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{"created":"2022-01-31T16:51:02.075536+00:00","id":"lit37490","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Ibrahim, J.","role":"author"},{"name":"L. Kaumheimer","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 62: 287-295","fulltext":[{"file":"p0287.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Frage der Pankreaelactase.\n(Untersuchungen an menschlichen Neugeborenen und S\u00e4uglingen.)\nVon\nJ. Ibrahim und L. Kaumheimer.\n(Aus dem Gisela-Kindcrspital in M\u00fcnchen.)\n(Der Redaktion zugegangen am 27. August 1909;)\nDie Frage, ob im Pankreas nach reichlicher Ern\u00e4hrung mit Mich oder Milchzucker ein Milchzucker spaltendes Ferment auftritt, beansprucht ein besonderes Interesse. Denn f\u00fcr die von Pavvlovv angenommene Anpassungsf\u00e4higkeit der Verdauungsorgane an die ihnen zugef\u00fchrle Nahrung w\u00e4re das Auftreten einer Lactase in dem sonst lactasefreien Organ ein au\u00dferordentlich illustratives Beispiel.\nWeinland, dessen Studien \u00fcber das Auftreten der Lactase in der D\u00fcnndarmschleimhaut milchgef\u00fctterter Tiere1) die wichtigste, auch heute allgemein anerkannte St\u00fctze f\u00fcr das erw\u00e4hnte Zweckm\u00e4\u00dfigkeitsprinzip darstellen, hat auch als erster das Pankreas auf seinen Lactasegehalt im obigen Sinne untersucht.2) Aus seinen Versuchen schien sich in der Tat zu ergeben, da\u00df bei Hunden die Bauchspeicheldr\u00fcse, die sich anderen Forschern (Fischer und Niebel,3) Portier\u00bb) als lactasefrei erwiesen hatte, eine geringe Menge Milchzucker spaltenden Fermentes enth\u00e4lt, und da\u00df es gelingt, durch F\u00fctterung mit\n\u2019) E. Weinland, Ztschr. f. Biol., Bd. XXXVIH, S. 16, 1899.\n\u00bb) E. Weinland, Ztschr. f. Biol., Bd. XXXVIII, S. 607,1899 u Bd. XXXX, S. 386, 1900.\t1\ns) E. Fischer u. W. Niebel, Sitzungsber, d. Akad. d. Wissensch Berlin, Jg. 1896, S. 73.\n4) Portier, Compt. rend. soc. biol., Jg. 1898, S. 387.\nHoppe-Seyler\u2019s Zeitschrift f. physiol. Chemie. LXII.\t20","page":287},{"file":"p0288.txt","language":"de","ocr_de":"288\nJ. Ibrahim und L. Kaumheimer,\nMilch oder Milchzucker diese Fermentproduktion spezifisch zu steigern.\nZum gleichen Resultat gelangte Bainbridge,1) der auch den Pankreassaft milchgef\u00fctterler Hunde untersuchte und eine genauere Methodik zum Nachweise der erfolgten Spaltung des Milchzuckers anwandte.\nBierry2) dagegen berichtet v\u00f6llig negative Ergebnisse und Plimmer,3) der f\u00fcr seine Untersuchungen eine sehr exakte Methode ersann, die gestattet, auch sehr geringe Lactase-Wirkungen mit Sicherheit nachzuweisen oder auszuschlie\u00dfen, kommt zu dem Schlu\u00df, da\u00df weder im Pankreasextrakt noch im Pankreassaft (Sekretinsaft) milchgef\u00fctterter Hunde eine Lactase enthalten ist. In j\u00fcngster Zeit wurden von Wohlgemuth4) die Bauchspeicheldr\u00fcsen von vier mit Milch- und Milchzucker gef\u00fctterten und von drei mit Fleisch ern\u00e4hrten Hunden auf der H\u00f6he der Verdauungst\u00e4tigkeit mit der etwas modifizierten Plimmerschen Methode untersucht. Auch dieser Forscher kommt zu negativen Ergebnissen.\nAlle bisherigen Beobachtungen betreffen Hunde (eine auch das Schwein).5) Das menschliche Pankreas wurde auf Lactase noch nicht untersucht. Es schien aber die Nachpr\u00fcfung dieser Fragen am Menschen schon deswegen nicht \u00fcberfl\u00fcssig, weil gerade f\u00fcr die Lactase des D\u00fcnndarmes bekannt ist, da\u00df sie durchaus nicht bei allen Tieren gleichen Gesetzen folgt. Zudem war zu vermuten, da\u00df eine Anpassung gerade beim Menschen mit der lang dauernden S\u00e4uglingsperiode, in der die besonders milchzuckerreiche Frauenmilch die einzige Nahrung bildet, am sichersten in Erscheinung treten m\u00fc\u00dfte.\nNachdem es dem einen von uns1) in orientierenden Vorversuchen mit der alten Methode der Osazondarstellung nicht\n\u2018) F. A. Bainbridge, Journ. of Physiol., Bd. XXXI, S. 98, 1904.\n*) Bierry, Compt. rend. soc. biol., Bd. LVIII, S. 700 u. 701, 1905.\n3) A. Plimmer, Journ. of. Physiol., Bd. XXXIV, S. 93, 1906.\n*) J. Wohlgemuth, Charit\u00e9-Annalen, Bd. XXXII, S. 306, 1908.\n#) A. Plimmer, Journ. of Physiol., Bd. XXXV, S. 30, 1906.\n*') J. Ibrahim, Verh. d. Gesellsch. f. Kinderheilk., Coin, Jg. 1908.\nS. 32.","page":288},{"file":"p0289.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Frage der Pankreaslactase.\t289\ngelungen war, bei mehreren menschlichen Neugeborenen und S\u00e4uglingen im Pankreas eine Lactase aufzufinden, wiederholten wir diese Untersuchungen nochmals mit der Plimmerschen Methode, zun\u00e4chst an drei reifen Neugeborenen.\nWir verfuhren folgenderma\u00dfen: Die m\u00f6glichst bald nach dem Tod den Kindern entnommene Dr\u00fcse wurde mit Messer und Schere zerkleinert, mit Quarzsand im M\u00f6rser zu feinem Brei zerrieben und mit 60-100g destilliertem Wasser und Zusatz von 2 ccm Toluol bei Zimmertemperatur extrahiert )* Extrakt wurde dann durch Gaze kotiert und zwei genau gleiche Mengen abpipettiert; die eine wurde 15 bis 20 Minuten im Wasserbad gekocht; die gekochte und die ungekochte Portion wurden zu genau den gleichen (pipettierten) Mengen einer 5\u00b0/o igen Milchzuckerl\u00f6sung zugesetzt, je 2 ccm Toluol zugef\u00fcgt und gut verkorkt mehrere Tage im Brutschrank bei 38\u00bb gehalten. Hierauf wurden beide Proben zur Eiwei\u00dfaus-f\u00e4llung mit je 5 ccm Patain-Dufauxschem Reagens versetzt und nach ca. 12 Stunden filtriert. Von den Filtraten wurden gleiche Mengen mit der Pipette entnommen und gleiche Mengen 10 \u00bbIo ige Natronlauge eben bis zur neutralen Reaktion aus der B\u00fcrette zugegeben. Der Quecksilbemiederschlag wurde durch' Filtrieren entfernt, wiederum aus der gekochten und ungekochten Portion gleiche Mengen mit der Pipette entnommen und in diesen durch Schwefelwasserstoff der letzte Rest des Quecksilbers ausgef\u00e4llt. Schlie\u00dflich wurde zur Entfernung des \u00fcbersch\u00fcssigen Schwefelwasserstoffs Kupfersulfatl\u00f6sung zugegeben, bis die Fl\u00fcssigkeit schwach bl\u00e4ulich gef\u00e4rbt erschien, und in Ma\u00dfkolben die beiden Portionen auf je 250 ccm auf-gef\u00fcllt und filtriert.\nVon den Filtraten dienten je 20 ccm zur Allihnschen Zuckerbestimmung. Das Kupferoxydul wurde nach bekanntem Verfahren in Asbestr\u00f6hrchen gesammelt, mit Wasser, Alkohol und \u00c4ther gewaschen bei 110<> getrocknet, im WasserstofT-strom reduziert und als Kupfer gewogen. Stets wurden zwei Parallelbestimmungen ausgef\u00fchrt.\nDa bei diesem Verfahren von der gekochten und ungekochten Portion stets genau gleiche Mengen in genau gleicher\n20*","page":289},{"file":"p0290.txt","language":"de","ocr_de":"290\nJ. Ibrahim und L. Kaumheimer,\nWeise behandelt werden, gibt sich eine fermentative Spaltung des Milchzuckers durch eine erhebliche Zunahme des reduzierten Kupfers in der ungekochten Portion zu erkennen.\nVersuch I.\nNeugeborenes Kind von 4000 g Gewicht und 56 cm L\u00e4nge. Temporalumfang 37 cm.\nGeb. 2. III. 09 um 3 h p. m. ; gestorben um 3 i/i h p. m. ; in Eis konserviert von */* 8 h p. m. an ; seziert am 3. III. um 7 h p. m.\nPankreas mit 100 ccm Wasser -f 2 ccm Toluol 12 \u2018/* h extrahiert. Je 25 ccm gekochter und ungekochter Extrakt kommen mit je 50 ccm 5% iger Milchzuckerl\u00f6sung -f 2 ccm Toluol 83 h in den Brutschrank bei 38 \u00bb.\nBeide Proben wie oben beschrieben enteiwei\u00dft, auf 250 ccm aufgef\u00fcllt und in je 20 ccm die All ihn sehe Zuckerbestimmung ausgef\u00fchrt (je 2 Bestimmungen).\n1.\tUngekochter Extrakt:\n20 ccm liefern a) 180.2 \\ = 181,05 mg Kupfer = 92,6 mg Zucker, b) 181,9 / berechnet f\u00fcr Glukose\n2.\tGekochter Extrakt:\n20 ccm liefern a) 181,0 1 = 179,75 mg Kupfer = 92,1 mg Zucker, b) 178,5 f berechnet f\u00fcr Glukose Differenz = 0,5 mg Zucker.\nVersuch II.\nNeugeborenes Kind von 3150 g Gewicht, 52 cm L\u00e4nge und 34 cm Temporalumfang.\nGeb. 4. III. 09 um l> 1ha. m., gestoVben um 3/* 1 h a. m. ; auf Eis gelegt um 3 h p. m. ; seziert um 4 h p. m.\nPankreas mit 60 ccm Wasser -f 2 ccm Toluol 24 h extrahiert. Je 20 ccm gekochter und ungekochter Extrakt mit je 50 ccm 5 \u00b0/o iger Milchzuckerl\u00f6sung -{- 2 ccm Toluol 91 V\u00abh in den Brutschrank.\nWeitere Behandlung wie oben.\n1.\tUngekochter Extrakt:\n20 ccm liefern a) 197,3 \\ = 194,9 mg Kupfer = 100,0 mg Zucker, b) 192,5 / berechnet f\u00fcr Glukose\n2.\tGekochter Extrakt:\n20 ccm liefern a) 202,9 \\ = 201,35 mg Kupfer = 103,2 mg Zucker, b) 199,8 / berechnet f\u00fcr Glukose Differenz = 3,2 mg Zucker.\nVersuch III.\nNeugeborenes Kind von 4000 g Gewicht, 55 cm L\u00e4nge und 38 ccm Temporalumfang,","page":290},{"file":"p0291.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Frage der Pankreaslactase^\t291\nAsphyktisch geboren und gleich gestorben am 21.111.09 um 2 h p. m.; in Eis gelegt am 22. III. um 10 h a. m. ; seziert 3 h p. m.\n1 ankreas mit 80 ccm Wasser -j- 2 ccm Toluol 26 h extrahiert. Je 25 ccm ungekochter und gekochter Extrakt mit je 50 ccm 5%iger Milchzuckerl\u00f6sung + 2 ccm Toluol f\u00fcr 91 \u2022/* h jn den Brutschrank.\nWeitere Behandlung wie oben.\n1.\tUngekochter Extrakt:\n20 ccm liefern a) 116,8 ^ = 117,7 mg Kupfer = 60,1 mg Zucker, b) 118,6 \\ berechnet f\u00fcr Glukose\n2.\tGekochter Extrakt:\n20 ccm liefern a) 115,7 \\ =* 116,3 mg Kupfer = 59,1 mg Zucker, b) 116.9 / berechnet f\u00fcr Glukose Differenz = 1,0 mg Zucker.\nDie Differenzen zwischen den gekochten und ungekochten Extrakten sind so gering, da\u00df sie in das Bereich der Fehlergrenzen fallen, jedenfalls nicht auf eine stattgehabte Inversion schlie\u00dfen lassen. Das geht schon daraus hervor, da\u00df in zwei F\u00e4llen der ungekochte, in einem Fall aber der gekochte Extrakt eine gr\u00f6\u00dfere Reduktion bewirkte.\nWir geben zum Vergleich die positiven Resultate wieder, die wir bei der Untersuchung der (lactasehaltigen) D\u00fcnndarmschleimhaut des gleichen Neugeborenen erhielten, dessen Pankreas im Versuch I verarbeitet worden war. Es kam genau das gleiche Verfahren zur Anwendung.\nVersuch IV.\nDer D\u00fcnndarm des Kindes, dessen Pankreas f\u00fcr Versuch I diente, wird in mehrere St\u00fccke zerschnitten, durch manuelles Ausstreifen m\u00f6glichst vollst\u00e4ndig entleert und mit der Schere aufgeschnitten. Die Schleimhaut wird mit einem stumpfen Skalpell abgeschabt, mit Quarzsand im M\u00f6rser fein verrieben und mit 200 ccm destilliertem Wasser -f 4 ccm Toluol bei Zimmertemperatur 12 */* Stunden extrahiert.\nJe 50 ccm ungekochten und gekochten Extrakts kommen mit je 10\u00b0 ccm 5 \u00b0/o iger Milchzuckerl\u00f6sung -f 3 ccm Toluol 92 h in den Brutschrank.\nWeitere Verarbeitung wie oben.\n1. Ungekochter Extrakt :\n20 ccm liefern a) 481,4 \\\nb) 479,7 / ~ *^0>55 mg Kupfer","page":291},{"file":"p0292.txt","language":"de","ocr_de":"J. Ibrahim und L Kaumheimer,\n2. Gekochter Extrakt:\n20 ccm liefern a) 386,6 I\nb) 394,1 / ~ 3d0>35 m8 Kupfer\nDifferenz = 90,2 mg Kupfer 45,9 mg Zucker, berechnet f\u00fcr Glukose.\nWir glauben nach dem Ergebnis der mitgeteilten Versuche zu dem Schl\u00fcsse berechtigt zu sein, da\u00df das Pankreas des neugeborenen Menschen keine Lactase enth\u00e4lt.\nUm so gespannter durften wir den Untersuchungen an milchgen\u00e4hrten S\u00e4uglingen entgegensehen.\nEs galt hier vor allem, eine Fehlercpielle zu vermeiden. Weitaus die meisten S\u00e4uglinge, die zur Sektion kommen, sterben an Verdauungskrankheiten bezw. Ern\u00e4hrungsst\u00f6rungen, oder auch wenn sie an anderen, z. B. infekti\u00f6sen Krankeiten sterben, ist meist der Verdauungstraktus erheblich in Mitleidenschaft gezogen. Negativen Resultaten, die auf Grund solchen Materials erhoben werden, k\u00e4me in der von uns behandelten Frage keinerlei Beweiskraft zu. Wir waren daher darauf bedacht, nur solche Kinder zu untersuchen, bei denen durch die klinische Beobachtung und die anatomische Untersuchung (die hier bekanntlich viel weniger Aufschl\u00fcsse zu geben vermag) ein normales Verhalten der Verdauungsorgane mit Sicherheit angenommen werden durfte.\nEs sind im Laufe des letzten halben Jahres nur drei derartige F\u00e4lle in unserem Spital zur Obduktion gekommen. Bei allen dreien waren wir in der Lage, die Sektion so bald nach dem Tode auszuf\u00fchren, da\u00df die Resultate wohl verwertbar sein d\u00fcrften.\nVersuch V.\nXaver W., 1 Jahr alt, wegen Keuchhustens und Bronchitis ins Spital aufgenommen. Gewicht 7060 g, L\u00e4nge 69 cm ; mit Kuhmilch und Brei ern\u00e4hrt, daneben in der letzten Zeit Fleischsuppe ; w\u00e4hrend des f\u00fcnft\u00e4gigen Spitalaufenthaltes erh\u00e4lt es nur Vollmilch, hat t\u00e4glich ein bis zwei gut verdaute Milchst\u00fchle. Am dritten Tag entwickelt sich im Anschlu\u00df an einen Senfwickel ein hyperpyretischer Zustand (41,2\u00b0) mit Cyanose und Herzschw\u00e4che. In der folgenden Nacht erfolgten mehrere Krampfanf\u00e4lle; erhielt und trank noch mehrmals Milch; am 29. III. 09 erfolgte der Tod durch Herzschw\u00e4che, unmittelbar im Anschlu\u00df an einen Krampfanfall. Die Temperatur betrug 2 h vor dem Tod 40,1 \u00b0. Die Sektion","page":292},{"file":"p0293.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Frage der Pankrcaslaktase.\t293\nerfolgte 12\u00bb/\u00ab h nach dem Tod und ergab au\u00dfer einer diffusen Bronchitis und vereinzelten bronchopneumonischen Herden normale Organbefunde;\nDas Pankreas wurde in \u00fcblicher Weise mit 80 ccm Wasser -f 2 ccm Toluol 16 Stunden bei Zimmertemperatur extrahiert.\nJe 25 ccm ungekochten und gekochten Extraktes kamen mit je 50 ccm 5\u00b0/oiger Milchzuckerl\u00f6sung -f 2 ccm Toluol f\u00fcr 75 h in den Brutschrank.\nWeitere Behandlung wie immer.\n1.\tUngekochter Ipctrakt:\n20 ccm liefern a) 126,8 j = 125,05 mg Kupfer = 63,7 mg Zucker, b) 123,3 / berechnet f\u00fcr Glukose\n2.\tGekochter Extrakt:\n20 ccm liefern a) 129,5) = 120,1mg Kupfer = 65,7 mg Zucker, b) 128,7 / berechnet f\u00fcr Glukose Differenz = 2,0 mg Zucker.\nVersuch VI.\nOtto H., 11 Monate alt. 7 Monate von der Mutter gestillt, hat sich in dieser Zeit zu einem \u00fcberm\u00e4\u00dfig fetten Kind entwickelt, wog mit 7 Mon. 10 kg. Seit der Entw\u00f6hnung langsamere Zunahme und h\u00e4ufiger leichte Bronchitiden. Am 7. III. 09 schwerer Krampfanfall ; keine Zeichen von Tetanie. \u2014 Ende Mai Masernprodrome. Es kommen keine typischen Masern zum Ausbruch: am 28. V.09 moribund ins Spital aufgenommen, hoch fiebernd. Gewicht 10570 g. Ern\u00e4hrung bis zum Exitus mit Milch oder Milchverd\u00fcnnungen. Der Tod erfolgte 3 Stunden nach der Aufnahme-ins Spital. Sektion (6 Stunden nach dem Tod) ergab als einzigen pathologischen Organbefund einen kleinen bronchopneumonischen Herd im rechten Unterlappen.\nPankreas mit 80 ccm Wasser -f 2 ccm Toluol 23 h extrahiert. Je 30 ccm ungekochten und gekochten Extraktes mit je 60 ccm 5%iger Milchzuckerl\u00f6sung -f- 2 ccm Toluol 111 h in den Brutschrank.\nWeitere Behandlung wie \u00fcblich.\n1.\tUngekochter Extrakt:\n20 ccm liefern a) 198,4 ) = 198,4 mg Kupfer = 101,5 mg Zucker, b) 198,4 / berechnet f\u00fcr Glukose\n2.\tGekochter Extrakt:\n20 ccm liefern a) 197,7) = 197,05 mg Kupfer = 101,0 mg Zucker, b) 196,4 / berechnet f\u00fcr Glukose Differenz = 0,5 mg Zucker.\nVersuch VII.\t;\nFelix E. 3\u00bb/* Mon, alt, 3060 g schwer, 54 cm lang; Kind gesunder Eltern, einen Monat zu fr\u00fch geboren, 3 Monate von der Mutter gestillt,","page":293},{"file":"p0294.txt","language":"de","ocr_de":"294\tJ. Ibrahim und L. Kaumheimer,\ndann auf Gerstenschleim abgestillt. Wegen h\u00e4ufigeren Erbrechens dem Spital am 26. VII. 09 zugef\u00fchrt ; erh\u00e4lt hier zun\u00e4chst Frauenmilch, nach drei Tagen f\u00fcnfmal t\u00e4glich 100 g gelabte unverd\u00fcnnte Kuhmilch ; die Verdauung ist ungest\u00f6rt, die St\u00fchle tadellos, die Gewichtszunahme betr\u00e4gt bis zum 1. VIII. 09 450 g (= 75 g t\u00e4glich); Pat. lacht und ist munter. Temperatur bewegt sich mit mit geringen Schwankungen um 36,9. \u2014 Am 2. VIII. 5 h a. m. wird das Kind pl\u00f6tzlich sehr bla\u00df, dann blau und stirbt innerhalb weniger Minuten. \u2014 Sektion 6 */* h nach dem Tod ergibt folgenden Befund: Thymus und Milz von normaler Gr\u00f6\u00dfe. Herz ohne Befund. Lungen \u00fcberall lufthaltig ; einige subpleurale Ekchymosen. Starke Schwellung der mesenterialen Lymphdr\u00fcsen. Trachea eng, Stimmb\u00e4nder in Cadaverstellung. Gehirn ohne pathologischen Befund.\nPankreas mit 80 ccm Wasser -f 2 ccm Toluol 25 h extrahiert. Je 35 ccm ungekochten und gekochten Extraktes mit je 70 ccm 5\u00b0/oiger Milchzuckerl\u00f6sung -f- 2 ccm Toluol 125 h jm Brutschrank.\nWeitere Behandlung wie immer.\n1.\tUngekochter Extrakt:\n20 ccm liefern a) 244,5 \\ \u2014 243,65 mg Kupfer = 126,0 mg Zucker, b) 242,8 / berechnet f\u00fcr Glukose\n2.\tGekochter Extrakt :\n20 ccm liefern a) 243,0 1 = 241,8 mg Kupfer = 125,0 mg Zucker, b) 240,6 / berechnet f\u00fcr Glukose Differenz = 1,0 mg Zucker.\nWie die Betrachtung der obigen Versuche ergibt, haben wir also auch bei den \u00e4lteren milchgef\u00fctterten S\u00e4uglingen nur negative Resultate zu verzeichnen. Im ersten Fall handelte es sich um ein einj\u00e4hriges Kind, das an Hyperpyrexie und Eklampsie im Verlauf eines Keuchhustens rasch gestorben war; das zweite Kind stand im 11. Monat und war einer jener past\u00f6sen \u00fcberm\u00e4\u00dfig fett entwickelten S\u00e4uglinge, die Infektionskrankheiten gegen\u00fcber sehr wenig widerstandsf\u00e4hig zu sein pflegen. Es erlag einer solchen Infektion (vermutlich Masern), noch ehe die Krankheit voll zum Ausbruch gekommen war. W\u00e4hrend bei diesen beiden Kindern febrile Erkrankungen zum Tod gef\u00fchrt hatten, stellt der dritte Fall einen jener ungekl\u00e4rten pl\u00f6tzlichen Todesf\u00e4lle im S\u00e4uglingsalter dar. Die Sektion ergab keine sehr \u00fcberzeugenden Anhaltspunkte f\u00fcr das Bestehen einer lymphatischen Konstitution. Die M\u00f6glichkeit eines Stimmritzenkrampfes als Todesursache ist eher zu er-","page":294},{"file":"p0295.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Frage der Pankreaslactase.\t295\nw\u00e4gen. Etwas beeintr\u00e4chtigt wird der Wert des sonst sehr geeigneten Falles nur durch die Tatsache, da\u00df die Milchf\u00fctterung bei dem Kind eine Zeitlang unterbrochen worden war; doch hatte es die letzten 8 Tage vor dem Tode ausschlie\u00dflich Milch erhalten und hatte sie offenbar sehr gut verdaut und ausgen\u00fctzt.\nWir glauben aus unseren Versuchen den Schlu\u00df ableiten zu d\u00fcrfen, da\u00df\n1.\tdas Pankreas des neugeborenen Kindes keine Lactase enth\u00e4lt,\n2.\tauch im Verlauf der S\u00e4uglingsperiode beim Menschen keine Lactase im Pankreas zur Entwicklung kommt.","page":295}],"identifier":"lit37490","issued":"1909","language":"de","pages":"287-295","startpages":"287","title":"Zur Frage der Pankreaslactase (Untersuchungen an menschlichen Neugeborenen und S\u00e4uglingen)","type":"Journal Article","volume":"62"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:51:02.075542+00:00"}