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{"created":"2022-01-31T15:37:06.289202+00:00","id":"lit37488","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Ellinger, Alexander","role":"author"},{"name":"Otto Riesser","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 62: 271-275","fulltext":[{"file":"p0271.txt","language":"de","ocr_de":"Bildung von Tribenzamid bei der Benzoylierung des Harns.\nVon\nAlexander Ellinger und Otto Riesaer.\n(Aus dem Universit\u00e4tslaboratorium f\u00fcr medizinische Chemie und experimentelle Pharmakologie zu K\u00f6nigsberg i. Pr.)\n(Der Redaktion zugegangen am 16. August 1909.)\nGarrod und Hurtley1) beschrieben vor einigen Jahren eine in farblosen Nadeln krystallisierende, in Alkohol schwer l\u00f6sliche, bei 201\u2014205\u00b0 schmelzende Substanz, welche sie bei der Benzoylierung eines Cystinuriker-Harns nach ^ Schotten-Baumann in geringen Mengen erhalten hatten. Die Sp\u00e4rlichkeit des Materials, welches den Autoren zur Verf\u00fcgung stand, gestattete nur eine Elementaranalyse, deren Resultate sie selbst mit Vorsicht verwertet w\u00fcnschten. Sie fanden 75,67\u00b0/\u00a9 C, 4,50/o H, 4,8 o/o N und sprachen unter Reserve die Vermutung aus, da\u00df hier das Benzoylprodukt eines Tryptophanderivats, vielleicht Benzoylkynurin vorliege, f\u00fcr welches 77,1 \u00b0/o G, 4,4 H, 5.6 N die berechneten Zahlen w\u00e4ren.\nAngesichts der Bedeutung, welche dem Nachweis von Kynurin im Harn von Cystinurikern f\u00fcr die Pathologie des Eiwei\u00dfstoffwechsels zuk\u00e4me, suchten wir zun\u00e4chst die Vermutung von Garrod und Hurltey dadurch zu best\u00e4tigen oder zu widerlegen, da\u00df wir die von ihnen beschriebene Substanz mit dem noch nicht dargestellten Benzoylkynurin verglichen. Alle unsre Versuche, Kynurin zu benzoylieren, waren aber erfolglos; sie f\u00fchrten nur, wie an andrer Stelle* *) genauer ausgef\u00fchrt wird, zu dem unerwarteten Resultat, da\u00df beim Kochen von Kynurin mit Benzoylchlorid nicht die Benzoylgruppe in das\n>) Journ. of physiol. Bd. XXXIV, S. 217 (1906).\n*) Eine Notiz \u00fcber die Einwirkung von Benzoylchlorid auf Oxy-chinoiinc erscheint gleichzeitig in den Berichten d. deutsch, ehern. Ges.\nHoppe-Seyler\u2019s Zeitschrift f. physiol. Chemie. LXII.\t19","page":271},{"file":"p0272.txt","language":"de","ocr_de":"Alexander Ellinger und Otto Riesser.\n272\nMolek\u00fcl eintritt, sondern da\u00df das Hydroxyl des Kynurins durch Chlor ersetzt wird.\nNachdem durch die Unm\u00f6glichkeit, Kynurin nach Schotten-Baumann zu benzoylieren, die Annahme, da\u00df sich ein Kynurinester unter den Benzoylierungsprodukten eines Harns f\u00e4nde, unwahrscheinlich geworden war, suchten wir weitere Aufschl\u00fcsse \u00fcber die Natur der beschriebenen Substanz zu gewinnen. Eine Durchsicht der Analysenzahlen zeigte uns, da\u00df sie, wenn auch nicht scharf, so doch besser zu der Formel C21H1503N als zu der des Benzoylkynurins stimmten.\nRer. f\u00fcr CaHlsO,N Gef. von G u. H. Ber. f\u00fcr Cl\u00f6HuN02 (Benzoylkynurin) C > 76,59\t75,67\t77.1\nH = 4,56\t4,4\t4.4\nN \u2014 4,25\t4,8\t5,6\nDie Formel C2lH1503N kommt dem von Curtius1) zuerst aus Benzamidnatrium und Benzoylchlorid dargestellten Tribenz-amid (CfiH-CO)3N zu, welches nach M. Jaff\u00e92) auch beim Stehen von Benzoylchlorid mit trocknem Ammoncarbonat entsteht. Der Schmelzpunkt dieser Substanz liegt bei 201\u2014202\u00b0 (korr.), sie krvstallisiert in Nadeln und ist in Wasser und Alkohol schwer l\u00f6slich. Die Eigenschaften stimmen also mit dem K\u00f6rper von Garrod und Hurtley \u00fcberraschend gut \u00fcberein, und die M\u00f6glichkeit, da\u00df sich Tribenzamid bei der Benzoylierung von Harn bilden kann, ist von vornherein gegeben.\nWir untersuchten deshalb zun\u00e4chst, ob sich die fragliche Substanz nicht bei der Benzoylierung eines beliebigen Harns gewinnen lasse. Gleich der erste Versuch war erfolgreich: D/s Liter von verschiedenen Patienten der medizinischen Klinik stammender Mischharn wurden mit 200 ccm 10 \u00b0/oiger Natronlauge und 25 ccm Benzoylchlorid in der Sch\u00fcttelmaschine 1\u20142 Stunden gesch\u00fcttelt. Der Niederschlag der Benzoyl Verbindungen wurde abfiltriert, \u00fcber Nacht mit dem Filter auf einer Tonplatte ausgebreitet und mit etwa 100\u2014150 ccm Alkohol am R\u00fcckflu\u00dfk\u00fchler 1 Stunde auf dem Wasserbade ausgekocht. Die gelbbraune alkoholische L\u00f6sung wTurde vom Ungel\u00f6sten abfiltriert, mit wenig Tierkohle gekocht und nach dem\n\\i Berichte d. deutsch, ehern. Ges. Bd. XXIII, S. 3041 (1890).\n*) Berichte d. deutsch, chem. Ges. Bd. XXV, S. 3120 (1892).","page":272},{"file":"p0273.txt","language":"de","ocr_de":"Bildung von Tribenzamid bei der Benzoylierung des Harns. 273\nAbfiltrieren von der Kohle auf ein Volumen von einigen Kubikzentimetern eingeengt. Beim Erkalten schieden sich seidengl\u00e4nzende wei\u00dfe Nadeln ab, welche nach einmaligem Umkrystallisieren aus Alkohol bei 203\u00b0 schmolzen. Die Ausbeute betrug etwas mehr als 0,03 g Nach dem Ausfall dieses Versuches schien es nur mehr n\u00f6tig, gen\u00fcgende Harnmengen zu benzoylieren, um die Frage nach der Identit\u00e4t unseres Produktes mit Tribenzamid zu entscheiden. Wir erlebten aber die unangenehme Entt\u00e4uschung, da\u00df bei keiner einzigen sp\u00e4teren Verarbeitung die Ausbeute ann\u00e4hernd so gut war wie bei der ersten. Wir haben im ganzen 15\u201420 Portionen Harn von je 11 /* Liter benzoyliert, wir verwandten normale und pathologische Urine, frisch und nach dem Stehen bis zum Eintritt ammoniakaliseher G\u00e4rung; wir variierten den Zusatz von Benzoylchlorid und von Natronlauge und setzten zu einigen Portionen noch Ammoniak zu; aber es gelang stets nur minimale Mengen der charakteristischen Krystalle zu erhalten. Erst beim Einengen der mit Tierkohle gekochten alkoholischen L\u00f6sung bis zum Sirup schieden sich die Krystalle beim Verr\u00fchren mit wenig kaltem Alkohol ab.' Sie fanden sich aber in jeder Portion in minimaler Quantit\u00e4t und die gesammelten Produkte konnten schlie\u00dflich abfiltriert werden. Ihre Menge gen\u00fcgte gerade, um einen Schmelzpunkt zu nehmen, zum Umkrystallisieren reichte das Material nicht aus. Das Rohprodukt schmolz bei 199\u00b0.\nDa nach den beschriebenen Erfahrungen die Aussicht auf die Gewinnung von Quantit\u00e4ten, welche zur Elementaranalyse ausgereicht h\u00e4tten, sehr gering war, versuchten wir die kleine Menge reiner Substanz, die wir in H\u00e4nden hatten, zur Identifizierung zu benutzen.\n0,0248 g Substanz wurden mit viel konzentrierter Kalilauge destilliert und das Destillat in n/2o - H,S04 aufgefangen. Das Destillat neutralisierte 1,2 ccm n'*o - II2S04, entsprechend 1,02 mg NH3 statt der berechneten 1,28 mg. Das titrierte Destillat wurde nochmals aus alkalischer L\u00f6sung destilliert und in HCl aufgefangen. Die stark eingeengte salzsaure L\u00f6sung gab mit Platinchlorid eine Ausscheidung won Platinsalmiak, der die charakteristischen Oktaeder unter dem Mikroskop zeigte.\n19*","page":273},{"file":"p0274.txt","language":"de","ocr_de":"274\nAlexander Ellinger und Otto Riesser,\nDer Inhalt des Destillationskolbens, aus welchem das Ammoniak abdestilliert war, wurde mit Schwefels\u00e4ure anges\u00e4uert und ersch\u00f6pfend mit \u00c4ther extrahiert. Der im wesentlichen kri stallinische \u00c4therr\u00fcckstand wurde mit Wasser aufgenommen, mit Phosphors\u00e4ure anges\u00e4uert und im Dampfstrom destilliert, bis etwa 2 Liter Destillat \u00fcbergegangen waren. Das Destillat wurde wiederum mit \u00c4ther ausgesch\u00fcttelt; der \u00c4therr\u00fcckstand, im Kolben gewogen, betrug 0,0322 g. Er wurde mit n/io-KOH aufgenommen, worin ein kleiner Teil ungel\u00f6st blieb, und mit n/irt-H2S04 titriert. Die Titration ergab einen Verbrauch von 1,9 ccm n lo-KOH, entsprechend 0,02318g Benzoes\u00e4ure statt der berechneten 0,0276 g. Um die Benzoes\u00e4ure zu identifizieren, wurde die titrierte L\u00f6sung nochmals mit Phosphors\u00e4ure anges\u00e4uert, im Dampfstrom destilliert und wie vorher behandelt. Der \u00c4therr\u00fccksland, der jetzt 0,0305 g wog, wurde aus Wasser einmal unkrvstallisiert. Die in Bl\u00e4ttchen krystallisierende Substanz schmolz bei 120\u00b0 (F. P. der Benzoes\u00e4ure 121,5\u00b0). Sie gab in neutraler L\u00f6sung F\u00e4llung mit Eisenchlorid, sublimierte trocken erhitzt und gab die L\u00fcckesche (Nitrobenzol-)Reaktion.\nUm den Nachweis der Identit\u00e4t der Substanz aus dem Ham mit dem Tribenzamid noch weiter zu st\u00fctzen, wurden ihre krystallographischen Eigenschaften mit denjenigen von synthetisch nach Jaff\u00e9 dargestelltem Tribenzamid verglichen. Herr Prof. Berge at hatte die gro\u00dfe Freundlichkeit, die Untersuchung auf unsere Bitte auszuf\u00fchren. Wir sprechen ihm daf\u00fcr auch an dieser Stelle unsern verbindlichsten Dank aus. Eine Messung der Krystalle und eine Beobachtung des Achsenbildes waren unausf\u00fchrbar, weil die Krystallindividuen zu klein waren. Im \u00fcbrigen waren die Resultate der mikroskopischen Untersuchung folgende:\nSynthetisches Tribenzamid.\nSubstanz aus Harn. > Canadabalsam gerade\nLichtbrechung:\t> Canadabalsam\nAusl\u00f6schung:\tgerade\nKrystallsystem: hexagonal oder tetragonal oder rhombisch, nicht regul\u00e4r und h\u00f6chst wahrscheinlich nicht monoklin oder triklin\ndsgl.","page":274},{"file":"p0275.txt","language":"de","ocr_de":"Bildung von Tribcnzamid bei der Benzoylierung des Harns. 275\nOptischer Charakter der Hauptzone: Gr\u00f6\u00dfe der Doppelbrechung (bestimmt aus der H\u00f6he der Interferenzfarben mit\nstets negativ\tstets\nstets negativ-\nungef\u00e4hr\n0,025\nungef\u00e4hr 0.025.\nR\u00fccksicht auf die Dicke der Nadeln)\nIn allen untersuchten Eigenschaften zeigten also beide Substanzen die gr\u00f6\u00dfte \u00c4hnlichkeit.\t.\nAus der im vorstehenden geschilderten \u00dcbereinstimmung der chemischen und physikalischen Eigenschaften darf wohl der Schlu\u00df gezogen werden, da\u00df die in so geringer Menge gewonnene Substanz aus dem Harn Tribenzamid ist, und es mu\u00df als h\u00f6chst wahrscheinlich bezeichnet werden, da\u00df auch Garrod und Hurtle y die gleiche Substanz in H\u00e4nden hatten.","page":275}],"identifier":"lit37488","issued":"1909","language":"de","pages":"271-275","startpages":"271","title":"Bildung von Tribenzamid bei der Benzoylierung des Harns","type":"Journal Article","volume":"62"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T15:37:06.289208+00:00"}