der Einwirkung von chlorsaurem Kali und Salzs\u00e4ure; mit Bleisuperoxyd beim Kochen Allanto\u00efn und Kohlens\u00e4ure. Mit conc. Jod- oder Chlorwasserstoffs\u00e4ure auf 180\u00b0 erhitzt zerf\u00e4llt sie unter Wasseraufnahme in Glycocoll, Kohlens\u00e4ure und Ammoniak (Strecker 3 4)\nC5//4A4 O3 -f- 5 Hi 0 = CHiilliN) \u2022 CO \u25a0 OH -f- 3 CO2 -f- 3 A/A.\nDiese Zersetzung kann man sich auch so verlaufend vorstellen, dass zun\u00e4chst unter Aufnahme von 2 H-iO Glycocoll und Cyans\u00e4ure entstehen, welch letztere dann mit noch 3 Mol. IP-iO in Kohlens\u00e4ure und Ammoniak zerf\u00e4llt. Als Umkehrung dieser Zersetzung w\u00e4re dann die k\u00fcrzlich von Horbaczewski 4 ausgef\u00fchrte Synthese der Harns\u00e4ure durch Schmelzen von Glycocoll mit Harnstoff bei 2200 zu betrachten, bei welcher 1 Mol. Glycocoll sich mit 3 Mol. Cyans\u00e4ure (die aus dem Harnstoff unter Ammoniakabspaltung entsteht) unter Abgabe von 2 Mol. Wasser verbinden:\n62H5NO'2 -f- 3 CNOH = CbH\\N\\ Os -j- 2 II% O.\nDoch ist dieser Process noch nicht durchsichtig genug, als dass man daraus Schl\u00fcsse auf die Constitution der Harns\u00e4ure ziehen k\u00f6nnte, und ein Gleiches gilt von den \u00fcbrigen bis jetzt bekannten Zersetzungen der Harns\u00e4ure. In wie weit letztere bisher zur Aufstellung sog. Strukturformeln f\u00fcr die Harns\u00e4ure benutzt worden sind, soll weiter unten angef\u00fchrt werden.\nDie Harns\u00e4ure ist eine nur schwache S\u00e4ure, die aber doch mit vielen Basen Salze bildet; sie ist zweibasisch. Harnsaure Alkalien\n1\ts. bes. AVorm-M\u00fcller, Arch. f. d. ges. Physiol. XXVII. S. 22 u. 86.\n2\tSchiff, Ann. d. Chemie u. Pharm. CIX. S. 67.\n3\tStrecker, Ztschr. f. Chemie. 1868. S. 215.\n4\tHorbaczewski, Monatsh. f. Chemie. III. S. 796.","page":460},{"file":"p0461.txt","language":"de","ocr_de":"Harns\u00e4ure.\n461\nfinden sich im Harn gel\u00f6st und scheiden sich oft, namentlich im Winter, beim Erkalten concentrirterer Urine als feinflockige Niederschl\u00e4ge ab, die sich beim Erw\u00e4rmen der Fl\u00fcssigkeit auf K\u00f6rpertemperatur wieder l\u00f6sen ; sie bilden ferner einen Hauptbestandtheil vieler Harnsteine und Sedimente. Harnsaures Kali: CbHiKiN\\Oz bildet kleine Nadeln, l\u00f6st sich in 36 Th. Wasser von 16\u00b0, wobei sich etwas saures Salz bildet; durch Kohlens\u00e4ure wird aus seiner L\u00f6sung das Salz CbJrhKXiOb als amorphe oder k\u00f6rnige Masse gef\u00e4llt, welche 700 bis 800 Th. kaltes oder 70\u201480 Th. kochendes Wasser zur L\u00f6sung braucht. Dieses Salz findet sich h\u00e4ufig amorph als Harnsediment. Die entsprechenden Natronsalze sind noch schwerer in Wasser l\u00f6slich; CbH-iNaiOi-\\-H'iO bildet Warzen und l\u00f6st sich in 62 Th. Wasser, wobei es zum Theil in saures Salz \u00fcbergeht. Cb Hz Na Oz + V2 HiO bildet ein Krystallpulver, l\u00f6st sich in 11 \u20141200 Th. Wasser von 15\" oder 123\u2014125 Th. kochendem Wasser, findet sich amorph in Harnsedimenten und Gichtknoten. Mit Lithion giebt Harns\u00e4ure nur das Salz Cb Hz LiN\u00b1 Ob, welches sich in 39 Th. kochendem oder 367 Th. Wasser von 20 \u00b0 l\u00f6st. Mit Ammon bildet Harns\u00e4ure drei Salze; das wichtigste ist Cb Hz ( NIL ) N\u00b1 Oz, welches den Hauptbestandtheil des V\u00f6gel- und Schlangenharns ausmacht, und in manchen menschlichen Harnsteinen vorkommt; es l\u00f6st sich in 1608 Th. Wasser von 15\u00b0. Die Salze der Harns\u00e4ure mit den alkalischen Erden und schweren Metalloxyden sind in Wasser sehr schwer oder gar nicht l\u00f6slich. Bemerkenswerth ist der Umstand, dass das harnsaure Silberoxyd viele einigermassen best\u00e4ndige Doppelsalze giebt; eine L\u00f6sung von Harns\u00e4ure in Ammoniak bleibt auf Zusatz von amnio-niakalischer Silberl\u00f6sung klar, wird aber durch salpetersaures Kali oder Natron, und namentlich durch sog. Magnesiamixtur unter Bildung fast ganz unl\u00f6slicher Doppelsalze gef\u00e4llt. (Salkowski1 Maly2 3). Wird harnsaures Bleioxyd mit Jodmethyl oder -aethyl erhitzt, so bilden sich verschiedene Aether der Harns\u00e4ure, welche ihrerseits wieder saure Eigenschaften besitzen und Salze bilden (Hill :5).\nDie A b k \u00f6 m m 1 i n g e d e r H ar n s \u00e4 u r e sind sehr zahlreich und besonders darum wichtig, weil einige derselben auch im Harn und anderen thierischen Producten angetroffen werden. Beachtung verdient hinsichtlich ihrer Zusammensetzung der Umstand, dass ausser der Uroxans\u00e4ure kein einziges direct erhaltenes Derivat bekannt ist, welches wie die Harns\u00e4ure 5 At. C im Molek\u00fcl enth\u00e4lt, denn Iso-\n1\tSalkowski, Arch. f. d. ges. Physiologie. V. S. 210.\n2\tMaly, Ebenda. YI. S. 201.\n3\tHill, Ber. d. deutsch, chem. Ges. IX. S. 370.","page":461},{"file":"p0462.txt","language":"de","ocr_de":"462 Drechssel, Chemie der Absonderungen und der Gewebe. 1. Cap. Der Harn.\nharns\u00e4ure und Pseudoharns\u00e4ure sind l)islier nur aus Alloxantin, bez. Uramil auf synthetischem Wege erhalten worden. Alle hierhergeh\u00f6rige Verbindungen entstehen ahs der Harns\u00e4ure durch Oxydation und gleichzeitige Aufnahme der Elemente des Wassers, bisweilen fallen die zun\u00e4chst gebildeten Producte gleich einer weitergehenden Zersetzung anheim. Die verschiedenen Oxydationsmittel wirken auf Harns\u00e4ure nicht gleich, sondern in zwei verschiedenen Richtungen ein: entweder entsteht zun\u00e4chst Alloxan und Harnstoff, oder Allan-to\u00efn und Kohlens\u00e4ure, niemals aber sind beide Spaltungen neben einander beobachtet worden.\n1) Reihe des Alloxans.\nCO\u2014NH\nAlloxan: C\\HciNiO\\ \u2014 CO CO (Mesoxalylharnstoff)\nCO\u2014NH\nentsteht aus der Harns\u00e4ure durch Einwirkung verd\u00fcnnter Salpeters\u00e4ure, von chlorsaurem Kali und Salzs\u00e4ure, Chlor, Brom, Braunstein und Schwefels\u00e4ure; seine Bildung erfolgt nach der Gleichung:\nCh H\\ N\\ Os -j- Hi 0 -f- 0 = CaHiN-iO\\ -f- CHiNi 0\nalso unter gleichzeitiger Abspaltung von Harnstoff. Im Harn ist dasselbe noch nicht beobachtet worden, wohl aber einmal von Liebig1 in Schleim von Darmkatarrh gefunden.\nZur Darstellung von Alloxan tr\u00e4gt man Harns\u00e4ure entweder in kleinen Antheilen und unter Abk\u00fchlung in Salpeters\u00e4ure von wenigstens 1.4 spec. Gew. ein, wobei sie sich unter starkem Auf brausen l\u00f6st, bis etwa 1 Th. derselben auf 2 Th. S\u00e4ure verbraucht ist, und l\u00e4sst erkalten, oder man \u00fcbergiesst Harns\u00e4ure mit dem doppelten Gewicht starker Salzs\u00e4ure, und tr\u00e4gt unter stetigem Umriihren und, wenn n\u00f6thig unter Abk\u00fchlung, allm\u00e4hlich etwa 15 des Gewichts der Harns\u00e4ure feingepulvertes chlorsaures Kali ein, welches sich ohne Chlor- oder Kohlens\u00e4ureentwicklung aufl\u00f6sen muss. Bei Anwendung von Salpeters\u00e4ure erstarrt die Fl\u00fcssigkeit zu einem Brei von Alloxan-krystallen, welche man auf einem Ziegelsteine von der Mutterlauge befreit und aus wenig lauem Wasser umkrystallisirt; das nach der zweiten Methode erhaltene Product verd\u00fcnnt man mit dem doppelten Volum Wasser, filtrirt von ungel\u00f6ster Harns\u00e4ure ab und leitet Schwefelwasserstoffgas ein, wodurch ein Gemenge von Alloxantin und Schwefel niederf\u00e4llt. Diesem wird durch kochendes Wasser das Alloxantin ent-\n1 Liebig, Ann. d. Chemie u. Pharm. CXXI. S. bO.","page":462},{"file":"p0463.txt","language":"de","ocr_de":"Alloxan.\n463\nzogen, welches beim Erkalten krystallisirt und durch vorsichtige Oxydation mit Salpeters\u00e4ure in Alloxan verwandelt wird. Synthetisch ist Alloxan von Grim aux ' aus synthetisch dargestellter Barbi-turs\u00e4ure (s. d.) erhalten worden.\nDas Alloxan krystallisirt entweder mit 1 Mol. H-iO in grossen wasserhellen luftbest\u00e4ndigen schiefen rhombischen S\u00e4ulen, oder mit 4 Mol. HiO in grossen wasserhellen, schwerspath\u00e4hnlichen an der Luft stark verwitternden Krystallen. Beim Erhitzen auf 100\u00b0 oder im Vacuum gehen 3 Mol. H-iO weg, das vierte entweicht erst bei 150\u2014160\u00b0, wobei sich die Masse roth f\u00e4rbt. In Wasser und Weingeist ist das Alloxan leicht l\u00f6slich; die w\u00e4ssrige L\u00f6sung f\u00e4rbt die Haut nach einiger Zeit roth und ertheilt ihr einen eigenth\u00fcmlichen unangenehmen Geruch. Durch Schwefelwasserstoff wird es in Alloxantin \u00fcbergef\u00fchrt, wobei sich Schwefel ausscheidet:\n2 C\\ Hi 4 2 0\\ -)\u2014 H-iS = Cs Hi A4 0~ \u2014|\u2014 5\u00bb -f\u2014 HiO.\nAuch Zinnchlor\u00fcr f\u00e4llt sogleich Alloxantin; kocht man aber mit Zinn, Zinnchlor\u00fcr oder Zink und Salzs\u00e4ure, so entsteht Dialurs\u00e4ure:\nCiHiNtOi + Hi = CiHiNiOi.\nMit verd\u00fcnnter Schwefels\u00e4ure gekocht liefert es Kohlens\u00e4ure und Parabans\u00e4ure; letztere beiden entstehen neben Alloxantin auch schon bei l\u00e4ngerem Kochen einer w\u00e4ssrigen Alloxanl\u00f6sung. Mit Eisenoxydulsalzen giebt Alloxan eine tief indigoblaue F\u00e4rbung. Mit Kalk- oder Barytwasser geht Alloxan in Alloxans\u00e4ure:\nCO NH \u25a0 CO \u25a0 NHi\nCi Hi Ni Ob = CO\t(Mesoxalurs\u00e4ure)\nCO OH\nUber, welche sch\u00f6n krystallisirende Salze bildet. Alloxan verbindet sich auch mit sauren schwefligsauren Alkalien. Methylalloxan entsteht aus Methylharns\u00e4ure, und Dimethylalloxan aus Caffein in \u00e4hnlicher Weise wie Alloxan aus Harns\u00e4ure.\nAlloxantin krystallisirt in kleinen schiefen rhombischen S\u00e4ulen, ist in kaltem Wasser sehr schwer l\u00f6slich und giebt mit Barytwasser einen violetten Niederschlag. Es r\u00f6tliet sich an der Luft durch Anziehung von Ammoniak, mit welchem es Murexid bildet.\nCO------NH\n1\t1\nDialurs\u00e4ure: CH OH CO (Tartronylharnstoft) krystallisirt ii\n1\t1\nCO------NH\nI Grimaux, Comptes rendus. LXXXVII. p. 752. u. LXXXVIII. p. 85.","page":463},{"file":"p0464.txt","language":"de","ocr_de":"464 Drechsel, Chemie der Absonderungen und der Gewebe. 1. Cap. Der Harn.\nkleinen Prismen, ist in kaltem Wasser schwer l\u00f6slich lind oxydirt sich im feuchten Zustande an der Luft schnell zu Alloxantin. Mit Alloxan giebt sie sofort Alloxantin. Hire Alkalisalze sind selbst in kochendem Wasser schwer l\u00f6slich.\nUramil: C\\H-oN$0-i =\nCO\u2014\ncu\nV.NHi\nCO\u2014\n-NH\nCO (Amidobarbiturs\u00e4ure) -NH\nentsteht\nbeim Kochen von Alloxantin mit Salmiak : Cs #4 A4 O- -f-A/A CI\u2014 C4//5 A3 Os -L C4II2N2 0\\ + HCl unter Abspaltung von Alloxan, sowie durch Reduction von Nitro- oder Nitrosobarbiturs\u00e4ure mit Jodwasserstoff:\nCO-------NH\tCO--------NH\nC?Tn\tCO +\t6 HJ =\tCvrj\tCO -f\t2 #2 0 + 6 J\nJ iV U-i\t1\tI iV/22 j\nCO-------NH\tCO--------NH\nEs ist in kaltem Wasser nicht, in heissem etwas l\u00f6slich und krystallisirt daraus in seidegl\u00e4nzenden Nadeln. Mit Ammoniak und Quecksilberoxyd erhitzt geht es in Murexid (purpursaures Ammon): Cg/A (AZ/4) A5O\u00e7> \u00fcber, welches granatrothe Prismen mit cantharidengr\u00fcnem Fl\u00e4chenschiller bildet. Dasselbe entsteht auch durch Einwirkung von Ammoniak auf ein Gemenge von Alloxan und Alloxantin (Reaction auf Harns\u00e4ure).\nThionurs\u00e4ure, bez. deren Ammonsalz entsteht aus Alloxan durch Kochen mit schwefligsaurem Ammon ; krystallisirt in sch\u00f6nen Bl\u00e4ttchen : C*Ih{NHi)iNiSO* + HiO.\nCO\tNH\nB a r b i t u r s \u00e4 u r e : C\\ H\\ Ni (h = CH-i 1\tCO (Malonylharnstoff,\n1 CO\tNH\nBaeyer1 2) entsteht aus Alloxantin durch Behandlung mit conc. Schwefels\u00e4ure, oder synthetisch beim Erhitzen gleicher Tlieile Malons\u00e4ure, Harnstoff und Phosphoroxychlorid auf 100\u00b0 (Grimaux-). Sie krystallisirt mit 2 Mol. Wasser in rhombischen Prismen, ist in kaltem Wasser wenig, in heissem leicht l\u00f6slich. Durch kochende Kalilauge wird sie in Malons\u00e4ure und Harnstoff gespalten: 64/A A2 03 -j-2 H2O = CHi{CO \u25a0 OH) 2 -j- CH4N2 0. Durch\nCO-------NH\nI\tI\nrauchende Salpeters\u00e4ure wird sie in Nitrobarbiturs\u00e4ure: CHNO2 C0\nI I\nCO-------NH\n1\tBaeyer, Ann. d. Chemie u. Pharm. CXXX. S. 136.\n2\tGrimaux, Bull. d. 1. soc. chim. d. Paris. XXXI. p. 146.","page":464},{"file":"p0465.txt","language":"de","ocr_de":"Alloxan.\n465\n(Dilitu rs\u00e4ure) \u00fcbergef\u00fchrt, durch salpetrigsaures Kali in Nitroso-\nCO-------NH\nbarbitursaure: CH{NO) CO (Violu rs\u00e4ure), deren Salze sich durch\n|\tI\nCO-----NH\nsch\u00f6n blaue oder rothe F\u00e4rbung auszeichnen. Beide, Nitro- und Nitroso-barbiturs\u00e4ure, vereinigen sich zu einer alloxantin\u00e4hnlichen Verbindung, dem Vio 1 an tin: C% IN X Oo, weichesein k\u00f6rniges, gelblich weisses Pulver bildet. Eine andere alloxantin\u00e4hnliche Verbindung ist wahrscheinlich die Hydurils\u00e4ure: C%H%N\\0\u00a7j welche mit 1 oder 2 Mol. H-i 0 krystallisirt, und aus Alloxan oder Alloxantin durch Kochen mit sehr verd\u00fcnnter Schwefels\u00e4ure entsteht; ihr saures Ammonsalz bildet sich beim Erhitzen von Dialurs\u00e4ure in Glycerin auf 150\u00b0. Durch Brom wird sie in Alloxan und Dibrombarbiturs\u00e4ure zersetzt; sie ist ferner ausgezeichnet durch ihr sch\u00f6n rothes Kupfersalz und die dunkelgr\u00fcne F\u00e4rbung, welche sie mit Eisenchlorid giebt.\nWird Alloxan mit verd\u00fcnnter Salpeters\u00e4ure gekocht, so entweicht Kohlens\u00e4ure und die Fl\u00fcssigkeit enth\u00e4lt Para ban s\u00e4ure (Oxalyl-\nharnstoff):\tCO-\t-XII\tCO\t\t\u2014 XH\nCO\t\\ CO 4- 0 =\t\t\t\\ CO 4- CO-2\n1\t|\t\t\t/\nCO-\t- XII\tCO\t\t\u2014 XII\nDaher entsteht diese S\u00e4ure auch beim Kochen von Harns\u00e4ure mit verd\u00fcnnter Salpeters\u00e4ure; synthetisch wurde sie von Ponomarew1 durch Erhitzen von Oxals\u00e4ure, Harnstoff und Phosphoroxychlorid dargestellt:\tCO OH Xlh CO \u2014 NH\n4- CO =\n/\nCO -f- H> 0.\nCO \u25a0 OH\ty Hl\tCO \u2014 XH\nZur Darstellung tr\u00e4gt man in 3 Th. heisse (70\u00b0) Salpeters\u00e4ure von 1.3 spec. Gew. rasch in kleinen Antheilen 1 Th. Harns\u00e4ure ein, und dampft dann anfangs \u00fcber freiem Feuer, zuletzt auf dem Wasserbade ein. Die Parabans\u00e4ure krystallisirt in breiten Nadeln; sie l\u00f6st sich in 21.2 Th. Wasser von 8\u00b0. Sie bildet Salze, welche aber sehr unbest\u00e4ndig sind und leicht unter Wasseraufnahme in oxalursaure Salze \u00fcbergehen. Das Silbersalz: CzAg-iXi0% + Ih0 ist ein krystallini-scher Niederschlag, der mit Jodmethyl erhitzt, Dimethylpara-\nCO \u2014 X(Clh)\nban s\u00e4ure oder Cholestrophan\nCO liefert, eine in sch\u00f6nen\nCO - X{CHi)\n1 Ponomarew, Bull. d. 1. soc. chim. d. Paris. XVIII. p. 97.\nHandbuch der Physiologie. Bd V.\n30","page":465},{"file":"p0466.txt","language":"de","ocr_de":"466 Drechsel, Chemie der Absonderungen und der Gewebe. 1. Cap. Der Harn.\ngrossen Bl\u00e4ttchen krystallisirende Substanz, welche beim Kochen mit Kalilauge oder Erhitzen mit Salzs\u00e4ure auf *200\u00b0 Kohlens\u00e4ure, Oxals\u00e4ure und Methylamin giebt :\nCO - N{CHz)\n\\\nCO +\n3 HiO\nCO \u2014 N{CHs)\nCO \u2022 OH\n~f- COi -f- 2 N{CHz)H-i CO OH\nund auch durch Oxydation von Caffe\u00efn mit chromsaurem Kali und Schwefels\u00e4ure erhalten wird. Aus Monomethylharns\u00e4ure wird durch Kochen mit Salpeters\u00e4ure Monomethylparabans\u00e4ure erhalten, ebenso aus Theobromin und Chroms\u00e4uremischung.\nOxalurs\u00e4ure: CsH\\N-2 0\\ = HO \u25a0 CO \u2022 CO \u25a0 NH CO \u25a0 NHi entsteht aus Parabans\u00e4ure durch Erw\u00e4rmen mit Alkalien:\nC3H2N2O3 + H2O = GHiNiOi.\nDie freie S\u00e4ure ist ein krystallinisches Pulver, ist in kaltem Wasser sehr schwer l\u00f6slich und zerf\u00e4llt bei l\u00e4ngerem Kochen mit Wasser in Oxals\u00e4ure und Harnstoff. Das Ammonsalz, welches in geringer Menge im menschlichen Harn vorkommt (Schunck1), krystallisirt in feinen Nadeln, welche in kaltem Wasser schwer, in heissem leicht l\u00f6slich sind.\nAll an101 n:\nGHsNtOi =\nI\n2) Reihe des Allanto'\u00efns.\nHN\u2014 C= N \u2022 CO \u2022 NHi\nCO\nh*-c{oh\n(Glyoxyldiure'id)\nentsteht bei Oxydation der Harns\u00e4ure durch Kochen mit Bleisuperoxyd, mit Braunstein, mit Ferridcyankalium in alkalischer L\u00f6sung, mit \u00fcbermangansaurem Kali, sowie durch Behandlung mit Ozon: G Ht Ni Os H- H2O + O \u2014 C4 HqNiOz -H CO2. Es findet sich in der Allanto'isfl\u00fcssigkeit der K\u00fche, im Saugk\u00e4lberharn (W\u00f6hler2 3); bisweilen kommt es auch im normalen Hundeharn (E. Salkowski !i) vor, in dem es sonst nur nach Eingabe von Harns\u00e4ure (Salkowski4 5) oder bei gest\u00f6rter Respiration angetroffen wird (Frerichs, Staedeler0).\nZur Darstellung des Allanto'\u00efns r\u00fchrt man 161 Th. Harns\u00e4ure\n1\tKopp, Jabresber. 1866. S. 749.\n2\tW\u00f6hler, Ann. d. Chemie u. Pharm. LXX. S.^229.\n3\tE. Salkowski, Ber. d. deutsch, ehern. Ges. XI. S. 500.\n4\tDerselbe, Ebenda. IX. S. 719.\n5\tStajedller, Arch. f. Anat. 11. Physiol. 1854. S. 393.","page":466},{"file":"p0467.txt","language":"de","ocr_de":"Allanto\u00efn.\n4G7\nmit Wasser an und tr\u00e4gt allm\u00e4hlich und unter Vermeidung von Erhitzung lOo Th. \u00fcbermangansaures Kali ein; die farblos gewordene Fl\u00fcssigkeit filtrirt man und s\u00e4uert das Filtrat mit Essigs\u00e4ure an. Das Allanto\u00efn krystallisirt in sch\u00f6nen monoklinischen S\u00e4ulen, welche sich in 16o Th. Wasser von 20\u00b0, leichter in Alkohol l\u00f6sen. Durch Behandlung mit Natriumamalgam wird ihm 1 At. 0 entzogen unter Bildung von Glykoluril:\nXH\u2014C= X- CO XIfi\tXH\u2014C\u2014 X\u2022 CO \u25a0 XHi\nCO\n\\\nXII\u2014c\n, II Oll\n-j- Neu = CO\nXH-CHi\n-f- Xai 0\nwelches in Wasser schwerer l\u00f6slich ist als Allanto\u00efn und in kleinen Octaedern oder spiessigen Nadeln krystallisirt. Durch Kochen mit verd\u00fcnnter Salzs\u00e4ure wird es in Harnstoff und Hydanto'in gespalten :\nxii\u2014 c=x co \u25a0 xih\nNH\u2014CO\n( '<>\n-f- Ih 0 = CO\nXH\u2014C Ih\n+ HiXCOXHi,\nXH\u2014C Hi\nund beim Kochen mit Barytwasser ganz \u00e4hnlich in Harnstoff und Hydantoms\u00e4ure.\nHydanto'in und Harnstoff entstehen auch direct aus Allanto\u00efn durch Einwirkung von Jodwasserstoff:\nC\\ Ih X 4 O3 + 2 HJ= C0(1S Hi )\u2022> -f- C3 X 2 Ih Oi -f- Ji.\nMit Salzs\u00e4ure, Salpeters\u00e4ure und anderen S\u00e4uren erhitzt, zerf\u00e4llt Allanto\u00efn in Harnstoff und Allanturs\u00e4ure:\nXII\u2014 C = X \u25a0 CO NH\n/\tI\nCO\t-F Hl0 = HX- CO \u25a0 XHi +\n\\\nNH - CH OH\nNH\u2014 CO\n/\nCO\t(Glyoxylharnstoffj.\nNH\u2014 CH OH\nKochen mit Alkalien bewirkt zun\u00e4chst dieselbe Spaltung, aber der Harnstoff zerf\u00e4llt gleich weiter in Kohlens\u00e4ure und Ammoniak und die Allanturs\u00e4ure in Harnstoff und Glyoxyls\u00e4ure, bez. deren Zer-setzungsproducte Kohlens\u00e4ure + Ammoniak und Oxals\u00e4ure und Glykols\u00e4ure :","page":467},{"file":"p0468.txt","language":"de","ocr_de":"468 Drechsel, Chemie der Absonderungen und der Gewebe. 1. Cap. Der Harn.\nNH\u2014CO\nCO \u2022 OII\nCO\n-j- Hj O = CO(A 7/2)2 -f-\nGlyoxvls\u00e4ure\nNH- CIL OH\tCH{ OH)2\nCO \u25a0 OH CO \u25a0 OH CO \u25a0 OH 2\t=|\t+|\t+ HO\nCH{OH)2 CO OH CH{OH)\nAehnlich verl\u00e4uft die Zersetzung des Allantoms mit Barytwasser, nur tritt anstatt der Glykols\u00e4ure deren Ure\u00efd auf (Baeyer1):\nNH\u2014CN \u2022 CO \u25a0 N Hi\n2 CO\n\\\nNH-CH- OH NH-CO\tCO-OH\n+ 7 Hi 0 =\nCO\n\\\n\u2014(\u2014 3 CO2 ~f~ 6 iVH$\nNH CHOU CO OH\nDas Allantom verbindet sich mit Basen ; durch Quecksilberchlorid wird es nicht gef\u00e4llt, wrohl aber durch salpetersaures Quecksilberoxyd, sodass bei Gegenwart von Allantom im Harn die Lie-Bia\u2019sche Methode der Harnstofftitrirung nicht angewandt werden kann. Mit salpetersaurem Silberoxyd und Ammoniak giebt Allanto\u00efn einen weissen, amorphen, aus Kugeln bestehenden Niederschlag von Allanto\u00efnsilber Ca H AgNa Ch.\nAus den vorstehend beschriebenen Venvandlungen und Zersetzungen der Harns\u00e4ure ergiebt sich zun\u00e4chst als allgemeines Resultat, dass dieselbe durch Oxydation und Aufnahme der Elemente des Wassers schliesslich ganz in Kohlens\u00e4ure, Ammoniak und Oxals\u00e4ure zerlegt werden kann, gleichg\u00fcltig, ob man den \u00fcber Alloxan oder \u00fcber Allanto\u00efn f\u00fchrenden Weg einschl\u00e4gt. Sodann erhellt aus dem Verhalten der intermedi\u00e4ren Producte, dass Kohlens\u00e4ure und Ammoniak erst durch Zersetzung von Harnstoff entstehen, welch letzterer zun\u00e4chst bei manchen Spaltungen auftritt. Diesen Verh\u00e4ltnissen suchen zwei Hypothesen Rechnung zu tragen, eine, \u2019welche alle Abk\u00f6mmlinge der Harns\u00e4ure als Ure\u00efde, d. h. Derivate des Harnstoffs, und eine andere, welche diese K\u00f6rper als Cyamide, d. h. Derivate des Cyanamids: CN. NH auffasst. Die oben mitgetheilten Constitutionsformeln bringen die erste Hypothese zum Ausdruck,\n1 Baeyer, Ann. d. Chemie u. Pharm. CXXX. S. 163.","page":468},{"file":"p0469.txt","language":"de","ocr_de":"Constitution der Harns\u00e4urederivate.\n469\nwelche gr\u00f6ssere Wahrscheinlichkeit hat, als die zweite, folgende Formeln m\u00f6gen dazu dienen, einen Vergleich zwischen beiden Hypothesen zu erm\u00f6glichen:\nAlloxan: Ca Hi V 2 Oa ist Mesoxalylharnstoff :\nCO \u2014 NH\tCO \u2014 NH \u25a0 CN\nI\nCO\tCO oder\tMesoxalcyamins\u00e4ure : CO\nCO \u2014 NH\tCO \u2014 OH.\nDialurs\u00e4ure: CaHaNiOa ist Tartronylharnstoff:\nCO------NH\tCO\t\u2014 NH CN\nI\tI\t1\nCH-Oll CO oder Tartronylcyamins\u00e4ure : CH OH\nII\tI\nCO------NH\tCO\t\u2014OH\nBarbiturs\u00e4ure : Ca Ha Ni O3 ist Malonylharnstoff :\nCO-\u2014 NH\tCO \u2014 NH CN\nI\tI *\nCHi\tCO oder\tMalonylcyamins\u00e4ure :\tCHi\nCO---NH\tCO \u2014\tOH\nu. s. w.\nDie meisten Umwandlungen dieser Verbindungen werden durch beide Hypothesen in gleich befriedigender Weise interpretirt, so z. B. die Bildung der Alloxans\u00e4ure aus Alloxan, welche sich als Mesoxalyluramins\u00e4ure darstellt :\nCO\t\u2014 NH 1\tCO\tNH\nCO\t1 Co + Hi 0 = 1\tCO\tj CO\u2014NH-i oder\nCO\t1 - NH\tCO \u2022 OH\t\nCo\t\u2014 NH CN\tCO\tNH\n1 CO 1\t+ HiO\t= CO 1\tj CO \u2014 Nlh\nCO\tOH\tCO \u2022\tOH\nDagegen kann die Parabans\u00e4ure keine Cyamins\u00e4ure sein, da die Dimethylparabans\u00e4ure bei der Zersetzung durch Alkalien in Oxals\u00e4ure, Kohlens\u00e4ure und Monomethylamin zerf\u00e4llt, w\u00e4hrend eine Cyamins\u00e4ure von derselben Zusammensetzung Oxals\u00e4ure, Kohlens\u00e4ure, Methylamin, Ammoniak und Methylalkohol geben m\u00fcsste:","page":469},{"file":"p0470.txt","language":"de","ocr_de":"470 Drechsel, Chemie der Absonderungen und der Gewebe. 1, Cap. Der Harn.\nCO \u2014 NH CO \u2014 X Clh\tCi > \u25a0 OH\nI\t\\\n\t\\\t\nCO 1\tCo + 3 IhO = /\t+CO-1+\u00cfSlh \u25a0 Clh\nI I\nCO - NH CO \u2014 X - Clh\tCO \u25a0 011\nParabans\u00e4ure,\nOsalylharnstoft Dimethylparabans\u00e4ure\nCO \u2014 XH- CX\nI\nCO \u25a0 OH\nParabans\u00e4ure,\nOxalcyamins\u00e4ure\nCO \u2014 N(Clh)CN\nI\t+ 44/20 =\nCO - 0 \u25a0 Clh\nMethyloialcyamius\u00e4ure-\nmetbyl\u00e4ther\nCO- OH\n~f* C O2 -f- A 11-2 \u2022 Clh -j- A lh -(\u2014 Clh . (Hl\nCO Oll\nFerner steht der Annahme, dass die Abk\u00f6mmlinge der Harns\u00e4ure substitutirte Cyanamide seien, die Thatsache entgegen, dass alle bis jetzt bekannt gewordenen S\u00e4urecyamide und Cyamins\u00e4uren sich mit Wasser leicht unter Abspaltung von Cyanamid zersetzen, welches letztere aus den oben beschriebenen Verbindungen noch nicht erhalten worden ist. Demnach ist die Hypothese, die Abk\u00f6mmlinge der Harns\u00e4ure seien Ure'ide, nach dem jetzigen Stande unserer Kenntnisse die den Thatsachen am besten entsprechende. Ob auch die Harns\u00e4ure selbst ein Ure'id ist, l\u00e4sst sich mit v\u00f6lliger Sicherheit noch nicht entscheiden, doch fehlt es nicht an Constitutions- oder Strukturformeln, welche f\u00fcr dieselbe vorgeschlagen worden sind. Die vier wichtigsten sind:\nCO-----NH- CN\na//ji\\4 03: CH.QH Harnsaure ^\t5\nCO-----NH- CN\nCO-----'\nCH -Oll > CO-----.\nA2lh(CN)i ;\nTartronyldicyamid\nHN\u2014 CO\nI I\nCO C \u2014 NH\nI\tX\t5\nCO\n!\t/\nHN \u2014 C\u2014 NH\nTartronyldicyandiamid\n11N \u2014 C----Nil\n\\\nCO.\n/\nNH\nFormel von Medicus\nFormel von Fittig\nDie bekannten Spaltungen der Harns\u00e4ure werden am einfachsten durch die Formel von Medicus erkl\u00e4rt, namentlich die Bildung von Glycocoll aus Harns\u00e4ure und die neuerlich bewirkte Synthese derselben aus Glycocoll und nascirender Cyans\u00e4ure. Diese Formel ent-","page":470},{"file":"p0471.txt","language":"de","ocr_de":"Xanthin, Hypoxanthin und Guanin.\n471\nh\u00e4lt in der That die Elemente von 3 Mol. Cyans\u00e4ure CA OH, verbunden mit der Atomgruppe C\u2014C\u2014A\u00fcZ, welche aus dem Glyco-coll durch Austritt von 2 Mol. Wasser entstehen muss:\nC {y#, \u2022COOH=-C (NH) = C = -\\- \u00efH-iO.\nWie die Bildung der Harns\u00e4ure innerhalb des Organismus erfolgt, ist vorl\u00e4ufig noch ganz unbekannt; nur soviel k\u00f6nnen wir mit Bestimmtheit behaupten, dass auch sie, gerade wie der Harnstoff, nicht ein directes Spaltungsproduct der Eiweissk\u00f6rper, sondern das Product einer Synthese ist, denn, wie v. Knieriem1 fand, gehen im Organismus der H\u00fchner Glycocoll, Leucin, Asparagin und Asparagins\u00e4ure in Harns\u00e4ure \u00fcber, und ebenso kohlensaures Ammon nach W. v. Schr\u00f6der2. Die Bildungsst\u00e4tte der Harns\u00e4ure ist, wie aus denVersuchen von Zaleski, W. v. Schr\u00f6der 3, Colasanti 4 hervorgeht, nicht in den Nieren zu suchen, sondern in den Geweben \u00fcberhaupt. Schliesslich mag noch angedeutet werden, dass die Harns\u00e4ure vielleicht nicht als solche unmittelbar im Harn etc. enthalten ist, wof\u00fcr namentlich der Umstand zu sprechen scheint, dass sie aus diesem viel langsamer auf S\u00e4urezusatz sich ausscheidet, als aus ihren L\u00f6sungen in Alkalien. Vielleicht hat die urspr\u00fcnglich im Harn vorhandene Substanz die Zusammensetzung und das Molekulargewicht, welche wir der Harns\u00e4ure jetzt zuschreiben, aber indem sie sich ausscheidet, findet Polymerisation statt und die uns bekannte Harns\u00e4ure w\u00e4re dann ein Polymeres der im Harn vorhandenen. Jedenfalls stimmt die Harns\u00e4ure in ihrem ganzen Habitus und ihren L\u00f6slichkeitsverh\u00e4ltnissen mehr mit gewissen Polymeren der Cyanverbindungen (Cyanurs\u00e4ure, Melamin etc.), als mit den entsprechenden einfachen Verbindungen \u00fcberein.\nG) Xanthin, Hypoxanthin und Guanin.\nIn nahen Beziehungen zur Harns\u00e4ure stehen drei andere K\u00f6rper, das Xanthin, Hypoxanthin und Guanin, von denen wenigstens der erste ein constanter Bestandteil des normalen menschlichen Harns zu sein scheint. Wie nachstehende Formeln zeigen, ist die Zusammensetzung dieser K\u00f6rper derjenigen der Harns\u00e4ure sehr \u00e4hnlich:\nHarns\u00e4ure : Cb H\\ Ah O3 Xanthin : Cb H\\ Ah 02 Hypoxanthin : Cb H\\ Ah 0 Guanin : Cb H5 Ah 0 ;\nihnen schliessen sich unmittelbar an:\n1\tv. Knieriem, Ztschr. f. Biologie. Xffl. S. 36.\n2\tW. v. Schr\u00f6der, Ztschr. f. physiol. Chemie. II. S. 228.\n3\tDerselbe. Arch. f. (Anat. u.) Physiol. 1880. Suppl. S. 113.\n4\tColasanti, Moleschott\u2019s Unters, z. Naturl. XIII. S. 75.","page":471},{"file":"p0472.txt","language":"de","ocr_de":"472 Drechsel, Chemie der Absonderungen und der Gewebe. 1. Cap. Der Harn.\nCarnin : Ci Hs Ah (h (Derivat des Hypoxanthins)\nTheobromin : C-ILN\\Oi = Dimethylxanthin Cf>Ih{CHz)iN\\Ch Caffe\u00efn : CsH\\ oAh O-i = Trimethylxanthin Cb II{Clh)iN\\ O2.\nDas Xanthin findet sich im normalen menschlichen Harn in sehr geringer Menge ; aus 300 1 wurde 1 g gewonnen (Neubauer '), nach dem Gebrauche von Schwefelb\u00e4dern soll es etwas vermehrt sein (D\u00fcrr und Strome'yer % Sehr selten bildet es Sedimente im Harn, oder Harnsteine, welche letztem beim Reiben Wachsglanz annehmen. Mit Hypoxanthin zusammen wurde es von Scherer in vielen Dr\u00fcsen (Milz, Pankreas, Thymus, Leber), sowie im Hirn und im Muskelfleische in geringer Menge gefunden.\nDie Darstellung des Xanthins aus Harn ist sehr umst\u00e4ndlich1 2 3; zweckm\u00e4ssiger geht man dabei vom Guanin aus, welches nach Strecker bei der Behandlung mit rother rauchender Salpeters\u00e4ure theilweise in Xanthin \u00fcbergef\u00fchrt wird. Nach E. Fischer4 erfolgt diese Umwandlung nahezu quantitativ, wenn man 10 g Guanin in 20 g conc. Schwefels\u00e4ure und 150 g Wasser kochend l\u00f6st und nach Abk\u00fchlung auf 70 \u2014 80 0 allm\u00e4hlich eine w\u00e4ssrige L\u00f6sung von 8 s k\u00e4uflichem salpetrigsaurem Natron unter starkem Umsch\u00fctteln zusetzt. Sobald der Geruch nach salpetriger S\u00e4ure beim Umsch\u00fctteln nicht mehr verschwindet, l\u00e4sst man erkalten, und filtrirt nach 1\u20142 Stunden das Xanthin, welches sich schon w\u00e4hrend der Operation gr\u00f6ss-tentheils als krystallinischer Niederschlag absetzt, ab.\nDas reine Xanthin bildet ein weisses, kreide\u00e4hnliches Pulver oder harte weisse St\u00fccke, welche beim Reiben Wachsglanz annehmen ; in kaltem Wasser ist es sehr schwer l\u00f6slich (1 : 14,000), in kochendem etwas mehr (1 : 1156), in Alkohol ist es unl\u00f6slich. In Kalioder Natronlauge ist es sehr leicht l\u00f6slich, auch in Ammoniak, so-dass es aus der kalischen L\u00f6sung durch Salmiak nicht ausgeschieden wird (Harns\u00e4ure wird gef\u00e4llt); auch in conc. Schwefels\u00e4ure l\u00f6st es sich und wird durch Wasserzusatz nicht wieder gef\u00e4llt. Wird es in m\u00e4ssig starker Salpeters\u00e4ure gel\u00f6st und die L\u00f6sung bei gelinder W\u00e4rme verdampft, so hinterbleibt ein farbloser R\u00fcckstand, der bei vorsichtigem Erhitzen sch\u00f6n citronengelb wird und sich dann in Kalilauge mit rother Farbe l\u00f6st. Mischt man in einem Uhrglase etwas Natronlauge mit Chlorkalkl\u00f6sung und bringt ein K\u00f6rnchen Xanthin hinein, so bildet sich ein dunkelgr\u00fcner, bald braun werdender Ring um dasselbe. Mit Salzs\u00e4ure und chlorsaurem Kali auf 50\u00b0\u201460\u00b0 erw\u00e4rmt\n1\tNeubauer, Ztschr. f. analyt. Chemie VIL S. 225.\n2\tD\u00fcrr u. Stromeyer, Ann. d. Chemie u. Pharm. CXXXIV. S. 45.\n3\tNeubauer u. Vogel, Harnanalyse. 7. Aull. S. 26, 8. Aufi. (Huppert) 8. 28.\n4\tE. Fischer, Ann. d. Chemie u. Pharm. CCXV. S. 309.","page":472},{"file":"p0473.txt","language":"de","ocr_de":"Xanthin. Hypoxanthin und Guanin.\n473\ngiebt Xanthin Harnstoff und Alloxan (E. Fischer1). Die w\u00e4ssrige L\u00f6sung des Xanthins wird selbst bei grosser Verd\u00fcnnung (1 : 30,000) durch Quecksilberchlorid gef\u00e4llt. Die ammoniakalische L\u00f6sung giebt mit salpetersaurem Silberoxyd einen gelatin\u00f6sen, in Ammoniak unl\u00f6slichen Niederschlag von Xanthinsilber, der sich beim Kochen in verd\u00fcnnter Salpeters\u00e4ure aufl\u00f6st und bei l\u00e4ngerem Stehen dann als salpetersaures Xanthinsilberoxyd undeutlich krystallinisch ausf\u00e4llt. Eine schwach alkalische Xanthinl\u00f6sung giebt beim Kochen mit essigsaurem Kupferoxyd einen hellgr\u00fcnen Niederschlag. Das Xanthin verbindet sich auch mit starken S\u00e4uren zu Salzen, die aber schon durch Wasser zersetzt werden.\nDas Hypoxanthin (Sarkin) ist mit Sicherheit noch nicht im normalen Harn nachgewiesen worden; E. Salkowski'2 fand aber im leuk\u00e4mischen Harn, und dann auch im normalen einen dem Hypoxanthin \u00e4usserst \u00e4hnlichen K\u00f6rper, der sp\u00e4ter auch von H. Salomon 3 beobachtet wurde. Interessant ist die Beobachtung von Kossel4, dass Nucle\u00efn beim Kochen mit Wasser ansehnliche Mengen (1\u20142\u00b0/o) Hypoxanthin liefert. F einer entsteht dasselbe nach Weidel 5 aus Carnin durch Behandlung mit Brom: C-H* A46b + 2 Br = 65HxNiO \u25a0 RBr\n-f- C(h CFhBr. Nach Strecker und Rheineck0 wird Harns\u00e4ure in alkalischer L\u00f6sung durch sehr natriumarmes Natriumamalgan zu Xanthin und Hypoxanthin umgewandelt. Rochleder und Hlasi-wetz 1 konnten dagegen keine solche Umwandlung bemerken.\nZur Darstellung des Hypoxanthins wird Fleischextract mit nicht \u00fcbersch\u00fcssigem Bleiessig gef\u00e4llt, das Filtrat mit Schwefelwasserstoff entbleit, das Filtrat eingedampft, und mit ammoniakalischer Silberl\u00f6sung gef\u00e4llt. Der Niederschlag wird in kochender verd\u00fcnnter Salpeters\u00e4ure (sp. Cf. 1,1) gel\u00f6st, filtrirt und erkalten gelassen; salpetersaures Hypoxanthinsilberoxyd krystallisirt in sch\u00f6nen N\u00e4delchen aus.\nDurch Behandlung mit Ammoniak wird ihm die Salpeters\u00e4ure entzogen, worauf es durch Schwefelwasserstoff zersetzt wird.\nDas Hypoxanthin bildet farblose mikroskopische Kryst\u00e4llcken ; es l\u00f6st sich in 300 Th. kaltem, und 80 Th. kochendem Wasser, in 000 Th. kochendem Alkohol. In Alkalien, Ammoniak und S\u00e4uren l\u00f6st es sich leicht. Es giebt mit rauchender Salpeters\u00e4ure auf dem Wasserbade eingedampft einen gelben R\u00fcckstand, der sich in Kali-\n1\tE. Fischer, Ann d. Chemie u. Pharm. CCXV. S. 310.\n2\tE. Salkowski, Virchow\u2019s Arch. L. S. 100.\n3\tH. Salomon, Arch. f. (Anat. u.) Physiol. 1S70. S. 764.\n4\tKossel, Ztschr. f. physiol. Chemie. V. S. 152.\n5\tV eidel, Ann. d. Chemie u. Pharm. CLVIII. S. 362.\n6\tStrecker u. Rheineck, Ebenda. CXXXI. S. 121.\n7\tRochleder u. Hlasiwetz, Journ. f. pract. Chemie. XCIII. S. 06.","page":473},{"file":"p0474.txt","language":"de","ocr_de":"474 Drechsel, Chemie der Absonderungen und der Gewebe. 1. Cap. Der Harn.\nlauge mit braungelber Farbe l\u00f6st; mit Kali bei 200\u00b0 geschmolzen, giebt es viel Cyankalium (Kossel 1). Mit essigsaurem Kupferoxyd gekocht giebt es einen graubraunen Niederschlag. Aus seinen L\u00f6sungen wird das Hypoxanthin ebenso wie Xanthin selbst bei grosser Verd\u00fcnnung durch Phosphormolybd\u00e4n- und Phosphorwolframs\u00e4ure gef\u00e4llt. Es verbindet sich mit Basen, S\u00e4uren und Salzen.\nDas Guanin tindet sich nicht im menschlisch en Harn, wohl aber im Harn der Kreuzspinne und im Guano. In den Excrementen von H\u00fchnern und G\u00e4nsen konnte es nicht aufgefunden werden, wohl aber in denen des grauen Fischreihers'2 (Ardea cinerea), doch ist es noch zweifelhaft, ob es darin als wirkliches Stoffwechselproduct enthalten ist, oder von Fischschuppen stammt, in denen sich Guaninkalk tindet (Voit). Von Virchow wurde es als Bestandtheil krystalli-nischer Concretionen in der Knorpelsubstanz der Ligamente am Kniegelenk gichtkranker Schweine gefunden. Nach Sch\u00fctzenberger bildet sich Guanin neben Xanthin, Hypoxanthin, Carnin etc., beim Faulen von Hefe mit Wasser bei 35\u00b0.\nZur Darstellung wird Guano mit d\u00fcnner Kalkmilch ausgekocht, das Filtrat mit Salzs\u00e4ure genau neutralisirt, und aus dem Niederschlage von Harns\u00e4ure und Guanin letzteres durch Salzs\u00e4ure ausgezogen. Aus dieser L\u00f6sung wird durch Ammoniak das Guanin ausgef\u00e4llt.\nDas Guanin bildet ein weisses kreide\u00e4hnliches Pulver oder harte weisse St\u00fccke; im Gegensatz zu Xanthin und Hypoxanthin ist es selbst in conc. Ammoniak nur schwer l\u00f6slich und scheidet sich aus dieser L\u00f6sung beim Verdunsten des Ammoniaks in mikroskopischen Kryst\u00e4llchen aus (Drechsel4). In S\u00e4uren und Alkalien l\u00f6st es sich leicht; erstere L\u00f6sungen geben mit doppelt chromsaurem Kali, Ferrid-cyankalium und Pikrins\u00e4ure unl\u00f6sliche krystallinische Niederschl\u00e4ge (Capranica4, Unterschied von Xanthin und Hypoxanthin). Beim Abdampfen mit Salpeters\u00e4ure verh\u00e4lt es sich wie Xanthin. Durch salpetrige S\u00e4ure wird es in letzteres \u00fcbergef\u00fchrt:\nCo IM AII) A 4 O -p A O OH = Cb H\\ ON\\ O -j- A i -j- Hi O.\nMit Salpeters\u00e4ure und chlorsaurem Kali erw\u00e4rmt giebt es Guanidin und Parabans\u00e4ure:\nCb Hb Nb 0 -f- Os -f- IIi 0 = CHbNs -f- Cs Hi Ni Os -j- COi.\nDie Salze des Guanins krystallisiren gut; eine Verbindung mit salpetersaurem Silberoxyd krystallisirt in feinen Nadeln und ist in kalter Salpeters\u00e4ure fast v\u00f6llig unl\u00f6slich.\n1\tKossel, Ztschr. f. physiol. Chemie. VI. S. 422.\n2\tIIebter, Hoppe-Seyler, Med.-chem. Unters. S. 584.\n3\tDrechsel, Journ. f. pract. Chemie. (2) XXIV. S. 44.\n4\tCapranica, Ztschr. i'. physiol. Chemie. IV. S. 233.","page":474},{"file":"p0475.txt","language":"de","ocr_de":"Xanthin, Hypoxanthin und Guanin.\n475\nUeber Bildung und Constitution des Xanthins, Hypoxanthins und Guanins ist ebenso wenig etwas Sicheres bekannt, wie \u00fcber die der Harns\u00e4ure; nimmt man f\u00fcr letztere die Formel von Medicus an, so lassen sich f\u00fcr die genannten drei K\u00f6rper etwa folgende aufstellen:\nHN---CO\nI I\nCO C\u2014XII\nIIX---CU\nI II\nCO C\u2014XII\nIIX\tCII\nCO\tC\u2014XII\nIIX--Cll\nCO C\u2014XII\nCO\nHX\u2014C\u2014XII\nHarns\u00e4ure\nCO\nIIX-----c=x\nXanthin\u2019\nC\u2022 XII\nIIX\n\u25a0C\u2014X\nGuanin\u2019\nc\nHN------G=AT\nHypoxanthin\noder auch f\u00fcr die beiden letzten K\u00f6rper:\nIIX----CII\nHX- C\nIL\\\nC\u2014 XII\nund\nIIX--CIL\nC C\u2014XII\nCo\n/\nIIX--C= X\nW\u00e4hrend, wie oben n\u00e4her er\u00f6rtert, die Bildung der Harns\u00e4ure vermuthlich auf synthetischem Wege erfolgt, liegt f\u00fcr Xanthin, Hypoxanthin und Guanin die M\u00f6glichkeit einer anderen Bildungsweise vor'-. Wie Kossel1 2 3 4 gezeigt hat, liefert das Nuclein, welches in thierisehen und pflanzlichen Zellkernen enthalten ist, bei seiner Zersetzung ziemlich reichliche Mengen von Xanthink\u00f6rpern, und es liegt daher nahe, eine derartige Spaltung auch innerhalb des Organismus anzunehmen, worauf die Xanthink\u00f6rper in den Harn \u00fcbergehen. Ob die gesammte Menge desselben auf diese Weise ausgeschieden wird, ist zweifelhaft, da nach Salomon das Hypoxanthin im leuk\u00e4mischen Blute ziemlich rasch verschwindet. Die Befunde von Salomon und Chittenden, welche Hypoxanthin aus Eiweissk\u00f6rpern erhielten, sind jedenfalls durch einen Gehalt ihres Materials an Nuclein herbeigef\u00fchrt worden.\nAnhang. Paraxanthin: CibHnN$Oi (?).\nNeuerdings ist von G. Salomon 1 aus einer gr\u00f6sseren Menge menschlichen Harns (1200 1) eine Substanz in geringe]- Menge isolirt worden\n1\tE. Fischer, a. a. 0.\n2\tVgl. Salkowski, Die Lehre vom Harn. S. 106.\n3\tKossel, Ztschr. f. physiol. Chemie. V. S. 152 u. 267, VII. S. 7.\n4\tG. Salomon, Ber. d. deutsch, ehern. Ges. XVI. S. 195.","page":475},{"file":"p0476.txt","language":"de","ocr_de":"476 Drechsel. Chemie der Absonderungen und der Gewebe. 1. Cap. Der Harn.\n(ca. 1 g), welche zu den Xanthink\u00f6rpern in naher Beziehung steht und vom Entdecker Paraxanthin genannt wird. Die Abscheidung wurde durch ammoniakalische Silberl\u00f6sung bewirkt; aus dem Filtrat vom salpetersauren Hypoxanthinsilberoxyd wurde durch Ammoniak Xanthin- und Paraxanthinsilberoxyd gef\u00e4llt, der Niederschlag durch Schwefelwasserstoff zersetzt, das Filtrat mit Ammoniak versetzt, filtrirt, die L\u00f6sung eingedampft, bis sich Xanthin ausschied, abfiltrirt und das Filtrat verdunsten gelassen. Das Paraxanthin krystallisirt in farblosen, glasgl\u00e4nzenden, meist 6 seiti-gen, monosymmetrischen Tafeln, oder auch langen Nadeln; es ist wasserfrei, schmilzt erst \u00fcber 250 \u00b0 unzersetzt, h\u00f6her erhitzt giebt es Isonitrii-geruch, schw\u00e4rzt sich und verbrennt. In kaltem Wasser ist es schwer, aber leichter als Xanthin l\u00f6slich ; viel leichter in heissem Wasser, nicht in Alkohol oder Aether. Salpetersaure und ammoniakalische L\u00f6sungen werden durch Silbernitrat flockig oder gelatin\u00f6s gef\u00e4llt; aus heisser Salpeters\u00e4ure krystallisirt salpetersaures Paraxanthinsilberoxyd in weissen seidegl\u00e4nzenden B\u00fcscheln. Aus der salzsauren L\u00f6sung wird es durch Pikrins\u00e4ure krystallinisch gef\u00e4llt ; auch durch Phosphorwolframs\u00e4ure, essigsaures Kupferoxyd, Bleiessig und Ammoniak, nicht aber durch Sublimat oder salpetersaures Quecksilberoxyd. Charakteristisch f\u00fcr das Paraxanthin ist sein Verhalten gegen Kali- oder Natronlauge, durch welche es aus seinen concentrirten w\u00e4ssrigen L\u00f6sungen krystallinisch gef\u00e4llt wird ; die Niederschl\u00e4ge sind in mehr Wasser, besonders beim Erw\u00e4rmen l\u00f6slich und scheiden sich beim Erkalten wieder in Krystallen aus. Beim Eindampfen mit Salpeters\u00e4ure und nachherigem Zusatz von Natronlauge giebt es nur schwache Gelbf\u00e4rbung (wie Hypoxanthin) ; mit Chlorwasser und einer Spur Salpeters\u00e4ure verdampft und dann in eine Ammoniakatmosph\u00e4re gebracht f\u00e4rbt es sich sch\u00f6n rosenroth (wie Xanthin).\nD) Kreatinin C4//7 V3 0.\nDas Kreatinin:\nNH--------------\n/\nC\u2014 N{Clh) \u2022 G Hi \u2022 CO (Methylglykolylguanid)\n\\\nNH\nist ein constanter Bestandteil des normalen Harns von Menschen, Hunden, Kindern und Pferden; im Fleisch scheint es dagegen nicht vorzukommen. Es entsteht beim Abdampfen einer mit Salzs\u00e4ure oder Schwefels\u00e4ure versetzten L\u00f6sung von Kreatin (Methylguanido-essigs\u00e4ure) ; aus Harn kann es dargestellt werden durch Abdampfen des Filtrats nach Entfernung der Phosphors\u00e4ure, Ausziehen des r\u00fcckst\u00e4ndigen Syrups mit Alkohol und F\u00e4llen mit alkoholischer neutraler Chlorzinkl\u00f6sung, wobei sich allm\u00e4hlich Kreatininchlorzink krystallinisch abscheidet. Dieses wird durch Kochen mit Bleioxydhydrat zersetzt, das Filtrat verdunstet und der R\u00fcckstand, in welchem immer","page":476},{"file":"p0477.txt","language":"de","ocr_de":"Kreatinin.\n477\ndurch die Einwirkung des Bleioxyds entstandenes Kreatin enthalten ist, mit kaltem Alkohol ausgezogen, wobei das Kreatinin in L\u00f6sung geht.\nDas Kreatinin bildet farblose S\u00e4ulen, welche sich in 11.5 Th. Wasser von 16\u00b0, viel leichter in heissem l\u00f6sen; von absolutem Alkohol bedarf es 102 Th. bei 16\u00b0 zur L\u00f6sung. Beim Stehen mit Alkalien nimmt es Wasser auf und verwandelt sich in Kreatin. Mit Barytwasser auf 100\u00b0 erhitzt zerf\u00e4llt es in Ammoniak und Methyl-livdanto\u00efn :\nN-CTh -\t- Clh\tA \u2022 Clh \u2014 f\tm\n/\t|\t/\t\nC NH X\tCO -p ThO \u2014\tNIh -f CO \\\t\nNH\t\tNH\tCO\t\nMit Quecksilberoxyd oder mit \u00fcbermangansaurem Kali gekocht giebt es Oxals\u00e4ure und Methylguanidin (Methyluramin):\nN \u2022 Clh \u2014 CHi\tNH- Clh\tCO - OTT\n/ ! /\nC \u2014 NH-------CO + HiO 4- 2 O = C\u2014 NIh +\n\\ \\\nNIT\tNH\tCO \u25a0 OH\nDurch Phosphormolybd\u00e4ns\u00e4ure (Kerner1) oder Phosphorwolframs\u00e4ure (F. Hofmeister2) wird das Kreatinin aus stark saurer L\u00f6sung noch bei sehr grosser Verd\u00fcnnung (1:12000) nach l\u00e4ngerem Stehen gef\u00e4llt, aus concentrirter sofort. L\u00f6st man Kreatinin in Sodal\u00f6sung, setzt etwas Seignettesalz und Kupfervitriol zu und erw\u00e4rmt auf 50\u201460\u00b0, so scheiden sich weisse Flocken von Kreatininkupferoxydul ab3. Versetzt man eine Kreatininl\u00f6sung mit etwas Nitroprussidnatrium und verd\u00fcnnter Natronlauge, so entsteht eine sch\u00f6n rothe F\u00e4rbung, welche nach einiger Zeit verschwindet (Weyl4); s\u00e4uert man die gelb gewordene Fl\u00fcssigkeit mit Essigs\u00e4ure an und erhitzt, so wird sie gr\u00fcnlich und hierauf blau (E. Salkowski5).\nDas Kreatinin ist eine starke Base, doch reagirt seine w\u00e4ssrige L\u00f6sung nur schwach alkalisch (E. Salkowski6). Seine Verbindung mit Salzs\u00e4ure krystallisirt in sch\u00f6nen Prismen, die in Wasser sehr leicht l\u00f6slich sind. Aus w\u00e4ssriger oder essigsaurer L\u00f6sung wird Kreatinin durch eine neutrale Chlorzinkl\u00f6sung gef\u00e4llt; der krystal-\n1\tKerner. Arch. f. d. ges. Physiol. II. S. 226.\n2\tF. Hofmeister, Ztschr. f. physiol. Chemie. Y. S. 72.\n3\ts. bes. Maschke, Ztschr. f. analyt. Chemie. XVII. S. 134; Worm M\u00fcller, Arch. f. d. ges. Physiol. XXVII. S. 59.\n4\tWeyl, Eer. d. deutsch, ehern. Ges. XI. S. 2175.\n5\tE. Salkowski, Ztschr. f. physiol. Chemie. IY. S. 133.\n6\tDerselbe, a. a. O.","page":477},{"file":"p0478.txt","language":"de","ocr_de":"47 8 Drechsel, Chemie der Absonderungen und der Gewebe. 1. Cap. Der Harn.\nlinische Niederschlag ist Kreatinincklorzink: 2 C\\ Ih A3 0 -f- Zn Ch. Dasselbe braucht 53.8 Th. Wasser von 15\u00b0 zur L\u00f6sung, und 9217 Th. 90% Alkohol bei 15 \u2014 20\u00b0; in Salzs\u00e4ure ist es sehr leicht l\u00f6slich und wird durch essigsaures Natron wieder gef\u00e4llt.\nDie Menge des t\u00e4glich ausgeschiedenen Kreatinins betr\u00e4gt beim Menschen ca. 1.12 g (Neubauer1), beim Hunde bei magerer Kost ca. 0.5 g, nach starker Fleischf\u00fctterung aber 4.9 g (Voit2). Ein grosser Theil desselben stammt wenigstens beim Fleischfresser aus dein Fleische der genossenen Nahrung, ein anderer Theil aber aus dem zersetzten K\u00f6rpereiweiss, wie sich aus dem Umstande er-giebt, dass in den Pflanzen weder Kreatin noch Kreatinin vorkommt. Durch starke k\u00f6rperliche Arbeit wird die Ausscheidung des Kreatinins nicht gesteigert, wohl aber durch Kreatin- und Kreatinineinfuhr, w\u00e4hrend die Harnstoffausscheidung nicht dadurch ber\u00fchrt wird.\nE) Rhodan Wasserstoff CiSSH.\nRhodanverbindungen finden sich in kleiner Menge im normalen Harn des Menschen und vieler Thiere (Hund, Pferd, Rind), ebenso im Speichel. Sie entstehen leicht durch Addition von Schwefel zu Cyanmetallen ; so beim Kochen oder Schmelzen von Cyankalium mit Schwefel oder Alkalipolysulfureten; aus Schwefelkohlenstoff durch Einwirkung von Ammoniak oder Natriumamid.\nDie freie Rhodanwasserstoffs\u00e4ure ist eine farblose in starker K\u00e4lte erstarrende Fl\u00fcssigkeit von stechendem Geruch (nach Essigs\u00e4ure). Wasserfrei zersetzt sie sich bald in Blaus\u00e4ure und Persulfo-cyans\u00e4ure; in w\u00e4ssriger L\u00f6sung ist sie viel best\u00e4ndiger. Wird letztere gekocht, so geht ein Theil der S\u00e4ure unzersetzt \u00fcber, ein anderer zerf\u00e4llt in Kohlens\u00e4ure, Ammoniak und Schwefelkohlenstoff: 2 CNSH + 2 HiO = CO-2 -f- CS-i + 2 NHh\nein anderer in Kohlenoxysulfid und Ammoniak, von denen ersteres mit Wasser auch noch Kohlens\u00e4ure und Schwefelwasserstoff giebt:\nCNSH-U Ho 0 = COS -t- NHz ; COS + \u00c4 0 = C02 + HiS. Concentrirtere L\u00f6sungen liefern auch Blaus\u00e4ure und Persulfocyan-s\u00e4ure beim Erhitzen:\n3 CNSII = CNH+ CMS3H2,\nvon denen erstere im Destillate leicht nachgewiesen werden kann. Die empfindlichste Reaction auf Rhodanwasserstoffs\u00e4ure ist die rothe F\u00e4rbung, welche sie mit Eisenchlorid giebt; dieselbe wird durch Salz-\nt Neubauer, Ann. d. Chemie 11. Pharm. CXIX. S. 39.\n2 Voit, Will, Jahresber. 1867. S. 792.","page":478},{"file":"p0479.txt","language":"de","ocr_de":"Rhodanwasserstoff. Oxals\u00e4ure.\n479\ns\u00e4ure nicht zerst\u00f6rt (Unterschied von Essigs\u00e4ure und Ameisens\u00e4ure). Durch Silbersalze entsteht ein weisser, in Wasser und Salpeters\u00e4ure unl\u00f6slicher Niederschlag von Rhodansilber: CKSAc/j in Ammoniak ist es l\u00f6slich. Rhodanblei bildet gelbe, in Wasser unl\u00f6sliche Kry-stalle. Rhodankalium GA' SK krystallisirt in spiessigen Krystallen, es ist in Wasser unter starker Temperaturerniedrigung \u00e4usserst leicht l\u00f6slich.\nDie Menge des Rhodanwasserstoffs betr\u00e4gt nach Gscheidlen 1 (auf GAS Au berechnet) 0,0314 g im Liter Menschenharn ; Munk2 bestimmte denselben zu 0,11 g CNSK im Liter. Die Bildung desselben erfolgt aut unbekannte Weise in den Speicheldr\u00fcsen, und aus dem verschluckten Speichel geht er in den Harn \u00fcber.\nF) Oxals\u00e4ure CiO\\Ui.\nDie Oxals\u00e4ure findet sich nur in sehr geringer Menge im normalen Harn. Sie entsteht bei der Oxydation sehr vieler organischer K\u00f6rper als Endproduct, z. B. von Zucker, Cellulose ; aus Kohlens\u00e4ure durch Einwirkung von metallischem Kalium oder Natrium (Drech-sel 3). Im Grossen wird sie durch Schmelzen von S\u00e4gesp\u00e4hnen mit einem Gemenge von Kali- und Natronhydrat gewonnen (Natronhydrat allein giebt eine viel geringere Ausbeute).\nCO-OH\nDie Oxals\u00e4ure |\tkrystallisirt mit 2 Mol. Hi 0 in grossen,\nCO -OH\t6\t\u2019\ngl\u00e4nzenden Prismen, ist in 10.46 Th. Wasser von 14.5\u00b0, in 2.5 Th. kalten Alkohol l\u00f6slich, viel weniger in Aether. Sie verliert ihr Kry-stallwasser beim Stehen \u00fcber Schwefels\u00e4ure, sowie bei 100\u00b0; das wasserfreie Hydrat sublimirt bei 150\u00b0 unzersetzt in langen Nadeln. Wird Oxals\u00e4ure in Glycerin gel\u00f6st auf 100\u00b0 erhitzt, so zerf\u00e4llt sie in Kohlens\u00e4ure und Ameisens\u00e4ure (Berthelot4):\nCi 0,11-2 = CO-2 + HCO \u25a0 OIL\nMit conc. Schwefels\u00e4ure erhitzt zerf\u00e4llt sie in Kohlens\u00e4ure, Kohlenoxyd und Wasser:\n62 O, Hi = COi -f- CO + Hi O,\ndoch sublimirt immer ein Theil unzersetzt. Mit Schwefels\u00e4ure und Braunstein oder \u00fcbermangansaurem Kali erhitzt, wird sie v\u00f6llig zu Kohlens\u00e4ure oxydirt. Sie ist eine starke S\u00e4ure; ihr in analytischer\n1\tGscheidlen, Arch. f. d. ges. Physiol. XIV. S. 401.\n2\tMunk, Virchow\u2019s Arch. LXIX. S. 354.\n3\tDrechsel, Ann. d. Chemie u. Pharm. CXLVI. S. 140.\n4\tBerthelot, Ebenda. XCVIII. S. 139.","page":479},{"file":"p0480.txt","language":"de","ocr_de":"480 Drechsel, Chemie der Absonderungen und der Gewebe. I. Cap. Der Harn.\nund physiologischer Hinsicht wichtigstes Salz ist der oxalsaure Kalk C2O2 \u25a0 O-iCa 4-3 lii0, welcher in Wasser ganz unl\u00f6slich, in Essigs\u00e4ure fast gar nicht, in Salzs\u00e4ure leicht l\u00f6slich ist, im Harn wird er durch phosphorsaures Natron (XaUiPOi) in L\u00f6sung erhalten. Er findet sich bisweilen in Harnsteinen und Sedimenten und ist in letzteren mittelst des Mikroskopes an der briefcouvert\u00e4hnlichen Form seiner Krystalle (quadratische kurze Prismen mit 4fl\u00e4chiger Zuspitzung) leicht zu erkennen. Gew\u00f6hnlich (durch F\u00e4llung erhalten) enth\u00e4lt er 1 Mol. Hi 0 ; aus verd\u00fcnnter heisser Salz- oder Salpeters\u00e4ure kry-stallisirt er auch mit 3 Mol. Wasser.\nDie Oxals\u00e4ure des Harns ist jedenfalls als Oxydationsproduct verschiedener Stoffe zu betrachten ; ein Theil entsteht vielleicht aus Harns\u00e4ure, wof\u00fcr das Vorkommen geringer Mengen Oxalurs\u00e4ure zu sprechen scheint. W\u00fchler und Frerichs fanden auch die Oxals\u00e4ure im Hundeharn nach Eingabe von Harns\u00e4ure vermehrt. Direct einverleibte Oxals\u00e4ure (welche \u00fcbrigens stark toxisch wirkt) wird nur zum Theil wieder ausgeschieden, also vermuthlich theilweise zu Kohlens\u00e4ure verbrannt, w\u00e4hrend doch auch nach dem Gen\u00fcsse oxal-s\u00e4urefreier Nahrung immer diese S\u00e4ure im Harn sich findet (Auerbach l). In 24 Stunden wird unter normalen Umst\u00e4nden bis 0.020 g im Harn entleert (F\u00fcrbringer2).\nG) Fl\u00fcchtige Fetts\u00e4uren CnlhnOi.\nNormaler menschlicher Harn enth\u00e4lt immer geringe Mengen fl\u00fcchtiger Fetts\u00e4uren, doch sind die Angaben dar\u00fcber, welche S\u00e4uren vorhanden sind, untereinander wenig \u00fcbereinstimmend. Proust und Th\u00e9nard geben an, Essigs\u00e4ure gefunden zu haben; Berzelius3 fand dagegen diese S\u00e4ure nicht, wohl aber Butters\u00e4ure; Thudichum4 5 6 hat dieselbe dann wieder nachgewiesen, und neuerdings fand E. Sal-kowski5 Propions\u00e4ure. Es hat demnach den Anschein, als ob im Harn verschiedener Individuen nicht immer dieselben Fetts\u00e4uren vork\u00e4men, sondern bald diese, bald jene. Da mit der Nahrung eingef\u00fchrte Fetts\u00e4uren fast vollst\u00e4ndig im Organismus verbrannt werden, so werden auch diejenigen, welche sich im Darmkanal durch Bak-terienf\u00e4ulniss (Brieger : Essigs\u00e4ure, Butters\u00e4ure und Isobutters\u00e4ure 0 und innerhalb des Organismus durch fermentative Spaltung aus Ei-\n1\tAuerbach, Virchow\u2019s Arcb. LXXVII. S. 24.\n2\tF\u00fcrbringer, Deutsch. Arcb. f. klin. Med. XVIII. S. 143.\n3\tBerzelius, Lehrbuch. 4. Aufl. IX. S. 424.\n4\tThudichum, Ber. d. deutsch, chem. Ges. III. S. 578.\n5\tE. Salkowski, Arch. f. d. ges. Physiologie. II. S. 363.\n6\tBrieger, Ber. d. deutsch, ehern. Ges. X. S. 1028.","page":480},{"file":"p0481.txt","language":"de","ocr_de":"Amidopropions\u00e4ureamid.\n481\nI\nweiss (wobei Amidos\u00e4uren wie Leucin intermedi\u00e4r auftreten) bilden, dasselbe Schicksal erleiden, und nur dieser Oxydation entgangene Spuren werden in den Harn \u00fcbergehen. \u2014\nX\to\nAnhang: D am alurs\u00e4 ur e und Da mols\u00e4 ure.\nStaedeler1- fand im Harn der K\u00fche, Pferde und Menschen neben Phenol und Parakresol (Tauryls\u00e4ure) zwei eigenth\u00fcmliche S\u00e4uren: 1. Da mal ur s\u00e4ure C~ H[ 2 O-i, welche ein farbloses, der Valerians\u00e4ure \u00e4hnlich riechendes Oel darstellt, etwas schwerer als Wasser; ihr Barytsalz kry-stallisirt in sehr kleinen weissen S\u00e4ulen, welche beim Erhitzen ohne zu schmelzen kohlensauren Baryt von der Form der Krystalle hinterlassen. 2. Damols\u00e4ure, deren Barytsalz krystallisirt und beim Erhitzen schmilzt.\nUeber das Vorkommen von Milchs\u00e4ure im normalen Harn nach starker Muskelaustrengung s. Spiro. -\nAmidopropions\u00e4ureamid: Cs Hs X-i 0.\nF. Baumstark3 hat im Harn eines mit Benzoes\u00e4ure gef\u00fctterten Hundes, dann in icterischem und auch in normalem menschlichem Harn einen eigenthiimlichen, in weissen der Hippurs\u00e4ure gleichenden S\u00e4ulen krystallisirenden K\u00f6rper aufgefunden, dem die Formel CsHbXiO zukommt. Zur Darstellung desselben wird der Harn zum Syrup eingedampft, noch warm mit grossen Mengen absoluten Alkohols gemischt, filtrirt, der Alkohol abdestillirt, R\u00fcckstand mit Salzs\u00e4ure anges\u00e4uert und mit Aether von Hippurs\u00e4ure befreit, R\u00fcckstand mit Ammoniak \u00fcbers\u00e4ttigt und mit Bleiessig gef\u00e4llt, Filtrat mit Schwefelwasserstoff entbleit, filtrirt und zum Syrup verdunstet. Aus diesem setzt sich der neue K\u00f6rper neben Harnstoffkrystallen ab und bleibt auf Zusatz von Weingeist zur\u00fcck. Scknip. \u00fcber 250\u00b0; giebt im R\u00f6hrchen Geruch nach Aethylamin. Er ist ziemlich leicht in heissem, schwer in kaltem Wasser und Weingeist, nicht in absolutem Alkohol und Aether l\u00f6slich. Mit salpetriger S\u00e4ure giebt er Fleischmilchs\u00e4ure, mit Barytwasser gekocht erst Ammoniak (die H\u00e4lfte des X), dann vermuthlich Aethylamin und BaCOs ; seine Constitution ist demnach vermuthlich : XHi\u2014CO \u2014 C> H\\\u2014XH>.\nDie Frage ob Bernsteins\u00e4ure im Harn vorkomme, ist noch nicht als definitiv entschieden zu betrachten. Meissner giebt an, dieselbe gefunden zu haben; ebenso Hilger4 nach Genuss von Spargel;\n1\tStaedeler, Ami. d. Chemie u. Pharm. LXXVII. S. 27.\n2\tSpiro, Ztschr. f. physiol. Chemie I. S. 117.\n3\tF. Baumstark, Ber. d. deutsch, ehern. Ges. VI. S. 8S3; Ann. d. Chemie u. Pharm. CLXXI1I. S. 342.\n4\tIIilger, Ann. d. Chemie u. Tharm. CLXXI. S. 208.\nHandbuch der Physiologen. Bd. V.\n31","page":481},{"file":"p0482.txt","language":"de","ocr_de":"482 Drechsel, Chemie der Absonderungen und der Gewebe. 1. Cap. Der Harn.\ny. Longo 1 konnte aber diese S\u00e4ure nach reichlichem Spargelgenuss nicht in seinem Harne nachweisen, ebensowenig nach Einnahme von Asparagin. Von W\u00f6hler wurde der Uebergang von verf\u00fctterter Bernsteins\u00e4ure in den Harn von Hunden beobachtet; aber Piotrowski sowohl, wie auch v. Longo und Baumanm kamen zum entgegengesetzten Resultate, und auch E. Salkowski konnte in normalem Harn keine Bernsteins\u00e4ure auffinden.\nI) Glycerinphosphors\u00e4ure : C3//5\nOH OH O\u2014PO\njOH\n\\OH\nDie Glycerinphosphors\u00e4ure entsteht bei der Einwirkung von Phosphors\u00e4ureanhydrid auf Glycerin; als Spaltungsproduct tritt sie auf bei der Zersetzung des Lecithins durch starke Basen oder S\u00e4uren. Im Harn wurde dieselbe von Sotnischewsky2 aufgefunden; ob die vielfachen Angaben, nach denen sie an anderen Orten des Organismus (Galle, Blut, Gehirn etc.) Vorkommen soll, richtig sind, steht noch dahin, d. h. wo sie gefunden wurde, ist sie vermutlich erst w\u00e4hrend der Verarbeitung des betreffenden Materials aus urspr\u00fcnglich vorhandenem Lecithin entstanden.\nDie freie S\u00e4ure ist eine dickliche Fl\u00fcssigkeit, welche in verd\u00fcnnter w\u00e4ssriger L\u00f6sung ohne Zersetzung zu erleiden gekocht werden kann, in concentrirter L\u00f6sung aber in Glycerin und Phosphors\u00e4ure zerf\u00e4llt. Ihre Salze sind meist in Wasser, aber nicht in Alkohol l\u00f6slich ; nur das Bleisalz ist ein in Wasser unl\u00f6slicher Niederschlag.\nIhre Menge im Harn ist nur gering; sie stammt jedenfalls von Lecithin her, welches im Organismus in Fetts\u00e4uren, Glycerinphosphors\u00e4ure und Cholin gespalten wird:\nam\n(O \u2022 GisLAs 0\nJO- C\\ % Hob 0\t, 0 ,,\n\\n Pn \\o-cih \u25a0 cm\\v nTr + 0 hh( =\nDistearinlecithin\nj OH JOH\n|0.\u00ab>P\nGlycerinphosphors\u00e4ure\nQHb\n+ 2 Gis LA e O2 -j-\nStearins\u00e4ure\nho-chio\n( GAA ),3 J Cholin.\nN- OH\n1\tv. Longo, Ztschr. f. physiol. Chemie. I. S. 213.\n2\tSotnischewsky, Ztschr f. physiol. Chemie. IV. S. 214.","page":482},{"file":"p0483.txt","language":"de","ocr_de":"Aromatische Oxys\u00e4uren.\n483\nK) Aromatische Oxys\u00e4uren: CnH}il\u2014sHi.\nBis jetzt sind zwei aromatische Oxys\u00e4uren von der allgemeinen Formel CnHn-$Oz in geringer Menge im normalen menschlichen und thierischen Harn aufgefunden worden: die Paroxyphenylessigs\u00e4ure: QHOh und die Hydroparacumars\u00e4ure: Cb flio (hu\nDie Paraoxyphenylessigs\u00e4ure : HO \u2022 CaH -CH-CO \u2022 OH entsteht bei der F\u00e4ulniss von Wolle in Gegenwart von Soda und etwas faulender Fleischfl\u00fcssigkeit (E. u. H. Salkowski !), ferner bei der pankreatischen F\u00e4ulniss des Tyrosin aus prim\u00e4r gebildeter Hydroparacumars\u00e4ure (Baumann1 2); aus Amidoparaphenylessigs\u00e4ure durch Behandlung mit salpetriger S\u00e4ure (H. Salkowski).\nZur Darstellung dieser und der folgenden S\u00e4ure aus normalem Harn dampfte Baumann3 je 25 1 desselben auf 1 V2 1 ab, sch\u00fcttelte nach Essigs\u00e4urezusatz mit Aether aus, l\u00f6ste den nach Abdestilliren des Aethers bleibenden R\u00fcckstand in Wasser, tiltrirte, sch\u00fcttelte wieder mit Aether aus, zog das beim Verdunsten desselben bleibende braune Oel mit wenig Wasser aus, f\u00e4llte die filtrirte L\u00f6sung erst mit Bleizucker, hierauf mit Bleiessig und zersetzte diesen zweiten Niederschlag mit Schwefelwasserstoff. Das Filtrat wurde wieder mit Aether ausgesch\u00fcttelt, und die beim Abdestilliren desselben hinterbleibenden S\u00e4uren aus Wasser und Benzol umkrystallisirt. Aus 25 1 Harn wurden so ca. 0.5 g S\u00e4uren erhalten; meist nur aus Paroxyphenylessigs\u00e4ure bestehend, einmal auch Hydroparacumars\u00e4ure enthaltend.\nDie Paroxyphenylessigs\u00e4ure krystallisirt aus Benzol in flachen Nadeln und Bl\u00e4ttern, aus Wasser in langen dicken durchsichtigen Prismen, die in Wasser, Alkohol und Aether leicht, in heissem Benzol schwer l\u00f6slich sind. Sie schmilzt bei 148\u00b0, und sublimirt z. Th. un-zersetzt. Mit Eisenchlorid giebt die S\u00e4ure eine schwach violette F\u00e4rbung, die aber schnell schmutzig graugr\u00fcn wird. Bei der F\u00e4ulniss zerf\u00e4llt sie in Kohlens\u00e4ure und Parakresol:\nHO \u2022 \u00dcH \u2022 CH \u2022 CO \u2022 OH = HO \u25a0 C^H \u2022 CH + CO*.\nMit Millon\u2019s Reagens gekocht f\u00e4rbt sich ihre L\u00f6sung intensiv roth.\nDie Hydroparacumars\u00e4ure: HO CsH \u25a0 CH \u2022 CH \u25a0 CO- OH (Paroxyphenylpropions\u00e4ure) wurde von Baumann4 ausser im Harn auch in jauchigem Eiter gefunden, sowie bei der F\u00e4ulniss von Tyrosin; sie entsteht aus Paracumars\u00e4ure durch Behandlung mit Natrium-\n1\tE. u. H. Salkowski, Ber. d. deutsch, chem. Ges. XII. S. H50.\n2\tBaumann, Ztschr. f. physiol. Chemie. IV\\ S. 305.\n3\tDerselbe, Ber. d. deutsch, chem. Ges. XIII. S. 279.\n4\tDerselbe, Ztschr. f. physiol. Chemie. IV. S. 304.\n31*","page":483},{"file":"p0484.txt","language":"de","ocr_de":"484 Drechsel, Chemie der Absonderungen und der Gewebe. 1. Cap. Der Harn.\namalgam. Die S\u00e4ure bildet kleine monokline Krystalle vom Sclimp. 125\u00b0; sie ist in keissem Wasser, Alkohol und Aether leicht l\u00f6slich. Mit Eisenchlorid giebt sie eine unbest\u00e4ndige aber deutliche blaue F\u00e4rbung; sie reducirt alkalische Kupferoxydl\u00f6sung nicht. Bei der pan-kreatischen F\u00e4ulniss zerf\u00e4llt sie unter Bildung von Phenol, Parakresol und Paroxyphenylessigs\u00e4ure. Das Zinksalz: (CoHOz)i Zn -f- 2 H0 krystallisirt in perlmuttergl\u00e4nzenden Tafeln und Bl\u00e4ttchen, die 130 Th. kaltes, weniger heisses Wasser zur L\u00f6sung bed\u00fcrfen. Die S\u00e4ure geht nach Genuss derselben z. Th. unver\u00e4ndert in den Harn \u00fcber, ein anderer Theil scheint als Phenol ausgeschieden zu werden.\nDie Bildung dieser beiden S\u00e4uren erfolgt jedenfalls aus Eiweiss, bez. dem bei der Spaltung dieses letzteren zun\u00e4chst entstehenden Tyrosin. Nach Baumann 1 l\u00e4sst sich die allm\u00e4hliche Spaltung und Oxydation des Tyrosins durch folgende Gleichungen theoretisch veranschaulichen:\nHO \u2022 G Hi \u25a0 CH \u2022 CH(NHi) \u25a0 CO \u2022 077-f 77: =\nParoxyphenylalphaamidopropions\u00e4ure, Tyrosin (Eri/enmeyer u. Lipp i)\nNH 4- HO 06 H \u2022 CH. \u2022 CH \u2022 CO OH\nHydroparacumars\u00e4ure.\nHO \u25a0 Ce Hx - CHi \u2022 cm \u25a0 CO \u25a0 011= CO-2 -r HO \u25a0 Ce Th \u25a0 Clh \u25a0 CH\nParaethylphenoi.\nho -am- cm \u25a0 cm + o3 = mo+ho am \u25a0 cm \u25a0 co on\nParoxyphenylessigs\u00e4ure.\nho \u2022 an \u25a0 ch \u25a0 co \u2022 oh = cn + ho \u2022 an \u25a0 cn\nParatresol.\nho-an \u2022 cn -4 0,\t= non ho an \u25a0 co \u2022 on\nParoxybenzo\u00ebsaure.\nno \u2022 an \u25a0 co \u25a0 011\t= coi 4- ho \u25a0 an\nPhenol.\nMit Ausnahme des Paraethylphenols und der Paroxybenzoes\u00e4ure sind alle diese Producte im Thierk\u00f6rper oder bei der F\u00e4ulniss von Eiweiss, bez. Tyrosin nachgewiesen worden. Die Paroxybenzoes\u00e4ure entsteht aber im Thierk\u00f6rper aus Parakresol, und wird jedenfalls nur desshalb f\u00fcr gew\u00f6hnlich nicht im Harn gefunden, weil die jeweilig gebildeten Mengen Parakresol nur sehr gering sind und die daraus entstehende Paroxybenzoes\u00e4ure gleich weiter zerf\u00e4llt. Auch das Paraetliylplienoi wird vermuthlich in dem Maasse als es entsteht gleich weiter zu Paroxyphenylessigs\u00e4ure oxydirt.\n1\tBaumann, Ber. d. deutsch, chem. Ges. XII. S. 1450.\n2\tErlenmeyer u. Lipp, Ber. d. deutsch, chem. Ges. XV. S. 1544.","page":484},{"file":"p0485.txt","language":"de","ocr_de":"Urocanins\u00e4ure.\n485\nL) Urocanins\u00e4ure C\\\nDie Urocanins\u00e4ure wurde von M. Jaff\u00e91 im Harn eines Hundes gefunden, und zwar in der Quantit\u00e4t von 2\u20143 g pro die. Das Thier hatte fr\u00fcher zu F\u00fctterungsversuchen mit Paranitrotoluol gedient, war aber vollkommen gesund, und lieferte die S\u00e4ure noch >4 Jahr nach der letzten F\u00fctterung mit dem Nitrotoluol; in der Zwischenzeit hatte es zu keinem anderen Versuche gedient. Das Auftreten der S\u00e4ure stand \u00fcbrigens in keiner Beziehung zu der vorangegangenen Nitrotoluolf\u00fctterung, denn sie konnte im Harn anderer, mit dem Nitrotoluol gef\u00fctterter Hunde nicht aufgefunden werden.\nZur Darstellung erwies sich folgendes Verfahren als das beste. Der Harn wurde eingedampft, wiederholt mit heissem Alkohol extra-hirt, der Alkohol abdestillirt, der R\u00fcckstand mit verd\u00fcnnter Schwefels\u00e4ure (1:4) stark anges\u00e4uert und mehrmals mit grossen Portionen Aether ausgesch\u00fcttelt. Dabei erstarrte der saure R\u00fcckstand fast vollst\u00e4ndig zu einem Krystallbrei, der abgesaugt, mit wenig kaltem Wasser und Alkohol2 gewaschen und aus Wasser umkrystallisirt wurde; er bestand aus dem schwefelsauren Salze der Urocanins\u00e4ure. Wurde dieses in heissem Wasser gel\u00f6st und die Schwefels\u00e4ure mit Barytwasser genau ausgef\u00e4llt, so schied sich aus dem Filtrat beim Erkalten die reine Urocanins\u00e4ure in prachtvollen, farblosen, d\u00fcnnen Prismen aus. Diese sind in kaltem Wasser sehr schwer, in heissem leicht, in Alkohol und Aether nicht l\u00f6slich, und enthalten 4 Mol. H20, welche bei 105\u00b0 entweichen; bei 212\u2014213\u00b0 schmelzen sie unter Zersetzung. Die Urocanins\u00e4ure bildet mit Basen und S\u00e4uren grossen-theils krystallisirende Salze; besonders characteristisch ist das salpeter-saure Salz (C\\ 2Hi\u00efNxOa -{-2 HO - NO-i), welches aus der w\u00e4ssrigen L\u00f6sung der S\u00e4ure durch Salpeters\u00e4ure als weisser krystallinischer, aus sichelf\u00f6rmig gebogenen, an den Enden wie zernagt oder gefranzt aussehenden Bl\u00e4ttchen bestehender Niederschlag ausgef\u00e4llt wird. In Wasser ist es leicht l\u00f6slich, in verd\u00fcnnter Salpeters\u00e4ure aber fast unl\u00f6slich und ebenso in Alkohol.\nWird die Urocanins\u00e4ure zum Schmelzen erhitzt, so zersetzt sie sich (bei 212\u2014213\u00b0) unter st\u00fcrmischer Kohlens\u00e4ureentwicklung und Hinterlassung eines glasartig erstarrenden Oels, des Uro canins:\nC12II12N4O4 = CO2 + H2O -f CnHioNiO.\nDas Urocanin ist eine sehr starke Base, in kaltem Wasser sehr schwer l\u00f6slich (die L\u00f6sung reagirt stark alkalisch), und scheidet sich\n1\tM. Jaff\u00e9. Ber. d. deutsch, chem. Ges. VII. S. 1669 u. VIII. S. 811.\n2\tFm den Harnstoff zu enti'ernen, dessen Menge erheblich verringert erschien.","page":485},{"file":"p0486.txt","language":"de","ocr_de":"4:86 Drechsel. Chemie der Absonderungen und der Gewebe. 1. Cap. Der Harn.\naus keissem Wasser in amorphen, leicht zerfliessenden Flocken ab. Die Salze sind amorph, nur das Platindoppelsalz bildet zun\u00e4chst einen hellgelben amorphen Niederschlag, der allm\u00e4hlich sich in ein schweres, rothes krystallinisehes Pulver: CiiH\\oXi0 \u2022 2 HCl -f- Pt CU umwandelt; es schmilzt beim Erhitzen unter Wasser, ist in diesem \u00e4usserst schwer, in Alkohol und Aether nicht l\u00f6slich. Ueber die Constitution und Bildung der Urocanins\u00e4ure ist vorl\u00e4ufig noch nichts bekannt, doch zeigt ihr Verhalten beim Erhitzen eine bemerkens-werthe Aehnliehkeit mit demjenigen der Kynurens\u00e4ure.\nM) Kynurens\u00e4ure: CioH-NOz.\nDie Kynurens\u00e4ure wurde zuerst von Liebig1 im Hundeharn aufgefunden; sie scheint aber kein constanter Bestandtheil desselben zu sein. Nach Voit und PiIederer'2 findet sie sich reichlich bei Fleischnahrung, weniger bei gemischter; Meissner3 konnte sie auch bei reichlicher Fleischkost nicht immer nachweisen. M. Kretschy4 f\u00fctterte seinen Versuchshund von ca. 34 kilo t\u00e4glich mit 1 kgr vom besten Pferdefleich, ca. 70 g Brod und 1 1 Wasser, wobei derselbe w\u00e4hrend des ersten Monats ca. 0.1 g rohe S\u00e4ure pro Tag lieferte, sp\u00e4ter aber ca. 0.8 g.\nZur Darstellung der S\u00e4ure s\u00e4uert Kretschy den 24 st\u00e4ndigen Harn (der Hund muss abgerichtet sein, denselben zur bestimmten Stunde in ein untergehaltenes Gef\u00e4ss zu entleeren) mit Salzs\u00e4ure an, decantirt nach 24 Stunden, sammelt den Niederschlag, der etwas freien Schwefel enth\u00e4lt, auf einem Filter und w\u00e4scht ihn gut aus. Durch L\u00f6sung in Ammoniak, sofortiges Filtriren und Wiederausf\u00e4llen mit Essigs\u00e4ure, und \u00f6ftere Wiederholung dieser Procedur wird\ndie S\u00e4ure schliesslich ganz rein erhalten. F. Hofmeister5 versetzt\n*\nHundeharn mit 0.1 Vol. conc. Salzs\u00e4ure, f\u00e4llt mit Pkospkorwolfrain-s\u00e4ure aus, w\u00e4scht den Niederschlag mit verd\u00fcnnter Schwefels\u00e4ure (1 Vol. H2SO4 + 20 Vol. H2O) v\u00f6llig aus, zersetzt durch Kochen mit conc. Barytwasser, f\u00e4llt das Filtrat mit Kohlens\u00e4ure, kocht, fil-trirt, dampft ein und f\u00e4llt heiss mit Salzs\u00e4ure. Der Niederschlag von Kynurens\u00e4ure wird gewaschen, und durch Ueberf\u00fchrung in das Barytsalz, Umkrystallisiren desselben und Zerlegung mit Salzs\u00e4ure\n1\tv. Liebig, Ann. d. Chemie u. Pharm. LXXXVI. S. 125, CVIII. S. 354 u. CXL. S.143.\n2\tVoit u. Riederer, Ivrit. Ztschr. IX. 8. 58.\n3\tMeissner, Ebenda. X. S. 9 ; Untersuchungen \u00fcber die Entstehung d. Hippurs\u00e4ure. Hannover 1866.\n4\tM. Kretschy. Monatsh. f. Chemie. II. S. 57.\n5\tF. Hofmeister, Ztschr. f. physiol. Chemie. V. S. 67.","page":486},{"file":"p0487.txt","language":"de","ocr_de":"Kynurens\u00e4ure.\n487\ngereinigt. Aus Menschenharn konnte Hofmeister auf diese Art Kynurens\u00e4ure nicht abscheiden.\nDie v\u00f6llig reine Kynurens\u00e4ure krystallisirt aus der heiss ges\u00e4ttigten w\u00e4ssrigen L\u00f6sung in prachtvollen, brillantgl\u00e4nzenden, langen Nadeln, die wahrscheinlich dem rhombischen Systeme angeh\u00f6ren. In kaltem Wasser ist die S\u00e4ure fast unl\u00f6slich, in heissem sehr schwer (0.9 Th. in 1000 Th. Wasser von 99\u00b0.6); in Alkalien l\u00f6st sie sich leicht auf, zersetzt auch beim Erw\u00e4rmen die Carbonate der alkalischen Erden. Sie krystallisirt mit 1 Mol. Hi0, welches bei 140\u2014145\u00b0 fortgeht; bei 257\u201425S\u00b0 schmilzt sie unter Zersetzung. Mit Bromwasser erw\u00e4rmt zerf\u00e4llt sie in Kohlens\u00e4ure und ein gelbes Krystallpulver, Tetrabromkynurin: (AI\u00dfBnNO, welches mit Alkohol gekocht in Tribromkynurin: Cylh\u00dfrzXO \u00fcbergeht (Brieger !). Das Barytsalz: {CioHqXOi)2 />\u00ab 4\u2014 412 ll-iO krystallisirt in Sch\u00fcppchen oder Nadeln, ist in kaltem Wasser schwer, in heissem weit leichter l\u00f6slich; es wird durch Kohlens\u00e4ure nicht zersetzt (Meissner und Shepard; Liebig'2). Das Kalksalz: {C\\{sH\u00a7XOz)i Ca 2 HiO krystallisirt in schneeweissen feinen seidegl\u00e4nzenden Nadeln, ist in Wasser weit leichter l\u00f6slich als das Barytsalz und zersetzt sich beim schwachen Gl\u00fchen im Wasserstoffstrome fast ohne Verkohlen in kohlensauren Kalk, Kohlens\u00e4ure und Kynurin. Das Silbersalz: CioI\u00dfNOsAg -f-HiO ist ein weisser, sehr schwer l\u00f6slicher Niederschlag und um so best\u00e4ndiger, je reiner es ist. Die Alkalisalze sind leicht l\u00f6slich in Wasser und krystallisirbar.\nWird Kynurens\u00e4ure auf 253\u2014258u erhitzt3, so schmilzt sie unter starker Kohlens\u00e4ureentwicklung, Kynurin bleibt zur\u00fcck und gleichzeitig entsteht ein schwacher krystallinischer Anflug, w\u00e4hrend ein aromatischer fenchel\u00e4hnlicher Geruch bemerkbar wird. Das rohe Kynurin kann durch Umkrystallisiren aus Wasser unter Zusatz von Thierkohle leicht v\u00f6llig rein erhalten werden; es bildet farblose, brillantgl\u00e4nzende, prismatische, zu Drusen vereinigte monosymmetrische Krystalle. Diese sind wasserfrei ; scheidet sich aber das Kynurin pl\u00f6tzlich aus, so erscheint es in wasserhaltigen, rasch verwitternden Nadeln. Seine Bildung erfolgt nach der Gleichung: Cu>II-X(h \u2014 CO-> 4- C%H-XO. 100 Th. Wasser von 15\u00b0 l\u00f6sen 0.477 Th. Kynurin; in absolutem Aether, Benzol, Petroleum\u00e4ther ist das Kynurin auch schwer l\u00f6slich, leichter in kaltem Alkohol, sehr leicht in warmem \"Wasser oder Alkohol. Es schmilzt bei 201\u00b0, erstarrt pl\u00f6tzlich bei 159\u2014100\u00b0; bei\n1\tBrieger. Ztschr. f. physiol. Chemie. IY. S. SIE\n2\tv. Liebig, Ann. d. Chemie u. Pharm. CXL. S. 143.\n3\tSchmiedeberg u. Schultzen, Ann. d. Chemie u. Pharm. CLXIV. S. 155.","page":487},{"file":"p0488.txt","language":"de","ocr_de":"488 Deechsel, Chemie der Absonderungen und der Gewebe. 1. Cap. Der Harn.\n205\u00b0 sublimirt es in geringer Menge krystallinisch, in noch h\u00f6herer Temperatur zersetzt es sich vollst\u00e4ndig, wobei ein nicht erstarrendes Oel tiberdestillirt. Seine L\u00f6sung reagirt schwach alkalisch, wird durch Eisenchlorid schwach carminroth, durch Millon\u2019s Reagens allm\u00e4hlich intensiv gelbgr\u00fcn gef\u00e4rbt, und durch Pikrins\u00e4ure, Silbernitrat, Platinchlorid, Goldchlorid gef\u00e4llt. Mit letzteren beiden giebt es kristallinische Doppelsalze. Wird Kynurin (oder Kynurens\u00e4ure) mit Zinkstaub im Wasserstoffstrome gegl\u00fcht, so giebt es seinen Sauerstoff ab und geht in Chinolin C$HiN (Sdp. 234\u2014235\u00b0, corr. nach Kopp: 240\u00b0.37\u2014241 \".33 bei b = 750.1 mm) \u00fcber (Kretschy). Demnach ist das Kynurin ein Chinolinphenol: C$Hb(OH)N, wof\u00fcr auch die Resultate einiger Versuche \u00fcber sein Verhalten gegen metallisches Kalium, Chloracetyl und Chlorphosphor (wobei Monochlorchinolin entsteht) sprechen. Durch Natrium amalgam wird es in eine \u00e4usserst schwache Base Ci & EfeoA3 O-i, durch Zinn und Salzs\u00e4ure in salzsaures Tetrahydrochinolin : CvHnN-HCl \u00fcbergef\u00fchrt. Die Kynurens\u00e4ure selbst ist dann eine Oxyehinolincarbons\u00e4ure : Co Hb (OU)X \u25a0 CO \u2022 OIL Leber die Bildung dieser S\u00e4ure im Organismus ist noch nichts bekannt; Kretschy h\u00e4lt es aber, in Anbetracht des Umstandes dass sie namentlich bei reiner Fleischkost im Harn auftritt, f\u00fcr m\u00f6glich, dass sie aus dem Eiweiss stamme, dass mithin dieses auch einen Kern der Chinolinreihe enthalte.\nN) Urobilin.\nDas Urobilin ist der einzige mit Sicherheit bekannte Farbstoff, welcher als solcher im menschlichen Harn vorkommt; andere Farbstoffe, wie Uroglaucin, Urrhodin etc,, welche man fr\u00fcher als Bestandteile des Harns ansah, sind sp\u00e4ter als Zersetzungsproducte anderer farbloser K\u00f6rper, sog. Chromogene, wie z. B. Indican, erkannt worden. Auch f\u00fcr das Urobilin scheint ein solches Chromogen zu existiren, wenigstens werden h\u00e4utig Harne beobachtet, welche im frischen Zustande das Absorptionsspectrum des Urobilins nicht zeigen, wohl aber nach l\u00e4ngerem Stehen. Das Urobilin wurde von Jaff\u00e91 2 3 in Fieberharnen, dann auch im normalen Harn entdeckt; es ist identisch mit dem Hvdrobilirubin Maly\u2019s 2 und dem Stercobilin, welches von Vaulair und Masius 3 aus Excrementen dargestellt worden. Im Pferde- und Hundeharn scheint kein Urobilin enthalten zu sein.\nZur Darstellung benutzt man nach Jaff\u00e9 am besten dunklen\n1\tJaef\u00e9, Arch. f. pathol. Anat. XLVII. S. 405.\n2\tMaly, Arm. d. Chemie u. Pharm. CLXIII. S. 77.\n3\tV AE laie, u. Masius, Med. Centralbl. 1871. S. 3G9.","page":488},{"file":"p0489.txt","language":"de","ocr_de":"Urobilin.\n489\nFieberharn, den man mit Ammoniak alkalisch macht, filtrirt und mit Chlorzink f\u00e4llt; den rothen oder braunrothen Niederschlag w\u00e4scht man v\u00f6llig ans, kocht ihn darauf mit Alkohol ans, trocknet in gelinder W\u00e4rme, l\u00f6st in Ammoniak und f\u00e4llt mit Bleizncker. Der ausgewaschene Bleiniederschlag wird mit Oxals\u00e4ure oder verd\u00fcnnter Schwefels\u00e4ure und Alkohol verrieben, nach 24 Stunden abfiltrirt, und das Filtrat erst mit dem gleichen Volum Chloroform und dann mit viel Wasser versetzt. Die dunkle chloroformige L\u00f6sung wird einige Male mit Wasser gewaschen und verdunsten gelassen, wobei das Urobilin in jedenfalls noch nicht ganz reinem Zustande als eine amorphe, rothbranne, durchsichtige Masse mit gr\u00fcnem Reflex zur\u00fcckbleibt.\nDas Urobilin ist in Wasser fast ganz unl\u00f6slich, leicht l\u00f6slich in Alkohol, Aether und Chloroform. Concentrirtere L\u00f6sungen sind brann-roth, und werden beim Verd\u00fcnnen rosenroth; sie zeigen gr\u00fcne Fluore-scenz, welche besonders sch\u00f6n auf Zusatz von ammoniakalischer Chlorzinkl\u00f6sung hervortritt. Durch Alkalien wird es leicht mit brauner, beim Verd\u00fcnnen gelb werdender Farbe gel\u00f6st ; S\u00e4uren f\u00e4llen es aus diesen L\u00f6sungen unvollst\u00e4ndig wieder aus, wobei diese eine granatrothe Farbe annehmen und die Fluorescenz verschwindet. Saure und alkalische L\u00f6sungen zeigen einen Absorptionsstreifen im Spectrum ; erstere zwischen b und F, an dieses angrenzend, letztere fast genau in der Mitte zwischen b und F. Neutrale Urobilinl\u00f6sungen werden durch viele Metallsalze (Blei, Silber, Quecksilber, Kupfer, Zink) gef\u00e4llt; die dunklen Niederschl\u00e4ge sind in Wasser fast ganz unl\u00f6slich.\nUrobilin entsteht auch durch Behandlung von Bilirubin mit Natriumamalgam (Maly's Hydrobilirubin) oder von H\u00e4matin mit Zinn und Salzs\u00e4ure (Hoppe-Seyler *)\u2022 Nach Disque2 geht aber hier die Reduction leicht weiter und man erh\u00e4lt hellere, fast farblose L\u00f6sungen, welche das Absorptionsspectrum des Urobilins nicht zeigen, aber einen K\u00f6rper enthalten, welcher beim Stehen seiner L\u00f6sungen an der Luft Sauerstoff aufnimmt und sich in Urobilin verwandelt. Eine farblose L\u00f6sung von denselben Eigenschaften erh\u00e4lt man durch Behandlung einer sauren Urobilinl\u00f6sung mit Zinn und Salzs\u00e4ure.\nDiese Thatsachen lassen das Urobilin als ein Derivat der Gallenfarbstoffe und weiter der Blutfarbstoffe erkennen, welches aus denselben durch Reductionsprocesse entsteht. Leicht verst\u00e4ndlich ist hiernach auch der Befund, dass manche Harne den Streifen des\n1\tHoppe-Seyler. Ber. d. deutsch, ehern. Ges. VII. S. 1065.\n2\tDisque. Ztschr. f. physiol. Chemie. II. S. 259.","page":489},{"file":"p0490.txt","language":"de","ocr_de":"490 Drechsel, Chemie der Absonderungen und der Gewebe. 1. Cap. Der Harn.\nUrobilins nicht im frischen Zustande zeigen, sondern erst nach einigem Stehen an der Luft; sie enthalten das Reductionsproduct des Urobilins, welches erst an der Luft durch Sauerstoffaufnahme in dieses \u00fcbergeht. Die Angaben \u00fcber das Vorkommen pr\u00e4formirten Urobilins im Harne lauten sehr verschieden; Jaff\u00e9 fand dasselbe in jedem der von ihm untersuchten Harne; Disque konnte es dagegen in frisch entleertem normalem Harn kein einziges Mal direct nackweisen, wohl aber in pathologischem, dunkel gef\u00e4rbtem; E. Sal-kowski 1 giebt eine einfache Methode an, mittelst welcher es ihm bisweilen gelang, Urobilin in frisch entleertem normalem Harn nachzuweisen: man sch\u00fcttelt 100 cc Harn sanft mit 50 cc v\u00f6llig reinen, alkoholfreien Aethers durch, verdunstet den Aether, und l\u00f6st den R\u00fcckstand in etwas absolutem Alkohol \u2014 die L\u00f6sung ist rosenroth, fluorescirt gr\u00fcn und zeigt den Urobilinstreifen. Esoff1 2 3 h\u00e4lt es f\u00fcr m\u00f6glich, dass in manchem Harn eine Verbindung des Urobilins vorkommt, welche erst durch S\u00e4urezusatz gespalten wird. Ob das Urobilin der einzige Farbstoff des Harns ist, scheint nach Untersuchungen von Vieroedt 3 zweifelhaft, denn die Lichtabsorptionsverh\u00e4ltnisse des Harns stimmen nicht ganz mit denjenigen einer Urobilinl\u00f6sung \u00fcberein. Auch Mac Munn4 beobachtete solche Verschiedenheiten bei L\u00f6sungen von Urobilin verschiedenen Ursprungs.\nSubstanzen, deren Auftreten im Ilarn an die Aufnahme bestimmter anderer Verbindungen in den Kreislauf' gekn\u00fcpft ist.\nUnter dieser Rubrik sollen eine Anzahl Verbindungen zusammengefasst werden, deren Auftreten im Harn an besondere Bedingungen gekn\u00fcpft ist. Nur wenige derselben sind als normale Harnbestand-theile zu betrachten; die Mehrzahl tritt nur auf nach Einf\u00fchrung gewisser, dem Organismus fremder Substanzen in den allgemeinen Kreislauf, und damit in das Getriebe des chemischen Stoffwechsels. Das Material f\u00fcr diesen besteht der Hauptsache nach aus Eiweiss, Fett, Kohlehydraten, Sauerstoff und anorganischen Salzen; die Zerlegung und Verbrennung der erstgenannten drei K\u00f6rperklassen bis zu den Endproducten Kohlens\u00e4ure, Wasser und Ammoniak erfolgt aber nicht auf einmal, sondern durch eine ganze Reihe gr\u00f6sstentkeils noch vollkommen unbekannter Processe, bei denen die Producte des vorhergehenden unmittelbar als Ausgangsmaterial f\u00fcr den folgenden\n1\tE. Salkowski. Ztschr. f. physiol. Chemie. IV. S. 134.\n2\tEsoff. Arcli. f. d. ges. Physiologie. XII. S 50.\n3\tVierordt, Ztschr. f. Biologie. IX. S. 160.\n4\tMac Munk, Proceed. Roy. Soc. XXX. p. 250; XXXI. p. 26 u. 206.","page":490},{"file":"p0491.txt","language":"de","ocr_de":"Harnbestandtheile. welche nach Aufnahme fremder Substanzen auftreten.\t491\ndienen. Daher kommt es, dass die intermedi\u00e4r entstehenden Pro-ducte nur eine ganz ephemere Existenz haben, sodass wir sie unter gew\u00f6hnlichen Umst\u00e4nden nicht fassen k\u00f6nnen. Diese Verh\u00e4ltnisse k\u00f6nnen nun eine wesentliche Aenderung erleiden, wenn dem Organismus fremde Substanzen in den allgemeinen Stoffwechsel eingef\u00fchrt werden, und an diesem Theil nehmen. Infolge ihrer speci-tischen Verwandtschaften bem\u00e4chtigen sich dieselben h\u00e4ufig des einen oder des anderen intermedi\u00e4ren Productes des gew\u00f6hnlichen Stoffwechsels, und entziehen dasselbe seinem gew\u00f6hnlichen Schicksale, indem sie sich mit demselben zu einer Verbindung vereinigen, welche gegen\u00fcber den Reagentien des Organismus gen\u00fcgend widerstandsf\u00e4hig ist, um entweder ganz, oder doch wenigstens theilweise unver\u00e4ndert aus demselben ausgeschieden werden zu k\u00f6nnen. Das Studium solcher Verbindungen ist daher in hohem Grade geeignet, um uns die intermedi\u00e4ren Stoffwechselproducte kennen zu lehren; \u00fcber die Art und Weise ihrer Entstehung erfahren wir jedoch nichts. Denn wenn uns auch manche Thatsachen die Vorstellung erwecken, dass die fraglichen, im Harn angetroffenen Verbindungen unter Wasseraustritt, richtiger ausgedr\u00fcckt unter Austritt der Elemente des Wassers, entstehen, so m\u00fcssen hier doch ganz besondere Bedingungen im Organismus vorhanden sein, welche wir ausserhalb desselben noch nicht nachahmen k\u00f6nnen.\nEinige der weiterhin beschriebenen Verbindungen, wie z. B. die Hippurs\u00e4ure, kommen auch im normalen Harn vor, ohne vorg\u00e4ngige Zuf\u00fchrung einer anderen Substanz ; man k\u00f6nnte daher Anstoss daran nehmen, dass sie unter vorliegender Rubrik aufgef\u00fchrt werden. Allein hier ist vornehmlich dem Umstande Rechnung zu tragen, dass ihre Menge in normalem Harne nur sehr gering ist und durch Zuf\u00fchrung anderer Substanzen (z. B. Benzoes\u00e4ure f\u00fcr Hippurs\u00e4ure) betr\u00e4chtlich gesteigert werden kann, und ferner dem andern, dass ihre Bildung unter gew\u00f6hnlichen Umst\u00e4nden darauf beruht, dass bei der Zerlegung des Eiweisses normal gewisse Substanzen in kleiner Menge entstehen, welche \u00e4hnlich wie z. B. Benzoes\u00e4ure wirken, Glycocoll fixiren und als Hippurs\u00e4ure austreten. Anders verh\u00e4lt es sich wieder mit den sog. gepaarten Schwefels\u00e4uren; diese verdanken ihren Ursprung im normalen Harn der F\u00e4ulniss, welcher das Eiweiss der Nahrung im Darm unterliegt, als deren Product Phenol auftritt, welches resorbirt und als Aetherschwefels\u00e4ure ausgeschieden wird.\nDie Verbindungen, welche sich bei ihrer Einf\u00fchrung in den Organismus in der angedeuteten Weise verhalten, geh\u00f6ren zumeist der sog. aromatischen Reihe an; nur wenige, wie z. B. Chloral, der fetten.","page":491},{"file":"p0492.txt","language":"de","ocr_de":"492 Drechsel, Chemie der Absonderungen und der Gewebe. 1. Cap. Der Harn.\nDie Glieder dieser letzteren erleiden in der Regel eine v\u00f6llige Oxy-dation, infolge deren z. B. die meisten pflanzensauren Salze der Alkalien in Form von koklensauren Salzen durch den Harn wieder ausgeschieden werden. Aber auch aromatische K\u00f6rper k\u00f6nnen einer Oxydation im Organismus unterliegen, z. B. Benzol, Toluol, worauf die entstandenen Producte (Phenol, Benzoes\u00e4ure), die Bildung neuer K\u00f6rper (Phenol\u00e4therschwefels\u00e4ure, Hippurs\u00e4ure) veranlassen. Ebenso kommen auch Reductionen und (anscheinend] einfache Spaltungen vor, deren Producte wieder zu Synthesen benutzt werden, und endlich kennt man auch F\u00e4lle, in denen ein und dieselbe Verbindung gleichzeitig in ganz verschiedener Weise wirkt, sodass verschiedene Producte neben einander entstehen, z. B. Bromphenylmercapturs\u00e4ure neben Bromphenol\u00e4therschwefels\u00e4ure aus Brombenzol.\nBis jetzt hat man eine Vereinigung (Paarung) der in den Organismus eingef\u00fchrten fremden Substanzen mit folgenden intermedi\u00e4ren Stoffwechselproducten beobachtet :\n1)\tmit Glycocoll: Benzoes\u00e4ure, Chlorbenzoes\u00e4ure etc.\n2)\t\u201e G ly kur on s\u00e4ure: Campher, Chloral etc.\n3)\t\u201e Schwefels\u00e4ure: Phenol, Kresol, Resorcin etc.\n4)\t\u201e Cystin: Brombenzol, Chlorbenzol.\n5)\t\u201e Diami do valerian s\u00e4ure: Benzoes\u00e4ure (bei V\u00f6geln).\n6)\t\u201e Carb am ins\u00e4ure: Amidobenzoes\u00e4ure, Taurin etc.\nI. Mit Glycocoll gepaarte S\u00e4uren.\nA) Hippurs\u00e4ure 69H9AO2.\nDie Hippurs\u00e4ure: (C\u00e9/A \u2022 CO)IiN- CH-i - CO\u25a0 Oll (Benzoyl-amidoessigs\u00e4ure, Benzoylglycocoll) findet sich besonders reichlich im Harn der Pflanzenfresser (Rind, Pferd, Kameel, Schaf, Kaninchen], weniger in dem des Menschen (ca. 1 g pro die), noch weniger in dem des Hundes (Meissner und Shepard; Salkowski1 2). Das Auftreten dieser S\u00e4ure im Harn (oder Blute] ist stets an die Aufnahme von Benzoes\u00e4ure oder doch solcher Substanzen gekn\u00fcpft, welche innerhalb des Organismus zu Benzoes\u00e4ure umgewandelt werden. Beim Fleischfresser ist das Eiweiss die Quelle ; bei den Herbivoren wahrscheinlich Chinas\u00e4ure, welche sich nach Loeav 2 im Wiesenheu findet. Reichlich tritt Hippurs\u00e4ure auf nach Genuss von Benzoes\u00e4ure (Bouis, Ure3), ferner von Chinas\u00e4ure (Lautemann4), Zimmts\u00e4ure\n1\tSalkowski, Ber. d. deutsch, chem. Ges. XI. S. 500.\n2\tLoew, Journ. f. pract. Chemie. (2) XIX S. 309 u. XX. S. 470.\n3\tUre, Berzel. Jahresber. XXII. S. 567.\n4\tLautemakn, Ann. d. Chemie u. Pharm. CXXV. S. 9.","page":492},{"file":"p0493.txt","language":"de","ocr_de":"Hippurs\u00e4ure.\n493\n(Erdmann und Marchand1), Mandels\u00e4ure, Toluol (Naunyn und Schultzen2), Aethyl- und Normalpropylbenzol (Nencki und Gia-cosa3), Phenylpropions\u00e4ure (Salkowski4). K\u00fcnstlich ist Hippurs\u00e4ure dargestellt worden aus Chlorbenzoyl und Glycocollzink :\n2 Ca Ih \u2022 CO \u2022 CI 4-Zn (IIN- Clh \u25a0 CO - OII}2 = Zn Ch 4- 2 (Cklh \u25a0 CO) IIX- Clh - CO \u2022 Oil (Dessaignes 5), oder Glycocollsilber (Curtius6 7); durch Erhitzen von Benzoes\u00e4ure mit Glycocoll (Dessaignes), oder von Benzamid mit Monochloressigs\u00e4ure (Jazukowitsch '):\n{CfiHb - CO)NHi 4- CI \u25a0 Clh \u2022 CO - Oll = (Cdh \u2022 CO)IIN - Clh \u25a0 CO \u2022 OH 4- HCl.\nZur Darstellung der Hippurs\u00e4ure kocht man Pferde- oder Kuh-harn mit Kalkmilch auf, colirt, neutralisirt das Filtrat mit Salzs\u00e4ure, dampft ein und f\u00e4llt mit Salzs\u00e4ure. Die so erhaltene rohe, \u00e4usserst widerlich riechende S\u00e4ure wird mit etwas weniger Wasser, als in der Siedhitze zur L\u00f6sung erforderlich ist, \u00fcbergossen, das Gemenge durch Einleiten von Wasserdampf zum Kochen erhitzt, und hierauf Chlorgas eingeleitet, bis dessen Geruch deutlich wahrnehmbar ist. Dann wird heiss filtrirt, das Filtrat schnell abgekiihlt, die abgeschiedene noch gelb gef\u00e4rbte S\u00e4ure abgepresst, ein paar Mal mit kaltem Wasser gewaschen, und nochmals wie angegeben mit Chlor behandelt, bis die L\u00f6sung hellgelb geworden. Aus dieser f\u00e4llt die Hippurs\u00e4ure fast weiss aus und wird durch einmaliges Umkrystallisiren mit Thierkohle rein erhalten (Curtius, 1. c.).\nDie Hippurs\u00e4ure krystallisirt in zolllangen, farblosen rhombischen Prismen, welche bei 187\u00b0 schmelzen; in h\u00f6herer Temperatur zerf\u00e4llt sie in Benzoes\u00e4ure, Benzonitril und Harze. In kaltem Wasser (1 : 600 bei 0 \u00b0), Alkohol und Aether ist sie sehr schwer, in heissem Wasser und Alkohol leicht l\u00f6slich. Sie l\u00f6st sich ferner etwas in Essig\u00e4ther, Amylalkohol, kochendem Chloroform, nicht in Petroleum\u00e4ther, Benzol, Schwefelkohlenstoff. Durch Kochen mit starken Minerals\u00e4uren, schwieriger mit Alkalien, wird sie unter Wasseraufnahme in Benzoes\u00e4ure und Glycocoll gespalten:\n(Cdh - CO)HX - Clh \u2022 CO \u25a0 Oll4- IhO = Cdh - CO \u25a0 011 4- IhX-CH-i -CO-OH.\n1\tErdmann u. Marchand. Berzel. Jaliresber. XXIII. S. 64G.\n2\tNaunynu. Schultzen. Arch. f. Anat. 1S67. Heft 3; Ztschr. f. Chem. 186$. S. 29.\n3\tNencki u. Giacosa, Ztschr. f. physiol. Chemie. IV. S. 325.\n-4 Salkowski, Ber. d. deutsch, chem. Ges. XII. S. 653.\n5\tDessaignes, Ann. d. Chemie u. Pharm. LXXXYII. S. 326.\n6\tCurtius, Journ. f. pract. Chemie. (2) XXVI. S. 145.\n7\tJazukowitsch. Ztschr. f. Chemie. 1867. S. 466.","page":493},{"file":"p0494.txt","language":"de","ocr_de":"494 Drechsel, Chemie der Absonderungen und der Gewebe. 1. Cap. Der Harn.\nSie ist eine starke S\u00e4ure und bildet z. Th. sch\u00f6n krystallisirende Salze. Charaeteristisch ist das Kalksalz: (G\u00e0HsNO^Ca -f- 3i?2 0, welches in rhombischen S\u00e4ulen krystallisirt und sich in 18 Th. kalten Wassers l\u00f6st.\nDie Art und Weise, auf welche die Hippurs\u00e4ure innerhalb des Organismus gebildet wird, ist noch v\u00f6llig unbekannt; nur soviel ist sicher, dass wirklich die eingef\u00fchrte Benzoes\u00e4ure zu der Synthese verwendet wird, wof\u00fcr vor allem der Umstand spricht, dass nach Eingabe von Chlor- oder Nitrobenzoes\u00e4ure Chlor- oder Nitrohippur-s\u00e4ure im Harn erscheint. Dass w\u00e4hrend des Hungerzustandes oder bei reiner Fleischnahrung das zersetzte Eiweiss die Quelle f\u00fcr die n\u00f6thige Benzoes\u00e4ure abgiebt, wurde bereits angedeutet; doch ist noch nicht bekannt, welche Reactionen hierbei stattfinden. Eiweiss liefert bei Behandlung mit Oxydationsmitteln h\u00e4ufig Benzaldehyd oder Benzoes\u00e4ure, und danach k\u00f6nnte man vermuthen, dass auch innerhalb des Organismus \u00e4hnliche Oxydationsprocesse stattfinden ; anderntheils wird die bei der F\u00e4ulniss des Eiweisses entstehende Phenylpropions\u00e4ure im Organismus zu Benzoes\u00e4ure oxydirt, und somit liegt die M\u00f6glichkeit vor, dass auch bei der Zersetzung des Eiweisses innerhalb der lebenden Gewebe Phenylpropions\u00e4ure als intermedi\u00e4res Product auftritt (Salkowski). Das Glycocoll stammt vermuthlich von der Zersetzung des leimgebenden Gewebes her. Die St\u00e4tte, an welcher die Synthese der Hippurs\u00e4ure bewirkt wird, ist nicht bei allen Thieren dieselbe. K\u00fchne und Hallwachs sahen die Leber daf\u00fcr an; aber Bunge und Schmiedeberg1 zeigten, dass Fr\u00f6sche, denen die Leber exstirpirt worden, noch aus Benzoes\u00e4ure und Glycocoll Hippurs\u00e4ure zu bilden verm\u00f6gen, sowie dass beim Hunde die Synthese nur in den Nieren stattfindet. Werden diese exstirpirt, so wird auch keine Hippurs\u00e4ure mehr gebildet, w\u00e4hrend andrerseits die ausgeschnittenen Nieren noch die F\u00e4higkeit besitzen, Glycocoll und Benzoes\u00e4ure zu vereinigen, wenn diese in Blut gel\u00f6st durch sie hindurchgeleitet werden. Beim Kaninchen liegen die Verh\u00e4ltnisse anders; hier fand W. Salomon2, dass auch im nephrotomirten Thiere die Synthese stattfindet, denn Muskeln und Leber enthielten reichliche Mengen Hippurs\u00e4ure, wenn einige Zeit nach erfolgter Nephrotomie benzoesaures Natron und Glycocoll in den Magen gebracht worden waren.\nWeniger einfach als aus Benzoes\u00e4ure und Glycocoll ist die Bildung der Hippurs\u00e4ure aus anderem Materiale, da dieses erst in Ben-\n1\tBunge u. Schmiedeberg. Arch. f. exper. Pathologie. VI. S. 233.\n2\tW. Salomon, Ztschr. f. physiol. Chemie. III. S. 323.","page":494},{"file":"p0495.txt","language":"de","ocr_de":"Hippurs\u00e4ure.\n495\nzoes\u00e4ure umgewandelt werden muss. Chinas\u00e4ure CiIh2Oe geht nach Lautemann beim Menschen in Hippurs\u00e4ure \u00fcber; nach E. Stadelmann 1 beim Kaninchen, falls sie in den Magen, nicht oder nur spurweise, wenn sie direct ins Blut eingef\u00fchrt wird, gar nicht beim Hunde. Die Umwandlung der Chinas\u00e4ure in Benzoes\u00e4ure (welche leicht durch Jodphosphor bewirkt wird) geschieht wahrscheinlich durch Oxydation und Reduction, nicht aber durch directe Wasser-entzielmng und Reduction (Lautemann 1. c.):\nU7//12O0 + 4 Ih 4-3 0 = C- Ih Ch 4- 7II2O. Zimmts\u00e4ure: C g Ih \u2022 CH : CIL C O2II ;\nMandels\u00e4ure: Cg Ih \u2022 C 11(0 II) \u2022 CO2H; Phenylpropions\u00e4ure: Co Ih \u2022 CIL \u2022 Clh \u2022 CO2 II ;\nToluol: (h lh \u2022 Clh ;\nA e t h y 1 b e n z 01 : Cg ZU \u2022 Clh \u2022 Clh, und Normalpropylbenzol: CHh \u25a0 Clh \u2022 Clh \u2022 C//3 gehen s\u00e4mmtlich durch Oxydation der sog. Seitenkette in Benzoes\u00e4ure \u00fcber, z. B.:\nCHh \u2022 Clh \u25a0 Clh \u2022 Clh 4-90= CHh \u2022 CO \u2022 OH 4- 3 Ih 0 4- 2 CO2.\nMetachlorbenzoes\u00e4ure geht nach Graebe und Schultzen 2 im Organismus in Metachlorhippurs\u00e4ure : (CsHxCl \u25a0 CO)IIN Clh \u2022 CO2II \u00fcber, eine z\u00e4he, \u00f6lige Masse, in kaltem Wasser fast unl\u00f6slich, in Alkohol und Aether leicht l\u00f6slich. Par abromhip purs\u00e4ure:\n(CHhBr \u2022 CO)IIN CH2 \u2022 CO2H\nfand Preusse3 im Hundeharn neben Parabrombenzoes\u00e4ure nach Eingabe von Parabromtoluol; sie ist in kaltem Wasser fast unl\u00f6slich, in heissem, in Alkohol und Aether leicht l\u00f6slich, krystallisirt in flachen Nadeln. Metanitrohippur s\u00e4ure: ( Cg Ih NO2 \u2022 CO)HN \u25a0 Clh \u2022 COi II findet sich nach Genuss von Metanitrobenzo\u00f6s\u00e4ure, ist in kaltem Wasser schwer l\u00f6slich; die isomere Par a nitro hip pur s\u00e4ure fand Jaff\u00e9 4 im Harn eines mit Paranitrotoluol gef\u00fctterten Hundes neben Paranitrobenzoes\u00e4ure, die S\u00e4ure scheidet sich aus heissem Wasser in \u00f6ligen Tropfen aus, die allm\u00e4hlich zu grossen orangerothen Prismen erstarren; Schmp. 129\u00b0. Sie giebt mit Harnstoff eine in perlmuttergl\u00e4nzenden Bl\u00e4ttchen krystallisi-rende Verbindung. Salicyls\u00e4ure (Orthooxybenzoes\u00e4ure) geht in den Harn z. Th. als Salicylur s\u00e4ure: ( OII \u2022 Cg Ih \u2022 CO)HN \u2022 Clh \u25a0 CO_H \u00fcber (Ber-tagnini5), welche in d\u00fcnnen Nadeln, die in kaltem Wasser wenig l\u00f6slich sind, krystallisirt; sie giebt mit Eisenchlorid eine violette F\u00e4rbung. Paraoxybenzoes\u00e4ure giebt unter denselben Umst\u00e4nden die isomere Para-oxybenzurs\u00e4ure, welche in kurzen Prismen krystallisirt und in kal-\n1\tE. Stadelmann. Arch. f. exper. Pathol. X. S. 317.\n2\tGraebe u. Schultzen, Ann. d. Chemie u. Pharm. CXLII. S. 346.\n3\tPreusse, Ztschr. f. physiol. Chemie. V. S. 63.\n4\tJaff\u00e9, Ber. d. deutsch, ehern. Ges. VIL S. 1673.\n5\tBertagnini, Ann. d. Chemie u. Pharm. XCVII. S. 249.","page":495},{"file":"p0496.txt","language":"de","ocr_de":"-4:96 Drechsel. Chemie der Absonderungen und der Gewebe. 1. Cap. Ger Harn.\ntem Wasser ziemlich l\u00f6slich ist (Baumann u. Hertee1). Anisurs\u00e4ure: {CH% \u2022 0 \u2022 CgIh CO)HN\u25a0 CHi \u25a0 COiII entsteht im Organismus aus Aniss\u00e4ure, bildet bl\u00e4ttrige Krystalle, ist in kaltem Wasser wenig l\u00f6slich (Graebe und Schultzen, a. a. 0.).\nBisweilen findet sich auch Benzoes\u00e4ure im Harn, was namentlich bei gewissen Nierenaffectionen der Fall ist; unter diesen Umst\u00e4nden kann sogar eingef\u00fchrte Hippurs\u00e4ure theilweise als Benzoes\u00e4ure im Harn wieder erscheinen (Jaarsveld und Stockais 2). Ferner liegt eine Beobachtung von Weiske3 4 5 6 vor, welcher fand, dass ein mit Kartoffeln und Ackerbohnen gef\u00fctterter Hammel eingegebene Benzoes\u00e4ure im Harn unver\u00e4ndert wieder ausschied. W. v. Schr\u00f6der 4 fand dagegen, dass auch der Organismus des Schafes im Stande ist, Benzoes\u00e4ure in Hippurs\u00e4ure zu verwandeln, und um offenbar analoge Thatsachen handelt es sich bei den einander widersprechenden Angaben vouNencki u. Ziegler einerseits und 0. Jacobsen andrerseits \u00fcber das Verhalten des Cymols im Thierk\u00f6rper (s. Cumin- und Cuminurs\u00e4ure). Eine Erkl\u00e4rung dieser Widerspr\u00fcche giebt h\u00f6chst wahrscheinlich die Entdeckung Schmiedeberg\u2019s 5, dass die Nieren, sowie auch andere Organe ein eigenth\u00fcmliches Ferment, das Histo-zym, enthalten, welches im Stande ist, Hippurs\u00e4ure in Benzoes\u00e4ure und Glycocoll zu spalten. Demnach k\u00f6nnen in ein und demselben Organ gleichzeitig und unabh\u00e4ngig von einander Bildung und Spaltung von Hippurs\u00e4ure erfolgen, und das Vorwiegen des einen oder des anderen Processes muss abh\u00e4ngen von der Intensit\u00e4t der Synthese und dem (als schwankend erkannten) Histozymgehalte des Gewebes.\nB) Tolurs\u00e4ure: CioHuNOs\nMan kennt zwei isomere T olur s\u00e4uren :\n(003. an4 \u2022 co)HK- CHi \u2022 co \u2022 oil\nDie eine, Par a tolurs\u00e4ure, entsteht im Organismus aus Paratol-uyls\u00e4ure; sie krystallisirt aus Wasser in Bl\u00e4ttchen, aus Alkohol in rhombischen Krystallen, welche in heissem Wasser und Alkohol leicht l\u00f6slich sind und bei 160\u2014165\u00b0 schmelzen. Das Kalksalz:\n( Ci o 77i o NO-i )-2 Ca -f- 3 Hi 0\nist in kaltem Wasser schwer, in heissem leicht l\u00f6slich, und bildet plattenf\u00f6rmige Krystalle (Kraut c).\n1\tBaumann u. Herter, Ztscbr. f. physiol. Chemie. I. S. 2(30.\n2\tJaarsveld u. Stokvis, Arch. f. exper. Pathologie. X. S. 263.\n3\tWeiske, Ztschr. f. Biologie. XII. S. 241.\n4\tW. v. Schr\u00f6der, Ztschr. f. physiol. Chemie. III. S. 323.\n5\tSchmiedeberg, Arch. f. exper. Pathologie. XIV. S. 379.\n6\tKraut, Ann. d. Chemie u. Pharm. XCYIII. S. 360.","page":496},{"file":"p0497.txt","language":"de","ocr_de":"Phenaceturs\u00e4ure. Mesitylen- und Mesitylenurs\u00e4ure.\n497\nEine isomere S\u00e4ure, vielleicht Me tato lu r s\u00e4ure, fanden Schul-tzen und Naunyn1 nach Genuss von Xylol im Harn. Dieselbe konnte nicht krystallisirt, sondern nur als in Alkohol, Aether und Alkalien l\u00f6sliche \u00f6lige Fl\u00fcssigkeit erhalten werden. Das Kupfersalz:\n(Go H[ o A Ch h Cu -f- 6 Hi 0\nkrystallisirt in kleinen blaugr\u00fcnen sternf\u00f6rmig gruppirten Nadeln, das Zinksalz: (Gio iAo NO-a)\u00ee Zn -f- 4 H-iO in weissen silbergl\u00e4nzenden Bl\u00e4ttchen.\nC) Phenaceturs\u00e4ure: CioHnNOz.\nDie mit Tolurs\u00e4ure isomere Phenaceturs\u00e4ure:\n(G/A \u2022 CH-i \u2022 CO)HX- CHi \u2022 CO \u2022 OH tritt im (Hunde-)Harn nach Eingabe von Phenylessigs\u00e4ure auf (E. und H. Salkowski 2). Sie krystallisirt aus keissem Wasser in d\u00fcnnen, dicht aufeinanderliegenden Bl\u00e4ttern, bei langsamer Ausscheidung in derben, anscheinend rechtwinkligen Prismen mit 2fl\u00e4chiger Zuspitzung; sie ist in Wasser schwer, aber etwas leichter als Hippurs\u00e4ure l\u00f6slich, leicht in Alkohol, sehr schwer in reinem Aether. Schmp. 143 \u00b0. Durch Kochen mit Salzs\u00e4ure wird sie in Phenylessigs\u00e4ure (a-Toluyls\u00e4ure) und Glycocoll gespalten. Ihre Alkalisalze sind leicht l\u00f6slich; das Kupfersalz ist blau, krystallinisch, ziemlich schwer l\u00f6slich ; das Silbersalz fast unl\u00f6slich, zun\u00e4chst amorph, wird aber allm\u00e4hlich krystallinisch. Bemerkenswerth erscheint, dass die der Phenylessigs\u00e4ure homologe Phenylpropions\u00e4ure nicht eine Phenylpropiurs\u00e4ure giebt, sondern zu Benzoes\u00e4ure oxydirt und als Hippurs\u00e4ure ausgeschieden wird.\nDi Mesitylen- und Mesitylenurs\u00e4ure.\nNach Eingabe von Mesitylen (Trimethylbenzol: (G/A)3 \u2022 G Ils) findet sich sowohl im Menschen- als im Hundeharn ein Gemenge zweier S\u00e4uren, einer stickstofffreien: Mesitylens\u00e4ure, mit einer stickstoffhaltigen, wahrscheinlich Mesitylenurs\u00e4ure (L. v. Nencki3). Die Mesitylens\u00e4ure: {CHi >2 \u2022 QHs - CO \u25a0 OH (symmetrische Dimethyl-benzoes\u00e4ure) bildet monokline Krystalle, ist in heissem Wasser sehr schwer, in kaltem Alkohol sehr leicht l\u00f6slich, schmilzt bei 166\u00b0. Die stickstoffhaltige S\u00e4ure konnte nicht rein erhalten werden. Pseu-documol erscheint nach 0. Jacobsen als Paraxvlyls\u00e4ure:\n(CHi)2-aHs-C0-0H\nim Harn wieder; die S\u00e4ure krystallisirt in Prismen, ist in kaltem Wasser fast unl\u00f6slich, schmilzt bei 163\u00b0.\n1\tSchultzen u. Naunyn , Arch. f. Anat. 1867. Heft 3; Ztsclir. f. Chemie. 1868.\nS. 29.\n2\tE. u. H. Salkowski, Ber. d. deutsch, chem. Ges. XII. S. 653.\n3\tL. v. Nencki, Arch. f. exper. Pathol. I. S. 420. (1873.)\nHandbuch der Physiologie. Bd.V.\n32","page":497},{"file":"p0498.txt","language":"de","ocr_de":"498 Drechsel, Chemie der Absonderungen und der Gewebe. 1. Cap. Der Harn.\nE) Cumin- und Cuminurs\u00e4ure.\nCymol (Normalpropylmethylbenzol: C$H- \u2022 C%H\\ \u25a0 Clh) geht nach M. Nencki u. Ziegler1 als Cumins\u00e4ure: [(66/3)2 6//] \u2022 Ce,lh \u25a0 CO\u2022 Oll i Paraisopropylbenzoes\u00e4ure) in den Harn von Menschen und Hunden \u00fcber, ohne zugleich Cuminurs\u00e4ure zu geben. Sie krystallisirt in prismatischen Tafeln, schmilzt bei 115\u00b0, ist in kaltem Wasser \u00e4usserst wenig, leicht in Alkohol und Aether l\u00f6slich.\n0. Jacobsen2 fand dagegen nach Eingabe von Cymol im Hundeharn nur sehr wenig Cumins\u00e4ure neben reichlichen Mengen von Cuminurs\u00e4ure: (63/67 \u2022 CgH\\ \u25a0 CO)HX- Clh \u2022 CO \u2022 OH. Dieselbe kry-stallisirt in perlmuttergl\u00e4nzenden Bl\u00e4ttchen, ist in kaltem Wasser fast gar nicht, in Alkohol \u00e4usserst leicht, in absolutem Aether ziemlich schwer l\u00f6slich. Schmp. 168\u00b0. Das Kalksalz:\n(612 H\\ 4 A 6)3)2 Ca -f- 3 Ih 0\nist in kaltem Wasser schwer l\u00f6slich, krystallisirt in langen, feinen, asbest\u00e4hnlichen Nadeln. Synthetisch entsteht die S\u00e4ure aus Glyco-collsilber und Cumylchlorid. Fertige Cumins\u00e4ure geht nach Hofmann3 und Kraut4 unver\u00e4ndert in den Harn \u00fcber.\nII. Mit Glykurons\u00e4ure gepaarte S\u00e4uren.\nA) Camphoglykurons\u00e4uren.\nWerden Hunde mit Campher gef\u00fcttert, so treten im Harn eigent\u00fcmliche S\u00e4uren auf, wie zuerst von Wiedemann5 6 beobachtet wurde; sp\u00e4ter haben Schmiedeberg und H. Meyer0 diese S\u00e4uren n\u00e4her untersucht. Zur Darstellung derselben f\u00e4llt man den Harn mit Bleiessig und Ammoniak, zersetzt den ausgewaschenen Niederschlag mit kohlensaurem Ammon, behandelt das Filtrat in der W\u00e4rme mit Barythydrat, bis alles Ammoniak entwichen, f\u00e4llt den \u00fcbersch\u00fcssigen Baryt mit Kohlens\u00e4ure, filtrirt, dampft ein und f\u00e4llt mit Alkohol. Dieses Barytsalz wird zweckm\u00e4ssig durch Versetzen seiner heissen w\u00e4ssrigen L\u00f6sung mit Barythydrat in eine schwer l\u00f6sliche Verbindung \u00fcbergef\u00fchrt, welche man abtiltrirt, ausw\u00e4scht und dann durch Schwefels\u00e4ure zersetzt; die filtrirte L\u00f6sung wird mit Silberoxyd neutralisirt, und filtrirt. Aus dem Filtrate krystallisiren die Silbersalze der beiden Camphoglykurons\u00e4uren aus, w\u00e4hrend das der Uramidocamphoglyku\n1\tM. Nencki u. Ziegler, Ber. d. deutsch, chem. Ges. V. S. 749.\n2\t0. Jacobsen, Ebenda. XII. S. 1512.\n3\tHofmann, Ann. d. Chemie u. Pharm. LXXIV. S. 342.\n4\tKraut, Ebenda. XCVIII. S. 360.\n5\tWiedemann, Arch. f. exper. Pathol. VI. S. 230.\n6\tSchmiedeberg u. Meyer, Ztschr. f. physiol. Chemie. III. S. 422.","page":498},{"file":"p0499.txt","language":"de","ocr_de":"Camphoglykurons\u00e4ure.\n499\nrons\u00e4ure in L\u00f6sung bleibt (wenn es in gr\u00f6sserer Menge vorhanden ist, hindert es die Krystallisation sehr). Das Silbersalz der \u00ab-Camphoglykurons\u00e4ure ist etwas schwerer l\u00f6slich als das der \u00df-S\u00e4ure, und krystallisirt daher zuerst aus; es wird mit Salzs\u00e4ure oder Schwefelwasserstoff zersetzt, das Filtrat eingedampft, wobei manchmal sofort Krystallisation eintritt. In anderen F\u00e4llen trocknet aber die L\u00f6sung zu einem Syrup ein, der nur nach l\u00e4ngerem Stehen unter einer feuchten Glocke krystallisirt.\nDie reine \u00ab-Cam p h o g 1 y kur ons\u00e4ure: Cie Th\\ Oh -f- Ih 0 krystallisirt in kleinen, d\u00fcnnen, in Masse wachsartig gl\u00e4nzenden Bl\u00e4ttchen; sie l\u00f6st sich in 16\u2014*20 Th. kaltem Wasser, sehr leicht in warmem und in Alkohol, nicht in Aether. Bei l\u00e4ngerem Erhitzen auf 100\u00b0 br\u00e4unt sich dieselbe, verliert dabei sehr langsam ihr Krystall-wasser, leicht im Vacuum bei 90 \u00b0. Die entw\u00e4sserte S\u00e4ure schmilzt bei 128\u2014130\u00b0, erstarrt zu einer glasigen Masse, die in feuchter Luft wieder krystallisirt. Sie ist linksdrehend; [\u00ab]/>==\u201432.85\u00b0. Sie ist nicht im Stande, Kupferoxyd in alkalischer L\u00f6sung beim Kochen zu reduciren. Das Silbersalz krystallisirt in feinen, isolirten oder con-centrisch gruppirten Nadeln, welche Krystallwasser enthalten; das wasserfreie Salz hat die Formel: CuBhiAgOs.\nDas Barytsalz: C^IhiBaOn -f- IhO krystallisirt aus heissem w\u00e4ssrigem Alkohol in langen, d\u00fcnnen, biegsamen Nadeln; ein basisches Salz entsteht, wie oben angegeben. L\u00e4ngeres Erw\u00e4rmen der \u00ab-S\u00e4ure mit Barytwasser f\u00fchrt sie in die /G S\u00e4ure \u00fcber.\nDie \u00df-Camphoglykurons\u00e4ure ist mit der \u00ab-S\u00e4ure isomer; man erh\u00e4lt sie aus ihrem umkrystallisirten Silbersalze auf dieselbe Art wie die \u00ab-S\u00e4ure. Sie bildet zun\u00e4chst einen Syrup, der allm\u00e4hlich zu einer amorphen Masse erstarrt. Ihr Silbersalz hat die Formel: Ci 6 CG 3 A g Os -f- 3 H i 0.\nDie Camphoglykurons\u00e4ure wird beim Kochen mit 4\u2014 6\u00b0o Salzoder Schwefels\u00e4ure langsam zersetzt in Campherol und Glyku-rons\u00e4ure. Ersteres ist isomer mit Oxycampher, GoF/ieCC, krystallisirt in sehr d\u00fcnnen und weichen Tafeln, welche in Wasser ziemlich, in Alkohol und Aether leichter l\u00f6slich sind und bei 197\u2014198\u00b0 schmelzen. Es ist ziemlich fl\u00fcchtig, und rechtsdrehend. Zur Darstellung desselben und der Glykurons\u00e4ure wird m\u00f6glichst reine Camphoglykurons\u00e4ure in 5\u20148% L\u00f6sung mit 5 \u00b0,o Chlorwasserstoff 1 V-2 \u2014 2 Stunden lang am R\u00fcckflussk\u00fchler gekocht, erkalten gelassen, das Campherol mit Aether ausgesch\u00fcttelt, und diese Operationen so oft wiederholt, als sich noch merkliche Mengen Campherol bilden. Letzteres erh\u00e4lt man rein, indem man seine \u00e4therische L\u00f6sung erst mit Kalilauge, dann mit\n32*","page":499},{"file":"p0500.txt","language":"de","ocr_de":"\u2022500 Drechsel, Chemie der Absonderungen und der Gewebe. 1. Cap. Der Harn.\nWasser w\u00e4scht, lind verdampft; das rohe Campherol wird in viel Wasser gel\u00f6st, die L\u00f6sung filtrirt und langsam verdunsten gelassen, oder mit Aether ausgesch\u00fcttelt und die \u00e4therische L\u00f6sung verdunstet. Die vom Campherol befreite saure Fl\u00fcssigkeit wird mit kohlensaurem Bleioxyd neutralisirt, filtrirt, am besten im Vacuum \u00fcber Schwefels\u00e4ure eingedampft und mit Alkohol gef\u00e4llt: glykuronsaures Bleioxyd f\u00e4llt aus, campkoglykuronsaures bleibt gel\u00f6st. Ersteres Salz wird in Wasser gel\u00f6st, filtrirt und \u00fcber Schwefels\u00e4ure verdunstet, wobei, wenn der Process gut verlaufen, das Salz (chlorbleihaltig) allm\u00e4hlich auskrystallisirt. Durch Zersetzung desselben mit Schwefelwasserstoff, Filtriren und Eindampfen \u00fcber Schwefels\u00e4ure erh\u00e4lt man die freie Glykurons\u00e4ure als Syrup, der zuweilen, besonders auf Zusatz von wenig Alkohol, in kurzer Zeit grosse gl\u00e4nzende Krystallmassen liefert, die durch Waschen mit verd\u00fcnntem Alkohol von der Mutterlauge befreit werden. Die Krystalle sind monoklinisch, und v\u00f6llig luftbest\u00e4ndig; sie sind in Wasser sehr leicht, in Alkohol gar nicht l\u00f6slich, doch wird ihre syrupartige L\u00f6sung durch letzteren nicht unmittelbar gef\u00e4llt. Sie ist rechtsdrehend (h\u00f6chst bemerkenswerth erscheint, dass die beiden Spaltungsproducte der links drehenden Camphoglykurons\u00e4ure rechts drehend sind); ihre Formel ist C\u00a7 Hs Ck, d. h. die eines Anhydrids, da die S\u00e4ure in den Salzen die Zusammensetzung CgHioOi besitzt. Sie vermag Kupferoxyd in w\u00e4ssriger L\u00f6sung zu erhalten und beim Kochen zu reduciren. Krystallisirbare Salze der Glykurons\u00e4ure konnten nicht erhalten werden; sie bildet ein schwer l\u00f6sliches basisches Barytsalz, aus welchem ein neutrales Salz dargestellt wurde, welches bei 100\u00b0 getrocknet die Formel (CzIL.)Oz}iBa besass.\nBei der Oxydation mit Salpeters\u00e4ure oder Chroms\u00e4ure und Schwefels\u00e4ure liefern die Camphoglykurons\u00e4uren Kohlens\u00e4ure, Ameisens\u00e4ure, Camphers\u00e4ure, Campherol neben etwas unver\u00e4nderten S\u00e4uren und geringen Mengen von Nebenproducten. Betreffs der Constitution dieser S\u00e4uren, sowie der Glykurons\u00e4ure neigen Schmiedeberg und Meyer der Ansicht zu, dass dieselbe durch folgende Formeln ausgedr\u00fcckt werden kann:\n(CHOH)^0oh\nCs 4\nCH\u2014CO(CH OH)\\CO \u2022 OH CO\nGlykurons\u00e4ure (als sog. Aldehyd-saure aufgefasst)\nCamphoglykurons\u00e4ure\nIn der Mutterlauge der Silbersalze der beiden Camphoglykurons\u00e4uren befindet sich in reichlicher Menge das Silbersalz einer stickstoffhaltigen S\u00e4ure, welche aber nicht in reinem Zustande erhalten\n1","page":500},{"file":"p0501.txt","language":"de","ocr_de":"Uronitrotoluols\u00e4ure.\n501\nwerden konnte. Sie giebt ebenfalls ein schwer l\u00f6sliches basisches Barytsalz; das leicht l\u00f6sliche neutrale Barytsalz giebt mit Ammoniak und Chlorbaryum auf 170\u00b0 erhitzt kohlensauren Baryt und ein anderes Salz, welches mit Salzs\u00e4ure gekocht Campherol und Glykuron-s\u00e4ure liefert. Mit Barytwasser gekocht entwickelt die S\u00e4ure Ammoniak unter Abscheidung von kohlensaurem Baryt. Diese Reactionen machen die Annahme wahrscheinlich, dass die S\u00e4ure eine Uramido-camphoglykurons\u00e4ure ist.\nNeuerdings hat A. Spiec4el 1 gefunden, dass das neben Euxan-tlion entstehende Zersetzungsproduct der Euxanthins\u00e4ure (durch Erhitzen derselben mit 2% Schwefels\u00e4ure auf 140\u00b0) mit der Glyku-rons\u00e4ure Schmiedeberg\u2019s vollkommen identisch ist; darnach gewinnt die Ansicht, dass das sog. Purree, aus welchem das Jaune indien (basisch euxanthinsaure Magnesia) dargestellt wird, wirklich aus dem farbigen Absatz aus Kameel-, bez. Elephantenharn gewonnen werde bedeutend an Wahrscheinlichkeit. Ueber die Entstehung der Gly-kurons\u00e4ure im Organismus ist noch nichts bekannt, doch geht aus ihrem Verhalten und ihrer Zusammensetzung deutlich hervor, dass sie in n\u00e4chster Beziehung zum Zucker stehen muss.\nB) Uronitrotoluols\u00e4ure.\nW\u00e4hrend Paranitrotoluol im Organismus des Hundes in Paranitrobenzoes\u00e4ure und Paranitrohippurs\u00e4ure verwandelt wird, erleidet das Orthonitrotoluol eine ganz andere Ver\u00e4nderung, insofern es als Orthonitrobenzoes\u00e4ure und Uronitrotoluols\u00e4ure im Harn erscheint, aber keine Orthonitrohippurs\u00e4ure liefert (Jaff\u00e91 2). Die Uronitrotoluols\u00e4ure findet sich im Harn in einer Verbindung mit Harnstoff, welche man erh\u00e4lt, wenn der Harn abgedampft, der R\u00fcckstand mit Alkohol ausgezogen, die alkoholische L\u00f6sung eingedampft, mit Schwefels\u00e4ure anges\u00e4uert und mit Aether ausgesch\u00fcttelt wird; letzterer nimmt etwas Orthonitrobenzoes\u00e4ure auf. Aus dem mit Aether ersch\u00f6pften R\u00fcckst\u00e4nde krystallisirt allm\u00e4hlich die in Rede stehende Harnstoffverbindung in Nadeln aus, welche in Wasser \u00e4usserst leicht, in Alkohol schwer, in Aether nicht l\u00f6slich sind. Die Analyse ergab die Formel: G4//10W3O10. Wird dieselbe mit kohlensaurem Baryt erw\u00e4rmt, so entsteht das Barytsalz der Uronitrotoluols\u00e4ure, welches durch Alkohol gallertartig, amorph gef\u00e4llt wird, aber beim Kochen mit der Fl\u00fcssigkeit krystallisirt; durch \u00f6fteres L\u00f6sen in Wasser und F\u00e4llen mit Alkohol wird es rein erhalten. Durch Schwefels\u00e4ure\n1\tA. Spiegel, Ber. d. deutsch, chem. Ges. XV. S. 1964.\n2\tJaff\u00e9, Ztschr. f. physiol. Chemie. II. S. 47.","page":501},{"file":"p0502.txt","language":"de","ocr_de":"502 Drechsel. Chemie der Absonderungen und der Gewebe. 1. Cap. Der Ilarn.\nwird daraus die U r o n i t r o t o 1 u o 1 s \u00e4 u r e : G3 H\\ 5 A Oy abgeschieden, welche nach dem Abdampfen zun\u00e4chst einen Syrup bildet, der beim Stehen zu einer farblosen, strahlig krystallinischen, asbest\u00e4hnlichen, in Wasser und Alkohol \u00e4usserst zerfliesslichen Masse erstarrt. Ihre L\u00f6sungen sind linksdrehend; alkalische Kupferl\u00f6sung wird durch dieselbe schon bei gelindem Erw\u00e4rmen reducirt. Mit Salzs\u00e4ure gekocht giebt die S\u00e4ure neben schwarzen amorphen Massen Kohlens\u00e4ure, Orthonitrobenzylalkohol, und einen chlorhaltigen, fl\u00fcchtigen, \u00e4usserst stechend riechenden K\u00f6rper. Mit Schwefels\u00e4ure (1 : 4 bis 5 Wasser) geht die Spaltung glatter vor sich; es entsteht Orthonitrobenzylalkohol und eine syrupartige S\u00e4ure: G/A0O7, welche linksdrehend (aber schw\u00e4cher als Uronitrotoluols\u00e4ure) ist, Kupfer-, Silberund Wismuthsalze reducirt, aber mit Hefe nicht g\u00e4hrt.\nJaff\u00e9 macht auf die Aehnliehkeit dieser S\u00e4ure mit der Uro-chlorals\u00e4ure v. Mering\u2019s, sowie dem Spaltungsproducte der von Wiedemann nach Campherftitterung beobachteten S\u00e4ure aufmerksam, und Schmiedeberg und Meyer sind der Ansicht, dass die syrupartige S\u00e4ure G/T10O7 Jaff\u00e9\u2019s mit ihrer Glykurons\u00e4ure identisch sei; die beobachtete schwache Linksdrehung derselben halten sie f\u00fcr hervorgerufen durch eine Verunreinigung mit noch etwas unzersetzter Uronitrotoluols\u00e4ure. Ueberhaupt treten sehr h\u00e4ufig nach Eingabe differenter Substanzen linksdrehende K\u00f6rper im Harn auf1 2 und Schmiedeberg2 hat auch nach Eingabe von Benzol zwei Phenol -glykurons\u00e4uren, eine stickstofffreie krystallisirbare, und eine stickstoffhaltige syrupartige im Harn gefunden; m\u00f6glicherweise sind in allen diesen F\u00e4llen gepaarte Glykurons\u00e4uren im Harn enthalten.\nDas Auftreten des von Ewald im Harn nach Nitrobenzolvergiftung aufgefundenen reducirenden K\u00f6rper ist Jaff\u00e9 geneigt auf eine Verunreinigung des Nitrobenzols mit Nitrotoluol zur\u00fcckzuf\u00fchren; nach Eingabe von Anilin fand derselbe echten Traubenzucker im Harn.\nC) Urochlorals\u00e4ure.\nMusculus und v. Mering3 beobachteten im Jahre 1875 zuerst das Auftreten einer eigenth\u00fcmlichen, chlorhaltigen, linksdrehenden und stark reducirenden S\u00e4ure im Harn nach Genuss von Chloral-hydrat, welche sie Urochlorals\u00e4ure nannten; seitdem ist diese Sub-\n1\tz. B. nach Brombenzol (Baumann u. Preusse), Phenetol und Anisol (Ivossel), Xylol. Cumol und Dichlorbenzol (K\u00fclz), Terpentin\u00f6l (Schmiedeberg\u00fc Guajacol, Thymol, Hydrochinon. Besorcin. Brenzcatechin, Orcin (K\u00fclz), Phenol (Baumann).\n2\tSchmiedeberg, Arch. f. exper. Pathol. XIV. S. 2S8.\n3\tMusculus u. v. Merino, Ber. d. deutsch, ehern. Ges. \"\\ III. S. 640 u. 662.","page":502},{"file":"p0503.txt","language":"de","ocr_de":"Urochlorals\u00e4ure.\n503\nstanz von v. Mering 1 und von K\u00fclz 2 eingehender untersucht worden, welche beiden Forscher zwar hinsichtlich des thats\u00e4chlichen Materials zu denselben Resultaten gelangten, nicht aber hinsichtlich der Zusammensetzung der S\u00e4ure und ihrer SalzeZur Gewinnung der S\u00e4ure verf\u00e4hrt man nach K\u00fclz am besten so, dass man grossen Hunden (von 40 kg) 20\u201425 g Chloralhydrat aut einmal beibringt, und den Harn der n\u00e4chsten 15 Stunden benutzt. Dieser wird zum Syrup verdunstet, und mit einer Mischung von 600 cc Aether -r- 300 cc 90 o,o Alkohol \u2014H (15 cc conc. Schwefels\u00e4ure 4-15 cc Wasser) mehrere Stunden kr\u00e4ftig gesch\u00fcttelt, das Extract filtrirt, der Aether abdestillirt und die r\u00fcckst\u00e4ndige alkoholische L\u00f6sung mit conc. chlor-freiem Barytwasser neutralisirt. Das Filtrat wird nach dem Verjagen des Alkohols erst mit Bleizucker und dann mit Bleiessig unter Vermeidung eines Ueberschusses von letzterem ausgef\u00e4llt, die Niederschl\u00e4ge vom Bleiessig ausgewaschen, mit Schwefelwasserstoff zersetzt, das Filtrat wieder mit Baryt neutralisirt. Dieses wird mit chlorfreiem schwefelsaurem Kali oder Natron zersetzt, das Filtrat fast zur Trockne verdampft, der R\u00fcckstand \u00f6fters mit absolutem Alkohol bei gew\u00f6hnlicher Temperatur extrahirt, und mit absolutem Aether gef\u00e4llt; die ersten Ausz\u00fcge lassen dabei einen Syrup, die sp\u00e4teren krystallinische Massen fallen, welche die reinen Alkalisalze sind. Die freie S\u00e4ure wird am besten aus dem Barytsalz durch genaues Ausf\u00e4llen mit Schwefels\u00e4ure und vorsichtiges langsames Eindampfen erhalten; die rohe gelbliche S\u00e4ure l\u00f6st man nach dem Abpressen in absolutem Alkohol, versetzt das Filtrat mit wenig Wasser und dampft vorsichtig ab, wobei die S\u00e4ure ohne Mutterlauge krystalliniseh zur\u00fcekbleibt.\nDie reine Urochlorals\u00e4ure krystallisirt in farblosen, seidegl\u00e4nzenden, sternf\u00f6rmig gruppirten Nadeln, die in Wasser und Alkohol leicht, in wasserfreiem Aether sehr schwer (1 g in 234 cc [K\u00fclz]) l\u00f6slich ist. Beim l\u00e4ngeren Erhitzen auf 100\u00b0 f\u00e4rbt sie sich gelblich; sie schmilzt bei 142\u00b0 ohne Zersetzung (K\u00fclz). Ihre Formel ist nach v. Mering: (XHnCkOi, nach K\u00fclz GII\\3ChO-, ; die S\u00e4ure krystallisirt wasserfrei. Ihre L\u00f6sung reducirt beim Kochen alkalische Kupferl\u00f6sung; sie ist linksdrehend. Das Kalisalz:\nCsHioKChCh (M.), Cb Hy 2KCh O- (K.)\n1\tv. Mering, Ztschr. f. physiol. Chemie. VI. S. 4S0.\n2\tK\u00fclz, Arch. f. d. ges. Physiologie. XXVIII. S. 506.\n3\tNach Tomaszewicz (Arch. f. d. ges. Physiologie. IX. S. 35) enthalt der Harn nach Eingabe von Chloral kleine Mengen davon; F\u00fcbini (Moleschott\u2019s Unters, z. Naturl. XIII. S. 5) fand in den ersten 5 Stunden nach der Chloroformnarkose deutliche Spuren von Chloroform im Harn, nach 14 Stunden nicht mehr.","page":503},{"file":"p0504.txt","language":"de","ocr_de":"504 Drechsel, Chemie der Absonderungen und der Gewebe. 1. Cap. Der Harn.\nkrystallisirt in langen, seidegl\u00e4nzenden, d\u00fcnnen, biegsamen Nadeln, die beim Trocknen ihre kristallinische Structur verlieren; das Natronsalz krystallisirt aus Aetheralkohol in wasserfreien, sckneeweissen, atlasgl\u00e4nzenden Bl\u00e4ttchen, zeigt keine Birotation, [a]j = \u201465.2 0 (K.). Wird die S\u00e4ure (oder ein Alkalisalz derselben) mit Salz- oder Schwefels\u00e4ure (7 %) 2\u20143 Stunden lang am R\u00fcckflussk\u00fchler gekocht und dann destillirt, so gehen mit dem Wasser Oeltropfen von Trichlor-\u00e4thylalkohol \u00fcber, welcher bei 151\u00b0 siedet, leicht fl\u00fcchtig ist, sich leicht in Alkohol und Aether l\u00f6st, und beim Kochen alkalische Kupferl\u00f6sung reducirt; in einer K\u00e4ltemischung krystallisirt derselbe (AL). Das andere Spaltungsproduct ist in der r\u00fcckst\u00e4ndigen Fl\u00fcssigkeit enthalten; diese wird mit kohlensaurem Bleioxyd neutralisirt, filtrirt, eingedampft, mit Alkohol gef\u00e4llt, der beim Stehen allm\u00e4hlich krystallisirende Niederschlag mit Schwefelwasserstoff zersetzt, und das Filtrat eingedampft. Der R\u00fcckstand erstarrte allm\u00e4hlich krystal-linisch und erwies sich als identisch mit der Glykurons\u00e4ure von Schmiedeberg und Meyer.\nBez\u00fcglich der Zusammensetzung der Urochlorals\u00e4ure und ihrer Salze m\u00f6ge noch bemerkt werden, dass die Resultate der Analysen besser mit der Formel CkHnChCh, resp. Cs Ih 2Ck O- R1 von K\u00fclz \u00fcbereinstimmen, als mit der um 2 At. Wasserstoff \u00e4rmeren Formel von v. Mering. Dagegen l\u00e4sst sich die Spaltung der Urochlorals\u00e4ure in Tricklor\u00e4thylalkohol und Glykurons\u00e4ure nur durch die Formel v. Mering\u2019s erkl\u00e4ren:\nCs Hi i C/3 Oi + H-iO = CCh \u2022 CHi \u2022 OH + C6//,oCt.\nUrochlorals\u00e4ure\tTriehlor\u00e4thylalkohol Glykurons\u00e4ure\nK\u00fclz h\u00e4lt dem entgegen, dass die Zusammensetzung der Glykurons\u00e4ure noch nicht endg\u00fcltig festgestellt sei, und dass derselben m\u00f6glicherweise die Formel CkHuOi zukomme; die Spaltung der Urochlorals\u00e4ure w\u00fcrde alsdann unter Zugrundelegung seiner Formel f\u00fcr dieselbe nach folgender Gleichung verlaufen:\nCs/AsC/sCt + \u00efhO = CCh \u25a0 CH2 \u2022 OH-f- QdlviOi.\nBez\u00fcglich der Bildung der Urochlorals\u00e4ure im Organismus hebt v. Mering hervor, dass dabei (und auch bei der der Urobutylchloral-s\u00e4ure) ein Reductionsprocess mit im Spiele sei, durch welchen das Trichlor\u00e4thylidenglykol (Chloralhydrat: CCh \u2022 CH{OH)2) in den Triehlor\u00e4thylalkohol \u00fcbergef\u00fchrt werde, w\u00e4hrend bei der Bildung der Camphoglykurons\u00e4ure eine Oxydation des Campkers zu Campherol stattfindet.\nDie Ausscheidung der Urochlorals\u00e4ure beginnt nach K\u00fclz 1 V\u20182 Stunden nach der Eingabe des Ckloralhydrates und ist nach","page":504},{"file":"p0505.txt","language":"de","ocr_de":"Urobutylchlorals\u00e4ure. Chinaethons\u00e4ure.\n505\n17\u201420 Stunden beendet. Die Urochlorals\u00e4ure und ihre Salze gehen, in den Magen eingef\u00fchrt, zum grossen Theil unver\u00e4ndert in den Harn \u00fcber; sie besitzen keinerlei hypnotische Wirkung.\nD) Urobutylchlorals\u00e4ure.\nButylchloralhydrat verh\u00e4lt sich im Organismus ganz \u00e4hnlich wie das gew\u00f6hnliche Chloralhydrat; nach Eingabe desselben erscheint im Harn Urobutylchlorals\u00e4ure (v. Mepjng, K\u00fclz l), doch wird es von Hunden schlechter vertragen. Die S\u00e4ure wird wie die Urochlorals\u00e4ure aus dem Harn abgeschieden; sie krystallisirt in seidegl\u00e4nzenden, strahlenf\u00f6rmig gruppirten Nadeln, l\u00f6st sich leicht in Wasser, Alkohol und Aether, ist linksdrehend, und reducirt alkalische Kupferl\u00f6sung beim Kochen nicht, wohl aber nach dem Kochen mit verd\u00fcnnten S\u00e4uren ; sie verh\u00e4lt sich demnach \u00e4hnlich wie die Campho-dvkurons\u00e4ure. Ihr Kalisalz krystallisirt sehr sch\u00f6n; auch das Sil-bersalz ist krystallinisch. Ihre Formel ist nach\nv. Mering: CioAd5Ck0-, nach K\u00fclz: C\\oH\\iChO- ; beim Kochen mit S\u00e4uren spaltet sie sich in Glvkurons\u00e4ure und Tri-chlorbutylalkohol (M.) :\nGo H^ChCh + IhO = CdhChO + Cg/AoOt.\nTrichlorbutylallcoliol\nE) Chinaethons\u00e4ure.\nDiese S\u00e4ure, welche Kossel'2 im Hundeharn nach F\u00fctterung mit Phenetol (Phenyls\u00e4ure\u00e4thyl\u00e4ther: C Jh \u2022 0\u2022 Cilh) fand, ist h\u00f6chstwahrscheinlich ebenfalls eine gepaarte Glvkurons\u00e4ure. Zur Darstellung derselben wird der eingedampfte Harn mit Schwefels\u00e4ure anges\u00e4uert und mit Aether ausgesch\u00fcttelt; der nach dem Abdestilliren desselben bleibende Syrup erstarrt nach einigen Tagen zu Krystall-warzen, die aus Alkohol umkrystallisirt werden.\nDie Chinaethons\u00e4ure: C\u2019uHisCh, bildet eine lockere, leicht pulverisirbare, krystallinische Masse, welche in Wasser und Alkohol leicht, in Aether schwer l\u00f6slich ist; sie ist linksdrehend, [a\\D = ca> \u201463 o. Sie h\u00e4lt Kupferoxyd in alkalischer L\u00f6sung, reducirt aber dasselbe beim Kochen nicht. Das Kalisalz ist in Wasser sehr leicht, in Alkohol schwerer l\u00f6slich; das Barytsalz krystallisirt schwierig; das Silbersalz: G4Ih-AyCh krystallisirt allm\u00e4hlich in kleinen weissen Nadeln aus, wenn man eine conc. L\u00f6sung des Kalisalzes mit \u00fcbersch\u00fcssigem salpetersaurem Silberoxyd f\u00e4llt und schnell abfiltrirt.\n1\tv. Merino, K\u00fclz a. a. 0.\n2\tv. Mering. Kossel, Ztschr. f. physiol. Chemie. IV. S. 296.","page":505},{"file":"p0506.txt","language":"de","ocr_de":"506 Drechsel, Chemie der Absonderungen und der Gewebe. 1. Cap. Der Harn.\nWird die S\u00e4ure mit Salz- oder Schwefels\u00e4ure gekocht, so entsteht eine der Glykurons\u00e4ure Schmiedeberg\u2019s nahe verwandte S\u00e4ure, die in Alkohol nicht l\u00f6slich ist, und alkalische Kupferl\u00f6sung beim Kochen reducirt, und ein in Aether l\u00f6sliches aromatisches Product, welches mit Braunstein und Schwefels\u00e4ure gekocht Chinon liefert. Beim Erhitzen der Chinaethons\u00e4ure mit schwach verd\u00fcnnter Jodwasserstoffs\u00e4ure auf 140\u00b0 entsteht Hydrochinon. Das Phenetol wird im Organismus wahrscheinlich zu einer Paraverbindung:\ntt\\0- OiH\\ \u25a0 OH\noxydirt, welche, sich mit Glykurons\u00e4ure zur Chinaethons\u00e4ure vereinigt.\nAnhang. Zu den Glykurons\u00e4uren geh\u00f6ren vielleicht gewisse, noch nicht n\u00e4her bekannte Substanzen mit stark reducirenden Eigenschaften, die bisweilen im Harn beobachtet worden sind. B. Dehmel 1 fand eine solche im Harn einer Ziege, und E. Salkowski 2 im Harn von mit Benzoes\u00e4ure gef\u00fctterten Hunden. Salkowski\u2019s Substanz war eine chlor- und stickstoffhaltige S\u00e4ure, welche ebenso wenig wie ihr Barytsalz krystal-lisirt werden konnte ; sie hielt Kupferoxyd in alkalischer L\u00f6sung, redu-cirte es aber nur schwach, gab jedoch mit ammoniakaliseher Silberl\u00f6sung beim Kochen einen sch\u00f6nen Silberspiegel. Auch die von Haas 3 im normalen Harn gefundene linksdrehende Substanz ist vielleicht eine Glykurons\u00e4ure.\nIII. Mit Schwefels\u00e4ure gepaarte S\u00e4uren.\nDas Vorkommen gepaarter Schwefels\u00e4uren oder Aetherschwefel-s\u00e4uren neben gew\u00f6hnlicher Schwefels\u00e4ure im normalen Harn wurde zuerst von E. Baumann1 2 3 4 nachgewiesen, welcher fand, dass namentlich der Pflanzenfresserharn reich an solchen S\u00e4uren ist, als deren Zersetzungsproclucte Phenol, Brenzcatechin und Indigo anzusprechen sind. Diese S\u00e4uren entsprechen hinsichtlich ihrer Constitution vollst\u00e4ndig den Aetherschwefels\u00e4uren, welche durch Einwirkung von Schwefels\u00e4urehydrat auf die Alkohole der fetten S\u00e4uren entstehen; wie diese zerfallen sie im freien Zustande leicht in Schwefels\u00e4ure und ein Phenol, sie entstehen aber nicht wie jene unmittelbar beim Zusammenbringen dieser Componenten. Dagegen gelangte Baumann zur Synthese dieser S\u00e4uren auf demselben AVege wie Drechsel zu derjenigen der Aetherschwefels\u00e4ure, durch Einwirkung von Phenolkalium auf pyroschwefelsaures Kali:\n1\tB. Dehmel, Landwirthsch. Versuchsst. XXIV. S. 43.\n2\tE. Salkowski, Ztschr. f. physiol. Chemie. IV. S. 135.\n3\tHaas, Med. Centralbl. 1S76. S. 149.\n4\tE. Baumann, Arch. f. d. ges. Physiol. XII. S 69; Ber. d. deutsch, chem. Ges. IX. S. 54.","page":506},{"file":"p0507.txt","language":"de","ocr_de":"Aetherschwefels\u00e4uren.\n507\nSO-2 {OK\nCs Hi \u25a0 OK -f-\t0 =SO2\nSOi\\\u00d6K\npyrosctiwefelsaures Kali\nJ OK so \\OK^\nOK\n0 \u2022 Ce Ih\nphenol\u00e4thersehwefelsaures Kali.\nDurch die weiteren Arbeiten von Baumann und vielen Anderen ergab sich ferner, dass eine ausserordentlich grosse Anzahl aromatischer Verbindungen beim Durchgang durch den Organismus mit Schwefels\u00e4ure gepaart werden, wobei die Gesetzm\u00e4ssigkeit herrscht, dass entweder die eingefiihrte Substanz bereits ein \u201ePhenolhydroxyl\u201c enthalten (d. h. ein unmittelbar mit dem aromatischen Kern G-> verbundenes Hydroxyl OH), oder dass innerhalb des Organismus ein solches durch Oxydation erzeugt werden muss. Ist ersteres nicht der Fall, und kann die zweite Bedingung nicht erf\u00fcllt werden, so tritt auch die Bildung einer Aetherschwefels\u00e4ure nicht ein. Ueber die Beactionen, durch welche diese Oxydationen und Synthesen bewirkt werden, ist noch Nichts bekannt; bez\u00fcglich der Oxydationen hat Hoppe-Seyler1 die Ansicht ausgesprochen, dass dieselben nicht durch Ozon, sondern durch den sog. activen Sauerstoff hervorgebracht w\u00fcrden, welcher bei der Spaltung gew\u00f6hnlicher Sauerstoffmolek\u00fcle (O2) durch stark reducirende Substanzen erzeugt wird. Benzol wird, wie derselbe fand, bei Gegenwart von Wasser und Palladiumwasserstoff durch Sch\u00fctteln mit Luft unter Bildung verschiedener Producte oxydirt, unter denen sich auch Phenol befindet.\nVon den vielen gepaarten Schwefels\u00e4uren, welche im Organismus gebildet werden, sind nur einige genauer untersucht worden; in den meisten F\u00e4llen hat man sich damit begn\u00fcgt nachzuweisen, dass nach der Eingabe der betreffenden Substanz die Menge der sog. freien (d. h. nicht gepaarten) Schwefels\u00e4ure abnahm, diejenige der gepaarten Schwefels\u00e4ure dagegen zunahm. Dieser Nachweis beruht auf der Thatsache, dass die gepaarten Schwefels\u00e4uren durch Essigs\u00e4ure nicht aus ihren Salzen abgeschieden, und desshalb auch beim Erw\u00e4rmen einer solchen L\u00f6sung nicht zersetzt werden; ist zugleich gew\u00f6hnliche Schwefels\u00e4ure vorhanden, so wird diese allein durch Chlorbaryum ausgef\u00e4llt. Wird alsdann das Filtrat vom schwefelsauren Baryt mit Salzs\u00e4ure versetzt und erw\u00e4rmt, so werden die gepaarten Schwefels\u00e4uren frei gemacht und zersetzen sich in Phenole und gew\u00f6hnliche Schwefels\u00e4ure, die durch Chlorbaryum gef\u00e4llt wird. Bezeichnet man die Menge der \u201efreien\u201c Schwefels\u00e4ure im Harn mit A, diejenige der \u201egepaarten\u201c mit B, so zeigt es sich, dass der Quo-\n1 Hoppe-Seyler, Ztschr. f. physiol. Chemie. II. S. 22; Ber. d. deutsch, chem. Ges. XII. S. 1551 ; Physiol. Chemie. S. 127 u. 9S3.","page":507},{"file":"p0508.txt","language":"de","ocr_de":"508 Drechsel, Chemie der Absonderungen und der Gewebe. 1. Cap. Der Harn.\ntient Q\nA\nB\nauch unter normalen Verh\u00e4ltnissen keine constante\nGr\u00f6sse ist, sondern betr\u00e4chtlich schwankt; f\u00fcr das Pferd fanden ihn Baumann und Herter1 zu 0.3\u20140.7, f\u00fcr den Hund bei reiner Fleischkost zu 6.5\u201437.4, und f\u00fcr den Menschen zu 4.2\u201427.0, wonach also der Pferdeharn am reichsten an gepaarten Schwefels\u00e4uren sich darstellt. Folgende Tabelle enth\u00e4lt eine \u00fcbersichtliche Zusammenstellung* derjenigen Substanzen, welche im Harn als gepaarte Schwefels\u00e4uren wiedererscheinen (s. bes. Baumann und Herter a. a. 0.):\nSubstanz\nerscheint im Harn als\n1)\tEinatomige Phenole: Phenol: CgHz'OH\nKresol:\n{l nz\nParakresol : CgHa\nOrthokresol : = Metakresol :\t=\nOH\ncm\nOH\nThymol: CgHzICHz\n\\CzH-\n/5-Naphtol: CioH:(OH)\n2)\tZweiatomige Phenole:\nBrenzcatechin : CeHi |\nResorcin:\t=\t-\nHydrochinon :\t=\t=\nMethylhydrochinon: Ce/Z-ij\nI OH } \\\nOrcin : CgHz ! OH\n[cm\n3)\tDreiatomige Phenole: Pyrogallol: CsHz(OH)z\n4)\tSubstituirte Phenole:\nTribromphenol : CalhBrz' OH Orthonitrophenol : Cu//;(A O-i) \u2022 OH Pikrins\u00e4ure: CgHi{NOi)z ' OH Paraamidophenol : CgH^JSHi) \u2022 OH\nPhenolschwefels\u00e4ure (auch Hydrochinonschwefels\u00e4ure, Baumann u. Preusse2)\nKresolschwefels\u00e4ure.\ngep. Schwefels\u00e4ure, z. Th. Para-oxybenzoes\u00e4ure\nHydrotoluchinonschwefels\u00e4ure gep. Schwefels\u00e4ure (keine Oxy-benzo\u00f6s\u00e4ure und kein Hy-drotoluchinon.\n(Preusse3)\n! Thymolschwefels\u00e4ure.\n| /S-Naphtolschwefels\u00e4ure (J. Mauthner4)\ni\nBrenzcatechinschwefels\u00e4ure.\nResorcinschwefels\u00e4ure (bringt A zum Verschwinden).\nHydrochinonschwefels\u00e4ure, gep. Schwefels\u00e4ure (nach Genuss von Ar butin, v. Merino).\ngep. Schwefels\u00e4ure.\nPyrogallolschwefels\u00e4ure, z. Th. unver\u00e4ndert.\nTribromphenolschwefels\u00e4ure. gep. Schwefels\u00e4ure (z. Th.), nicht sicher ermittelt.\nB erheblich vermehrt.\n1\tBaumann u. Herter, Ztschr. f. physiol. Chemie. I. S. 244.\n2\tBaumann u. Preusse, Arch. f. (Anat. u.) Physiol. 1879. S. 245.\n3\tPreusse, Ztschr. f. physiol. Chemie. Y. S. 57.\n4\tJ. Mauthner, Wiener med. Jahrb. 1881. S. 201.","page":508},{"file":"p0509.txt","language":"de","ocr_de":"Aetkersckwefels\u00e4uren.\n509\n:\nSubstanz\tj\terscheint im Harn als\n5)\tAromatische Oxys\u00e4uren:\nSalicyls\u00e4ure : CgHa( OH) \u2022 CO \u2022 OH Salicylamid: CgH\\{OH] \u2022 CO\u2022 NHi Gaultheria\u00f6l : CgHa(OH)- CO \u2022 0 \u2022 C7/3 Oxybenzoes\u00e4ure : C\u00f6Ha(OH) \u2022 CD \u2022 OH Paroxybenzoes\u00e4ure : =\t= s s\nrrotocatechus\u00e4ure : Cc//a( D//)-2 * CO \u2022 OH\nVanillin : C0//3 {(0\tH\nVanillins\u00e4ure : C6//3 | qH-a ' CO \u2022 OH\nTyrosin : Ce/A { ^\t\\ \u25a0CO-OH\n(Paroxyphenyl-a-amidopropions\u00e4ure) Salicin: CizHisOi\n6)\tAromatische Kohlenwasser-\nstoffe :\nBenzol: Cg/A\nIsopropylbenzol: Cg/A \u2022 CH j^3\nButylbenzole : Cg \u2022 C4 /A Naphtalin: C10/A\n7)\tSubstituirte Kohlenwasser-\nstoffe:\nBrombenzol: Cg Hb Br\nChlorbenzol: C&HsCl Amidophenol (Anilin): CeHb\u2019NHi\nDimethylanilin : Cg/A ' N(CHz)z Indol: CsHtN Skatol : CsIhN\ngep. Schwefels\u00e4ure nicht nachweisbar, gep. Schwefels\u00e4ure.\n==\t=, ein ganz kleiner Theil als\nPhenolschwefels\u00e4ure.\n\u00ab\t=\t=, z. Theil unver\u00e4ndert, z. Th.\nBrenzcatechinschwefels\u00e4ure (Preusse 9. gr\u00f6sstentheils als gep. Schwefel-. s\u00e4ure derVanillins\u00e4ure, Spuren unver\u00e4ndert.\t/(Preusse2)\ngep. Schwefels\u00e4ure, in geringer Menge auch unver\u00e4ndert. ' Phenolschwefels\u00e4ure, Tyrosin im Harn nicht nachweisbar (Brieger3).\nvermuthlich als gep. Schwefels\u00e4ure.\nPhenol-, (Brenzcatechin- undHydrochinon-(Nencki u. Giacosa4) Schwefels\u00e4ure.\ngep. Schwefels\u00e4ure (Oxycumol? N. u. G.).\n-\t=\t-\t(N. u. G.)\n=\t= \u2019s\t(Harn mit HCl destil-\nlirt giebt Naphtalin, aber keine Spur Naphtol).\nBromphenolschwefels\u00e4ure (Baumann und Preusse 5).\n1 Chlorphenolschwefels\u00e4ure (Jaff\u00e96). wahrscheinlich als Amidophenolschwefel-s\u00e4ure (Schmiedeberg).\nI gep. Schwefels\u00e4ure.\n! Indoxylschwefels\u00e4ure (Indican). Skatoxylschwefels\u00e4ure.\nToluol, Ortho- und Parabromtoluol, Aethylbenzol, Normalpropyl-benzol; Terpentin\u00f6l; Benzoes\u00e4ure, Benzamid, Tannin; Paratoluidin, Azobenzol, Nitrobenzol, Rosanilin geben keinen Anlass zum Auftreten gepaarter Schwefels\u00e4ure im Harn.\n1\tPreusse. Ztschr. f. physiol. Chemie. II. S. 329.\n2\tDerselbe, Ebenda. IV. S. 209.\n3\tBrieger. Ebenda. II. S. 241.\n4\tNencki u. Giacosa. Ebenda IV. 325.\n5\tBaumann u. Preusse, Ber. d. deutsch, ehern. Ges. XII. S. 306.\n6\tJaff\u00e9, Ebenda. XII. S. 1092.","page":509},{"file":"p0510.txt","language":"de","ocr_de":"510 Drechsel, Chemie der Absonderungen und der Gewebe. 1. Cap. Der Harn.\nVon den vielen beobachteten Aetherschwefels\u00e4uren sind nur die folgenden n\u00e4her untersucht worden.\nA) Phenol\u00e4therschwefels\u00e4ure: G3//5 \u2022 0 \u25a0 SO-) \u25a0 OH.\nDie Phenol\u00e4therschwefels\u00e4ure findet sich nach Baumann 1 im normalen Harn des Menschen (0.121\u20140.174 g gepaarte Schwefels\u00e4ure2 in 1 1), des Hundes (0.042\u20140.084 g bei gemischtem Fressen, 0.092\u20140.168 g bei reiner Fleischkost), des Kaninchens (0.235 g), des Pferdes (0.98\u20142.335 g); J. Munk3 erhielt aus menschlichem Harn (bei Fleischdi\u00e4t) nur Spuren von Phenol, aus Pferdeharn 0.913 g Phenol vom Liter. Der Harn von H\u00fchnern und Fr\u00f6schen enth\u00e4lt nach Christiani4 5 normal kein Phenol. Ganz bedeutend wird aber die Menge der Phenol\u00e4therschwefels\u00e4ure gesteigert nach Einverleibung von Phenol, sei es in den Magen, sei es durch Einpinselung auf die Haut; unter solchen Umst\u00e4nden kann die sog. freie Schwefels\u00e4ure des Harns vollst\u00e4ndig fehlen. Das eingefiihrte Phenol wird hierbei zum Theil oxydirt, denn J. Munk 5 fand beim Pferde nur 45.8 \u00b0/o unter gew\u00f6hnlichen Umst\u00e4nden wieder, und 58.8 % nach gleichzeitiger Eingabe von soviel Salzs\u00e4ure, dass der Harn sauer wurde. Auch andere Forscher, wie Tauber6 7, Schaffer\u201c, Auerbach8 9 kamen beim Hunde und Menschen zu \u00e4hnlichen Resultaten; kleine Mengen Phenol k\u00f6nnen ganz verschwinden, und ein Theil des Phenols wird nach Baumann und Preusse6 dabei zu Hydrochinon oxydirt.\nZur Darstellung des phenol\u00e4therschwefelsauren Kalis kann man Pferdeharn bis zum Syrup verdampfen, diesen mit Weingeist aus-ziehen, wiederum zum Syrup verdampfen und bei Winterk\u00e4lte einige Tage stehen lassen; das Salz krystallisirt dann in Bl\u00e4ttchen aus, welche abgesaugt und oft aus starkem Weingeist umkrystallisirt werden. So erh\u00e4lt man das Salz nur sehr schwer rein, es enth\u00e4lt immer etwas kresolschwefelsaures Kali. Leichter l\u00e4sst sich dasselbe vollkommen rein auf synthetischem Wege darstellen, indem man 100 g Phenol mit 60 g Kalihydrat und 80\u201490 g Wasser zusammenbringt, in die auf 60\u201470 \u00b0 erkaltete Mischung 125 g feingepulvertes pyro-\n1\tBaumann, Arch. f. d. ges. Physiologie. XIII. S. 285.\n2\tHaupts\u00e4chlich Phenol-, Brenzcatechinschwefels\u00e4ure und Indican.\n3\tJ. Hunk, Arch. f. d. ges. Physiologie. XII. S. 142.\n4\tChristiani, Ztschr. f. physiol. Chemie. II. S. 273.\n5\tJ. Munk, Arch. f. (Anat. u.) Physiol. 1881. S. 460.\n6\tTauber, Ztschr. f. physiol. Chemie. II. S. 366.\n7\tSchaffer, Journ. f. pract. Chemie. (2) XVIII. S. 262.\n8\tAuerbach, Arch. f. pathol. Anat. LXXVII. S. 226.\n9\tBaumann u. Preusse, Arch. f. (Anat. u.) Physiol. 1879. S. 245.","page":510},{"file":"p0511.txt","language":"de","ocr_de":"Phenol\u00e4therschwefels\u00e4ure.\n511\nschwefelsaures Kali (K2S2O1) allm\u00e4hlich eintr\u00e4gt und das Ganze unter \u00f6fterem Umsch\u00fctteln S\u201410 Stunden lang auf dieser Temperatur erh\u00e4lt. Dann wird mit siedendem 95% Alkohol extrahirt und heiss filtrirt; beim Erkalten scheidet sich das Salz in gl\u00e4nzenden Bl\u00e4ttchen aus, die noch ein paar Mal umkrystallisirt werden (Baumann).\nDie freie Phenolschwefels\u00e4ure ist \u00e4usserst unbest\u00e4ndig, genau wie die Aetherschwefels\u00e4ure; sie zerf\u00e4llt schnell in Phenol und Schwefels\u00e4ure. Ihre Salze geben mit Chlorbaryum keinen Niederschlag, auch nicht auf Zusatz von Essigs\u00e4ure; werden sie aber mit etwas Salzs\u00e4ure erhitzt, so entsteht dann durch Chlorbaryum ein Niederschlag von schwefelsaurem Baryt. Das Kalisalz:\nC6 lh \u2022 0 \u25a0 SO-2 \u25a0 OK\nkrystallisirt wasserfrei in kleinen, gl\u00e4nzenden Bl\u00e4ttchen ; es l\u00f6st sich leicht in Wasser (1:7), kaum in absolutem Alkohol, leichter in kochendem Weingeist; seine L\u00f6sung fluorescirt nicht (das unreine Salz aus Harn fluorescirt sch\u00f6n blau). Mit Eisenchlorid f\u00e4rbt es sich nicht; wird es aber im zugeschmolzenen Rohr auf 170\u2014180 \u00b0 erhitzt, so geht es in ein isomeres (paraphenolsulfosaures) Salz:\n(CgHi \u25a0 OH)SO2 \u25a0 OK\n\u00fcber, welches sich mit Eisenchlorid blauviolett f\u00e4rbt. Es ist nicht giftig, wird durch Pankreasf\u00e4ulniss nicht zersetzt und geht nach der Einverleibung fast vollst\u00e4ndig in den Harn \u00fcber.\nDie unter normalen Umst\u00e4nden im Harn auftretende Phenolschwefels\u00e4ure stammt von der Eiweissf\u00e4ulniss im Darmkanale her; wird diese durch Kothanstauung (Darmverschluss) gesteigert, so erscheint auch eine gr\u00f6ssere Menge Phenolschwefels\u00e4ure und Indican im Harn (E. Salkowski1). Dass der Harn bei der Destillation (mit Salzs\u00e4ure) Phenol liefert, hatte zuerst St\u00e4deler2 beobachtet, welcher (im Kuhharn) daneben noch Tauryls\u00e4ure (Parakresol), Damol- und Damalurs\u00e4ure fand; ob letztere beiden, nur wenig untersuchten S\u00e4uren unmittelbar oder auch als gepaarte Verbindungen im Harn enthalten sind, ist noch nicht bekannt.\nT3\n\u2022 SO-2 OII\nIm Pferdeharn finden sich 3 isomere Kresolschwefels\u00e4uren, welche bei der Zersetzung mit Salzs\u00e4ure Para-, Ortho- und Metakresol geben; die dem ersteren entsprechende S\u00e4ure ist in gr\u00f6sster Menge\nB) Kresolschwefels\u00e4uren: Q,H\\\nIC.\nio\n1\tE. Salkowski, Ber. d. deutsch, chem. Ges. IX. S. 1595.\n2\tSt\u00e4deler. Ann. d. Chemie u. Pharm. LXXVII. S. 17.","page":511},{"file":"p0512.txt","language":"de","ocr_de":"512 Drechsel, Chemie der Absonderungen und der Gewebe. 3. Cap. Der Harn.\nvorhanden, die letzte nur in Spuren (BaumannPreusse1 2 3). Das kresolsehwefelsaure Kali gleicht ganz dem phenolschwefelsauren Salz und kann wie dieses synthetisch dargestellt werden; bei 150\u2014160 \" geht es in ein kresolsulfosaures Salz (C&H3 \\OH][CHs] \u2022 SO2 \u2022 OK) \u00fcber, welches sich mit Eisenchlorid intensiv bl\u00e4ut. Die drei isomeren Kresole verhalten sich bei der Einf\u00fchrung in den Organismus verschieden (s. 0. die Tabelle).\nC) Dioxybenzolschwefels\u00e4uren.\nDie drei isomeren Dioxybenzole verm\u00f6gen s\u00e4mmtlich Aether-schwefels\u00e4uren zu erzeugen, und zwar theoretisch jedes zwei:\nCx,H\\\nOH\n0 \u25a0 SO-i \u2022 OH\nMon\u00e4thers\u00e4ure, und\nC\\3 Ha\n0 \u25a0 SO, \u2022 OH 0 \u2022 SO2 \u2022 OH\nDi\u00e4thers\u00e4ure.\na) Resorcinschwefels\u00e4uren. Man tr\u00e4gt nach Baumann 20 Th. Resorcin in eine L\u00f6sung von 20 Th. Kalihydrat in 25 Th. Wasser, l\u00e4sst etwas erkalten, f\u00fcgt allm\u00e4hlich 45 Th. pyroschwefel-saures Kali hinzu und l\u00e4sst unter h\u00e4utigem Umsch\u00fctteln ca. 6 Stunden lang stehen. Dann wird das Ganze mit 2 Vol. 90 \u00b0 o Alkohol extrahirt; das Filtrat mit dem gleichen Volum absoluten Alkohols versetzt l\u00e4sst nach einiger Zeit das di\u00e4therschwefelsaure Salz aus-krystallisiren, welches durch L\u00f6sen in Wasser, Entf\u00e4rben mit Bleizucker, Entbleien des Filtrats mit Schwefelwasserstoff, Eindampfen und F\u00e4llen mit Alkohol gereinigt wird; die urspr\u00fcngliche Mutterlauge des rohen Salzes enth\u00e4lt das mon\u00e4therschwefelsaure Salz, welches durch ann\u00e4herndes Neutralisiren der Fl\u00fcssigkeit, Eindampfen, und Umkrystallisiren der erhaltenen Krystalle aus kochendem Alkohol gereinigt wird.\nDas resorcindi\u00e4therschwefelsaure Kali:\nQ\\H\\(0 \u25a0 SO2 \u25a0 OK)-i\nkrystallisirt wasserfrei in farblosen feinen Nadeln, die in Wasser leicht, in Alkohol nicht l\u00f6slich sind; mit Eisenchlorid geben sie keine F\u00e4rbung, durch Erhitzen auf 160\u00b0 werden sie in ein resorcin-sulfosaures Salz umgewandelt. Dieses Salz findet sich nach Eingabe von 2\u20143 g Resorcin im Hundeharn.\n1\tBaumann, Ber. d. deutsch, chem. Ges. IX. S. 1389 u. 1715.\n2\tPreusse, Ztschr. f. physiol. Chemie. II. S. 355.\n3\tBaumann, Ztschr. f. physiol. Chemie. II. S. 333.","page":512},{"file":"p0513.txt","language":"de","ocr_de":"Brenzcatechin-. Pyrogallol-, Salicyl\u00e0thersch wefelsaure.\n513\nDas resorcinmon\u00e4tlierscliwefelsaure Kali:\nam(OH)Oso-2-OK\nkrystallisirt wasserfrei in d\u00fcnnen farblosen Tafeln, die in Wasser leicht, in Alkohol schwer l\u00f6slich sind. Ihre w\u00e4ssrige L\u00f6sung zersetzt sich leicht, wird durch Eisenchlorid violett gef\u00e4rbt; bei 150 bis 160\u00b0 geht es in ein sulfosaures Salz \u00fcber.\nb)\tDie Aethers\u00e4uren des Brenzcatechins werden auf dieselbe Weise erhalten; sie finden sich im Pferdeharn (Baumann2), im menschlichen (normal? J. M\u00fcller3). Jeder Harn, welcher Brenzcatechin enth\u00e4lt, f\u00e4rbt sich beim Stehen an der Luft von oben her dunkel, welche Eigenschaft fr\u00fcher auf die Anwesenheit von \u201eAlkapton\u201c bebezogen wurde (B\u00f6deker).\nDas brenz catechindi\u00e4t her schwefelsaure Kali ist ein weisses, in Wasser leicht, in Alkohol unl\u00f6sliches Krystallpulver, dessen w\u00e4ssrige L\u00f6sung durch Eisenchlorid nicht gef\u00e4rbt wird.\nDas brenzcatechinmon\u00e4therschwefelsaure Kali krystallisirt aus Alkohol in gl\u00e4nzenden, in Wasser leicht l\u00f6slichen Bl\u00e4ttchen, deren w\u00e4ssrige L\u00f6sung sich mit Eisenchlorid violett f\u00e4rbt.\nc)\tMit Hydrochinon wurde nur das mon\u00e4therschwefelsaure Kali erhalten, welches in rhombischen Tafeln krystallisirt.\nD) Pyrogallolmonaetherschwefels\u00e4ure: C\u00dfH,](OH)2 \u2022 0 \u25a0 SOi \u25a0 OH.\nIn ganz \u00e4hnlicher Weise wie oben angegeben erhielt Baumann (a. a. 0.) das pyrogall olm 0 n\u00e4th ersch wefelsaure Kali in farblosen Nadeln, die in Wasser sehr leicht, in Alkohol schwer l\u00f6slich sind; die w\u00e4ssrige L\u00f6sung giebt mit Eisenchlorid eine sattgr\u00fcne F\u00e4rbung, die durch eine Spur Alkali blau, durch mehr rothviolett wird.\nE) Aetherschwefels\u00e4uren der Oxybenzo\u00ebs\u00e2uren.\nJede der drei isomeren Oxybenzo\u00ebs\u00e2uren: CkHi(OH) CO \u25a0 OH giebt eine Aetherscliwefels\u00e4ure.\na) Das sa licyl\u00e4thersch wefelsaure Kali:\nn TT j CO \u25a0 Olv\n\\0 \u25a0 SO2 \u2022 OK\nwird nach Baumann (a. a. 0.) auf die oben beschriebene Art und Weise erhalten; es krystallisirt wasserfrei in fast farblosen, in Wasser leicht, in Alkohol nicht l\u00f6slichen Spiessen; nach Eingabe von Sali-cyls\u00e4ure konnte es im Harn von Kaninchen nicht mit Sicherheit nachgewiesen werden.\n1\tBaumann, Arch. f. cl. ges. Physiologie. XII. S. 63.\n2\tJ. M\u00fcller, Ber. d. deutsch, chem Ges. VI. S. 1526.\nHandbuch der Physiologie. Bd V.\t33","page":513},{"file":"p0514.txt","language":"de","ocr_de":"514 Drechsel, Chemie der Absonderungen und der Gewebe. 1. Cap. Der Harn.\nb)\tMetoxy benzoeschwefel saures Kali krystallisirt aus Alkohol auf Zusatz you Aether in farblosen, an feuchter Luft zerfressenden Nadeln. Die S\u00e4ure entsteht im Organismus des Menschen und des Hundes nach Genuss von Metoxybenzoes\u00e4ure.\nc)\tDas paroxybenzo\u00ebschwefelsaure Kali krystallisirt in gl\u00e4nzenden Bl\u00e4ttchen und Tafeln; es findet sich im Harn nach Eingabe von Paroxybenzoes\u00e4ure.\nF) Indoxylschwefels\u00e4ure: CsH:NSO4.\nDas Indican des Harns ist nicht mit demjenigen der Pflanzen identisch, sondern eine Aetherschwefels\u00e4ure, die Indoxylschwefels\u00e4ure (Baumann1). Dieselbe findet sich namentlich reichlich im Harn der Pflanzenfresser, in kleinerer Menge auch bei Menschen und Hunden. Die Indicanausscheidung wird bedeutend gesteigert durch Einverleibung (per os oder subcutan) von Indol (Jaff\u00e92, Fudakowski, T. Hering, Masson3); unter normalen Umst\u00e4nden ist das bei der Eiweissf\u00e4ulniss im Darm gebildete Indol die Quelle des Indicans im Harn, und wenn diese unter pathologischen Bedingungen, wie Darmverschluss, gesteigert wird, so wird auch der Indicangehalt des Harns erh\u00f6ht (E. Salkowski 4, Heinemann 5).\nZur Darstellung des Harnindieans wird ein kr\u00e4ftiger Hund (24 Kilo) mit Indol gef\u00fcttert (3\u20145 g pro die), der Harn zur Krystallisation verdampft, die Mutterlauge mit 90 \u00b0 o Alkohol ausgezogen, das Extract in der K\u00e4lte mit alkoholischer Oxals\u00e4ure ausgef\u00e4llt, nach 10 Minuten filtrirt und das Filtrat sofort mit alkoholischer Kalilauge schwach alkalisch gemacht. Das Filtrat wird eingeengt, mit Aether gef\u00e4llt, der syrupartige Niederschlag mit 96 \u00f6/o Alkohol extrahirt und mit Aether gef\u00e4llt. Durch \u00f6ftere Wiederholung dieser Operation er-h\u00e4lt man endlich das indoxylschwefels\u00e4ure Kali: CsHqKXS0\u00b1 rein in blendendweissen gl\u00e4nzenden Tafeln und Bl\u00e4ttchen, die sich in Wasser leicht, in kaltem Alkohol sehr schwer, leichter in heissem l\u00f6sen. Wird seine L\u00f6sung mit verd\u00fcnnter Salzs\u00e4ure erw\u00e4rmt, so tritt ein f\u00e4culenter Geruch auf und ein \u00f6liger K\u00f6rper (Indoxyl: CsH-XO, isomer mit Oxindol) scheidet sich ab, der aber schnell verharzt. Bei Luftzutritt, am besten bei Gegenwart von Eisenchlorid und Salzs\u00e4ure, f\u00e4llt sofort Indigo aus. Beim Erhitzen des trockenen Salzes\n1\tBaumann, Arch. f. d. ges. Physiol. XIII. S. 285.\n2\tJaff\u00e9, Kopf, Jahresber. 1872. S. 942.\n3\tMasson, Ber. d. deutsch, chem. Ges. VIL Su 1593.\n4\tE. Salkowski, Ebenda. IX. S 138 u. 1595.\n5\tHeinemann, Med. Centralbl. XVIII. S. 879.","page":514},{"file":"p0515.txt","language":"de","ocr_de":"Indigweiss-, Skatoxylschwefels\u00e4ure. Bromphenylmercapturs\u00e4ure.\n515\nsublimirt Indigo; mit Barythydrat erhitzt liefert es Anilin. Eine Methode zur Indicanbestimnmng im Harn hat Jaff\u00e9 ! angegeben.\nBemerkenswerth ist, dass das beschriebene Salz nach F\u00fctterung mit Indigo nicht im Harn auftritt; Indigblau wird im Darm des Kaninchens (nicht des Hundes) zu Indigweiss reducirt und erscheint als in dig weissschwefelsaures Salz im Harn, welches bei Hunden nach F\u00fctterung mit Indigweiss auftritt (E. Baumann und F. Tie-mann -). Solcher Harn f\u00e4rbt sich mit Salzs\u00e4ure versetzt und mit Luft gesch\u00fcttelt blau. Das indigweissschwefeisaure Kali\nCi f, Hi o Kl A72 S\u20182 Os\nerh\u00e4lt man durch Eiwirkung von Indigweiss in alkalischer L\u00f6sung auf pyroschwefelsaures Kali bei Luftabschluss; seine L\u00f6sung mit Salzs\u00e4ure versetzt und mit Luft gesch\u00fcttelt scheidet sofort Indigo ab und unterscheidet sich dadurch wesentlich von dem indoxyl-schwefelsauren Salz.\nDie Bildung der Indoxylschwefels\u00e4ure aus Indol im Organis-\no\t*s\nmus erfolgt in derselben Weise, wie die der Phenolschwefels\u00e4ure aus Benzol.\nG) Skatoxylschwefels\u00e4ure.\nGanz analog dem Indol verh\u00e4lt sich im Organismus (Hund, Kaninchen) das Skatol: C9HjA. Dieser K\u00f6rper bildet sich bei der F\u00e4ulniss von Gehirn (Nencki1 2 3), verschiedenen Eiweissarten (Brie-ger4), und wurde zuerst in menschlichen Excrementen in geringer Menge aufgefunden (Brieger5)- Wird dasselbe an Hunde verf\u00fcttert, so kann man aus dem Harn derselben auf dieselbe Weise, wie beim indoxylschwefelsauren Kali angegeben, ein krystallinisches Salz darstellen, welches beim Erhitzen violette D\u00e4mpfe entwickelt, und durch concentrirte Salzs\u00e4ure in w\u00e4ssriger L\u00f6sung roth gef\u00e4rbt wird; beim Kochen der anges\u00e4uerten L\u00f6sung mit Chlorbaryum scheidet sich schwefelsaurer Baryt aus (Brieger4).\nIV. Mit Cystin gepaarte S\u00e4uren.\nAi Eromphenylmercapturs\u00e4ure : CnIIaBriS SOs.\nWenn man Hunde oder Kaninchen mit Brombenzol: QHkBr f\u00fcttert, so wird der Harn stark links drehend und reducirt beim Kochen alkalische Kupferl\u00f6sung; ausser dieser linksdrehenden Substanz (als deren Spaltungsproduct vermuthlich die Bromphenylmer-\n1\tJaff\u00e9, Arch. f. d. ges. Physiol. III. S. 448.\n2\tE. Baumann u. F. Tiemann. Ber. d. deutsch, chem. Ges.XIII. S. 408.\n3\tNencki, Ztschr. f. physiol. Chemie. IY. S. 371.\n4\tBrieger. Ebenda. IY. S. 414.\n5\tDerselbe, Ber. d. deutsch, chem. Ges. X. S. 1027.\n33*","page":515},{"file":"p0516.txt","language":"de","ocr_de":"ol\t6 Drechsel. Chemie der Absonderungen und der Gewebe. 1. Cap. Der Harn.\ncapturs\u00e4ure zu betrachten ist) enth\u00e4lt der Harn noch eine brom-, Schwefel- und stickstoffhaltige, in feinen verfilzten Nadeln krvstal-lisirende Substanz, ferner Brompkenole und Bromhydrochinon als Aetherschwefels\u00e4uren (Baumann und Preusse1, Jaff\u00e9 '2). Zur Darstellung der Bromphenylmercapturs\u00e4ure werden kr\u00e4ftige ausgewachsene Hunde t\u00e4glich mit 3\u20145 g Brombenzol gef\u00fcttert, was sie meist lange vertragen; der Harn wird mit V20 Vol. Bleizuckerl\u00f6sung gef\u00e4llt, filtrirt, mit 1/io Vol. concentrirter Salzs\u00e4ure versetzt und S bis 10 Tage stehen gelassen, wodurch die linksdrehende Substanz feine gepaarte Glykurons\u00e4ure ?) zersetzt wird und die rohe S\u00e4ure sich ausscheidet. Durch Umkrystallisiren aus heissem Wasser unter Zusatz von Thierkohle wird sie gereinigt.\nDie Brom p h e ny 1 m e r ca p turs\u00e4ure: G1 Th 2Br NSOs krystal-lisirt in zolllangen, farblosen Nadeln und Spiessen, welche in 70 Th. kochendem Wasser l\u00f6slich, in kaltem und in Aether fast gar nicht, in Alkohol ziemlich leicht l\u00f6slich sind. Die alkoholische L\u00f6sung ist schwach linksdrehend, die alkalische schwach rechtsdrehend, \u00e4hnlich der Asparagins\u00e4ure (Baumann3). Die S\u00e4ure schmilzt bei 152 bis 153\u00b0, in h\u00f6herer Temperatur zersetzt sie sich. In concentrirter Salzs\u00e4ure ist sie leichter l\u00f6slich als in Wasser, krystallisirt aber aus der heissen L\u00f6sung unver\u00e4ndert aus; die L\u00f6sung in concentrirter Schwefels\u00e4ure f\u00e4rbt sich beim Erhitzen unter Entwicklung von schwefliger S\u00e4ure sch\u00f6n blau, wird aber auf Zusatz von Wasser oder Alkohol farblos. Ihre Salze mit Ammoniak, Baryt und Magnesia krvstallisiren gut, diejenigen mit Kupfer, Blei, Silber, Quecksilber und Eisenoxyd sind unl\u00f6slich.\nBeim Kochen mit verd\u00fcnnter Schwefels\u00e4ure wird die S\u00e4ure in Essigs\u00e4ure und Bromphenylcystin: CgNoBrNSO-i gespalten; letzteres bildet kleine gl\u00e4nzende Nadeln und Bl\u00e4ttchen, die in Wasser, Weingeist und Aether fast gar nicht, in heissem Wasser sehr schwer, in siedendem 60proc. Weingeist etwas leichter l\u00f6slich sind. Schmilzt bei 180 \u2014 182\u00b0 unter Zersetzung. Es verbindet sich mit S\u00e4uren und Basen; das salzsaure Salz bildet zolllange, dicke Nadeln, die durch Wasser zersetzt werden. Mit Alkalien gekocht liefert es (wie auch die Bromphenylmercapturs\u00e4ure) Parabromphenylmercaptan, Ammoniak und Brenztraubens\u00e4ure:\nC, Th 0 Br NS Oi 4- TB O = G TB Br Sir 4- XJB + CIB \u2022 CO \u25a0 CO \u25a0 OTT\nParabromphenyl-\nmercaptan.\tBrenztraubeus\u00e4ure.\n1\tBaumann u. Preusse, Ztschr. f. physiol. Chemie. V. S. 309.\n2\tJaff\u00e9. Ber. d. deutsch, ehern. Ges. XII. S. 1092.\n3\tBaumann, Ebenda. XV. S. 1731.","page":516},{"file":"p0517.txt","language":"de","ocr_de":"Bromphenylmercapturs\u00e4iire.\n517\nMit Natriumamalgam auf dem Wasserbade erw\u00e4rmt wird unter Elimination des Broms Phenylmercaptan, Ammoniak, Bromwasserstoff und G\u00e4hrungsmilchs\u00e4ure gebildet:\n\u00fclIioBrXSOi + 2 Ih X ILO =\nCJIo \u25a0 SEX Xlh + IIBr + CIL \u2022 CII{OH) \u2022 CO \u2022 OIL Mit Essigs\u00e4ureanhydrid erhitzt verliert es Wasser und geht in Bromphenylcysto\u00efn: GJIBrXSO \u00fcber, welches weisse, in Wasser fast gar nicht l\u00f6sliche Nadeln bildet; Schmelzpunkt 152\nbis 153\u00b0.\nWird Bromphenylmercapturs\u00e4ure mit Natriumamalgam behandelt, so geht sie in Phenylmercapturs\u00e4ure: CnII3ASO3 \u00fcber, welche in gl\u00e4nzenden Tetraedern und Octaedern krystallisirt, in kaltem Wasser schwer, in heissem und in Alkohol leichter l\u00f6slich ist und bei 142\u2014143\" schmilzt. Ihre alkoholische L\u00f6sung dreht schwach links, ihre alkalische schwach rechts, w\u00e4hrend das Bromphenylcystin und das Phenylcystin in alkalischer L\u00f6sung schwach linksdrehend sind (Baumann1). Das Barytsalz der Phenylmercapturs\u00e4ure krystallisirt in Nadeln; das Silbersalz f\u00e4llt amorph aus, wandelt sich aber in gl\u00e4nzende Bl\u00e4ttchen um. Mit S\u00e4uren gekocht spaltet sich die S\u00e4ure analog der gebromten S\u00e4ure in Essigs\u00e4ure und Phenyl-cystin: CsIInXSO-i, welches ganz wie Cystin in regelm\u00e4ssigen, sechsseitigen T\u00e4felchen krystallisirt, die in kaltem Wasser schwer, in heissem leichter l\u00f6slich sind. Mit Alkalien gekocht zerf\u00e4llt dasselbe in Phenylmercaptan, Ammoniak und Brenztraubens\u00e4ure:\nC<) II1A S0-2 X H-i 0 = Ca IL \u2022 SII \u2014A Hs \u2014j\u2014 CH3 \u2022 CO \u2022 CO \u2022 CH.\nDie gegenseitigen Beziehungen dieser K\u00f6rper lassen sich durch folgende Formeln veranschaulichen:\n${G-> H4 Br)\nCIL \u2022 C\u2014 Xlh\nCO \u2022 CIL \u25a0 CO \u2022 OH\nBromphenylmercapturs\u00e4ure (?)\nS(CHLBr)\n/\nCIL \u2022 C \u2014 Xlh\n\\\nCO \u2022 OH\nBromphenylcystin\nS{C%IhBj')\n/\nCIL \u2022 C\u2014 XII\n\\ /\nCO\nBromphenylcysto\u00efn\n5 \u25a0 a il\nCIL \u2022 C\u2014 Xlh\nCO \u25a0 CIL \u2022 CO \u2022 O\u00efl\nrhenylmercaptursaure\ns-an\nCIL -C\u2014Xlh\n\\\nCO \u25a0 OII\nThenylcystin\nCIL C\u2014Xlh\n\\\nCO \u25a0 OH\nCystin\nDie Brenztraubens\u00e4ure entsteht aus diesen K\u00f6rpern (auch aus Cystin selbst, Baumann), indem die Atomcomplexe S- CqIL u. s w.\n1 Baumann, Ber. d. deutsch, chem. Ges. XV. S. 1731.","page":517},{"file":"p0518.txt","language":"de","ocr_de":"518 Drechsel, Chemie der Absonderungen und der Gewebe. 1. Cap. Der Harn.\nund XII-2 mit je 1 At. Wasserstoff verbunden austreten und zusammen durch 1 At. 0 substituirt werden, und aus der Brenztraubens\u00e4ure wird durch Natriumamalgam in w\u00e4ssriger L\u00f6sung die G\u00e4h-rungsmilchs\u00e4ure erzeugt.\nB) Clilorphenylmercapturs\u00e4ure : Cn HizCCS SO:,\nDer Harn, welcher nach F\u00fctterung mit Chlorbenzol: Ca Hb CI von Hunden entleert wird, enth\u00e4lt ganz \u00e4hnliche Producte, wie nach Eingabe von Brombenzol (Jaff\u00e91). Wird derselbe wie oben angegeben behandelt, so erh\u00e4lt man die Chlo r phenyl me r cap tu r s\u00e4ure: Cu H\\ 2<:L\\ \u00abSO3, welche sich in allen St\u00fccken wie die entsprechende Broms\u00e4ure verh\u00e4lt. Sie krystallisirt aus Wasser oder Alkohol in farblosen Bl\u00e4ttchen, bei langsamer Ausscheidung aus Aether in d\u00fcnnen, wasserhellen, rhombischen Tafeln. Sie ist im Allgemeinen leichter l\u00f6slich als die gebromte S\u00e4ure; ihr Schmelzpunkt liegt bei 153\u2014154\u00b0. Das Chlorphenylcystin: C9H10C/XSO2 krystallisirt in Nadeln oder Bl\u00e4ttchen, schmilzt bei 182\u20141S4U.\nV. Mit Ornithin (Diamidovalerians\u00e4ure) gepaarte S\u00e4uren.\nOrnithurs\u00e4ure : Ci 9H20 A2 O4.\nW\u00e4hrend Benzoes\u00e4ure im Organismus der S\u00e4ugethiere in Hippurs\u00e4ure umgewandelt wird, geht sie in dem der H\u00fchner in Ornithurs\u00e4ure \u00fcber (Jaff\u00e92). Zur Gewinnung derselben wird der Riick-stand vom alkoholischen Extract der frischen Excremente mit Aether und verd\u00fcnnter Schwefels\u00e4ure ausgesch\u00fcttelt, wobei ein Theil der Ornithurs\u00e4ure in L\u00f6sung geht, derselbe scheidet sich bei l\u00e4ngerem Stehen der etwas eingeengten \u00e4therischen L\u00f6sung krystallinisch aus. Der weitaus gr\u00f6sste Theil ist aber in dem in Aether unl\u00f6slichen R\u00fcckst\u00e4nde als schwarze, pechartige Masse enthalten, die allm\u00e4hlich krystallinisch wird; durch L\u00f6sen mit heissem Wasser und Animo-niak, Kochen mit Kalkmilch, Filtriren und Zusatz von etwas \u00fcbermangansaurem Kali wird die L\u00f6sung entf\u00e4rbt, und dann durch Salzs\u00e4ure die Ornithurs\u00e4ure ausgeschieden; durch \u00f6fteres Umkrystalli-siren aus heissem Alkohol wird sie ganz rein erhalten.\nDie Ornithurs\u00e4ure: 65 H\\ 0 (Ca Hb \u25a0 CO)2 Ab O2 bildet kleine farblose Nadeln; sie ist in heissem Wasser \u00e4usserst schwer, in Aether fast gar nicht l\u00f6slich, leichter in Essig\u00e4ther oder Alkohol. Schmelzpunkt 182\u00b0; in h\u00f6herer Temperatur giebt sie ein wolliges, dem Leucin\n1\tJaff\u00e9, Ber. d. deutsch, chem. Ges. XII. S. 1092.\n2\tDerselbe, Ebenda. X. S. 1925, XI. S. 406.","page":518},{"file":"p0519.txt","language":"de","ocr_de":"Ornithurs\u00e4ure. Methylhydantoins\u00e4ure.\n519\n\u00e4hnliches Sublimat. Sie ist eine schwache S\u00e4ure; ihr Kalksalz ist krystallinisch. Mit Salzs\u00e4ure gekocht wird sie in \u00e4hnlicher Weise zersetzt wie die Hippurs\u00e4ure; wie letztere in Glvcocoll und Benzoes\u00e4ure zerf\u00e4llt, spaltet sich die Ornithurs\u00e4ure zun\u00e4chst in Benzoes\u00e4ure und Monobenzoylomithin:\naihoiam \u2022 co}iX-2Oi+ih o=CbHn(am \u25a0 co)x2o-i + am \u2022 co \u25a0 oh\nMonobenzoylornitliin.\nDieses krystallisirt in farblosen, ausserordentlich weichen und zarten Nadeln vom Schmelzpunkt 225\u2014230\u00b0, die in Wasser leicht, in Alkohol fast nicht, in Aether gar nicht l\u00f6slich sind und mit S\u00e4uren Salze bilden. Beim l\u00e4ngeren Kochen mit Salzs\u00e4ure erleidet es noch eine weitere Spaltung in Benzoes\u00e4ure und Ornithin:\nCb Hl 1 ( a Hb \u2022 CO)X-2 0-1 4- Hl 0 = Cb Hi 2 Ab O, + a Hb \u2022 CO \u25a0 OH\nOrnithin.\nDas Ornithin selbst ist noch nicht in reinem Zustande bekannt; es bildet mit 1 Mol. Salpeters\u00e4ure ein in sch\u00f6nen breiten Bl\u00e4ttchen krystallisirendes Salz und verbindet sich auch mit Salzs\u00e4ure und Oxals\u00e4ure. Seiner Zusammensetzung nach kann es als eine Diamido-valerians\u00e4ure: CiH-^NH-i)-! \u25a0 CO \u2022 OH betrachtet werden, welche, da sie zweimal das Radikal Amid enth\u00e4lt, auch zweimal das Radikal der Benzoes\u00e4ure aufzunehmen vermag, gerade wie das Glycocoll : Cf/2(A Hi) \u25a0 CO \u2022 OH} welches nur einmal Amid enth\u00e4lt, sich mit nur einem Benzoyl zu Hippurs\u00e4ure vereinigt. Die Bildung der Ornithurs\u00e4ure erfolgt jedenfalls im Organismus der H\u00fchner auf dieselbe Weise wie die der Hippurs\u00e4ure bei den S\u00e4ugern.\nVI. Mit Carbamins\u00e4ure gepaarte S\u00e4uren (Uramidos\u00e4uren).\nA) Methylhydantoins\u00e4ure: C\\ FC A2 Oy.\n0. Sciiultzen 1 fand zuerst, dass nach Sarkosingaben im Hundeharn eine von ihm Sarkosincarbamins\u00e4ure genannte Verbindung C\\H%X-iOb auftritt, w\u00e4hrend Harnstoff und Harns\u00e4ure vollst\u00e4ndig verschwinden sollten. Baumann und v. Mering1 2, welche diese Versuche am Menschen, Hunde und Huhn wiederholten, kamen zu entgegengesetzten Resultaten; Sarkosin geht nach ihnen fast ganz unver\u00e4ndert in den Harn \u00fcber, die Menge des Harnstoffs und der Harns\u00e4ure wird nicht vermindert, Methylhydantoins\u00e4ure (mit welcher die Sarkosincarbamins\u00e4ure identisch) wird nicht in wesentlicher Menge gebildet, so dass ihre Anwesenheit zweifelhaft blieb. Sie fan-\n1\t0. Sciiultzen, Ber. d. deutsch, ehern. Ges. V. S. 57S.\n2\tBaumann u. v. Mering, Ebenda. VIII. S. 5S4.","page":519},{"file":"p0520.txt","language":"de","ocr_de":"520 Drechsel, Chemie der Absonderungen und der Gewebe. 1. Cap. der Harn.\nden ausserdem, dass bei Gegenwart von Sarkosin der Harnstoff nicht durch salpetersaures Quecksilberoxyd gef\u00e4llt wird ; eine Beobachtung, welche vielleicht die Angabe Schultzen\u2019s \u00fcber das Verschwinden des Harnstoffs erkl\u00e4rt. E. Salkowski1 fand ebenfalls einen Theil des Sarkosins im Harn wieder, ausserdem Spuren von Methylharnstoff; er h\u00e4lt es f\u00fcr m\u00f6glich, dass die abweichenden Resultate von Schultzen durch die individuelle Besonderheit seines Hundes bedingt wurden. J. Schiefer'2 hat den nach Sarkosingenuss gelassenen menschlichen Harn auf Methylhydantoin untersucht, welches leicht aus Methylhydantoins\u00e4ure (schon beim Kochen der w\u00e4ssrigen L\u00f6sung) unter Wasserabspaltung entsteht. Dasselbe reducirt, wie Baumann gefunden, stark FEHLiNG\u2019sche L\u00f6sung, und Schiffer fand in der That, dass der menschliche Sarkosinharn ein betr\u00e4chtliches Reductionsverm\u00f6gen besitzt. Die Resultate dieser verschiedenen Untersuchungen lassen sich durch die Annahme erkl\u00e4ren, dass das Sarkosin zwar gew\u00f6hnlich gr\u00f6sstentheils unver\u00e4ndert im Harn wieder ausgeschieden wird, dass aber unter Umst\u00e4nden, die von individuellen Besonderheiten abh\u00e4ngen, ein Theil desselben in Methyl-hvdantoin, bez. Methvlhvdantoins\u00e4ure \u00fcbergef\u00fchrt werden kann. Mit Recht hebt E. Salkowski hervor, dass der Baumstark\u2019sehe K\u00f6rper QHKiO, sowie die Urocanins\u00e4ure von Jaff\u00e9 auch nicht im Harn eines jeden Hundes gefunden werden.\nDie Methylhydantoins\u00e4ure:\ny Hl \u25a0 CO \u2022 (CHs)iV- CHi \u25a0 CO \u2022 OH\nentsteht beim Erw\u00e4rmen von Sarkosin mit cyansaurem Kali Baumann und Hoppe-Seyler3), unter Zusatz von etwas Schwefels\u00e4ure (Salkowski4), beim Kochen von Sarkosin mit Harnstoff und Barytwasser (Baumann und Hoppe-Seyler). Sie krystallisirt in sch\u00f6nen Tafeln, ist in kaltem Wasser und Alkohol schwer, in den heissen Fl\u00fcssigkeiten leicht l\u00f6slich. Wird ihre concentrirte w\u00e4ssrige L\u00f6sung gekocht, so wandelt sie sich in Methylhydantoin:\nCO--------\n/\ncm\n\\\nN(CH)CO-yH\n1\tE. Salkowski, Ber. d. deutsch, chem. Ges. VIII. S. 63S ; s. a. Ztschr. f. physiol. Chemie. IV. S. 55 u. 100.\n2\tJ. Schiffer, Ztschr. f. physiol. Chemie. V. S. 257.\n3\tBaumann u. Hoppe-Seyler. Ber. d. deutsch, chem. Ges. VII. S. 34 u. 237.\n4\tSalkowski, Ebenda. VII. S. 116.","page":520},{"file":"p0521.txt","language":"de","ocr_de":"Tanrocarbamins\u00e4ure. Tyrosinhydantoin.\n521\num, welches in Prismen krystallisirt und FEHLiN\u00f6\u2019sche L\u00f6sung beim Kochen unter Abscheidung von Kupferoxydul reducirt; es entsteht auch beim Kochen von Kreatin mit Barytwasser. Wird Methvl-hydantoins\u00e4ure mit Barytwasser im zugeschmolzenen Rohr erhitzt, so zerf\u00e4llt sie in Sarkosin, Kohlens\u00e4ure und Ammoniak:\nXHi \u2022 CO \u25a0 {C\u00c6)X-CHi \u25a0 CO \u2022 OH -ff H2O =\nXH X CO2 + H(CH,)X\u2022 CHi \u2022 CO \u2022 OH. Methylhydantoinsaurer Baryt ist in Wasser leicht l\u00f6slich, wird daraus durch Alkohol amorph gef\u00e4llt.\nB) Taurocarbamins\u00e4ure : CsHNiSOi.\nNach Genuss von Taurin\n(Amidoaethylschwefels\u00e4ure : Ci yj \u2022 SO2 \u25a0 OH)\ntindet sich im menschlichen Harn ein kleiner Theil desselben als solches, der gr\u00f6sste Theil aber als Taurocarbamins\u00e4ure : C^HsXiSOa wieder (E. Salkowski1); im Organismus des Kaninchens entsteht diese S\u00e4ure nicht. Zur Darstellung derselben verdunstet man entweder eine gemischte L\u00f6sung von Taurin und cyansaurem Kali, welche sich zu taurocarbaminsaurem Kali vereinigen, oder man f\u00e4llt den Taurinharn mit Bleiessig, filtrirt, entbleit mit Schwefelwasserstoff, filtrirt, dampft ein und f\u00e4llt mit absolutem Alkohol; der Niederschlag wird in Wasser gel\u00f6st, mit Thierkohle entf\u00e4rbt, mehrmals mit Alkohol gef\u00e4llt, dann mit Schwefels\u00e4ure und Alkohol zersetzt, und das Filtrat langsam verdunstet. Die rohe S\u00e4ure wird durch Behandlung mit Baryt, kohlensaurem Silberoxyd und Schwefelwasserstoff von Schwefels\u00e4ure, Salzs\u00e4ure und Silber befreit und umkry-stallisirt.\nDie T a uroc a r b amins\u00e4ure:\nHX- CO \u25a0 HX- CH - CHi \u25a0 SO2 \u25a0 OH\nbildet gl\u00e4nzende, quadratische Bl\u00e4ttchen, welche in Wasser leicht, in Alkohol schwer, in Aether nicht l\u00f6slich sind. Mit Barytwasser auf 130\u2014140\u00b0 erhitzt, spaltet sie sich in Taurin, Kohlens\u00e4ure und Ammoniak. Das Baryt- und das Silbersalz krystallisiren gut.\nC) Tyrosinhydantoin:\t2O3.\nBei l\u00e4nger fortgesetzter F\u00fctterung mit Tyrosin hat Blexder-mann- gefunden, dass der Gehalt des Harns an Phenolen (Mensch,\n1\tE. Salkowski, Ber. d. deutsch, chem. Ges. VI. S. 744, 1191 u. 1312.\n2\tBlendermann, Ztschr. f. physiol. Chemie. VI. S. 234.","page":521},{"file":"p0522.txt","language":"de","ocr_de":"522 Drechsel. Chemie der Absonderungen und der Gewebe, t. Cap. Der Harn.\nKaninchen), an normalen aromatischen Oxys\u00e4uren (Hund, Kaninchen) znnimmt, und dass beim Kaninchen etwa vom 6. Tage an noch zwei neue K\u00f6rper darin auftreten, das Tvrosinhydantoin und die Oxv-hydroparacumars\u00e4ure (Paroxyphenyl- cc- oxypropions\u00e4ure). Zur Abscheidung dieser Substanzen wurde der Harn eingedampft, mit Salzs\u00e4ure zur Entfernung der Phenole gekocht und dann mit Aether ausgesch\u00fcttelt; die \u00e4therische L\u00f6sung abdestillirt, der R\u00fcckstand mit kaltem Wasser gewaschen und einigemal aus Ammoniak, zuletzt aus kochendem Wasser umkrystallisirt. Der die Oxys\u00e4uren enthaltende w\u00e4ssrige Auszug des Aetherr\u00fcckstandes wurde eingedampft; zun\u00e4chst schieden sich die gew\u00f6hnlichen Oxys\u00e4uren nebst etwas Tyrosinhydan-toin aus, dann beim weiteren Eindampfen die neue Oxys\u00e4ure.\nDas Tyrosinhydantoin:\naa!!^ rj\\h-co-kh\n\\LHiL\\h ,co_\nkrystallisirt in gelben Nadeln, die in Wasser, Alkohol und Aether schwer, etwas leichter in heissem Wasser, noch leichter in Ammoniak l\u00f6slich sind; in S\u00e4uren, auch concentrirter Salzs\u00e4ure, sind sie fast unl\u00f6slich. Sie schmelzen bei 275\u2014280\u00b0 unter Zersetzung; ihre w\u00e4ssrige L\u00f6sung mit Millon\u2019s Reagens erw\u00e4rmt, f\u00e4rbt sich roth. Mit Barytwasser erhitzt spaltet sich die Verbindung in Tyrosin, Ammoniak und Kohlens\u00e4ure.\nDie 0 x y h y d r o p a r a c u m a r s\u00e4ure:\nam . ch(0H) \u25a0 co \u25a0 oh\nkrystallisirt mit V2 Mol. H-iO in langen seidegl\u00e4nzenden Nadeln, die in Wasser schwerer l\u00f6slich sind als die gew\u00f6hnlichen Oxys\u00e4uren des Harns. Ihre L\u00f6sung wird durch Bromwasser amorph gef\u00e4llt, durch Eisenchlorid nicht, durch Millon\u2019s Reagens stark roth gef\u00e4rbt. Aller Wahrscheinlichkeit nach ist die S\u00e4ure die dem Tyrosin entsprechende Oxys\u00e4ure; es gelang noch nicht, dieselbe synthetisch zu erhalten.\nDie beschriebenen beiden K\u00f6rper finden sich aber nur dann im Harn des Kaninchens, wenn dessen Organismus mit Tyrosin ges\u00e4ttigt ist; unter normalen Verh\u00e4ltnissen fehlen sie (Blendermann). Welche Zersetzungen das Tyrosin erleidet, ist noch unbekannt, denn die bei der Darmf\u00e4ulniss aus demselben entstehenden Producte (Hydro-paracumars\u00e4ure u. s. w.) sind im Organismus so best\u00e4ndig, dass sie unm\u00f6glich als Durchgangsproducte der Zersetzung des Tyrosins in den Geweben angesehen werden k\u00f6nnen; die Mengen derselben,","page":522},{"file":"p0523.txt","language":"de","ocr_de":"Uramidobenzo\u00ebs\u00e2ure. Amidohippurs\u00e4ure.\n523 .\nwelche sich normal im Harn finden, stammen zweifellos von der Spaltung des Tyrosins im Darmkanale (Schotten1).\nD) Uramidobenzo\u00ebs\u00e2ure : U/LWcL.\nNach Eingabe von Metaamidobenzoes\u00e4ure :\nan.1\tfindet\nsich im Harn von Menschen, Hunden und Kaninchen Uramidobenzo\u00ebs\u00e2ure und bisweilen Amidohippurs\u00e4ure (E. Salkowski'2). Um dieselbe abzuscheiden, wird der R\u00fcckstand vom alkoholischen Harn-extract mit Salzs\u00e4ure und grossen Mengen Aether ausgesch\u00fcttelt, der Aether abdestillirt und der d\u00fcnnsyrup\u00f6se R\u00fcckstand 1\u20142 Tage stehen gelassen. Die ausgeschiedenen br\u00e4unlichen kr\u00fcmligen Massen werden abgesaugt, mit salzs\u00e4urehaltigem Wasser (zur Entfernung von Amidobenzoes\u00e4ure\u00abund Amidohippurs\u00e4ure) gewaschen und \u00f6fters um-krystallisirt.\nDie Meta uramidobenzo\u00ebs\u00e2ure:\na Hi\nI CO \u25a0 OH\nHO\n\\NH\u2022 CO \u2022 XHi\nbildet ein gelblich weisses, schuppig krystallinisches Pulver, welches beim Erhitzen im Probirr\u00f6hrchen (\u00fcber 220\u00b0) unter Br\u00e4unung schmilzt und ein anfangs \u00f6liges, sehr bald zu einer gelblich weissen krystal-linischen Masse erstarrendes Sublimat giebt. Sie entsteht auch aus Amidobenzoes\u00e4ure und cyansaurem Kali (Mexsghutkin 3).\nDer gr\u00f6sste Theil der eingef\u00fchrten Amidobenzoes\u00e4ure geht unver\u00e4ndert in den Harn \u00fcber; bisweilen wird auch Amidohippurs\u00e4ure gebildet, welche aus der salzsauren L\u00f6sung (s. o.) nach dem Eindampfen mit Salzs\u00e4ure verbunden auskrystallisirt und aus dieser Verbindung durch vorsichtige Behandlung mit wenig Silberoxyd und Entsilbern des Filtrats vom Chlorsilber mit Schwefelwasserstoff abgeschieden werden kann. Die Amidohippurs\u00e4ure:\ni y h.\nCHI\n4 \\CO \u2022 HX- CHi \u2022 CO \u2022 OH\nkrystallisirt in feinen weissen Nadeln, welche bei 192\u00b0 schmelzen und mit Salzs\u00e4ure gekocht Glycocoll und Amidobenzoes\u00e4ure liefern.\nDie Bildung der Uramidobenzo\u00ebs\u00e2ure erfolgt nicht in den Nieren, denn nach Exstirpation derselben (beim Kaninchen) konnte die S\u00e4ure in Blut, Leber und Muskeln des mit Amidobenzo\u00ebs\u00e2ure ge-\n1\tSchotten. Ztschr. f. physiol. Chemie. VII. S. 23.\n2\tE. Salkowski. Ebenda. VII S. 93.\n3\tMexschutkin. Ann. d. Chemie u. Pharm. CLIII. S. S3.","page":523},{"file":"p0524.txt","language":"de","ocr_de":"524 Drechsel, Chemie der Absonderungen und der Gewebe. 1. Cap. Der Harn.\nf\u00fctterten Thieres nachgewiesen werden, ebenso nach Unterbindung der Ureteren, wodurch ihre Menge in den genannten Organen nicht gesteigert erschien.\nUeber die Entstehung der Uramidos\u00e4uren im Organismus sind zwei Ansichten ge\u00e4ussert worden. Schultzen1 nahm an, dass sich seine Sarkosincarbamins\u00e4ure (Methylhydanto'ins\u00e4ure) aus Sarkosin und Carbamins\u00e4ure unter Wasserabspaltung bilde:\n(CHi)U- N- CH2 \u2022 CO \u25a0 OH + NH \u25a0 CO \u2022 OH=\nHiN\u2022 CO - {CHON- CH-i \u25a0 CO \u25a0 OH+ Hi0.\nSp\u00e4ter jedoch, als man gefunden hatte, dass die Uramidos\u00e4uren leicht durch Addition von Cyans\u00e4ure an die Amidos\u00e4uren erhalten werden k\u00f6nnen:\n(CHOLIN- CHj \u25a0 CO \u25a0 OH + CONH = H2N- CO \u25a0 {CHON \u25a0 CII2 \u25a0 CO \u25a0 CH\nwurde die Ansicht aufgestellt, dass auch innerhalb des Organismus die Synthese auf diese Weise erfolge \u2014 eine Ansicht, welche namentlich von E. Salkowski'2 vertreten wird. Indessen scheint es, als ob die von Schultzen aufgestellte Hypothese mehr Wahrscheinlichkeit f\u00fcr sich habe.\nDie sog. Uramidos\u00e4uren zeigen in ihrem ganzen Verhalten eine grosse Aehnlichkeit mit den Hippurs\u00e4uren ; wie diese beim Kochen mit Alkalien langsam in Amidos\u00e4ure (Glycocoll) und Benzoes\u00e4ure, bez. ein Derivat derselben zerfallen, so werden die Uramidos\u00e4uren in Amidos\u00e4ure und Carbamins\u00e4ure gespalten, welche letztere sich sofort weiter in Kohlens\u00e4ure und Ammoniak zersetzt, z. B. :\nCa Ho \u25a0 CO \u25a0 NH- CII-i \u25a0 CO \u25a0 Oll 4- H: 0 = a Ho \u2022 CO \u2022 OH + NII-2 - CII-2 \u2022 CO \u25a0 OH und\tIhN- CO \u25a0 NH \u25a0 CH2 \u2022 CO \u2022 0/7+ H2 0 =\nHiN- CO \u25a0 077+ NHi \u25a0 CH2 \u25a0 CO \u25a0 OIL\nSie sind nicht Derivate des Harnstoffs, sondern, wie die Hippurs\u00e4ure, solche von Amidos\u00e4uren (z. B. Glycocoll); man braucht daher f\u00fcr ihre Entstehung im Organismus nicht eine besondere Reaction: die Addition der \u201eCyans\u00e4uregruppe\u201c anzunehmen, sondern nur diejenige, welche auch zur Synthese der Hippurs\u00e4ure f\u00fchrt: Verbindung einer Amidos\u00e4ure mit Carbamins\u00e4ure unter Austritt von Wasser. \u201eVereinigung zweier Molek\u00fcle unter Austritt von Wasser\u201c ist aber nach\n1\tSchultzen, Der. d. deutsch, ehern. Ges. V. S. 578.\n2\tE. Salkowski, Die Lehre vom Harn. S. 68 u. 272.","page":524},{"file":"p0525.txt","language":"de","ocr_de":"Zucker.\n525\nAllem, was bisher ermittelt worden ist, die Reaction, mittelst welcher der Organismus alle seine Synthesen vollbringt (wie umgekehrt alle Spaltungen durch Aufnahme von Wasser); wenn daher eine Synthese auf diese Reaction zur\u00fcckgef\u00fchrt werden kann, so liegt in diesem Umstande eine starke St\u00fctze f\u00fcr die betreffende Hypothese.\nAnhang.\nBr\u00fccke1 fand Spuren von Pepsin im normalen Harn, die durch Zusatz von Phosphors\u00e4ure und Kalkmilch ausgef\u00e4llt werden k\u00f6nnen.\nFerner sind im normalen Harn von Menschen, Kaninchen und besonders Hunden ausser Schwefels\u00e4ure, Aetherschwefels\u00e4ure und unterschwefliger S\u00e4ure noch andere schwefelhaltige Verbindungen enthalten, deren Schwefelgehalt, nach Entfernung der genannten S\u00e4uren, durch Veraschen mit Soda und Salpeter bestimmt werden kann (sog. \u201e neutraleru Schwefel nach der Bezeichnung von E. Salkowski). Die Zusammensetzung der fraglichen Verbindungen ist noch nicht ermittelt; die Menge des neutralen Schwefels betr\u00e4gt beim Menschen ca. 16 \u00b0/o des Gesammtschwefels, beim Hunde ca. 33 \u00b0/o. S. a. Salkowski und Leube, Die Lehre vom Harn. S. 160.\nSicht constant im normalen Harn vorkommende Substanzen.\nA) Zucker.\nDie F rage, ob Trauben zucke r in normalem Harn vorkomme oder nicht, ist noch nicht endg\u00fcltig entschieden. E. Br\u00fccke2 hat aus Harn Zuckerkali dargestellt, indem er den alkoholischen Harn-extract mit alkoholischer Kalilauge versetzte und stehen liess; das Zuckerkali schied sich dann als firnissartiger Ueberzug an den Ge-f\u00e4sswandungen ab und zeigte starke Reduction beim Kochen mit alkalischer Kupferl\u00f6sung. Huizinga3 suchte die Anwesenheit des Traubenzuckers im Harn (nach Abscheidung von Farbstoff, Indican und Harns\u00e4ure durch salpetersaures Quecksilberoxydul) durch Reduction einer L\u00f6sung von Molybd\u00e4ns\u00e4ure nachzuweisen, welche beim Kochen blau gef\u00e4rbt wurde, sowie durch G\u00e4hrungsversuche. Auch Abeles4 5 kam zu dem Resultate, dass Traubenzucker im normalen Harn enthalten sei, den er mittelst Bleiessig und Ammoniak ausf\u00e4llte; er erhielt zuletzt L\u00f6sungen, welche rechts drehten, Kupferoxyd reducirten und mit Hefe g\u00e4hrten. J. Seegen 5 h\u00e4lt die Versuche von Br\u00fccke, Huizinga, Bence Jones, Abeles nicht f\u00fcr be-\n1\tE Br\u00fccke, Wiener acad. Sitzungsber. XLIII. S. 602.\n2\tDerselbe, Ebenda. XXIX. S. 346, XXXIX. S. 10.\n3\tHuizinga, Arch. f. d. ges. Physiol. III. S. 496.\n4\tAbeles. Med. Centralbl. XVII. S. 33, 209 u. 385.\n5\tJ. Seegen, Arch. f. d. ges. Physiol. V. S. 359; Med. Centralbl. XVII. S. 129","page":525},{"file":"p0526.txt","language":"de","ocr_de":"526 Drechsel, Chemie der Absonderungen und der Gewebe. 1. Cap. Der Harn.\nweisend, und Hoppe-Seyler1 2 bemerkt namentlich zu den Versuchen von Abeles, dass dessen Resultate auch durch die Gegenwart von Glykurons\u00e4uren erkl\u00e4rt werden k\u00f6nnten. E. K\u00fclz 2 hat vergeblich gesucht aus 100\u2014200 1 normalen Harns Traubenzucker in Substanz darzustellen. Traubenzucker kommt demnach jedenfalls nicht constant, und, wenn \u00fcberhaupt, nur in sehr geringen Mengen im normalen Harn vor. Nach Vergiftung mit Curare, Amylnitrit, nach Injection von Traubenzucker ins Blut, nach der sog. Piqu\u00fcre von Bernard u. s. w. tritt derselbe jedoch im Harn auf. Ueber das Verhalten des normalen menschlichen Harns bei der TROMMER\u2019schen Probe und den Nachweis des Zuckers darin mittelst einer alkalischen Kupferl\u00f6sung sind neuerdings umfassende Versuche von Worm-M\u00fcller3 angestellt worden.\nNach sehr reichlichem Wassertrinken fanden Strauss4 5 6 7 8 9 und K\u00fclz3 kleine Mengen von I nos it im Harn.\nDer zucker\u00e4hnliche K\u00f6rper im Harn von W\u00f6chnerinnen und Schwangeren, welchen zuerst Blot'1 beobachtete, ist nach Versuchen von Hofmeister7 und Kaltenbachs M i 1 c h z u c k e r. Letzterer fand, dass die Menge desselben im Harn mit der Stauung der Milch in den Dr\u00fcsen steigt, bis zu 9 g im Liter; h\u00f6rt die Lactation auf, so verschwindet er aus dem Harn.\nB) Albuminstoffe.\nLeube u hat im normalen Harn kr\u00e4ftiger Individuen (Soldaten) bisweilen geringe Mengen von Eiweiss (Serumalbumin?) gefunden; in zwei F\u00e4llen 0.037 und 0.068\u00b0 o. Diese Albuminurie trat nur vor\u00fcbergehend auf, besonders nach starken k\u00f6rperlichen Anstrengungen. (S. a. Runeberg, Deutsch. Arch. f. klin. Med. XXVI. S. 211.) Nach Cruse10 enth\u00e4lt der Harn von S\u00e4uglingen bis zum 10. Tage \u00f6fters Eiweiss, sp\u00e4ter aber niemals.\nAnorganische Bestandtheile des Harns.\nDie anorganischen Bestandtheile sind dieselben, welche auch sonst im Organismus angetroffen werden. In gr\u00f6sster Menge sind\n1\tHoppe-Seyler, Physiologische Chemie. S. 828.\n2\tE. K\u00fclz, Arch. f. d. ges. Physiol. XIII. S. 269.\n3\tWorm-M\u00fcller, Arch. f. d. ges. Physiol. XXVII. S. 86, 107 u. 127.\n4\tStrauss, Die einfache zuckerlose Harnruhr. Diss. T\u00fcbingen 1870.\n5\tK\u00fclz, Med. Centralbl. 1875. S. 933.\n6\tBlot, Compt. rendus. XLIII. p. 676.\n7\tHofmeister, Ztschr. f. physiol. Chemie I. S. 101.\n8\tKaltenbach, Ztschr. f. Geburtsh. u. Gyn\u00e4kol. IV. S. 161.\n9\tLeube, Arch. f. pathol. Anat. LXXII. S. 145.\n10\tCr\u00fcse, Jahrb. f. Kinderheilk. N. F. XI. S. 393.","page":526},{"file":"p0527.txt","language":"de","ocr_de":"Anorganische Bestandteile des Harns.\t527\nvorhanden: Salzs\u00e4ure, Phosphors\u00e4ure, Schwefels\u00e4ure, und von Basen: Natron, Kali, Kalk, Magnesia und Ammoniak ; in geringerer Menge, bez. in Spuren finden sich Eisen, Kiesels\u00e4ure, salpetrige und Salpeters\u00e4ure, Wasserstoffsuperoxyd (Sch\u00f6nbein1); unter Umst\u00e4nden auch unterschweflige S\u00e4ure, sowie Kohlens\u00e4ure. Schiaparelli und Per-roni2 haben auch Spuren von Caesium, Rubidium, Lithium, Cer, Lanthan, Didym und Mangan, nicht aber von Kupfer im menschlichen Harn (600 k) nachweisen k\u00f6nnen.\nIn welcher Weise die verschiedenen Basen und S\u00e4uren im Harn mit einander verbunden sind, l\u00e4sst sich ebenso wenig mit Sicherheit entscheiden, wie bei gew\u00f6hnlichen gemischten Salzl\u00f6sungen; Chlornatrium m\u00fcssen wir im Harn annehmen, da alle \u00fcbrigen Basen (ausser dem Natron) zusammen genommen kaum hinreichen, um ein Drittel der vorhandenen Salzs\u00e4ure zu binden, und ebenso saures phosphorsaures Natron (oder Kali) NalhPOi, da auf dessen Gegenwart die saure Reaction des Harns beruht. Bez\u00fcglich der Ausscheidungsverh\u00e4ltnisse kann im Allgemeinen auf Bd.V dieses Handbuches: Stoffwechsel, verwiesen werden; im Einzelnen ist hier noch Folgendes zu erw\u00e4hnen.\nA) Chlornatrium: ISaCl.\nDasselbe stammt aus der Nahrung, mit welcher es in reichlicher Menge in den Organismus eingef\u00fchrt wird. L\u00e4sst man Harn verdunsten, so scheidet es sich in W\u00fcrfeln und Octa\u00ebdern, bisweilen auch in rhombischen Tafeln in einer Verbindung mit Harnstoff aus. Ist die Nahrung frei von Kochsalz, so verschwindet auch dieses Salz (bez. das Chlor) fast vollst\u00e4ndig aus dem Harn, ebenso bei Hunger.\nB) Schwefels\u00e4ure: SO2(011)2.\nDieselbe findet sich, wie bereits erw\u00e4hnt, theils als solche, sog. pr\u00e4formirte Schwefels\u00e4ure, welche direct durch Chlorbaryum ausgef\u00e4llt werden kann, theils als sog. gepaarte Schwefels\u00e4ure, welche erst nach Zusatz von Salzs\u00e4ure und Kochen durch Baryt niedergeschlagen wird ; die Gesammtmenge derselben betr\u00e4gt bei einem gesunden Erwachsenen ca. 2 g pro die. Sie stammt zum Theil aus den schwefelsauren Salzen der Nahrung und des Trinkwassers (Gyps), zum Theil aber entsteht sie aus dem Schwefel der Eiweissstoffe durch Oxydation. Bei Hunden und Katzen tritt h\u00e4ufig unterschweflige S\u00e4ure im Harn auf (Schmiedeberg, Meissner), bei Kaninchen nach Tauringaben (E. Salkowski) ; der Harn tr\u00fcbt sich dann auf Zusatz\n1\tSch\u00f6nbein, Sitzungsber. d. kgl. Bayr. Acad. d. Wiss. 1S64.1. 2. S. 115.\n2\tSchiaparelli u. Perroni. Gaz. chim. ital. X. p. 390.","page":527},{"file":"p0528.txt","language":"de","ocr_de":"528 Drechsel, Chemie der Absonderungen und der Gewebe. 1. Cap. Der Harn.\nvon Salzs\u00e4ure unter allm\u00e4hlicher Abscheidung von Schwefel und Freiwerden von schwefliger S\u00e4ure:\nSOS(OXa)2 + 2 HCl = S-f- SO* + Bi0 -f 2 XaCl.\nSetzt man zu solchem Harn \u00fcbersch\u00fcssige Silberl\u00f6sung, so schw\u00e4rzt sich der urspr\u00fcnglich weisse Niederschlag bald unter Bildung von Schwefelsilber.\nC) Phosphors\u00e4ure: PO[OH)3.\nDie Phosphors\u00e4ure ist in den sauren Harnen wohl gr\u00f6sstentheils als saures phosphorsaures Natron: A a Hi P Ch enthalten, neben welchem auch die ebenfalls l\u00f6slichen entsprechend zusammengesetzten Phosphate von Kalk und Magnesia (z. B. Ca\" PpP-iCh) vorhanden sein k\u00f6nnen. Wird solcher Harn mit Ammoniak neutralisirt oder alkalisch gemacht, so f\u00e4llt aller vorhandener Kalk, sowie die Magnesia als neutrales Phosphat ( Cas P-i 6k und Mg{CS H\\)POP) aus, da diese Salze in Wasser unl\u00f6slich sind. Hierin liegt auch der Grund, warum der neutrale oder alkalische Harn der Pflanzenfresser keine gel\u00f6sten alkalischen Erden enth\u00e4lt; nur in dem Falle, dass ein solcher Harn doppelt kohlensaures Salz enth\u00e4lt, k\u00f6nnen auch Erdphosphate in ihm gel\u00f6st sein, dieselben fallen aber beim Kochen unter Entweichen von Kohlens\u00e4ure aus. Ein solcher Niederschlag l\u00f6st sich leicht in verd\u00fcnnter Salpeters\u00e4ure und unterscheidet sich so von coagu-lirtem Eiweiss. Der gr\u00f6sste Theil der Phosphors\u00e4ure stammt aus der Nahrung; ein geringer auch jedenfalls aus der Zersetzung gewisser phosphorhaltiger organischer Substanzen, der Lecithine und Nucleme, welche sich reichlich in fast allen Organen des Thierk\u00f6rpers finden. In 24 Stunden werden von einem Erwachsenen ca. 2 g Phosphors\u00e4ure im Harn ausgeschieden.\nD) Ammoniak : A H3.\nIm Harn des Menschen und der Fleischfresser finden sich constant kleine Mengen Ammoniak; nach Coranda1 am wenigsten bei vegetabilischer, etwas mehr bei gemischter und am meisten bei reiner Fleischkost. Setzt man erstere = 1 (pro die), so erh\u00e4lt man f\u00fcr Mensch und Hund folgende Verh\u00e4ltnisse: 1 :1.6 :2.1 und 1 : 1.55 : 2.4. Nach Neubauer2 betr\u00e4gt die t\u00e4gliche Ammoniakmenge bei gesunden M\u00e4nnern von 20 \u2014 36 Jahren im Mittel: 0.7243 g (Minimum 0.3125; Maximum 1.2096) ; Salkowski * fand bei einem Hunde von 20 k\n1\tCoranda. Arch. f. exper. Pathol. XII. S. 76.\n2\tNeubauer, Harnanalyse. 7. Aufl. S- 69.\n3\tSalkowski, Ztschr. f. physiol. Chemie. I. S. 53 ; Arch. f. pathol. Anat. LXXI. S. 500.","page":528},{"file":"p0529.txt","language":"de","ocr_de":"Ammoniak. Eisen. Salpetrige und Salpeters\u00e4ure.\n529\n\u00d6.S\u20140.9 g NHii bei F\u00fctterung mit Fleisch und Speck im t\u00e4glichen Harn, im Mittel 0.043 g pro 1 Kilo Thier pro die, w\u00e4hrend 1 Kilo Kaninchen nur 0.0065 g pro die ausscheidet. Werden freie Minerals\u00e4uren in den Magen eingef\u00fchrt, so steigt bei Menschen und Hunden die Ammoniakausscheidung (Walter1, Hallervorden2, s. auch bei Coranda), indem nach Schmiedeberg das Ammoniak zur Neutralisation der freien S\u00e4ure verbraucht wird. Daher geht auch Salmiak bei Hunden unver\u00e4ndert in den Harn \u00fcber (Salkowski3, Feder4). Beim Kaninchen bewirken freie Minerals\u00e4uren keine Steigerung der Ammoniakausscheidung; bei ihnen dienen vielmehr die fixen Alkalien zur Neutralisation derselben (Salkowski5). In den Magen eingef\u00fchrtes kohlensaures oder pflanzensaures Ammoniak wird dagegen bei Menschen, Hunden und Kaninchen in Harnstoff, bei H\u00fchnern in Harns\u00e4ure \u00fcbergef\u00fchrt.\nE) Eisen.\nDieses Metall findet sich nur in sehr geringer Menge im Harn, und nicht als Salz, sondern in einer organischen Verbindung, sodass es durch die gew\u00f6hnlichen Reagentien nicht direct nachgewiesen werden kann (Hamburger6). Derselbe fand etwa 0.0031\u20140.0036 g Fe pro die im Hundeharn bei Fleischf\u00fctterung, etwas mehr, bis 0.0056 g nach F\u00fctterung mit Eisenvitriol. Die eisenhaltige Substanz des Harns wird nach Magnier7 durch Ammoniak nicht, wohl aber fast vollst\u00e4ndig durch Bleiacetat gef\u00e4llt. Fr\u00fchere Angaben \u00fcber das Vorkommen, bez. Fehlen des Eisens im Harn s. bei Hamburger a. a. O.\nF) Salpetrige und Salpeters\u00e4ure.\nNach Sch\u00f6nbein 8 finden sich geringe Mengen Salpeters\u00e4ure im normalen Harn; F. R\u00f6hmann9 konnte diese S\u00e4ure ebenfalls nach-weisen, nicht aber salpetrige S\u00e4ure. Letztere tritt vielmehr erst auf, nachdem der Harn einige Zeit gestanden hat, und ihre Menge \u00fcberschreitet niemals die der im frischen Harn enthaltenen Salpeters\u00e4ure entsprechende; bei noch l\u00e4ngerem Stehen verschwindet endlich auch die salpetrige S\u00e4ure vollkommen. Einzige Quelle der Salpeters\u00e4ure ist nach R\u00f6hmann die Nahrung, mit welcher im Wasser und nament-\n1\tWalter. Arch. f. exper. Pathol. VII. S. 14S.\n2\tHallervorden. Ebenda. XII. S. 237.\n3\tSalkowski, Ztschr. f. physiol. Chemie. I. S. 1.\n4\tFeder, Ztschr. f. Biologie. XIII. S. 256, XIV. S. 121.\n5\tSalkowski, Arch. f. pathol. Anat. LUI. S. 1, LVIII. S. 4S6.\n6\tHamburger, Ztschr. f. physiol. Chemie. II. S. 191.\n7\tMagnier, Ber. d. deutsch, ehern. Ges. VII. S. 1796.\n8\tSch\u00f6nbein, Gmelin-Kraut, Handb. 6. Aufl. I. 2. S. 455.\n9\tF. R\u00f6hmann. Ztschr. f. physiol. Chemie. V. S. 233.\nHandbuch der Physiologie. Bd. Y.\n34","page":529},{"file":"p0530.txt","language":"de","ocr_de":"530 Drechsel, Chemie der Absonderungen und der Gewebe. 1. Cap. Der Harn.\nlieh in Vegetabilien (Milch, Fleisch und Weissbrod sind frei von Salpeters\u00e4ure) stets kleine Mengen dieser S\u00e4ure eingef\u00fchrt werden. Von eingef\u00fchrter Salpeters\u00e4ure (als Kalisalz) erscheint nur ein Theil im Harn wieder, und salpetrige S\u00e4ure wird nicht als solche, sondern ebenfalls als Salpeters\u00e4ure theilweise ausgeschieden.\nG) Gase.\nPfl\u00fcger1 fand in 100 Vol. frischen menschlichen Harns folgende Gasmengen :\nI.\tII.\n0: 0.07 Auspumpbare CO-i : 14.30 durch POiHi ausgetr. COi :\t0.70\n0.08 Vol. \u00b0o 13.60 = = 0.15 = =\nN: 0.88\t0.92 =\t=\nBeide Harnportionen stammten von derselben Person, II ist Nachtharn, fr\u00fch gelassen. Strassburg2 fand die Kohlens\u00e4urespannung im Hundeharn zu 9.15 \u00b0/o einer Atmosph\u00e4re.\nZum Schl\u00fcsse m\u00f6ge hier noch eine kleine Tabelle Platz linden, in welcher die in 24 Stunden durchschnittlich ausgeschiedenen (bez. in 1 1 enthaltenen) Mengen einiger Harnbestandtheile \u00fcbersichtlich zusammengestellt sind:\nSubstanz\nin 24 h ausgeschieden\nin 1 1 Harn enthalten\nHarnstoff..............................\nHarns\u00e4ure..............................\nKreatinin: Mensch......................\nKreatinin: Hund { \u201c\u201cllicVpleisch bis !\nRhodanwasserstoff......................\nOxals\u00e4ure............................bis\nAromatische Oxys\u00e4uren...................\nKynurens\u00e4ure, Hund......................\nHippurs\u00e4ure.............................\nIndigo....................... ...\n-r,.\t1 Mensch..........................\nEisen ^ Hund............................\nAmmoniak : Mensch.......................\nAmmoniak: Hund .\t....................\nPhosphors\u00e4ure...........................\nGesammtschwefels\u00e4ure....................\nKali (K2O)..............................\nNatron (Na-iO)..........................\nKalk (CaO)..............................\nMagnesia (MgO)..........................\n2h \u2014d: 0.2\u20141 1.12 0.5 49\n0.02\n0.1\u20140.8 1\n0-005\u20140.02\n0.0031-0.0036 0.31\u20141.21 0.8\u20140.9 9\n2\n2\u20143\n4-6\n0.12\u20140.25\n0.18\u20140.28\n0.03 CySNa 0.11 CySK\n0.04\n0.003\u20140.011\n1 Pfl\u00fcger, Arch. f. d. ges. Physiol. II. S. 156; s. a. Planer, Ztschr. d. k. k. Ges.\nd. Aerzte in Wien. 1859. Nr.30.\t2 Strassburg, Arch. f. d. ges. Physiol. VI. S. 93.","page":530},{"file":"p0531.txt","language":"de","ocr_de":"Bestimmung des Harnstoffs\n531\nQuantitative Bestimmung der wichtigsten Harnbestandtheile.\nIm Nachstehenden soll nur eine kurze Beschreibung der wichtigsten Methoden zur quantitativen Harnanalyse gegeben werden, da eine ausf\u00fchrlichere \u00fcber den Rahmen dieses Handbuchs hinausgehen w\u00fcrde und auch um so entbehrlicher erscheint, als die bekannten Werke von Neubauer und Vogel: Anleitung zur qualitativen und quantitativen Analyse des Harns (die achte Auflage bearbeitet und herausgegeben von Huppert und Thomas), und von E. Salkowski und Leube: Die Lehre vom Harn, diesen Gegenstand ersch\u00f6pfend behandeln. Auf dieselben soll deshalb auch gleich hier ein f\u00fcr allemal verwiesen werden.\nA) Harnstoff.\nZur Bestimmung des Harnstoffs sind drei auf verschiedenen Principien beruhende Methoden in Gebrauch: die LiEBio\u2019sche, die BuNSEN\u2019sche und die Kxop-H\u00fcFNER\u2019sche.\na) Methode von Liebig1. In einer verd\u00fcnnten Harnstoffl\u00f6sung erzeugt eine ebenfalls verd\u00fcnnte L\u00f6sung von salpetersaurem Quecksilberoxyd einen flockigen weissen Niederschlag nach der Gleichung :\n2 A Hi \u2022 CO \u25a0 A Hz -f- 4 Hg{OjS Oi}i -j- 3 Hi U =\n[2 A Hi \u25a0 Cu \u2022 A Hi -f- 3 HgO -}- Hg(Oj\\ 02)2] -j- 6 HO iS Oi ;\nda aber bei diesem Processe Salpeters\u00e4ure frei wird, so bleibt ein Theil des Niederschlags gel\u00f6st und f\u00e4llt erst bei der Neutralisation der Fl\u00fcssigkeit mit kohlensaurem Natron aus. Hat man mehr Quecksilberl\u00f6sung zugesetzt, als zur Bildung der obigen Verbindung n\u00f6thig ist, so entsteht bei der Neutralisation neben dem weissen auch ein gelber Niederschlag, welcher das Vorhandensein \u00fcbersch\u00fcssigen Quecksilberoxyds in der L\u00f6sung anzeigt. Liebig hat nun gefunden, dass dieser Ueberschuss eine gewisse Gr\u00f6sse haben muss, wenn die erw\u00e4hnte Gelbf\u00e4rbung deutlich erkennbar sein soll; einUmstand, dem bei der Anfertigung der Quecksilberl\u00f6sung zur Titrirung Rechnung getragen werden muss.\nZur Ausf\u00fchrung der Harnstofiftitrirung sind folgende L\u00f6sungen erforderlich :\nSalpeter sau re Quecksilberl\u00f6sung. 10 g Harnstoff brauchen nach obiger Gleichung 72 g Quecksilberoxyd zur F\u00e4llung; der zur Erkennung der v\u00f6lligen Ausf\u00fcllung n\u00f6thige Ueberschuss an Queck-\n1 Liebig. Ann. d. Chemie u. Pharm. LXXXV. S. 259; vgl. besonders auch Pfl\u00fcger, Arch.f. d. ges. Physiologie. XXL S.248; Gruber, Ztschr. f. Biologie. XVH. S.78.\n34*","page":531},{"file":"p0532.txt","language":"de","ocr_de":"532 Drechsel, Chemie der Absonderungen und der Gewebe. 1. Cap. Der Harn.\nsilberoxyd betr\u00e4gt nach Liebig 0.0052 g pro Cubikcentimeter Quecksilberl\u00f6sung, vorausgesetzt, dass 20 cc derselben 10 cc 2\u00b0o Harnstoff-l\u00f6sung entsprechen sollen. Man l\u00f6st demnach 77.2 g bei 100\u00b0 getrocknetes, ohne R\u00fcckstand fl\u00fcchtiges, gelbes Quecksilberoxyd vorsichtig in m\u00f6glichst wenig verd\u00fcnnter, reiner (chlorfreier) Salpeters\u00e4ure auf, dampft auf dem Wasserbade zum Syrup ein (bis die \u00fcbersch\u00fcssige S\u00e4ure m\u00f6glichst entfernt ist) und verd\u00fcnnt nach dem Erkalten langsam auf 1 1. Eine Abscheidung von basischem Salz darf dabei nicht eintreten; geschieht dies doch, so kann man manchmal durch Zusatz einiger Tropfen verd\u00fcnnter Salpeters\u00e4ure abhelfen, sonst muss man mit S\u00e4ure eindampfen und wieder verd\u00fcnnen. Die erhaltene Quecksilberl\u00f6sung besitzt eine solche St\u00e4rke, dass 20 cc derselben 0.2 g Harnstoff (in 2proc. L\u00f6sung) entsprechen und auch noch den zur Endreaction erforderlichen Quecksilber\u00fcberschuss enthalten.\nHarnstoffl\u00f6sung zur Titerstellung. Man bringt 2 g reinen, im Vacuum \u00fcber Schwefels\u00e4ure v\u00f6llig getrockneten Harnstoff in ein 100 cc K\u00f6lbchen, l\u00f6st in wenig Wasser und f\u00fcllt bis zur Marke auf.\nVerd\u00fcnnte Sodal\u00f6sung, etwa 53 g Xa-iCOz im Liter enthaltend.\nBarytmischung. 2 Vol. kalt ges\u00e4ttigtes Barytwasser mit 1 Vol. kalt ges\u00e4ttigter L\u00f6sung von salpetersaurem Baryt gemischt.\nZur Titerstellung der Quecksilberl\u00f6sung misst man genau 10 cc der Harnstoffl\u00f6sung in ein Bechergl\u00e4schen ab, l\u00e4sst 19 \u2014 19.5 cc der Quecksilberl\u00f6sung auf einmal zufliessen und pr\u00fcft dann, ob ein Tropfen der resultirenden Mischung auf einem Uhrglase (auf schwarzer Unterlage) mit einigen Tropfen Sodal\u00f6sung versetzt (am besten vom Rande aus) einen weissen oder gelben Niederschlag giebt ; letzterer darf erst nach einem Zusatz von 20.0 cc Quecksilberl\u00f6sung auftreten. Geschieht dies schon fr\u00fcher, so ist die Quecksilberl\u00f6sung zu concen-trirt und muss entsprechend verd\u00fcnnt werden; bedeutet a die zur Hervorbringung des gelblichen Niederschlags erforderliche Menge Quecksilberl\u00f6sung, so erf\u00e4hrt man die auf 1000 cc derselben zuzusetzende Wassermenge x aus der Proportion: a : 20 \u2014 a = 1000 : x.\nSoll nun auf diese Weise Harnstoff im Harn bestimmt werden, so ist zun\u00e4chst die Phosphors\u00e4ure zu entfernen, und, falls einiger-maassen erhebliche Mengen Chlor vorhanden sind, zweckm\u00e4ssig auch dieses. Zur Abscheidung der Phosphors\u00e4ure (auch Schwefels\u00e4ure) versetzt man 50 cc Harn mit 25 cc Barytmischung und tiltrirt nach einigem Stehen durch ein trockenes Filter; 15 cc des Filtrats entsprechen 10 cc Harn. Nunmehr l\u00e4sst man zu 15 cc Filtrat solange","page":532},{"file":"p0533.txt","language":"de","ocr_de":"Bestimmung des Harnstoffs.\n533\nQuecksilberl\u00f6sung aus einer B\u00fcrette fliessen, bis der Niederschlag sich anscheinend nicht mehr vermehrt, und pr\u00fcft dann wie angegeben mit Sodal\u00f6sung; hat man nach einigen Proben den Endpunkt erreicht, so wiederholt man zweckm\u00e4ssig die Bestimmung mit einer neuen Menge Filtrat, indem man jetzt gleich auf einmal die ganze beim ersten Versuch gebrauchte Menge Quecksilberl\u00f6sung zulaufen l\u00e4sst und dann mit Soda pr\u00fcft; f\u00e4llt der Niederschlag noch rein weiss aus, so setzt man noch 0.1 cc Quecksilberl\u00f6sung zu, pr\u00fcft wieder und f\u00e4hrt so fort, bis der Endpunkt erreicht ist, was bei vorsichtigem Arbeiten schon nach Zusatz weniger Zehntelcubikcenti-meter der Fall ist.\nAus der verbrauchten Menge Quecksilberl\u00f6sung l\u00e4sst sich nun leicht die Menge des in 15 cc Filtrat (= 10 cc Harn) enthaltenen Harnstoffs berechnen (die Zahl der verbrauchten Cubikcentimeter ist gleich der Anzahl Gramme Harnstoff in 1 1 Harn) ; da aber, wie oben erw\u00e4hnt, zur Erkennung der Endreaction ein bestimmter, nicht unerheblicher Quecksilber\u00fcberschuss erforderlich ist, so ist das Resultat der Analyse nur dann richtig, wenn f\u00fcr 15 cc Filtrat genau 30 cc Quecksilberl\u00f6sung gebraucht worden sind, denn der Titer der letzteren ist mit H\u00fclfe einer 2proc. Harnstoffl\u00f6sung festgestellt worden. Hat man aber erheblich weniger Quecksilberl\u00f6sung als 30 cc gebraucht, so ist das Resultat zu hoch, weil die dem wirklichen Harnstoffgehalte der L\u00f6sung entsprechende Menge Quecksilberl\u00f6sung alsdann nicht hinreicht, um die ganze Mischung auf den f\u00fcr Anstellung der Endreaction n\u00f6thigen Gehalt an \u00fcbersch\u00fcssigem Quecksilberoxyd zu bringen (10 cc 2proc. Harnstoffl\u00f6sung -j- 20 cc Quecksilberl\u00f6sung enthalten 0.104 g \u00fcbersch\u00fcssiges Quecksilberoxyd, 1 cc der Mischung also 0.00347 g HgO\\ 10 cc 1 proc. Harnstoffl\u00f6sung -j-lo cc Quecksilberl\u00f6sung aber nur 0.052 g, also 1 cc nur 0.0026 g HgO, oder 0.00087 g zu wenig). Zur Correction des so entstehenden Fehlers zieht man nach Liebig die Anzahl der f\u00fcr 15 cc Filtrat verbrauchten Cubikcentimeter Quecksilberl\u00f6sung von 30 ab und divi-dirt den Rest durch 5; die erhaltene Zahl ist gleich der Anzahl Zehntelcubikcentimeter, welche von der wirklich gebrauchten Anzahl abzuziehen sind. Hat man dagegen erheblich mehr als 30 cc Quecksilberl\u00f6sung beim Titriren gebraucht, so verd\u00fcnnt man zweckm\u00e4ssig den Harn so, dass die Mischung desselben mit Barytmischung ann\u00e4hernd 2 \u00b0/o Harnstoff enth\u00e4lt und wiederholt dann die Bestimmung.\nBereits oben wurde bemerkt, dass der Phosphors\u00e4ure- und Kochsalzgehalt des Harns st\u00f6rend auf die beschriebene Titrirung des Harnstoffs einwirkt; die l\u00f6slichen Phosphate f\u00e4llen salpetersaures","page":533},{"file":"p0534.txt","language":"de","ocr_de":"534 Drechsel. Chemie der Absonderungen und der Gewebe. 1. Cap. Der Harn.\nQuecksilberoxyd ebenfalls, das Chlornatrium dagegen setzt sich mit demselben in salpetersaures Natron und Quecksilberchlorid um:\nHg(ON(h) 2 -b 2 Na Ci = 2 NaONOi + HgCh, welch letzteres durch Harnstoff nicht gef\u00e4llt wird. Beide bewirken demnach einen Mehrverbrauch an Quecksilberl\u00f6sung und m\u00fcssen entfernt werden, die Phosphors\u00e4ure durch Barytmischung, das Chlor dagegen auf die bei der Bestimmung desselben angegebene Weise. Viele andere Stoffe, wie namentlich Eiweiss, Blutfarbstoff, Allantom, kohlensaures Ammon (faulender Harn) u. s. w. sind ebenfalls von st\u00f6rendem Einfl\u00fcsse und m\u00fcssen vor der Titrirung in geeigneter Weise entfernt werden.\nb) Methode von Bunsen1. Wird eine Harnstoffl\u00f6sung mit ammoniakalischer Chlorbaryuml\u00f6sung auf 200\u2014220\u00b0 erhitzt, so werden unter Wasseraufnahme Chlorammonium und kohlensaurer Baryt gebildet :\nINN \u2022 CO \u2022 NHi + 2 H2 0 + BaCh = 2 NH, CI + BaCCh ; aus dem Gewichte des ausgeschiedenen kohlensauren Baryts kann dann die Menge des Harnstoffs berechnet werden (197 Th. BaCO-s = 60 Th. CH, N=i 0).\nBei der Ausf\u00fchrung versetzt man zweckm\u00e4ssig 15 cc Harn (der nur 10 o Harnstoff enthalten soll) mit dem gleichen Volumen alkalischer Chlorbaryuml\u00f6sung (1 1 kalt ges\u00e4ttigte L\u00f6sung mit 15\u201420 cc Natronlauge der Pharmak. germ, vermischt), filtrirt nach einigen Minuten durch ein trockenes Filter und bringt von dem v\u00f6llig klaren Filtrat 15 cc in eine nicht zu weite R\u00f6hre von schwer schmelzbarem Glase, in welcher sich bereits 4\u20145 g krystallisirtes Chlorbaryum befinden, und zieht dieselbe unverz\u00fcglich in eine enge dickwandige Capillare aus. Die R\u00f6hre wird sodann 4V2 Stunden auf 200\u2014230\" erhitzt, nach dem Erkalten ge\u00f6ffnet und der ausgeschiedene kohlensaure Baryt auf einem Filter gesammelt und gut ausgewaschen. Behufs der W\u00e4gung f\u00fchrt man ihn zweckm\u00e4ssig in Sulfat \u00fcber, indem man ihn in verd\u00fcnnter Salzs\u00e4ure l\u00f6st, auch die R\u00f6hre mit dieser S\u00e4ure aussp\u00fclt und die erhaltene L\u00f6sung kochend heiss mit verd\u00fcnnter Schwefels\u00e4ure f\u00e4llt; der niedergeschlagene schwefelsaure Baryt wird dann nach bekannten Regeln gesammelt, ausgewaschen, gegl\u00fcht und gewogen; 233 Th. BaSO, = 60 Th. Harnstoff.\nDiese Methode giebt bei Anwendung von reinem Harnstoff sehr genaue Resultate; bei ihrer Anwendung auf Harn ist aber zu be-\n1 Bunsen. Ann. d. Chemie u. Pharm. LXV. S. 375. Vgl. besonders noch : Pekel-haring, Arch, n\u00e9crl. X. p. 56 ; Bunge, Ztschr. f. analyt. Chemie. XIII. S. 128 ; E. Sal-kowski, Ztschr. f. phy siol. Chemie. I S. 44 u. IV. S. 61.","page":534},{"file":"p0535.txt","language":"de","ocr_de":"Bestimmung des Harnstoffs und des Gesammtstickstofts.\n535\nachten, dass auch Kreatinin, Zucker, Amidos\u00e4uren u. s. w. mit alkalischer Chlorbaryuml\u00f6sung erhitzt kohlensauren Baryt entstehen lassen.\nc)\tMethode von Knop-H\u00fcpner1. Versetzt man eine Harn-stoffl\u00f6sung mit einer L\u00f6sung von unterbromigsaurem Natron, so wird derselbe unter Bildung von Kohlens\u00e4ure, Stickstoff, Wasser und Bromnatrium zersetzt:\nHi X \u25a0 CO \u25a0 NH-i + 3 KO Br = CO-i -f- N% + 2 H% 0 + 3 XaBr ;\nenth\u00e4lt die Bromlauge eine gen\u00fcgende Menge freies Natron, so wird die Kohlens\u00e4ure davon gebunden, und nur der Stickstoff entweicht unter Aufsch\u00e4umen. Aus dem Volum desselben kann die Menge des Harnstoffs berechnet werden.\nDie zur Ausf\u00fchrung der Zersetzung n\u00f6thige Bromlauge bereitet man durch Aufl\u00f6sen von 5 cc Brom in einem Gemisch von 70 cc 30proc. Natronlauge (spec. Gew. 1.33) mit 180 cc. Wasser; die L\u00f6sung h\u00e4lt sich einige Tage, doch zersetzt sich das unterbromigsaure Natron allm\u00e4hlich in Bromnatrium und bromsaures Natron, welches nicht auf Harnstoff einwirkt. Die Zersetzung des Harns wird in einem besonderen Apparate (H\u00fcfner, a. a. 0., Falck2 und viele Andere) vorgenommen, welcher das Aufsammeln des Stickgases gestattet; letzteres wird nach eudiometrischen Principien gemessen. 1 g Harnstoff sollte bei 0\u00b0 und 760 mm Barom. 372.7 cc trockenes Sticko\u2019as\nO\nliefern ; gew\u00f6hnlich erh\u00e4lt man aber nur bis 354 cc, doch giebt Falck an, mit seinem Apparate die theoretische Menge fast genau erhalten zu haben. Auch bei dieser Methode sind Fehlerquellen zu ber\u00fccksichtigen, welche in der Anwesenheit anderer stickstoffhaltiger Verbindungen, die ebenfalls mit Bromlauge Stickstoff entwickeln, gegeben sind.\nd)\tMethode zur Bestimmung desGesammtstickstoffs nach Schneider-Seegen3. Bei manchen, namentlich Stoffwechseluntersuchungen pflegt man nicht den Harnstoff, sondern den ge-sammten Stickstoffgehalt des Harns zu bestimmen. Dies geschieht am bequemsten nach der Methode von Schneider-Seegen, indem man den Harn in einem langhalsigen K\u00f6lbchen von ca. 100 cc Inhalt mit Natronkalk erhitzt und das gebildete Ammoniak in einem gemessenen Volum Normalschwefels\u00e4ure auff\u00e4ngt. Durch Zur\u00fcck-titriren derselben erf\u00e4hrt man die durch das gebildete Ammoniak neutralisirte Menge, aus welcher man dann die Menge des Stickstoffs berechnet (98 Th. HSOa = 28 Th. .V).\n1 Knop-H\u00fcfner, Journ. f.pract. Chemie. (2) III. S. 1 ; Ztschr. f. physiol. Chemie. I. S. 350.\t2 Falck, Arch. f. d. ges. Physiologie. XXVI. S. 391.\n3 Schneider-Seegen, Arch. f. pathol. Anat. XXIX. S. 564.","page":535},{"file":"p0536.txt","language":"de","ocr_de":"536 Drechsel, Chemie der Absonderungen und der Gewebe. 1. Cap. Der Harn.\nB)\tHarns\u00e4ure.\nDie Harns\u00e4ure ist in Wasser sehr schwer l\u00f6slich und wird aus alkalischen L\u00f6sungen durch verd\u00fcnnte Salzs\u00e4ure fast v\u00f6llig ausgelallt. Nach Heintz 1 kann man daher die Menge derselben im Harn auf die Weise bestimmen, dass man zu 200 cc Harn 10 cc Salzs\u00e4ure setzt und die nach 48 Stunden krystallinisch ausgeschiedene Harns\u00e4ure auf einem gewogenen Filter sammelt, mit m\u00f6glichst wenig\n_\t'\to\t\u00f6\nWasser ausw\u00e4scht, trocknet und w\u00e4gt. Die so erhaltenen Resultate sind aber nicht ganz genau, da einerseits mit der Harns\u00e4ure immer etwas Farbstoff mit ausf\u00e4llt und dieselbe braun f\u00e4rbt, andererseits eine nicht unbetr\u00e4chtliche, \u00fcbrigens w ech s ein de Menge davon gel\u00f6st bleibt. E. Salkowski1 2 f\u00e4llt deshalb, wenn es sich um ganz genaue Bestimmungen handelt, den Harn mit Magnesiamixtur (50 cc auf 250 cc), filtrirt sofort durch ein trockenes Filter und versetzt 240 cc des Filtrats mit 3proc. salpetersaurer Silberl\u00f6sung, wodurch alle Harns\u00e4ure als Silber-Magnesiadoppelsalz ausgef\u00e4llt wird. Der flockige Niederschlag wird sofort filtrirt, ausgewaschen, dann unter Wasser mit Schwefelwasserstoff zersetzt, aufgekocht, heiss filtrirt und ausgewaschen, Filtrat und Waschw\u00e4sser auf ein geringes Volum eingedampft und dann wie gew\u00f6hnlich mit Salzs\u00e4ure gef\u00e4llt. Nach 24 Stunden wird die ausgeschiedene Harns\u00e4ure gesammelt und gewogen; f\u00fcr je 10 cc Waschwasser werden 0.00048 g Harns\u00e4ure zu der gewogenen Menge hinzu gerechnet.\nC)\tKreatinin.\nZur Bestimmung des Kreatinins benutzt Neubauer3 die Eigenschaft desselben, mit Chlorzink eine erst in 9217 Th. 9Sproc. Alkohol l\u00f6sliche Verbindung einzugehen. 2\u2014300 cc Harn werden mit etwas Kalkmilch und Chlorcalcium gef\u00e4llt, Filtrat und Waschwasser m\u00f6glichst schnell auf dem Wasserbade zum st\u00e4rksten Syrup verdunstet und noch warm mit 40\u201450 cc 95proc. Alkohol vermischt. Nach 6\u2014Sstilndigem Stehen in der K\u00e4lte wird filtrirt, der R\u00fcckstand mit kleinen Mengen Weingeist gewaschen, Filtrat und Waschfl\u00fcssigkeit, wenn n\u00f6thig, durch Verdampfen auf 50\u201460 cc gebracht und nach dem Erkalten mit etwa 0.5 cc alkoholischer Chlorzinkl\u00f6sung versetzt, 2\u20143 Tage im Keller stehen gelassen, der Niederschlag auf\n1\tHeintz, M\u00fcller\u2019s Arch. f. Physiol. 1846. S. 383; Ann. d. Chemie u. Pharm CXXX. S. 179.\n2\tE. Salkowski, Arch. f. d. ges. Physiologie. V. S. 210.\n3\tNeubauer, Anleitung zur Analyse des Harns. 7. Aufl. S. 229.","page":536},{"file":"p0537.txt","language":"de","ocr_de":"Bestimmung der Oxals\u00e4ure, Hippurs\u00e4ure, Schwefels\u00e4ure.\n537\neinem gewogenen Filter gesammelt, mit Weingeist gewaschen, getrocknet und gewogen. 100 Th. Kreatininchlorzink = 62.44 Th. Kreatinin.\nD)\tOxals\u00e4ure.\nDie Oxals\u00e4ure wird stets als oxalsaurer Kalk, welcher in Essigs\u00e4ure fast absolut unl\u00f6slich ist, abgeschieden. Zu diesem Zwecke f\u00e4llt man nach Neubauer1 den Harn (4\u2014600 cc) mit Chlorcalcium und Ammoniak und l\u00f6st den Niederschlag in m\u00f6glichst wenig Essigs\u00e4ure auf; nach 24 Stunden filtrirt man den ungel\u00f6sten, aus oxal-saurem Kalk mit etwas Harns\u00e4ure bestehenden Niederschlag ab, w\u00e4scht ihn aus und l\u00f6st durch ein wenig Salzs\u00e4ure das Oxalat daraus auf. Das Filtrat wird mit Ammoniak gef\u00e4llt, nach 24 Stunden der Niederschlag gesammelt, gewaschen, getrocknet und nach starkem Gl\u00fchen als CaO gewogen. 56 Th. CaO entsprechen 90 Th. CiOaH-i.\nE)\tHippurs\u00e4ure und Benzoes\u00e4ure.\nH i p p u r s \u00e4 ur e und Benzoes\u00e4ure k\u00f6nnen nach demselben Verfahren aus Harn abgeschieden werden. Zu diesem Zwecke verdampft man letzteren unter jeweiligem Zusatz von etwas kohlensaurem Natron zum Syrup, zieht diesen mit 90\u201495 % Alkohol aus, filtrirt, verdampft den Alkohol, s\u00e4uert den R\u00fcckstand mit Schwefels\u00e4ure an und sch\u00fcttelt mit 10% Alkohol haltendem Aether (Sal-kowski2) oder Essig\u00e4ther (Bunge u. Schmiedeberg3) aus, verdunstet die \u00e4therische L\u00f6sung, kocht den R\u00fcckstand mit Wasser aus, filtrirt, s\u00e4ttigt mit Kalkmilch, entfernt den \u00fcbersch\u00fcssigen Kalk mit Kohlens\u00e4ure, filtrirt, sch\u00fcttelt mit Aether aus, dampft die restirende L\u00f6sung der Kalksalze ein, zersetzt mit Salzs\u00e4ure und sch\u00fcttelt nochmals mit Aether oder Essig\u00e4ther aus. Diese L\u00f6sung hinterl\u00e4sst beim Verdunsten einen R\u00fcckstand, der bei Anwesenheit von Hippurs\u00e4ure oder Benzoes\u00e4ure nach einiger Zeit krystallisirt; die Krystalle werden auf Thonplatten getrocknet. Durch Petroleum\u00e4ther k\u00f6nnen die genannten beiden S\u00e4uren getrennt werden, da dieser nur die Benzoes\u00e4ure l\u00f6st. Das Verfahren giebt \u00fcbrigens nur ann\u00e4hernde Resultate.\nF)\tFreie und gepaarte Schwefels\u00e4ure.\nNach Baumann4 kann man die freie und die gepaarte Schwefels\u00e4ure (Aetherschwefels\u00e4ure) auf folgende Weise neben einander\n1\tNeubauer, Anleitung zur Analyse des Harns. 7. Aufl. S. 131.\n2\tSalkowski, Die Lehre vom Harn. S. 134.\n3\tBunge u. Schmiedeberg, Arch. f. exper. Pathol. VI. S. 233.\n4\tBaumann, Ztschr. f. physiol. Chemie. I. S. 71.","page":537},{"file":"p0538.txt","language":"de","ocr_de":"-538 Drechsel, Chemie der Absonderungen und der Gewebe. 1. Cap. Der Harn.\nbestimmen. 100 cc Harn werden mit Essigs\u00e4ure anges\u00e4uert, bis fast zum Sieden erhitzt und dann mit Chlorbaryum versetzt; nachdem sich der Niederschlag (der freien Schwefels\u00e4ure entsprechend) klar abgesetzt hat, wird er abfiltrirt und mit Wasser ausgewaschen, hierauf mit etwas verd\u00fcnnter Salzs\u00e4ure und dann wieder mit Wasser gewaschen, getrocknet, gegl\u00fcht und gewogen. Das Filtrat und die Waschw\u00e4sser werden nun mit Salzs\u00e4ure anges\u00e4uert und erhitzt, bis sich der neuerdings gebildete Niederschlag von schwefelsaurem Baryt (der gebundenen Schwefels\u00e4ure entsprechend) klar abgesetzt hat, worauf er abfiltrirt, mit Wasser, dann mit heissem Alkohol gewaschen, getrocknet, gegl\u00fcht und gewogen wird. E. Salkowski1 zieht vor, in einer Portion die gesammte Schwefels\u00e4ure nach dem Ans\u00e4uern mit Salzs\u00e4ure zu bestimmen, in einer anderen aber die freie durch ein Gemisch von 2 Vol. Barytwasser + 1 Vol. Chlorbaryuml\u00f6sung auszuf\u00e4llen und im Filtrat nach dem Ans\u00e4uern mit Salzs\u00e4ure die gebundene Schwefels\u00e4ure wie oben niederzuschlagen. Die Differenz beider Bestimmungen ergiebt die Menge der freien Schwefels\u00e4ure. 233 Th. BaSOi = 98 Th. SihBi.\nG) Phenol.\nDie Bestimmung des Phenols beruht auf der F\u00e4llbarkeit w\u00e4ssriger L\u00f6sungen desselben durch Bromwasser, wobei sich Tribrom-phenol ausscheidet (Landolt -). Etwa 3\u2014500 cc Harn werden mit ca. 1ib verd\u00fcnnter Salzs\u00e4ure versetzt und destillirt, bis das Destillat durch Bromwasser nicht mehr getr\u00fcbt wird; das gesammte Destillat wird sodann filtrirt und mit Bromwasser gerade bis zur bleibenden Gelbf\u00e4rbung versetzt. Nach mehrst\u00fcndigem Stehen wird der Niederschlag auf einem \u00fcber Schwefels\u00e4ure getrockneten Filter gesammelt, gewaschen, im Dunkeln \u00fcber Schwefels\u00e4ure getrocknet und gewogen. 331 Th. CeEhBnO = 94 Th. C\u00a7H$0.\nKr e soi, welches sich unter Umst\u00e4nden im Destillate von saurem Harn befindet, giebt mit Bromwasser einen Niederschlag mit ann\u00e4hernd 4 At. Brom: Ci H\\Br\\ (9, der sich aber bei Gegenwart von freiem Brom unter Kohlens\u00e4ureentwicklung in Tribrompkenol umwandelt :\nCi Hi Br4 0 + 2 Br 2 + 2 Hi 0 = Cc HBBn 0 + CLh + 5 IIBr \u00abBaumann und Brieger3).\n1\tE. Salkowski, Arch. f. pathol. Anatomie. LXXIX. S. 551.\n2\tLandolt, Ber. d. deutsch, chem. Ges. IV. S. 770. Vgl. auch: Koppeschaar, Ztschr. f. analyt. Chemie. XY. S. 233; Giacosa, Ztschr. f. physiol. Chemie. VI. S. 43.\n3\tBaumann u. Brieger. Ber. d. deutsch, chem. Ges. XII. S. 804.","page":538},{"file":"p0539.txt","language":"de","ocr_de":"Bestimmung des Indigos.\n539\nH) Indigo (Harnindican).\nZur Bestimmung des Indigos bedient man sich nach Jaff\u00e91 2 der Zersetzung des Indicans durch Chlorkalk in saurer L\u00f6sung, wobei Indigblau ausgeschieden wird. 1\u20141 V21 Harn wird mit Chlorcalcium und etwas Kalkmilch von Phosphors\u00e4ure befreit, filtrirt und auf dem Wasserbade zum dicken Syrup eingedampft, wobei die Reaction eventuell durch zeitweiligen Zusatz von etwas Sodal\u00f6sung stets alkalisch erhalten werden muss. Der R\u00fcckstand wird mit ca. 500 cc starkem Alkohol einige Minuten erw\u00e4rmt, nach P2\u201424 Stunden filtrirt, der Alkohol vom Filtrat abgedunstet, der R\u00fcckstand in viel Wasser gel\u00f6st und mit nicht \u00fcbersch\u00fcssiger, sehr verd\u00fcnnter Eisenchloridl\u00f6sung gef\u00e4llt, filtrirt, das Filtrat mit Ammoniak gef\u00e4llt, aufgekocht, filtrirt und auf 200\u2014250 cc eingedampft. Von dieser genau gemessenen Fl\u00fcssigkeit wird ein aliquoter Theil dazu benutzt, um zu ermitteln, wie stark derselbe verd\u00fcnnt werden kann, so dass 10 cc der verd\u00fcnnten Fl\u00fcssigkeit durch einen Tropfen ges\u00e4ttigter Chlorkalkl\u00f6sung eben noch gebl\u00e4ut werden. Da nun empirisch ermittelt worden ist, dass das Maximum der Indigoausbeute erhalten wird, wenn man zu 10 cc der urspr\u00fcnglichen Indicanl\u00f6sung etwa halb soviel Tropfen derselben Chlorkalkl\u00f6sung setzt, als man Volumina Wasser zur Verd\u00fcnnung bis zum Eintritt eben noch deutlicher Blauf\u00e4rbung durch einen Tropfen Chlorkalkl\u00f6sung in 10 cc Fl\u00fcssigkeit brauchte, so kann man aus dem obigen Verd\u00fcnnungsversuche leicht die zur Abscheidung des Indigos n\u00f6thige Menge Chlorkalkl\u00f6sung berechnen. Z. B. wenn man gefunden hat, dass bei 8 f\u00e2cher Verd\u00fcnnung 10 cc der Fl\u00fcssigkeit durch 1 Tropfen Chlorkalkl\u00f6sung gerade noch sichtbar gebl\u00e4ut werden, so setzt man auf je 10 cc der urspr\u00fcnglichen Indicanl\u00f6sung 4 Tropfen Chlorkalkl\u00f6sung zu, auf 200 cc also 80 Tropfen; bei 10f\u00e2cher Verd\u00fcnnung dagegen 5, bez. 100 Tropfen u. s. w. Man versetzt dann 200 cc der urspr\u00fcnglichen Indicanl\u00f6sung mit dem gleichen Volum Salzs\u00e4ure und hierauf unter gutem Umr\u00fchren mit der berechneten Anzahl Tropfen Chlorkalkl\u00f6sung, l\u00e4sst 12\u201424 Stunden stehen, filtrirt durch ein mit Salzs\u00e4ure ausgezogenes, gewogenes Filter aus dickem Papier, w\u00e4scht mit kaltem und heissem Wasser, dann mit verd\u00fcnntem heissem Ammoniak und wieder mit Wasser aus, trocknet bei 105\u00b0 und w\u00e4gt. \u2014 Ein colorime-trisches Verfahren ist von E. Salkowski- angegeben worden.\n1\tJaff\u00e9, Arch. f. d. ges. Physiologie. III. S. 44S.\n2\tE. Salkowski, Arch. f. pathol. Anat. LXYIII S. 407.","page":539},{"file":"p0540.txt","language":"de","ocr_de":"540 Drechsel, Chemie der Absonderungen und der Gewebe. 1. Cap. Der Harn.\nI) Chlor.\nVon den vielen zur Bestimmung des Chlors im Harn angegebenen Methoden soll hier nur die von Volhard1 beschrieben werden in der Form, in welcher dieselbe von E. Salkowski2 f\u00fcr den Harn benutzt wird. Das Princip derselben ist folgendes: setzt man zu einer eisenoxydhaltigen Silberl\u00f6sung eine L\u00f6sung von Rhodankalium oder -ammonium, so tritt eine Rothf\u00e4rbung der Fl\u00fcssigkeit durch Bildung von Eisenrhodanid erst dann ein, wenn alles Silber als in Salpeters\u00e4ure unl\u00f6sliches Rhodansilber gef\u00e4llt ist. Um nun in einer L\u00f6sung das Chlor zu bestimmen, lallt man dasselbe mit einer bekannten, \u00fcbersch\u00fcssigen Silbermenge aus und titrirt den Ueberschuss des letzteren mit Rhodanl\u00f6sung. Die Silberl\u00f6sung bereitet man durch Aufl\u00f6sen von 29.075 g reinem geschmolzenem salpetersaurem Silber zu 1 1 (1 cc = 0.01 g XaCl), die Rhodanl\u00f6sung durch Aufl\u00f6sen von 6\u20147 g k\u00e4uflichem Rhodanammonium in 1100 cc Wasser; als Eisensalz nimmt man zweckm\u00e4ssig reinen Ammoniakeisenalaun in kalt ges\u00e4ttigter L\u00f6sung. Den Titer der Rhodanl\u00f6sung stellt man fest, indem man zu 10 cc Silberl\u00f6sung etwa 100 cc Wasser, 4 cc reine Salpeters\u00e4ure und 5 cc Eisenl\u00f6sung setzt und nunmehr von der Rhodanl\u00f6sung bis zur bleibenden schwach r\u00f6thlichen F\u00e4rbung aus einer B\u00fcrette zufliessen l\u00e4sst, welcher Punkt sehr leicht zu treffen ist. Alsdann verd\u00fcnnt man die Rhodanl\u00f6sung zweckm\u00e4ssig so, dass 25 cc derselben = 10 cc Silberl\u00f6sung sind.\nUm nun das Chlor im Harn zu bestimmen, bringt man nach Salkowski 10 cc davon in ein 100 cc K\u00f6lbchen, setzt 50 cc Wasser, dann 4 cc reine Salpeters\u00e4ure von 1.2 spec Gew. und 15 cc Silberl\u00f6sung hinzu und sch\u00fcttelt kr\u00e4ftig, bis sich der Niederschlag gut absetzt. Dann f\u00fcllt man bis zur Marke auf, filtrirt durch ein trockenes Filter, setzt zu 80 cc Filtrat 5 cc Eisenl\u00f6sung und titrirt nun mit Rhodanl\u00f6sung. Bei Hundeharn nimmt man besser auf 10 cc Harn nur 25 cc Wasser und 25 cc Salpeters\u00e4ure, kocht nach dem Silberzusatz auf, f\u00fcllt nach dem Erkalten bis zur Marke und verf\u00e4hrt wie angegeben weiter.\nStatt des frischen Harns kann man auch die Asche desselben benutzen, zu welchem Zwecke man 10 cc desselben mit 1 g chlor-freier wasserfreier Soda und 3\u20145 g chlorfreiem Salpeter in einer Platinschale vorsichtig eindampft und schmilzt; die Schmelze wird in Wasser gel\u00f6st, mit Schwefels\u00e4ure stark anges\u00e4uert, mit \u00fcbersch\u00fcs-\n1\tVolhard, Arm. d. Chemie u. Pharm. CXC. S. 1.\n2\tE. Salkowski, Ztschr. f. physiol. Chemie. V. S. 285.","page":540},{"file":"p0541.txt","language":"de","ocr_de":"Bestimmung der Phosphors\u00e4ure, des Kalis und Natrons.\n541\nsiger Silberl\u00f6sung versetzt und gekocht, bis die salpetrige S\u00e4ure entfernt ist; nach dem Erkalten titrirt man wie angegeben (F. A. Falck1). Andere Methoden s. bei Salkowski und Leube, Der Harn. S. 170.\nK) Phosphors\u00e4ure.\nDie bequemste Methode zur Bestimmung der Phosp h\u00f6r s\u00e4ure ist die durch Titriren mit Uranl\u00f6sung. Dieselbe beruht darauf, dass aus einer mit Essigs\u00e4ure anges\u00e4uerten L\u00f6sung phosphorsaurer Alkalien und alkalischer Erden durch Zusatz von essigsaurem oder salpetersaurem Uran alle Phosphors\u00e4ure als phosphorsaures Uran PO\\(UrO)iIl ausgef\u00e4llt wird; ein Ueberschuss von Uran giebt sich durch einen r\u00f6thlichbraunen Niederschlag auf Zusatz von Ferrocyau-kalium zu erkennen.\nBehufs Ausf\u00fchrung der Bestimmung bereitet man sich eine L\u00f6sung von circa 33 g gelbem Uranoxydnatron in Salpeters\u00e4ure oder Essigs\u00e4ure und verd\u00fcnnt auf 1100 cc; ferner eine L\u00f6sung von 10.085 g trockenem, aber nicht verwittertem, phosphorsaurem Natron (Na^HPOi -f- 12 IhO) zu 1 1, welche also 0.2 g P-iOb in 100 cc enth\u00e4lt und deren Gehalt man eventuell durch Abdampfen und Gl\u00fchen des R\u00fcckstandes (Xa+P^Ch) controlirt. Ausserdem bedarf man noch einer L\u00f6sung von ca. 100 g essigsaurem Natron -f- 100 cc Essigs\u00e4ure, auf 1 1 verd\u00fcnnt. Man bringt nun 50 cc der Phosphatl\u00f6sung 5 cc Acetatl\u00f6sung in einem Becherglas zum beginnenden Kochen und l\u00e4sst Uranl\u00f6sung aus einer B\u00fcrette zufliessen, bis ein herausgenommener Tropfen, mit einem Tropfen Ferrocyankaliuml\u00f6sung versetzt, an der Ber\u00fchrungsfl\u00e4che einen br\u00e4unlichen Ring zeigt, der auch noch erscheint, wenn man die Fl\u00fcssigkeit noch ein paar Minuten gekocht hat. Man verd\u00fcnnt dann eventuell die Uranl\u00f6sung so, dass 20 cc derselben = 50 cc Phosphatl\u00f6sung sind. Im Harn wird die Bestimmung genau ebenso ausgef\u00fchrt.\nL) Kali und Natron.\nDie Bestimmung der Alkalien geschieht in der Weise, dass man 3 Vol. Harn mit 2 Vol. Barytwasser und 1 Vol. Chlorbaryum ausf\u00e4llt, durch ein trockenes Filter hltrirt und ein gemessenes Volum des Filtrats in einer Platinschale verdampft und verascht. Der R\u00fcckstand wird in wenig verd\u00fcnnter Salzs\u00e4ure gel\u00f6st, mit Ammoniak und kohlensaurem Ammon gef\u00e4llt, hltrirt, eingedampft, gelinde gegl\u00fcht, wieder gel\u00f6st, mit ein paar Tropfen Ammoniak, oxalsaurem\n1 F. A. Falck. Ber. d. deutsch, chem. Ges. VIII. S. 12.","page":541},{"file":"p0542.txt","language":"de","ocr_de":"542 Drechsel, Chemie der Absonderungen und der Gewebe. 1. Cap. Der Harn.\nAmmon und kohlensaurem Ammon versetzt, nach l\u00e4ngerem Stehe11 filtrirt, mit einigen Tropfen Salzs\u00e4ure versetzt und in einem gewogenen Platinsch\u00e4lchen eingedampft, gelinde gegl\u00fcht und gewogen. Dieser R\u00fcckstand besteht aus Chlorkalium und Chlornatrium, welche auf bekannte Weise durch Eindampfen mit \u00fcbersch\u00fcssigem Platinchlorid und Ausziehen des R\u00fcckstandes mit SO \" o Alkohol getrennt werden k\u00f6nnen.\nM) Kalk und Magnesia.\nDie Erd alkali en werden ebenfalls in ein und derselben Harnportion bestimmt. Man s\u00e4uert 100 cc Harn mit Essigs\u00e4ure an und f\u00e4llt heiss mit oxalsaurem Ammon ; der Niederschlag ist oxalsaurer Kalk, den man behufs Entfernung mit niedergefallener Spuren von Magnesia in Salzs\u00e4ure l\u00f6st und nochmals mit Ammoniak f\u00e4llt, dann abfiltrirt, ausw\u00e4scht, trocknet und durch starkes Gl\u00fchen in Aetzkalk {CaO) \u00fcberf\u00fchrt, welcher gewogen wird. Aus dem (eingedampften) Filtrate vom Kalkniederschlage wird durch Zusatz von ca. 12 Vol. Aetzammoniak die Magnesia als phosphorsaure Ammonmagnesia gef\u00e4llt, welche man nach einigen Stunden abfiltrirt, mit verd\u00fcnntem Ammoniak ausw\u00e4scht, durch Gl\u00fchen in Pyrophosphat (Mg-iI^O:) \u00fcberf\u00fchrt und w\u00e4gt. 222 Th. Mg-jP-iOi \u2014 80 Mg0.\nN) Ammoniak.\nDie Bestimmung des Ammoniaks geschieht zweckm\u00e4ssig nach der Methode von Schl\u00f6sing1. Man bringt in eine flache Glasschale 20 cc klaren Harn und ebenso viel Kalkmilch, setzt ein anderes Sch\u00e4lchen mit 5 cc Normalschwefels\u00e4ure (oder doch einer verd\u00fcnnten Minerals\u00e4ure von bekanntem Gehalt) dar\u00fcber und bedeckt das Ganze sofort mit einer luftdicht abschliessenden Glasglocke. Nach einigen Tagen \u00f6ffnet man den Apparat und titrirt die S\u00e4ure zur\u00fcck, woraus man dann die Menge des absorbirten Ammoniaks berechnet.\nEine andere Methode ist von Schmiedeberg'2 angegeben worden; dieselbe beruht auf der F\u00e4llung des Ammoniaks mit Platinchlorid unter Zusatz von Aetheralkohol, Reduction des Niederschlags mit Zink und Salzs\u00e4ure, Austreiben des Ammoniaks durch Kochen mit gebrannter Magnesia und Auffangen desselben in titrirter S\u00e4ure.\n1\tNeubauer u. Vogel, 7. Aufl. S. 240.\n2\tSchmiedeberg, Arch. f. exper. Pathol. VII. S. 166.","page":542},{"file":"p0543.txt","language":"de","ocr_de":"Schweiss.\n543\nANHANG.\nDer Scliweiss.\nDer Schweiss ist eine klare, d\u00fcnne, w\u00e4ssrige Fl\u00fcssigkeit von schwach salzigem Geschmack und eigent\u00fcmlichem, je nach der K\u00f6rperstelle, von der er stammt, verschiedenem Ger\u00fcche. Er reagirt im frischen Zustande unter gew\u00f6hnlichen Umst\u00e4nden etwas sauer; wird indessen die Hautoberfl\u00e4che vor dem Schwitzen erst gr\u00fcndlich gereinigt, namentlich von Hautsalbe befreit, so reagirt er frisch stets alkalisch (Tr\u00fcmpy und Luchsinger1). Zur Gewinnung gr\u00f6sserer Mengen von Schweiss kann man Personen auf einer metallenen Rinne im Dampfbade in mit Wasserdampf ges\u00e4ttigter Luft bei K\u00f6rpertemperatur schwitzen lassen (Favre2); vom Arm erh\u00e4lt man den Schweiss, wenn man ihn in einen Kautschukbeutel, der an seinem unteren Ende in ein Fl\u00e4schchen m\u00fcndet, steckt (Anselmino, Schottin3); von anderen K\u00f6rpertheilen durch Abwischen mit reinem Fliesspapier oder reinen Schw\u00e4mmen; in allen F\u00e4llen ist eine gr\u00fcndliche vorhergehende Reinigung der Haut von Epidermisschuppen u. s. w. n\u00f6thig, von denen das gewonnene Secret doch immer geringe Mengen (Funke fand 0.19 bis 0.31%) aufgeschwemmt enth\u00e4lt. Beim Stehen wird auch saurer Schweiss allm\u00e4hlich alkalisch, indem er in Zersetzung ger\u00e4th.\nDie chemische Zusammensetzung des Schweisses ist noch sehr ungen\u00fcgend erforscht; im Allgemeinen stellt derselbe eine sehr verd\u00fcnnte L\u00f6sung (gef. 97.7\u201499.5% Wasser) von Salzen und z. Th. noch ganz unbekannten organischen Stoffen dar. Mit Sicherheit hat man darin nachgewiesen: Ameisens\u00e4ure, Essigs\u00e4ure (Funke4), Butters\u00e4ure (Schottin; L. Meyer5 konnte keine h\u00f6heren Fetts\u00e4uren als Ameisens\u00e4ure und Essigs\u00e4ure nachweisenj, Spuren von Fetten (Krause6, Meissner7), Harnstoff (0.088 % Picard8, 0.11\u20140.20% Funke = 10 bez. 11.7% des festen R\u00fcckstandes); Kreatinin (Capra-nica9); von Salzen: Chloralkalien, phosphorsaure, schwefelsaure Alkalien, Ammoniak, Kalk, Eisenoxyd. Favre giebt an, im Schweisse eine eigentkiimliche stickstoffhaltige S\u00e4ure: Hidrotins\u00e4ure, gefunden\n1\tTr\u00fcmpy u. Luchsinger, Arch. f. d. gcs. Physiologie. XVIII. S. 494.\n2\tFavre, Compt. rendus. XXXV. p. 721.\n3\tSchottin, De sudore. Diss. Lipsiae 1851 ; Arch. f. physiol. Heilk. XI. S. 73.\n4\tFunke, Moleschott's Unters, z. Naturl. IV. S. 36.\n5\tL. Meyer. Stud. d. physiol. Instit. zu Breslau. 1863. S. 168.\n6\tKrause, Handw\u00f6rterb. d. Physiol. II. S. 146.\n7\tMeissner. Ztschr. f. ration. Med. (3) I. S. 288.\n8\tPicard. De la pr\u00e9sence de Pur\u00e9e dans le sang etc. Th\u00e8se. Strassbourg 1856.\n9\tC\u2019ArRANicA, Bull, della R. Accad. med. di Ronia. 1882. No. 6.","page":543},{"file":"p0544.txt","language":"de","ocr_de":"544; Drechsel, Chemie der Absonderungen und der Gewebe. 1. Cap. Der Harn.\nzu haben ; doch hat er sie nicht n\u00e4her untersucht. Sehr wahrscheinlich ist das Vorkommen \u00e4hnlicher Chromogene wie im Harn; blaue Schweisse sind \u00f6fters beobachtet worden, deren Farbstoff von Bizio1, in einem anderen Falle von Hofmann2 als Indigo erkannt wurde; in andern F\u00e4llen ist die Natur des Farbstoffs nicht n\u00e4her festgestellt worden. Nach Benzoes\u00e4uregenuss sollen sich Spuren von Hippurs\u00e4ure im Schweisse finden (G. H. Meissner3); nach Einnahme von arsenigsaurem Kali arsenige S\u00e4ure, von arsensaurem Natron Arsens\u00e4ure; von arsensaurem Eisenoxyd nur Arsens\u00e4ure, w\u00e4hrend das Eisen in den Harn \u00fcbergeht; von Quecksilberjodid Sublimat, w\u00e4hrend das Jod im Speichel und Harn erscheint, ebenso nach Genuss von Jodkalium (Bergeron etLEMATTRE4 5 6; Cantu hatte fr\u00fcher nach Jodkaliumgenuss Jod im Schweiss gefunden). Bei sehr starkem Schwitzen fand Leube 5 auch Spuren von Eiweiss, welches sich wie Serumalbumin verhielt, im Schweiss (bis 0.023 \u00b0/o). Derselbe11 konnte auch wiederholt beobachten, dass bei starkem Schwitzen die Harnstoffmenge im Harn sank, gegen\u00fcber einer vorher constanten und nachher wieder erh\u00f6hten Harnstoffausscheidung im Harn, und diese Erscheinung trat auch ein, als w\u00e4hrend des Schwitzens so viel Wasser getrunken wurde, dass die Harnmenge nicht vermindert, sondern sogar erh\u00f6ht wurde; die Harnstoffausscheidung im Schweiss ist also unabh\u00e4ngig von der im Harn.\nZWEITES CAPITEL.\nWenn die weibliche Brustdr\u00fcse aus dem ruhenden in den th\u00e4-tigen Zustand \u00fcbergeht, so sondert sie vor und w\u00e4hrend der ersten Tage nach der Geburt das Colostrum, von da an aber die zur Ern\u00e4hrung des Kindes geeignete Milch ab. Das Colostrum ist eine tr\u00fcbe, gelbliche Fl\u00fcssigkeit, in welcher haupts\u00e4chlich sog. Colostrumk\u00f6rperchen (wahre Zellen, die in fortw\u00e4hrendem Zerfall begriffen\n1\tBizio, Wiener acad. Sitzungsber. XXXIX. S. 33.\n2\tHofmann, Wiener med. Wochenschr. 1873. S. 292.\n3\tG. H. Meissner, De sudoris secretione. Diss. Lipsiae 1859.\n4\tBergeron et Lemattre, Arch, g\u00e9n\u00e9ral, de m\u00e9d. IV. p. 173.\n5\tLeube. Virchow\u2019s Arch. XLVIII. S. 181.\n6\tDerselbe. Ebenda. L. S. 301.","page":544},{"file":"p0545.txt","language":"de","ocr_de":"Colostrum.\n545\nsind) und nur wenig Milchk\u00fcgelchen aufgeschwemmt sind; es enthalt viel Albumin, kein oder nur wenig Casein, wenig Fett, Milchzucker und Salze. Infolge des grossen Albumingehaltes coagulirt es auch beim Erhitzen, w\u00e4hrend die Milch ein solches Verhalten nicht zeigt. Im Allgemeinen steht also das Colostrum dem Blutserum n\u00e4her als die Milch. Allm\u00e4hlich \u00e4ndert sich aber die Zusammensetzung des Colostrums, es wird milch\u00e4hnlicher ; das Albumin nimmt ab, Casein und Fett nehmen zu, und die Colostrumk\u00f6rperchen verschwinden mehr und mehr, w\u00e4hrend die Milchk\u00fcgelchen in immer gr\u00f6sserer Menge erscheinen. Dabei wird das Secret immer weisser und undurchsichtiger, bis es endlich die Eigenschaften der eigentlichen Milch erlangt, welche sich dann bis zu Ende der Lactation nicht mehr merklich \u00e4ndern.\nClemm1 fand folgende Zusammensetzung des Frauencolostrums:\nBestandteile in 1000 Theilen\t4 Wochen vor der Geburt\t\t17 Tage voider Geburt\t9 Tage vor der Geburt\t24 Stunden nach der Geburt\t2 Tage nach der Geburt\nWasser ....\t945.24\t851.97\t851.72\t858.55\t842.99\t867.88\nFeste Stoffe.\t54.76\t148.03\t44S 28\t141.45\t157.01\t132.12\nAlbumin ....\t2S.S1\t69.03\t74.77\tSO.73\t\t\t\t\nCasein ....\t\u2014\t\u2014\t\u2014\t\t\t\t\t21.82\nButter ....\t7.07\t41.30\t30.24\t23.47\t\u2014\t48.63\nMilchzucker\t17.27\t39.45\t43.69\t36.37\t\u2014\t60.99\nSalze\t\t441\t4.43\t4.4S\t5.44\t5.12\t\u2014\nIn den Salzen \u00fcberwiegt das Kali das Natron, der Kalk die Magnesia, die Salzs\u00e4ure und die Phosphors\u00e4ure die Schwefels\u00e4ure; phosphorsaures Eisenoxyd ist nur in Spuren vorhanden.\nDas Colostrum der K\u00fche enth\u00e4lt nach Fleischmann2 durchschnittlich: 78.7 \u00b0o Wasser, 7.3% Casein, 7.5% Albumin, 4.0% Fett, 1.5% Milchzucker und 1.0% Salze. Crusius3 fand bei einer Kuh im Colostrum gleich nach dem Kalben 8.5% Albumin, nach 1 Tag 6.4%, nach 3 Tagen 3.4%, nach 7 Tagen 1.9%, nach 21 Tagen 0.6%.\nDie Milch4 ist eine undurchsichtige Fl\u00fcssigkeit, deren Farbe bald bl\u00e4ulich weiss, bald rein weiss, bald gelblich weiss ist. Sie enth\u00e4lt nur noch vereinzelte Colostrumk\u00f6rperchen, dagegen ausserordentlich viel Milchk\u00fcgelchen von 0.01\u20140.0015 mm Durchmesser,\n1\tClemm, R. Wagner. Handw\u00f6rterb. d. Physiol. II. S. 464. \u2014 v. Gorcp-Besa-nez. Physiol. Chemie. 3. Au\u00dc. S. 432.\n2\tFleischmann, Das Molkereiwesen. S. 56.\n3\tCrusius, Journ. f. pract. Chemie. LXVIII. S. 5.\n4\tDie folgenden Angaben beziehen sich gr\u00f6sstentheils auf Kuhmilch.\nHandbuch der Physiologie. Bd. Y.\t35","page":545},{"file":"p0546.txt","language":"de","ocr_de":"546 Drechsel, Chemie der Absonderungen und der Gewebe. 2. Cap. Die Milch.\nund eine staubfeine Tr\u00fcbung, welche aus ungel\u00f6stem Casein bestehen soll. Die Milchk\u00fcgelchen bestehen fast nur aus Fett (Butter) mit etwas Cholesterin und Lecithin, den gew\u00f6hnlichen Verunreinigungen der Fette; ob dieselben eine eiweisshaltige Membran besitzen, ist noch nicht sicher festgestellt. Die weisse Farbe und Undurchsichtigkeit der Milch r\u00fchrt zum gr\u00f6ssten Theile von der Anwesenheit der suspendirten Milchk\u00fcgelchen her, indessen sind auch fettfreie Case\u00efn-l\u00f6sungen, welche phosphorsauren Kalk enthalten, nicht vollkommen durchsichtig, sondern mehr oder weniger opalescent und im auffallenden Lichte weisslich. Ueber die Reaction der frischen Milch ist viel gestritten worden; die Einen fanden sie sauer (Hundemilch reagirt stets sauer), Andere neutral oder alkalisch ; Soxhlet1 zeigte sodann, dass die (Kuh-) Milch amphoter reagirt, d. h. empfindliches blaues Lakmus-papier r\u00f6thet, rothes dagegen bl\u00e4ut. Heixtz'2 best\u00e4tigte diesen Befund, wies aber gleichzeitig nach, dass blaues Lakmuspapier nicht eigentlich roth und rothes nicht wirklich blau gef\u00e4rbt werde, dass vielmehr beide mit Milch denselben violetten Farbenton annehmen, der nur durch Contrast gegen blau roth und umgekehrt gegen roth blau erscheint. Die Erscheinung beruht auf der gleichzeitigen Anwesenheit sauer (NalpPOi) und alkalisch {Na-iHPOx) reagirender Salze. Nach Vogel3 f\u00e4rbt frische Milch m\u00f6glichst neutrale Lakmus-tinctur zun\u00e4chst r\u00f6thlich, welche Farbe aber beim Stehen, Sch\u00fctteln, Umgiessen oder Kochen in Blau \u00fcbergeht; auf Curcuma reagirt Milch nicht alkalisch. Wird die Milch gekocht, so reagirt sie dann st\u00e4rker alkalisch wie zuvor, eine Erscheinung, die sich auch bei anderen eiweisshaltigen Fl\u00fcssigkeiten (Blutserum u. s. w.) beobachten l\u00e4sst und zum Theil auf dem Entweichen von Kohlens\u00e4ure beruht. Ausserdem entweicht auch etwas Schwefelwasserstoff, welchem die gekochte Milch ihren eigenthtimlichen Geruch und Geschmack verdankt (Schreiner4). W\u00e4hrend des Kochens sch\u00e4umt Milch sehr stark, bildet eine Haut auf der Oberfl\u00e4che, welche sich nach dem Abheben wieder erneuert, coagulirt aber nicht; die in ihr enthaltene geringe Menge Albumin wird dabei jedenfalls in Albuminat verwandelt, welches in der alkalischen Fl\u00fcssigkeit gel\u00f6st bleibt, \u00e4hnlich wie dies auch beim Aufkochen verd\u00fcnnten Blutserums der Fall ist. Wird dagegen Milch im zugeschmolzenen Rohre auf 130\u2014150\u00b0 erhitzt, so coagulirt sie vollst\u00e4ndig.\n1\tSoxhlet, Journ. f. pract. Chemie. (2) VI. S. 1.\n2\tHeixtz, Ebenda. VI. S. 374.\n3\tVogel, Ebenda. VIII. S. 137.\n4\tSchreiner, Chem. Centralbl. (3) IX. S. 5SS.","page":546},{"file":"p0547.txt","language":"de","ocr_de":"Milch.\n547\nBeim Stehen kann die Milch verschiedene Ver\u00e4nderungen erleiden. Zun\u00e4chst steigen die Milchk\u00fcgelchen zum Theil in die H\u00f6he und bilden eine dickliche, gelbliche Schichte, den Rahm (Sahne) auf der Oberfl\u00e4che; wird derselbe in der K\u00e4lte stark geschlagen oder gesch\u00fcttelt, so vereinigen sich die Milchk\u00fcgelchen und setzen sich als Butter ab. Dasselbe Verhalten zeigt auch die Milch direct, nur kann man aus ihr die Butter nicht so leicht gewinnen wie aus Rahm. Der ganze Vorgang beruht h\u00f6chst wahrscheinlich darauf, dass in der erkalteten Milch die Fetttr\u00f6pfchen (Milchk\u00fcgelchen) im \u00fcberschmolzenen Zustande vorhanden sind, in Folge der starken Ersch\u00fctterungen aber erstarren, wobei alsdann die Ber\u00fchrung schon fertiger Butter mit den noch nicht erstarrten Tr\u00f6pfchen letztere sofort ankleben und fest werden l\u00e4sst (Soxhlet1). Die r\u00fcckst\u00e4ndige fettarme Milch wird Buttermilch genannt.\nSchon w\u00e4hrend des Aufsteigens der Milchk\u00fcgelchen erleidet die Milch noch eine andere Ver\u00e4nderung, welche sich durch Abnahme der alkalischen Reaction und schw\u00e4chere oder st\u00e4rkere Gerinnung beim Kochen, z. B. der Buttermilch, zu erkennen giebt. Allm\u00e4hlich wird sie dickfl\u00fcssiger, gesteht zu einer zitternden Gallerte, welche sich zun\u00e4chst noch in St\u00fccke schneiden l\u00e4sst, aber bald in dicke klumpige Massen und eine klare Fl\u00fcssigkeit, das Milchserum, zerf\u00e4llt. Der Niederschlag enth\u00e4lt das Casein, das Fett und einen kleinen Theil der Salze, das Serum das Albumin, Milchs\u00e4ure, den Rest des Zuckers und den gr\u00f6ssten Theil der Salze. Der ganze Vorgang beruht auf der Umwandlung eines Theiles des Zuckers durch ein Ferment in Milchs\u00e4ure, durch welche allm\u00e4hlich das Case'in aus seiner Verbindung mit Alkali ausgeschieden wird (Kapeller2 3) und ganz dasselbe Resultat, nur unter Schonung des Zuckers, kann man durch vorsichtigen Zusatz einer verd\u00fcnnten S\u00e4ure zur frischen Milch erzielen. Mit dieser spontanen Gerinnung der Milch durch S\u00e4uren ist nicht zu verwechseln die Gerinnung derselben durch Labferment, denn diese erfolgt sowohl bei schwach saurer, als auch bei vollkommen neutraler oder selbst schwach alkalischer Reaction. Diese Gerinnung beruht, wie Hammarsten 3 \u00fcberzeugend dargethan, auf einer Ver\u00e4nderung, wahrscheinlich Spaltung, des Caseins, deren Hauptproduct die Eigenschaft hat, mit phosphorsaurem Kalk eine in Wasser mehr oder weniger schwer l\u00f6sliche Verbindung, den K\u00e4se zu geben. Ist\n1\tSoxhlet. Landwirthsch. Versuchsstat. XIX. S. 118.\n2\tKapeller, Untersuchungen \u00fcber das Casein. Inaug.-Diss. Dorpat 1874.\n3\tHammarsten, Beitr\u00e4ge zur Kenntniss des Caseins und des Labfermentes. Upsala 1877.\n35*","page":547},{"file":"p0548.txt","language":"de","ocr_de":"548 Drechsel. Chemie der Absonderungen und der Gewebe. 2. Cap. Die Milch.\nin der Caseml\u00f6sung kein Kalkphospkat vorhanden, so wird auch durch Lab keine Gerinnung darin hervorgebracht; diese tritt erst ein auf Zusatz von Chlorcalcium und phosphorsaurem Natron. 1 Th. Lab vermag mindestens 400000 \u2014 800000 Th. Case\u2019in in K\u00e4se zu verwandeln (s. a. dieses Handb., Malt, Magensaft).\nDie oben erw\u00e4hnte spontane Gerinnung der Milch l\u00e4sst sich nach Schwalbe1 2 verhindern, wenn man derselben etwas Senf\u00f6l (1 Tropfen auf 20 g Milch) zusetzt; nach 5\u20147 Wochen ist das Casein in Albumin verwandelt, die Fl\u00fcssigkeit stark sauer. Diese Umwandlung scheint die Folge einer Oxydation des Caseins zu sein, denn wenn man Senf\u00f6lmilch in einer Thonzelle in eine L\u00f6sung von Kaliumpermanganat setzt, so entsteht im Laufe einiger Tage reichlich Albumin.\nNur durch Erw\u00e4rmen, ohne jeden Zusatz, conservirte Milch h\u00e4lt sich nach Meissl 2 in luftdicht verschlossenen Flaschen jahrelang unver\u00e4ndert; erst nach sehr langer Zeit erh\u00e4lt sie einen bitteren Geschmack (doch ohne Aenderung der Reaction), das Fett hat sich fast vollst\u00e4ndig abgeschieden, eine Spur Casein findet sich als pulveriger Niederschlag, und die tr\u00fcbe Fl\u00fcssigkeit enth\u00e4lt weder Casern noch Albumin, sondern nur noch Pepton neben Zucker und Salzen.\nBisweilen wird die Milch beim Stehen fadenziehend, und setzt alsdann nur wenig oder gar keinen Rahm ab. Diese Ver\u00e4nderung beruht auf der Gegenwart einer Art Micrococcus, welche den Milchzucker (auch Rohrzucker, Traubenzucker) in \u00e4hnlicher Weise zu zersetzen scheint, wie dies von Pasteur und Monoyer bei der Schleim-g\u00e4hrung des Weins beobachtet worden. Mannit ist in fadenziehender Milch nicht nachweisbar; das Umwandlungsproduct des Milchzuckers \u00e4hnelt sehr den Pflanzenschleimen, reducirt stark FEHLiNG\u2019sche L\u00f6sung (Schmidt-M\u00fclheim 3).\nBlaue und rothe Flecken, welche sich bisweilen auf der Milch oder auf Rahm bei l\u00e4ngerem Stehen bilden, werden durch Mikroorganismen (Vibrio cyanogeneus; Byssus) hervorgebracht (s. die neuesten Beobachtungen von Reiset, Compt. rend. XCYI p. 6S2).\nFiltrirt man unter Anwendung von Druck frische Milch durch por\u00f6se Thonzellen, so erh\u00e4lt man ein wasserklares Filtrat, welches kein Case'in und Fett, wohl aber Albumin (0.108 \u20141.450 \u00b0 o) und die \u00fcbrigen Milchbestandtheile enth\u00e4lt (Zahn4)- Gekochte und wieder-\n1\tSchwalbe. Ber. d. deutsch, chem. Ges. Y. S. 2S6.\n2\tMeissl. Ber. d. deutsch, chem. Ges. XV. S. 1259.\n3\tSchmidt-M\u00fclheim. Arch. f. d. ges. Physiol. XXVII. S. 490.\n4\tZahn. Ebenda II. S. 59S.","page":548},{"file":"p0549.txt","language":"de","ocr_de":"Milch.\n549\nerkaltete Milch liefert ein \u00e4hnliches Filtrat, welches sich aber beim Kochen nicht, sondern nur auf Zusatz von etwas Essigs\u00e4ure tr\u00fcbt, also kein Albumin, sondern nur etwas Albuminat enth\u00e4lt. Die Ursache daf\u00fcr, dass kein Casein aus der Milch ins Filtrat \u00fcbergeht, ist nach Soxhlet 1 in der Gegenwart des Fettes zu suchen, da fettfreie Caseml\u00f6sungen unver\u00e4ndert durch Thonzellen filtriren; Kali-albuminatl\u00f6sungen filtriren ebenfalls unver\u00e4ndert, und nur wenn man in denselben geschmolzene Butter emulgirt, wird wie bei frischer Milch alles Albuminat (bis auf \u00e4usserst geringe Spuren) durch das Thonfilter zur\u00fcckgehalten. Nach Versuchen von Fri. Dupr\u00e9 2 werden \u00fcbrigens Case'in und Fett aus der Milch schon durch Vermischen derselben mit feingepulvertem gebranntem Thon oder Knochenkohle ausgef\u00e4llt. Hoppe-Seyler 3 hatte schon fr\u00fcher gezeigt, dass auch bei der Filtration von Milch durch thierische Membranen (frische menschliche oder thierische Ureter) das Casein vollst\u00e4ndig oder doch bis auf Spuren von denselben zur\u00fcckgehalten wird. Aus diesen Versuchen, sowie aus eigenen mikroskopischen Beobachtungen zieht Kehrer 4 den Schluss, dass das Case'in in der Milch nicht gel\u00f6st, sondern nur gequollen enthalten sei ; f\u00fcr diese Ansicht spricht auch die Thatsache, dass die Milch durch Behandlung mit viel Aether zwar fettfrei, aber nicht durchsichtig gemacht werden kann.\nBei der Dialyse der Milch gehen zun\u00e4chst die l\u00f6slichen Salze und der Milchzucker, allm\u00e4hlich auch der gr\u00f6sste Theil der Erdphosphate fort, und zuletzt scheidet sich das Case'in als ein nur in eoncentrirter Natronlauge l\u00f6slicher k\u00f6rniger Niederschlag aus, ist also wesentlich ver\u00e4ndert; es enth\u00e4lt nur Spuren phosphorsauren Kalks (A. Schmidt1 2 3 4 5 6 7, Kapeller).\nDie Angaben von Kemmerich dass beim Stehen von frischer Milch (Ziege, Kuh, Frauencolostrum) eine Zunahme des Caseingehaltes auf Kosten des Milchalbumins erfolgen solle, hat Schmidt-M\u00fclheim 7 neuerdings nicht best\u00e4tigen k\u00f6nnen. Einerseits zeigen die von Kemmerich gefundenen Werthe f\u00fcr die Case'inzunahme und Albuminabnahme gar keine Uebereinstimmung, und andrerseits fand Schmidt-M\u00fclheim ausnahmslos Abnahme des Casei'ngehaltes, w\u00e4hrend die Menge des Milchalbumins constant blieb. Derselbe wies\n1\tSoxhlet, Journ. f. pract. Chemie. (2) VI. S. 1.\n2\tDupr\u00e9, Arch. f. d. ges. Physiol. XXVI. S. 442.\n3\tHoppe-Seyler, Arch. f. pathol. Anat. IX. S. 260.\n4\tKehrer, Arch. f. Gyn\u00e4kol. II. S. 1.\n5\tA. Schmidt, Arch. t\u2018. d. ges. Physiol. XI. S. 30.\n6\tKemmerich, Ebenda. II. S. 401.\n7\tSchmidt-M\u00fclheim, Ebenda. XXVIII. S. 243.","page":549},{"file":"p0550.txt","language":"de","ocr_de":"550 Drechsel, Chemie der Absonderungen und der Gewebe. 2. Cap. Die Milch.\nsp\u00e4ter nach1, dass mit der Casemabnahme eine Peptonzunahme Hand in Hand geht, dass aber letztere stets geringer gefunden wird, als erstere. Gekochte Milch erf\u00e4hrt keine Peptonzunahme, auch nicht nach Zusatz von Milchs\u00e4ureferment (Serum von spontan geronnener Milch); in frischer Milch kann die Peptonbildung durch Zusatz von 0.5 \u00b0o Carbols\u00e4ure oder 1 pro mille Salicyls\u00e4ure nicht verhindert werden.\nEinzelne Bestaiicltheile der Milch.\nA) Casein.\nDer f\u00fcr die Milch charakteristische Eiweissk\u00f6rper ist. das Ca sein, welches bis jetzt mit Sicherheit nur in der Milch nachgewiesen worden ist. F\u00fcr die Abscheidung desselben sind verschiedene Methoden vorgeschlagen worden, von denen nur die neueste von Hammarsten 2 angegebene hier mitgetheilt werden soll. Frische Kuhmilch wird mit 4 Vol. Wasser verd\u00fcnnt und das Gemisch mit 0.075 \u2014 0.1 % Essigs\u00e4ure versetzt, worauf sich das Casein sehr rasch zu Boden setzt. Dasselbe wird rasch einigemale mit Wasser deeantirt, abgepresst, mit Wasser fein zerrieben und in m\u00f6glichst wenig verd\u00fcnnter Natronlauge am besten bei neutraler Reaction der Fl\u00fcssigkeit aufgel\u00f6st; die anfangs milchweisse L\u00f6sung wird beim Filtriren durch mehrfache Filter fast wasserklar, nur schwach bl\u00e4ulich opale-scirend. Nach dem Verd\u00fcnnen mit Wasser wird sie wieder mit Essigs\u00e4ure gef\u00e4llt, der Niederschlag fein zerrieben und dann auf einem Filter ausgewaschen; hierauf wird die ganze Procedur der L\u00f6sung und F\u00e4llung nochmals wiederholt. Dann wird der ausgewaschene Niederschlag nicht zu stark ausgepresst, rasch mit 97% Alkohol zu einer feinen Emulsion zerrieben, auf einem Filter rasch mit Alkohol, und dann mit Aether gewaschen, abgepresst und in einer grossen Reibschale unter Zerreiben trocknen gelassen; die letzten Spuren Aether werden im Vacuum \u00fcber Schwefels\u00e4ure entfernt. Ein Haupterforderniss f\u00fcr das gute Gelingen der Darstellung ist ein sorgf\u00e4ltiges Zerreiben der feuchten Niederschl\u00e4ge mit Wasser, da das Auswaschen sonst nicht vollkommen zu bewerkstelligen ist.\nDas so gewonnene Casein ist ein staubfeines, schneeweisses Pulver, welches selbst in Portionen von 4\u20146 g verbrannt, keine sicher nachweisbare Menge Asche hinterl\u00e4sst; nach dem vollst\u00e4ndigen Trock-\n1\tSchmidt-M\u00fclheim, Arch. f. d. ges. Physiologie. XXVIII. S. 2S7.\n2\tHammarsten, Zur Kenntniss cles Caseins und der Wirkung des Labferments. Abh. d. kgl. Ges. d. Wiss. Upsala 1S77.","page":550},{"file":"p0551.txt","language":"de","ocr_de":"Casein.\n551\nnen im Vacuum kann es ohne Schaden auf 100\u00b0 erhitzt werden. Im Wasser ist es fast ganz unl\u00f6slich, r\u00f6tliet aber feuchtes blaues Lakmuspapier stark. In \u00e4tzenden, kohlensauren und phosphorsauren Alkalien l\u00f6st es sich leicht, und die entstehenden L\u00f6sungen reagiren neutral oder selbst ziemlich stark sauer; beim Kochen gerinnen sie nicht, \u00fcberziehen sich aber mit einer Haut. Auch in Kalk- oder Barytwasser, sowie in Wasser, welches die Carbonate von Baryt, Kalk oder Magnesia suspendirt enth\u00e4lt, l\u00f6st es sich auf, indem es die Kohlens\u00e4ure austreibt. Von Neutralsalzen (Chlornatrium) werden alle diese L\u00f6sungen ebenso gef\u00e4llt, wie frische Milch ; ebenso durch S\u00e4uren, von denen ein Ueberschuss (besonders Salzs\u00e4ure) das gef\u00e4llte Case\u00efn leicht l\u00f6st. Auch phosphorsauren Kalk vermag dieses Casein zu l\u00f6sen, und diese L\u00f6sung gerinnt nicht beim Kochen (\u00fcberzieht sich nur mit einer Haut), wohl aber durch Lab. Wird das Case\u00efn durch Minerals\u00e4uren, z. B. Schwefels\u00e4ure, gef\u00e4llt, so enth\u00e4lt der Niederschlag kleine Mengen davon, welche sich aber durch Auswaschen vollst\u00e4ndig entfernen lassen (H.). In Salzen, besonders Kochsalz, ist das Case\u00efn nicht ganz unl\u00f6slich ; f\u00e4llt man es mit m\u00f6glichst verd\u00fcnnter Essigs\u00e4ure nicht ganz vollst\u00e4ndig aus, so l\u00f6st es sich auf Zusatz von Kochsalzl\u00f6sung wieder auf. Hat es sich aber in Flocken oder K\u00f6rnchen schon abgeschieden, so ist es fast ganz unl\u00f6slich in Salzen. Gegen S\u00e4uren ist das Case\u00efn ziemlich widerstandsf\u00e4hig, in verd\u00fcnnter Salzs\u00e4ure gel\u00f6st wird es selbst beim Kochen nur langsam in Syntonin verwandelt, w\u00e4hrend es durch \u00fcbersch\u00fcssiges Alkali viel rascher in Alkalialbuminat \u00fcbergef\u00fchrt wird (Lundberg).\nEine eigenth\u00fcmliche Ver\u00e4nderung erleidet das Case\u00efn durch das Labferment, durch welches es nach Hammarsten wahrscheinlich in zwei K\u00f6rper gespalten wird, von denen der eine bei Gegenwart von phosphorsaurem Kalk in Verbindung mit diesem als K\u00e4se ausf\u00e4llt, w\u00e4hrend der andere in der Fl\u00fcssigkeit gel\u00f6st bleibt; dabei ist es gleichg\u00fcltig, ob die Reaction schwach sauer, oder neutral oder schwach alkalisch ist. Der K\u00e4se ist in Wasser um so weniger l\u00f6slich, je mehr phosphorsauren Kalk er enth\u00e4lt; f\u00e4llt man ihn aus kalkfreien, mit Lab versetzten Caseml\u00f6sungen durch Essigs\u00e4ure aus, so ist er in Wasser oder Gypswasser nicht ganz so schwer l\u00f6slich wie das Case\u00efn; letzteres l\u00f6st sich dagegen in Wasser bei Gegenwart von kohlensaurem Kalk leichter als K\u00e4se. Ferner vermag das Case\u00efn grosse Mengen von phosphorsaurem Kalk zu l\u00f6sen, der K\u00e4se nur wenig; in S\u00e4uren und Alkalien l\u00f6st sich dagegen der kalkfreie K\u00e4se sehr leicht, nur der Kalkphosphat haltende schwer.","page":551},{"file":"p0552.txt","language":"de","ocr_de":"552 Drechsel, Chemie der Absonderungen und der Gewebe. 2. Cap. Die Milch.\nAm pr\u00e4gnantesten unterscheidet sich der K\u00e4se vom Casein durch seine Unf\u00e4higkeit mit Lab zu gerinnen (Hammarsten, K\u00f6ster1). Das andere l\u00f6sliche Spaltungsproduct des Caseins, das Molk en -eiweiss, ist ein staubfeines, weisses, in Wasser leicht l\u00f6sliches Pulver, welches s\u00e4mmtliehe Reactionen des Peptons giebt, aber eine andere Elementarzusammensetzung besitzt. K\u00f6ster (a. a. 0.) fand f\u00fcr dasselbe aus\nkalkhalt.Caseml\u00f6sungen gewonnen: 50.37\u00b0oU; 7.04%#; 13.3S%V; kalkfreien \u201e\t\u201e\t50.21 \u201e\t6.SO \u201e\t13.11 \u201e\nDemnach m\u00fcsste der K\u00e4se etwas stickstoffreicher sein als das Case\u00efn, aber nur wenig, da das Molkeneiweiss nur in sehr geringer Menge entsteht.\nDas erw\u00e4hnte Verhalten des Caseins gegen Labferment (wor\u00fcber das N\u00e4here in diesem Handbuch bei Maly, Magensaft und Magenverdauung, nachzusehen ist) liefert den Beweis, dass dasselbe nicht, wie man fr\u00fcher annehmen zu m\u00fcssen glaubte, mit den gew\u00f6hnlichen Alkalialbuminaten identisch ist; denn L\u00f6sungen, welche letzteres enthalten, gerinnen nach Labzusatz nicht, auch nicht bei Gegenwart von phosphorsaurem Kalk (Hammarsten).\nDie angef\u00fchrten Thatsachen beziehen sich s\u00e4mmtlieh auf das Case\u00efn der Kuhmilch, welches am genauesten untersucht worden ist, das Case\u00efn anderer Herkunft zeigt h\u00e4ufig ein etwas abweichendes Verhalten, sodass die Annahme verschiedener Case'ine nahe liegt. Das menschliche Case\u00efn wird aus der Milch durch S\u00e4uren gar nicht oder doch nicht vollst\u00e4ndig gef\u00e4llt (Biedert2), auch nicht durch K\u00e4lberlab (Biel3), dagegen durch Kochsalz oder Glaubersalz und Erhitzen Hiel), durch einen grossen Ueberschuss von schwefelsaurer Magnesia (Makris), durch Tannin und Alkohol. Das trockne Frauen-case'in ist nach Biedert in Wasser ziemlich vollkommen l\u00f6slich, und diese L\u00f6sung reagirt neutral; nach Makris4 ist es durch schwefel-saure Magnesia gef\u00e4llt und mit Aether unter Zusatz von etwas Essigs\u00e4ure und Alkohol, sowie mit heissem Wasser gewaschen in Wasser unl\u00f6slich, aber etwas l\u00f6slich in Alkohol und leicht l\u00f6slich in Alkalien. Dem Frauencasem sehr \u00e4hnlich ist das Stutencasein, welches ebenso wie ersteres immer nur in feinen Flocken (Essigs\u00e4ure, Alkohol, Tannin) gef\u00e4llt wird und mit K\u00e4lberlab nur unvollst\u00e4ndig gerinnt (Biel, Langgard3).\n1\tK\u00f6ster, Upsala l\u00e4karef\u00f6r. f\u00f6rhandl. IX. p.363 u. 452. \u2014 Maly. Jahresber. IV. S. 135, XI. S. 14.\n2\tBiedert, Arch. f. patbol. Anat. LX. S. 352.\n3\tBiel, Maly\u2019s Jahresber. IV. S. U56.\t4 Makris, Ebenda. VI. S. 113.\n5 Langgaard, Arch. f. patbol. Anat. LXV. S. 1.","page":552},{"file":"p0553.txt","language":"de","ocr_de":"Casein.\n553\nDie Elementarzusammensetzung des Caseins ist im Allgemeinen dieselbe wie die der anderen Eiweissstoffe ; Makris fand aber Differenzen zwischen Frauen- und Kuhcasei'n:\nFrauencasein: 52.35 \u00b0/o G\\ 7.27%\t14.65% A;\nKuhcasei\u2019n:\t53.62 \u201e\t7.42 \u201e\t14.20 \u201e\nAusserdem enth\u00e4lt Casein auch noch Schwefel und Phosphor; zahlreiche neuerdings von Hammarsten 1 und dessen Sch\u00fclern mit m\u00f6glichst gereinigtem, bis 10 mal durch Essigs\u00e4ure ausgef\u00e4lltem (Kuh-) Casein ausgef\u00fchrte vollst\u00e4ndige Analysen ergaben als Mittelwerthe:\nC: 52.96%; H\\ 7.05\"'\nDer Phosphorgehalt zeigte sich dabei ganz constant, er schwankt in 9 Bestimmungen an 6 verschiedenen Pr\u00e4paraten zwischen: 0.83111 o\nX\n15.65%; 5:0.716%; P:0.S47%; 0:22.78%,\nund 0.883%. Er ist in Form von Nuclein vorhanden, welches sich allm\u00e4hlich ausscheidet, wenn eine salzsaure Caseinl\u00f6sung mittelst Pepsins verdaut wird ; die anfangs klare Fl\u00fcssigkeit wird allm\u00e4hlich tr\u00fcbe, d\u00fcnnem Kleister \u00e4hnlich, und l\u00e4sst dann das Nucle\u00efn als reichlichen flockigen Niederschlag ausfallen. Hammarsten schliesst hieraus und aus der Constanz des Phosphorgehaltes, dass das Casein nicht ein mit Nucle\u00efn verunreinigter oder gemengter Eiweissk\u00f6rper ist, sondern zu den Nucleoalbuminen, Eiweissk\u00f6rpern, welche Nucle\u00efn im\nMolek\u00fcl enthalten, geh\u00f6rt.\nWie alle Eiweissk\u00f6rper ist auch das Casein linksdrehend ; durch schwefelsaure Magnesia aus Milch gef\u00e4llt, mit Aether entfettet und in Wasser gel\u00f6st, zeigt es [o]j = \u2014 80\u00b0, in schwach alkalischer L\u00f6sung = \u2014 76\u00b0, in sehr verd\u00fcnnter L\u00f6sung = \u2014 87\u00b0, in stark alkalischer L\u00f6sung = \u2014 91\u00b0 (Hoppe-Seyler'1 2).\nIm Organismus entsteht das Casein h\u00f6chst wahrscheinlich in der Milchdr\u00fcse aus dem Eiweiss des Blutes; D\u00e4hnhardt3 konnte aus frischer Eutersubstanz s\u00e4ugender Meerschweinchen mit Glycerin eine Substanz ausziehen, welche Eieralbumin in alkalischer L\u00f6sung in Albuminat verwandelt.\nB) Andere Eiweissstoffe.\nAusser dem Casein Anden sich noch andere Eiweissstoffe in geringer Menge in der Milch. F\u00e4llt man ersteres aus der Milch durch Essigs\u00e4ure gerade aus, filtrirt und erhitzt das Filtrat, so tr\u00fcbt sich dasselbe bei 60 \u2014 70\u00b0 und scheidet bei 70 \u2014 80\u00b0 ein flockiges Gerinnsel aus; dieser Eiweissk\u00f6rper verh\u00e4lt sich ganz wie Serumalbu-\n1\tHammarsten, Ztschr. f. physiol. Chemie. VII. S. 227.\n2\tHoppe-Seyler, Handb. d. physiol, u. pathol.-ehern. Analyse. 4. Aufl. S. 241.\n3\tDahnhardt, Arch. f. d. ges. Physiol. III. S. 58\u00f6.","page":553},{"file":"p0554.txt","language":"de","ocr_de":"554 Drechsel, Chemie der Absonderungen und der Gewebe. 2. Cap. Die Milch.\nruin und ist h\u00f6chst wahrscheinlich mit diesem identisch. In der von diesem Gerinnsel abfiltrirten Fl\u00fcssigkeit sind noch Spuren von Casein, sowie eines oder mehrerer anderer Eiweissstoffe enthalten, das Lactoprotein von Millon und Comm aille, das Gal actin von Morin und die Alb umin ose von Bouchard at und Que venne. In ihrem Verhalten zeigen dieselben eine grosse Aehnlichkeit mit Pepton, mit welchem sie nach Ssubotin, sowie Kirchner 1 identisch sind. Auch Schmidt-M\u00fclheim 2 hat neuerdings nach Entfernung des Caseins und Albumins durch Phosphorwolframs\u00e4ure Pepton in der Milch nach-weisen und mittelst Kupfervitriol und Natronlauge colorimetrisch bestimmen k\u00f6nnen. In den Molken mit Lab geronnener Milch muss nat\u00fcrlich auch noch das Molkeneiweiss Hammarsten\u2019s enthalten sein. Selmi1 2 3 konnte die Eiweissk\u00f6rper von Millon und Commaille nicht auffinden, wohl aber einen anderen als Galactin von ihm bezeichnten, der l\u00f6slicher ist als das Casein, und dessen w\u00e4ssrige L\u00f6sung sich bei 50\u00b0 tr\u00fcbt, aber erst bei 95\u2014100\u00b0 Flocken abscheidet. Nach Hammarsten4 findet sich in der Milch ausser Casein und Albumin auch noch ein Globulin in sehr geringer Menge, welches aus der durch S\u00e4ttigung mit Kochsalz v\u00f6llig vom Casein befreiten und filtrir-ten Milch durch Eintr\u00e4gen von schwefelsaurer Magnesia gef\u00e4llt werden kann.\nC) Milchzucker: C\\ 2H22O11.\nDer Milchzucker ist bisher nur in der Milch der S\u00e4ugethiere, sowie im Harn von stillenden Frauen bei Milchstauung gefunden worden; nach Bouchardat5 soll er jedoch neben Rohrzucker auch in den Fr\u00fcchten von Achras sapota Vorkommen. Er wird im Grossen durch Eindampfen der Molken zum Syrup und Krystallisiren-lassen gewonnen.\nDer Milchzucker (Lactose) bildet mit 1 Mol. Wasser grosse rhombische Krystalle, welche sich in 7 Th. Wasser von gew\u00f6hnlicher Temperatur l\u00f6sen und schwach s\u00fcss schmecken. In Alkohol und Aether ist er unl\u00f6slich. Wird seine w\u00e4ssrige L\u00f6sung kochend eingedampft, so erstarrt dieselbe pl\u00f6tzlich zu krystallinischem wasserfreiem Milchzucker, welcher sich leicht schon in 3 Th. kaltem Wasser l\u00f6st, wrobei Temperaturerniedrigung stattfindet. Diese concentrirte L\u00f6sung setzt beim Stehen allm\u00e4hlich Krystalle von wasserhaltigem\n1\tKirchner, Beitr\u00e4ge z. Kenntniss d. Kuhmilch u. ihrer Bestandtheile. Dresden 1877.\n2\tSchmidt-M\u00fclheim, Arch. f. d. ges. Physiologie. XXVIII. S. 287.\n3\tSelmi, Ber. d. deutsch, chem. Ges. VII. S. 1463.\n4\tHammarsten, Ztschr. f. physiol. Chemie. VII. S. 227.\n5\tBouchardat, Ann. d. chim. et de phys. (4) XXVII. p. 84.","page":554},{"file":"p0555.txt","language":"de","ocr_de":"Milchzucker. Milchfette.\n555\nZucker ab, und zeigt, frisch bereitet, Halbrotation, d. h. ihr spezifisches Drehlings verm\u00f6gen ist anfangs gering lind steigt allm\u00e4hlich bis zu dem gew\u00f6hnlichen an (Schm\u00f6ger ', E. 0. Erdmann2). Das spec. Drehungsverm\u00f6gen des krystallwasserhaltigen Milchzuckers ist nach Schm\u00f6gerL = + 52\u00b0.53 bei 20\u00b0 C.; das des wasserfreien nach E. Meissl4: [ci\\D = -f- 81\u00b0.3. Erhitzt man wasserhaltigen Milchzucker auf 130\u00b0, so hinterbleibt ebenfalls wasserfreier Zucker, aber derselbe l\u00f6st sich nur langsam und unter W\u00e4rmeentwicklung in Wasser, und diese L\u00f6sung zeigt Birotation, welche Eigenschaft der bei 100\u00b0 entw\u00e4sserte Zucker auch nicht bei nachherigem Erhitzen auf 130\u00b0 annimmt (Schm\u00f6geri.\nMit Alkalien erw\u00e4rmt br\u00e4unt sich der Milchzucker wie Dextrose; mit Salpeters\u00e4ure erhitzt liefert er Schleims\u00e4ure, Zuckers\u00e4ure, Kohlens\u00e4ure, Oxals\u00e4ure, Weins\u00e4ure und Traubens\u00e4ure. Er reducirt alkalische Kupferl\u00f6sung beim Kochen, ebenso Silberl\u00f6sungen. Mit Bierhefe versetzt ger\u00e4th er nicht in G\u00e4hrung, wohl aber mit Schizomyceten, wobei Milchs\u00e4ure und Alkohol entstehen (Fitz5). Mit verd\u00fcnnten Minerals\u00e4uren gekocht zerf\u00e4llt der Milchzucker unter Wasseraufnahme in Dextrose und Galactose (Arabinose) CaHnCk (F\u00fcdakowski6), welche auch aus manchen Sorten Gummi arabicum erhalten werden kann. Diese krystallisirt in grossen rhombischen Prismen, welche in heissem Wasser viel leichter als in kaltem l\u00f6slich sind, nicht in absolutem Alkohol und Aether; sie br\u00e4unt sich beim Kochen mit Alkalien, reducirt alkalische Kupferl\u00f6sung, giebt mit Salpeters\u00e4ure oxydirt Schleims\u00e4ure, g\u00e4hrt nicht mit Hefe. Sie ist rechtsdrehend.\nD) Milchfette.\nDie Fette der Milch, die Butter, sind nur bei der Kuhmilch genauer untersucht. Die Hauptmenge derselben besteht aus ca. 6S% Palmitin und Stearin, ca. 30\u00b0,o Olein, und nur 2% sind eigent\u00fcmliche Butterfette (Bromeis; nach Hehner\" sind letztere in etwas gr\u00f6sserer Menge vorhanden). Reine Butter erstarrt bei 26\u00b0.5 und erw\u00e4rmt sich dabei auf 32\u00b0; in der K\u00e4lte ist sie hart, \u00fcber 18\u00b0 dagegen weich und schmierig; sie wird an der Luft leicht ranzig (sauer). Durch alkoholische Kalilauge wird sie vollst\u00e4ndig verseift, und aus der Seife sind folgende S\u00e4uren abgeschieden worden:\n1\tSchm\u00f6ger, Ber. d. deutsch, chem. Ges. XIII. S. 1915 u. 2130.\n2\tE. O. Erdmann, Ebenda. XIII. S. 2ISO.\n3\tSchm\u00f6ger, Ebenda. XIII. S. 1922.\n4\tE. Meissl, Journ. f. pract. Chemie (2) XXII. S. 97.\n5\tFitz, Ber. d. deutsch, chem. Ges. XI. S. 45.\n0 F\u00fcdakowski, Ebenda. IX S. 42 u. 1602\n7 Hehner. Ztschr. f. analyt. Chemie X^ I. S. 145.","page":555},{"file":"p0556.txt","language":"de","ocr_de":"556 Drechsel, Chemie der Absonderungen und der Gewebe. 2. Cap. Die Milch\nAmeisens\u00e4ure: ECO \u25a0 OFI und Essigs\u00e4ure:\nNormale B u 11 e r s \u00e4 u r e :\n=\tCaprons\u00e4ure:\n=\tCapryls\u00e4ure:\n=\tCaprins\u00e4ure:\nMyristins\u00e4ure: Ci 3 Ei: - CO - OE Palmitins\u00e4ure: CibEn - CO\u25a0 OE Stearins\u00e4ure: CuH%5 \u2022 CO \u2022 OE Arachins\u00e4ure: C\\ 9 7/39 \u2022 CO \u25a0 OE (Butins\u00e4ure v. Heintz) Oels\u00e4ure:\tG7A/33 \u2022 CO - OE\nDie meisten dieser S\u00e4uren waren schon fr\u00fcher durch Chevreul, Bromeis, Heintz aus der Butter abgeschieden worden; Gr\u00fcnzweig wies betreffs der Butters\u00e4ure, Wein hinsichtlich der drei n\u00e4chst h\u00f6heren Homologen nach, dass sie mit den normalen S\u00e4uren identisch sind, veimuthlich sind alle S\u00e4uren, einschliesslich der Arachins\u00e4ure, normale S\u00e4uren (Hoppe-Seyler). Die Butins\u00e4ure von Heintz wurde von Mein als mit Arachins\u00e4ure identisch erwiesen; Propions\u00e4ure {C-iHb \u2022 CO - OE), Valerians\u00e4ure (G/A \u2022 CO \u2022 OH)} Oenanthyls\u00e4ure [CbHu-CO-OH) und Pelargons\u00e4ure (GP/it \u2022 CO - OE) konnte derselbe in der Butter nicht auffinden. Die Butter der Frauenmilch enth\u00e4lt nach Hoppe-Seyler 3 mehr fl\u00fcssiges Fett als die Kuhbutter.\nE) Anderweitige organische Bestandteile der Milch.\nAusser den bisher beschriebenen Verbindungen sind noch folgende von verschiedenen Beobachtern in der Milch aufgefunden worden:\nEquin s\u00e4ure nennt J. Duval4 eine in kleinen Nadeln krystal-lisirende S\u00e4ure, welche in der Stutenmilch an eine fl\u00fcchtige, mit Ammoniak nicht identische Base gebunden vorkommt; sie ist nicht fl\u00fcchtig, verbreitet beim Erhitzen einen eigenthiimlichen Geruch, und unterscheidet sich von der Hippurs\u00e4ure durch ihre Reactionen mit Silbernitrat, Eisenchlorid und Goldchlorid.\nRitthausen5 fand in der Kuhmilch eine sehr geringe Menge eines dextrinartigen K\u00f6rpers, der Kupferoxyd in alkalischer L\u00f6sung nur bei l\u00e4ngerem Kochen schwach reducirt, stark aber nach vorherigem Kochen mit etwas verd\u00fcnnter Schwefels\u00e4ure; Wismuth-oxydhydrat reducirt er dagegen nicht.\n1\tWein, Maly\u2019s Jahresber. VII. S. 41.\n2\tGr\u00fcnzweig, Ann. d. Chemie 11. Pharm. CLXII. S. 215.\n3\tHoppe-Seyler, Physiol. Chemie. S. 727.\n\u00b1 J. Dlval, Compt. rendus. LXXXII. p. 419; Ber. d. deutsch, ehern. Ges. IX.\n5 PiiTTHAUSEN, Joum. f. pract. Chemie. (2) XV. S. 348.\nCH3 \u25a0 CO - OE (Spuren, Wein1)\nCiE-, - CO - OE (Gr\u00fcnzweig2, Wein) Cb En \u2022 CO - Olh G E\\5 \u2022 CO \u2022 OIE (Wein)\na #19 \u2022 co - ohJ","page":556},{"file":"p0557.txt","language":"de","ocr_de":"Milchsalze.\n557\nHoppe-Seyler 1 bat in ganz frischer, sauer reagirender Kuhmilch kleine Mengen Milchs\u00e4ure gefunden. Spuren von Alkohol und Essigs\u00e4ure sind von B\u00e9champ- in frischer Milch gefunden worden, Spuren von Harnstoff von Lefort1 2 3 4 5 6 u. A. Neuerdings hat Schmidt - M\u00fclheim 4 auch Lecithin und Cholesterin in Kuhmilch nachgewiesen und das Vorkommen von Hypoxanthin wahrscheinlich gemacht. Tolmatscheff5 fand schon fr\u00fcher Protagon (Lecithin'?) und Cholesterin in Frauenmilch.\nF) Salze der Milch.\nVon unorganischen Bestandtheilen enth\u00e4lt die Milch Chloride und Phosphate der Alkalien und alkalischen Erden, sowie etwas Eisen und Spuren von Fluor. Schwefels\u00e4ure ist nach G-. Bunge0 nicht vorhanden, ebensowenig Salpeters\u00e4ure (R\u00f6hmann7 8).\nDie Gase der Milch sind von Hoppe-Seyler, Setsciienow, Pfl\u00fcger untersucht worden; letzterer fand'' haupts\u00e4chlich Kohlens\u00e4ure; in zwei Proben von derselben Kuh:\n\t\t\u00b00\t\u00b0/o\n\t0:\t0.10\t.\t.\t0.09\nAuspumpbare\tCO-2 :\t7.60\t.\t.\t7.40\ndurch PCh Ih ausgetriebene\tCO-2 :\t0.00\t. . 0.20\n\tN:\t0.70\t. . 0.80\nDie Milch reagirte im Stalle neutral, im Laboratorium schwach sauer; spec. Gewicht 1.037.\nQuantitative Zusammensetzung der Milch.\nDie quantitative Zusammensetzung der Milch ist ziemlich betr\u00e4chtlichen Schwankungen unterworfen, so dass die aus den verschiedenen Analysen berechneten Mittelzahlen kaum einen besonderen Werth beanspruchen k\u00f6nnen, um so weniger, als die Bestimmungen nach verschiedenen Methoden von ungleicher Genauigkeit ausgef\u00fchrt worden sind. Alter, Rasse, Dauer der Lactation, \u00e4ussere Lebensbedingungen sind Factoren, welche auf die Zusammensetzung der Milch\n1\tHoppe-Seyler. Arch. f. pathol. Anat. XVII. S. 433.\n2\tB\u00e9champ. Compt rendus. LXXVI. p. 654 u. 836.\n3\tLefort. Ebenda. LXII. p. 190.\n4\tSchmidt-M\u00fclheim, Arch. f. d. ges. Physiologie. XXX. S. 379.\n5\tTolmatscheff. Iloppe-Seyler's med.-chem. Unters. 2. Heft. S. 272.\n6\tG. Bunge, Der Kali-. Natron- und Chlorgehalt der Milch. Diss. Dorpat 1S74 : Ztschr. f. Biologie. X. S. 295.\n7\tR\u00f6hmann, Ztschr. f. physiol. Chemie. V. S. 233.\n8\tPfl\u00fcger. Arch. f. d. ges. Physiologie. IL S. 156.","page":557},{"file":"p0558.txt","language":"de","ocr_de":"558 Drechsel, Chemie der Absonderungen und der Gewebe. 2. Cap. Die Milch.\neinen bedeutenden Einfluss aiis\u00fcben. Die in nachstehender Tabelle mitgetheilten Werthe (theils Mittelwerthe, theils Einzelanalysen) sind demnach nur als Beispiele zu betrachten, nicht aber als allgemein-g\u00fcltigei Ausdiuck f\u00fcr das gegenseitige Verh\u00e4ltniss der einzelnen Bestandtheile der betreffenden Milcharten (v. Gorup-Besanez).\n100 Theile Milch enthalten\nWasser . .\nF este Stoffe Casein . . Albumin . Butter . . Milchzucker Anorg. Salze\nC\u00a3\nM ! bi\n- Z\no\trv]\n03\t1 M\n03\n13.41,85.71 80.30\n26.59,14.29 4.83\n13.04\n8.18\n2.89\n2.08\n0.58\n4.30\n4.04\n0.54\n13.64\n3.36\n1.30\n4.36!\n4.00\n0.62\n83.99,91.02 82.84 17.16\n16.01 j\n5.34\n5.89,\n4.10\n0.68\n8.9S\n2.02\n1.26\n1.64 6.87\n8.65\n80.64\n19.36\n4.25\n1.30\n8.45\n4.52\n0.84\nZ '\t72\n\u00a3 I S \u2022\u2014\u00ab\nd, , o\n3 z\nX Z\n~ z\n_ x\n\n03\no\n03\n86.34 82.93 13.66 17.07\n3.67\n2.90\n5.78\n0.66\n6.89\n6.88\n2.01\n1.29\n81.80\n18.20\n5.3o\n6.00\n6.07\n0.83\n90.43\n9.57\n4.402 3\n4.51\n0.11\n66.\n33.\n3.\n22\n7\n0\n69\n31\n21\n39\n63\nVon der Milchasche sind nur verh\u00e4ltnissm\u00e4ssig wenige Analysen4 5 gemacht worden; die in der folgenden Tabelle zusammengestellten Bestimmungen r\u00fchren s\u00e4mmtlich von G. Bunge 5 her, sind alle nach derselben einwandfreien Methode gemacht und daher unter einander vergleichbar.\nAuf 100 Th. Asche kommen\t1 \u00a7 J iZ ~\tII T|0[im -UOUIM.f\tITunde- milch I\tIlundc- milcli II\t1 O ,\u2014, VI\tKuhmilch\t^ Hund Katze ! (junges ganzes Thier)\t\t\n^ Kali (AiO) . .\t32.14\t35.15\t10.74\t12.98\t25.44\t22.14\t10.84\t8.49\t\u2014\t\t-, 10.11\n! Natron (i\\mO) . . .\t11.75\t10.43\t6.13\t5.37\t3.38\t13.91\t5.96\t8.21\t8.0s I\nKalk (CaO)\t\t15.67\t14.79\t34.44\t33.03\t30.09\t20.05\t35.02\t35.84\t34.11 1\nMagnesia (MgO) . .\t2.99\t2.87\t1.49\t1.66\t3.04\t2.631\t2.19\t1.61\t1.52\n1 Eisenoxyd (F2O3) .\t0.27\t0.18\t0.14\t0.10\t0.37\t0.04\t0.23\t0.34\t0.24\nPhosphors\u00e4ure (P1O0)\t21.42 I\t21.30\t37.49\t36.08\t31.86\t24.75\t41.94\t39.82\t40.23\nI Chlor (CI)\t\t20.35\t19 73\t12.35\t13.91\t7.50\t21 27\t4.94\t7.34\t7.12\n1\tPoggiale, Gmelin, Haiidb. VIII. S. 268; Gaz. m\u00e9d. de Paris. (3) X. p. 259.\n2\tinch Milchzucker.\n3\tDoremus, Chem. Centralbl. (3) XII. S. 651; Journ. of the Amer. chem. Soc. 1881. p. 55.\n4\tVgl. f. Kuhmilch: Haidlen, Ann. d. Chemie u. Pharm. XLV. S. 263;\nR..Weber, Ann. d. Physik. LXXA I. S. 390 u. LXXXI. S. 412; Marchand, Ann. de chim. et phys. (4) VIII. p. 320; f. Frauenmilch: Wildenstein, Journ. f. pract. Chemie. LVIII. S. 28.\t^\n5\tG. Bunge, Der Kali-, Natron- und Chlorgehalt der Milch u. s. w. Inaug.-Diss. Dorpat 1874.","page":558},{"file":"p0559.txt","language":"de","ocr_de":"Milch.\n559\nDie letzten drei St\u00e4be vorstehender Tabelle enthalten die Resultate der Analysen von Aschen ganzer junger noch saugender Thiere ; sie liefern den Beweis, dass die Milch die f\u00fcr die Entwicklung des jungen Fleischfressers n\u00f6thigen Mineralsalze fast genau in denselben Verh\u00e4ltnissen enth\u00e4lt, in denen sie sich in seiner Asche vorfinden. Bez\u00fcglich der f\u00fcr die Milchasche aufgef\u00fchrten Bestandtheile ist zu bemerken, dass Schwefels\u00e4ure darunter fehlt, da Bunge in frischer Milch (von Frauen, Hunden, K\u00fchen und Stuten) niemals eine Spur davon nachweisen konnte ; die von fr\u00fcheren Beobachtern in der Asche bestimmte Schwefels\u00e4ure ist erst w\u00e4hrend der Ein\u00e4scherung aus dem Schwefel der Eiweissk\u00f6rper entstanden. Da ferner die Milch auch etwas Phosphor in anderer Form als Phosphors\u00e4ure enth\u00e4lt (Nucle\u00efn, Lecithin), dessen Menge man nach Hammarsten\u2019s Phosphorbestimmungen in Casein auf ca. 0.04 % sch\u00e4tzen kann, so ergiebt sich, dass die von Bunge gefundenen Werthe f\u00fcr die Phosphors\u00e4ure etwas zu hoch sein m\u00fcssen, ca. 3\u20144% der Gesammtphosphors\u00e4ure.\nUeber die Milch verschiedenen Ursprungs ist noch folgendes hervorzuheben.\nFrauenmilch. Dieselbe unterscheidet sich von der Kuhmilch durch einen bl\u00e4ulicheren Farbenton, und ferner dadurch, dass sie beim Sch\u00fctteln mit Aether ihre Undurchsichtigkeit verliert (Raden-iiausen :). Die Reaction der frischen (h\u00f6chstens 12 Stunden alten) Milch fand Brunner'2 in 9 F\u00e4llen unter 11 nur alkalisch und nicht sauer; in einem Falle aus der linken Brust 18 Stunden nach der Abnahme nur sauer, aus der rechten Brust 20 Stunden nach der Abnahme nur alkalisch ; in einem zweiten Falle 24 Stunden nach der Abnahme nur sauer; keine der sauren Proben enthielt Gerinnsel. Weder spontan noch mit Lab gerinnt die Frauenmilch so fest und vollst\u00e4ndig, wie die Kuhmilch. Die Frauenmilch ist sehr h\u00e4ufig analysis worden, allein bei der Mangelhaftigkeit der Methoden zur Ei-weissabscheidung ist namentlich den \u00e4lteren Analysen kein grosser Werth beizulegen. (S. a. Tab. S. 560.)\nBrunner fand die Angabe Sourdat\u2019s, dass die Secrete der beiden Brustdr\u00fcsen derselben Frau Verschiedenheiten in der Zusammensetzung zeigen k\u00f6nnen, best\u00e4tigt. Seine Werthe f\u00fcr Eiweiss sind indessen nach Nencki3, Liebermann 4 u. A. zu niedrig, da bei der von ihm angewandten Methode der Eiweissabscheidung nie die ganze Menge desselben gef\u00e4llt wird.\n1\tRadenhausen, Ztscbr. f. physiol. Chemie. Y. S. 13 u. 272.\n2\tBrunner, Arch. f. d. ges. Physiol. VII. S. -140.\n3\tNencki, Ber. d. deutsch, ehern. Ges. VIII. S. 1046.\n4\tLiebermann, Sitzungsber. d. Wiener Acad. II. Abth. S. 72. Juni 1S75.","page":559},{"file":"p0560.txt","language":"de","ocr_de":"560 Drechsel. Chemie der Absonderungen und der Gewebe. 2. Cap. Die Milch.\nIn 100 Theilen Milch\tBiel 1 Min. | Max.\t\tBiel Mittel\t6 Tag nac Min.\tBrunner2 e bis 9 Monate l der Geburt Max. Mittel\t\tTidy3 7 \u2014 12 Tage nach der Gehurt Mittel\nWasser\t\t\t\t87.60\t\t\t90.00\t86.27\nFester R\u00fcckstand\t11.20\t13.68\t12.39\t8.06\t13 04\t10.00\t13.73\nCasein\t Albumin\t\t| 1.68\t3.15\t2.21\t0.18\t1.54\t0.63\t2.95\nFett\t\t2.59\t5.39\t3.81\t0.24\t4.41\t1.73\t5.37\nZucker\t\t5.79\t6.61\t6.09\t4.65\t6.93\t6.23\t5.14\nL\u00f6sliche Salze . . . Unl\u00f6sliche Salze . .\t0.03 0.16\t0.18 0.25\t0.09 0.19\tJ 0.77\t2.59\t1.41\t0.22\nUeber den Einfluss des Lebensalters auf die Zusammensetzung; der Frauenmilch liegen Untersuchungen von Vernois und Becquerel4 vor, nach denen das Maximum des Butter- und Eiweissgehaltes zwischen 15 \u2014 20 Jahren, des Zuckergehaltes zwischen 25 \u2014 30 Jahren und des Salzgehaltes zwischen 15 \u2014 20 Jahren geliefert wird. Die Angaben verschiedener Autoren (Vernois und Becquerel, I\u2019H\u00e9eitiee, Tolmatscheff) \u00fcber den Einfluss der Constitution sind zu widersprechend, als dass man berechtigte Schl\u00fcsse daraus ziehen k\u00f6nnte.\nWird die Milch aus der Brustdr\u00fcse in verschiedenen Portionen aufgefangen, so zeigen sich die letzten Portionen stets fettreicher als die ersten, w\u00e4hrend bez\u00fcglich der \u00fcbrigen Bestandtheile nur geringf\u00fcgigere Unterschiede wahrgenommen werden; Forster5, welcher diese Verh\u00e4ltnisse zuletzt untersucht hat, fand z. B. in drei Portionen: I. 1.23 \u00b0,o Fett, 5.97% Zucker, 0.16% Asche; II. 2.50% Fett, 6.03% Zucker, 0.24% Salze; III. 4.61 % Fett, 6.43% Zucker, 0.24% Salze (s. u. Kuhmilch).\nDie Hundemilch reagirt stets sauer, ist sehr reich an Eiweiss-stoffen und Fett und enth\u00e4lt auch bei reiner Fleischkost Milchzucker, woraus hervorgeht, dass derselbe nicht blos aus den Kohlehydraten der Nahrung im Organismus entsteht,\nDie Kuhmilch ist aus leicht ersichtlichen Gr\u00fcnden von allen Milcharten am eingehendsten untersucht worden, so dass fast alle Angaben, welche oben \u00fcber die allgemeinen Eigenschaften der Milch gemacht wurden, sich speciell auf Kuhmilch beziehen. Ihre Zusam-\n1\tBiel. Maly\u2019s Jahresber. 1874. S. 168.\n2\tBrunner, a. a. O.\n3\tTidy, y. Gorup-Besanez, Physiol. Chemie. 3. Aufl. S. 433.\n4\tVernois et Becquerel. Compt. rendus. XXXY1. p, ISS; Du lait chez la femme dans l'\u00e9tat de sant\u00e9 et dans l\u2019\u00e9tat de maladie. Paris 1853.\n5\tForster. Ber. d. deutsch, ehern. Ges. XIV. S. 591.","page":560},{"file":"p0561.txt","language":"de","ocr_de":"Milch.\n561\nmensetzuug ist recht erheblichen Schwankungen unterworfen, welche durch die allgemeine k\u00f6rperliche Constitution (Rasse) der Thiere, die Art der F\u00fctterung, der Lebensweise, der Zusammensetzung des Futters u. s. w. bedingt werden. Auf diese Verh\u00e4ltnisse n\u00e4her einzugehen ist hier nicht der Ort; dieselben geh\u00f6ren vielmehr in das Gebiet der Physiologie der Milchabsonderung, worauf deshalb verwiesen werden muss.1 2\nWie bei der Frauenmilch hat man auch bei der Kuhmilch stets beobachtet, dass die sp\u00e4ter gemolkenen Portionen fettreicher sind als die ersten. F. Hofmann 2 zieht aus seinen neuesten zahlreichen Bestimmungen den Schluss, dass das Verh\u00e4ltniss aller Einzelbestand-theile der Milch, abgesehen vom Fette, ein in allen Portionen constantes ist, dass demnach die Erkl\u00e4rung, welche Fleischmann f\u00fcr diese Erscheinung gegeben hat: dass n\u00e4mlich beim Fliessen der fertig gebildeten Milch aus den Alveolarr\u00e4umen durch die feinsten Milch-ausf\u00fchrungsg\u00e4nge nach den Cisternen ein Theil der Fetttr\u00f6pfchen in Folge der Reibung an den W\u00e4nden h\u00e4ngen bleibt und erst mit den letzten Antheilen Milch entleert wird, die meiste Wahrscheinlichkeit f\u00fcr sich hat.\nF\u00fcr die Milch von Ziegen und Schafen sind \u00e4hnliche Verh\u00e4ltnisse beobachtet worden, wie f\u00fcr die Kuhmilch; erstere hat einen charakteristischen Geruch und Geschmack, letztere ist besonders reich an Fett.\nDie Stutenmilch \u00e4hnelt in ihrem chemischen Verhalten sehr der Frauenmilch (s. o. Casein); sie dient zur Bereitung des Kumys.\nBei der Analyse der Milch eines Bockes fand Schlossberger3: Wasser 85.09%, Casern 9.66%, Butter 2.65%, Zucker und Salze 2.60 %.\n1 Aus der \u00e4usserst umfangreichen Literatur \u00fcber diesen Gegenstand m\u00f6gen hier folgende Arbeiten citirt werden : F. Stohmann, Journ. f. Landwirthsch. 186S. S. 135. 307, 420; 1869. S. 1, 129; Ztschr. f. Biologie. VI. S. 244 ; Biologische Studien. 1. Heft (1873) (Versuche an Ziegen). \u2014 Fleischmann, Das Molkereiwesen. Braunschw. 1876 bis 1879. \u2014 G. K\u00fchn, Chem. Centralbl. 1871. S. 102; Journ. f. Landwirthsch. 1874. S. 168 u. 295; Sachs, landwirthsch. Ztschr. 1875. S. 155; Journ. f. Landwirthsch. XXIII. S. 481; XXIV. S. 341 ; XXV. S. 332. \u2014 M. Fleischer, Ebenda. 1871. S. 371; 1872. S. 395. \u2014 Weiske, Schrodt u. Dehmel, Ebenda. XXVI. S. 447. \u2014 E. Marchand, Annales agronom. IV. p. 394. \u2014 Schrodt u. y. Peter, Milchzeitung IX. S. 641. \u2014 Friedl\u00e4nder, Schrodt u. Schm\u00f6ger, Forsch, a. d. Gebiete d. Viehhaltung u. ihrer Erzeugnisse. VIII. S. 368. \u2014 Fleischmann, Milchzeitung. X. S. 7. \u2014 J. Munk, Arch, f. wiss. u. pract. Thierheilk. VII. Heft 1 u. 2 (Ziegen). \u2014 Schnorrenpfeil , Oesterr. Vierteljahrsschr. f. wiss. Thierheilk. XXXVII. Heft 2. \u2014 G. Schr\u00f6der, Milchzeitung. 1874. Nr. 104.\n2\tF. Hofmann, Die angebliche Neubildung der Milch w\u00e4hrend des Melkens. Universit\u00e4tsprogramm. 17 S. 4. Leipzig 1881.\n3\tSchlossberger, Gorup-Besanez. Physiol. Chemie. 3. Aufi. S. 453.\nHandbuch der Physiologie. Bd. Y.\n36","page":561},{"file":"p0562.txt","language":"de","ocr_de":"562 Dkechsel, Chemie der Absonderungen und der Gewebe. 2. Cap. Die Milch.\nQuantitative Analyse der Milch.\nZur quantitativen Analyse der Milch sind ausserordentlich viele Methoden in Vorschlag gebracht worden, welche zumeist die Bestimmung des Caseins, des Albumins, des Milchzuckers und der Butter bezwecken. An dieser Stelle soll nur eine Methode von Hoppe-Seyler zur Bestimmung der genannten vier Stoffe mitgetheilt werden, w\u00e4hrend bez\u00fcglich der wichtigsten anderen auf die bekannten Werke von Hoppe-Seyler: Handbuch der physiologisch- und pathologisch-chemischen Analyse. 5. Aufl. Berlin, A. Hirschwald, 1883, und von v. Gorup-Besanez : Anleitung zur qualitativen und quantitativen zoochemischen Analyse. 3. Aufl. Braunschweig, J. Vieweg und Sohn, 1871, verwiesen werden mag.\n20 cc der gut gemischten Milch werden mit Wasser auf 400 cc verd\u00fcnnt, mit sehr verd\u00fcnnter Essigs\u00e4ure tropfenweise so lange versetzt, bis der Niederschlag flockig geworden; hierauf leitet man l, 4\u201412 Stunde lang Kohlens\u00e4ure durch, l\u00e4sst bis zur erfolgten Kl\u00e4rung stehen, decantirt die Fl\u00fcssigkeit durch ein gewogenes Filter, sammelt den Niederschlag (Case\u00efn und Butter) auf demselben, w\u00e4scht einmal mit Wasser, dann sofort einmal mit kaltem Alkohol, und hierauf wenigstens 6\u20148 mal mit Aether. Die \u00e4therischen und alkoholischen Waschfl\u00fcssigkeiten werden verdunstet, die r\u00fcckst\u00e4ndige Butter nach dem Trocknen bei massiger W\u00e4rme gewogen. Das voii Fett befreite Case\u00efn wird bei 120\u2014125\u00b0 getrocknet, gewogen, verascht (unter Zusatz einer kleinen gewogenen Menge Eisenoxyd) und das Gewicht der Asche von dem des Caseins abgezogen.\nDas w\u00e4ssrige Filtrat und Waschwasser wird in einer Porzellanschale zum Sieden erhitzt, und falls der Niederschlag (Albumin) nicht gut flockig erscheint, mit ein paar Tr\u00f6pfchen Essigs\u00e4ure versetzt; der Niederschlag wird auf einem gewogenen Filter gesammelt, mit kaltem Wasser gewaschen, getrocknet und gewogen.\nZur Bestimmung des Milchzuckers werden Filtrat und Waschwascher gesammelt, gut gemischt und gemessen; dann l\u00e4sst man davon aus einer B\u00fcrette so viel zu einer siedenden Mischung von 20 cc FEHLiNG\u2019scher L\u00f6sung (= 0.134 g Zucker) + 80 cc Wasser laufen, bis die Fl\u00fcssigkeit gerade entf\u00e4rbt ist, worauf sich der Zuckergehalt der ganzen Fl\u00fcssigkeit leicht berechnen l\u00e4sst. Die \u00fcbrig gebliebene Menge Fl\u00fcssigkeit wird zur Abscheidung noch darin enthaltener Spuren von Case\u00efn zum d\u00fcnnen Syrup verdampft, das Case\u00efn auf einem gewogenen Filter gesammelt, getrocknet und gewogen; im Filtrat davon kann man das Pepton auch noch colorimetrisch bestimmen.","page":562},{"file":"p0563.txt","language":"de","ocr_de":"Fette und fett\u00e4hnliche Substanzen.\n563\nF\u00fcr menschliche Milch ist diese Methode nicht anwendbar; das Casein wird aber aus derselben durch Vermischen mit 3\t1 Vol. ge-\ns\u00e4ttigter Bittersalzl\u00f6sung und Eintr\u00e4gen von Bittersalz bis zur S\u00e4ttigung v\u00f6llig ausgef\u00e4llt ; der Niederschlag (Casein und Fett) wird mit ges\u00e4ttigter Bittersalzl\u00f6sung gewaschen, worauf im Filtrat des Albumin durch Kochen unter Zusatz von ein paar Tropfen Essigs\u00e4ure ausgef\u00e4llt werden kann.\nDRITTES CAPITEL.\nFette und fett\u00e4hnliche Substanzen.\nMit dem Namen Fette bezeichnet man die Aether des Glycerins mit den S\u00e4uren der Reihen CnH-mO^ und CnHin-iO-i. Dieselben finden sich im thierischen Organismus \u00fcberall, wenn auch in sehr verschiedener Menge; so enth\u00e4lt das Knochenmark ca, 96% Fett, das Fettgewebe ca. S3 %, die menschliche Leber ca. 2 % ; an manchen Orten, besonders in der Milch und im Chylus w\u00e4hrend der Fettresorption, finden sie sich emulgirt, d. h. in einem Zustande feinster Vertheilung. Man kann die Fette aus den getrockneten und zerkleinerten Geweben mittelst Aether, Benzin, Schwefelkohlenstoff u.s.w. ausziehen; beim Verdunsten der genannten L\u00f6sungsmittel bleiben sie alsdann zur\u00fcck. Aus Fettgewebe, welches das Fett in Zellen eingeschlossen enth\u00e4lt, kann es nach dem Zerkleinern durch Erhitzen (am besten mit Wasserdampf in geschlossenen Apparaten) ausgeschmolzen und durch mehrmaliges Umschmelzen mit Wasser gereinigt werden.\nNat\u00fcrliches Fett ist kein einheitlicher K\u00f6rper, sondern ein wechselndes Gemenge verschiedener, einander sehr nahe stehender Verbindungen; daher zeigt es je nach seinem Urspr\u00fcnge etwas verschiedene Eigenschaften, namentlich verschiedene Consistenz. Manche Fette sind ziemlich hart und fest (sog. Talge), andere sind mehr salbenartig (Schmalz), noch andere fl\u00fcssig (Oele); nach A. Muntz 1 ist das Fett gem\u00e4steter Thiere stets \u00e4rmer an festen Fetten, als dasjenige magerer Thiere. Die festen Fette schmelzen schon bei gelindem Erw\u00e4rmen (meistens zwischen 31 \u2014 50\u00b0) zu \u00f6ligen Fl\u00fcssigkeiten,\n1 A. Muntz, Comp, rendus. XC. p. 1175.\n36*","page":563},{"file":"p0564.txt","language":"de","ocr_de":"564 Drechsel, Chemie der Absonderungen und der Gewebe. 3. Cap. Fette.\nwelche auf Papier Fettflecke machen. Der Erstarrungspunkt liegt in der Regel betr\u00e4chtlich tiefer als der Schmelzpunkt. In h\u00f6herer Temperatur zersetzen sie sich unter Entwicklung von brennbaren Gasen und Acrole\u00efndampf. Im ganz frischen Zustande sind die Fette meist f\u00e4rb-, geruch- und geschmacklos, und enthalten nur sehr geringe Mengen freier Fetts\u00e4uren, nach l\u00e4ngerem Liegen an der Luft aber betr\u00e4chtlich mehr (F. Hofmann, E. v. Rechenberg1); sie nehmen dabei Sauerstoff aus der Luft auf, bekommen einen unangenehmen Geruch und Geschmack (werden ranzig), und zwar um so leichter, je mehr sie noch schleimige und eiweissartige Verunreinigungen enthalten. In Wasser sind alle Fette unl\u00f6slich, in Alkohol nur schwer, in Aether, Benzin, Chloroform, Schwefelkohlenstoff, Anilin u. s. w. dagegen leicht l\u00f6slich ; die festen Fette l\u00f6sen sich bei K\u00f6rpertemperatur auch leicht in den fl\u00fcssigen auf. Geschmolzene Fette lassen sich emulgiren, wenn man sie mit Wasser, besonders aber mit schleimigen L\u00f6sungen (z. B. Gummi arabicum), oder, falls sie freie Fetts\u00e4ure enthalten, mit schwach alkalischem Wasser mehr oder weniger stark sch\u00fcttelt (Br\u00fccke2, Gad3, Schischkoff4, Quincke5, y. Frey6). Werden Fette mit \u00fcberhitztem Wasserdampf behandelt, so werden sie in Glycerin und Fetts\u00e4uren gespalten; dieselbe Zersetzung wird noch leichter durch starke Basen (Aetzalkalien, Kalk, Bleioxyd) bewirkt (Verseifung der Fette), und ebenso durch das fettzersetzende Ferment des Pankreassaftes. Als Beimengungen enthalten die nat\u00fcrlichen Fette sehr h\u00e4ufig Cholesterin und Lecithin. Ueber die Fettbildung im Thierk\u00f6rper s. dieses Handbuch, 5. Voit, Stoffwechsel. S. 235.\nAls Fette im weiteren Sinne sind gewisse andere Substanzen zu betrachten, welche dieselbe chemische Constitution wie die eigentlichen Fette besitzen, d. h. zusammengesetzte Aether sind; sie theilen mit jenen die Eigenschaft der Verseifbarkeit, doch liefern sie neben Fetts\u00e4uren nicht Glycerin, sondern andere, eins\u00e4urige Alkohole. Die Wachsarten und der Wallrath sind Aether von sehr hochstehenden Homologen des Aethylalkohols, und die Fette des Schafwollschweisses sind Aether von Cholesterin und Isocholesterin.\n1\tE. v. Rechenberg, Journ. f. pract. Chemie. (2) XXIV. S. 512.\n2\tBr\u00fccke, Sitzungsber. d. Wiener Acad. 1870. S. 61, II. Abth. S. 362.\n3\tGad, Arch. f. (Anat. u.) Physiol. 1878. S. 181.\n4\tSchischkoff, Ber. d. deutsch, chem. Ges. XII. S. 1490.\n5\tQuincke, Arch. f. d. ges. Physiologie. XIX. S. 129.\n6\tv. Frey, Arch. f. (Anat. u.) Physiol. 1881. S. 382.","page":564},{"file":"p0565.txt","language":"de","ocr_de":"Glycerin.\n565\nBestandteile der Fette.\n\u00ce. Alkohole.\nA) Glycerin: CsHb(0H)3.\nDas Glycerin ist die Basis der allermeisten nat\u00fcrlichen Fette, bei deren Verseifung es in Freiheit gesetzt wird. Im Grossen wird es gegenw\u00e4rtig dargestellt durch Zersetzung von Talg mit Wasser und wenig Kalk in Autoclaven, worauf die erhaltene w\u00e4ssrige L\u00f6sung von Glycerin erst durch vorsichtiges Abdampfen concentr\u00e2t und dann durch Destillation mit \u00fcberhitztem Wasserdampf gereinigt wird. Synthetisch ist es aus Tribromhydrin CiHbBrz (Wurtz1), aus Trichlorhydrin C3//5C/3, welches aus Propylenchlorid gewonnen wurde, durch Erhitzen mit Wasser dargestellt worden (Friedel und Silva2).\nDas reine Glycerin: CHi{OIl) - C 11(0II) \u25a0 Clh{011) ist eine dicke syrupartige Fl\u00fcssigkeit von s\u00fcssem Geschmack; in der K\u00e4lte (bei 0\u00b0) l\u00e4ngere Zeit stehen gelassen, erstarrt es allm\u00e4hlich zu Krystallen, die bei 17\u201422\u00b0 wieder schmelzen. V\u00f6llig rein destillirt es bei 290\u00b0 unzersetzt; enth\u00e4lt es dagegen Salze, namentlich saures schwefelsaures Kali, so zerf\u00e4llt es theilweise in Wasser und Aerole\u00efn:\nCHi{OH) \u25a0 CH(OH) \u25a0 CH-AOH) = Clh : CH- COH~h 2 H-iO.\nBei vorsichtiger Oxydation mit Salpeters\u00e4ure liefert es Glycerins\u00e4ure : CIh{OII) - CII(OH) - CO \u25a0 OH; mit concentrirter Salpeterschwefels\u00e4ure bei gew\u00f6hnlicher Temperatur behandelt giebt es Nitroglycerin: C$Hh(0 - NO-i)z, welches der den nat\u00fcrlichen Fetten entsprechende Salpeters\u00e4ure\u00e4ther des Glycerins ist. Mit concentrirter Schwefels\u00e4ure giebt es Glycerinschwefels\u00e4ure, mit Phosphors\u00e4ure Glycerinphosphors\u00e4ure. Mit Fetts\u00e4uren auf 200\u00b0 erhitzt giebt es Aether derselben, und zwar zun\u00e4chst einfach saure, z. B. CzHb(OH)z -f- Clh - CO \u2022 OH = CiTh{ Oll)2 \u25a0 O - CO- Clh (Monacetin) 4- Hi 0. Werden diese Aether mit mehr S\u00e4ure wieder erhitzt, so entstehen zweifach (z. B. C-iHb(OH) (O- CO - CHih Diacetin) und dreifach (z. B. Czlh{0 - CO \u25a0 Clh)3 Triacetin) saure Aether (Berthelot3). Die in der Natur vorkommenden Glycerinfette geh\u00f6ren s\u00e4mmtlich zu diesen letzteren, und es ist bemerkenswerth, dass man bisher nur Gemische einfacher Aether (d. h. solcher mit nur einem S\u00e4ureradikal, (z. B. C$Hb{0 - Ci$Hs\\0)3 ; (hlh(0-CislhbOyA, nicht\n1\tWurtz, Ann. d. Chemie n. Pharm. CII. S. 339.\n2\tFriedel u. Silva, Bull. d. 1. soc. chim. d. Paris. XX. p. 98.\n3\tBerthelot, Ann. d. chim. et phys. (3) XLI. p. 216.","page":565},{"file":"p0566.txt","language":"de","ocr_de":"566 Drechsel, Chemie der Absonderungen und der Gewebe. 3. Cap. Fette.\naber gemischte Aether (d. h. solche mit verschiedenen S\u00e4ureradikalen, (z. B. C$Hh(0-Ci6#3i0)2(0\u2022 C\\%HzhO)) aufgefunden hat. Methoden, um aus diesen nat\u00fcrlichen Gemischen die einzelnen Verbindungen in v\u00f6llig reinem Zustande abzuscheiden, sind noch nicht bekannt, und darin liegt der Grund, dass das Vorkommen mancher Fettarten nur aus dem Auftreten der darin enthaltenen Fetts\u00e4uren bei der Verseifung hat erschlossen werden k\u00f6nnen.\nB)\tCetylalkohol: Ci 6 #3 3 \u25a0 OH.\nDer Cetylalkohol bildet als Palmitins\u00e4ure\u00e4ther den Hauptbe-standtheil des Wallraths; frei tindet er sich im Secrete der B\u00fcrzeldr\u00fcse von G\u00e4nsen und Enten. Zur Darstellung wird Wallrath mit kochender alkoholischer Kalilauge zersetzt, die L\u00f6sung heiss mit Chlorcalcium gef\u00e4llt, der Niederschlag mit Wasser gewaschen und dann mit Alkohol ausgekocht; durch Umschmelzen mit Wasser und Umkrystallisiren aus Aether wird der rohe Alkohol gereinigt.1\nDer Cetylalkohol (Aethal): Cie#33 \u2022 OHkrystallisirt in Bl\u00e4ttchen, ist in Wasser nicht, in Alkohol und Aether ziemlich l\u00f6slich, schmilzt bei 50\u00b0 und destillirt unzersetzt bei 344\u00b0. Mit Salpeters\u00e4ure oxydirt giebt er Palmitins\u00e4ure: Cie#32O2, ist also ein prim\u00e4rer Alkohol.\nC)\tCerylalkohol : CliHbo \u25a0 OH.\nDer Cerotins\u00e4ure\u00e4ther des Cerylalkohols ist der Hauptbestand-theil des chinesischen Wachses; der Alkohol kann daraus auf die beim Cetylalkohol angegebene Art und Weise abgeschieden werden.\nDer Cerylalkohol: C27//55 \u2022 OH ist eine krystallinische wachsartige Masse, welche sich nicht in Wasser, aber in Alkohol, Aether und Benzol l\u00f6st, und bei 79\u00b0 schmilzt. Beim Erhitzen mit Natronkalk liefert er Cerotins\u00e4ure: C27\u00dc54O2 (Brodie2).\nD) Myricylalkohol : C30//6I \u2022 OII.\nDer Myricylalkohol findet sich als Palmitins\u00e4ure\u00e4ther im Bienenwachse. Er krystallisirt in kleinen Nadeln, ist in Wasser nicht, in Alkohol und Aether ziemlich schwer l\u00f6slich, schmilzt bei 85\u00b0. Durch Natronkalk wird er bei 200\u00b0 in Melissins\u00e4ure: C30//60 O2 \u00fcbergef\u00fchrt (Brodie 3).\n1\tGmelin, Handb. 4. Aufl. VII. S. 1260 ; Neues Handw\u00f6rterb. d. Chem. II. S. 505.\n2\tBrodie, Ann. d. Chemie u. Pharm. LXVII. S. 201.\n3\tDerselbe, Ebenda. LXXI. S. 147.","page":566},{"file":"p0567.txt","language":"de","ocr_de":"Cholesterin. Isocholesterin. Normalbutters\u00e4ure.\n567\nE) Cholesterin und. Isocholesterin: C-2qH\\3 \u2022 OH.\nBeide isomere Cholesterine finden sich theils frei, theils als Aether im Wolischweisse der Schafe. Bez\u00fcglich des Cholesterins kann f\u00fcglich auf die \u201eChemie der Galle\u201c von Maly in diesem Handbuche verwiesen werden. Das Isocholesterin wurde von E. Schulze 1 entdeckt und nach folgendem Verfahren rein dargestellt. Der in Alkohol unl\u00f6sliche Theil des Wollfetts wird zun\u00e4chst verseift, und die abgeschiedenen Alkohole durch 12 st\u00fcndiges Erhitzen mit 4 Th. Benzoes\u00e4ureanhydrid auf 200\u00b0 in die Benzoe\u00e4ther verwandelt, welche durch Behandlung mit heissem Alkohol, worin sie sehr schwer l\u00f6slich sind, gereinigt werden. Zur Trennung werden die Benzoe\u00e4ther in Aether gel\u00f6st und die L\u00f6sung der Verdunstung \u00fcberlassen: Cholesterinbenzoe\u00e4ther scheidet sich in dicken Tafeln aus, Isocholesterinbenzoe\u00e4ther in feinen Nadeln, die leicht abgeschl\u00e4mmt und durch Umkrystallisiren gereinigt werden k\u00f6nnen. Durch Verseifung mit alkoholischer Kalilauge erh\u00e4lt man daraus das Isocholesterin.\nDas Isocholesterin:\t\u2022 OH krystallisirt aus Aether und\nAceton in feinen durchsichtigen Nadeln, scheidet sich aber aus Alkohol in gallertartigen Massen oder weissen Flocken aus; concen-trirte alkoholische L\u00f6sungen erstarren beim Erkalten zur durchscheinenden Gallerte. Es schmilzt bei 137 \u2014 138\u00b0; Gemenge von Cholesterin und Isocholesterin schmelzen bei niedrigerer Temperatur als jedes f\u00fcr sich, z. B. bei 130\u00b0. Es ist rechtsdrehend; [a]j = ca. -f- 59\u00b0.S. Beim Erkalten erstarrt geschmolzenes Isocholesterin glasig, amorph ; in h\u00f6herer Temperatur scheint es unzersetzt fl\u00fcchtig zu sein. Die in dem Wollfett vorkommenden Aether des Cholesterins und Isocholesterins sind noch nicht im reinen Zustande bekannt.\n2. Sauren.\nA) Normalbutters\u00e4ure: CiH~ \u2022 CO \u25a0 OH.\nDie Normalbutters\u00e4ure findet sich haupts\u00e4chlich als Glycerin\u00e4ther in der Butter; ferner im Schweiss, in der Fleischfl\u00fcssigkeit, in der braunen Fl\u00fcssigkeit, welche manche Carabusarten bei der Ber\u00fchrung von sich geben. Sie bildet sich in grosser Menge bei der Butter-s\u00e4ureg\u00e4hrung der Milchs\u00e4ure : 2 Cs Hg Os = Ci IL O-i -f- 2 CCh -J- 2 Hi ; gleichzeitig entsteht auch etwas Essigs\u00e4ure und Caprons\u00e4ure. Man stellt sie dar durch G\u00e4hrung von Traubenzucker oder Rohrzucker\n1 E. Schulze, Ber. d. deutsch, chem. Ges. V. S. 1075, VI. S. 251, VII. S. 570. Journ. f. pract. Chemie. (2) VII. S. 163. IX. S. 321.","page":567},{"file":"p0568.txt","language":"de","ocr_de":"568 Drechsel, Chemie der Absonderungen und der Gewebe. 3. Cap. Fette.\nmit Kreide und faulem K\u00e4se, filtrirt nach l\u00e4ngerem Stehen und erhitzt zum Kochen, wobei sich buttersaurer Kalk ausscheidet, der durch Salzs\u00e4ure zersetzt wird.\nNormalb utter s\u00e4ure: CH$ \u25a0 CHi \u2022 CH-i \u25a0 CO - OH ist eine \u00f6lige, der Essigs\u00e4ure \u00e4hnlich, aber unangenehm riechende Fl\u00fcssigkeit, die bei \u201419\u00b0 krystallinisch erstarrt. Sie siedet bei 162\u00b0.3 (corr. Finne-mann1). Spec. Gew. 0.9580 bei 14\u00b0. Sie mischt sich mit Wasser in allen Verh\u00e4ltnissen, wird aber durch Chlorcalcium aus der L\u00f6sung abgeschieden.\nDas Glycerid, Tributyrin: ChHo{C\\HiOC)i tindet sich in der Kuhbutter, kann auch synthetisch erhalten werden. Es ist ein farbloses neutrales Oel von 1.056 spec. Gew. bei 8\u00b0.\n33) Isovalerian - (Isopropylessig)s\u00e4ure: C\\H<) \u25a0 CO \u25a0 OH.\nDie Isovalerians\u00e4ure tindet sich namentlich als Glycerid im Thrane von einigen Delphinarten (Delphinus globiceps und phocaena); sie bildet sich auch beim Faulen von Eiweissk\u00f6rpern (Casein), sowie bei der Oxydation derselben mit Chroms\u00e4ure. Zur Darstellung benutzt man gew\u00f6hnlich Fusel\u00f6l (Amylalkohol), welches mit Chroms\u00e4ure und Schwefels\u00e4ure oxydirt wird.\nDie Isovalerians\u00e4ure: (C\u00fcfete . CH- CH. \u2022 CO - OH ist eine \u00f6lige, farblose, unangenehm nach Baldrian und faulem K\u00e4se riechende Fl\u00fcssigkeit, welche bei 176\u00b0.3 (Kopp2) siedet. Spec. Gew. 0.931 bei 20\u00b0. Sie braucht 23.6 Th. Wasser von 20\u00b0 zur L\u00f6sung, und wird durch Chlorcalcium wieder abgeschieden.\nDas Triisovalerin: G Hb{Cb Ho 0-2)3 findet sich nach Chevreul im Delphinthran; es ist ein farbloses, neutrales, in Wasser unl\u00f6sliches Oel.\nC) Caprons\u00e4ure: C\u00f6lln CO - OIL\nDie normale Caprons\u00e4ure findet sich neben Butters\u00e4ure als Glycerid in der Kuhbutter; sie bildet sich in der Regel bei G\u00e4h-rungen neben Butters\u00e4ure, und wird bei deren Darstellung als Ne-benproduct erhalten. Sie ist eine \u00f6lige, farblose Fl\u00fcssigkeit, welche bei \u201418\u00b0 erstarrt und bei 205\u00b0 siedet; spec. Gew. 0.928 bei 20\u00b0. Sie mischt sich nicht mit Wasser; hat einen schwachen unangenehmen Geruch.3\nDas Glycerid ist im reinen Zustande noch nicht bekannt.\n1\tLinnemann, Ann. d. Chemie u. Pharm. CLX. S. 22S.\n2\tKopp, Ebenda. XCV. S. 310.\n3\tBeilstein, Handb. d. org. Chemie. S. 201.","page":568},{"file":"p0569.txt","language":"de","ocr_de":"Capryl-, Caprin-, Laurin-, Myristin-, Palmitins\u00e4ure.\n569\nD)\tCapryl- und Caprins\u00e4ure.\nNormale Capryls\u00e4ure: C7//15 \u25a0 CO \u25a0 OH und normale Caprins\u00e4ure: CvHi\u00e7) - CO \u2018 OH finden sich in geringer Menge als Glyceride in der Kuhbutter; erstere krystallisirt in Bl\u00e4ttern, schmilzt bei -j-16\u00b0.5, siedet bei *236 \u2014 237\u00b0, ist selbst in siedendem Wasser sehr schwer l\u00f6slich (1 :400) ; letztere bildet feine Nadeln, schmilzt bei 30\u00b0, siedet bei 26S\u2014270\u00b0, ist auch in kochendem Wasser \u00e4usserst schwer l\u00f6slich.1 Die Glyceride sind in reinem Zustande nicht bekannt.\nE)\tLaurins\u00e4ure und Myristins\u00e4ure.\nLaurins\u00e4ure: CuL/23 \u2022 CO \u25a0 OH und\nMyristins\u00e4ure C13LC7 - CO - OH finden sich nach Heintz'2 als Cetyl\u00e4ther im Wallrath. Erstere krystallisirt in Nadeln, schmilzt bei 43.6\u00b0, ist nicht unzersetzt fl\u00fcchtig; letztere bildet Bl\u00e4ttchen, welche bei 53.S\u00b0 schmelzen.\nF)\tPalmitins\u00e4ure: C15H31 \u2022 CO - OH.\nDie Palmitins\u00e4ure findet sich in allen Fetten; gew\u00f6hnlich als Glvcerid, neben denen der Stearins\u00e4ure und Oels\u00e4ure, bisweilen als Cetyl\u00e4ther (Wallrath) und Myricyl\u00e4ther (Bienenwachs). Bei der Verseifung der Fette erh\u00e4lt man sie deshalb meist mit Stearins\u00e4ure und Oels\u00e4ure gemengt, von denen sie nur durch ein langwieriges Verfahren v\u00f6llig befreit werden kann. Die Oels\u00e4ure l\u00e4sst sich durch Ausziehen der gemengten Bleisalze mit Aether, in welchem nur das \u00f6lsaure Salz l\u00f6slich ist, entfernen; Palmitins\u00e4ure und Stearins\u00e4ure werden sodann durch fractionirte F\u00e4llung ihrer alkoholischen L\u00f6sung mit essigsaurem Baryt oder Magnesia getrennt (Heintz 3).\nDie reine Palmitins\u00e4ure bildet schuppige Krystalle, welche bei 62\u00b0 schmelzen und gr\u00f6sstentheils unzersetzt destilliren.\nDas Glycerid, Tripalmitin: C3Ih(CieHn 0-2)3, ist krystalli-nisch, schmilzt bei 61.5\u00b0; in Weingeist ist es fast ganz unl\u00f6slich, auch in kochendem, absolutem Alkohol nur wenig, sehr leicht in Aether.\nDer Cetyl\u00e4ther: Ci6^/33 \u2022 CteH\\0^) bildet den Hauptbestandteil des Wallrathes, krystallisirt in sch\u00f6nen Bl\u00e4ttern, schmilzt bei 53,5\u00b0 (Heintz).\nDer Myricyl\u00e4ther: CsoHtn \u2022 CiqH\u00fci O2, bildet den in Alkohol\n1\tBeilstein. Handb. d. org. Chemie. S. 204 u. 205.\n2\tHeintz, Ann. d. Chemie u. Pharm. XCII. S. 291.\n3\tDerselbe, Journ. f. pract. Chemie. LXVI. S. 1.","page":569},{"file":"p0570.txt","language":"de","ocr_de":"570 Drechsel, Chemie der Absonderungen und der Gewebe. 3. Cap. Fette.\nunl\u00f6slichen Tkeil des Bienenwachses, krystallisirt in federf\u00f6rmigen Aggregaten, schmilzt bei 72\u00b0 (Brodie).\nG)\tStearins\u00e4ure: G17//35 \u2022 CO- OH.\nFindet sich als Glvcerid besonders in den festen Fetten (Talgarten), und wird im Grossen aus Hammel- oder Rindstalg gewonnen.\nDie reine Stearins\u00e4ure krystallisirt in Bl\u00e4ttchen, die bei 69.2\u00b0 (Heintz) schmelzen, und in h\u00f6herer Temperatur im Wasserstoffstrom gr\u00f6sstentheils unzersetzt destilliren. In kaltem Weingeist schwer, in Benzol, Schwefelkohlenstoff, Aether leicht l\u00f6slich.\nDas Glvcerid, Tristearin: G#5(Cis#35#2)3, findet sich in allen Fetten; es krystallisirt in perlmuttergl\u00e4nzenden Schuppen und besitzt zwei Schmelzpunkte: zuerst schmilzt es bei 55\u00b0, erstarrt bei weiterem Erw\u00e4rmen wieder und schmilzt dann wieder bei 71.6\u00b0-(Heintz). In kochendem, absolutem Alkohol und Aether ist es leicht l\u00f6slich. Unreines, mit Palmitin gemengtes Stearin schmilzt schon bei 52\u00b0, bez. 62\u201464\u00b0.\nH)\tArachins\u00e4ure: C19//39 \u2022 CO - OIL\nDie Arachins\u00e4ure findet sich als Glvcerid in der Kuhbutter und kann durch fractionirte F\u00e4llung von den anderen S\u00e4uren getrennt wrerden. Sie krystallisirt in kleinen gl\u00e4nzenden Bl\u00e4ttern, welche bei 75\u00b0 schmelzen (Heintz, Wein).\nDas Triarachin: C$ Hb(C-io Hzs0-i)i ist k\u00f6rnig, in Aether sehr wenig l\u00f6slich.\nI)\tMedullins\u00e4ure : OioIIn \u2022 CO - OH.\nDas Glvcerid der Medullins\u00e4ure findet sich nach Eylerts1 im Rindsknochenmark; die freie S\u00e4ure schmilzt bei 72,5\u00b0.\nK) Hyaenas\u00e4ure: C-uH\\\u00a7 - CO - OH.\nDas Glvcerid der Hyaenas\u00e4ure wurde von Carius2 in dem Secret der Analdr\u00fcsen von Hyaena gefunden ; nach Schulze und Urich3 kommt sie wahrscheinlich auch im Wollschweiss vor. Zur Darstellung wird das erw\u00e4hnte Secret verseift, aus der Seife das Gemenge der Fetts\u00e4uren (Hyaenas\u00e4ure, Palmitin- und Oels\u00e4ure) abgeschieden, und durch Umkrystallisiren aus Alkohol, bez. fractionirte F\u00e4llung mit Bleizucker die Hyaenas\u00e4ure von den anderen Fetts\u00e4uren getrennt.\nDie reine Hyaenas\u00e4ure krystallisirt in K\u00f6rnern, die aus feder-\n1\tEylerts, Kopp\u2019s Jabresber. 1860. S. 325.\n2\tCarius, Ann. d. Chemie u. Pharm CXXIX. S. 168.\n3\tSchulze u. Urich, Journ. f. pract. Chemie. (2) IX. S. 321.\nI","page":570},{"file":"p0571.txt","language":"de","ocr_de":"Cerotin-, Physet\u00f6l-. Oels\u00e4ure.\n** n i\no71\nartigen Nadeln bestehen und bei 77\u201478\u00b0 schmelzen; sie ist in kaltem absolutem Alkohol schwer, leichter in heissem, sehr leicht in Aether l\u00f6slich.\nDas Glvcerid ist nicht in reinem Zustand bekannt, ist wahr-scheinlich im Hvaenafett enthalten.\nL) Cerotins\u00e4ure : C-26^53 \u2022 CO OH.\nDie Cerotins\u00e4ure findet sich frei im Bienenwachs (Brodie1); als Ceryl\u00e4ther macht sie den Hauptbestandteil des chinesischen Wachses aus. Zur Darstellung wird Bienenwachs mit Alkohol ausgekocht, der beim Erkalten entstehende Niederschlag so oft aus Alkohol umkry-stallisirt, bis er bei 70\u00b0 schmilzt, dann ins Bleisalz verwandelt, dieses mit Alkohol und Aether ausgekocht, die S\u00e4ure abgeschieden und aus Alkohol umkrystallisirt.\nDie Cerotins\u00e4ure bildet k\u00f6rnige Krystalle vom Schmelzpunkt 78\u00b0; in Alkohol schwer l\u00f6slich.\nDer Cerotins\u00e4ureceryl\u00e4ther: Ci-Hbb{Gn Hb% O-2) ist krystal-linisch, wachsartig; Schmelzpunkt 82\".\nM) Physet\u00f6ls\u00e4ure : C15\u00c429 \u2022 CO \u25a0 OH.\nDie Physet\u00f6ls\u00e4ure ist im Wallrath\u00f6l vom Pottwal, Physeter macrocephalus, von Hofst\u00e4dter2 gefunden worden; sie schmilzt bei 30\u00b0, oxydirt sich an der Luft, wird durch salpetrige S\u00e4ure nicht in eine isomere S\u00e4ure verwandelt.\nN) Oels\u00e4ure: C17//33 \u2022 CO \u2022 OH.\nDie Oels\u00e4ure findet sich als Glycerid in fast allen festen und fl\u00fcssigen Fetten, besonders in letzteren. Zur Darstellung verwandelt man die aus einem Oel (Mandel\u00f6l) erhaltene Fetts\u00e4ure in Bleisalze, zieht das \u00f6lsaure Bleioxyd mit Aether aus, scheidet die S\u00e4ure ab, stellt das Barytsalz dar, reinigt dasselbe durch Umkrystallisiren aus Weingeist und zerlegt es durch Weins\u00e4ure (Gottlieb3).\nDie reine Oels\u00e4ure krystallisirt in farblosen Nadeln, die bei 14\u00b0 schmelzen; spec. Gew. 0.898 bei 14\u00b0. V\u00f6llig rein h\u00e4lt sie sich ziemlich gut an der Luft, unrein absorbirt sie dagegen rasch Sauerstoff. Sie wird durch salpetrige S\u00e4ure in die isomere, feste El\u00e4idin-s\u00e4ure verwandelt; mit Jodwasserstoff und Phosphor auf 200\u2014210\u00b0 erhitzt geht sie in Stearins\u00e4ure \u00fcber.\n1\tBrodie, Ann. d. Chemie u. Pharm. LXYII. S. 180.\n2\tHofst\u00e4dter. Ebenda. XCI. S. ITT.\n3\tGottlieb, Ebenda. LVII. S. 33.","page":571},{"file":"p0572.txt","language":"de","ocr_de":"572 Drechsel, Chemie der Absonderungen und der Gewebe. 3. Cap. Fette.\nDas Triole\u00efn: GHfCis#33^2)3 ist eine farblose neutrale Fl\u00fcssigkeit, welche in Weingeist sehr wenig, in Aether sehr leicht l\u00f6slich ist. Bei K\u00f6rpertemperatur l\u00f6st es leicht feste Fette auf. Salpetrige S\u00e4ure verwandelt es in das isomere Tri\u00ebla\u00efdin.\nO) D\u00f6glings\u00e4ure: G\\^H 5 - CO - OH.\nDas Glvcerid der D\u00f6glings\u00e4ure bildet den Hauptbestandteil des D\u00f6glingthrans (von Balaena rostrata). Die freie S\u00e4ure ist ein bei 0\u00b0 erstarrendes gelbliches Oel; das Bleisalz ist in Aether l\u00f6slich. Das Glycerid ist in reinem Zustande noch nicht bekannt (Scharling1).\nDie verschiedenen Fette nach ihrem Urspr\u00fcnge.\n1.\tFeste Glycerinfette.2\n1.\tMenschenfett. Dasselbe ist gelblich, bei 20 \u2014 25\u00b0 v\u00f6llig fl\u00fcssig3, erstarrt erst unterhalb 12\u201415\u00b0; es enth\u00e4lt die Glyceride von Oels\u00e4ure und Palmitins\u00e4ure, weniger von Stearins\u00e4ure (Heintz). Nach Langer4 \u00e4ndert sich seine Zusammensetzung mit dem Alter; das von Neugeborenen enth\u00e4lt mehr Palmitins\u00e4ure und Stearins\u00e4ure, weniger Oels\u00e4ure als das von Erwachsenen, und zeigt daher auch einen h\u00f6heren Schmelzpunkt (45\u00b0). Langer fand in demselben, wie auch schon Lerch, geringe Mengen Butters\u00e4ure und Caprons\u00e4ure, aber keine dem Cetylalkokol \u00e4hnlichen Substanzen.\n2.\tSchweineschmalz. Bei gew\u00f6hnlicher Temperatur weich, schmierig, schmilzt bei 40.5\u00b0 (Nierenfett bei 30\u00b0); es ist weiss, enth\u00e4lt die Glyceride von Palmitins\u00e4ure, Oels\u00e4ure und Stearins\u00e4ure.\n3.\tG\u00e4nsefett ist fast weiss, schmilzt bei 24\u201426\u00b0. Es enth\u00e4lt ausser den Glyceriden von Palmitin-, Stearin- und Oels\u00e4ure auch noch die von Butter- und Caprons\u00e4ure.\n4.\tHundefett hat eine \u00e4hnliche Consistenz wie G\u00e4nsefett, ist br\u00e4unlichweiss, f\u00e4ngt bei 22.5\u00b0 zu schmelzen an.\n5.\tFuchsfett \u00e4hnelt dem vorigen, beginnt bei 27\u00b0 zu schmelzen, ist aber erst bei 54\u00b0 v\u00f6llig fl\u00fcssig.\n6.\tEl ephantenfett ist weiss bis gelblich, weich, schmilzt bei 28\u00b0.\n1\tScharling, Kopp\u2019s Jahresber. 1S47/48. S. 567.\n2\ts. Gmelin, Handb. 4. Aufi. VII. S. 1300, woselbst auch die \u00e4ltere Literatur zusammengestellt ist.\n3\tDer Schmelzpunkt ist beim Menschenfett wie auch bei dem Fette anderer Thiere, je nach dem K\u00f6rpertheil von dem dasselbe stammt, etwas ver\u00e4nderlich.\n4\tLanger, Monatsh. f. Chemie. IL S. 382.","page":572},{"file":"p0573.txt","language":"de","ocr_de":"Thierische Fette.\n573\n7.\tHammeltalg ist weiss, sehr fest, schmilzt bei 50\u00b0; enth\u00e4lt haupts\u00e4chlich Tristearin neben Tripalmitin und wenig Triole\u00efn.\n8.\tKameeltalg aus dem H\u00f6cker ist gelblichweiss, nicht sehr fest, beginnt bei 22.5\u00b0 zu schmelzen.\n9.\tRindstalg ist blassgelb bis weiss, schmilzt bei 47\u00b0, erstarrt bei 37\u00b0. Er enth\u00e4lt etwas weniger Tristearin, etwas mehr Tripalmitin und etwa ebensoviel Triole\u00efn wie Hammeltalg. Das Kalbsfett ist weiss, weicher als Ochsentalg, beginnt bei 52\u00b0 zu schmelzen.\n10.\tFasanfett ist gelb, bei gew\u00f6hnlicher Temperatur griessig, bei 45\u00b0 vollkommen fl\u00fcssig.\n11.\tJaguar fett ist pomeranzengelb, riecht sehr unangenehm, gesteht nicht v\u00f6llig bei 29.5\u00b0.\n12.\tPferde fett ist br\u00e4unlich, von der Consistenz dicken Terpentins, beginnt bei 30\u00b0 zu schmelzen. Das Kammfett ist dagegen weiss, fester als Schweineschmalz und f\u00e4ngt bei 32\u00b0 an zu schmelzen.\n13.\tHasenfett ist honiggelb, dickfl\u00fcssig, kr\u00fcmlig, riecht nach Lein\u00f6lfirniss, trocknet an der Luft. Es enth\u00e4lt fl\u00fcchtige S\u00e4uren, f\u00e4ngt bei 26\u00b0 zu schmelzen an.\n14.\tDachsfett ist gelbweiss, bei gew\u00f6hnlicher Temperatur \u00f6lig mit einigen K\u00f6rnern; soll Valerian-, Capron- und Capryls\u00e4ure enthalten.\n15.\tDas Fett der Seeschildkr\u00f6te enth\u00e4lt kein Stearin, nur Palmitin und Ole\u00efn.\n16.\tCantkaridenfett enth\u00e4lt Stearin, Palmitin und Ole\u00efn, ist gr\u00fcn, butterartig k\u00f6rnig, reagirt sauer und riecht nach Canthariden ; schmilzt bei 34\u00b0.\n2.\tFl\u00fcssige Glycerinfette (Oele und Thranel).\n1.\tKl au en fett vom Rinde oder Hammel ist blassgelb, geruch-und geschmacklos.\n2.\tWalfischtkran ist \u00f6lig, von spec. Gew. 0.927 bei 20\u00b0, enth\u00e4lt Ole\u00efn, Palmitin und Valerin, ausserdem auch noch andere, nicht genau bekannte Stoffe.\n3.\tThran von Delphinus phocaena ist blassgelb ; spec. Gew. 0.937 bei 16\u00b0; riecht nach frischen Sardellen. Reagirt neutral, nimmt aber an der Luft saure Reaction an; enth\u00e4lt Ole\u00efn, Palmitin und Valerin.\n4.\tThran von Delphinus globiceps ist dem vorigen sehr \u00e4hnlich; spec. Gew. 0.918 bei 20\u00b0. Er enth\u00e4lt ausser Palmitin, Ole\u00efn und Valerin auch Wallrathfett, Riechstoffe und gelben Farbstoff.\n1 vgl. Gmelin, Handb. 4. Aufl. VII. S. 1241.","page":573},{"file":"p0574.txt","language":"de","ocr_de":"574 Drechsel, Chemie der Absonderungen und der Gewebe. 3. Cap. Fette.\n5.\tRobbenthran ist heller- oder dunklerbraun, dickfl\u00fcssig, von sehr unangenehmem Geruch; spec. Gew. 0.9303\u20140.9317 bei 11\u00b0.\n6.\tHaifischthran, von Squalus maximus, ist schwach gelb, von spec. Gew. 0.870 \u2014 0.876; hat einen unangenehmen Geruch und scheint eine besondere Oels\u00e4ure zu enthalten; ist reich an Jod.\n7.\tLeberthran, Stockfisclithran wird aus der Leber verschiedener Gadusarten erhalten. Er ist goldgelb bis dunkelbraun, von eigent\u00fcmlichem Fischgeruch und Geschmack, besteht aus Ole\u00efn und Palmitin mit etwas Butters\u00e4ure, Caprins\u00e4ure und anderen noch sehr wenig bekannten Substanzen (Gaduin, Gadins\u00e4ure u. s. w.), enth\u00e4lt Jod, Brom, Phosphor und Schwefel.\n3. Cetyl-, Ceryl- und Myricylfette.\n1.\tWallrath, Spermaceti, findet sich mit anderen Fetten, dem Wallrath\u00f6l, gemengt, in besonderen H\u00f6hlungen im Kopfe mancher Walfischarten; nach dem Tode des Thieres krystallisirt der Wallrath beim Erkalten aus und wird durch Pressen vom Oel befreit. Er besteht aus fast ganz reinem palmitinsaurem Cetyloxyd, krystallisirt in sch\u00f6nen grossen Bl\u00e4ttern, schmilzt bei 44\u00b0, ist selbst in kochendem absolutem Alkohol nur schwer, leicht in kochendem Aether l\u00f6slich. Heintz vermutket, dass im Wallrath neben dem Cetylalkokol noch kleine Mengen \u00e4hnlicher homologer Alkohole, von ihm als Stethai, Methal und Lethal bezeichnet, Vorkommen.1\n2.\tChinesisches Insectenwachs besteht aus fast reinem Cerotins\u00e4ureceryl\u00e4ther.\n3.\tBienenwachs.2 Dasselbe ist ein wechselndes Gemenge von in Alkohol l\u00f6slicher Cerotins\u00e4ure und in Alkohol unl\u00f6slichem palmitinsaurem Myricyl\u00e4ther; ausserdem enth\u00e4lt es kleine Mengen eines gelben Farbstoffs, einer riechenden Substanz und eines Oels, welches bei 28\u00b0.5 schmilzt und dem Wachs die Klebrigkeit verleiht. Bei Gegenwart von Feuchtigkeit dem Sonnenlicht ausgesetzt wird das Wachs geruch- und geschmacklos und gebleicht, es ist dann in der K\u00e4lte spr\u00f6de, und in der W\u00e4rme biegsam, schmilzt bei 61 \u2014 64\". Spec. Gew. 0.96\u20140.966 (im festen Zustande). Betreffs der Bildung des Wachses im K\u00f6rper der Bienen vgl. Eelenmeyer und v. Planta-Reichenau, Bienenzeitung. XXXVI. S. 2\u20143 (1880); dieselben ge-\n1\tHeintz, Ann. d. Chemie u. Pharm. XCII. S. 299; vgl. Scharling, Ebenda. XCVI. S. 236 und Heintz, Ebenda. XC\\ I. S. 271.\n2\tvgl. Gmelin, Handb. 4. Aufl. VII. S. 2129.","page":574},{"file":"p0575.txt","language":"de","ocr_de":"Cholesterin-, Isocholesterinfette. Hautsalbe.\n575\nlangen zu dem Schluss, dass das Wachs nicht aus stickstoffhaltigen, sondern aus stickstofffreien Substanzen, namentlich Zucker, erzeugt wird.\n4. Cholesterin- und Isocholesterinfette.\nFette, welche bei der Verseifung Cholesterin und Isocholesterin geben, sind bisher nur im sog. Wolischweiss (Wollfett) der Schafwolle gefunden worden. Derselbe enth\u00e4lt nach Hartmann, sowie E. Schulze 1 \u00fcberhaupt keine Glycerinfette, sondern Cholesterin-und Isocholesterinfette (in Alkohol unl\u00f6slicher Theil) neben freiem Cholesterin, \u00f6lsaurem Kali und geringen Mengen anderer Substanzen (in Alkohol l\u00f6slicher Theil); E. Schulze und A. Urich1 2 konnten auch neuerdings die Anwesenheit eines sehr kohlenstoffreichen, leicht schmelzbaren Alkohols (mit 80.14% C und 12.29% II) nachweisen, denselben aber noch nicht rein darstellen. Von Fetts\u00e4uren wurde etwas Hyaenas\u00e4ure gefunden, neben anderen hohen Gliedern dieser Reihe, und vorwiegend Oels\u00e4ure (E. Schulze und A. Urich3); ein Theil dieser S\u00e4uren ist im freien Zustande vorhanden. Von mineralischen Basen ist haupts\u00e4chlich Kali vorhanden (daher die Benutzung der Wollwaschw\u00e4sser zur Potaschefabrikation); nach Clo\u00ebz4 findet sich daneben auch stets Natron, dessen Menge nach der Art des Futters wechselt. So enthielt Fett von an der Meeresk\u00fcste gezogenen Schafen (pr\u00e9s sal\u00e9s) 131 Th. Natron auf 1000 Th. Kali, weiter im Lande 33 Th. Natron auf 1000 Th. Kali, im Innern 36 : 1000, w\u00e4hrend die Asche menschlichen Schweisses 530 Th. Natron auf looo Th. Kali ergab. Die sog. pechschweissige Wolle enth\u00e4lt nach Schulze und Barbi\u00e9ri5 viel mehr Fett als andere Wolle und keine Kaliseifen; l\u00e4sst sich deshalb auch durch Wasser nicht rein waschen.\nAnhang: Hautsalbe.6\nFast \u00fcberall in der Haut finden sich einfache oder traubige Talgdr\u00fcsen, deren Secret auf die Hautoberfl\u00e4che ergossen wird. Diese Hautsalbe ist im Allgemeinen noch sehr wenig untersucht, da es nur in gewissen F\u00e4llen m\u00f6glich ist, gr\u00f6ssere, zur Analyse hinreichende Mengen desselben zu erhalten, z. B. von dem Secret der B\u00fcrzeldr\u00fcse\n1\tE. Schulze, Ber. d. deutsch, chem. Ges. V. S. 1075.\n2\tE. Schulze u. A. Urich, Ebenda. VII. S. 570.\n3\tE. Schulze u. A. Urich. Journ. f. pract. Chemie. (2) VIL S. 163, IX. S. 321.\n4\tClo\u00ebz, Ber. d. deutsch chem. Ges. IL S. 2S5.\n5\tSchulze u. Barbi\u00e9ri, Journ. f. Landwirthsch. XXVII. S. 125.\n6\tvgl. Gmelin, Handb. 4. Anti VIII. S. 294.","page":575},{"file":"p0576.txt","language":"de","ocr_de":"I\nhl6 Drechsel, Chemie der Absonderungen und der Gewebe. 3. Cap. Fette.\nmancher V\u00f6gel. Alle diese Secrete (Vernix caseosa, Smegma prae-putii, Castoreum, Ohrenschmalz, B\u00fcrzeldr\u00fcsensecret u. s. w.) enthalten neben Fetten, Fetts\u00e4uren und unbekannten Substanzen auch Eiweissk\u00f6rper, welche in ihren Reactionen mit den Albuminaten \u00fcbereinstimmen und deshalb wohl als \u201eCasein\u201c bezeichnet werden; da indessen dieses sich durch seine F\u00e4higkeit mit Lab zu gerinnen wesentlich von den Albuminaten unterscheidet, und Gerinnungsversuche mit den Eiweissk\u00f6rpern der Hautsalbe noch nicht angestellt worden sind, so d\u00fcrfen letztere auch noch nicht mit dem Kamen \u201eCasein\u201c belegt werden.\nNeuerdings hat De Jonge 1 das Secret der B\u00fcrzeldr\u00fcse von G\u00e4nsen und wilden Enten untersucht. Dasselbe ist in den oberfl\u00e4chlichen Theilen (im Ausf\u00fchrungsgange) der Dr\u00fcsen stets dunkelgelb, z\u00e4h, von fast lehmiger Consistenz, in den tiefer gelegenen Theilen heller und leichtfl\u00fcssiger, reagirt sauer, riecht sehr schwach nach G\u00e4nseschmalz. In Wasser, Alkohol, Aether ist es nur theilweise l\u00f6slich.\nDie quantitative Analyse ergab folgende Werthe:\nBestandtheile\tSecret von G\u00e4nsen\tSecret von wilden Enten\nWasser\t\t608.07\t584.66\nEiweissstoffe und Nuclein\t\t179.66\t127.63\n/Cetylalkohol\t\t74.23\t104.02\nOels\u00e4ure\t\t56.48\t\u2014\nAetherextract < Niedere Fetts\u00e4uren .\t3.73\t14.S4\nLecithin\t\t2.33\t\u2014\n'.Unbestimmte Stoffe, Verlust\t50.00\t128.22\nAlkoholextract\t\t10.90\t18.31\nWasserextract\t\t7.53\t11.31\n,\t, (l\u00f6sliche Salze\t\t3.71\t9.35\nAsche {unl\u00f6sliche =\t\t\t3.36\t1.66\n\t1000.00\t1000.00\nZucker oder Harnstoff wurde in dem Secrete nicht gefunden; die Eiweissstoffe wurden als Albuminat und Albumin erkannt. Bemerkenswerth ist der Gehalt desselben an Cetylalkohol, welcher bisher nur als Bestandtheil des Wallraths bekannt war. Die Fetts\u00e4uren waren gr\u00f6sstentheils als Fette, ein kleiner Theil als Seifen oder frei vorhanden; die Asche enthielt Kalium, Natrium, Calcium, Magnesium und Chlor.\nIm Ohrenschmalz fanden P\u00e9trequin und Chevalier1 2 wenig\n1\tDe Jonge, Ztschr. f. physiol Chemie. III. S. 225.\n2\tP\u00e9trequin u. Chevalier. Maly\u2019s Jahresber. 1871. S. 36.","page":576},{"file":"p0577.txt","language":"de","ocr_de":"Gehirn und Nerven.\noi t\nWasser, einen rothen Farbstoff, Stearin, Ole'm, eine in Alkohol l\u00f6sliebe und eine darin unl\u00f6sliche Kaliseife, eine in Aether, Alkohol und Wasser unl\u00f6sliche, kalihaltige Substanz, wenig Kalk und Spuren von Natron. Vergleichende Untersuchungen \u00fcber das Ohrenschmalz von Menschen und Thieren sind von P\u00e9trequin 1 ver\u00f6ffentlicht worden.\nVIERTES CAPITEL.\nGehirn und Nerven.\nDie chemische Zusammensetzung der Gehirn- und Nervenmasse ist trotz zahlreicher Untersuchungen noch sehr wenig erkannt; am meisten noch die des Gehirns, da dieses allein in gr\u00f6sserer Menge leicht zu beschaffen ist. Die frische Hirnmasse ist ausserordentlich weich, wird aber nach dem Tode etwas fester, eine Erscheinung, die aber nicht auf der Gerinnung eines Eiweissk\u00f6rpers (analog der Muskelstarre) zu beruhen braucht, sondern auch durch die Ausscheidung eines vorher gel\u00f6sten K\u00f6rpers im festen Zustande (Cerebrin, * Cholesterin) bei der Abk\u00fchlung hervorgebracht sein kann. Die graue und die weisse Substanz differiren sehr bedeutend in ihrer Zusammensetzung (s. u.); da sie mechanisch nicht vollst\u00e4ndig von einander getrennt werden k\u00f6nnen, hat neuerdings B. Danilewski- den Versuch gemacht, ihre specifischen Gewichte pyknometrisch zu ermitteln, und aus der Vergleichung dieser Zahlen mit dem spec. Gew. des Gesammtgehirns ihr gegenseitiges Verh\u00e4ltniss zu bestimmen. Er fand das spec. Gew. der grauen Substanz beim Menschen zu 1.02927 \u2014 1.03S54, der weissen zu 1.03902\u20141.04334; beim Hunde entsprechend: 1.02891 \u20141.03713 und 1.03502\u20141.04297; f\u00fcr das Grosshirn des Menschen berechnete er alsdann: 37.7\u201439.0 % graue auf 62.3\u201461.0% weisse Substanz, f\u00fcr das Grosshirn des Hundes: 50.0\u201456.7% graue auf 50.0\u201443.3% weisse Substanz.\nDie Reaction der grauen Substanz ist w\u00e4hrend des Lebens stets sauer, die der weissen dagegen neutral oder schwach alkalisch; erstere beruht h\u00f6chst wahrscheinlich auf einem Gehalte der Ganglienzellen an freier Milchs\u00e4ure (Gscheidlen*). Die Substanz der peri-\n1\tP\u00e9trequin. Maly\u2019s Jahresber. 1872. S. 33; Gaz. m\u00e9d. de Paris. 1872. p. 175.\n2\tB. Danilewski, Med. Centralbl. XVIII. S. 241.\n3\tGsclleidlen, Areb. f. d. ges. Physiologie. VIII. S. 171.\nHandbuch der Physiologie. Bd. V.\n37","page":577},{"file":"p0578.txt","language":"de","ocr_de":"578 Brechsel. Chemie cl. Absonderungen u. d. Gewebe. 4. Cap. Gehirn u. Nerven.\npherischen Nerven reagirt nicht sauer, auch nicht nach ersch\u00f6pfender Th\u00e4tigkeit oder beim Absterben iHeidenhain; nach Funke und Ranke tritt jedoch eine Reactions\u00e4nderung w\u00e4hrend der Th\u00e4tigkeit ein); wird weisse Substanz auf 45 \u2014 50\" erw\u00e4rmt, so wird dieselbe sauer, nicht aber, wenn man sie rasch auf 100\u00b0 erhitzt. Bei dieser Temperatur erf\u00e4hrt aber die Hirnmasse eine H\u00e4rtung, welche auch durch Behandlung mit Alkohol, S\u00e4uren oder manchen Metallsalzen erzielt werden kann.\nAls chemische Bestandteile des Gehirns und der Nerven hat man bisher erkannt: Wasser, Eiweissstoffe, eine dem Elastin sehr \u00e4hnliche Substanz, eigent\u00fcmliche phosphorhaltige K\u00f6rper, Cerebrine, Neurokeratin, Xanthink\u00f6rper (Scherer1, St\u00e4deler2 beim Ochsen), Harns\u00e4ure (sehr wenig beim Ochsen, W. M\u00fcller3), Kreatin (beim Menschen, nicht beim Ochsen, Lercii, M\u00fcller; bei der Taube und beim Hunde, St\u00e4deler4), Leucin oder dessen Homologe (beim Ochsen, M\u00fcller), G\u00e4hrungsmilchs\u00e4ure und fl\u00fcchtige Fetts\u00e4uren (M\u00fcller), Inosit (10 g aus 50 Pfund Rindsgehirn, M\u00fcller), Cholesterin; ferner phosphorsaure Alkalien und Kalk, schwefelsaure Alkalien, Chlornatrium, Magnesia, Eisenoxyd, Kiesels\u00e4ure und Fluor in Spuren; vielleicht auch Ammoniak und Harnstoff. Als phosphorhaltige Substanzen sind mit Sicherheit nachgewiesen worden Lecithin, Protagon und Nucle\u00efn (y. Jaksch5), doch ist ersteres vielleicht ein Zersetzungs-product des Protagons. Das Nucle\u00efn des Gehirns stimmt im Allgemeinen in seinen Eigenschaften mit dem Nucle\u00efn Miescher\u2019s aus Lachssperma \u00fcberein, doch enth\u00e4lt es nur 1.7\u20142.1 % P. Wahrscheinlich sind indessen auch noch andere phosphorhaltige Substanzen im Gehirn enthalten; Thudichum6 giebt wenigtens an, eine ganze Reihe solcher K\u00f6rper, die er als Myeline und Kephaline bezeichnet, dargestellt zu haben, doch scheint er keine reinen Substanzen unter den H\u00e4nden gehabt zu haben. Auch bez\u00fcglich der Cerebrine (Cerebrin, Homocerebrin, Enkephalin von Parcus) ist noch nicht sichergestellt, ob dieselben unmittelbar im Gehirn vorhanden oder erst durch Zersetzung des Protagons und \u00e4hnlicher complicirter Verbindungen entstanden sind. Ein Gemenge (Diaconow) oder auch eine Verbindung von Lecithin und Cerebrin allein kann das Protagon nicht sein; ist dieses wirklich die Muttersubstanz der ersteren beiden, so muss bei\n1\tScherer, Arm. d. Chemie u. Pharm. CVII. S. 314.\n2\tSt\u00e4deler, Ebenda. CXYI. S. 102.\t3 W. M\u00fcller, Ebenda. CIII. S. 131.\n4\tSt\u00e4deler, Journ. f. pract. Chemie. LXXII. S. 256.\n5\tv. Jaksch, Arch. f. d. ges. Physiologie. XIII. S. 469.\n6\tThudichum.Reports oftheMed. Off. of thePrivy Council and Soc.Gov. Board. New Series. No. 3 ; Chem. News. XXXI. p. 112.","page":578},{"file":"p0579.txt","language":"de","ocr_de":"Protagon.\n579\nseiner Zersetzung wenigstens noch ein dritter, bisher allerdings noch nicht aufgefundener K\u00f6rper entstehen, und zwar, wenn man annimmt, dass der ganze Phosphorgehalt des Protagons als Lecithin austritt, ein K\u00f6rper, welcher kohlenstoff\u00e4rmer und stickstoffreicher als das Cerebrin (von Parcus) ist und vermuthlich zu dem Cholesterin in naher Beziehung steht. W\u00fcrde sich eine derartige Spaltung des Protagons thats\u00e4ehlich nachweisen lassen, so w\u00e4re weiter zu vermuthen, dass das Homocerebrin auf \u00e4hnliche Weise aus einem besonderen protagon\u00e4hnlichen K\u00f6rper entsteht.\nDie Eiweissstoffe des Gehirns sind noch wenig untersucht; Pe-trowsky1 giebt an, dass der eine in Kochsalzl\u00f6sung von mittlerer Concentration l\u00f6slich ist und aus dieser L\u00f6sung sowohl durch Eintr\u00e4gen von festem Chlornatrium, als auch durch Verd\u00fcnnen mit Wasser gef\u00e4llt wird, mithin dem Myosin sich \u00e4hnlich verh\u00e4lt; in der grauen Substanz fand er noch einen anderen, in Wasser l\u00f6slichen, bei 75(> gerinnenden Eiweissk\u00f6rper, der anscheinend in der weissen Substanz fehlte.\nEigenthiimliche Bestandtheile des Gehirns und der Nerven.\n1. Pkosphot'haltige Substanzen.\nProtagon.\n0. Liebreich'2 stellte im Jahre 1864 aus mit Wasser und Aether bei 0\u00b0 m\u00f6glichst von Cholesterin befreiter Gehirumasse durch Ausziehen mit 85\u00b0,o Weingeist bei 45\u00b0 und Erk\u00e4lten der L\u00f6sung auf 0\u00b0 einen phosphor- und stickstoffhaltigen kristallinischen K\u00f6rper dar, den er als Protagon bezeiehnete. Sp\u00e4ter wurde derselbe von Dia-conow 1 und Hoppe-Seyler als ein Gemenge von Lecithin und Cerebrin betrachtet, weil das Protagon mit Barytwasser gekocht eine cerebrin\u00e4hnliche Substanz und ausserdem die Zersetzungsproduete des Lecithins liefert, sowie weil der Phosphorgehalt des Protagons beim Umkrystallisiren aus warmem Alkohol sinkt. In neuerer Zeit haben Gamgee und Blaxkenhorn 1 die Versuche Liebreicii\u2019s wieder aufgenommen, und dessen Resultate fast durchgehends best\u00e4tigt; sie haben sich namentlich \u00fcberzeugt, dass 4\u20145 mal umkrystallisirtes Protagon denselben Phosphorgehalt besitzt wie nur einmal umkrystallisirtes, woraus sie schliessen, dass das Protagon nicht als ein blosses Gemenge von Cerebrin und Lecithin zu betrachten ist.\n1\tPetrowski, Arch. f. d. ges. Physiologie. VII. S. 367.\n2\t0. Liebreich, Ann. d. Chemie u. Pharm. CXXXIV. S. 29.\n3\tDiaconocy, Med. Centralbl. 1S69. S. 97.\n4\tGamgee u. Blankenhorn. Ztschr. f. physiol. Chemie. III. S. 260.\n37*","page":579},{"file":"p0580.txt","language":"de","ocr_de":"580 Drechsel, Chemie d. Absonderungen u. d. Gewebe. 4. Cap. Gehirn u. Nerven.\nZur Darstellung des Protagons wird ganz frisches Hirn von Blut und H\u00e4uten m\u00f6glichst befreit, zerkleinert und dann 12\u201418 Stunden lang mit 85% Alkohol bei 45\u00b0 digerirt, heiss filtrirt und diese Operation so oft wiederholt, als sich noch beim Abk\u00fchlen der L\u00f6sung auf 0\u00b0 ein Niederschlag abscheidet. Der erhaltene Niederschlag wird auf einem Filter gesammelt, dann mit kaltem Aether von Cholesterin u. s. w. befreit, zwischen Papier gepresst, an der Luft und dann \u00fcber Schwefels\u00e4ure getrocknet, gepulvert, mit etwas Wasser befeuchtet, in Alkohol suspendirt und allm\u00e4hlich auf 45\u00b0 erw\u00e4rmt; beim sehr langsamen Erkalten der filtrirten L\u00f6sung scheidet sich dann das Protagon in mikroskopischen Nadeln ab, deren Form und Anordnung je nach dem Concentrationsgrade der L\u00f6sung etwas differirt; bei rascher Abk\u00fchlung f\u00e4llt es amorph aus. In kaltem Alkohol und Aether ist es schwer, in den warmen Fl\u00fcssigkeiten leichter l\u00f6slich ; in absolutem Alkohol \u00fcber 55\u00b0 erhitzt, zersetzt es sich unter Bildung \u00f6liger Tropfen (L.). Mit Wasser quillt Protagon sehr stark zu einer kleisterartigen Masse auf, die sich in viel Wasser mit geringer Opalescenz l\u00f6st; wird diese L\u00f6sung mit concentrirten Salzl\u00f6sungen {NaCl, CaCl-2) gekocht, so coagulirt sie, indem sich das Protagon als flockige Masse abscheidet. In Eisessig l\u00f6st sich Protagon klar auf; beim Abk\u00fchlen der L\u00f6sung scheiden sich Krystalle aus. Beim Erhitzen zersetzt sich Protagon schon unter 100\u00b0, und zwar um so leichter, je wasserfreier es ist; es br\u00e4unt sich bei 150\u00b0 und schmilzt bei 200\u00b0 zu einem tief braunen Syrup; durch Aufkochen mit Wasser wird es nicht ver\u00e4ndert. Mit Barytwasser gekocht giebt es Neurin, Fetts\u00e4uren und Glycerinphosphors\u00e4ure, nach Diaconow auch Cere-brin. Nach Gamgee nnd Blankenborn wird es auch durch anhaltendes Kochen mit Aether zersetzt. Bei der Analyse des Protagons fanden Gamgee und Blankenhorn im Mittel: 66.39 % C, 10.69 % II, 2.39% N, 1.068 % P, woraus sie die Formel LUo/Gos %-> PCI5 berechnen.\n2. Phosphorfreie Substanzen.\nA) Cerebrin.\nDas Cerebrin wurde zuerst von W. M\u00fcller1 in reinerem Zustande (phosphorfrei) erhalten und n\u00e4her untersucht; Bourgoin2 fand dasselbe ebenfalls phosphorfrei, aber \u00e4rmer an Stickstoff als M\u00fcller, und Otto und K\u00f6hler3 gaben sogar an, dass das Cerebrin stickstofffrei sei. Neuere Untersuchungen \u00fcber dasselbe r\u00fchren von Geo-\n1\tW. M\u00fcller, Ann. d. Chemie u. Pharm. CV. S. 365.\n2\tBourgoin, Bull. d. 1. soc. chim. d. Paris. XXI. p. 4S2.\n3\tOtto u. K\u00f6hler, Arch. f. pathol. Anat. XLI. S. 265.","page":580},{"file":"p0581.txt","language":"de","ocr_de":"Cerebrin.\n581\nGHEGAN1 2 und Parcus 2 lier; letzterem gelang es, das nach der Vorschrift von M\u00fcller dargestellte Pr\u00e4parat in drei wohlcharakterisirte, im Verhalten einander sehr \u00e4hnliche K\u00f6rper: Cerebrin, Homocerebrin und Enkephalin zu zerlegen.\nZur Darstellung des (rohen) Cerebrins kann man entweder, wie Geoghegan, zerriebenes von Blut und H\u00e4uten befreites Gehirn kalt mit Alkohol und Aether extrahiren, die r\u00fcckst\u00e4ndige Masse mit Alkohol kochen, heiss hltriren, und die beim Erkalten ausgeschiedene Masse durch Aether vom Cholesterin, und durch Kochen mit Baryt-wasser vom Lecithin befreien, den Baryt mit Kohlens\u00e4ure f\u00e4llen, das Cerebrin wieder in heissem Alkohol l\u00f6sen, hltriren und in der K\u00e4lte auskrystallisiren lassen \u2014 oder man r\u00fchrt, nach Parcus (M\u00fcller), das mit Wasser gewaschene und durch ein Tuch gepresste Gehirn mit conc. Barytwasser an, erhitzt unter Umsch\u00fctteln zum einmaligen Auf koch en (ist die \u00fcber dem Niederschlag stehende Fl\u00fcssigkeit tr\u00fcb, so muss noch mehr Baryt zugesetzt und nochmals auf-gekocht werden), filtrirt, w\u00e4scht mit heissem Wasser aus, trocknet den R\u00fcckstand und extrahirt ihn mit kochendem Alkohol, wobei das Cerebrin weniger in den ersten, als haupts\u00e4chlich in die folgenden Ausz\u00fcge \u00fcbergeht und sich beim Erkalten ausscheidet. Durch Aether befreit man es vom Cholesterin, durch Aufl\u00f6sen in Alkohol bei 60\u00b0 von beigemengten Barytsalzen, deren letzte Spuren durch Waschen des Cerebrins mit kohlens\u00e4urehaltigem Wasser und Umkrystallisiren aus Alkohol entfernt werden k\u00f6nnen. Das so erhaltene Cerebrin ist anscheinend ganz homogen; wird es aber aus Alkohol umkrystallisirt und die Mutterlauge vorsichtig verdunsten gelassen, so scheiden sich aus derselben am Rande feine Bl\u00e4ttchen, oder auch schon beim blossen l\u00e4ngeren Stehen gallertartige Fetzen aus, welche kein Cerebrin sind. Daher muss das wie oben angegeben dargestellte Cerebrin zur v\u00f6lligen Reinigung noch so oft aus Alkohol umkrystallisirt werden, bis die erw\u00e4hnten Verunreinigungen aus der Mutterlauge verschwunden sind, was erst nach 20 \u2014 30 Krystallisationen erreicht wird (Parcus).\nDas auf diese Weise v\u00f6llig gereinigte Cerebrin stellt getrocknet ein sclmeeweisses Pulver dar, welches sich in kochendem Alkohol leicht, in kaltem schwer l\u00f6st und unter dem Mikroskope als aus durchsichtigen, sehr schwach anisotropen K\u00fcgelchen bestehend erscheint. In heissem Aceton, Chloroform, Benzol, Eisessig ist es l\u00f6slich, nicht aber in Aether; in heissem Wasser quillt es etwas auf,\n1\tGeoghegan, Ztschr. f. physiol. Chemie. III. S. 332.\n2\tP arcus, Journ. f. pract. Chemie. (2) XXIV. S. 310.","page":581},{"file":"p0582.txt","language":"de","ocr_de":"582 Dbechsel, Chemie d. Absonderungen u. d. Gewebe. 4. Cap. Gehirn u. Nerven.\nohne jedoch einen Kleister zu bilden, und setzt sich beim Erkalten in Flocken ab. Im Reagensrohr vorsichtig \u00fcber einer kleinen Flamme erhitzt, schmilzt es ohne Zersetzung; versucht man aber in gew\u00f6hnlicher Weise den Schmelzpunkt zu bestimmen, so f\u00e4rbt es sich bei 145\u00b0 gelb, bei 160\u00b0 unter beginnendem Schmelzen stark braun und schmilzt bei 170\u00b0 zu einer braunen Fl\u00fcssigkeit. Bei der trocknen Destillation giebt es ein braunes Oel, und eine beim Erkalten kristallinisch erstarrende Substanz neben einer w\u00e4ssrigen nach Caramel riechenden, sauer reagirenden Fl\u00fcssigkeit; letztere enth\u00e4lt eine Kupferoxyd in alkalischer L\u00f6sung reducirende Substanz (Parcus). Mit Salzs\u00e4ure gekocht liefert Cerebrin ebenfalls eine FEHLiNG\u2019sche L\u00f6sung beim Kochen reducirende Substanz, welche nach Geoghegan eine S\u00e4ure ist. In conc. Schwefels\u00e4ure l\u00f6st sich Cerebrin zun\u00e4chst ohne st\u00e4rkere F\u00e4rbung; allm\u00e4hlich wird die L\u00f6sung durch Wasseranziehung purpurroth bis violett und endlich schwarz, wobei sich zugleich eine fasrige Masse ausscheidet. Durch Waschen mit Wasser und L\u00f6sen in Aether kann dieselbe gereinigt werden ; sie ist weiss, sehr leicht in Chloroform und Aether l\u00f6slich, schmilzt bei 62\u201465\u00b0, und giebt, mit Kalihydrat geschmolzen, unter Wasserstoff- und Grubengasentwicklung Palmitins\u00e4ure. Geoghegan nennt diese Substanz Cetylid und giebt ihr die Formel GnHnOh. Mit conc. Salpeters\u00e4ure gekocht verwandelt sich Cerebrin unter Gelbf\u00e4rbung und Gasentwicklung in ein auf der heissen Fl\u00fcssigkeit schwimmendes Oel, welches in der K\u00e4lte amorph erstarrt, und vermuthlich Palmitins\u00e4ure ist (M\u00fcller, Geoghegan). Parcus fand f\u00fcr sein vollst\u00e4ndig gereinigtes Cerebrin folgende Zusammensetzung: 69.08% C; 11.47% //; 2.13% A, woraus sich folgende drei Formeln ableiten lassen:\nCio H\\ 40 A2 0\\z ; Ci 6 H\\ 5 4 7\\ 2 Oi 4 und Cso/Zi go A 2 % 5, zwischen denen aber vorl\u00e4ufig noch keine Entscheidung m\u00f6glich ist. Das Phrenosin Thudichum\u2019s ist unreines Cerebrin.\nAnmerkung. In der soeben erschienenen 5. Aull, seines Handbuches der physiologisch - und pathologisch - chemischen Analyse spricht Hoppe-Seyler S. 192 die Yermuthung aus, dass bei der von Parcus befolgten Darstellungsweise des Cerebrins eine Verunreinigung desselben mit den aus der Zersetzung des ganzen Lecithins im Gehirn resultirenden Barytverbindungen von Stearin-, Palmitin- und Oels\u00e4ure, vielleicht auch von etwas Eiweissstoff geschehen sei, und dass in diesen Verunreinigungen, welche in heissem Alkohol sich mehr als in kaltem l\u00f6sen, vielleicht die Ursache der Differenz der Resultate von Parcus und Geoghegan zu suchen sei (letzterer fand im Mittel: 68.7 4 % C, 10.91% H und 1.44% A). Wenn Hoppe-Seyler die beiden Arbeiten von Geoghegan und Parcus nochmals mit Aufmerksamkeit lesen und die beiderseitigen Darstellungsmethoden (dieselben sind oben gen\u00fcgend ausf\u00fchrlich wiedergegeben) vergleichen","page":582},{"file":"p0583.txt","language":"de","ocr_de":"Homocerebrin. Enkephalin.\n583\nwollte, so w\u00fcrde er finden, was ihm bisher entgangen zu sein scheint, dass Beide das Gehirn mit Alkohol gekocht und das Lecithin mit Barytwasser zersetzt haben, dass mithin seine Einwendungen ebenso gut aut Geoghegan\u2019s Arbeit wie auf die von Parc\u00fcs anwendbar sind; er w\u00fcrde aber auch weiter finden, dass Parc\u00fcs die gr\u00f6sste Sorgfalt darauf verwendet hat, sein Pr\u00e4parat von Barytsalzen und anderen Verunreinigungen zu befreien, w\u00e4hrend Geoghegan dar\u00fcber kein Wort weiter verliert, als dass er an-giebt, den \u00fcbersch\u00fcssigen Baryt durch Kohlens\u00e4ure gef\u00e4llt zu haben, eine im vorliegenden Falle ganz ungen\u00fcgende Operation. H\u00e4tte Geoghegan sein Cerebrin \u00f6fters aus Alkohol umkrystallisirt und die Mutterlaugen auf Fremdk\u00f6rper untersucht, so w\u00fcrde er unzweifelhaft das Homocerebrin ebenfalls gefunden und in seiner Abhandlung erw\u00e4hnt haben. Bez\u00fcglich der Eiweissk\u00f6rper will ich hier noch ausdr\u00fccklich anf\u00fchren, dass ich die noch in meinem Besitze befindlichen Pr\u00e4parate von Parc\u00fcs durch Kochen mit Millon\u2019s Reagens darauf gepr\u00fcft habe, aber auch nicht die leiseste Spur einer Rothf\u00e4rbung daran habe wahrnehmen k\u00f6nnen. F\u00fcr den unbefangenen Beurtheiler kann hiernach kein Zweifel dar\u00fcber aufkommen, dass ParcFs das reinste Pr\u00e4parat unter den H\u00e4nden gehabt hat.\nB) Homocerebrin und Enkephalin.\nAus dem rohen Cerebrin hat Parc\u00fcs1 noch zwei Substanzen zu isoliren vermocht, welche dem Cerebrin sehr nahe verwandt sind, und welche er als Homocerebrin und Enkephalin bezeichnet. Die Trennung aller drei K\u00f6rper gelingt nur durch sehr h\u00e4ufiges Urnkry-stallisiren aus Alkohol und Aether, wor\u00fcber das N\u00e4here in der citir-ten Abhandlung nachzusehen ist.\nDas Homocerebrin scheidet sich aus der heissen alkoholischen L\u00f6sung niemals in k\u00f6rnigen Gebilden, wie das Cerebrin, sondern als gallertartige Masse aus, die concentrirtere L\u00f6sungen vollst\u00e4ndig erstarren macht. Unter dem Mikroskope erscheint es in sch\u00f6nen \u00e4us-serst feinen Nadeln krystallisirt ; gegen L\u00f6sungsmittel verh\u00e4lt es sich wie Cerebrin, ist aber in Alkohol leichter l\u00f6slich wie dieses und scheidet sich auch langsamer aus. Beide bilden \u00fcbrigens damit \u00fcbers\u00e4ttigte L\u00f6sungen; als je 1 g Cerebrin und Homocerebrin in je 500 cc Alkohol gel\u00f6st worden waren, fanden sich in der Mutterlauge gel\u00f6st:\nnach\tnach\tnach\tnach\n10 Stunden weiter 1 Tag weiter 8 Tagen weiter S Tagen\n1 Th. Cerebrin in 2688 Th. 4956 Th.\t9912 Th.\t12200 Th. Alkohol\n1 Th. Homocerebrin in 592 *\t1043 -\t1800 *\t1934 *\t=\nMit Wasser gekocht quillt es auf, giebt aber keinen Kleister; beim Erhitzen verh\u00e4lt es sich wie Cerebrin, zersetzt sich aber etwas leichter als dieses. Es ist ebensowenig hygroskopisch wie Cerebrin dieses nimmt an feuchter Luft ca. 2\u00b0/o an Gewicht zu), giebt beim\n1 T arcus, a. a. O.","page":583},{"file":"p0584.txt","language":"de","ocr_de":"584 Drechsel, Chemie d. Absonderungen u. d. Gewebe. 4. Cap. Gehirn u. Nerven.\nKochen mit Salzs\u00e4ure ebenfalls eine FEHLixcdscke L\u00f6sung reduciren-den K\u00f6rper. Seine Menge im Gehirn betr\u00e4gt nur etwa p4 von der des Cerebrins. Die Zusammensetzung des Homocerebrins fand Par-cus zu: 70.06\u00b0/o G\\ 11.595% H; 2.23% A (im Mittel), woraus sich die Formeln: 670^138^2 0\\ 2, C70//152 AV%3 und Cs 0 /Ass Ah Cd 4 berechnen lassen; ob es mit Cerebrin homolog ist oder durch einen Mindergehalt an Wasser sich von demselben unterscheidet, muss noch N dahingestellt bleiben. Das Kerasin Thudichum\u2019s ist unreines Iio-mocerebrin.\nDas Enkephalin ist nur in sehr geringer Menge im Gehirn vorhanden; es krystallisirt, wenn ganz rein, aus verdunstenden L\u00f6sungen in leicht gekr\u00fcmmten sch\u00f6nen Bl\u00e4ttchen aus, vermag auch mit Alkohol eine Gallerte zu bilden. Mit Wasser gekocht bildet es einen vollst\u00e4ndigen Kleister, der auch nach dem Erkalten fortbesteht. Gegen Salzs\u00e4ure verh\u00e4lt es sich \u00e4hnlich wie Cerebrin und Homocerebrin ; Parcus h\u00e4lt es f\u00fcr m\u00f6glich, dass es ein Zersetzungs-product derselben sei, da diese mit Barytwasser oder Salzs\u00e4ure kurze Zeit gekocht eine kleine Menge einer in Bl\u00e4ttchen krystallisirenden Substanz geben. Die Analyse ergab im Mittel: 68.40% C\\ 11.60% H und 3.09% A\u201d, woraus man die Formel Ci 02/T206 Ad Oi9 ableiten kann.\nC) Neurokeratin.\nNach Aug. Ewald und K\u00fchne 1 enthalten Gehirn und markhaltige Nervenfasern (nicht aber die marklosen der Retina und des 01-factorius) eine horn\u00e4hnliche Substanz in bedeutender Menge (15\u201420% des trocknen, mit Alkohol und Aether ersch\u00f6pften Hirnpulvers), welche sie Neurokeratin nennen und auf folgende Weise darstellen. Von H\u00e4uten m\u00f6glichst befreites Hirn wird zerkleinert und v\u00f6llig mit Alkohol und Aether ersch\u00f6pft, dann mit Wasser ausgekocht, mit Pepsin verdaut, der R\u00fcckstand ausgewaschen, erst mit salicylsaurer, dann mit alkalischer Trypsinl\u00f6sung verdaut, ausgewaschen, mit kalter, dann mit keisser Sodal\u00f6sung, endlich mit 0.5% Natronlauge ersch\u00f6pft; hierauf mit Essigs\u00e4ure vom Alkali befreit und nochmals mit Alkohol und Aether ausgezogen. Das so erhaltene Neurokeratin ist ein leicht gelbliches, sehr hartes Pulver, unl\u00f6slich in kalter Schwefels\u00e4ure und Kalilauge; es giebt mit verd\u00fcnnter Schwefels\u00e4ure gekocht viel mehr Tyrosin und weniger Leucin als Eiweissstoffe. Beim Erhitzen riecht es nach verbranntem Horn und hinterl\u00e4sst 1.6% Asche; es enth\u00e4lt 2.93 % S. \u2014\n1 Ewald u. K\u00fchne, Verhandl. d. naturh. med.Ver. zu Heidelberg. 1. Heft. S. 5 ; Maly's Jahresber. 1877. S. 302.","page":584},{"file":"p0585.txt","language":"de","ocr_de":"Gehirn und Nerven.\n585\nQuantitative Analysen der Gehirn* und Nervenmasse liegen in bedeutender Anzahl vor, allein die \u00e4lteren unter ihnen haben so gut wie keinen Werth, und auch die neueren k\u00f6nnen nur mit Vorbehalt angenommen werden. Einerseits besitzen, was fr\u00fcher \u00fcbersehen worden, die verschiedenen Hirntheile nicht die gleiche Zusammensetzung, und andererseits sind noch keine Methoden zur Trennung und Bestimmung der einzelnen organischen Bestandtheile der Hirn- und Nervenmasse bekannt. Daher verdienen nur Bauschanalysen des ge-sammten Gehirns (nur getrennt in graue und weisse Substanz) Vertrauen, und die Bezeichnungen Lecithin, Cholesterin, Cerebrin bedeuten nur \u201eLecithin aus der Menge des in Aether und Alkohol gel\u00f6sten Phosphors berechnet\u201c, \u201eCholesterin der nach Abzug des Lecithins bleibende Piest von Aetherextractund \u201eCerebrin die aus heissem Alkohol auskrystallisirenden, in der K\u00e4lte darin unl\u00f6slichen Substanzen\u201c \u2014 also immer Gemenge. Eine ausf\u00fchrliche Zusammenstellung der Ergebnisse \u00e4lterer Analysen findet sich in Schlossberger, Allgemeine und vergleichende Thierchemie. I. 2. Abth. S. 48 fg. Der Wassergehalt des menschlichen Gehirns wurde von Weissbach 1 zu 83.36\u201484.78\u00b0o in der grauen und 68.31\u201472.61 % in der weissen Substanz bei erwachsenen M\u00e4nnern, bei erwachsenen Weibern zu resp. 82.62\u201483.95 9 o und 68.29\u201472.20% gefunden, und zwar mit dem Alter steigend. Bernhardt- fand im menschlichen Cervical-mark im Mittel 73.05% Wasser, im Lendenmark 76.04%, in der Hirnrinde 85.86 \u00b0 o, in der weissen Substanz 70.08%, in der Medulla oblongata 73.9%, im Sympathicus 64.30%. Petrowski 3 fand bei der Analyse der grauen und weissen Masse m\u00f6glichst frischen Rinderhirns folgende Werthe:\nBestandtheile\tgraue Substanz %\tweisse Substanz %\nW asser\t Fester R\u00fcckstand\t Albuminstoffe -f- Glutin\t Lecithin\t Cholesterin\tFette\t Cerebrin\t in wasserfreiem Aether unl\u00f6sliche Substanz . Salze\t\tI 81.60\t68.35 18.40; darin: 31.65; darin: 55.37\t24.73 17 24\t9.90 18.68\t51.91 0.53\t9.55 6.71\t3.34 1.45\t0.57\t\n1\tWeis.'B\u00e0ch, Hoppe-Setler, Physiol. Chemie. S. 674.\n2\tBernhardt, Arch. f. pathol. \u00c2nat. LXIY. S. 297 ; Maly\u2019s Jahresber. 1875. S. 204.\n3\tPetrowski, Arch. f. d. ges. Physiologie. VII. S. 367.","page":585},{"file":"p0586.txt","language":"de","ocr_de":"586 Drechsel, Chemie d. Absonderungen u. d. Gewebe. 5. Cap. Ger\u00fcstsubstanzen.\nDie unmittelbar aus Hirnmasse dargestellte Asciie reagirt stark sauer, weil der gr\u00f6sste Theil des Phosphors vom Lecithin als Phosphors\u00e4ure mit darin enthalten ist; Geoghegan1 entfernte deshalb dieses zuerst aus der Gehirnsubstanz (vom Menschen) und \u00e4scherte dann ein (s. die Details im Original). Die Asche des Wasser- und mit Aether vom Lecithin befreiten Alkoholextractes reagirte nun alka-lisch und enthielt Carbonate. Er fand in 100 g frischen Gehirns\n(Anal. L):\nSOaK-2...............0.411\nKCl..................2.524\nKiIIPOa ....\t0.266\n6(73 P 2 Ch..........0.013\nMg IIP O a ....\t0.0S4\nNmHPOi ....\t1.752\nA (/2 CO~\u00e0...........1.148\nzuviel CO-3 ....\t0.082\nFcP-iCK..............0.010\n\u201d6.290\nF\u00dcNFTES CAPITEL\nGer\u00fcstsubstanzeii.\nUnter der Bezeichnung Ger\u00fcstsubstanzen pflegt man eine Anzahl verschiedener Gewebe zusammenzustellen, die dem Anscheine nach, ganz besonders in chemischer Hinsicht, sehr wenig mit einander zu thun haben. Der Hauptgrund f\u00fcr ihre Vereinigung ist denn auch ein physiologischer, insofern alle diese Gewebe im Thierreich dieselbe Bestimmung erf\u00fcllen, n\u00e4mlich die festen Theile des K\u00f6rpers zu bilden, oder doch, nach dem Austritt aus dem K\u00f6rper, ein festes Gewebe zu liefern, welches dem Tliiere zum Schutz gegen die Aussen-welt oder zum Anheften an feste Gegenst\u00e4nde dient (Seide, Byssus). Alle Substanzen dieser Kategorie sind deshalb von grosser Unl\u00f6slichkeit, besonders in Wasser und den verd\u00fcnnten Salzl\u00f6sungen des Organismus; manche von ihnen widerstehen auch concentrirter Kalilauge und den nat\u00fcrlichen Verdauungss\u00e4ften. Ihre chemische Constitution ist im Ganzen noch wenig erforscht, doch lassen sich nach\n1 Geoghegan, Ztsclir. f. physiol. Chemie. I. S. 330.","page":586},{"file":"p0587.txt","language":"de","ocr_de":"Ger\u00fcstsubstanzen.\n587\nden Spaltungsproducten, welche sie mit verd\u00fcnnten S\u00e4uren liefern,\ninteressante Vergleiche anstellen.\nIn den Pflanzen hat man bisher nur stickstoflfreie Gei\u00fcstsub-stanzen aufgefunden, die Cellulose und ihre Verwandten; im Thierreich findet sich die Cellulose nur selten, doch soll von dieser, als der relativ einfachsten Substanz, hier ausgegangen werden. Je nach den Spaltungsproducten lassen sich folgende Gruppen aufstellen :\nI.\tGruppe: Stickstofffreie Kohlehydrate, welche bei der Spaltung Zucker geben:\nT uni ein oder thie rische Cellulose.\nII.\tGruppe: Stickstoffhaltige Derivate der Kohlehydrate, welche bei der Spaltung reducirende Substanzen (Zucker, Glvkosamin), aber keine Amidos\u00e4uren geben:\nChitin, Hyalin (?), Onuphin.\nIII.\tGruppe: Stoffe, welche bei der Spaltung keine reducirenden\nSubstanzen, aber Amidos\u00e4uren aus den Reihen der Ameisens\u00e4ure und der Malons\u00e4ure geben:\nGlutin (Chondrin), Spongin, Conchiolin.\nIV.\tGruppe: Stoffe, welche bei der Spaltung keine reducirenden Sub-\nstanzen, aber ausser den Amidofetts\u00e4uren auch noch Tyrosin liefern :\nKeratin, Elastin ('?), Fibroin, Sericin, Byssus(V).\nWie man sieht, unterscheiden sich die beiden ersten Gruppen durch ihre Spaltungsproducte scharf von den beiden letzten, so dass man versucht sein k\u00f6nnte, jede chemische Beziehung zwischen ihnen zu leugnen. Es ist indessen mehr als blos wahrscheinlich, dass man beim genaueren Studium der Gewebe niederer Thiere, namentlich der Mollusken u. s. w. noch Stoffe finden wird, welche bei der Spaltung sowohl reducirende Substanzen als auch Amidos\u00e4uren liefern; diese w\u00fcrden alsdann zwischen der zweiten und dritten Gruppe als Bindeglied einzuschalten sein. L\u00e4gen nicht Angaben vor, nach wel-chen das Chondrin ein Gemenge von Glutin und Mucin sein soll, so w\u00fcrde dieses ein Repr\u00e4sentent der gesuchten Gruppe sein, und bez\u00fcglich des Mucins selbst gilt das N\u00e4mliche; vielleicht geh\u00f6rt aber das Hyalin hierher.\nBei einem Vergleiche der Spaltungsproducte (inch der nicht erw\u00e4hnten, wie Ammoniak, Schwefelwasserstoff) der einzelnen Gruppen ergiebt sich, dass die Complicirtheit der Zusammensetzung bis zur vierten Gruppe steigt, und zwar bis zu demselben Grade, den wir bei den Eiweissk\u00f6rpern finden ; von besonderem Interesse erscheint","page":587},{"file":"p0588.txt","language":"de","ocr_de":"588 Drechsel, Chemie d. Absonderungen u. d. Gewebe. 5. Cap. Ger\u00fcstsubstanzen.\ndaher die Thatsache, dass die Glieder der beiden ersten Gruppen bisher ausschliesslich bei niederen Thieren aufgefunden worden sind, und dass Glutin, Keratin und Elastin haupts\u00e4chlich bei h\u00f6heren Thieren, besonders den Vertebraten, Vorkommen. Die Glieder der beiden letzten Gruppen stehen den Eiweissk\u00f6rpern sehr nahe; vielleicht haben sie eine ganz \u00e4hnliche Constitution wie diese und w\u00fcrden sich nur dadurch von ihnen unterscheiden, dass in der dritten Gruppe das Tyrosin fehlt und in der vierten theils Schwefel in gr\u00f6sserer Menge (Keratin) als in den Eiweissk\u00f6rpern enthalten ist oder fehlt (Elastin, Fibrom, Sericin), theils Amidos\u00e4uren vorhanden sind, welche im Eiweiss fehlen (Elastin, Fibrom, Sericin). Ueberhaupt ist zu beachten, dass der Schwefel im Eiweiss und im Keratin in zw^ei verschiedenen Verbindungsformen enthalten ist: ein Theil spaltet sich beim Kochen mit Alkalien als Schwefelmetall ab und wird dabei ohne Zweifel durch Sauerstoff ersetzt, und ein anderer Theil bleibt unter diesen Umst\u00e4nden im Molek\u00fcl unangetastet, ist also wahrscheinlich schon mit Sauerstoff verbunden als Thionyl (80)11 oder Sulfuryl (SO2)11 vorhanden.\n1. Gruppe: Stickstofffreie Kohlehydrate, welche bei der Spaltu/ty\nZucker geben.\nTunicin, thierische Cellulose.\nIm Mantel der Tunicaten wurde zuerst von C. Schmidt1 das Vorkommen von Cellulose nachgewiesen, welche von Berthelot'2 sp\u00e4ter als Tunicin von der Pflanzencellulose unterschieden wurde. Nach Sch\u00e4fer3 kocht man zur Darstellung derselben Tunicatenm\u00e4ntel mit Wasser einige Tage lang im PAPiN\u2019schen Topf, hierauf l\u00e4ngere Zeit mit verd\u00fcnnter Salzs\u00e4ure, dann mit conc. Kalilauge und laugt sie schliesslich mit kochendem Wasser v\u00f6llig aus.\nDie thierische Cellulose, Tunicin, bildet eine durchscheinende weisse, in d\u00fcnnen Schichten selbst durchsichtige, farblose, papier\u00e4hnliche Masse von der Form der Tunicatenm\u00e4ntel. Sie hat dieselbe Zusammensetzung wie die Pflanzencellulose {C : 44.09 \u00b0/o, II: 6.32%, Sch\u00e4fer), demnach die Formel: (CoIhoObff. In ihrem Verhalten stimmt sie nach Sch\u00e4fer ganz mit Pflanzencellulose \u00fcberein ; sie l\u00f6st sich wie diese in Kupferoxydammoniak und wird durch\n1\tC. Schmidt, Zur vergl. Physiologie d. Wirbellosen. S. 62 ; s. a. Schlossberger, Allgem. u. vergleich. Thierchemie. S. 251.\n2\tBerthelot, Ann. d. chim. et phys. (3) LVI. p. 149.\n3\tSchafer, Ann. d. Chemie u. Pharm. CLX. S. 312.","page":588},{"file":"p0589.txt","language":"de","ocr_de":"Tunicin. Chitin.\n589\nS\u00e4uren wieder flockig amorph gef\u00e4llt (welches Verhalten Fran-CfflMONT1 zur Reinigung benutzt), f\u00e4rbt sich mit Jod und conc. Schwefels\u00e4ure blau; wird durch conc. Salpeters\u00e4ure in einen Salpeters\u00e4ure\u00e4ther verwandelt, der in Aetheralkohol klar l\u00f6slich ist, beim Verdunsten der L\u00f6sung eine collodion\u00e4hnliche Haut giebt und beim Erhitzen verpufft; mit verd\u00fcnnter Schwefels\u00e4ure gekocht giebt sie Zucker. Letzterer ist krystallisirbar, rechtsdrehend, und h\u00f6chstwahrscheinlich mit Dextrose identisch (Franchimont). Nach Ber-tiielot soll die thierisehe Cellulose gegen S\u00e4uren widerstandsf\u00e4higer sein, wie vegetabilische, auch in der K\u00e4lte nicht wie letztere durch Fluorborgas verkohlt werden; doch k\u00f6nnen diese Unterschiede in einer gr\u00f6sseren Dichte der Thiercellulose begr\u00fcndet sein. Ueber ihre Bildung im Organismus der Tunicaten ist noch nichts bekannt.\n2. Gruppe: Stickstoffhaltige Derivate der Kohlehydrate, welche bei der Spaltung redueirende Substanzen (Zucker, Glykosamin), aber keine\nAmidos\u00e4uren geben.\nA) Chitin.\nDas Chitin findet sich bei den niederen Thieren sehr verbreitet ; die Panzer, \u00fcberhaupt die festen Theile der Insecten, Crustaceen, bestehen haupts\u00e4chlich daraus (Odier -) , es kommt aber auch noch bei anderen Ordnungen der Wirbellosen vor, z. B. in den Schalen von Lingula anatina Lam. (Schmiedeberg1 2 3), vielleicht in Gemeinschaft mit albumino\u00efden Substanzen. Zur Darstellung benutzt man entweder Maik\u00e4fer oder Hummerpanzer, welche man nacheinander mit verd\u00fcnnter Salzs\u00e4ure, Kalilauge, Alkohol und Aether auskocht; den so erhaltenen R\u00fcckstand kann man, um ihn v\u00f6llig von Asche zu befreien, in kalter, v\u00f6llig ges\u00e4ttigter Salzs\u00e4ure aufl\u00f6sen und durch Wasserzusatz in Flocken ausf\u00e4llen.\nDas Chitin ist eine schneeweisse, amorphe Masse, welche in der Regel noch vollst\u00e4ndig die Form des K\u00f6rpertheils, aus dem sie dargestellt, besitzt und dabei mehr oder weniger durchscheinend ist. In W asser, Alkohol, Aether, verd\u00fcnnten S\u00e4uren und Alkalien ist es selbst beim Kochen unl\u00f6slich ; in conc. Salzs\u00e4ure und Schwefels\u00e4ure l\u00f6st es sich in der K\u00e4lte zun\u00e4chst unver\u00e4ndert und wird in dieser L\u00f6sung nur sehr langsam etwas zersetzt, schneller beim Erhitzen,\n1\tFranchimont. Her. d. deutsch, chem. Ges. XII. S. 193S.\n2\tOdier, Berzelius. Jahresber. IV. S. 247 ; s. a. Schlossberger. Versuch einer allgem. u. vergleich Thierchemie. S. 225.\n3\tSchmiedeberg. Mitth. a. d. zool. Stat. zu Neapel. 1S82. S. 392.","page":589},{"file":"p0590.txt","language":"de","ocr_de":"590 Drechsel, Chemie d. Absonderungen u. d. Gewebe. 5. Cap. Ger\u00fcstsubstanzen.\nwobei ein Glykosaminsalz neben schwarzen schmierigen Massen, sowie Butters\u00e4ure und Essigs\u00e4ure entstehen (Ledderhose1 2, Sundwik-). Beim Erhitzen verkohlt es in h\u00f6herer Temperatur ohne zu schmelzen. Mit Kali geschmolzen liefert es Ammoniak, Essigs\u00e4ure, Butters\u00e4ure und Oxals\u00e4ure. Mit Salpeterschwefels\u00e4ure giebt es einen in Wa sser unl\u00f6slichen, explodirbaren Salpeters\u00e4ure\u00e4ther (Sundwik). Chitin wird weder durch Pepsin noch durch Trypsin verdaut.\nDas erw\u00e4hnte Spaltungsproduct des Chitins, das Glykosamin: CkHnNOb, erh\u00e4lt man am besten auf die Weise, dass man Hummerpanzer mit verd\u00fcnnter Salzs\u00e4ure extrahirt, mit Wasser w\u00e4scht, und hierauf solange mit conc. Salzs\u00e4ure erhitzt, bis sich an der Oberfl\u00e4che der Fl\u00fcssigkeit eine reichliche krystallinische Ausscheidung zeigt; dann l\u00e4sst man m\u00f6glichst rasch unter Umr\u00fchren erkalten, saugt die Krystalle ab, w\u00e4scht sie mit etwas Weingeist und reinigt sie durch Umkrystallisiren (Ledderhose). Das so erhaltene salzsaure Glykosamin: QHizNOb \u2022 HCl bildet ganz farblose, harte, hellglitzernde Krystalle, ist luftbest\u00e4ndig, zersetzt sich nicht bei 100\", l\u00f6st sich in Wasser sehr leicht, in Alkohol sehr schwer, in Aether nicht; es schmeckt anfangs s\u00fcss, dann bitter salzig. Es ist rechtsdrehend; die spec. Drehung ist unabh\u00e4ngig von der Temperatur, abh\u00e4ngig von der Concentration; [c(]D = + 69\u00b0.54 f\u00fcr eine 10\u201416.5 proc. L\u00f6sung. Mit Alkalien gekocht wird aller Stickstoff als Ammoniak ausgetrieben; auch bildet sich Milchs\u00e4ure und Brenzkatechin. Beim Kochen mit FEHLiNG\u2019scher L\u00f6sung reducirt Glykosamin das Kupferoxyd in demselben Verh\u00e4ltnisse wie Glykose; es ist nicht direct g\u00e4hrungsf\u00e4hig. Mit Platinchlorid verbindet sich das salzsaure Glykosamin nicht. Aus dem krystallisirbaren schwefelsauren Salz kann das Glykosamin durch Baryt in Freiheit gesetzt werden; es krystal-lisirt in K\u00f6rnchen und Nadeln, ist in Wasser leicht, in Alkohol schwer l\u00f6slich, reagirt neutral. Versetzt man salzsaures Glykosamin mit salpetrigsauren Salzen, so entweicht Stickstoff, und es entsteht ein K\u00f6rper Ce Hi 2 Og nach der Gleichung:\nCe Hi 1 Ob \u2022 NH2 \u2022 HCl -}- KO IS 0 = Ce H\\ 1 O5 \u2022 OH -f- A 2 -f- Hi 0.\nDerselbe reducirt zwar ebenfalls FEHLiNG\u2019sche L\u00f6sung, ist aber doch nicht mit Glykose identisch, da er nicht g\u00e4hrungsf\u00e4hig ist.\nDie Zusammensetzung und Constitution des Chitins ist noch nicht mit Sicherheit festgestellt. Ledderhose berechnete aus seinen Ana-\n1\tLedderhose, Ztscbr. f. physiol. Chemie. II. S. 213, IV. S. 139.\n2\tSundwik, Ebenda. V. S. 384.","page":590},{"file":"p0591.txt","language":"de","ocr_de":"Chitin. Hyalin.\n591\nlysen die Formel CiaH-iaN-iOio, und dr\u00fcckte die Entstehung des Gly-kosamins durch folgende Gleichung aus:\n2 Gi5Ilia A2Oio -f- 6 HiO = 4 CaIIvi N0-0\t3 C\u00eeIhOi.\nEr betrachtete also die Essigs\u00e4ure als gleichzeitig mit dem Glyko-samin und direct aus dem Chitin entstanden. Sundwik hat dagegen neuerdings eine andere Ansicht ausgesprochen, dass n\u00e4mlich die bei der erw\u00e4hnten Spaltung stets beobachteten humusartigen Substanzen, Butters\u00e4ure und Essigs\u00e4ure, nicht prim\u00e4r, sondern seeund\u00e4r aus neben dem Glykosamin gebildeter Glykose entstehen; er giebt dem Chitin die allgemeine Formel: Ca a \u00a3/ioo As 6% -f- nlh\u00f6, in welcher der Werth von n zwischen 1 und 4 schwanken kann. Eine St\u00fctze f\u00fcr diese Ansicht tindet er in dem Umstande, dass die verschiedenen Chitinanalysen zwar nicht untereinander, aber stets mit der Zusammensetzung eines der nach dieser Formel m\u00f6glichen Hydrate \u00fcbereinstimmen. Ledderhose z. B. fand bei seinen Analysen eine Gruppe von Pr\u00e4paraten, welche 45.04\u201445.10% C enthielten, und eine andere mit 45.82\u201446.18% C, aber keine mit dazwischen liegenden Werthen. Sundwik giebt f\u00fcr die Spaltung des Chitins folgende Gleichung:\naoP/iooAsCss ~h 1411-2 0 \u2014 8 CaII\\ 3 A % -j- 2 Ca II12 Oa ; nach seinen Beobachtungen scheinen auch noch dextrinartige Zwi-schenproducte aufzutreten. Hiernach w\u00fcrde sich also das Chitin als ein Amidoderivat der Glykose bez. des Glykogens betrachten lassen, dessen Bildung nach folgender Gleichung geschehen k\u00f6nnte:\nCa a #100 C50 -f- 8 NIh = Gso II\\ oo-Ar8 6% + 12 //> 0.\n(10 Mol.) Glykogen\tChitin.\nUeber die Bildung des Chitins im Organismus ist noch nichts bekannt.\nB) Hyalin.\nBeim Behandeln der H\u00fcllen der Echinococcuss\u00e4cke mit Wasser, Alkohol und Aether bleibt nach L\u00fccke 1 eine eigenthiimliche, chitin\u00e4hnliche Substanz zur\u00fcck, welche, nach Abzug von 15.8% Asche,\n,0\nbei der Analyse folgende Werthe gab: junge Blasen: 44.07% C; 6.71 \u00b0/o II; 4.48%\nA ; \u00e4ltere Blasen: 45.34% C; 6.54% //; 5.16% N\nDiese Substanz, das Hyalin, liefert beim Kochen mit verd\u00fcnnter Schwefels\u00e4ure eine FEHLiNG\u2019sche L\u00f6sung reducirende Fl\u00fcssigkeit; mit Wasser auf 150\u00b0 erhitzt, l\u00f6st sie sich auf, und die L\u00f6sung giebt mit Alkohol, Bleiessig; salpetersaurem Quecksilberoxyd, nicht aber mit Gerbs\u00e4ure, Sublimat, Blutlaugensalz Niederschl\u00e4ge.\n1 L\u00fccke, Arch. f. pathol. Anat. XIX. S. 230. \u2014 Henle u. Meissner. Jahresber. I860. S. 319.","page":591},{"file":"p0592.txt","language":"de","ocr_de":"592 Drechsel, Chemie d. Absonderungen u. d. Gewebe. 5. Cap. Ger\u00fcstsubstanzen.\nC) Onuphin.\nDie Wohnr\u00f6hren eines Ringelwurms, Onuplris tubicola M\u00fcllek, enthalten eine eigenth\u00fcmliche Substanz, das Onuphin, welches nach Schmiedeberg 1 auf folgende Weise dargestellt werden kann. Die lufttrocknen R\u00f6hren werden mit verd\u00fcnnter Salzs\u00e4ure ausgezogen und mit derselben S\u00e4ure durch Decantiren ausgewaschen (in Wasser findet starke Quellung statt), der R\u00fcckstand mit verd\u00fcnnter Kalilauge \u00fcbergossen, wobei sich ein Theil leicht l\u00f6st. Die tiltrirte L\u00f6sung wird mit Salzs\u00e4ure auges\u00e4uert (wobei kaum eine leichte Tr\u00fcbung entsteht) und mit 2\u20143 Vol. Alkohol gef\u00e4llt; der v\u00f6llig weisse flockige Niederschlag wird mit Alkohol ausgewaschen. So dargestellt (und \u00fcber Schwefels\u00e4ure getrocknet) bildet das Onuphin eine weisse, an Thonerde erinnernde Masse, welche sich in Wasser leicht und v\u00f6llig klar l\u00f6st, aus der L\u00f6sung durch Alkohol aber erst nach Zusatz von etwas Salzs\u00e4ure gef\u00e4llt wird. Sie giebt keine Albumino\u00efdreactionen, ist stickstoffhaltig, l\u00f6st sich in conc. Schwefels\u00e4ure und Salzs\u00e4ure und reducirt nach st\u00e4rkerem Kochen dieser vorher mit Wasser verd\u00fcnnten L\u00f6sungen leicht alkalische Kupferl\u00f6sung; blosses Kochen mit verd\u00fcnnten S\u00e4uren liefert keine reducirende Fl\u00fcssigkeit. Die Substanz enth\u00e4lt noch 10\u201415\u00b0/o Asche, welche fast nur aus saurem phosphorsaurem Kali besteht, sie ist demnach vermuthlicli eine Verbindung von Onuphin mit diesem Salze. Die L\u00f6sung wird weder durch Gerbs\u00e4ure noch durch Sublimat gef\u00e4llt, wohl aber durch Salze der Erdalkalien und vieler schwerer Metalle, z. B. Eisenchlorid; die Niederschl\u00e4ge sind Verbindungen von Onuphin mit den betreffenden Phosphaten nach wechselnden Verh\u00e4ltnissen, und in Essigs\u00e4ure, die Eisenverbindung auch in Salzs\u00e4ure unl\u00f6slich. Die Analyse f\u00fchrt zu Formeln wie:\n(G4F/43A Oi s )'2 -f~ 3 (Fei I~Iv, P\\ Oie) -p- l\u00f6TDO; G4/T43 A Dis -f-4 Ca HPO\\ (bei 100\u00b0 im Vacuum getrocknet).\nDas freie Onuphin hat demnach die Formel GuHw NOi% ; es ist ein Derivat der Kohlehydrate. Werden die mit Salzs\u00e4ure ausgezogenen R\u00f6hren mit Wasser auf 120\u2014130\u00b0 erhitzt, so entsteht ein stickstofffreier, dextrin\u00e4hnlicher K\u00f6rper, welcher erst nach dem Kochen mit verd\u00fcnnten S\u00e4uren FEHLiNG\u2019sche L\u00f6sung reducirt; durch Jod wird es nicht gebr\u00e4unt. Ausserdem entsteht noch eine geringe Menge einer alkalische Kupferl\u00f6sung reducirenden Substanz, sowie vermuth-lich eine Amidos\u00e4ure, welche entweder aus dem Onuphin oder aus\n1 Schmiedeberg. Mitth. a. d. zool. Stat. zu Neapel. IS82. Heft 3. S. 373.","page":592},{"file":"p0593.txt","language":"de","ocr_de":"Onuphin. Collagen. Glutin.\n593\neinem in den R\u00f6hren enthaltenen Albuminoid stammt. Auch bei der Zersetzung von Onuphin mit Schwefels\u00e4ure entsteht eine in Aether l\u00f6sliche, anscheinend stickstofffreie Saure, neben anderen Producten. Vielleicht muss die Formel des Onuphins geschrieben werden:\nCe Hi 2 ( Ci s Ih l Oi 5 ) A 0\u2018i.\nDie ganzen Onuphisr\u00f6hren scheinen haupts\u00e4chlich aus einer Verbindung von der Formel:\nC24 Ha 3 NO\\ 8 + CallPOi + 4 MgHPO* + 22 HiO zu bestehen. Ausserdem enthalten sie in geringer Menge ein Album in o\u00efd, welches in verd\u00fcnnter Kalilauge unl\u00f6slich ist (s. 0.), und durch abwechselndes Ausziehen mit Salzs\u00e4ure, verd\u00fcnnter Kalilauge und Decantiren mit Wasser vom Onuphin befreit werden kann. Es ist eine papier-m\u00e2ch\u00e9-artige Masse, giebt die Biuret-, Xanthoprotein- und MiLLON\u2019sche Reaction, schw\u00e4rzt sich beim Kochen mit alkalischer Bleil\u00f6sung, giebt aber unter keinen Umst\u00e4nden eine Kupferoxyd reducirende Fl\u00fcssigkeit. Durch Pepsin in salzsaurer L\u00f6sung wird es nicht verdaut. Eine Analyse ergab: 45.35\u00b0/o C und 6.60% II (bei 100\u00b0 im Vacuum getrocknet).\n3. Gruppe: Stoffe, welche bei der Spaltung keine redueinenden Substanzen, aber Amido sauren aus den Reihen der Ameisens\u00e4ure und\nder Malons\u00e4ure geben.\nA) Collagen und Glutin (Leim).\nCollagen, leimgebendes Gewebe, ist im Thierreich ausserordentlich verbreitet. Es bildet den wesentlichen Bestandteil der Bindegewebsfibrillen der Wirbeltiere, und geniesst darum im K\u00f6rper derselben eine grosse Verbreitung; auch aus dem Fleische von Octopus und Sepiola konnte H\u00fcppe-SeyleiU Leim gewinnen, nicht aber von Maik\u00e4fern, Weinbergschnecken, Anodonta und Unio, und ebensowenig aus Amphioxus lanceolatus (Krukenberg gibt dagegen an, aus Amphioxus Leim erhalten zu haben 1 2). Man kann Collagen ziemlich rein erhalten durch Extraction von Knochen mit verd\u00fcnnter Salzs\u00e4ure, wobei es als durchscheinende weiche Masse von der Form des Knochens zur\u00fcckbleibt (Ossein); aus Sehnen durch Extraction derselben mit Kochsalzl\u00f6sung und darauf folgende Verdauung durch Trypsin in alkalischer L\u00f6sung, wobei sich die elastischen Fasern u. s. w. l\u00f6sen und die Bindegewebsfibrillen rein Zur\u00fcckbleiben (Ewald\n1\tHoppe-Seyler, Med.-chem. Unters. S. 5S6; s. a. Physiol. Chemie. S. 97.\n2\tKrukeyberg, Vergleichend physiol. Studien. V. Abt. S. 32.\nHandbuch der Physiologie. Bd V.\n3S","page":593},{"file":"p0594.txt","language":"de","ocr_de":"594 Drechsel, Chemie d. Absonderungen u. d. Gewebe. 5. Cap. Ger\u00fcstsubstanzen.\nlind K\u00fchne1). Leimgebendes Gewebe ist in Wasser unl\u00f6slich, ebenso in Salzl\u00f6sungen; in verd\u00fcnnten S\u00e4uren quillt es und ist in diesem Zustande sowohl f\u00fcr Pepsin, als auch f\u00fcr alkalische Trypsinl\u00f6sung verdaulich. Durch anhaltendes Kochen mit Wasser, schneller bei 120\u2014130\u00b0 und bei Gegenwart einer kleinen Menge S\u00e4ure l\u00f6st sich das leimgebende Gewebe zu einer L\u00f6sung von Leim ('Glutin) auf; Collagen verschiedenen Ursprungs zeigt hierbei Verschiedenheiten bez\u00fcglich der Schnelligkeit der Aufl\u00f6sung, theils wohl in Folge fremder Beimengungen (Ossein), theils wegen verschiedener physikalischer Beschaffenheit. Die so erhaltenen Leiml\u00f6sungen erstarren beim ruhigen Erkalten vollst\u00e4ndig zu einer je nach der Concentration mehr oder weniger steifen Gallerte; werden sie aber w\u00e4hrend des Erkaltens fortw\u00e4hrend gesch\u00fcttelt, so erstarren sie nicht, weil der Leim sich alsdann in kleinen kugeligen Massen abscheidet. Besonders rein erh\u00e4lt man den Leim aus sorgf\u00e4ltig gereinigtem Osse\u00efn oder aus Hausenblase.\nDer reine Leim ist farblos, in d\u00fcnnen Schichten durchsichtig; in kaltem Wasser ist er ganz unl\u00f6slich, quillt aber darin stark, und l\u00f6st sich beim Erhitzen leicht auf; die L\u00f6sung ist stark linksdrehend. In Alkohol, Aether, Fetten oder fl\u00fcchtigen Oelen ist er unl\u00f6slich; aus der w\u00e4ssrigen L\u00f6sung wird er durch Alkohol gef\u00e4llt. In verd\u00fcnnten S\u00e4uren, auch Essigs\u00e4ure, ist der Leim leicht l\u00f6slich, wird auch aus essigsaurer L\u00f6sung nicht durch Blutlaugensalz gef\u00e4llt; Alaun, Bleizucker, Eisensalze f\u00e4llen eine Leiml\u00f6sung nicht, wohl aber Sublimat, Metaphosphors\u00e4ure und Gerbs\u00e4ure. Durch Kochen mit MiLLON\u2019schem Reagens wird er nicht gef\u00e4rbt (Unterschied von Eiweiss und eigentlichen Albumino\u00efden). Beim Erhitzen schmilzt der Leim und giebt Veranlassung zur Entstehung einer grossen Anzahl verschiedener Verbindungen: Wasser, Ammoniak, Methylamin, Butylamin, Kohlens\u00e4ure, Cyanammonium; ferner besonders Pyrrhol (C4//5A7) und Derivate desselben: Homopyrrhol (65AZ7.V), Dimethyl-pyrrhol {CkH%N\\ Pyrocoll (CioLfeA^Cb); ausserdem noch kleine Mengen fl\u00fcssiger Kohlenwasserstoffe, Spuren von Phenol und anderen, nicht n\u00e4her untersuchten Producten, vielleicht Chinolin, aber sicher nicht von Pyridinbasen (Weidel und Ciamician2). Bei l\u00e4ngerem Kochen mit verd\u00fcnnten S\u00e4uren wird der Leim zersetzt unter Bildung von Glycocoll und Leucin, Tyrosin entsteht dabei nicht; Gaethgens3 fand\n1\tEwald u. K\u00fchne, Verhandl. d. naturh. med.Ver. zu Heidelberg. 1ST\". 1 .Heit. S. 5; Maly\u2019s Jahresber. 1877. S. 281.\n2\tWeidel u. Ciamician, Monatsh. f. Chemie. I. S. 279.\n3\tGaethgens, Ztschr. f. physiol. Chemie. I. S. 299.","page":594},{"file":"p0595.txt","language":"de","ocr_de":"Leim.\n595\nausserdem Asparagins\u00e4ure, Glutamins\u00e4ure (?) und andere Amidos\u00e4uren, deren Natur noch nicht mit Sicherheit festgestellt werden konnte; durch Kochen von Leim mit Zinn und Salzs\u00e4ure konnte dagegen Tatarinow1 2 3 nur Leucin und Glycocoll, keine Asparagin- oder Glutamins\u00e4ure erhalten; Horbaczewski- fand jedoch ansehnliche Mengen Glutamins\u00e4ure (ca. 15\u2014 18 \u00b0o salzs. GL). Beim Erhitzen von Leim mit Kalilauge wird auch Leucin und Glycocoll gebildet (Mulder); gegen Barythydrat verh\u00e4lt er sich bei 150\u2014200\u00b0 im Allgemeinen wie die Eiweissstoffe, d. h. er zerf\u00e4llt in Kohlens\u00e4ure, Ammoniak, Oxals\u00e4ure, Glycocoll, Alanin (CsH-XO\u00ee), Amidobutters\u00e4ure (CiH\u00e7NO\u00ef), Spuren von Glutamins\u00e4ure und S\u00e4uren der Reihe Cnlhn\u2014i XO-i (Sch\u00fctzenberger und Bourgoin j. A. Bleunard4 erhielt auf gleiche Weise aus m\u00f6glichst gereinigtem Hirschhorn ebenfalls Ammoniak, Kohlens\u00e4ure, Oxals\u00e4ure, Essigs\u00e4ure und Amidos\u00e4uren, worunter ein Glukoprotein Celh2A2U\\ (= Glycocoll + C1H-XO2), aber kein Tyrosin. Reiner, aschefreier Leim fault selbstverst\u00e4ndlich nicht; gew\u00f6hnlicher, bez. mit Pankreas versetzter dagegen sehr leicht, wobei zun\u00e4chst Leimpeptone, Leucin und Glycocoll, dann auch Valerians\u00e4ure, Ammoniak, eine Base C$HnX und andere, noch unbestimmte Pro-ducte, aber kein Indol auftreten (Nencki5). Mit Kupfervitriol und Natronlauge giebt Leim eine violette L\u00f6sung, die beim Kochen heller roth wird. Mit chromsaurem Kali und Schwefels\u00e4ure oxydirt giebt Leim dieselben Producte wie die Eiweissk\u00f6rper (Blaus\u00e4ure, Ameisens\u00e4ure, Essigs\u00e4ure, Valerians\u00e4ure, Benzoes\u00e4ure, Valeronitril, Bittermandel\u00f6l u. s. w. ; s. Gmelin, Handb. 4. Aufl. VIL S. 2297).\nWird Leim l\u00e4ngere Zeit mit Wasser gekocht, so biisst die L\u00f6sung die F\u00e4higkeit beim Erkalten zu gelatiniren ein, indem sich der Leim in sog. Leimpepton verwandelt; dieselbe Ver\u00e4nderung erleidet er anscheinend unter der Einwirkung verd\u00fcnnter S\u00e4uren, des Pepsins in salzsaurer, und \u2014 falls er vorher durch S\u00e4uren gequellt \u2014 durch Trypsin in alkalischer L\u00f6sung. Zur Darstellung dieser Leimpeptone kocht man am besten eine 1 proc. Leiml\u00f6sung 30 Stunden lang im bedeckten Gef\u00e4ss, enteiweisst die L\u00f6sung mit Bleioxydhydrat, f\u00e4llt das gel\u00f6ste Blei mit Schwefelwasserstoff, dampft ein und f\u00e4llt mit Platinchlorid. Der anfangs \u00f6lige Niederschlag wird beim \u00f6fteren\n1\tTatarinow, Beilstein, Handb. d. org. Chemie. S. 2093.\n2\tHorbaczewski, Sitzungsber. d. Wiener Acad. LXXX. 2. Abth. S. 101; Hof-mann-Schwalbe\u2019s Jahresber. 1879. IL S. 336.\n3\tSch\u00fctzenberger u. Bourgoin, Compt. rendus. LXXXII. p. 262.\n4\tA. Bleunard, Compt. rendus. LXXXIX. p. 953, XC. p. 612.\n5\tNencki, Heber d. Zersetzung d. Gelatine u. d. Eiweisses b. d. F\u00e4ulniss mit Tankreas. Bern 1876.\n38*","page":595},{"file":"p0596.txt","language":"de","ocr_de":"o96 Drechsel, Chemie d. Absonderungen u. d. Gewebe. 5 Cap. Ger\u00fcstsubstanzen.\nDurchr\u00fchren mit destillirtem Wasser allm\u00e4hlich fest und leicht zerreiblich; er wird mit Wasser fein zerrieben und auf dem Filter mit kochendem Wasser v\u00f6llig ausgewaschen ; aus der Mutterlauge f\u00e4llt man durch 90 \u00b0o Alkohol den Rest der Verbindung aus. Wird die alkoholhaltige Mutterlauge mit Phosphorwolframs\u00e4ure versetzt, so entsteht ein flockiger Niederschlag, der mit 5 \u2014 9\u00b0o Schwefels\u00e4ure v\u00f6llig ausgewaschen, und dann mit kohlensaurem Bleioxyd gekocht wird; aus der L\u00f6sung wird etwas Blei mit Schwefelwasserstoff entfernt (Hofmeister !). Der Platinniederschlag ist ein chlorfreies Platinsalz des Semiglutins, welches daraus durch Schwefelwasserstoff abgeschieden werden kann; es ist in Wasser, nicht in Alkohol (nur bei Gegenwart von Salzs\u00e4ure oder Ammoniak) l\u00f6slich, reagirt sauer. Seine L\u00f6sung wird durch Bleizucker, Bleiessig, Zinnchlortir, salpetersaures Silberoxyd nicht gef\u00e4llt, wohl aber durch Platinchlorid, Goldchlorid, Sublimat, salpetersaures Quecksilberoxyd, Brom, Jod, Tannin, Phosphorwolframs\u00e4ure; die Niederschl\u00e4ge l\u00f6sen sich meist beim Erw\u00e4rmen auf. Das neutrale Platinsalz hat die Formel:\tO-nPt;\nein saures: {ChbH%\\N\\.'iO\u2018n)hHiPt\\'1 das mit gr\u00fcner Farbe l\u00f6sliche Kupfersalz: CbhH^^S\\-tO-nCu\\ Semiglutin ist demnach eine zweibasische S\u00e4ure.\nDie durch Phosphorwolframs\u00e4ure gef\u00e4llte Substanz, das Herni-c oll in, ist in Wasser l\u00f6slich, wird durch Alkohol nur sehr schwer gef\u00e4llt; seine L\u00f6sung reagirt ebenfalls sauer, wird aber durch Platinchlorid nicht gef\u00e4llt, w\u00e4hrend sie mit Bleiessig und salpetersaurem Silberoxyd Niederschl\u00e4ge giebt. Das mit blauer Farbe l\u00f6sliche Kupfersalz besitzt die Formel: C\\- H^KaO^Cu. Beide, Semiglutin und Hemicollin, geben bei der weiteren Spaltung Glycocoll und Leucin.\nHofmeister hat ferner gefunden, dass Leim beim Erhitzen auf 130\u00b0 (100\u2014120\u00b0 gen\u00fcgen nicht) im Mittel 0.755 \u00b0/o (ber. 0.74 \u00b0(o, s. u. Gleichung I.) an Gewicht verliert und in eine Substanz \u00fcbergeht, welche in Wasser ganz unl\u00f6slich ist und sich dem nat\u00fcrlichen Collagen ganz gleich verh\u00e4lt, namentlich beim Erhitzen mit Wasser auf 120\u00b0 sich darin aufl\u00f6st und eine beim Erkalten gelatinirende L\u00f6sung giebt, also in Leim zur\u00fcckverwandelt wird. Bei der Spaltung in Hemicollin und Semiglutin nimmt Collagen 2.22 \u00b0(o Wasser auf. Die Analyse von aus gereinigtem Leim durch Erhitzen auf 130\u00b0 dargestelltem Collagen ergab im Mittel f\u00fcr aschefreie Substanz: 50.75\u00b0.\u00bb C; 0.47 \u00b0,o //; 17.86 \u00b0/o N und 24.92 % 0, woraus die Formel\nG 0 2 ATl 49 A 31 O3S\n1 Hofmeister, Ztschr. f. physiol. Chemie. II. S. 299.","page":596},{"file":"p0597.txt","language":"de","ocr_de":"Leim. Chondrigen. Chondrin.\n597\nabgeleitet werden kann. Die Umwandlung des Collagens in Leim, und dessen Spaltung in Semiglutin und Hemicollin w\u00fcrde nach folgenden Gleichungen stattfinden:\nI. Cl02#l49\u00cfV31 \u00a3>38 H- H'iO \u2014 G02//15I Asi O39\nCollagen\tLeim\nIL GoaSifil\u00c4*! C39 -j- - 7/2 0 = C55 7/s\u00f6 A\"l 7 O22 -j- CaiHtoNuOiq\nSemiglntin\tHemicollin.\nDie \u00e4ltere Mulder\u2019sehe Formel CisHwNiOs f\u00fcr Leim verlangt fast ganz dieselbe procentische Zusammensetzung wie die obige\nCa o:iH\\ 51A 31 039(H).\nOb die leimgebende Substanz niederer Wirbelthiere identisch mit derjenigen h\u00f6herer ist, erscheint mindestens zweifelhaft; Hausenblase z. B. geht schon bei Blutw\u00e4rme mit Wasser behandelt in gelatiniren-den Leim \u00fcber, und bei 130\u00b0 verliert sie zwar ihre L\u00f6slichkeit in Wasser, doch kann aus dem erhaltenen Product keine ge latin i-rende L\u00f6sung wieder erhalten werden (Hofmeister).\nB) Chondrigen und Chondrin.\nAls Chondrigen pflegt man eine Substanz zu bezeichnen, welche in den permanenten Knorpeln, sowie in den Knochenknorpeln vor deren Verkn\u00f6cherung, in pathologisch ver\u00e4nderten Knochen (En-chondromen), und auch bei Wirbellosen (bei Brachiopoden und Ho-lothurien, Hilger1; bei Tunicaten, Sch\u00e4fer'2) Vorkommen und sich beim Kochen derselben mit Wasser ebenso als Chon drin aufl\u00f6sen soll, wie das Collagen als Glutin bei \u00e4hnlicher Behandlung. Zur Darstellung benutzt man am besten Rippenknorpel, welche man mechanisch m\u00f6glichst von anh\u00e4ngenden Geweben reinigt, und sodann 12\u201424 Stunden lang mit Wasser kocht; aus der L\u00f6sung wird das Chondrin durch Alkohol gef\u00e4llt.\nDas Chon drin ist dem Glutin in den meisten Beziehungen \u00e4us-serst \u00e4hnlich; wie dieses ist es in kaltem Wasser unl\u00f6slich, quillt nur darin auf, l\u00f6st sich aber in kochendem Wasser zu einer bei gen\u00fcgender Concentration beim Erkalten gelatinirenden L\u00f6sung; es ist linksdrehend. Vom Glutin unterscheidet es sich haupts\u00e4chlich dadurch, dass es durch Essigs\u00e4ure, Alaunl\u00f6sung und manche Metallsalze gef\u00e4llt wird, welche Leiml\u00f6sung unver\u00e4ndert lassen, sowie dass es durch Sublimat nur getr\u00fcbt wird, w\u00e4hrend Leiml\u00f6sungen damit eine starke F\u00e4llung geben. Auch durch verd\u00fcnnte Minerals\u00e4uren entstehen in Chondrinl\u00f6sungen Niederschl\u00e4ge, welche sich im ge-\n1\tHilger, Journ. f. pract. Chemie. CII. S. 41S ; Arch. f. d. ges. Physiologie. III. S. 166.\n2\tSch\u00e4fer, Ann. d. Chemie 11. Pharm. CLX. S. 330.","page":597},{"file":"p0598.txt","language":"de","ocr_de":"598 Drechsel. Chemie d. Absonderungen u. d. Gewebe. 5. Cap. Ger\u00fcstsubstanzen.\nl\u00e4ngsten Ueberscbusse des F\u00e4llimgsmittels wieder aufl\u00f6sen. Beim Kochen mit verd\u00fcnnten S\u00e4uren wird das Chondrin unter Bildung von Syntonin (v. Merino) und eines linksdrehenden, sehr schwer kry-stallisirenden Zuckers, der sog. Chondroglukose gespalten (Boe-i)ecker1 2, Boedecker u. Fischer-, de Bary 3). Die Zusammensetzung des Chondrins fand v. Merino4: 47.74 % C; 6.76% //; 13.87% X-0.6% 5; 31.03% 0.\nNach Versuchen von Morochowetz5 ist jedoch das chondrigeue Gewebe nicht als ein besonderes, sondern als ein Gemenge von col-lagenem und mucingebendem zu betrachten, und demgem\u00e4ss auch das Chondrin als ein Gemenge von Leim und Mucin. Die F\u00e4llbarkeit des Chondrins durch S\u00e4uren w\u00fcrde dann auf der Anwesenheit des Mucins beruhen, die F\u00e4higkeit zu gelatiniren auf der des Leims ; schwieriger zu erkl\u00e4ren ist die Nichtf\u00e4llbarkeit des Chondrins durch Tannin, doch w\u00e4re immerhin m\u00f6glich, dass die Gegenwart des Mucins diese (und andere) F\u00e4llungen verhinderte, etwa in \u00e4hnlicher Weise wie die Weins\u00e4ure die F\u00e4llung vieler Metalloxyde durch Kali. Die Bildung des Zuckers durch Kochen mit S\u00e4uren w\u00fcrde eine Folge der Zersetzung des Mucins sein. Bemerkenswerth ist noch, dass es bis jetzt noch nicht gelungen ist, Tyrosin und Glycocoll aus Chondrin durch Kochen mit S\u00e4uren zu erhalten. Ist Chondrin wirklich Glutin -f- Mucin, so wird die Umwandlung des Knorpelgewebes in wirklichen Knochen leichter verst\u00e4ndlich, da diese dann wesentlich nur in der Entfernung des mucingebenden Bestandtheils bestehen w\u00fcrde.\nCi Spongin.\nWerden fein zerschnittene und mechanisch gut gereinigte Badeschw\u00e4mme mit Wasser, verd\u00fcnnter Salzs\u00e4ure, Alkohol und Aether ausgekocht, so hinterbleibt das sog. Spongin, welches noch ca. 3.6% Asche enth\u00e4lt. Posselt6 fand bei den Analysen f\u00fcr asche-freie Substanz: 4S.4\u00b0'o % 16.2% X, 6.3% Croockewitt7 fand 46.5% % 16.2% X, 6.3% //, 0.5% S, 1.9% P, und berechnet daraus die Formel GoH^X\\iOi. Durch Kochen mit Wasser oder verd\u00fcnnten S\u00e4uren wird Spongin nicht ver\u00e4ndert, bildet auch keinen Leim ; mit Schwefels\u00e4ure (1 Vol -j- 4 Vol Ht 0) gekocht l\u00f6st es sich auf unter\n1\tBoedecker. Ztschr. f. rat. Med. (2) VI. S. 18S, VIII. S. 144.\n2\tBoedecker u. Fischer, Ebenda. (3) X. S. 153.\n3\tde Bary, Physiol.-cbem. Unters, u. Eiweissk. u. Leimstoffe. I>iss. T\u00fcbingen 1 S64. \u2014 Hoppe-Seyler. Med.-ehern. Unters. S. 71.\n4\tv. Mering, Ein Beitrag z. Chemie d. Knorpels. Diss. Strassburg 1873.\n5\tMorochowetz, Verhandl. d. naturh -med. Yer. zu Heidelberg. I. Heft 5.\n6\tPosselt, Ann. d. Chemie u. Pharm. XLY. S. 192.\n7\tCroockewitt, Ebenda. XLVIII. S. 43.","page":598},{"file":"p0599.txt","language":"de","ocr_de":"Conchiolin. Keratin.\n599\nBildung von Leucin und Glycocoll neben einer Spur Ammoniak, w\u00e4hrend Tyrosin nicht entsteht (St\u00e4deler *). In conc. Salzs\u00e4ure l\u00f6st sich Spongin ebenfalls langsam zu einer stets farblosen Fl\u00fcssigkeit; ebenso in kochenden verd\u00fcnnten Alkalien oder Barytwasser. Durch Behandlung mit einer ammoniakalischen Kupferl\u00f6sung wird Spongin br\u00fcchig, schrumpft zusammen, l\u00f6st sich aber nicht v\u00f6llig auf.\nD) Conchiolin.\nAls Conchiolin wird die organische Substanz der Muschelschalen bezeichnet, welche bei Behandlung dieser mit verd\u00fcnnter Salzs\u00e4ure zur\u00fcckbleibt (Fr\u00e9my -). Werden Austerschalen mit verd\u00fcnnter Salzs\u00e4ure \u00fcbergossen, so l\u00f6sen sich ausser den Kalksalzen unter Entwicklung von Kohlens\u00e4ure und einer Spur eines widerlich riechenden Gases (IhS'?) nicht ganz unbetr\u00e4chtliche Mengen organischer Substanz ; der R\u00fcckstand besteht aus wenigstens zweierlei Materien: braunen derben, etwas durchscheinenden H\u00e4uten, und weissen bis weissgrauen Flocken, welche theils aus der Perlmutterschicht, theils aus der kreidigen Zwischensubstanz stammen. Die braunen H\u00e4ute sind in Wasser (auch bei Ueberhitzung) ganz unl\u00f6slich, desgleichen in Alkohol, Aether, kalter und kochender Essigs\u00e4ure, verd\u00fcnnten Minerals\u00e4uren; in conc. Schwefels\u00e4ure und Salzs\u00e4ure l\u00f6slich; beim Kochen mit verd\u00fcnnter Schwefels\u00e4ure entsteht nur Leucin, kein Glycocoll oder Tyrosin. In kochender Kalilauge l\u00f6sen sich etwa 46% dieser H\u00e4ute auf; der unl\u00f6sliche Rest enth\u00e4lt 50.7% C., 16\u201416.7% iV, f\u00e4rbt sich beim Schmelzen mit Kalihydrat vor\u00fcbergehend rostroth; die in Kali l\u00f6sliche Substanz wird durch S\u00e4uren nicht wieder gef\u00e4llt. Die weissen Flocken f\u00e4rben sich beim Kochen mit starker Kalilauge gelb bis braun, und l\u00f6sen sich fast v\u00f6llig auf; S\u00e4uren bringen in dieser L\u00f6sung nur eine geringe Tr\u00fcbung hervor (Schlossberger 1 2 3).\n4.\tGruppe: Sto/f\u2019e, welche hei der Spaltung keine reducirenden Substanzen, aber ausser den Amidofetts\u00e4uren auch noch Tyrosin liefern.\nAi Keratin. Hornsubstanz.\nMit dem Namen K eratin bezeichnet man den R\u00fcckstand, welchen die sogenannten Horngebilde bei der Behandlung mit gewissen L\u00f6sungsmitteln hinterlassen. Alle Pr\u00e4parate dieser Art besitzen dem-\n1\tSt\u00e4deler, Ann. d. Chemie u. Pharm. CXI. S. 16.\n2\tFr\u00e9my, Ann. d. chim. et phys. (3) XLIII. p. 96.\n3\tSchlossberger, Thierchemie. S. 243; Ann. d. Chemie u. Pharm. XCVIII.\n5.\t99; s. a. Krukenberg, Vergleichend physiologische Studien. 5. Abth. S. 16.","page":599},{"file":"p0600.txt","language":"de","ocr_de":"GOO Drechsel, Chemie d. Absonderungen u. d. Gewebe. 5. Cap. Ger\u00fcstsubstanzen.\nnach gewisse gemeinschaftliche Eigenschaften, besonders die Unl\u00f6slichkeit in den bei ihrer Reinigung angewandten Reagentien, aber ihre Zusammensetzung ist eine in ziemlich weiten Grenzen schwankende, sodass sie nicht als untereinander v\u00f6llig identisch, auch nicht als chemische Individuen angesehen werden k\u00f6nnen. Gleichwohl empfiehlt es sich, dieselben einstweilen noch unter der Bezeichnung \u201eKeratin\u201c zusammenzufassen und gemeinschaftlich zu betrachten.\nZur Darstellung des Keratins verf\u00e4hrt man in der Regel in der Weise, dass man die m\u00f6glichst zerkleinerten Horngebilde mit Wasser, Alkohol, Aether und verd\u00fcnnten S\u00e4uren ersch\u00f6pft; zweckm\u00e4ssig unterwirft man den so erhaltenen R\u00fcckstand noch der Pepsin- und Trypsinverdauung (s. Neurokeratin, S. 584). Ein besonders reines Pr\u00e4parat erh\u00e4lt man aus der Schalenhaut des H\u00fchnereies, indem man dieselbe zun\u00e4chst ein paar Tage mit 0.1% Natronlauge digerirt, mit Wasser ausw\u00e4scht, mit verd\u00fcnnter Essigs\u00e4ure tagelang digerirt dann mit verd\u00fcnnter Salzs\u00e4ure, mit kaltem und hierauf mit siedendem Wasser, und endlich mit Alkohol und Aether ersch\u00f6pft (Lindwall \u2019). Dieses Keratin bildet ein weisses, v\u00f6llig aschefreies Pulver, dessen Zusammensetzung (Mittel aus drei gut untereinander stimmenden Analysen von 3 Pr\u00e4paraten verschiedener Darstellung) gefunden wurde: 49.78% C\\ 6.64% //; 16.43% A~; 4.25%\t22.90% 0.\nFolgende Tabelle enth\u00e4lt eine Zusammenstellung von Analysen verschiedener Horngebilde1 2:\n\tEpidermis d. o menschlichen Fusssohlo (Scherer3 4 5 6 7)\t\u00f6 % .2 o A n-n Sh fl O \u00ce\u00cf ^ ^ H H fl H-l . S L \u00b0/o\tO \u00a3 \"o - * 3 %\t(\u2022muring ) OSSTOAV\t0\u00b0- \u2018ojcmpinyi\to\t^\t 13 ^ o z 13 :3t P ^ \u00a3 s \u2014 %\tC4-1 j7Ts O 5 \u00fb fl \u00a3 Ph ^ %\tfl 'TT o W %\tO \t\ts Ifl rH U fl %\t1 .2 ^ \u2014 \u2019 o \u00a3 \u00e4w ^ % s \u00a3\u00a3 %\t-4-3 -4-5\t-J> %\nc\t51.04\t50.65\t50.65\t50.5\t51.09\t51.10\t51.9\t52.4\t51 86\t54.89\nH\t6.80\t6.36\t7.03\t6.9\t6.82\t6.77\t6.7\t7.2\t6.87\t6.56\nN\t17.23\t17.14\t17.71\t16.8\t16.90\t17.28\t17.3\t17.9\t15.71\t16.77\nS\t\t5.00\t\t5.4\t~\t4.60\t\t\u2014\t3.60\t2.22\nAlle Keratinsubstanzen sind verh\u00e4ltnissm\u00e4ssig reich an Schwefel, von dem ein Theil schon beim Kochen mit Wasser als Schwefel-\n1\tLindwall, Nagra bidras tili kennedomen om keratinet; Upsala l\u00e4karefs. f\u00f6rh. 16; Maly\u2019s Jahresber. 1881. S. 38.\n2\ts. Schlossberger, Thierchemie. S. 276.\n3\tScherer, Ann. d. Chemie u. Pharm. XL. S. 54.\n4\tv. Laer, Scheik. Onderz. Lp. 177.\n5\tMulder, Physiol. Chemie. S. 556.\n6\tvan Kerkhoff, Scheik. Onderz. II. p. 347.\n7\tMulder, Physiol. Chemie. S. 580.","page":600},{"file":"p0601.txt","language":"de","ocr_de":"Keratin.\n601\nWasserstoff entweicht ; werden sie mit verd\u00fcnnten Alkalien gekocht, so l\u00f6sen sie sich unter Bildung von Schwefelalkalimetall auf, und in der L\u00f6sung findet sich Alkalialbuminat, Hemialbumose und dialy-sirbares Pepton (Morochowetz 1, Lindwall). Essigs\u00e4ure f\u00e4llt aus dieser L\u00f6sung Albuminat, welches durch Pepsin leicht verdaut wird (Morochowetz). Mit Barythydrat auf 150 \u2014 200 \u00b0 erhitzt giebt gut gereinigte Merinowolle: Ammoniak (5.3\u00b0o A7), Kohlens\u00e4ure (4.3%), Oxals\u00e4ure(5.7%), Essigs\u00e4ure (3.2%), Pyrrhol(l%), Caprons\u00e4ureleucin und -leuce'm (QHnNO-i und CIHi\\N\u00dc2, 12\u201415%), Amidobutters\u00e4ure (CiNCh), Amidovalerians\u00e4ure (% JI\\ i A%2), Amidopropions\u00e4ure, Tyrosin (3.2%), Butters\u00e4ureleucem, Valerians\u00e4ureleucem,-Glucoprote\u00efn (Cs e Ah Oi), und kleine Mengen anderer Producte ; im Ganzen also dieselben Substanzen, welche die Eiweissk\u00f6rper unter den n\u00e4mlichen Bedingungen liefern, nur mehr Ammoniak, Kohlens\u00e4ure und Oxals\u00e4ure. Menschliche Haare geben dieselben Resultate, nur mehr Ammoniak, Kohlens\u00e4ure, Essigs\u00e4ure und Oxals\u00e4ure (Sch\u00fctzenberger'2). Beim Kochen mit verd\u00fcnnter Schwefels\u00e4ure liefern alle Keratinsubstanzen Leucin und erhebliche Mengen, bis 5% Tyrosin; beim Kochen mit conc. Salzs\u00e4ure und Zinnchlor\u00fcr Glutamins\u00e4ure, Asparagins\u00e4ure, Leucin, Tyrosin, Ammoniak und Schwefelwasserstoff (Horbaczewski3). Im Hinblick auf das geschilderte Verhalten hat man die Ansicht ausgesprochen, dass die Keratine nicht eine besondere Gruppe von Verbindungen bilden, sondern zu den Eiweissk\u00f6rpern geh\u00f6ren und aus den eigentlichen Eiweissarten durch Wasserverlust hervorgehen (Morochowetz). Diese Annahme erkl\u00e4rt indessen nicht den hohen Schwefelgehalt des Keratins und ebensowenig giebt sie einen Grund daf\u00fcr an, dass dieselben bedeutend mehr Tyrosin liefern als die Eiweissk\u00f6rper. Der Verhornungsprocess, oder genauer die Entstehung der Keratine aus Eiweiss scheint vielmehr darauf zu beruhen, dass einerseits ein Th eil des Sauerstoffs im Eiweiss durch Schwefel ersetzt wird, sodass sich das Keratin zum Eiweiss \u00e4hnlich verh\u00e4lt, wie Thiacets\u00e4ure (C2//3 0 \u25a0 SH) zu Essigs\u00e4ure (C2//3O \u2022 OH)y und andrerseits ein Th eil des Leucins (oder einer anderen Amidos\u00e4ure) im Eiweiss durch Tyrosin substituirt wird, ohne dass im Uebrigen die Constitution des Eiweisses dadurch ge\u00e4ndert w\u00fcrde.\nBeim Kochen mit Salzs\u00e4ure und Zinnchlor\u00fcr liefert Horn Glutamins\u00e4ure, Tyrosin, Leucin, Asparagins\u00e4ure, Ammoniak und Schwe-\n1\tMorochowetz, Petersb. med. Wochenschr. 1S78. S. 3.\n2\tSch\u00fctzenberger. Compt. rendus. LXXXYI. p. 767.\n3\tHorbaczewski, Sitzungsber. d. Wiener Acad. LXXX. 2. Abtb. Juniheft.","page":601},{"file":"p0602.txt","language":"de","ocr_de":"602 Drechsel, Chemie d. Absonderungen u. d. Gewebe. 5. Cap. Ger\u00fcstsubstanzen.\nfelwasserstoff ; Haare verhalten sieh ebenso, geben aber im feuchten Zustande keinen Schwefelwasserstoff ab, wie Horn (Horbaczewski1).\nAlle Horngebilde enthalten Asche, deren Menge aber selbst f\u00fcr dasselbe Gebilde innerhalb ziemlich weiter Grenzen schwanken kann. Haare liefern 0.3\u20142.0% Asche, Horn ca. 0.7%, N\u00e4gel ca. 1.0%, Federspulen ca. 0.7%, Federfahnen ca. 1.8%, Wolle ca. 2.0% 2; in derselben linden sich neben den gew\u00f6hnlichen Salzen h\u00e4ufig gr\u00f6ssere Mengen von Eisen und Kiesels\u00e4ure. Der Gehalt der Asche an Eisen steht indessen in keiner erkennbaren Beziehung zu der F\u00e4rbung der Horngebilde, wie sich deutlich aus folgenden Zahlen er-giebt (van Laer3):\n\t\t0 0 Asche\tl\u00f6st. Salze\tFe2 O3\tunl\u00f6sl. Salze\nbraunes\tHaar hinterliess:\t0.54\t0.17\t0.06\t0.312\n=\t= -\t1.10\t0.51\t0.39\t0.200\nschwarzes\t= =\t1.02\t0.29\t0.21\t0.520\nrothes\t= :\t1.30\t0.93\t0.17\t0.200\n=\t= =\t0.54\t0.27\t0.27\t\u2014\ngraues\t= =\t1.00\t0.24\t0.23\t0.530\nDie unl\u00f6slichen Salze bestanden aus Kiesels\u00e4ure, schwefelsaurem und phosphorsaurem Kalk.\nBesonders reich an Kiesels\u00e4ure sind die Federn, v. Gorup-Besanez4 hat die Federn einer gr\u00f6sseren Keihe von V\u00f6geln in dieser Hinsicht untersucht und dabei gefunden, dass die Federn der K\u00f6rner fressenden V\u00f6gel am meisten, diejenigen der Fische fressenden am wenigsten Kiesels\u00e4ure enthalten, sowie dass der Gehalt der Federn an dieser S\u00e4ure mit dem Alter des Thieres steigt, und dass haupts\u00e4chlich der Bart, weniger die Spule und das Mark die St\u00e4tte der Ablagerung f\u00fcr dieselbe bildet. Er fand z. B. f\u00fcr die bei 120\u00b0 getrockneten Federb\u00e4rte vom Rebhuhn: 3.79% Asche mit 65% SiO2; vom Hau sh ahn: 7.43% Asche mit 50% SiO-i ; von der Taube: 2.37% Asche mit 25% SiO-i (ein junges Thier gab 0.86% Asche mit einer Spur SiO-i)\u2018, vom Fisch reih er: 2.06% Asche mit 13% SiU-i ; von der Sturmm\u00f6ve: 1.25% Asche mit einer Spur 67% ; von der Schleiereule (alt): 2.92% Asche mit 46% SiO-i] vom M\u00e4usebussard: 2.19% Asche mit 23% SiO-i] von der Nebel kr\u00e4he (nur mit Fleisch gef\u00fcttert): 1.62% Asche mit 7% SiCh ; vom Papagei: 5.31% Asche mit 22% SiO-i ; von der Schwalbe: 1.65% Asche\n1\tHorbaczewski, Hofmann-Schwalbe's Jahresber. 1S79. II. S. 33G.\n2\tSchlossberger, Thierchemie. S. 281.\n3\tvan Laer, Ebenda. S. 282.\n4\tv. Gorup-Besanez, Ann. d. Chemie 11. Pharm. LXI. S. 46, LXVI. S. 321.","page":602},{"file":"p0603.txt","language":"de","ocr_de":"Elastin.\n603\nmit 28% Si0-2 ; von einer alten Elster: 3.78% Asche mit 40% SiO>, von einer jungen: 2.30% Asche mit 32%\tvon der Gans:\na) Federbart: 3.83% Asche mit 38% SiO2; b) Spule: 0.54% Asche mit 16% SiO-2; c) Mark: 0.57% Asche.\nB) Elastin.\nAls Elastin bezeichnet man den Hauptbestandtheil der elastischen Fasern, welche sich fast in allen Bindegeweben der h\u00f6heren Tliiere, ganz besonders im Nackenbande der grossen S\u00e4ugethiere finden: in der Schale und dem Dotter der Eier der Ringelnatter kommt ebenfalls ein dem Elastin sehr \u00e4hnlicher K\u00f6rper vor, der aber auch in concentrirter Kalilauge unl\u00f6slich ist (Hilger1). Zur Darstellung wird m\u00f6glichst gereinigtes Nackenband vom Ochsen gut zerkleinert, 3.\u20144 Tage lang mit h\u00e4ufig erneuertem Wasser ausgekocht, dann einige Stunden mit 1 % Kalilauge, hierauf wieder mit Wasser, dann mit 10% Essigs\u00e4ure ausgekocht. Hierauf wird mit 5% Salzs\u00e4ure 24 Stunden kalt macerirt, mit Wasser ausgewaschen, abgepresst und mit 95% Alkohol gekocht, endlich mit Aether im Extractionsapparat behandelt. Ist die Masse hart geworden, so pulverisirt man sie m\u00f6glichst fein und extrahirt v\u00f6llig mit Aether (Horbaczewski 2)-So gereinigtes Elastin ist ein schwach gelbliches Pulver, welches unter dem Mikroskop noch die Formen der elastischen Faser erkennen l\u00e4sst; es ist schwefelfrei und ergab bei der Analyse: 54.32 % C; 6.99% //; 16.75 % W; 0.51% Asche (Horbaczewski). In concentrirter kochender Kalilauge l\u00f6st es sich auf; ebenso in kochender verd\u00fcnnter Schwefels\u00e4ure, wobei es sehr viel Leucin (36\u201445%) und nur sehr wenig Tyrosin (0.25%) liefert (Erlexmeyer und Sch\u00f6ffer3). Bei der F\u00e4ulniss mit Pankreas liefert es Ammoniak, Valerians\u00e4ure, Leucin, Glycocoll, Kohlens\u00e4ure und peptonartige Materien, aber weder Phenol noch Indol (W\u00e4lchli4), welcher letztere Umstand daf\u00fcr zu sprechen scheint, dass das von Erlexmeyer und Sch\u00f6ffer beobachtete Tyrosin nicht dem Elastin, sondern einer Beimengung entstammt. Mit Pepsin verdaut l\u00f6st es sich auf unter Spaltung in Hemi-elastin und Elastinpepton; dieselben Producte entstehen, wenn man es mit Wasser auf 100\u00b0 oder h\u00f6her im zugeschmolzenen Rohre erhitzt oder mit verd\u00fcnnter Salzs\u00e4ure kocht, wobei es in L\u00f6sung geht (Horbaczewski).\n1\tHilger, Ber. d. deutsch, ehern. Ges. \\ I. S. 166.\n2\tHorbaczewski. Ztschr. f. physiol. Chemie. VI. S. 330.\n3\tErlenmeyer u. Sch\u00f6ffer. Journ. f. pract. Chemie. LXXX. S. 357.\n4\tWalchli, Ebenda. (2) XVII. S. 71.","page":603},{"file":"p0604.txt","language":"de","ocr_de":"604 Drechsel, Chemie d. Absonderungen u. d. Gewebe. 5. Cap. Ger\u00fcstsubstanzen.\nWird die V erdauungsfl\u00fcssigkeit vom Elastin durch Dialyse von der Salzs\u00e4ure befreit, mit Essigs\u00e4ure stark anges\u00e4uert und mit Kochsalz ges\u00e4ttigt, so entsteht ein klumpiger Niederschlag von He miel as tin, der mit ges\u00e4ttigter Kochsalzl\u00f6sung gewaschen, in Wasser gel\u00f6st und durch Dialyse gereinigt wird. Das Hemielastin ist in kaltem Wasser leicht l\u00f6slich, scheidet sich aber beim Erhitzen seiner L\u00f6sung in Flocken fast v\u00f6llig aus, welche sich beim Erkalten v\u00f6llig wieder l\u00f6sen. Concentrirte L\u00f6sungen sind stark klebrig, gelatiniren aber nicht. Es ist linksdrehend; [a] D =\u2014 92\u00b0.7. Durch Alkohol wird es gef\u00e4llt; auch durch conc. Minerals\u00e4uren, l\u00f6st sich aber in einem Ueberschuss derselben wieder auf. Es giebt die Biuret-, Xanthoprotein- und MiLLON\u2019sche Reaction, wird durch Blutlaugensalz und Essigs\u00e4ure, Phosphorwolframs\u00e4ure, Pikrins\u00e4ure, Phenol und Essigs\u00e4ure, Metallsalze gef\u00e4llt. L\u00e4ngere Zeit auf 100\u2014120 \u00b0 erhitzt verliert es seine L\u00f6slichkeit in Wasser. Die Analyse ergab: 54.22% (7; 7.02% 77; 16.84% A7; 0.48% Asche (bei 105\u2014110\u00b0 getrocknet).\nWird das Hemielastin durch Kochen mit Bleioxydhydrat entfernt, das Filtrat mit Schwefelwasserstoff entbleit, filtrirt und eingedampft, so hinterbleibt das Elastinpepton als amorphe, in kaltem und heissem Wasser l\u00f6sliche Masse, welches aus dieser L\u00f6sung durch Alkohol nur schwer, durch conc. S\u00e4uren nicht gef\u00e4llt wird. Es giebt dieselben Farbenreactionen wie das Hemielastin, wird durch Phosphorwolframs\u00e4ure, Sublimat, salpetersaures Quecksilberoxyd, Bleiessig und Ammoniak gef\u00e4llt, nicht aber durch Neutralsalze oder gelbes Blutlaugensalz + Essigs\u00e4ure, verh\u00e4lt sich \u00fcberhaupt dem Eiweisspepton \u00e4usserst \u00e4hnlich. [\u00ab]/>= \u2014 87 \u00b0.94. Die Analyse ergab : 53.57 % C; 8.08% 77; 16.20 % N (bei 100 \u2014105\u00b0 getrocknet).\nC) Fibroin und Sericin.\nDie rohe Seide 1 ist das an der Luft erstarrte Secret der Spinndr\u00fcsen vieler Raupen, besonders der Seidenraupe, Bombyx mori. Das Secret selbst ist eine farblose oder gelbe, z\u00e4he Fl\u00fcssigkeit, welche sich in Wasser l\u00f6st; die L\u00f6sung sch\u00e4umt beim Erhitzen, gerinnt aber nicht ; erst nach 36 Stunden gesteht sie in der K\u00e4lte zu einer zitternden Gallerte, die nun auch in kochendem Wasser nicht mehr l\u00f6slich ist. An der Luft und auch in Wasser erstarrt der Seidensaft vollst\u00e4ndig zu Seide, welche aus Fibrom und Seidenleim besteht; erste-res findet sich auch in den Herbstf\u00e4den der Spinnen.\nWird Rohseide mit Wasser, Alkohol, Aether und verd\u00fcnnten\n1 vgl. Schlossberger, Thierchemie. S. 257.","page":604},{"file":"p0605.txt","language":"de","ocr_de":"Fibroin. Sericin. Byssus.\n605\nS\u00e4uren ausgekocht, oder mehrere Male mit Wasser auf 130\" erhitzt und dann mit Alkohol und Aether extrahirt, so hinterbleibt das Fibroin als blassgelbe, der Seide v\u00f6llig gleichende Masse. Es l\u00f6st sich in conc. Kalilauge, Kupferoxydammoniak, Nickeloxydulammoniak, auch in conc. S\u00e4uren. Mit verd\u00fcnnter Schwefels\u00e4ure gekocht giebt es Leucin und Tyrosin (Waltexberger 1, St\u00e4deler 2), und Glycocoll (Cramer3). Mit Barythydrat auf 150 \u2014 180\u00b0 erhitzt liefert es dieselben Producte wie die Eiweissk\u00f6rper (Sch\u00fctzenberger, Bourgeois4). Die Analyse ergab: 49.1% C; 6.5% H\\ 17.6% A7; keinen Schwefel (Mulder).\nIn der w\u00e4ssrigen Abkochung der Rohseide ist der Seidenleim, Sericin, enthalten, welcher durch F\u00e4llen mit Bleiessig, Zersetzen des Niederschlages unter heissem Wasser mit Schwefelwasserstoff, und F\u00e4llen des etwas eingeengten Filtrats mit Alkohol erhalten werden kann (Cramer). Er ist ein weisses, in kaltem Wasser quellendes, in heissem l\u00f6sliches Pulver; die heisse L\u00f6sung gelatinirt beim Erkalten. Sein Verhalten ist dem des Leims sehr \u00e4hnlich, doch giebt er beim Kochen mit verd\u00fcnnter Schwefels\u00e4ure kein Glycocoll und nur wenig Leucin, aber ca. 5% Tyrosin und 10% Serin, eines in Prismen krystallisirenden K\u00f6rpers, der mit salpetriger S\u00e4ure in Glycerins\u00e4ure \u00fcbergeht:\nCHhNOi + NO- OH = CEk{OH) \u2022 CH{OH) \u2022 CO \u25a0 OH\nSerin\t(Glycerins\u00e4ure)\n+ Ah -j- Ho O (Cramer).\nD) Byssus.\nDie F\u00e4den, mittelst welcher manche Muschelarten sich an festen Gegenst\u00e4nden anheften, der sog. Byssus, enthalten vermuthlich eine eigenth\u00fcmliche, dem Conchiolin nahestehende Substanz, die aber noch nicht n\u00e4her untersucht ist. Sie ist in Wasser, Alkohol, Aether, verd\u00fcnnten S\u00e4uren, selbst kochender 20 % Kalilauge unl\u00f6slich; in siedender 50% Kalilauge quellen die F\u00e4den allm\u00e4hlich auf, l\u00f6sen sich aber nicht, schrumpfen auch wieder beim Auswaschen. Mit Kali geschmolzen f\u00e4rbt sich der Byssus f\u00fcr kurze Zeit lebhaft rostfarben, wie Conchiolin. In conc. Schwefels\u00e4ure f\u00e4rbt sich Byssus nach einiger Zeit lebhaft roth, aber ohne zu quellen oder sich zu l\u00f6sen; beim Erhitzen findet L\u00f6sung unter Schwarzf\u00e4rbung statt. Sehr verd\u00fcnnte Schwefels\u00e4ure l\u00f6st bei 120\u00b0 die F\u00e4den ebenfalls auf. Mit Kali ge-\n1\tWaltenberger, Kopp\u2019s Jahresber. 1853. S. 616.\n2\tSt\u00e4deler, Ann. d. Chemie u. Pharm. CXI. S. 12.\n3\tCramer, Journ. f. pract. Chemie. XCYI. S. 76.\n4\tBourgeois, Kopp\u2019s Jahresber. 1875. S. 882.","page":605},{"file":"p0606.txt","language":"de","ocr_de":"606 Drechsel, Chemie d. Absond. u. d. Gewebe. 6. Cap. Knochen. Z\u00e4hne, Knorpel.\nreinigte Substanz enth\u00e4lt 12.2\u201412.6% X, nur mechanisch und mit Wasser, Alkohol und verd\u00fcnnten S\u00e4uren gereinigte 13.5\u201413.9% AT ( Schlossberger l 2 3).\nAnhang. Corn ein nennt Krukenberg - die das Achsenskelett von Antipathes und Gorgonia bildende Ger\u00fcstsubstanz; sie ist unverdaulich f\u00fcr Pepsin und Trypsin, unl\u00f6slich in Wasser, l\u00f6slich beim Kochen mit verd\u00fcnnten S\u00e4uren, wobei sich Leucin und (mit Schwefels\u00e4ure) ein krystallinischer, Cornikry stallin benannter K\u00f6rper bilden.\nTry p to collagen 5 ist nach Demselben in den Kopfknorpeln von Sepia officinalis enthalten; es verh\u00e4lt sich im Allgemeinen wie Collagen, wird aber leicht durch Trypsin verdaut.\nSpirographin4 bildet nach Demselben die scheidenf\u00f6rmige H\u00fclle von Spirographis Spallanzanii ; es l\u00f6st sich in kochendem Wasser allm\u00e4hlich zu einer gummiartigen L\u00f6sung, enth\u00e4lt JS und S, ist so gut wie unverdaulich, giebt mit Schwefels\u00e4ure gekocht Leucin. Tyrosin giebt keine dieser drei Substanzen.\nSECHSTES CAPITEL.\nKnochen, Z\u00e4hne und Knorpel.\nSehr h\u00e4ufig sind die im Vorhergehenden beschriebenen Ger\u00fcstsubstanzen die St\u00e4tte gr\u00f6sserer Ablagerungen von festen Mineralsubstanzen. Dies gilt namentlich vom Chitin, Onuphin, Conchiolin, Spongin und Glutin (bez. Collagen). Die Mineralsubstanzen sind entweder vorwiegend kohlensaurer Kalk und Magnesia mit wenig der entsprechenden Phosphate, oder phosphorsaurer Kalk und Magnesia mit kleinen Mengen der entsprechenden Carbonate. Bei den Wirbellosen finden sich in der Kegel die genannten kohlensauren Salze (z. B. Muschelschalen; nur das Onuphin ist mit phosphorsaurem Kalk und Magnesia verbunden), bei den Wirbelthieren dagegen die phosphorsauren Salze. Die organische Substanz ist stets mit den Mineralstoffen aufs innigste gemengt, aber eine chemische Verbindung beider ist wohl nur in besonderen F\u00e4llen anzunehmen, wie bei den\n1\tSchlossberger, Thierchemie. S. 248.\n2\tKrukenberg, Vergleichend physiol. Studien. 5. Abth. S. 2.\n3\tDerselbe, Ebenda. S. 24.\n4\tDerselbe, Ebenda. S. 28.","page":606},{"file":"p0607.txt","language":"de","ocr_de":"Knochen. Z\u00e4hne. Knorpel.\n607\naus Onuphinkalkphosphat bestellenden Wohnr\u00f6hren von Onuphis tu-bicola., da Onuphin an sich in Wasser l\u00f6slich zu sein scheint; in allen andern F\u00e4llen (z. B. den Knochen) ist dagegen f\u00fcr eine solche Annahme kein gen\u00fcgender Grund vorhanden, ebensowenig wie z. B. f\u00fcr die, dass die im Blutplasma gel\u00f6sten Substanzen auch alle zusammen eine einzige Verbindung bilden. Bez\u00fcglich der Schalen, Geh\u00e4use u. s. w. der niederen Thiere muss auf Schlossberger, Thierchemie, S. 173 flgd. verwiesen werden, da hier nur die Knochen, Z\u00e4hne und Knorpel der W irbelthiere n\u00e4her besprochen werden k\u00f6nnen.\nDie Knochen der Wirbelthiere bestehen aus leimgebendem Gewebe (sog. Osse'in) und phosphorsaurem Kalk mit geringen Mengen Magnesia, kohlensaurem Kalk, Fluor und Chlor; die Geweihe und Z\u00e4hne zeigen ganz \u00e4hnliche Verh\u00e4ltnisse, nur dass erstere mehr, letztere weniger organische Substanz wie die Knochen enthalten. Analysen dieser Gebilde liegen in grosser Anzahl vor, allein es ist doch noch fraglich, ob auch die besten derselben uns die Zusammensetzung der reinen Knochensubstanz kennen lehren. Dadurch, dass alle Knochen mit \u00e4usserst feinen accessorischen Geweben vollst\u00e4ndig durchwachsen sind, wird die mechanische Reinigung der eigentlichen Knochenmasse ausserordentlich erschwert, wenn nicht f\u00fcr jetzt v\u00f6llig unm\u00f6glich gemacht, und daher kommt es, dass das gegenseitige Verh\u00e4ltniss von organischer und unorganischer Substanz im Knochen noch nicht mit aller Sch\u00e4rfe hat bestimmt werden k\u00f6nnen. Aus den vorhandenen Analysen geht aber hervor, dass die Zusammensetzung der frisch dem K\u00f6rper entnommenen Knochen eine sehr schwankende, diejenige der Knochenasche dagegen eine sehr constante ist.\nFrische Knochen gesunder erwachsener M\u00e4nner bestehen nach Volkmann 1 im Mittel aus 50.00 % Wasser, 15.75 % Fett, 12.40% Osse'in und 21.85\u00b0o Knochenerde. Dabei ist aber zu ber\u00fccksichtigen: J. der Wassergehalt der verschiedenen Knochen schwankt betr\u00e4chtlich; die schwammigen Knochen sind reicher daran wie die com-' pacten; und anscheinend auch die Knochen fetter Individuen wasserarmer als diejenigen magerer. 2. der Fettgehalt der Knochen ist ebenfalls sehr starken Schwankungen unterworfen ; Volkmann fand als Minimum 0.1 \"o Fett in der trocknen Speiche eines \u00e4usserst abgezehrten Mannes, als Maximum 67.9 \u00b0'o in der Schienbeinapophyse eines kr\u00e4ftigen Mannes. 3. das Verh\u00e4ltniss der Knochenerde zum Ossein ist dagegen viel best\u00e4ndiger; als Minimum fand Volkmann Uir dasselbe: 0.79 (in der Oberarmapophyse eines 4j\u00e4hrigen M\u00e4d-\n\\ olkmann , Ber. d. kgl. sacks. Ges. d. Wiss. Matk.-phys. CI. 1873. S. 275 * Maly\u2019s Jakresber. 1873. S. 216.","page":607},{"file":"p0608.txt","language":"de","ocr_de":"608 Drechsel, Chemie d. Absond. u. d. Gewebe. 6. Cap. Knochen. Z\u00e4hne. Knorpel.\nchens), als Maximum: 2.25 (in der Speichendiaphyse eines 50j\u00e4hrigen Individuums).\nDie Knocken von Kindern und ganz alten Leuten wurden \u00e4rmer an Knockenerde gefunden, als diejenigen von Personen mittleren Alters. Eine grosse Anzahl \u00e4lterer Bestimmungen der Knockenasche in Knocken verschiedener Herkunft findet sich in Schlossberger\u2019s Tkierckemie, S. 86 zusammengestellt; Analysen fossiler Knocken s. u. A. Compt. rend. LXX. p. 1179 (Scheurer-Kestner) ; Kopp, Jakresb. 1S61. S. 1087 ; 1862. S. 549 (Hobel). In neuerer Zeit fand Zalesky1 in den Knocken vom Menschen: 34.56\u00b0/o organische Substanz; vom Rinde: 32.02%; vom Meerschweinchen: 34.70%; vom Testudo graeca: 36.95%; Heintz2 3 dagegen fand: beim Menschen: 30.47 bis 31.12%; beimRinde: 30.58%; beiniHammel: 26.54%, und \u00e4hnliche Schwankungen wurden auch von anderen Beobachtern gefunden.\nDie Knochen schw\u00e4rzen sich beim Erhitzen auf eine h\u00f6here Temperatur, verkohlen und brennen sich endlich ganz weiss unter Erhaltung ihrer Form. Der R\u00fcckstand besteht aus Phosphors\u00e4ure, Chlory Fluor, Kalk, Magnesia, mit Spuren l\u00f6slicher Salze; der frische Knochen enth\u00e4lt noch Kohlens\u00e4ure und chemisch gebundenes Wasser, \"welche bei heftigem, anhaltendem Gl\u00fchen entweichen. Zalesky fand folgende Zusammensetzung der Knochenasche (die Kohlens\u00e4ure wurde im getrockneten Knochenpulver bestimmt):\n- Knochen vom\tCaO >\tMgO %\tP-iO\u00f4 I COi % %\tCI %\tF \u00b0o\nMensch\t\t\tU.4S\t38.73 I 5.73\t0.18\t0.47\nRind . ' .\t\t\t39.89\t6.20\t0.20\t0.62\nMeerschweinchen .\t54.03\t0.48\t40.38\t-\t0.13\t\nTestudo graeca\t\t52.52\t0.62\t39.78\t5.28\t0\t0.42\nFossiler Rhinoceroszaknschmelz .\t\t\t\t\t0.59\nDie Knochenerde besteht demnach wesentlich aus phosphorsaurem Kalk mit geringen Mengen phosphorsaurer Magnesia, kohlensaurem Kalk und Magnesia, Chlor- und Fluorcalcium; in welcher Art aber diese K\u00f6rper untereinander verbunden sind, ist eine noch nicht endg\u00fcltig gel\u00f6ste Frage. Gew\u00f6hnlich pflegt man anzunehmen, dass das Chlor und Fluor mit dem Phosphat zu einer apatit\u00e4hnlichen Verbindung vereinigt w\u00e4ren (welche auch etwas Alkali enthalten\n1\tZalesky, Hoppe-Seyler. Med.-chem. Unters. S. 19.\n2\tHeintz, Ann. d. Physik. LXXVII. S. 267.\n3\tFach Heintz, a. a. O., ist die eigentliche Knochenmasse v\u00f6llig frei von Chlor, Sulfaten und Eisen; wo diese gefunden worden, war die Knochenmasse nicht vollkommen von der sie durchtr\u00e4nkenden Fl\u00fcssigkeit befreit worden.","page":608},{"file":"p0609.txt","language":"de","ocr_de":"Knochen.\n609\nk\u00f6nnte); andererseits ist auch die Ansicht ausgesprochen worden, dass das Carbonat mit dem Phosphat verbunden sein m\u00f6ge. Nach Aeby1 2 ist im frischen Knochen ein basisches Phosphat: CaO -f-3 (Ca$P%Oh) vorhanden, verbunden mit Kohlens\u00e4ure und Hydratwasser. Derselbe fand, dass fossiles Elfenbein, welches keine Spur organischer Substanz mehr enthielt, auf Temperaturen unter der Gl\u00fchhitze erhitzt, Wasser und Kohlens\u00e4ure abgab, von denen durch Behandlung des R\u00fcckstandes mit kohlensaurem Ammon die letztere nicht restituirt werden konnte, demnach auch kein Kalk frei geworden war. In h\u00f6herer Temperatur (Gl\u00fchhitze) entweicht abermals Kohlens\u00e4ure, welche dann aber durch kohlensaures Ammon restituirbar ist und dem dem Phosphat beigemengten Kalkcarbonat entspricht.\nDie in der Knochenerde enthaltene Verbindung, welcher Aeby die Formel: (6 CazPiOs + 2 H-iO -j- 2 CaO -f- CO2 -f- 3 aq.) giebt, unterscheidet sich nach diesem Forscher ganz wesentlich von dem sog. Orthophosphat CazP-iO's, welches den Zahnschmelz bildet, durch ihr Verhalten gegen gel\u00f6ste Fluorverbindungen und doppeltkohlensaures Eisenoxydul. Mit ersteren zersetzt sich dieselbe unter Bildung von Fluorcalcium, infolge wovon Pfahlbautenknochen bis 4% Fluor enthalten; mit dem Eisencarbonat dagegen zersetzt sie sich nicht, w\u00e4hrend der Zahnschmelz sich gerade umgekehrt verh\u00e4lt und sich mit letzterem unter Bildung von Vivianit (phosphorsaurem Eisenoxydul) umsetzt und blauschwarz f\u00e4rbt. Bez\u00fcglich des Vorkommens anderer Substanzen in den Knochen sei hier noch erw\u00e4hnt, dass Cossa-Spuren von Cer, Lanthan und Didym darin nachgewiesen hat; Eisen ist nicht darin vorhanden (Pl\u00fcgge3).\nZur Entscheidung der Frage, ob in frischen Knochen das Ossein mit dem Kalkphosphat chemisch verbunden ist oder nicht, sind in neuerer Zeit von Maly und Donath4 wieder Versuche angestellt worden. Dieselben bestimmten zun\u00e4chst die L\u00f6slichkeit von gef\u00e4lltem, gelatin\u00f6sem Orthophosphat (CasI\\0\\*), von dem gegl\u00fchten Salze und von gut gereinigtem frischem Knochenpulver in reinem Wasser und fanden sie zu 1.S5 \u2014 3.0, bez. 1.6 \u2014 4.9, und 2.2 \u2014 3.6 Th. auf 100 000 Th. Wasser, also identisch; kohlens\u00e4urehaltiges Wasser l\u00f6st mehr. Ferner \u00fcberzeugten sich dieselben, dass nur der compacte Knochen nicht fault, wohl aber Knochenpulver bei Blutw\u00e4rme in\n1\tAeby, Journ. f. pract. Chemie. (2) Y. S. 80S, VI. S. 169 ; vgl. auch Wibel, Ber. d. deutsch, chem. Ges. VII. S. 220 und Aeby, Ebenda. S. 555; 'Wibel. Journ. f. pract. Chemie. (2) IX. S. 113; Aeby, Ebenda. S. 469. X. S. 408.\n2\tCossa, Atti dei Lincei. III. p. 25.\n3\tFl\u00fcgge. Arch. f. d. ges. Physiologie. IV. S. 101.\n4\tMaly u. Donath, Journ. f pract. Chemie. (2) VII. S. 413.\nHandbuch der Physiologie. Bd. Va.\n39","page":609},{"file":"p0610.txt","language":"de","ocr_de":"610 Drechsel, Chemie d. Absond. u. d. Gewebe. 6. Cap. Knochen, Z\u00e4hne. Knorpel.\ngeringem Grade, sodass die F\u00e4ulnissimf\u00e4higkeit nickt, wie geschehen, als Grund f\u00fcr die Annahme einer chemischen Verbindung angesehen werden kann. Ebensowenig kann die grosse Constanz in der Zusammensetzung des Knochenpulvers, auch hei Kalk- oder Pkospkor-s\u00e4urekunger, in diesem Sinne geltend gemacht werden, da \u00e4hnliche Verh\u00e4ltnisse sich auch bei anderen Organen finden. Der Umstand endlich, das phosphorsaurer Kalk bei seiner Entstehung in leimhaltigen Fl\u00fcssigkeiten diesen mit niederreist, beweist auch nichts, denn einerseits wird niemals aller Leim mit gef\u00e4llt, die Niederschl\u00e4ge haben ganz variable Zusammensetzung, und andrerseits wird Leim durch andere gelatin\u00f6se Niederschl\u00e4ge (Thonerde-, Eisenoxyd-, Kiesels\u00e4urehydrat) auch mit niedergerissen, durch pulvrige (kohlensauren Kalk) aber nicht, w\u00e4hrend andere collo\u00efde Substanzen (Gummi, Salepsckleim) sich gerade wie Leim verhalten. Damit stimmt auch die anatomische Erfahrung \u00fcberein, welche lehrt, dass im Knochen die Phosphate zwischen die Schichten des Bindegewebes eingelagert sind.\nDie Z\u00e4hne zeigen hinsichtlich der Zusammensetzung ihrer Masse ganz \u00e4hnliche Verh\u00e4ltnisse wie die Knochen; das Zahnbein und der Zahncement namentlich besitzen fast dieselbe Zusammensetzung wie die Knochen. Aeby-' fand bei der Analyse eines Rinderzahnes:\nBestandtheile\tIm Schmelz %\tIm Zahnbein % 1 1\nOrganische Substanz .\t3.60\t27.70\nj3 CmP\u00efOs ....\t93.35\t91.32\n1 CaO\t\t0.86\t5.27\nCaCOz\t\t4.80\t1.61\nMgCOz\t\t0.78\t0.75\nFeiOi\t\t0.09\t0.10\nCaSO*\t\t0 12\t0.09\n\t100.00\t99.14\nWie aus dem Vergleiche dieser Zahlen hervorgeht, weicht der Zahnschmelz ganz erheblich in seiner Zusammensetzung vom Zahnbein ab; er besteht fast nur aus Orthophosphat, und enth\u00e4lt nur sehr wenig organische Substanz, wmlche beim Kochen mit Wasser keinen Leim liefert. Eine Anzahl Schmelzanalysen sind von Hoppe-Seyler1 2 ver\u00f6ffentlicht worden; Fluor fand derselbe nur in Spuren :\n1\tAeby, Journ. f. pract. Chemie. VII. S. 40.\n2\tHoppe-Seyler, Arch. f. pathol. Anat. XXIV. S. 13.","page":610},{"file":"p0611.txt","language":"de","ocr_de":"Zahnschmelz. Knorpel.\n611\n\tNeu-\tSchwein\t\t\t\t\n\tgeborenes\tunaus-\taus-\t\t\tElephant\nBestandtheile\tKind\tgebildeter\tgebildeter\tHund\tPferd\tfossil\n\tII\tSchmelz\tSchmelz\t\t\t\n\t\u00b0o\t%\t%\t%\t\u00b0/o\t%\n3 (Ca3 Ms) + CaC\u00fcz 1 CaCh \t\t82.40 0.23\t89.09 0.46\t94 30 0.62\t93.91 0.80\t93.40 0.66\t91.03 0.44\nMgHPOx\t\t2.37\t2.22\t2.73\t] 6.81\t1.68\t2.75\nL\u00f6sliche Salze .\t.\t0.35\t0.24\t0.15\t\t1 4 74\t\u2014\n; Organische Stoffe .\t15.59\tv 9.71\t2.06\t)\tJ\t4.54\n\t100.94\t101.72\t99.86\t101.52\t100.48\t98.76\nDie Knorpel unterscheiden sich von den Knochen in chemischer Hinsicht haupts\u00e4chlich dadurch, dass sie beim Kochen mit Wasser nicht wie letztere eine Glutin-, sondern eine Chondrinl\u00f6sung geben ; v. Mering fand in denselben neben Chondrin auch Mucin und Glutin. Ferner sind sie bedeutend \u00e4rmer an Mineralsubstanzen ; v. Bibra1 fand in den Rippenknorpeln von Kindern 2.24\u20143.0% Asche, von Erwachsenen 3.92 \u2014 7.29%; der Wassergehalt frischer Knorpel wird zwischen 54\u201470% schwankend angegeben, der Fettgehalt zu 2\u201450/0. Die Aschenanalysen v. Bibra\u2019s haben einen ausserordentlich grossen Werth f\u00fcr schwefelsauren Kalk ergeben (48.7 \u2014 50.7% bei Kindern, 79.0\u201492.4% bei Erwachsenen), sodass die Vermuthung nahe ger\u00fcckt wird, derselbe stamme gr\u00f6sstentheils von schwefelhaltigen organischen Verbindungen her, sei erst w\u00e4hrend der Veraschung entstanden; eine St\u00fctze f\u00fcr diese Annahme liegt in dem Umstande, dass v. Bibra h\u00f6chstens Spuren von kohlensauren Salzen in der Asche fand. Kali ist im Knorpel h\u00f6chstens in Spuren vorhanden, Natron in ziemlicher Menge.\nEine Analyse frischer Knorpel vom Haitisch (Scymnus borealis) ist von Petersen und Soxhlet'2 ausgef\u00fchrt worden. Die Knorpel waren mit dem Messer schneidbar, in d\u00fcnnen Schnitten fast durchsichtig, bedeckten sich beim Trocknen mit Krystallw\u00fcrfeln. 100 Th. frischer Knorpel gaben 25.8 Th. Trockensubstanz mit 68.89% Asche, welche 94.24% XaCl, 0.79% A\u00ab20, 1.64% K20, 0.40% CaO, 0.05% MgOj 0.27% Fe-iO3, 1.03% P2O5 und 1.88% SO* enthielt. Die organische Substanz des Knorpels enthielt 15.4% iV. Beachtenswerth ist, dass das den Knorpel umgebende Fleisch des Haitisches viel salz\u00e4rmer ist, nur 1.16% Asche hinterl\u00e4sst.\n1\tv. Bibra, v. Gorup-Besanez, Physiol. Chemie. 3. Aufl. S. 646.\n2\tSoxhlet, Journ. f. pract. Chemie. ( 2) VII. S. 179.","page":611},{"file":"p0612.txt","language":"de","ocr_de":"612 Drechsel, Chemie d. Absonderungen u. d. Gewebe. 7. Cap. Thier. Farbstoffe.\nSIEBENTES CAPITEL.\nThierische Farbstoffe.\nAn vielen Orten des thierischen Organismus finden sich eigen-thtimliche Farbstoffe, welche h\u00e4ufig eine hervorragende physiologische Bedeutung besitzen;' so im Blute (H\u00e4moglobin), in der Galle (Bilirubin u. s. w.), im Auge (Sehpurpur), im Harn (Urobilin). Da alle diese Substanzen bereits an anderen Stellen dieses Handbuches ausf\u00fchrlich beschrieben worden sind (H\u00e4moglobin: Bd. 4.1. S. 3S; Bilirubin u. s. w.: Bd. 5. IL S. 154; Sehpurpur: Bd. 3.1. S. 25S; Urobilin: Bd. 5. I. S. 4S8), so gen\u00fcgt es, hier auf diese zu verweisen. Aber ausser den genannten zeigen auch noch andere thierische Gewebe und Fl\u00fcssigkeiten sehr h\u00e4ufig eine mehr oder weniger intensive F\u00e4rbung. Dieselbe ist in vielen F\u00e4llen eine rein optische Erscheinung (z. B. bei den Fl\u00fcgeldecken vieler Insecten), sehr h\u00e4ufig aber auch durch eigen-th\u00fcmliche Farbstoffe bedingt, welche sich dem gef\u00e4rbten Gewebe durch passende L\u00f6sungsmittel entziehen lassen. Nur wenige dieser Substanzen haben bisher genauer untersucht werden k\u00f6nnen, die meisten von ihnen sind chemisch noch so gut wie ganz unbekannt; die neuesten Arbeiten \u00fcber dieselben, namentlich \u00fcber die Farbstoffe der Federn und vieler niederer Thiere sind von Krukenbekg, welcher besonders das spektroskopische Verhalten derselben, und dasjenige gegen L\u00f6sungsmittel untersucht hat. Hier k\u00f6nnen nur diejenigen Farbstoffe ber\u00fccksichtigt werden, \u00fcber welche genauere chemische Angaben vorliegen; bez\u00fcglich der anderen muss auf die \u201eVergleichend physiologischen Studien\u201c1 Krukenberg\u2019s verwiesen werden, in denen sich auch eine ausf\u00fchrliche Zusammenstellung der einschl\u00e4gigen Literatur findet.\nI. Stickstofffreie Farbstoffe.\nA) Carmins\u00e4ure: Ci:IIisOio.\nDie Carmins\u00e4ure ist der rothe Farbstoff der Cochenille, der getrockneten, ungefl\u00fcgelten Weibchen von Coccus cacti coccinelli-feri L. Zur Darstellung kocht man die Cochenille mit Wasser aus, f\u00e4llt die L\u00f6sung mit Bleizucker und zersetzt den Niederschlag mit\n1 Krukenberg, Vergleichend physiol. Studien. Leipzig u. Heidelberg. Verlag v. Carl \"Winter. ISSU \u20141SS2.","page":612},{"file":"p0613.txt","language":"de","ocr_de":"Carmins\u00e4ure. Vitellolute\u00efn. Vitellorubin.\n613\nSchwefels\u00e4ure; die rohe S\u00e4ure wird noch zweimal mit Bleizucker gef\u00e4llt, der Niederschlag mit Schwefelwasserstoff zersetzt, die L\u00f6sung zur Trockne verdampft, der R\u00fcckstand aus absolutem Alkohol um-krystallisirt, die Krystalle mit kaltem Wasser ausgezogen, die L\u00f6sung verdunstet und der R\u00fcckstand aus Alkohol oder Aether um-krystallisirt. Die freie S\u00e4ure ist in Wasser und Alkohol sehr leicht, in Aether schwer l\u00f6slich; die Krystalle sind purpurbraun, werden aber beim Zerreiben roth. Ihre Salze sind meist roth gef\u00e4rbt, wenig l\u00f6slich. Mit verd\u00fcnnter Schwefels\u00e4ure gekocht zerf\u00e4llt sie in eine Zuckerart: C\u00df/ZioDs und Carminroth: C11//12C7, welches eine dunkelpurpurrothe Masse mit gr\u00fcnem Reflex, in Wasser und Alkohol l\u00f6slich, darstellt (Hlasiwetz und Grabowski j). Mit Salpeters\u00e4ure von 1.37 spec. Gew. gekocht giebt Carmins\u00e4ure die Nitrococcus-s\u00e4ure: Ci\t\u2022 CO \u2022 OH (Warren de la Rue; C. Lieber-\nmann und van Dorp'1 2), welche in grossen silbergl\u00e4nzenden Platten krystallisirt und mit AVasser auf 180\u00b0 erhitzt in Kohlens\u00e4ure und Trinitrokresol: G //( CHz)(jSCk)z OH zerf\u00e4llt. Mit conc. Schwefels\u00e4ure auf 120\u00b0 erhitzt giebt Carmins\u00e4ure unter Entwicklung von Kohlens\u00e4ure und schwefliger S\u00e4ure das Ruficoccin: C\\\u00a7H\\0O\u00df, welches ein ziegelrothes, in Wasser schwer, in Alkohol mit sch\u00f6n gelber Fluorescenz l\u00f6sliches Pulver darstellt; es sublimirt in rothen D\u00e4mpfen theilweise zu gelbrothen Nadeln (Liebermann und van Dorp). Mit Kalihydrat geschmolzen giebt Carmins\u00e4ure eine in AVasser unl\u00f6sliche, aus Alkohol in gelben Bl\u00e4ttchen krystallisirende Verbindung, Coc-cinin: Ci a Hi 2 05 (Hlasiwetz und Grabowski). Alle Derivate der Carmins\u00e4ure haben saure Eigenschaften.\nB) Vitellolute\u00efn und Vitellorubin.\nIn den rothen Eiern der Seespinne (Maja squinado) hat R. Ma ly 3 zwei Farbstoffe gefunden, welche er Vitellolute\u00efn und Vitellorubin nennt. Dieselben l\u00f6sen sich bei Behandlung der Eier mit Alkohol in diesem mit gelbfeuerrother Farbe auf; die L\u00f6sung giebt dieselben Reactionen wie die bisher als Lutei'n beschriebenen, aus Vogeleidotter, Retina u. s. w. herstammenden Pigmente. Die conc. L\u00f6sung l\u00e4sst nur rothe und gelbe Strahlen von a\u2014E hindurch, das violette Ende des Spectrums ist scharf abgegrenzt und dunkel; die verdtinnteren, nur gelb erscheinenden L\u00f6sungen zeigen einen Streifen um F herum und lassen das sp\u00e4tere Blau bis \u00fcber G hinaus wieder\n1\tHlasiwetz u. Grabowski, Ann. d. Chemie u. Pharm. CXLI. S. 333,\n2\tC. Liebermann u. v. Dorp, Ber. d. deutsch, ehern. Ges. IV. S. 655.\n3\tMaly, Monatsh. f. Chemie. II. S. 351.","page":613},{"file":"p0614.txt","language":"de","ocr_de":"614 Drechsel, Chemie d. Absonderungen u. d. Gewebe. T. Cap. Thier. Farbstoffe.\ndurch. Zur Trennung beider Farbstoffe f\u00e4llt mau am besten die alkoholische L\u00f6sung mit conc. Barytwasser; der mennigrothe Niederschlag wird mit Alkohol gewaschen, durch Salzs\u00e4ure zersetzt; der R\u00fcckstand wird noch feucht mit Magnesia zerrieben, mit Alkohol kalt ausgezogen und mit Aether oder Chloroform digerirt, die ab-filtrirte L\u00f6sung mit viel Alkohol gef\u00e4llt, und der Niederschlag mit Salzs\u00e4ure und Aether zersetzt. Die \u00e4therische L\u00f6sung hinterl\u00e4sst beim Verdampfen das Vitellorubin als amorphe, in Alkohol mit rostbrauner Farbe l\u00f6sliche Masse; die verd\u00fcnnte L\u00f6sung giebt einen breiten Streifen um F herum. Durch gelbe Salpeters\u00e4ure wird es augenblicklich, aber vor\u00fcbergehend indigblau gef\u00e4rbt; durch conc. Schwefels\u00e4ure dunkelsaftgr\u00fcn, durch conc. Salzs\u00e4ure schmutzig violett ; Chlorwasser und schweflige S\u00e4ure bleichen langsam. Es ist in atmosph\u00e4rischer Luft sehr lichtempfindlich, in Kohlens\u00e4ure nicht.\nAus der oben erw\u00e4hnten barythaltigen Mutterlauge des Vitello-rubins kann man das Vitellolute\u00efn mit Petroleum\u00e4ther aussch\u00fct-teln, wobei in die ersten L\u00f6sungen noch viel Cholesterin und Fett \u00fcbergeht. Es ist in Alkohol mit hellgelber Farbe l\u00f6slich, die L\u00f6sung zeigt zwei Streifen: einen um F herum, und einen anderen in der Mitte zwischen F und G. Gegen Salpeters\u00e4ure und conc. Schwefels\u00e4ure verh\u00e4lt es sich wie Vitellorubin, doch vermag es sich nicht wie dieses mit Basen zu verbinden.\nC) Tetronerythrin (Zoonerythrin).\nMit dem Namen Zoonerythrin bezeichnete Bogdanow1 einen rothen Farbstoff aus den Federn von Calurus auriceps und Catinga coerulea; Wukm2 extrahirte sp\u00e4ter einen rothen Farbstoff aus der \u201eRose\u201c derAuerh\u00e4hne und Birkh\u00e4hne, den er Tetronerythrin nannte. Seitdem ist dieser Farbstoff bei sehr vielen Thieren von Krukenberg'3 und Merejkowski4 nachgewiesen worden; von ersterem namentlich in Schw\u00e4mmen (Suberites domuncula etc.), in einem Fisch (Luvarus imperialis), ferner in den Federn vieler V\u00f6gel, und nach Merejkowski findet sich Tetronerythrin bei vielen W\u00fcrmern, Crusta-ceen, Mollusken, Mollusko\u00efden und Fischen. Der Farbstoff ist in Wasser, verd\u00fcnnten Alkalien und S\u00e4uren unl\u00f6slich, leicht in Aether, Chloroform, Schwefelkohlenstoff, Benzin, Alkohol; er ist sehr lichtempfindlich, bisher noch nicht krystallisirt erhalten worden. Kruken-\n1\tBogdanow, Compt. rendus. XLV. p. 688: Journ. f. Ornithol. v. Cabanis. VI. S. 311. (1858.)\n2\tWurm, Ztschr. f. wissensch. Zool. XXXI. S. 535.\n3\tKrukenberg, Vergleichend physiol. Studien.\n4\tMEREJKowsKi, Compt. rendus. XCIII. p. 1029.","page":614},{"file":"p0615.txt","language":"de","ocr_de":"Turacin. Turacoverdin.\n615\nberg konnte weder Eisen, noch Kupfer oder Mangan darin nack-weisen ; ob derselbe Stickstoff' enth\u00e4lt, ist nickt untersucht. Mit conc. Schwefels\u00e4ure f\u00e4rbt er sich indigblau, dann schwarz. Der Farbstoff aus Suberites zeigt in alkoholischer L\u00f6sung einen Streifen zwischen b und D (Krukenberg).\nDem Tetroneiythrin \u00e4hnliche, aber nicht damit identische Farbstoffe finden sich nach Krukenberg bei vielen niederen Tkieren, z. B. Gorgoniden u. s. w.\nD) Turacin und Turacoverdin.\nAus den rotken Federn verschiedener Musopkagidenarten (Tura-kos; Musopkaga violacea, Corytha\u00efx albocristata und C. porphyreo-lopha) konnte Church 1 einen rotken Farbstoff auszieken, den er Turacin nannte. Die Federn, welche im trocknen Zustande abf\u00e4rben, geben den Farbstoff leicht an schwach alkalische Fl\u00fcssigkeiten ab; durch verd\u00fcnnte S\u00e4uren wird er leicht aus der L\u00f6sung wieder abgeschieden und bildet dann ein rotkes, in Wasser schwer l\u00f6sliches Pulver. In Alkohol, Aether, Benzin, Chloroform, Schwefelkohlenstoff, Amylalkohol, Glycerin und fetten Oelen ist er unl\u00f6slich. Das Turacin giebt in seinen L\u00f6sungen ein Absorptionsspectrum, welches demjenigen des Oxyh\u00e4moglobins zum Verwechseln \u00e4hnlich ist, aber durch Sckwefelammonium nicht ver\u00e4ndert wird, auch nicht durch Kohlenoxyd oder Sauerstoff (Church, Krukenberg'1 2); das feste Turacin zeigt ein anderes Spectrum, als das gel\u00f6ste (Krukenberg). Von ganz besonderem Interesse ist der Umstand, dass das Turacin 5.9% Kupfer enth\u00e4lt, welches durch die gew\u00f6hnlichen Reagentien nicht darin nachgewiesen werden kann, ebensowenig wie das Eisen im H\u00e4moglobin. Nach Church ist es stickstoffhaltig, nach Krukenberg nicht; es ist schwefelfrei, ferner lichtbest\u00e4ndig. Church fand bei der Analyse im Mittel: 54.63% C- 5.22 % i7; 5.90% Cu- 6.38% X; 27.87% 0, woraus er die Formel:\tCuN~0Oi$ ableitet.\nAus gr\u00fcnen Turakofedern konnte Krukenberg3 durch verd\u00fcnnte Sodal\u00f6sung ein gr\u00fcnes Pigment auszieken, welches kupferfrei ist, aber verk\u00e4ltnissm\u00e4ssig sehr viel Eisen enth\u00e4lt und einen Streifen unmittelbar vor D zeigt; er nennt es Turacoverdin.\nUeber andere Federfarbstoffe siehe die angef\u00fchrten Untersuchungen von Krukenberg.\n1\tChurch. Phil. Transact. CLIX. Part II. p. 627 ; Chem. News. XIX. p. 265: Ber. d. deutsch, chem. Ges. II. S. 314,111. S. 459.\n2\tKrukenberg, Vergleichend physiol. Studien. V. S. 75.\n3\tDerselbe. Ebenda. II. 1. S. 151.","page":615},{"file":"p0616.txt","language":"de","ocr_de":"616 Drechbel, Chemie d. Absonderungen u. d. Gewebe. T. Cap. Thier. Farbstoffe.\nII. Stickstoffhaltige Farbstoffe.\nA) Farbstoff der Tinte von Sepia officinalis.\nDie \u201eTinte\u201c der Sepien ist eine sehr dunkel schwarzbraune Fl\u00fcssigkeit von schwach salzigem Geschmack und alkalischer Reaction, in welcher unter dem Mikroskop in einem durchsichtigen Serum eine Unzahl feinster schwarzer K\u00f6rnchen zu sehen sind; ihre F\u00e4rbekraft ist so stark, dass einige Tropfen gen\u00fcgen, um ein Glas Wasser bis zur Undurchsichtigkeit zu f\u00e4rben. Die Analyse ergab: 40.0\u00b0/o Wasser, 8.6\u00b0/o Asche {Ca, Mg, Xa, K, Fe, CO2, SOs} 6'/), 30.5\u00b0 0 unl\u00f6sliche organische Substanzen, 0.9\u00b0/o Extractivstoffe. Wird die eingetrocknete Tinte mit Alkohol, Aether, Eisessig, verd\u00fcnnter Pottaschel\u00f6sung, Wasser und verd\u00fcnnter Salzs\u00e4ure extrahirt, so hinterbleibt der Farbstoff als schwarzes, homogenes Pulver mit gr\u00fcnem Reflex, bei dessen Analyse im Mittel: 53.8% C, 4.03% H, 8.7% A gefunden wurden (P. Girod %\nGanz \u00e4hnliche Zahlen lieferte die Analyse schwarzer Federfarbstoffe:\n% C 0 O\u00fc % N\nvon verschied. Corvusarten : 55.4\t4.28\t8.5 (Mittel aus 10 Analysen)\nvon Ciconia alba .... 55.5\t4.8\t8.5\t=\t=\t2\t=\nvon Corvus pica .... 49.5\t4.8\t7.6\t=\t=\t2\t=\nDiese Pigmente sind schwefelfrei (Hodgkinson und Sorby1 2).\nDas schwarze Pigment der Negerhaut ist nach Floyd 3) eisenhaltig.\nB) Punicin.\nDer farblose rahmartige Saft gewisser Muschelarten (Purpura la-pillus, P. patula etc.) f\u00e4rbt sich am Sonnenlichte purpurn (Purpur der Alten). Der Farbstoff ist in Wasser, Alkohol und Aether unl\u00f6slich, leicht in kochendem Anilin, aus welcher L\u00f6sung er sich beim Erkalten als dunkelpurpurrotkes krystallinisckes Pulver absetzt (Sciiunck4; Lacaze-Duthiers). Die Anilinl\u00f6suug zeigt einen Streifen zwischen C und D, die sehwefelsaure einen zwischen I) und E. Er sublimirt bei 190\u00b0 in sch\u00f6nen Krystallen, l\u00f6st sich in conc. Schwefels\u00e4ure, bildet aber keine Sulfos\u00e4ure; durch alkalische Zinnoxydull\u00f6sung wird er\n1\tP. Girod, Compt. rendus. XCIII. p. 96.\n2\tHodgkinsonu. Sorby, Journ. Chem. Soc. London. I. p. 427 ; Maly\u2019s Jahresber. 1877. S. 84.\n3\tFloyd, Ibid. I. p. 329, bez. 1877. S. 84.\n4\tSchtjnck, Ber. d. deutsch, chem. Ges. XII. S. 1359, XIII. S. 208 \u00ef.","page":616},{"file":"p0617.txt","language":"de","ocr_de":"Farbstoffe. Transsudate.\n617\nreducirt, f\u00e4llt aber an der Luft aus dieser L\u00f6sung wieder aus. Dieses Verhalten erinnert sehr an das des Indigblau\u2019s, doch weicht er von diesem ab durch seine Unf\u00e4higkeit, eine Sulfos\u00e4ure zu bilden.\nC) Blauer Farbstoff von Velella limbosa.\nDer tiefblaue Farbstoff von Velella limbosa ist nach A. und G. de Negri1 in Wasser l\u00f6slich, nicht in Aether, Chloroform, Schwefelkohlenstoff oder Benzin ; die w\u00e4ssrige L\u00f6sung wird durch S\u00e4uren roth, durch Alkalien rosa, unter Zersetzung, gef\u00e4rbt, durch Erw\u00e4rmen gelb.\nUeber die Farbstoffe anderer niederen Thiere siehe bes. Krukenberg 1. c., woselbst auch die \u00e4ltere Literatur angef\u00fchrt ist; s. a. Moseley, London med. record, p. 58. (Maly, Jahresb. 1877, S. 85).\nACHTES CAP1TEL.\nTranssudate.\nDurch die Wandungen der Blutcapillaren filtrirt \u00fcberall im Thierk\u00f6rper ein Theil des Blutplasmas in und zwischen die umgebenden Gewebe, sodass mit Fl\u00fcssigkeit erf\u00fcllte Spalten und R\u00e4ume entstehen. Die Eigenschaften des Filtrates sind nicht an allen Orten dieselben, woraus unmittelbar hervorgeht, dass die Bedingungen, unter welchen die Filtration erfolgt, auch nicht \u00fcberall dieselben sein k\u00f6nnen. Versuche \u00fcber die Filtration verschiedener Eiweissl\u00f6sungen, bez. ei weisshaltiger thierischer Fl\u00fcssigkeiten durch thierische Membranen (Dann, Ureter) haben gelehrt, dass einerseits der Druck unter welchem die liltrirende Fl\u00fcssigkeit steht, von grosser Bedeutung ist, und andrerseits verschiedene Substanzen mit verschiedener Geschwindigkeit durch die Membran hindurchgehen, am langsamsten Eiweiss, am schnellsten organische Salze, und S\u00e4uren wieder schneller als Basen (Runeberg2)* Die Beschaffenheit der Membran, ihre gr\u00f6ssere oder geringere Durchl\u00e4ssigkeit, muss ebenfalls einen m\u00e4chtigen Einfluss aus\u00fcben, und nicht minder der Umstand, dass die Filtrate l\u00e4ngere Zeit mit der Oberfl\u00e4che, aus der sie herausgetreten, in Ber\u00fchrung bleiben, wodurch die Gelegenheit f\u00fcr Diffusionsbewegungen geschaf-\n1\tA. et G. de Negri, Maly\u2019s Jahresber. IS77. S. 85; Gaz. chim. ital. VII. p. 219.\n2\tRuxeberg, Arch. f. Heilk. XVIII. S. 1.","page":617},{"file":"p0618.txt","language":"de","ocr_de":"618 Drechsel, Chemie der Absonderungen und der Gewebe. S. Cap. Transsudate.\nfen wird. Die Transsudate sind daher nicht lediglich als Filtrate, sondern gleichzeitig als Diffusate anzusprechen. Ihre Menge ist meist so gering, dass es unter normalen Umst\u00e4nden nur bei einigen derselben m\u00f6glich ist, eine zur Analyse gen\u00fcgende Quantit\u00e4t davon aufzusammeln; unter pathologischen Bedingungen ist dagegen ihre Menge zwar oft ausserordentlich gross, aber man kann nicht ohne Weiteres annehmen, dass diese pathologischen Producte dieselbe Zusammensetzung wie die normalen besitzen.\nDie Bestandteile der normalen Transsudate sind im Allgemeinen dieselben wie die des Blutplasmas; der Gehalt an Eiweiss ist aber stets geringer, und Fibrin, bez. dessen Muttersubstanz, fehlt h\u00e4ufig ganz. Der Humor aqueus ist durch einen relativ reichlichen Gehalt an Harnstoff, sowie einer FEHLiNG\u2019sche L\u00f6sung reducirenden Substanz (Traubenzucker) ausgezeichnet. In nachstehender Tabelle sind eine Anzahl Analysen verschiedener Transsudate zusammengestellt (s. v. Gorup-Besanez, Physiol. Chemie, 3. Aufl. S. 415).\nNicht alle der in nachstehender Tabelle aufgef\u00fchrten Fl\u00fcssigkeiten sind als Transsudate im engeren Sinne aufzufassen, sondern als Lymphen. Letztere befinden sich insofern unter besonderen Bedingungen, als sie best\u00e4ndig in einer str\u00f6menden Bewegung, welche sie schliesslich in das Blut zur\u00fcckkehren l\u00e4sst, begriffen sind, w\u00e4hrend die eigentlichen Transsudate in eigenen Beh\u00e4ltern stagniren, d. h. aus denselben nur durch Resorption entfernt werden, die in der Norm dem Zuflusse das Gleichgewicht h\u00e4lt. Zu den Lymphen geh\u00f6ren die C erebr ospinalf 1 \u00fcssigkeit, welche von Eiweissstoffen fast nur Natronalbuminat enth\u00e4lt, und die Fl\u00fcssigkeiten des Auges, Humor aqueus und Glask\u00f6rper; zu den Transsudaten im engeren Sinne dagegen die Pericar dial fl iissigkeit und die Synovia, Das Fruchtwasser ist jedenfalls ein Gemisch eines Transsudates vom m\u00fctterlichen K\u00f6rper mit einem solchen vom Foetus, sowie vom Harn dieses letzteren.1 Die Thr\u00e4nen endlich geh\u00f6ren als Secret besonderer Dr\u00fcsen streng genommen gar nicht hierher, doch sind sie in diese Tabelle mit aufgenommen worden, da ihre Zusammensetzung derjenigen der Transsudate einigermaassen \u00e4hnlich ist.\n1 Vgl. bes. Prochownik. Arch. f. Gyn\u00e4kol. XI. S 192 u. 561 ; Fehling, Ebenda. XIV. S. 221 ; Wiener, Ebenda. XVII. S. 24.","page":618},{"file":"p0619.txt","language":"de","ocr_de":"Transsudate.\n619\nQJ\t3- u j*\ta\t1 \u00bb l 1 l 1 3 i U , i S ! i i i\nFrucht- wasser (Scheuer)\t- jn i ;\t|\t; c - I-\t1\t!\n(SHOIHUHjJ) uasqoo uauaqaupS 3PPAV 9tp JUC S9UI9 EIAOU\u00c0g\t*T ll2\n(sHoraasji uasqoo u8j9^sqiu9S 9pC}g un S9UI9 lUAOUAg\tgd||cddi\u00f6^j|!!||:|\n(sHOiuauj) saq^cAf a9U9Joq9Sn9u S9UI9 riAO\u00fcig\t2 3 i | S % 1 I ! I l 1 1 i l i\n(zaKVsag-unHO\u00a3) -a) U9qOSU9J\u00a3 IUOA yaqgissnpyrip.mouaj\t~23Mi5SSmmmm 2J w\tcs \u2014\n(aaAaKHO'q) s9Sny sap lad-ioqsxqf)\tJ\u00d4 \u2014\t~\t\u201d Xl = ^ ~\n(uaAaKHoq;) aqirX raoA STignbr xourajf\t1 ' \"\t<M \u2014 O \u2014 05\t1' 5 \u00ab : i 1\t3\t- 3 2\t1 3 1\n(txaiHHOg *3) punjp raoA naqSyssTipiruidsojqgja\u00df\t52IIII 3 oSS\t| 30 \u2014\t\u2014\n(.woKvauaHosxHOg) uaqosuaj\u00e7 sep ii9qS1ssnppcu1dso.1q9.193\t5 5 II II 2 2\t! 3 i M II 1 ao \u2014 a>\nC. Schmidt, Charakteristik der epidemischen Cholera u. s. w. 1850. S. 138.","page":619},{"file":"p0620.txt","language":"de","ocr_de":"620 Drechsel, Chemie d. Absond. u. d. Gewebe. 0. Cap. Eigenth\u00fcml. Thierstoffe.\nNEUNTES CAPITEL.\nEigenth\u00fcmliche Thier.stufte.\nIn diesem Capitel soll eine Anzahl eigent\u00fcmlicher Stoffe kurz beschrieben werden, welche nur bei einzelnen Thierspecies gefunden ' worden sind und in den vorhergehenden Capiteln nicht aufgenommen werden konnten. Einige derselben sind sicher Producte bestimmter Dr\u00fcsen, andere scheinen \u00fcberall in den Geweben der betreffenden Thiere enthalten zu sein; alle sind als eigenth\u00fcmliche Stoffwechsel-producte von physiologischem Interesse.\nA) Cimicins\u00e4ure: C15//2&O2.\nDie Cimicins\u00e4ure wurde von L. Capjus 1 in der \u00e4usserst unangenehm, erstickend riechenden Fl\u00fcssigkeit gefunden, welche in einer Blase am Abdomen einer Blattwanze (Raphigaster punctipennis, l\u00fcgen) enthalten ist. Zur Darstellung werden die Thiere mit kaltem Alkohol ausgezogen und gewaschen, dann an der Luft trocknen gelassen, im M\u00f6rser zerrieben und mit kaltem Aether extrahirt; die \u00e4therische L\u00f6sung hinterl\u00e4sst beim Verdunsten die S\u00e4ure fast rein. Sie wird ins Barytsalz verwandelt, dieses mit Wasser und verd\u00fcnntem Alkohol gewaschen, dann mit verd\u00fcnnter Salzs\u00e4ure zersetzt ; die abgeschiedene S\u00e4ure wird mit lauwarmem Wasser gewaschen, bei 40\u201450\u00b0 \u00fcber Chlorcalcium getrocknet und durch Papier filtrirt.\nDie reine S\u00e4ure ist eine gelbliche, krystallinische Masse von schwachem, eigenth\u00fcmlich ranzigem Geruch (der unangenehme Geruch des erw\u00e4hnten Secretes geh\u00f6rt ihr nicht an); Schmp. 43.8 bis 44\u00b0.2. Sie ist in Wasser nicht, in kaltem absolutem Alkohol sehr schwer, in Aether sehr leicht l\u00f6slich; die alkoholische L\u00f6sung rea-girt stark sauer. Die Alkalisalze sind in Wasser l\u00f6slich, die Salze der alkalischen Erden, von Blei, Kupfer und Silber nicht.\nDie Cimicins\u00e4ure geh\u00f6rt der Oels\u00e4urereihe: Cnlhn\u20142O-2 an; bei anderen Insecten kommen freie S\u00e4uren der fetten Reihe: CnHmO2 vor; so Ameisens\u00e4ure: CH2O2 bei Ameisen und in den Brennhaaren der Processionsraupe (Bombyx processionea); Butters\u00e4ure: CaH*\u00dc2 bei verschiedenen Carabusarten.\n1 L. Caries, Ann. d. Chemie u. Pharm. CXIV. S. 147.","page":620},{"file":"p0621.txt","language":"de","ocr_de":"Melolonthin. Scyllit.\n621\nB) Melolonthin: CbHizN^SOs.\nIm gemeinen Maik\u00e4fer (Melolontba vulgaris L.) fand Ph. Schreiner 1 neben Leucin, Sarkin, Xanthin ('?), harnsauren Salzen und oxal-saurem Kalk eine eigenth\u00fcmliche, schwefelhaltige Substanz, das Melolonthin: CbHizKiSOs. Zur Darstellung wurden die Thiere zerquetscht, mit Wasser ausgezogen, der Auszug gekocht, colirt, eingeengt, mit Bleiessig gef\u00e4llt, filtrirt, das Filtrat mit Schwefelwasserstoff entbleit und eingeengt. Nach Ausscheidung von harnsauren Salzen wurde filtrirt, zum Syrup verdampft und stehen gelassen, wobei sich Leucin und Melolonthin abschieden, die durch Kochen mit 70% Alkohol getrennt wurden. Durch Umkrystallisiren aus Wasser und ein paar Tropfen Ammoniak erh\u00e4lt man das Melolonthin rein in vollkommen farblosen, prachtvoll seidegl\u00e4nzenden, harten, gerucli-und geschmacklosen Nadeln, die in kaltem Wasser schwer, in warmem leichter, in Weingeist sehr wenig, in absolutem Alkohol und Aether gar nicht l\u00f6slich sind, leicht aber in \u00e4tzenden und kohlensauren Alkalien, Ammoniak und S\u00e4uren. Mit alkalischer Bleil\u00f6suns:\nO\ngekocht geben sie Schwefelblei, wie Cystin; beim Verbrennen geben sie einen Geruch nach verbrannten Haaren. Aus 15 Ko. K\u00e4fern wurde 1.56 g Melolonthin gewonnen.\t>\nDas Melolonthin steht zur Valerians\u00e4ure jedenfalls in einem \u00e4hnlichen Verh\u00e4ltnisse, wie das Cystin zur Propions\u00e4ure ; nimmt man f\u00fcr dieses die Formel von Baumann an, so l\u00e4sst sich die Formel des Melolonthins etwa folgendermaassen schreiben:\ncm \u2022 C(H2x)(hs) \u2022 co \u2022 oh\nCystin\nCHi \u25a0 CH(OH) \u2022 CH(XH2) \u25a0 C(HiN)(HS) \u2022 CO \u25a0 OH\nMelolonthin.\nC) Scyllit: C5//12O0.\nIn verschiedenen Organen der Plagiostomen, besonders in den Nieren vom Rochen und Haifisch, findet sich nach St\u00e4deler und Frerichs2 ein dem Inosit \u00e4hnlicher K\u00f6rper, der Scyllit. Zur Darstellung desselben werden die betreffenden Organe zerkleinert, mit Weingeist kalt ausgezogen, die Fl\u00fcssigkeit abgedampft, der R\u00fcckstand mit Wasser ausgezogen, das Filtrat zum Syrup verdampft und mit heissem absolutem Alkohol \u00fcbergossen; das Ungel\u00f6ste wird in V asser gel\u00f6st und freiwillig verdunsten gelassen, wobei Taurin und Scyllit auskrystallisiren. Beide werden in wenig Wasser gel\u00f6st, der\n1\tPh. Schreiner. Ber. d. deutsch, ehern. Ges. IV. S. 763.\n2\tSt\u00e4deler u. Frerichs. Journ. f. pract. Chemie. LXXIII. S. 48.","page":621},{"file":"p0622.txt","language":"de","ocr_de":"622 Drechsel, Chemie d. Absond. u. d. Gewebe. 9. Cap. Eigenthiiml. Thierstoffe.\nScyllit mit Bleiessig ausgef\u00e4llt und aus dem Niederschlage durch Schwefelwasserstoff frei gemacht.\nDer Scyllit krystallisirt in harten, gl\u00e4nzenden, monoklinischen Prismen; er schmeckt schwach s\u00fcsslich, l\u00f6st sich etwas schwerer als Inosit in Wasser, gar nicht in Alkohol. Er reducirt FEiiLiNG\u2019sche L\u00f6sung auch beim Kochen nicht and giebt die ScHERER\u2019sehe Inosit-reaction nicht.\nD) Cantharidin : 610//12O4.\nIn den sog. spanischen Fliegen (Lytta vesicatoria L.) und verwandten K\u00e4ferarten (Mylabris, Melo\u00eb etc.) findet sich ein eigenthitm-licher K\u00f6rper, das Cantharidin (Robiquet, Thierry), in geringer Menge (bis 0.5 %). Zur Darstellung desselben werden die pulveri-sirten Thiere mit fh ihres Gewichts gebrannter Magnesia und Wasser im Wasserbade zur Trockne verdampft, der R\u00fcckstand mit verd\u00fcnnter Schwefels\u00e4ure \u00fcbers\u00e4ttigt und mit Aether ausgesch\u00fcttelt; das beim Abdestilliren des Aethers zur\u00fcckbleibende Cantharidin wird mit Schwefelkohlenstoff gewaschen und aus Chloroform oder Alkohol umkrystal-lisirt (Bluhm !). Dasselbe krystallisirt in rhombischen Tafelu, ist in Wasser nicht, in Alkohol, Schwefelkohlenstoff, Aether, Benzol, Chloroform schwer l\u00f6slich, Schmelzpunkt 218\u00b0. Es zieht auf der Haut Blasen, wirkt innerlich genossen stark giftig. Mit Alkalien gekocht geht es unter Wasseraufnahme in Cantharidin s\u00e4ure: C10//14O5 \u00fcber, welche aber im freien Zustande sofort in Wasser und Cantharidin zerf\u00e4llt. Durch Jodwasserstoff wird es theilweise in die isomere Canthars\u00e4ure: C10FO2O4, welche grosse orthorhombische Krystalle bildet und nicht blasenziehend wirkt, theilweise in eine Verbindung C\\02J2O3 umgewandelt (Piccard 1 2). Durch Phosphorpentasulfid wird es glatt in Orthoxylol, Kohlenoxyd, Kohlens\u00e4ure und Wasser gespalten: Ci0Hi2O4 \u2014 CsTh0 -f- CO -f- CO2 + HiO.\nE) Ambra\u00efn.\nAus der grauen Ambra (Darmsteine vom Pottwal, Physeter macrocephalus) l\u00e4sst sich mit kochendem Alkohol eine in farblosen, feinen Nadeln krystallisirende Substanz ausziehen, das Ambra'in: C^H^O (t). Es schmilzt bei 35\u00b0 und sublimirt bei 100\u00b0; in Wasser ist es unl\u00f6slich, wird von Kalilauge nicht angegriffen (Pelletier 3).\n1\tBluhm, Ztschr. f. Chemie. 1865. S. 676.\n2\tPiccard, Ber. d. deutsch, chem. Ges. X. S. 1505, XI. S. 2121.\n3\tPelletier, Ann. d. Chemie u. Pharm. VI. S. 25.","page":622},{"file":"p0623.txt","language":"de","ocr_de":"Castorin. Bufidin. Samandarin.\n623\nF)\tCastorin.\nDas Bibergeil, Castorenm, enth\u00e4lt ausser Eiweissstoffen, Fetten, Phenol und einer harz\u00e4hnlichen Masse etwa 1 \u00b0o eines eigent\u00fcmlichen Stoffes, des Castorins, welches durch kochenden Alkohol ausgezogen werden kann. Es krystallisirt in farblosen, vierseitigen Nadeln, ist in kaltem Wasser nicht, in kochendem, sowie in kaltem Alkohol wenig l\u00f6slich. Unter kochendem Wasser schmilzt es und verfl\u00fcchtigt sich theilweise mit den D\u00e4mpfen. Aus kochender Essigs\u00e4ure oder verd\u00fcnnter kochender Schwefels\u00e4ure krystallisirt es beim Erkalten wieder aus (Valenciennes 1 2).\nG)\tBufidin.\nCasali 2 hat aus dem eingetrockneten Safte der Kr\u00f6te nach der Methode von Stas den giftigen Bestandteil desselben, das Bufidin, als eine feste, amorphe, in kaltem Wasser wenig, in warmem leichter, in Aethyl- und Amylalkohol, Aether und Chloroform sehr leicht l\u00f6sliche Masse erhalten. Sie ist stickstoffhaltig, reagirt schwach alkalisch, giebt mit S\u00e4uren amorphe Salze. Nach Foenaea3 4 wird es mit Salzs\u00e4ure grasgr\u00fcn, \u00e4hnlich wie Digitalin.\nH)\tSamandarin.\nZalesky 1 hat aus dem Hautdr\u00fcsensecrete von Salamandra maculosa den giftigen Bestandteil auf folgende Weise isolirt. Der w\u00e4ssrige heisse Auszug wurde mit Phosphormolybd\u00e4ns\u00e4ure gef\u00e4llt, der Niederschlag mit Barytwasser zersetzt, der Baryt\u00fcberschuss mit Kohlens\u00e4ure entfernt, das Filtrat im Wasserstoffstrome auf dem Wasserbade zur Trockne eingedampft. Bevor der Pi\u00fcckstand ganz trocken ist, bilden sich reichlich Krystallnadeln, die beim v\u00f6lligen Trocknen wieder verschwinden; der R\u00fcckstand ist dann amorph, l\u00f6st sich gr\u00f6sstenteils leicht in Wasser. Zalesky nennt ihn Samandarin. Dasselbe ist eine alkalisch reagirende Base; es wird beim Eindampfen seiner L\u00f6sung theilweise verharzt, die salzsaure Verbindung bildet auch beim Eindampfen der L\u00f6sung zun\u00e4chst Krystallnadeln, die beim v\u00f6lligen Trocknen verschwinden. Die Analyse f\u00fchrte zu der Formel: Cos\t\u00f6i o \u2022 2 HCL Durch Platinchlorid wird das Samandarin ge-\nf\u00e4llt, aber sofort zersetzt.\n1\tValenciennes, Kopp\u2019s Jahresber. 1861. S. 803.\n2\tCasali, Maly's Jahresber. 1S73. S. 64.\n3\tFornara, Ebenda. 1877. S. 74.\n4\tZalesky, Hoppe-Seyler. Med.-chem. Unters. S. 85.","page":623},{"file":"p0624.txt","language":"de","ocr_de":"NACHTRAG zu Seite 594:\nVon den Produeten der trockenen Destillation des Glutins sind nocli folgende kurz zu beschreiben:\nPyrrkol, CaHX, ist eine farblose, \u00f6lige Fl\u00fcssigkeit von chloroformartigem Ger\u00fcche. Siedepunkt 120.2\u00b0 (bei 746.5 mm Hg). Es f\u00e4rbt sich an der Luft allm\u00e4hlich dunkel, l\u00f6st sich nicht in Wasser und Alkalien, langsam in S\u00e4uren, leicht in Alkohol und Aether. Mit S\u00e4uren erw\u00e4rmt spaltet es sich in Ammoniak und unl\u00f6sliches Pyr-rholroth: CnHuX\u00efO. Einen mit Salzs\u00e4ure benetzten Fichtenspahn f\u00e4rbt es intensiv carminroth. Es bildet sich namentlich bei der trockenen Destillation von schleimsaurem Ammoniak.\na- und \u00df-Homopyrrhol, C0 H X, sind dem Pyrrkol ganz \u00e4hnliche Fl\u00fcssigkeiten, werden ebenso wie dieses von Kalium unter Wasserstoffentwicklung in Kaliumverbindungen G, Ha A A (wie C\\ II\\ K\\ ) \u00fcbergef\u00fchrt. Siedepunkt 147\u2014148\u00b0, bez. 142\u2014143\".\nDimetkylpyrr hol, CHX, gleicht den vorigen; Siedepunkt 165\u00b0 (bei 752 mm Hg).\nPyrocoll, C[oH]A2O2, krystallisirt in grossen, d\u00fcnnen, elastischen, fast farblosen, perlmuttergl\u00e4nzenden Bl\u00e4ttchen, welche in Wasser gar nicht, in kaltem Alkohol, Aether, Benzol und Eisessig nur spurweise, leichter in siedendem Chloroform, Alkohol, Xylol und besonders Eisessig l\u00f6slich sind. Schmelzpunkt 268\u2014269\u00b0; es subli-mirt aber ohne vorher zu schmelzen. Durch kochende Kalilauge wird es in Carbopyrrhols\u00e4ure: C-JhXOi \u00fcbergef\u00fchrt, durch alkoholisches Ammoniak in Car b 0 py r r h 01 a m i d Cb H A 2 O (W eidel und Ciamician).","page":624}],"identifier":"lit37392","issued":"1883","language":"de","pages":"447-624","startpages":"447","title":"Erster Theil: Chemie der Absonderungen und Gewebe","type":"Book Section","volume":"5"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:40:54.740384+00:00"}