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{"created":"2022-01-31T16:55:50.994350+00:00","id":"lit37461","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Stoklasa, Julius","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 62: 47-57","fulltext":[{"file":"p0047.txt","language":"de","ocr_de":"Ober die Zuckerabbau f\u00f6rdernde Wirkung des Kaliums. Ein Beitrag zur Kenntnis der aliment\u00e4ren Glukosurie.\nVon\nJulius Stoklasa.\n(Aus der chemisch-physiologischen Versuchsstation an der k. k. b\u00f6hmischen technischen\nHochschule in Prag.)\n(Der Redaktion zugegangen am 14. Juli 1909.)\nEine ganze Reihe von Forschern besch\u00e4ftigt sich neuestens mit der L\u00f6sung der Frage, wie weit der urs\u00e4chliche Zusammenhang des respiratorischen Stoffwechsels mit der Glukosurie reicht.\nSchon Rejnoso und Dechambre haben darauf hingewiesen, da\u00df die Hypergluk\u00e4mie auf eine mangelhafte Oxydation des Zuckers zur\u00fcckzuf\u00fchren sei. Voit und Pettenkofer,1) sowie v. Noorden2 3) und auch Colasanti und Bonanni8) haben diese Beobachtung durch ihre Experimente best\u00e4tigt. Sie haben ebenfalls verminderte Oxydation und infolge dessen geringere Ausscheidungen von Kohlens\u00e4ure beobachtet. Auch Leo4) fand, da\u00df der respiratorische Quotient bei einer schweren Glukosurie betr\u00e4chtlich vermindert worden ist. H e n r io t5 *) fand den. respiratorischen Quotienten w\u00e4hrend der Ver\u00e4nderung der Kohlenhydrate bei Gesunden gr\u00f6\u00dfer als 1 und bei Diabetikern 0,72\u20140,83.\nGegen diese Anschauungen sind allerdings andere Forscher aufgetreten und haben insbesondere bei experimentell herbeigef\u00fchrter Glukosurie die Bedingungen als weniger g\u00fcnstig f\u00fcr\n\u2018) Voit und Pettenkofer, Zeitschrift f\u00fcr Biologie, Bd. Ill, 1867.\n*) v. Noorden, Lehrbuch der Pathologie des Stoffwechsels, S. 54, Berlin, Hirschwald, 1893.\n3)\tColasanti und Bonanni, Bollettino della R. Acc. Med. di Roma 1887.\n4)\tLeo, Zeitschrift f. klin. Med., Bd. XIX, 1891, und Kongr. f. inn\nMed., Bd. VIII, 1889.\n*) Henriot, C. r. d. Soc. Biol., Bd. CXXV, 1892.","page":47},{"file":"p0048.txt","language":"de","ocr_de":"Julius Stoklasa,\ndie Entscheidung der Frage erkl\u00e4rt. So sagt in neuester Zeit S. La Franca1) in seiner Arbeit, betitelt \u00abUntersuchungen \u00fcber den respiratorischen Stoffwechsel bei experimenteller Glykosurie \u00bb, da\u00df die auf experimentelle Weise herbeigef\u00fchrten Ver\u00e4nderungen nicht als der Ausdruck eines ver\u00e4nderten Stoffwechsels betrachtet und verwertet werden k\u00f6nnen, sie seien vielmehr zu betrachten als die Folge eines sehr komplizierten Zustandes, in dem toxische und das Nervensystem betreffende Faktoren die Hauptrolle spielen.\nLetztere bewirken ihrerseits Ver\u00e4nderungen im Stoffwechsel aller Gewebe und in der ganzen Atmungsfunktion.2)\nAuch wir halten daf\u00fcr, da\u00df es notwendig ist. nicht nur an Gesunden, sondern auch an, mit aliment\u00e4rer Glukosurie Behafteten, Versuche anzustellen, keineswegs glauben wir aber, da\u00df auf experimentellem Wege am lebenden Tiere eine, in jeder Richtung einwandfreie Schlu\u00dffolgerung gestattet sei und da\u00df auf die, von uns wiederholt behauptete Rolle des Kaliums bei der in Rede stehenden pathologischen Erscheinung sorgf\u00e4ltig geachtet werden m\u00fcsse.\nDie folgende Arbeit hat nun den Zweck, zu zeigen, wie am normalen Organismus, ohne gewaltsamen Eingriff in seine Lebensfunktionen, der Einflu\u00df des Kaliums auf den Abbau des Zuckers sich geltend macht.\nDie von uns in den Tierorganen gefundenen glukolytischen Enzyme sind in vieler Hinsicht der Zymase und Lactacidase \u00e4hnlich. Wir haben nach unseren fr\u00fcheren Untersuchungen zweierlei Arten von Enzymen vor uns und zwar:\n1.\tDas Enzym \u00e4hnlich der Zymase, welches die Milchs\u00e4urebildung verursacht und\n2.\tdas Enzym \u00e4hnlich der Lactacidase, durch welches die Alkohol- und Kohlens\u00e4urebildung hervorgerufen wird.\n*) S. La Franca, Zeitschrift f\u00fcr experimentelle Pathologie und Therapie, Bd. VI, Heft 1, Berlin 1909.\n\u2022) Nach den Untersuchungen von S. La Franca ist der respiratorische Quotient bei der pankreatischen Glukosurie vermindert (ausge-schieden\u00e8 CO, und absorbierter 0 vermehrt), bei der Adrenalinglukosurie unver\u00e4ndert (CO, und 0 vermehrt), bei der Phloridzinglukosurie vermindert (CO, und 0 vermindert).","page":48},{"file":"p0049.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Zuckerabbau f\u00f6rdernde Wirkung des Kaliums. 49\nDie Oxydation des Alkohols geht bei Gegenwart von Sauerstoff vor sich und es entsteht Essigs\u00e4ure, aus welcher sich wahrscheinlich Methan bildet, Ameisens\u00e4ure und schlie\u00dflich Wasserstoff. Die gebildeten Spaltungsprodukte* * so weit sie noch oxydierbar sind, werden durch den hinzutretenden Sauerstoff der Luft zu Kohlendioxyd und Wasser verbrannt.\nBei den G\u00e4rungsversuchen, die wir mit glukolytischen Enzymen aus dem Pflanzenorganismus und Tierorganismus angestellt haben, konnten wir stets beobachten, da\u00df die G\u00e4rung der Monosaccharide und Disaccharide bei Zusatz von Kaliumphosphat viel energischer verlaufen ist. Kaliumphosphat1) ist bei der G\u00e4rung als Coenzym f\u00fcr die Zymase und Lactacidase zu betrachten.\nDa\u00df die fermentativen Prozesse des Kohlenhydratstoffwechsels in der lebenden Zelle unter Beeinflussung der katalytischen Metallwirkungen vor sich gehen k\u00f6nnen, wurde in neuester Zeit durch vielfache Experimente nachgewiesen. Ich verweise hier auf die kritische Arbeit von H. Schade.2) Dieser Forscher hob mit vollem Recht die Untersuchungen von Eff-ront3) hervor, welch letzterem es gelang, durch allm\u00e4hliche Gew\u00f6hnung der Heferassen an die Vegetation in fluorammonium-: haltigen L\u00f6sungen4) deren Verg\u00e4rungsverm\u00f6gen anhaltend um\n') Harden und Young konnten bei Gegenwart von Phosphaten ebenfalls eine Beschleunigung der G\u00e4rung konstatieren, ln der von diesen Autoren vor kurzer Zeit in Proc. Roy. Soc. B., 1908, Bd. LXXX, S. 299, erschienenen Arbeit \u00abThe alcoholic ferment of yeast-juice. Part III. The function of phosphates in the fermentation of glucose by yeast-juice* hei\u00dft es: \u00abWird ein Phosphat zu einem g\u00e4renden Gemisch von Glukose und Hefesaft zugef\u00fcgt, so erfolgt nicht nur eine zeitweilige Beschleunigung der G\u00e4rung, sondern au\u00dferdem noch eine Zunahme der verg\u00e4rten Zuckermenge. Diese letztere Tatsache beruht wahrscheinlich darauf, da\u00df das w\u00e4hrend der Beschleunigung der G\u00e4rung gebildete Hexosephosphat st\u00e4ndig durch ein Enzym hydrolysiert wird unter Bildung freien Phosphates, welches sich wiederum an der Reaktion beteiligt und so zu einer Zunahme in der G\u00e4rung f\u00fchrt.\n*) H. Schade, Die Bedeutung der Katalyse f\u00fcr die Medizin. Kiel 1907.\ns) Effront, Compt. rend., Bd. CXVII, S. 559.\n4) Da\u00df die Reaktionsgeschwindigkeit des G\u00e4rprozesses in der Hefeoder Bakterienzelle durch Zugabe von verschiedenartigen Metallverbindungen erh\u00f6ht werden kann, wurde bereits von mehreren Forschern Hoppe-Seyler\u2019s Zeitschrift f. physiol. Chemie. LXII.\t4","page":49},{"file":"p0050.txt","language":"de","ocr_de":"50\tJulius Stoklasa,\nein sehr Erhebliches, in einigen F\u00e4llen um das Zehnfache des urspr\u00fcnglichen Betrages zu steigern. Da\u00df hierbei im eigentlichen Sinne des' Wortes eine F\u00f6rderung der enzymatischen alkoholischen G\u00e4rung erreicht wurde, lie\u00df der Umstand erkennen, da\u00df nicht nur der Zucker schneller aus der L\u00f6sung verschwand, sondern da\u00df auch, wie quantitativ nachgewiesen wurde, mehr Alkohol, aber nur eine kleine Menge von Nebenprodukten entstand.\nAuf Grund der Befunde Effronts nimmt Schade an, da\u00df auch in der lebenden Zelle des menschlichen Organismus eine Steigerung der fermentativen G\u00e4rt\u00e4tigkeit durch die Gegenwart von Fluorsalzen erfolgen kann. In den menschlichen Organen kommt nat\u00fcrlich Fluor in ganz minimalen Quantit\u00e4ten vor.\nMan hat aber allgemein in Ber\u00fccksichtigung zu ziehen vergessen, da\u00df die Tierorgane namentlich reich an Kaliumoxyd sind. Auch das Blutplasma ist kalireich. In der Trockensubstanz des Rindsblutes sind 0,64\u20140,8 \u00b0/o Kaliumoxyd und 2,3\u20142,50/0 Natriumoxyd enthalten. Nach Abderhalden weist die Trockensubstanz des Pferdeblutes sogar bis 1,09 \u00b0/o Kaliumoxyd auf. Nach unseren Untersuchungen sind in der Trockensubstanz der Rindslunge 1,56\u00b0/o Kaliumoxyd und 0,32\u00b0/o Natriumoxyd vorhanden. In der Trockensubstanz der Muskeln vom Rind befinden sich 2,2 \u00b0/o Kaliumoxyd und 0,35\u00b0/o Natriumoxyd. Besonders kalireich ist Schweinspankreas. Die Trockensubstanz desselben weist 2,52 \u00b0/o Kaliumoxyd und 0,38\u00b0/o Natriumoxyd auf. A. B. Macallum1) erw\u00e4hnt in seiner Arbeit \u00fcber die Verteilung des Kaliums in tierischen und pflanzlichen Zellen, da\u00df in den sezernierenden Zellen des Pankreas\nkonstatiert. Es w\u00e4ren hier namentlich die Arbeiten von Bial (Chem. Zentralblatt, Bd. XCVI, S. 1039), Richet (Compt. rend., Bd. CXIV, S. 1494), Duel aux (Mikrobiologie, Bd.IV, S.366) und Sorel (Compt. rend. Bd. CXVIII, S. 253) zu nennen. In der letzten Zeit wurde auch von einigen Autoren eine Steigerung der Reaktionsgeschwindigkeit des G\u00e4rprozesses durch Mangansalze festgestellt. Ich erw\u00e4hne hier die diesbez\u00fcglichen Untersuchungen von Kayser und Marchand (Einflu\u00df der Mangansalze auf die akoholische G\u00e4rung, Compt. rend., 1907, Bd. CXLIV, S. 574), welche ergaben, da\u00df der Zusatz von Mangansalzen eine Mehrausbeute an Alkohol bewirkte, die manchmal 3 \u00b0/o erreichte.\n*) A. B. Macallum, Die Verteilung von Kalium in tierischen und pflanzlichen Zellen. Journ. of. physiol., Bd. XXXII, S. 95\u2014123.","page":50},{"file":"p0051.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Zuckerabbau f\u00f6rdernde Wirkung des Kaliums. 51\nsich das Kalium meistens in dem das Lumen begrenzenden Teil der granul\u00e4ren Zone vorfindet.\nIn welcher Form das Kalium in den verschiedenartigen Tierorganen vorhanden ist, l\u00e4\u00dft sich noch nicht positiv sagen, aber das eine ist sicher, da\u00df es in den Pre\u00dfs\u00e4ften, welche wir bei einem Druck von 400 Atmosph\u00e4ren gewonnen haben, und auch in den Niederschl\u00e4gen, die sich durch F\u00e4llung mit Alkohol und \u00c4ther aus den Pre\u00dfs\u00e4ften bildeten, nachweisbar ist. Wir, fanden, da\u00df in der Trockensubstanz der Rohenzyme 2,8 \u00b0/o Kaliumoxyd und 0,42\u00b0/o Natriumoxyd enthalten sind.\nDa\u00df das Kalium f\u00fcr die Oxydationsprozesse von hoher Wichtigkeit ist, ist ja allgemein bekannt.l)\nBei unserer langj\u00e4hrigen Verfolgung der Atmungsprozesse im Pllanzenorganismus konnten wir die Beobachtung machen, da\u00df diejenigen Pflanzenorgane, welche kalireich sind, eine viel energischere Atmung aufweisen, als jene, welche kaliarm waren.\nUm uns nun endg\u00fcltig von der Richtigkeit dieser Beobachtung zu \u00fcberzeugen, haben wir verschiedenartige Pflanzen angebaut und zwar:\n1.\tin einem humosen Sandboden, wo sie viel Kali in assimilierbarer Form vorgefunden haben,\n2.\tin einem humosen Sandboden, wo dieselben kleine Quantit\u00e4ten von Kali vorfanden und\n3.\tin einem humosen Sandboden, in welchem nur Spuren von Kali vertreten waren.\nAlle anderen Pflanzenn\u00e4hrstoffe waren nat\u00fcrlich in den Versuchsb\u00f6den vorhanden und bleibt nur noch zu betonen \u00fcbrig, da\u00df dort, wo gr\u00f6\u00dfere Mengen von Kalisalzen (wie ira I. Falle)\n\u2018) Die Unentbehrlichkeit des Kaliumnitrates tritt speziell bei der Erzeugung des Schie\u00dfpulvers zutage. Wenn wir anstatt des Kaliumnitrates Nalriumnitrat zusetzen, so sinkt der Verbrennungseffekt ungemein. Es ist ja eine bekannte Tatsache, da\u00df Kalium, auf Wasser geworfen, eine Entz\u00fcndung des Wasserstoffs zur Folge hat. Das Wasser wird n\u00e4mlich zersetzt und der sich entwickelnde, durch die auftretende W\u00e4rme sich entz\u00fcndende Wasserstoff wird durch das Kalium violett gef\u00e4rbt. Wird hingegen Natrium auf Wasser geworfen, so schwimmt es lebhaft umher und schmilzt, wobei nicht so viel W\u00e4rme entwickelt wird, da\u00df der freiwerdende Wasserstoff sich eniz\u00fcndet.\n4*","page":51},{"file":"p0052.txt","language":"de","ocr_de":"52\nJulius Stoklasa,\nzur Anwendung gelangten, stets etwas Natriumchlorid aus dem Grunde zugesetzt wurde, weil dadurch die vom Wurzelsystem der Pflanzen erfolgende Aufnahme von Kalisalzen eine viel energischere wird.\nIch f\u00fchre hier nur die diesbez\u00fcglichen Versuche mit Zuckerr\u00fcbenwurzeln, Kartoffelknollen und Gurkenfr\u00fcchten an.\nDie Methodik unserer Untersuchungen (Anordnung der Apparate, analytische Methoden usw.) war dieselbe, wie sie in meiner Arbeit \u00abAnaerober Stoffwechsel der h\u00f6heren Pflanzen und seine Beziehung zur alkoholischen G\u00e4rung\u00bb>) eingehend beschrieben wurde.\nDie vorsichtig gereinigten Wurzeln, Knollen und Gurkenfr\u00fcchte wurden in zwei H\u00e4lften geteilt, von diesen jede abgewogen und bezeichnet. Nach wiederholter Sterilisierung mit\n0.\t5\u00b0/oiger Sublimatl\u00f6sung in der Dauer von 25 Minuten wurden beide St\u00fccke in sterilisiertem Wasser gewaschen. Hierauf wurde eine H\u00e4lfte abgesengt und in den Versuchszylinder gebracht, die andere gewogen und analysiert. Diese Prozedur wiederholte man mit so viel R\u00fcben, Kartoffelknollen und Gurkenfr\u00fcchten, als zur Erzielung des n\u00f6tigen Gewichtes gebraucht wurden. Die Resultate dieser Versuche sind die folgenden:\nDurchschnittliche Menge des ausgeatmeten Kohlendioxyds von 100 g Zuckerr\u00fcbenwurzeln (Beta vulgaris) auf Trockensubstanz berechnet pro 200 Stunden in Milligramm bei aerober Atmung, bei einem gleichm\u00e4\u00dfigen Strom von 11 atmosph\u00e4rischer kohlendioxydfreier Luft pro Stunde. Temperatur 20\u00b0 C.\nGehalt an K,0 in Ausgeatmete Trockensubstanz Menge von CO*.\n1.\tZuckerr\u00fcbenwurzel aus kalireichem\nBoden\t\t\t1,18 V\t5,238 g\nZuckergehalt 19,6 \u00b0/o.\t\t\n2. Zuckerr\u00fcbenwurzel aus kaliarmem Boden\t\t0,65 \u00b0/o\t3,902 g.\nZuckergehalt 15,3 \u00b0/o. 3. Zuckerr\u00fcbenwurzel aus einem Boden, welcher nur Spuren von Kali aufwies\t0,21 \u00b0/<\u00bb\t2,114 g\nZuckergehalt 5,2 \u00b0/o.\t\t\n') Beitr\u00e4ge zur chemischen Physiologie und Pathologie, Zeitschrift f\u00fcr die gesamte Biochemie, Bd. III, Heft 11.","page":52},{"file":"p0053.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Zuckerabbau f\u00f6rdernde Wirkung des Kaliums. 53\nIm ersten Falle waren die frischen Wurzeln der Zuckerr\u00fcbe sch\u00f6n entwickelt und besa\u00dfen ein durchschnittliches Ge-\nwicht von 500\u2014700 g.\nBeim zweiten Falle war die Entwicklung der frischen Zuckerr\u00fcbenwurzeln schon eine geringere und belief sich deren durchschnittliches Gewicht auf 280\u2014350 g.\nIm dritten Falle waren die frischen Wurzeln der Zuckerr\u00fcbe \u00e4u\u00dferst wenig entwickelt und wiesen ein durchschnittliches Gewicht von 30\u201450 g auf.\nBei der Aufbewahrung der Zuckerr\u00fcbenwurzeln wurde beobachtet, da\u00df jene R\u00fcben, welche kaliarm waren, keine Widerstandsf\u00e4higkeit gegen Mikrobeninfektionen besa\u00dfen und leicht in F\u00e4ulnis \u00fcbergingen.\nDie Atmungsintensit\u00e4t der Zuckerr\u00fcbenwurzeln variiert in diesen drei F\u00e4llen so wesentlich, da\u00df die Unterschiede augenf\u00e4llig sind. Wir fanden, da\u00df 100 g kalireicher Zuckerr\u00fcbenwurzeln, auf Trockensubstanz berechnet, binnen 200 Stunden bei einer Temperatur von 20\u00b0 C. 5,238 g CO* ausatmeten.\n100 g kali\u00e4rmerer Zuckerr\u00fcbenwurzeln, auf Trockensubstanz berechnet, atmeten bei derselben Temperatur und innerhalb der gleichen Zeit 3,902 g CO* aus.\nDie schw\u00e4chste Atmung aber war bei den kali\u00e4rmsten Zuckerr\u00fcbenwurzeln zu konstatieren. 100 g derselben, .auf Trockensubstanz berechnet, atmeten bei der gleichen Temperatur und Zeit blo\u00df 2,114 g CO* aus.\nNun m\u00f6gen die von uns bei den Versuchen mit Kartoffelknollen (Solanum tuberosum L.) und Gurkenfr\u00fcchten (Cucumis\nsativus L.) gewonnenen Ergebnisse folgen.\nDurchschnittliche Menge des ausgeatmeten Kohlendioxyds von 100 g Kartoffelknollen (Solanum tuberosum L.), auf Trockensubstanz berechnet, pro 200 Stunden in Milligramm bei aerober Atmung bei einem gleichm\u00e4\u00dfigen Strom von 11 atmosph\u00e4rischer kohlendioxydfreier Luft pro Stunde. Temperatur 20\u00b0 C.\nGehalt an K,0 in der Ausgeatmete Trockensubstanz. Menge, von CO*.\nKartoffelknollen aus kalireichem\nBoden ........................\nKartoffelknollen aus kaliarmem Boden ........................\n0,85 \u00b0/o\n4,237 g. 3,584 g.\n0,53 \u00b0/o","page":53},{"file":"p0054.txt","language":"de","ocr_de":"\u00f6<*\tJulius Stoklasa,\nDurchschnittliche Menge des ausgeatmeten Kohlendioxyds von 100 g Gurkenfrucht (Cucumis sativus L), auf Trockensubstanz berechnet, pro 200 Stunden in Milligramm bei aerober Atmung bei gleichm\u00e4\u00dfigem Strom von 1 1 atmosph\u00e4rischer kohlendioxydfreier Luft pro Stunde. Temperatur 20\u00b0 C.\nGehalt an K20 in Ausgeatmete Trockensubstanz. Menge von C0\u201e Gurkenfr\u00fcchte aus kalireichem Boden\t1,94 V\t6,865 g.\n\u00bb\t\u00bb kaliarmen *\t1,03\u00b0 \u00ab\t4,023 \u00bb\nDie Ergebnisse der Versuche mit Kartoffelknollen und Gurkenfr\u00fcchten best\u00e4tigen die Resultate unserer fr\u00fcheren Versuche mit Zuckerr\u00fcbenwurzeln. Von 100 g kalireichen Kartoffelknollen, auf Trockensubstanz berechnet, wurden binnen 200 Stunden bei einer Temperatur von 20\u00b0 C. 4,237 g CO, ausgeatmet. 100 g kaliarmer Kartoffelknollen, auf Trockensubstanz berechnet, atmeten innerhalb der gleichen Zeit und Temperatur 3,584 g C02 aus.\n100 g kalireicher Gurkenfr\u00fcchte, auf Trockensubstanz berechnet, atmeten in derselben Zeit und Temperatur 0,865 g C02 aus.\nVon 100 g kaliarmer Gurkenfr\u00fcchte, auf Trockensubstanz berechnet, wurden in der gleichen Zeit und Temperatur 4,023 g C02 ausgeatmet.\nIch k\u00f6nnte noch mehrere derartige Beispiele von Versuchen mit Karotten (Daucus carota L.) und Fr\u00fcchten von Tomaten (Solanum lycopersicum L.) anf\u00fchren, in denen jedesmal bei Kaliarmut des Pflanzenorganismus eine schwache Atmung zu konstatieren war.\nWir wissen ja, da\u00df Kali in der Pflanzenzelle die innigsten Beziehungen zu dem Kohlenhydratstoffwechsel hat. W^enn ira Pflanzenorganismus Kalimangel herrscht, so sind stets St\u00f6rungen in der Lebenst\u00e4tigkeit zu beobachten und eine eigent\u00fcmliche Zerr\u00fcttung des ganzen Organismus wahrzunehmen. Wenn nun dem Kali in der Pflanzenzelle eine so hochwichtige physiologische Funktion zufallt, so ist es wohl begreiflich, da\u00df dies auch bei dem Stoffwechsel im Tierorganismus der Fall ist. \u00dcber die physiologische Bedeutung des Kalis in den Geweben ist uns","page":54},{"file":"p0055.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Zuckerabbau f\u00f6rdernde Wirkung des Kaliums; 55\nbisher nichts Sicheres bekannt, doch l\u00e4\u00dft sich auf Grund meiner Untersuchungen ganz gut annehmen, da\u00df das Kali bei dem Abbau der Kohlenhydrate, also bei dem Atmungsproze\u00df \u00fcberhaupt unentbehrlich und an demselben durch katalytische Wirkung beteiligt ist.\nDa\u00df der Oxydationskoeffizient des Rohr- und Traubenzuckers eine leicht variable Gr\u00f6\u00dfe darstellt und namentlich durch Kontaktbeeinflussung sehr erh\u00f6ht werden kann, ist ja bekannt; \u00bb) e? ist ja doch Tatsache, da\u00df die Oxydierbarkeit der Kohlenhydrate durch Alkalescenz gesteigert wird.\nSetzen wir nun den Fall, da\u00df bei dem Gaswechsel in den Lungen eines erwachsenen Menschen pro Tag bis 720 g Kohlens\u00e4ureanhydrid ausgeatmet werden, so entspricht diese ausgeatmete Menge von Kohlens\u00e4ureanhydrid 491,23 g Glukose und gleicht fast dem f\u00fcr einen erwachsenen Menschen pro Tag erforderlichen Quantum an Kohlenhydraten.\nDer bei aliment\u00e4rer Glukosurie ausgeschiedene, wesentlich aus der Nahrung stammende Zucker verdankt seine Existenz dem Umstande, da\u00df er infolge des durch die Atmungsenzyme hervorgerufenen mangelhaften Abbaues in den Blutkreislauf gelangen konnte.\nWir fanden im Harn von Diabetikern nicht nur Hexosen, sondern auch \u00df-Oxybutters\u00e4ure, Acetessigs\u00e4ure und Aceton. Die Bildung von Acetonk\u00f6rpern in bedeutendem Ma\u00dfe hat zur Folge, da\u00df sogenanntes Coma diabeticum eintritt. Bei der Bildung der K\u00f6rper der Acetonreihe zeigt sich der \u00dcbelstand, da\u00df diese S\u00e4uren die Alkalescenz des Blutes herabsetzen und so den Transport der Kohlens\u00e4ure von den Geweben zu den Lungen st\u00f6ren.\nUnseren bisherigen Beobachtungen zufolge k\u00f6nnen wir erkl\u00e4ren, da\u00df der von Diabetikern im Laufe einer Woche ausgeschiedene Harn immer gr\u00f6\u00dfere Quantit\u00e4ten von Kali aufweist, als der in derselben Zeit ausgeschiedene Harn eines gesunden Menschen, soda\u00df die Gesamtmengen der beiderseits innerhalb STagen ausgeschiedenen Kaliquantit\u00e4ten wesentlich divergieren.\n\u2018) H. Schade, \u00dcber die katalytische Beeinflussung der Zucker-verbrennung. M\u00fcnchener Medizinische Wochenschrift, LII. Jahrgang Nr. 23, 1905.\t*","page":55},{"file":"p0056.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dc6\tJulius Stoklasa,\nDie diesbez\u00fcglich gewonnenen Daten behalte ich mir vor, in einem sp\u00e4teren Zeitpunkte zu publizieren.\nEs l\u00e4\u00dft sich ganz wohl annehmen, da\u00df. bei allen Individuen, in welchen Hypergluk\u00e4mie vorhanden ist, diese eine Depression der Lebens- und Atmungsenergie andeutet. Es ist das eigentlich das Versagen der Leistungsf\u00e4higkeit der gro\u00dfen Zuckerver-brauchsst\u00e4tten, n\u00e4mlich der Zuckerverbrennung in den Muskeln. Wir haben in der Tat gefunden, da\u00df die Muskeln und Lungen einen hohen Kaligehalt auf weisen. Ob der Abbau des Zuckers in den kaliarmen Muskeln schw\u00e4cher ist, als in den kalireichen, ist allerdings noch zu beweisen. In der Tat haben Hesse und Mohr1) bei ihren Experimenten bez\u00fcglich Glukosurie und Glu-k\u00e4mie des pankreaslosen Hundes beobachtet, da\u00df Muskelarbeit Sinken des Zuckergehaltes im Harn und gleichzeitig Abnahme des Blutzuckergehaltes bewirkt.\nZum Schl\u00fcsse wollen wir der diesbez\u00fcglichen \u00c4u\u00dferungen Abderhaldens2) und Naunyns3) gedenken. Ersterer sagt folgendes :\n\u00abFassen wir alles zusammen, was wir Positives \u00fcber die Ursachen der Hypergluk\u00e4mie nach der Pankreasexstirpation wissen, so k\u00f6nnen wir sagen, da\u00df eine St\u00f6rung der Regulation des Zuckerumsatzes vorliegt, und da\u00df offenbar, normalerweise, die Pankreasdr\u00fcse an die Blutbahn einen Stoff abgibt, der den Kohlenhydratstoffwechsel regelt *.\nLetzterer ist folgender Anschauung:\n\u00abF\u00fcr das Pankreas darf es als sicher gelten, da\u00df in dem Organe das Blut eine Ver\u00e4nderung erf\u00e4hrt, welche f\u00fcr den normalen Ablauf des Zuckerstoffwandels unerl\u00e4\u00dflich ist, und deren Ausbleiben bei bestimmten Erkrankungen dieses Organes sich im Auftreten des Diabetes \u00e4u\u00dfert; wahrscheinlich handelt es sich darum, da\u00df das Pankreas dem Blut eine noch unbekannte Substanz zuf\u00fchrt.\u00bb\n*) A. Hesse und L. Mohr, Zeitschr. f. exper. Path. u. Ther., Bd. VI. S. 300\u20146. 25/3, Berlin.\n*) Emil Abderhalden, Lehrbuch der physiologischen Chemie, S. 119, 1909.\n3) Naunyn,NothnagelsSpez.Path.u.Ther.,Bd.Vil,I(1900),S.416.","page":56},{"file":"p0057.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Zuckerabbau f\u00f6rdernde Wirkung des Kaliums. 57\nZu diesen unbekannten Substanzen geh\u00f6rt nach meiner Ansicht in erster Reihe das Element Kalium. Nat\u00fcrlich kommt das Kalium in physiologisch \u00e4quilibrierten L\u00f6sungen, d. h. in L\u00f6sungen, in denen die giftige Wirkung des Kaliums d\u00fcrch\u2019die antagonistischen Natriuml\u00f6sungen aufgehoben wird, vor.1)\nWir haben in dem Vorstehenden, wie wir glauben, die ersten Beitr\u00e4ge auf allerdings ebenfalls experimentellem Wege zu der Frage des Zusammenhangs des respiratorischen Stoffwechsels mit dem Zuckerabbau gegeben, allerdings unter Wahrung vollst\u00e4ndig ungest\u00f6rter Abwickelung der normalen Lebensprozesse, welche beim Tierexperiment durch schweren Eingriff in den Organismus nicht erwartet werden kann.\nWir setzen selbstverst\u00e4ndlich unsere Untersuchungen fort und lassen es uns nicht bei den bisherigen Feststellungen Gen\u00fcge sein, um ein m\u00f6glichst reiches Material f\u00fcr ein definitives Urteil in die H\u00e4nde zu bekommen.\nUnsere weiteren Forschungen werden gewi\u00df in dieser Frage noch mehr Licht schaffen, doch w\u00e4re es w\u00fcnschenswert, da\u00df man schon jetzt Versuche anstellt und den Diabetikern' eine Pflanzennahrung reicht, deren Kaligehalt ein Maximum bilden w\u00fcrde,2) welche dieses einer entsprechenden D\u00fcngung mit Kalisalzen zu verdanken h\u00e4tte. Selbstverst\u00e4ndlich m\u00fcssen bei diesen Ern\u00e4hrungsversuchen, ganz wie wir es betreffs der oben geschilderten Pflanzenexperimente getan haben, auch hier bei den einzelnen Versuchsobjekten, Gesunden wie Kranken, die respiratorischen Effekte exakt in Betracht gezogen werden.\n*) Bez\u00fcglich der Schutzwirkung der Natriumsalze li\u00e2t Loeh ausf\u00fchrliche Versuche angestellt; siehe seine Arbeit, betitelt \u00abDynamik der Lebenserscheinungen \u00bb.\n*) An dieser Stelle halte ich es f\u00fcr angezeigt, der bereits auf empirischem Wege eingeb\u00fcrgerten Kuren mit Hilfe von Pflanzenkost zu erw\u00e4hnen, und besonders der Haferkuren von Noorden und der sogenannten Kartoffelkuren von A. Moss\u00e9 in Toulouse.","page":57}],"identifier":"lit37461","issued":"1909","language":"de","pages":"47-57","startpages":"47","title":"\u00dcber die Zuckerabbau f\u00f6rdernde Wirkung des Kaliums. Ein Beitrag zur Kenntnis der aliment\u00e4ren Glukosurie","type":"Journal Article","volume":"62"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:55:50.994356+00:00"}