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{"created":"2022-01-31T16:42:04.924002+00:00","id":"lit37427","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Burghold, Fritz","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 90: 60-74","fulltext":[{"file":"p0060.txt","language":"de","ocr_de":"Ober toxische Zust\u00e4nde bei Phlorhizinanwendung und ihre Beziehung zur v\u00f6lligen Kohlehydratverarmung des Organismus\nund zur Leber.\nVon \"\nFrits Burghold.\n\"Mit einer Kurvenzeichnung im Text.\n(Aus der medizinischen Klinik in Heidelberg.)\n.Der Redaktion zugegangen am 16. Februar 1914.)\nIn der vorstehenden Abhandlung ist auf einen eigent\u00fcmlichen Intoxikationszustand bei phlorhizinierten Hunden hingewiesen, der in der bisherigen Phlorhizinliteratur merkw\u00fcrdigerweise fast ganz vernachl\u00e4ssigt worden ist. Nur v. Me rin g berichtet einmal \u00bb\u00fcber diesen Zustand und bringt ihn z\u00fciri Koma diabeticum in Beziehung, da er \u00df-Oxybutters\u00e4ure im Harn fand. Sonst findet man in der Literatur au\u00dfer einer Bemerkung von Halsey und Lusk, die den Intoxikationszustand auf Verunreinigung des Pr\u00e4parates zur\u00fcckf\u00fchren, keine weiteren Angaben.\nIm hiesigen Laboratorium wurde die Untersuchung dieses Zustandes geradezu dringend, als man es unternahm, die bekannte Fleischintoxikation der Eck- Hunde durch Eiwei\u00dfzerfall hervorzurufen, wie er durch den Einflu\u00df des Phlorhizins beim Hungertier eintritt. Lie\u00df man die Hunde hungern und gab ihnen gleichzeitig Phlorhizin, so konnte man fast regelm\u00e4\u00dfig eine Intoxikation beobachten, deren Symptome in der vorangehenden Arbeit ausf\u00fchrlich geschildert worden sind. Man k\u00f6nnte zun\u00e4chst an eine Intoxikation denken, die an die durch . die Operation geschaffenen Verh\u00e4ltnisse gebunden sei, aber schon v. Me rings Beobachtung, die an einem Normaltier geschah, und auch weitere Beobachtungen dieser Art. zeigen,","page":60},{"file":"p0061.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber toxische Zust\u00e4nde bei Phlorhteinanwendung usw. 61\nda\u00df ihr der Normalhund ebenso ausgesetzt sein kann \u2014 aber was besonders betont sei \u2014 erst sehr viel sp\u00e4ter und schwerer. Also man hat nicht eine spezifische Krankheitserscheinung des Eckhundes vor sich, sondern einen Zustand, der durch die Ec ksche Operation beg\u00fcnstigt wird. Die E ck sehe Operation bedeutet eine partielle Ausschaltung der Leberfuriktion. Die Beg\u00fcnstigung der Intoxikation kann nun eine reine Insufficienz-.. erscheinung der partiell ausgeschalteten Leber sein, die durch Degenerationsvorg\u00e4nge noch erleichtert werden kann, virorauf die histologischen Befunde hinweisen. Man findet die Leberzellen an Protoplasma verarmt und teilweise auch Kemde^ene-rationen. Auff\u00e4llig ist ferner ein starker Fettgehalt der Leber.\nDie Untersuchungen haben gezeigt* da\u00df die: Fettleber immer sehr arm an Glykogen ist. Dieser Umstand und die niedrigen Blutzuckerwerte, die bei dem Intoxikationszustande beobachtet wurden, legten eine Untersuchung der Glykogeo-verh\u00e4ltnisse nahe.\nDie Versuche wurden an Eckhunden ausgef\u00fchrt. Sie wurden auf vollkommenen Hunger gesetzt bej gestatteter Fl\u00fcssigkeitszufuhr und bekamen gleich am ersten Tage 1 g Phlorhizin in ca. 10 ccm Oliven\u00f6l subcutan injiziert! Diese Applikationsweise sichert eine lange Dauer der Phlorhizinwirkung. Durch die Versuchsanordnung sind verschiedene Faktoren gegeben, welche f\u00fcr sich einen Einflu\u00df auf diej Glykogenverh\u00e4ltnisse des K\u00f6rpers aus\u00fcben.\tt\n1.\tVerwenden wir Eckhunde, also Tiere mit partiell ausgeschalteter Leber.\n2.\tStehen diese Tiere unter dem Einflu\u00df des Hungers.\n3.\tUnter dem Einflu\u00df des Phlorhizins.\n\u00dcber die Glykogenverh\u00e4ltnisse bei Ec k hunden liegen einzig die Versuche von de FUippi vor. Er fand, da\u00df seihe Tiere nach ihrem relativen Gewicht und Gehalt an Glykogen eine Leber darbieten, welche der Leber voa Tieren im inanitions-zustand entspricht. Hingegen weist das .Muskelsystem ganz normale Glykogenmengen auf. Diese Angaben lassen vermuten, da\u00df auch bei uaseren Versuchen ein geringer Glykogengehalt der Leber zu erwarten ist. Anderseits kann man daraus keinen","page":61},{"file":"p0062.txt","language":"de","ocr_de":"Fritz Burghold, ;\nSchlu\u00df auf die glykogenbildende F\u00e4higkeit der Leber machen. Die Leber stellt ein Depot f\u00fcr das Glykogen dar, welches nicht z\u00e4he seinen Bestand festh\u00e4lt, sondern ihn an die zuckerbed\u00fcrftigen Muskeln weiter gibt.\n\u00dcberblickt man die Resultate der Glykogenbestimmungen bei Hungertieren, so findet man, da\u00df selbst nach einer sehr langen Dauer des Hungers immer noch Glykogen im K\u00f6rper vorhanden ist. . Voraussetzung bei diesen Bestimmungen ist, da\u00df eine exakte quantitative Methode verwendet wird. Das Wort \u00abglykogenfrei\u00bb ist ja von Pfl\u00fcger einer strengen Kritik unterzogen worden, und manche Anschauung \u00fcber Glykogenfreiheit hat sich als Ergebnis von Versuchsfehlern erwiesen. Ganz abgesehen davon ist der Ausdruck Glykogenfreiheit ein sehr relativer Begriff. Es k\u00f6nnen momentan geringe Glykogenmengen vorhanden sein, ohne da\u00df eine Glykogenersch\u00f6pfung des Organismus vorliegt. Es sei hier an die regeneratorische Glykogenproduktion im Hunger erinnert, die doch beweist, da\u00df das Glykogen ein Stoff ist, dessen Verlust der K\u00f6rper mit allen Mitteln zu verh\u00fcten sucht. Eine charakteristische Eigenschaft des Blutes liegt in der. Bewahrung einer m\u00f6glichst konstanten Zusammensetzung. Die Glykogenregeneration im Hunger dient der Erhaltung des Blutzuckers. Das Blut zieht mit aller Z\u00e4higkeit den Zucker an sich. Erst aus dem Sinken des Blutzuckers kann man auf die jeweilige Bildung und die absoluten Men gen Verh\u00e4ltnisse des Glykogens schlie\u00dfen. Bierry und Fandard haben k\u00fcrzlich wieder die Glykogenfunde selbst hei l\u00e4nger andauerndem Hunger best\u00e4tigt.\nDie Frage Phlorhizin und Glykogenhaushalt des Organismus ist zurzeit nicht ganz klar gestellt, da man \u00fcber das wahre Wesen des Phlorhizindiabetes noch nicht zu einer Einigung gekommen ist. So viel steht aber fest, da\u00df es sich nicht, wie beim Diabetes mellitus, um eine Glykosurie infolge von Hyperglyk\u00e4mie b\u00e4ndelt, die ja einen verst\u00e4rkten Glykogenumsatz auch in der Leber zur Voraussetzung hat.\nGlykogenbildende Funktion der Leber und renale Zuckerausscheidung scheinen nicht direkt in Beziehung zu stehen. Auf diese Relation komme ich weiter unten noch einmal zur\u00fcck.","page":62},{"file":"p0063.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber toxische Zust\u00e4nde bei Phlorhizinanwendung usw. 68\nDie Versuche, welche sich auf Tiere erstrecken, die hungern und mit Phlorhizin vergiftet sind, zeigen, da\u00df bei Verwendung der PflQgerschen Bestimmungsmethode selbst nach l\u00e4ngerer Zeit der Glykogenvorrat nicht ersch\u00f6pft gefunden wurde. Weiter untenstehende Tabellen werden die Wirkung der einzelnen Faktoren der Versuchsanordnung auf die Glykogenverh\u00e4ltnisse verdeutlichen. \u2019\nWie schon oben erw\u00e4hnt, liefen wir die Tiere hungern und injizierten ihnen gleich am ersten Tage 1 g Phlorhizin in ca. 10 ccm 01 suspendiert subcutan. Es wurden jeden Tag die tr\u00e4sgeschiedChen Zuckermengen nach Bertrand bestimmt, ebenso besonders bei den ?. ^en Vers\"chen t\u00e4ghch die Blutzuckerh\u00f6he nach Bertrand in der Modifikatmn von Frank und MSekel. Die T\u00f6tung der Tiere geschah durch Chloroform und zwar einmal im vollkommen entwickelten Intoxikationszustand, sonst im Beginn des komat\u00f6sen'Zustandes,'wenn diu Pupillenreaklion erlosch. Zur Glykogenbestimmung wurde die abgek\u00fcrzte Pflugersche Methode benutzt. Der Zuckeigebalt der am Ende gewonnenen L\u00f6sung wurde nach Bertrand bestimmt. Es Sei besonders betont, da\u00bb durch Arbeitsteilung die Zeit von der T\u00f6tung bis zum Bin-bnngen in die Kalilauge aufs m\u00f6glichste beschr\u00e4nkt wurde und h\u00f6chstens ca. 5 Minuten betrug. Die Filtrierung wurde durch Zentrifugierung ersetzt; um m\u00f6glichst genau zu verfahren, wurde'die Fl\u00fcssigkeit \u00fcber dem auszentrifugierten Bodensatz filtriert und die Filter ausgekocht.\n. . Bevor ich die Resultate wiedergebe, seien \u00fcr besseren Orientierung der Glykogenverh\u00e4ltnisse unter den verschiedenen Bedingungen einige Werte tabellarisch wied\u00e8rgegeben, die den Arbeiten Pfl\u00fcgers, Bierry und Fandards, K\u00fclz\u2019, Praus-\nmtz\u2019 und v. Merings entnommen,sind und als Vergleichswerte gelten sollen. '\t8\nGlykogengehalt bei Hunger.\nZeit der Karenz Tage\tGlykogen der Leber ; \u2022\u2022 >\tGlykogen der Muskeln , . */\u00ab ,\td\t'\t:\t*.*\u2022 \u2022\t\u25a0\n28 38\t4,43\t!\t0,1465 0,018\tPfl\u00fcger\n. 28\t1,48\t^ : > 0.15\tBierry und\n\t* \u2022 v\t'.\t\u2022 :..r. > ' \u2022'\t-\t* _ , \u25a0- . - \" \u25a0\tPandard","page":63},{"file":"p0064.txt","language":"de","ocr_de":"Fritz Burghold,\nH unger und P hl or hi z i n.\nZeit der Karenz Tage\tKarenz -j- Phlorhizin Tage\tGlykogen der Leber V\tGlykogen der Muskeln\t*\n. .4.\t: :\t\u25a0 7\t1,55\t\u2014 -\t\no \u00e9\u00e9 \u25a0-\t;\t5 .\t0,14\t\u25a0\u25a0 \u2014\tK\u00fclz\n4 .\t4\t0,83\t\u2014\t\n\t12\tSpuren\t0,3\t\n\u2014 -\t8\t0,1125\t0,202\tPrausnitz\n7\t9\t0,057\t0,198\t\nWM\t\t0,33\t0.35\tv. Mering\nEigene Versuche.\nGlykogenbestimmungen bei E ck-Hundcn zur Zeit der Phlorhizinintoxikation.\nBemerkungen\t\\eber g\tMuskeln g\tHerz g\tEr- n\u00e4hrungs- zustand\tZeit vom Versuchsanfang bis zum Koma\nHund Nr. 197, im voll entwickelten Koma get\u00f6tet. Hund Nr. 225,13200 g, im\t0\t0\t0,134\tgut\t5 Tage\nKrampfanfall get\u00f6tet * . Hund Nr. 229,10200 g, bei eint retend. Koma get\u00f6tet UnnJ AI\u00ab (IAO />tnA _\tL.:\t0,01\t0,05\t0,23\t\t7 > .\n\t0,03\t0,01\t0,21\tmittelm\u00e4\u00dfig\t5 >\ntiuna i\\r. iiw, t>ouu g, bei eintretend. Koma get\u00f6tet\t0,02\t0,06\t0,20\tgut ern\u00e4hrt\t6 \u00bb\nHund Nr. 196,10600 g, bei eintretend. Koma get\u00f6tet\t0,01\t0,008\t0,26\t\u2014\t:\t5 >\nHund Nr. 234,16500 g, im Krampfanfall get\u00f6tet. .\t0,015\t0,009\t0,22\tschlecht ern\u00e4hrt\t3 \u00bb\nVergleicht man die letzte Tabelle, welche die Glykogen* Werte bei meiner Versuphsanordnung wiedergibt, mit den beiden vorhergehenden Tabellen, und ber\u00fccksichtigt man die kurze Hungerzeit von 3\u20147 Tagen, so mu\u00df man diese Werte als sozusagen verschwindende bezeichnen und kann schon hieraus den Schlu\u00df ziehen, da\u00df dieser auffallend niedrige Glykogengehalt bei der Wichtigkeit des Glykogens als Zelln\u00e4hrstoff nicht ohne sch\u00e4digenden Einflu\u00df auf deo Organismus","page":64},{"file":"p0065.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber toxische, Zust\u00e4nde bei Phlorhizinanwendung usw. 65\nbleiben kann. Pfl\u00fcger macht in seinem Werk \u00fcber das Glykogen darauf aufmerksam, da\u00df der Glykogengehalt der Leber und Muskeln au\u00dferordentlichen Schwankungen Unterworfen ist. Die oben angef\u00fchrten Tabellen lassen solche Unterschiede deutlich erkennen.\nDie Glykogenbestimmungen geben immer nur ein Momentbild aus dem Glykogenbestand dieser Organe wieder. Einmal findet man in den Muskeln mehr Glykogen als in der Leber, ein andermal ergibt sich das umgekehrte Verhalten. Die heutige Anschauung ist ja die, da\u00df die Leber ein Glykogendepot ist, und wenn man sich die Leber als solches vorstellt, darf 'es nicht wunderlich erscheinen, da\u00df solche Schwankungen auf-treten. Als echtes Depot mu\u00df sich die Leber m\u00f6glichst reaktiv gegen\u00fcber den Bed\u00fcrfnissen ihrer Abnehmer Verhalten. Sie darf nicht Glykogen zur\u00fcckhalten, auch bei reichlicher Zuckerzuf\u00fchrung, wenn die Muskeln dessen bed\u00fcrfen. So dart es nicht wundernehmen, da\u00df die Hungerleber bei Zuckerzufuhr nicht sofort Glykogen bildet, wie K\u00fclz und andere beobachteten. v Das beruht wahrscheinlich nicht a\u00f6f einer Unf\u00e4higkeit der Leber, Glykogen in diesem Zustand festzuhalten, sondern es ist so zu erkl\u00e4ren, da\u00df die gr\u00f6\u00dfere Bed\u00fcrftigkeit der \u00fcbrigen Organe, vor allem sei an das Herz gedacht, befriedigt wird,\tEs sei an dieser Stelle noch einmal auf *\nde Filippis Befunde bei Hunden mit Eck scher Fistel hingewiesen. Die Hunde haben bei reichlicher Zuckerzufuhr eine Hungerleber, w\u00e4hrend*der Glykogengehalt der Muskeln dem reichlich ern\u00e4hrter Nprmalhunde entspricht. Er leitet daraus f\u00fcr das Normaltier ab, da\u00df die Muskeln ihr eigen\u00e8s Glykogen direkt aus dem Zucker darstellen, der entweder der Spaltung des Leberglykogens oder dem Verdauungstraktus. entstammt, nachdem er die Leber durchstr\u00f6mt hat und diese nicht imstande ist, ihn ganz aufzuhalten, sei es, da\u00df die Zuckermenge zu gro\u00df ist, oder da\u00df die Leber selbst schon mit Glykogen \u00fcberladen ist. Man hat sich das Verhalten des Glykogens Jeim Eck-Hund vielleicht so zu denken, da\u00df die Muskeln inklusive Herz ihr Glykogenbed\u00fcrfnis befriedigen ~ vielleicht auch \u00fcber das notwendige Ma\u00df hinaus, wie Versuche ergeben\nHoppe-Seylcr s Zeitschrift f. physiol. Chemie. XC.\t5 .\t.","page":65},{"file":"p0066.txt","language":"de","ocr_de":"66\tv Fritz Burgholi},\nhaben \u2014 und die Leber auf dem Wege der Arteria hepatica den Restzucker deponiert.\nPhlorhizin und Hunger stellen ungeheure Forderungen an den Organismus, besonders in bezug auf das Glykogen. Wir haben bei unserer Versuchsanordnung eine durch Phlorhizin verst\u00e4rkte Karenz vor uns, welche direkt eine Ersch\u00f6pfung des Organismus zun\u00e4chst an seinen! Glykogenmaterial und dann, weil ja dieses sich verausgabt, an seinen zuckerbildungsf\u00e4higen Hilfstruppen veranla\u00dft. So erkl\u00e4rt sich vielleicht auch die auff\u00e4llige Konstanz der bei unserem Versuch gefundenen Glykogenmengen, obwohl die Dauer des Hungers eine verschiedene war (3\u20147 Tage). Die Tiere wurden eben in dem Moment get\u00f6tet, in dem sie sich 4n bezug auf ihr Glykogen in gleichen Verh\u00e4ltnissen befanden. Diese gleichen Verh\u00e4ltnisse sind in der fast v\u00f6lligen Verarmung des Organismus an dieser Substanz gegeben.\nIch glaube, man geht nicht fehl, wenn man bei dem Eintritt de\u00e4Komas, zu welcher Zeit ja meine Bestimmungen ausgef\u00fchrt wurden, eine fast vollkommene Glykogenliquidation annimmt. Eine St\u00fctze findet diese Behauptung in dem Verhalten des Blutzuckers, dessen Verh\u00e4ltnisse besonders bei den letzten ' Versuchstieren gut \u00fcbersehbar sind.\nF\u00fcr den Phlorhizindiabetes ist eine Hypoglyk\u00e4mie typisch. Zur besseren, Illustrierung der Blutzuckerverh\u00e4ltnisse seien wieder vergleichende Tabellen angef\u00fchrt, die den Einflu\u00df der verschiedenen Faktoren der Versuchsanordnung auf den Blutzucker wiedergeben.\nDer Blutzuckergehalt des Eck-Hundes ist ungef\u00e4hr normal, 0,1-0,09.\nBlutzucker bei Karenz.\nNach Bierry und Fandard.\nHund 29 kg. Vo\u00e7 dem Versuch\t0,08 \u00ae/o\nNach 14 t\u00e4giger Karenz 0,13 #/o *\t24 \u00bb\t\u00bb\t0,04\u00b0/#\nBlutzucker bei Phlorhizin und Nahrung.\nVersuche von Schlesinger und Czyhlarz.\nBei 22 Bestimmungen an 7 Phlorhizinhunden lagen die Werte zwischen 0,06\u20140,14\u00ae/#. Es wurde niemals eine Zunahme beobachtet, j","page":66},{"file":"p0067.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber toxische Zust\u00e4nde bei Phlorhizinanwendung usw. 67\nEigener Versuch.\t> .\nNormalhund bei Hunger und Phlorhizin.\nBlutzucker vor dem Versuch 0,09 \u00b0/o. \u2014 Der Hund bekommt am 16. I. 1 g Phlorhizin in Oliven\u00f6l suspendiert, subcutan und hungert. Blutzucker am\t17.\tI.\t0,072\u00b0/o 1. Hungertag .\n\u00bb\t\u00bb\u2022\t18.\tI.\t0,060\u00b0/o 2.\n\u00bb\t19.\tI.\t0,080\u00ae/o 3.\n\u00bb\t\u00bb\t20.\t1.\t0,07 \u00ae/o 4.\n>\t>\t21.\tI.\t0,045\u00b0/\u00ab 5.\n,\t>\t22.\tI.\t0,072\u00b0/\u00ae 6.\n\u00bb\t23. I. 0,10\u00b0/\u00ab 7.\n\u00bb\t\u00bb 24. I. 0.072\u00b0/\u00ab 8.\n, ZuCkeraussclieidung l\u00e4\u00dft nach, bekommt weder 1 g Phlorhizin.\n\u00bb \u2022\u2022 . \u2022 *,\u2022*,.\t' . ' V\t' \u2022 .\t\u2022\t. !\n\u2022 ; . . .\u2022\u2022 \u2022 \u25a0. ' . i . \u2022 \u00bb . \u2022 *\t\u2022;. . / \u2019\n* Im Urin noch Zucker.\nEigene Versuche.\nB1 utzucker und Harnzucker bei phlorhizinierten Eck-Hun^den. Hund Nr. 229 bekommt am 6. XII. Phlorhizin und hungert seitdem.\nTag\tUrinmenge\tZu<\tiker\tBlutzucker\n\tccm\t; %\tg\t: > :\n7. XII.\t255\t\t8,16\tfr\u00fch nachm/\n8.\t400\t3,7\t15,08\t04)9\t0,07 ,\n9.\t360\t4,57\t16,45\t0,07\t\u2014 /\n10.\t560\t4,7\t26,32\t0,04\t\u2014\n11.\t570\t4,1\t23.37 89.38\t0,90\t\u2014\nDer Hund ist am 11. XII. 12 fr\u00fch sehr hinf\u00e4llig; Stuhlgang stark bluthaltig, IIV4 Uhr wird Blut entnommen. Bertrand-Bestimmung ergibt* nur Eigenreduktion. Pupillenreaktion erloschen; Der Hund wird get\u00f6tet, Sektion ergibt Fistel in Ordnung, starke Darmschleimhautblutungen.\nHund 303 bekommt am 6. XIV. 13 1 g Phlorhizin und hungert seitdem.\nTag\tUrinmenge\tZucker\t\tBlutzucker\t\n\tccm\t\u00b0/o\tg\tjms.\t\n; 7. XII.\t85\t6,2\t5,27\t0,03\t: /V; \u25a0\n8.\t460\t3,9\t18,03\t0,09\t\n9.\t310\t2,54\t7,87\t0,056 '\t; \u2022 ; - /\tiv'vl\n10.\t\t\t\tnachm.\t\n\t220\t0,256\t0,56\t0,05*)\t*) Hatte fr\u00fch wieder\n11. 12.\t510 310\t2,1 5,3\t10,71 16,58\t0,02 0,00\t1,0 g phlorhizin Immen.\n\t\t\t59,02\t\tJ.....\t\u2022","page":67},{"file":"p0068.txt","language":"de","ocr_de":"68\tFritz Burghold,\nGewicht am 8. XII. 6,600 g, am 11. XII. 5,200 g. Blutzucker am 12. XII. fr\u00fch auf 0 gesunken. W\u00e4hrend das Tier sonst sehr lebhaft war, wurde es an diesem Tage frijh morgens auffallend ruhig, Kr\u00e4mpfe waren aber noch nicht eingetreten, dis es get\u00f6tet wurde. Die Sektion ergab den Eindruck eines sehr gesunden Tieres. Die Organe hatten ein an\u00e4misches Aussehen. Die Darmschleimhaut zeigte die typischen Blutungen. Die Fistel war vollkommen in Ordnung.\nHund Nr. 234 bekam am 13. XII. Phlorhizin. Das Tier war stark abgemagert. Gewicht 12,500 g.\nTag\tUrinmenge\tZucker\t\tBlutzucker\n\tccm\t\u00b0/0\tg\t\n14. XII.\t940\t3,2\t30,08\t0,05\n\t460\t:;y 6,7\t30.82 60,90\t0,00\nDer Hund bekam am Nachmittag des 15. XII. Kr\u00e4mpfe. Blutzuckerbestimmung ergab nur Eigenreduktion. Das Tier wurde sofort get\u00f6tet. Die Sektion ergab vollkommen fettfreie Organe und Fehlen des Unterhautlettes, ferner die typischen Darmschleimhautblutungen. Die Fistel war in Ordnung.\nDie Tabelle von Bierry und F an dard l\u00e4\u00dft ersehen, da\u00df der Hunger schon eine Verminderung des Blutzuckers bewirkt. Im Anfang desselben bleibt er konstant, solange der deponierte Glykogenvorrat ausreicht, dann aber sinkt er ab. Vor g\u00e4nzlichem Schwinden sch\u00fctzt ihn der eintretende Eiwei\u00dfzerfall und der dadurch gebildete Zucker.\nF\u00fcr das Verhalten des Blutzuckers bei Phlorhizindiabetes sind vor allem die Arbeiten von Erlanden und Bang wichtig. Trotz der enormen Zuckerausscheidungen gibt das Blut nicht seinen gesamten Zucker ab. B \u00e0 n g s Untersuchungen beweisen, da\u00df dieses Verhalten auf einem kompensatorischen Glykogenumsatz in der Leber beruht. Die Leber produziert Zucker, welcher den Blutzuckergehalt unterh\u00e4lt, was aber nach Er Lands en eine sekund\u00e4re Regulierungserscheinung ist, da sich diese Zuckerproduktion nicht zu der vom Aderla\u00df bewirkten Zuckerproduktion\u2018addiert.\nBei den oben erw\u00e4hnten inkonstanten Glykogenverh\u00e4ltnissen ist der Blutzucker das einzige Mittel, welches uns einen Einblick in die zurzeit herrschenden Glykogenverh\u00e4ltnisse er-","page":68},{"file":"p0069.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber toxische Zust\u00e4nde bei Phlorhizin&nwendung usw.\nlaubt. Bei unserer Untersuchung erreicht der Blutzucker Werte, welche unter 0,02 \u00b0/o herabgingen, und beim Eintritt des Komas gab die Bertrandsche Methode nur noch Eigenreduktion, ein\ndie Depots, welche den Blutzuckergehalt \u2014 der ja ebenso wie die Kaliumkonzentration innerhalb gewisser Grenzen mit gro\u00dfer Z\u00e4higkeit festgehalten wird \u2014 sonst aufrecht erhalten, versagen. Nach Bang ist es die Leber nicht allein, welche den Blutzucker bildet, da zwar die Leberexstirpation ein Sinken des Blutzuckergehaltes mit sich bringt, aber doch nicht sein Verschwinden veranla\u00dft. Diese Erscheinung mu\u00df man sich durch sekund\u00e4re Depots erkl\u00e4ren. Diese sind noch nicht exakt nachgewiesen. Aber da n\u00e4chst der Leber die Muskeln die glykogenreichsten Organe des Organismus sind, so k\u00f6nnte man sie. teleologisch betrachtet, als sekund\u00e4re Depots ansehen. Wenn sie das Glykogen zu ihrer Funktion auch notwendig brauchen, so w\u00e4re es nicht ganz von d\u00e9r Hand zu weisen \u2014 da sie, wie andere Versuche gezeigt haben, Glykogen \u00fcber das augenblickliche Bed\u00fcrfnis enthalten k\u00f6nnen \u2014, da\u00df sie Zucker an das Blut abgeben, um die Funktion lebenswichtigerer Organe aufrecht zu erhalten, z. B. die des Herzens. Da\u00df das Herz notwendig Glykogen \"braucht, ergibt sich aus dem z\u00e4hen Festhalten des Glykogens, wie es auch in meinen Bestimmungen zum Ausdruck kommt, eine Erscheinung, die ihr Analogen in der ungleichen Gewichtsabnahme der Organe im Hunger li\u00e2t.\nSind auch solche sekund\u00e4re Depots vorhanden, so ergibt doch die Tatsache, da\u00df bei normalen Hunden bei Hunger mit Phlorhizin nicht diese abnormen Blutzuckerwerte auftreten, unzweifelhaft, da\u00df der EckiHund anderen Verh\u00e4ltnissen unterliegt. Also ist der Schlu\u00df berechtigt, da\u00df die partielle Leberausschaltung mit dem Blutzuckerbefund in Zusammenhang steht. Es m\u00fcssen Verh\u00e4ltnisse vorlieg\u00e8n, in denen die sekund\u00e4ren Glykogendepots ihre F\u00e4higkeit, zur Aufrechterhaltung der Blutzuckerh\u00f6he beizutragen, verlieren. Und das kann man sich so erkl\u00e4ren^ da\u00df dieser Beitrag zum Biutzucker von den Hilfsdepots nur erfolgen kann auf dem Wege z. B. f\u00fcr die Muskeln, Muskelglykogen, Zucker, Blut-","page":69},{"file":"p0070.txt","language":"de","ocr_de":"*7D\tFritz Burghofo,\nzucker. Das Muskelgiykogen r\u00f6hrt nun, wie oben dargelegt worden ist, entweder vom Leberglykogen her oder direkt vom Zucker, welcher die Leber passiert hat, ohne erst deponiert zu werden. Treten aber Verh\u00e4ltnisse wie im Hungerzustand ein, wo schlie\u00dflich das aus prim\u00e4rem Zucker gebildete Glykogen schwindet, s\u00f6 wird der Zuckerbedarf durch den \u00dcbergang von Eiwei\u00df in Zucker gedeckt. Die Muskeln k\u00f6nnen jetzt ihren Glykogenbedarf nicht so unmittelbar decken wie fr\u00fcher, es mu\u00df erst an einem anderen Ort die Eiwei\u00df-Zucker-Verwandlung eintreten, und dann kann aus dem entstandenen Zucker das Muskelglykogen gebildet werden. Die Muskeln sind also bei diesen Verh\u00e4ltnissen in ihrer direkt glykogenbildenden F\u00e4higkeit beeintr\u00e4chtigt, und das wird sich auch bei ihrer Zuckerbeisteuer zum Blutzucker bemerkbar machen.\nWarum tritt nun aber gerade bei dem Eck-Hund diese starke Blutzuckerabnahme auf? Ist nicht vielleicht, da bei ihm die Leber partiell ausgeschaltet ist, daran zu denken, da\u00df der zweite Modus der Glykogenbildung aus Eiwei\u00df mit diesem Organe irgendwie im Zusammenhang steht ?\nEiner solchen Anschauung scheinen die Arbeiten von Pick und Frank und Isaak entgegenzustehen. Pick zerst\u00f6rte die Leber partiell durch S\u00e4ureinfusion und setzte die Tiere der Phlorhizinvergiftung aus. Da trotzdem die Zuckerausscheidung bestehen blieb, schlo\u00df er daraus, da\u00df es fraglich sei, ob in F\u00e4llen, in denen die Zuckerbildung auf Kosten von zerfallendem Gewebematerial erfolgt, wie beim Phlorhizin-Diabetes, der Leber eine wichtige Aufgabe zugeteilt sei. Ebenso kamen Frank und Isaak durch die Beobachtung, da\u00df trotz Phosphorvergiftung die Zuckerausscheidung noch bestehen bleibt, zu dem Schlu\u00df, da\u00df diese Zuckerausscheidung nicht an die glykogenbildende Funktion der Leber gekn\u00fcpft sei. Um unsere Versuchsergebnisse un\u00e4 die obiger Autoren vereinigen zu k\u00f6nnen, bedenke man folgendes: Die renale Zuckerausscheidung im Phlorhizindiabetes verl\u00e4uft ganz unabh\u00e4ngig von der glykogenbildenden F\u00e4higkeit der Leber. Sie ist, wie verschiedene Versuche gezeigt haben, scheinbar mit einer synthetischen F\u00e4higkeit der Nieren verkn\u00f6pft, und dann kann es nicht wunder-","page":70},{"file":"p0071.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber toxische Zust\u00e4nde bei Phlorhizinanwcndung \u00absw. /1\nnehmen, wenn bei partieller Lebersch\u00e4digung die Zuckeraus-scheidung nicht sinkt, Ein indirekter Zusammenhang besteht nur durch sekund\u00e4re kompensatorische Zuckerbildung aus Eiwei\u00df in der Leber. '\nDa\u00df nun der Eintritt des Komas mit dem starken Absinken des Blutzuckers \u00fcbereinstimmt, legte die Schlu\u00dffolgerung nahe, die starke Glykogenverarmung d\u00e9s K\u00f6rpers mit dem Koma in kausalen Zusammenhang zu bringen und dann weiterhin der starken Zuckerverarmung durch intraven\u00f6se Traubenzucker-injektion abzuhelfen.\nDieser Versuch wurde an Hund Nr. 209 unternommen. Er bekam am 22. XI. 1.5 g Phlorhizin su beut an. Das Blut hatte am Nachmittag des 24. XI; 0,02\u00b0 o Zucker, am 25. XI. bekommt der Hund nachmittags zwischen 4 und 5 Uhr heftige Kr\u00e4mpfe, welche nur durch kurze Pausen unterbrochen sind. Die Kr\u00e4mpfe gleichen vollkommen den epileptischen und sind von starker Salivation begleitet. Um */*6 Uhr bekommt der Hund 260 ccm einer einprozentigen Traubenzuckerl\u00f6sung injiziert. Kurze Zeit darnach werden die Kr\u00e4mpfe merkt i ch schw\u00e4cher und he schr\u00e4mken sich schlie\u00dflich auf Hals und Kopf, es besteht nur leichter Opisthotonus. 8 Uhr abends ist der Hund klar und krampffrei. Um 9 Uhr traten wieder Kr\u00e4mpfe ein, welche sich alsbald verst\u00e4rkten und bei der Injektion von ungef\u00e4hr 450 ccm einer 50/oigen Traubenzuckerl\u00f6sung noch andauern. Um 7*11 Uhr fand ich den Hund wieder vollkommen ruhig vor. Am Morgen des 26. XI. hat der Hund starke Salivation, aber keine Kr\u00e4mpfe. Er bekommt miit\u00e8ls 'Schlundsonde Milch, dre Salivation h\u00f6rt auf. Blutzucker 0,08 \u00b0/o. Der Hund wird stark dyspnoisch.\t\u2022\t.y-\t\u2018\nUm 10 Uhr erh\u00e4lt er nochmals durch die Schlundsonde 280 ccm einer 10\u00b0/oigen Zuckerl\u00f6sung. Temperatur hoch, starke Dyspnoe, keine Kr\u00e4mpfe, keine Salivation, keine Zahnfleischblutungen, kein blutiger Stuhl, nachmittags 4 Uhr nochmals Eingabe von Milch Und Zucker. Die H\u00e4lfte wird erbrochen. Abends 9 Uhr kommt der Hund ad exiturh. Sektion : Herz im starken K\u00f6ntraklionszustand, Magen stark gef\u00fcllt, Fistel in Ordnung, geringer Ascites, Blase wenig gef\u00fcllt-, ,<3ehim ohne Ver\u00e4nderung, typische Phlorhizinleber. Trotz des letalen Ausganges ist die Besserung nach dem ersten Krampfanfall bemerkenswert Der Hund hatte im ganzen -a. 25 g Traubenzucker intraven\u00f6s bekommen, der letzte Urin enthielt 10,5 g Zucker. Die zweite Zuckerinjektion kam. zu sp\u00e4t, es waren wahrscheinlich schon toxische Ver\u00e4nderungen im Gehirn vor. sich gegangen.\nDer Versuch ergibt, da\u00df zwar zeitweilig eine deutliche Besserung zu beobachten war, aber da\u00df einer direkten kau-salen Ableitung der Intoxikation von der Glykogenverarmung","page":71},{"file":"p0072.txt","language":"de","ocr_de":"\"2\tFritz Burghold,\nSchwierigkeiten im Wege stehen. Dergleichen Erscheinungen sind nicht ohne Analogie, wie man aus dem Versagen der Alkalitherapie bei Acidosis wei\u00df Man wird eben ausl\u00f6sende Ursache und eigentliches toxisches Moment zu unterscheiden haben.\nNur soviel steht fest: man beobachtet unter der Einwirkung des thlorhizins und des Hungers schwere Degenera-tionserscheinungen in der Leber. Die n\u00e4chste Folge ist eine St\u00f6rung in der glykogenbildenden Funktion der Leber. Da\u00df die Funktion der Leber gest\u00f6rt ist, ergibt sich auch aus der gesteigerten Urobilinausscheidung und der verminderten Harnstoffbildung, worauf in der vorhergehenden Arbeit ausf\u00fchrlich hingewiesen wird. Beim Eck-Tier wird diese Funktionsst\u00f6rung nat\u00fcrlich viel mehr ins Gewicht fallen. Die Folge der Funktionsst\u00f6rung ist der tiefe Blutzuckergehall. Die Glykogenarmut und das konsekutive Tiefsinken des Blutzuckerspiegels w\u00e4re sonach nicht die Ursache des Intoxikationszustandes, sondern nur eine Begleiterscheinung resp. Vorbedingung desselben.\nAnderseits kann man sich aber auch die Vorstellung bilden, da\u00df die Gegenwart des Zuckers hemmend auf die Degeneration wirkt, umgekehrt sein Fehlen die Degeneration zur vollen Entwicklung gelangen l\u00e4\u00dft. F\u00fcr diese Auffassung spricht, da\u00df nach Injektion von Zucker die Zahnfleischblutungen und der blutige Stuhl, also Hauptsymptome der Intoxikation, nicht . auftraten.\nEine weitere St\u00fctze dieser Ansicht ergibt die direkte Abh\u00e4ngigkeit der Zeit vom Anfang des Versuches bis zum Ausbruch des Komas von dem Ern\u00e4hrungszustand des Tieres. Hat das Tier gen\u00fcgend K\u00f6rpersubstanz zuzusetzen, so wirkt diese \u00e4hnlich wie die k\u00fcnstliche Zuckerzufuhr hemmend auf die Ausbildung des toxischen Zustandes. Umstehende Kurven veranschaulichen deutlich diese Abh\u00e4ngigkeit.\nBesonders fallt die oben erw\u00e4hnte Abh\u00e4ngigkeit beim Hund 234 auf, ein gro\u00dfes Tier von 12500 g Gewicht, welches sich aber beim Beginn des Versuches schon in einem schlechten Ern\u00e4hrungszustand befand. Schon 3 Tage gen\u00fcgten, um seinen (ilykogenbestand auf 0,01 f\u00fcr die Leber und 0,009 f\u00fcr die Muskeln herabzudr\u00fccken, w\u00e4hrend der in gutem Ern\u00e4hrungs-","page":72},{"file":"p0073.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber toxische Zust\u00e4nde bei Phlorhizintnwendung usw. 73\nzustand befindliche Hund 203 erst nach 7 Tagen ann\u00e4hernd so niedrige Glykogenwerte erreichte.\nBlutzucker \u2014 Ern\u00e4hrung \u2014 Zeit bis zum Koma.\n* Bekommt wieder Phlorhizin.\nAbscisse: Tage; 0 Tag der Phlorhizininjektion Und Anfang der Karenz. Ordinate: Blutzuckergehalt in Prozenten.\n\u2014 Hand 203 gut ern\u00e4hrt.\t'\n---------\u00bb 229 mittelm\u00e4\u00dfig ern\u00e4hrt.\n+ + + + \u25a0+ + +\t>\t234 schlecht ern\u00e4hrt.\nKurz zusammengefa\u00dft sind die Resultate dieser Untersuchung folgende:\n1.\tUnter Phlorhizinanwendung und Hunger sieht man toxische Zust\u00e4nde auftreten, besonders leicht beim Eck-Hunde.\n2.\tDie Phlorhizinintoxikation des Eck-Hund\u00e9s geht mit einer starken Kohlenhydratverarmung des Organismus einher.\n3.\tEine Sekund\u00e4rerscheinung ist ein abnorm tiefes Sinken,\nja Verschwinden, des Blutzuckers, was voraussetzt, da\u00df die Blutzuckerbeisteuer d\u00e9s Hauptdepots der Leber und der Hilfsdepots beeintr\u00e4chtigt ist.\t'\n4.\tDie Beeintr\u00e4chtigung der Leberfunktion ist eine Folge der abnormen Beanspruchung, die unter Hunger und Phlorhizin an sich herantritt und besonders bei partieller Blutableitung fCava-Porta-Anastomose) zum Ausdruck kommt\n5.\tDas durch diese Momente bedingte Verschwinden des Blutzupkers ist synchron mit der Intoxikation.","page":73},{"file":"p0074.txt","language":"de","ocr_de":"'fi\tF. Burghold, \u00dcber toxische Zust \u00e4nde bei Phlorhiz inan Wendung usw.\n6.\tTraubenzuckerinjektion vermag die epileptiformen Kr\u00e4mpfe, der Intoxikation zeitweilig zu sistieren.\n7.\t\u00c4hnlich wie die k\u00fcnstliche Zufuhr von Zucker wirkt ein guter Ern\u00e4hrungszustand der Tiere. Die Zeit vom Anfang des Versuches bis zum Eintritt des Komas ist direkt abh\u00e4ngig von ihm.\nLiteratur.\nHang. Lyungdahl und Bohin, Untersuchungen \u00fcber den Glykogenumsatz in der Kaninchenleber, Hofmeisters Beitr.. 1907, Bd. 10. S. 34.\t'\t*\nHang. .1., \u00abDer Blutzucker\u00bb, 1913.\t* V\nRiedl und Kolisch, \u00dcber Phlorhizindiabetes, Verhandl. d. 18. Kongr. f. inn. Med , 1900, Bd. 18, S. 573.\nBierry und L Fandard, C. r. de F Acad\u00e9mie des Sciences, Nr. 23, 1913.\nVariations de la glyc\u00e9mie pendant l'inanition. v.Czylharz, E., u. Schlesinger, Blutzuckerbestimmungen bei Phlorhizindiabetes, Wien. klin. Rundschau, 1901, Bd. 15, S. 743.\nErl a n dsi\u00bb n, Av, Untersuchungen \u00fcber den Phlorhizindiabetes, Biochemische 'Zeits\u00e7iirift, Bd. 23 u. 24, 1910.'\nFrank und Isaak. \u00dcber das Wesen des ges. Stoffwechsels bei der Phosphorvergiftung, Archiv f. exper. Path. u. Pharm., 1911, Bd. 61. S. 274.\nHalsey, \u00dcber den Phlorhizindiabetes bei Hunden, Sitzungsber. der Gesellschaft z. Bef\u00f6rd. d. gesamt. Wissensch. zu Marburg 1899,. S. 102. K\u00fclz und Wright, Zur Kenntnis der Wirkung des Phlorhizins resp Phloretins, Zeitschrift f. Biologie, 1800, Bd. 27, S. 181. de Filippi, Der Kohlehydratstoffwechsel bei Hunden mit Eckscher Fistel etc., Zeitschrift f. Biol., Bd. 49/50, 1907/08.\nFi sch 1er und Kos sow, Vorl\u00e4uf. Mitteil, \u00fcber den Ort der Acetonk\u00f6rperbildung etc., Deutsch; Arch. f. klin. Med., Bd. 111, 1913.\nGraham Husk, Krgebn. d. Physiol., 1913, Phlorhizinglukosurie, S. 315 - bis 392. .\nv. Me r i ng, \u00dcber Diabetes mellitus, Zeitschrift f. klin. Med., 1888, Bd. 14. S. 405, und 1889, Bd. 16, S. 431.\nMoritz und Prausnitz, Studien \u00fcber das Phlorhizindiabetes, Zeitschrift f. Riol., 1890, Bd. 27, S. 81.\nPfl\u00fcger, E., Das Glykogen, 1905.\nPick, Beziehungen der Leber zum Kohlehydratstoffwechsel, Archiv f\u00fcr exper. Pathol., 1894, Bd. 33, S. 305.\nZuntz, \u00dcber die Neubildung von Kohlehydraten im hungernden Organismus, Arch. f. Physiol., 1893, S. 378.","page":74}],"identifier":"lit37427","issued":"1914","language":"de","pages":"60-74","startpages":"60","title":"\u00dcber toxische Zust\u00e4nde bei Phlorhizinanwendung und ihre Beziehung zur v\u00f6lligen Kohlehydratverarmung des Organismus und zur Leber","type":"Journal Article","volume":"90"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:42:04.924009+00:00"}