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{"created":"2022-01-31T15:43:59.785536+00:00","id":"lit37494","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Jager, L. de","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 62: 333-346","fulltext":[{"file":"p0333.txt","language":"de","ocr_de":"Beitr\u00e4ge zur Harnchemie.\nVon\nDr. L. de Jager, prakt. Arzt zu Stiens (Niederland).\n(Der Redaktion zugegangen am 2. September 1909.)\nI. \u00dcber die Kochprobe.\nWenn eiwei\u00dfhaltiger Harn gekocht wird, so entstellt ein Niederschlag von koaguliertem Albumin. In der Regel braucht man dazu keine besondere Ma\u00dfnahme. Nur wenn der Harn alkalische Reaktion zeigt, ist es zu empfehlen, diese vorher abzustumpfen, weil Albumin in der Hitze nur bei saurer Reaktion koaguliert. Letzteres gilt f\u00fcr reine Albuminl\u00f6sungen. Da\u00df Albumin in alkalischem Harn beim Kochen gel\u00f6st bleiben soll, erscheint nicht gerade wahrscheinlich, weil das entstandene Albuminat mit den Kalk- und Magnesiumsalzen unl\u00f6sliche Verbindungen eingehen wird. Zweitens wird sich alkalischer Harn beim Kochen immer tr\u00fcben durch die Anwesenheit der Erdphosphate. Dieser Niederschlag l\u00f6st sich nach Z\u00fcsatj\u00e7 einer verd\u00fcnnten S\u00e4ure. Ist aber der Harn eiwei\u00dfhaltig, so verschwindet der Niederschlag nach S\u00e4urez\u00fcsatz nicht. Nun ist es wohl unm\u00f6glich, festzustellen, ob der Phosphatniederschlag sich nur z. T. l\u00f6st, oder ob, w\u00e4hrend die Phosphate gel\u00f6st werden, das Eiwei\u00df von der S\u00e4ure gef\u00e4llt wird.\nEin alkalischer Harn, welcher neben Eiwei\u00df Erdph\u00f6sphate enth\u00e4lt, wird beim Kochen einen Niederschlag geben, welcher nach S\u00e4urezusatz nicht gel\u00f6st wird. Wenn ein alkalischer eiwei\u00dfhaltiger Harn beim Kochen sieh nicht tr\u00fcbt, so kann dieses nicht durch die Reaktion allein erkl\u00e4rt werden.\nIch hatte Gelegenheit, den Harn einer Patientin zu untersuchen welcher w\u00e4hrend einiger Tage sich so verhielt, daft er bei eben alkalischer Reaktion, einmal auch bei saurer Reaktion, beim Kochen sich nicht tr\u00fcbte. Der Harn enthielt das erstemal, als die Kochprobe negativ aus-","page":333},{"file":"p0334.txt","language":"de","ocr_de":"334\tL. de Jager,\nfiel. 4.5 g Eiwei\u00df im Liter; als dann die Reaktion sauer war, betrug der Ei wei\u00dfgeh alt noch 0,9 g ira Liter. Ersterer Harn (mit 4,5 g im Liter) gab ein positives Resultat, als ich den Harn mit Wasser auf ein F\u00fcnftel verd\u00fcnnte, an den anderen Tagen hatte auch Verd\u00fcnnung keinen Erfolg.\nAls ich zu diesem Harn Kaliumoxalat zusetzte, entstand kein Niederschlag. Ebensowenig tr\u00fcbte sich der Harn nach Zusatz einer \u00fcbersch\u00fcssigen Menge Ammoniak.\nDer Harn enthielt also keine Erdphosphate. Es konnte sich demnach weder ein Niederschlag von Erdphosphaten, noch ein solcher von Calciumalbuminat bilden.\nNach Zusatz einiger Tropfen einer Chlorcalciuml\u00f6sung entstand beim Kochen ein Niederschlag. Als ich diesen durch Filtrieren entfernte, erwies sich das Filtrat albuminfrei.\nW\u00e4hrend das Ausbleiben des Niederschlags bei dem alkalischen Harn erkl\u00e4rt werden kann durch die Abwesenheit von Calcium und die Anwesenheit von sekund\u00e4rem Phosphat, trifft letzteres nicht zu bei dem sauer reagierenden Harn. Auch dieser Harn enthielt keinen Kalk. Die f\u00fcr Lackmus saure Reaktion ist aber kein Beweis daf\u00fcr, da\u00df der Harn wirklich sauer ist. Ich untersuchte eine Probe nach der von mir empfohlenen Methode.1) Es ergab sich, da\u00df der Harn keine freie S\u00e4ure, sondern sekund\u00e4res Phosphat enthielt. Die Erkl\u00e4rung ist demnach dieselbe wie beim alkalischen Harn: Anwesenheit von sekund\u00e4rem Phosphat und Abwesenheit von Kalk.\nMerkw\u00fcrdig ist, da\u00df der Harn von einer Patientin* *) stammte, welcher ich Calciumlactat gegeben hatte.\nNach einigen Tagen enthielt der Harn wieder Calcium, wie die Probe mit Kaliumoxalat erwies, und zugleich war auch die Kochprobe wieder positiv. Als ich Kaliumoxalat zusetzte und filtrierte, blieb das Filtrat bei saurer Reaktion beim Kochen klar. Der Harn enthielt aber noch sekund\u00e4res Phosphat.\nZwei Tage sp\u00e4ter fiel die Kochprobe im Filtrat nach Entfernen des Kalks mittels Kaliumoxalat ebenfalls positiv aus. Jetzt enthielt der Harn kein sekund\u00e4res Phosphat mehr, sondern es war neben saurem Phosphat noch freie S\u00e4ure anwesend.\nZu einer Probe dieses Harns setzte ich soviel Natronlauge zu, da\u00df die freie S\u00e4ure genau ges\u00e4ttigt war. Die Kochprobe war positiv.\nEine zweite Probe wurde ebenso neutralisiert und durch Kaliumoxalat vom Kalk befreit. Das Filtrat zeigte beim Kochen keinen Niederschlag.\n\u2018) Diese Zeitschrift, Bd. LV, S. 6.\n*) Es betraf eine Gravida mit ernsten uraemischen Symptomen, welche eine Woche, nachdem ich sie gesehen hatte, ein lebendes Kind gebar, welches sie selbst ern\u00e4hrte. Die weiteren Harnproben stammen aus der Periode nach der Entbindung.","page":334},{"file":"p0335.txt","language":"de","ocr_de":"Beitr\u00e4ge zur Harncliemic.\t335\nZum Gelingen der Kochprobe ist nach diesen Versuchen die Anwesenheit entweder von Kalk oder von freier S\u00e4ure erforderlich. Kin alkalischer Harn bleibt bei der Kochprobe klar, wenn kein Kalk anwesend ist. Die Magnesia scheint sich wie die Alkalien zu verhalten.\nWeil die Kochprobe negativ ausf\u00e4llt, wenn kein Kalk zugegen ist, so glauble ich, da\u00df Zusatz von Calciumchlorid beim Kochen einen st\u00e4rkeren Niederschlag erzeugen konnte.\nIch setzte also zu 5 ccm Harn, welcher eine positive Kochprobe zeigte, 12 Tropfen einer 10\u00b0/oigen Chlorcalciuml\u00f6sung, und kochte. Es entstand kein Niederschlag. Auch nach Zusatz von Essig- oder Salpeters\u00e4ure blieb die Probe klar.\nWenn aber vor dem Kochen neben Chlorcalcium Natronlauge oder Natriumphosphat zugesetzt wurde, so entstand ein Niederschlag, welcher von S\u00e4ure nicht ganz gel\u00f6st wurde.\nDenselben Erfolg wie Chlorcalcium ergab ein Zusatz von prim\u00e4rem Calciumphosphat. Das entsprechende Magnesiumphosphat hatte keinen Einflu\u00df.\nEine w\u00e4sserige L\u00fcsung von H\u00fchnereiwei\u00df gab keinen Niederschlag beim Kochen nach Zusatz von prim\u00e4rem Calciumphosphat.\nEin Zusatz von Milchserum, nachdem unter Anwendung von Methylorange als Indikator die Phosphate in prim\u00e4re um-geselzt waren, zu normalem Harn gab dasselbe Resultat wie eiwei\u00dfhaltiger Harn. Serumeiwei\u00df stand mir nicht zu Diensten.\nObige Versuche wurden angestellt mit Harn, welcher 0,9 g Eiwei\u00df im Liter enthielt. Bei einem gr\u00f6\u00dferen Gehalt entstand auch nach Chlor-calciumzusatz ein Niederschlag.\nEin Harn einer anderen Patientin ergab nach Zusatz von CaCL beim Kochen einen starken Niederschlag, welcher aber nach Zusatz von E*sig- oder Salpeters\u00e4ure sich l\u00f6ste.\nIn den Proben, welche nach Zusatz von CaCI, beim Kochen keinen Niederschlag zeigten, fiel, nachdem die Probe abgek\u00fchlt war, der Versuch mit Ferrocyanwasserstoff positiv aus.\nDas Albumin wird in diesen Versuchen nicht in L\u00f6sung gehalten, sondern ist umgebildet zu Acidalbumin. Dieses wird nicht durch Zusatz von S\u00e4ure, wohl aber durch Alkali gef\u00e4llt. Die Verbindung, welche diese Umsetzung bewirkt, ist das prim\u00e4re Calciumphosphat.\nDas Verh\u00e4ltnis ist also gerade das umgekehrte von demselben Alkaliphosphaten gegen\u00fcber.\nAlbumin wird beim Kochen niedergeschlagen hei Anwesen-\nHoppe-Seyler\u2019s Zeitschrift f. physiol. Chemie. LXII.\t23","page":335},{"file":"p0336.txt","language":"de","ocr_de":"336\nL. de Jager,\nheit von prim\u00e4rem, nicht aber von sekund\u00e4rem Alkaliphosphat.\nSekund\u00e4res Calciumphosphat hingegen erzeugt eine F\u00e4llung, prim\u00e4res nicht.\nIch glaube die Erscheinung folgenderma\u00dfen erkl\u00e4ren zu k\u00f6nnen. Das prim\u00e4re Calciumphosphat zerf\u00e4llt beim Kochen in Phosphors\u00e4ure und sekund\u00e4res Phosphat, aber nur, wenn nicht zugleich sekund\u00e4res Phosphat anwesend ist. Zusatz von Alkaliphosphat verhindert diese Dissoziation. Nur wenn \u00fcbersch\u00fcssiges prim\u00e4res Calciumphosphat anwesend ist, wird eine nennenswerte Menge freier Phosphors\u00e4ure entstehen. Diese S\u00e4ure zersetzt in der Hitze, wie alle andern anorganischen S\u00e4uren, das Albumin.\nEs ist fraglich, ob der Harn je eine solche Menge Kalk enth\u00e4lt, da\u00df dadurch das Albumin zersetzt werden kann. Wenn es aber der Fall ist, so wird die Kochprobe mi\u00dflingen, auch nach S\u00e4urezusatz.\nDie Kochprobe kann negativ werden, wenn zu viel und wenn kein Kalk anwesend ist.\nUm g\u00e4nzlich unabh\u00e4ngig zu sein von der Anwesenheit des Kalks, empfehle ich eine modifizierte Kochprobe.\nZu 10 ccm Harn wird 1 ccm einer 10\u00b0/oigen Kaliumoxalatl\u00f6sung zugesetzt und nach einigem Zuwarten durch doppeltes Filter, n\u00f6tigenfalls wiederholt, filtriert, bis das Filtrat vollkommen klar ist.\nEine Probe des Filtrats wird gekocht. Entsteht ein Niederschlag, so ist mit Gewi\u00dfheit Eiwei\u00df anwesend.\nEine zweite Probe des Filtrats wird nach Zusatz von 2 bis 3 Tropfen verd\u00fcnnter Essigs\u00e4ure gekocht. Bleibt der Harn klar, so ist gewi\u00df kein Eiwei\u00df anwesend.\nln der Regel ist der Niederschlag bedeutender, wenn die S\u00e4ure vor dem Koch\u00e8n zugesetzt wird. Ich koche aber auch eine Probe ohne S\u00e4urezusatz, weil die M\u00f6glichkeit besteht, da\u00df durch diesen Zusatz geringe Mengen Eiwei\u00df gel\u00f6st werden.\nDurch Verd\u00fcnnung eines eiwei\u00dfhaltigen Harns mit normalem Harn gab die nach dieser Methode ausgef\u00fchrte Probe einen geringen Niederschlag bei einem Eiwei\u00dfgehalt von 50 mg, einen sehr deutlichen Niederschlag mit 60 mg im Liter.","page":336},{"file":"p0337.txt","language":"de","ocr_de":"Beitr\u00e4ge zur Harnchemie.\t337\nDie Hellersche Probe war bei letzterer Verd\u00fcnnung noch negativ. Bei einem Eiwei\u00dfgehalt von 60 mg im Liter war der Erfolg noch nicht deutlich zu sehen.\nDurch Verd\u00fcnnung des eiwei\u00dfhaltigen Harns mit Wasser anstatt mit normalem Harn wird nach beiden Methoden eine geringere Menge Eiwei\u00df angezeigt, aber auch dann ist die Koch-probe der Hellerschen \u00fcberlegen.\nII. Die Acidit\u00e4tsbestimmung des Harns unter Formalinzusatz.\nWenn zu einer L\u00f6sung einer Ammoniakverbindung oder einer Aminos\u00e4ure Formalin zugesetzt wird, so nimmt die Acidit\u00e4t um so viel zu, als die Menge NH3 in diesen Verbindungen betr\u00e4gt.\nVon Malfatti1) ist diese Umsetzung zur Ammoniakbestimmung im Harn benutzt worden. Es wird der Harn nach Zusatz von Phenolphthalein mit Natronlauge bis zur R\u00f6tf\u00e4rbung titriert, jetzt wird (zu 10 ccm Harn 3 ccm) neutralisiertes formalin zugesetzt und wieder bis zur Endreaktion titriert.\nLetztere Menge soll den Ammoniakgehalt arizeigen. In den von Malfatti angestellten Versuchen stimmt dieser Wert vollkommen mit dem nach der Methode von Schloesing erhaltenen.\nNach dem Ergebnisse anderer Forscher ist dieses aber nicht der hall und ist die nach der Formahnmethode erhaltene Zahl h\u00f6her, als dem Ammoniakgehalt entspricht. Der Unterschied wird gegeben durch den Gehalt an Aminos\u00e4uren V. Hennques8) hat, auf die von S\u00f6rensen angegebene formoltitrierung gest\u00fctzt, eine Bestimmung der Aminos\u00e4uren im Harn ausgearbeitet.\nEs wird die Acidit\u00e4tszunahme nach Formalinzusatz (betreffs der Einzelheiten der Methode verweise ich auf das Original) und in einer zweiten Harnprobe der Ammoniakgehalt durch Evakuieren nach Zusatz von Barytwasser bestimmt. Der\nUnterschied soll den Gehalt an Aminos\u00e4ure ergeben.\nIch habe die Formalinmethode benutzt, um umgekehrt\n\u2018) Zeitschrift f. analytische Chemie, XLVII. Jahrgang, 5 Heft\n*) Diese Zeitschrift, Bd. LX, Heft 1.\n23*","page":337},{"file":"p0338.txt","language":"de","ocr_de":"338\nL. de Jager,\ndurch Abzug des Aminos\u00e4uregehalts den Ammoniakgehalt zu finden. Seit l\u00e4ngerer Zeit habe ich mich damit besch\u00e4ftigt, eine Schnellmethode zur Ammoniakbestimmung auszuarbeiten, welche auf der Bildung von Tripelphosphat beruhen soll.\nDie Magnesia wird bekanntlich bei Gegenwart von Phosphors\u00e4ure gef\u00e4llt durch \u00fcbersch\u00fcssiges Ammoniak. Ebenso wird umgekehrt ein Zusatz von \u00fcbersch\u00fcssiger Magnesia das Ammoniak niederschlagen.\nEs erwies sich, da\u00df f\u00fcr diesen Fall nur prim\u00e4res Magnesiumphosphat geeignet ist. Ich bereitete mir eine L\u00f6sung dieser Verbindung, von welcher 5 ccm zur Neutralisation 20 ccm Zehntelnormallauge erfordern. Es entsteht dann MgHPOt.\nMg(H2P\u00d64)2 + 2 NaOH \u2014 MgHP04 + Na2HP04 -f 2 H20.\nSetzt man 5 ccm dieser L\u00f6sung zu einer Salmiakl\u00f6sung, so ist dieselbe Menge Lauge bis zur Rotf\u00e4rbung erforderlich. Diese rote Farbe bleibt unver\u00e4ndert. Sobald man aber die W\u00e4nde des Becherglases t\u00fcchtig mit einem Glasstabe reibt, entf\u00e4rbt sich die Fl\u00fcssigkeit unter Bildung eines feink\u00f6rnigen Niederschlags von Tripelphosphat.\nMgHPOj -f NH4C1 + NaOH = MgNH4P04 + NaCl + H20.\nBei weiterem Zusatz von Natronlauge verschwindet die rote Farbe sofort, bis das Ammoniak g\u00e4nzlich in das Tripelphosphat \u00fcbergegangen ist. Rotf\u00e4rbung zeigt die Vollendung dieser Umsetzung an. Die genannte Menge Magnesiumphosphat ist imstande, 10 X 1,7 = 17 mg NH3 zu binden.\nDas Tripelphosphat ist fast unl\u00f6slich und es ist zu erwarten, da\u00df das Ammoniak g\u00e4nzlich im Niederschlag anwesend ist.\nVersuche, um diesen Gehalt nach Filtrieren im Niederschlag zu bestimmen, mi\u00dflangen. Es enth\u00e4lt der Niederschlag mehr P205, als der Menge NH3 entspricht ; daraus geht hervor, da\u00df neben Tripelphosphat noch sekund\u00e4res oder terti\u00e4res Magnesiumphosphat gef\u00e4llt wird.\nIch kochte den Niederschlag mit starker Lauge und titrierte, nachdem ich annehmen konnte, da\u00df kein XH3 ausgetrieben war. Die auf diese Weise aufgefundene Menge NH3 erwies sich aber als zu niedrig. Es ist nicht leicht, durch Kochen das Ammo-","page":338},{"file":"p0339.txt","language":"de","ocr_de":"Beitr\u00e4ge zur Harnchemie.\t339\nniak in kurzer Zeit g\u00e4nzlich auszutreiben. Anderseits kann vielleicht ein Teil des Tripelphosphats gel\u00f6st bleiben. Ich habe die Untersuchung des Niederschlags weiterhin nicht fortgesetzt.\nAls ich aber die Formalinmethode kennen lernte, versuchte ich die Methode aufs neue. Ich : filtrierte den Niederschlag nach Bildung von Tripelphosphat ab, suspendierte ihn in Wasser und neutralisierte, bis Phenolphthalein eben r\u00f6tlich war. Nach Zusatz von Formalin erwartete ich eine Acidit\u00e4tszunahme dem Ammoniakgehalt entsprechend. Die Reaktion bleibt aber dieselbe. W\u00e4hrend durch Zusatz von Formol zu Salmiak Salzs\u00e4ure abgetrennt wird, unter Bildung von Tetramethylentetramin, bleibt durch Einwirkung von Formol auf Tripelphosphat nach Entziehung des Ammoniaks MgHPOj \u00fcbrig, das zur Endreaktion gegen\u00fcber Phenolphthalein keinen weiteren Zusatz von Lauge erfordert.\nWenn man den Niederschlag in Salzs\u00e4ure l\u00f6st, dann CaCl, oder BaCl2 zusetzt und jetzt neutralisiert, so kommt nach Formalinzusatz die Acidit\u00e4tszunahme zum Vorschein. Der auf diese Weise gefundene Ammoniakgehalt erwies sich aber, wie unten gezeigt werden soll, als zu niedrig.\nEine andere Methode, um die Bildung von Tripelphosphat zur Ammoniakbestimmung zu benutzen, ist die direkte Titrierung. Zu einer L\u00f6sung von Salmiak setzte ich. prim\u00e4res Magnesiumphosphat und die zur Neutralisierung des Phosphats erforderliche Menge Natronlauge. Unter stetigem Reiben der Glasw\u00e4nde wurde Zehntelnormalnatronlauge zuflie\u00dfen gelassen, bis nach Bildung des Niederschlags eine bleibende Rotf\u00e4rbung erreicht war. In L\u00f6sungen von Salmiak l\u00e4\u00dft sich auf diese \\\\ eise der Ammoniakgehalt qualitativ genau bestimmen. Dieselbe Methode wandte ich beim Harn an. Nur wurde etwas Kaliumoxalat zugesetzt, um den Kalk niederzuschlagen. Es wurde nach Zusatz von Magnesiumphosphat bis zur Rotf\u00e4rbung titriert und nach Bildung von Tripelphosphat aufs neue bis zur Endreaktion titriert. Diese Zahl stimmte zwar ungef\u00e4hr, aber nicht ausreichend genau mit dem mit der Methode von Schloe-sing gefundenen Wert.\nDie Erfahrung, da\u00df der Acidit\u00e4tswert von Tripelphosphat","page":339},{"file":"p0340.txt","language":"de","ocr_de":"340\nL. de Jager,\ndurch Zusatz von Formol nicht ge\u00e4ndert wird, f\u00fchrte mich zu folgender \u00dcberlegung.\nDurch Zusatz von Formalin zeigt der Harn eine Acidit\u00e4tszunahme, gleich dem StickstofTwert des Ammoniaks und der Aminos\u00e4uren. Durch Magnesiumphosphat und Natronlauge wird das Ammoniak zu Tripelphosphat gebunden, w\u00e4hrend die Aminos\u00e4uren anwesend bleiben. Wenn man nun, nachdem nach Bildung von Tripelphosphat die Endreaktion erreicht ist, Formalin zusetzt, so wird die Acidit\u00e4tszunahme nur von den Aminos\u00e4uren verursacht, w\u00e4hrend das Ammoniak keinen Einflu\u00df mehr \u00fcbt.\nEine Mischung von Salmiak und Glykokoll, nach dieser Methode untersucht, ergab eine Acidit\u00e4tszunahme, gleich der Zunahme, welche das Glykokoll f\u00fcr sich ergab.\nDie Methode, wie ich sie beim Harn anwende, ist folgende:\n20 ccm Harn werden versetzt mit 2 ccm einer 10\u00b0/oigen Kaliumoxalatl\u00f6sung und nach Phenolphthaleinzusatz mit Zehntelnormallauge titriert, bis zur Rotf\u00e4rbung = Ac,.\nJetzt wird 40 ccm neutralisiertes Formalin zugesetzt und wieder bis zur Endreaktion titriert = Ac*.\nAc*\u2014Ac, ergeben den Aminos\u00e4ure- und den Ammoniakstickstoff.\nZu ebenfalls 20 ccm Harn werden 2 ccm Kaliumoxalatl\u00f6sung und 5 ccm einer L\u00f6sung von prim\u00e4rem Magnesiumphosphat, entsprechend 20 ccm Zehntelnormallauge, zugesetzt. Nachdem soviel Natronlauge zugesetzt ist, da\u00df die Probe rot gef\u00e4rbt erscheint, werden die W\u00e4nde mit einem Glasstab gerieben und weiter titriert. Ich lasse mehr Natronlauge zuflie\u00dfen, als zur Endreaktion erforderlich ist. Gew\u00f6hnlich gen\u00fcgen 35 ccm Zehntelnormalnatronlauge. Mit Zehntelnormalsalzs\u00e4ure wird zur\u00fccktitriert und durch abwechselndes Zusetzen von NaOH und HCl die Endreaktion genau bestimmt. Als Endreaktion nehme ich eine eben sichtbare R\u00f6tung an. Die dazu verbrauchte Menge Lauge wird notiert = Ac3.\nNach Zusatz von 4 ccm Formalin wird wieder titriert durch abwechselnden Zusatz von NaOH und HCl, bis die Farbe die gleiche ist wie bei der ersten Bestimmung = Ac4.","page":340},{"file":"p0341.txt","language":"de","ocr_de":"Beitr\u00e4ge zur Harnchemie.\n341\nAc4\u2014Ac3 ergeben den Aminostickstoffwert.\nDer Ammoniakgehalt mu\u00df gleich (A^-Ac,)\u2014(Ac4\u2014Ac\u00e4)\nsein.\nIn einer Reihe von Versuchen habe ich nach dieser Methode den Ammoniakgehalt bestimmt, immer unter Kontrolle der Schloesingschen Methode. Die Resultate sind, wie aus Tabelle I hervorgeht, recht befriedigend.\nTabelle I.\nAc,\u2014Ac,\tAc4\u2014Ac3\tNHS in Kubikzentimeter NaOH\t\t\t\tNH,\tin Grammen\t\n\t\tbe- rechnet\tge- funden\tZu viel oder zu wenig\t\tbe- rechnel\tge- funden '\t| Zu viel oder zu wenig\n\t\t\t\tin ccm\t! in \u00bb/\u2022\t\t\t\n41,58\t6,16\t35,42\t33,11\t+ 2,31\t+ 6,9\t0,602\t0,56a\t+ 39\n44,63\t6,13\t38,50\t37,19\t+ 1,31\t+ 3,6\t0,655\t.0,632\t+ 23\n45,00\t7,50\t37,50\t36,75\t+ 0,75\t+ 2,1\t0,638\t0,625\t+ 13\n41,04\t7,20\t33,84\t33,12\t+ 0,72\t+ 2,1\t0,575\t0,563\t+ 12\n42,70\t5,60\t37,10\t35,35\t+ 1,75\t+ 5,0\t0,631\t0,601\t+ 30\n36,00\t5,00\t31,00\t30,50\t+ 0,50\t+ 1,5\t0,527\t0,519\t+ 8\n42,00\t6,30\t35,70\t34,30\t+ 1,\u00ab\t+ 4,1\t0,607\t0,583\t+ 24\n41,28\t6,99\t34,29\t33,02\t+1,27\t+ 3,9\t0,583\t0,561*\t+ 22\n44,54\t7,20\t37,34\t36,03\t+ 1,31\t+ 3,4\t0,635\t0,612\t+ 21\n39,93\t5,44\t34,49\t33,28\t+ 1,21\t+ 3,5\t0,568\t0,566\t+ 20\n. 29,50\t5,00\t24,50\t23,50\t+ 1,00\t+ 3,75\t0,417\t0,400\t+ 17\n34,08\t5,68\t28,40\t28,40\t0\t0\t0,483\t0,483\t0\n34,17\t6,03\t28,14\t28,81\t-0,67\t-2,4\t0,478\t0,490\t\u2014 12\n31,35\t5,78\t25,57\t26,40\t-0,83\t-3,1\t0,435\t0,449\t- 14\n28,08\t4,86\t23,22\t22,68\t+ 0,54\t+ 2,4\t0,396\t0,386\t+ 10\n29,64\t3,64\t26,00\t24,96\t+ 1,04\t+ 4,1\t0,442\t0,424\t+ 18\nAls ich die Methode noch nicht gen\u00fcgend beherrschte, fand ich einige Male gr\u00f6\u00dfere Abweichung, aber auch dann weniger als 10\u00b0/o. F\u00fcr die Praxis ist die Methode, welche sich schnell und ohne andere Hilfsmittel als zwei B\u00fcretten aus-l\u00fchren l\u00e4\u00dft, also anzuempfehlen, wenn es darum zu tun ist, sich schnell \u00fcber den Ammoniakgehalt ein Urteil zu bilden.","page":341},{"file":"p0342.txt","language":"de","ocr_de":"342\nL. de Jag.er,\nUnd doch wohnt der Methode ein Fehler inne, welcher auch die Methoden von V. Henriques wertlos macht.\nIch bereitete mir eine L\u00f6sung von Glykokoll und eine L\u00f6sung von Salmiak und bestimmte die Acidit\u00e4tszunahme dieser L\u00f6sungen und einer Mischung beider L\u00f6sungen nach Formalzusatz. Da fand ich eine Acidit\u00e4tszunahme f\u00fcr\nGlykokoll\t3.6 ccm n 10-NaOH\nSalmiak\t9,1 V\t>\nGlykokoll -f- Salmiak 11,8\t\u00bb\nw\u00e4hrend 3,6\t9,1 = 12,7\t\u00bb\t\u00bb\nAber nicht nur da\u00df eine Mischung von Glykokoll und Salmiak eine niedrigere Acidit\u00e4tszunahme zeigt, als die getrennte Untersuchung beider K\u00f6rper aufweist, sondern aucli wenn zu einer mit Formalin versetzten Glykokoll\u00f6sung, nachdem dieselbe neutralisiert worden ist, Salmiak hinzugesetzt wird, so ist weniger Natronlauge zur Neutralisation erforderlich, als die gleiche Menge Salmiak erheischt. Dasselbe ist der Fall, wenn eine Salmiakl\u00f6sung mit Formalin versetzt und nach Neutralisation Glykokoll hinzugegeben wird. Wird, nachdem wieder neutralisiert worden ist, die n\u00e4mliche Menge Glykokoll hinzugesetzt, so ist mehr Natronlauge erforderlich als f\u00fcr die erste Portion.\nFolgende Beispiele m\u00f6gen dieses erleuchten. Die Salmiakl\u00f6sung erforderte 9,1 ccm, die Glykokoll\u00f6sung 3,6 ccm, eine Mischung 11,7 ccm Zehntelnormallauge.\nVersuch I. Zu der neutralisierten Glykokoll\u00f6sung wird Salmiak hinzugesetzt. Erforderlich sind 7,7 ccm Zentelnormal-lauge, zu einer zweiten gleichen Menge Salmiak 8,0 ccm Lauge.\nVersuch II. Zu der neutralisierten Salmiakl\u00f6sung wird dreimal hintereinander die gleiche Menge Glykokoll hinzugesetzt. Zur Neutralisation sind erforderlich resp. 3,1, 3,2 und 3,4 ccm Zentelnormallauge; in einem zweiten Versuch resp. 3,0, 3.2 und 3,4 ccm.\nIm zweiten Versuch ist die Summe der Acidit\u00e4ten beider K\u00f6rper gr\u00f6\u00dfer als im ersten, wo die Acidit\u00e4tsnahme ebenso gro\u00df ist, als wenn die K\u00f6rper vorher gemischt werden.\nIch bereitete mir eine Mischung von Glykokoll und Salmiak,","page":342},{"file":"p0343.txt","language":"de","ocr_de":"Beitr\u00e4ge zur Harnchemie.\t343\nwelche resp. 3,7 und 9,1 ccm Zehntelnormallauge erforderten, eine Mischung ergab eine Acidit\u00e4tszunahme von 11,55 ccm.\nIch behandelte diese Mischung nach, dem Zusatz von Magnesiumphosphat, wie oben angegeben, und f\u00fcllte an zu einer Fl\u00fcssigkeitsmenge von 55 ccm. Ich filtrierte den Niederschlag ab, l\u00f6ste dieselbe in Salzs\u00e4ure, setzte BaCl2 und Ba(OHj2 hinzu und f\u00fcllte an zu 50 ccm.\nVon dem Filtrat wurden 50 ccm neutralisiert und die Acidit\u00e4tszunahme nach Formalinzusatz bestimmt, von dem gel\u00fcsten Niederschlag wurden 40 ccm auf gleiche Weise behandelt. In zwei Versuchen fand ich folgende Acidit\u00e4tszunahme.\nFiltrat\t4,2\t5,05\nNiederschlag\t7,25\t6,025\nZusammen\t11,45\t11,675\nIm zweiten Versuch wurde filtriert nach 3 Stunden, im ersten sofort.\nAuch hier ist die Acidit\u00e4tszunahme zu niedrig und zwar ebenso gro\u00df, wie in der Mischung bei direkter Bestimmung. Das Filtrat enth\u00e4lt wahrscheinlich noch gel\u00f6stes Tripelphosphat, doch ist der Verlust an NH3 jedenfalls betr\u00e4chtlich. Wenn man die Acidit\u00e4tszunahme des Filtrats von der Gesamtacidit\u00e4tszunahme subtrahiert, so findet man 11,55 \u2014 4,2 = 7,35 ccm, d. h. rund 80\u00b0/'o des anwesenden Ammoniak.\nGanz \u00e4hnliche Verh\u00e4ltnisse fand ich im Harn. Ich bestimmte in einer Versuchsreihe die Gesamtacidit\u00e4tszunahme nach Formolzusatz und untersuchte auf gleiche Weise das Filtrat nach Bildung von Tripelphosphat.\nDie Zahlen beziehen sich auf 20 ccm Harn und sind angegeben in Kubikzentimetern Zehntelnormallauge (Tab. II).\nDiese Zahlen stimmen mit dem Ergebnis in reiner L\u00f6sung.\nIn zwei Harnproben bestimmte ich au\u00dferdem die Acidit\u00e4tszunahme des Niederschlags (Tab. III).\nDie Summe der Acidit\u00e4ten des Filtrats und des Niederschlags ist gr\u00f6\u00dfer als die Gesamtacidit\u00e4tszun\u00e4hme. Doch wurde ebenso wie in reinen L\u00f6sungen die Acidit\u00e4t des Filtrats zu hoch gefunden, w\u00e4hrend die Acidit\u00e4t des Niederschlags sich als viel zu niedrig erweist. Wenn nicht filtriert wird, sondern","page":343},{"file":"p0344.txt","language":"de","ocr_de":"344\nL. de Jager,\nTabelle II.\n\t- 1 Gesamt- Acidit\u00e4ts- zunahme\t2 Acidit\u00e4ts- Zunahme Filtrat\t3\t4\t5 Stab 3:4 in Prozenten\n\t\t\tnh3\t\t\n\t\t\tberechnet aus 1\u20142\tgefunden nach S.\t\n\t5,7\t1,600\t4,100\t5,2\t79\n\t7,2\t1.950\t5,250\t5.8\t90\n\t8,8\t3,030\t5,770\t8,1\t71\n\t4,5\t1,625\t2,875\t3.8\t76\n\t4,3\t2,100\t2,200\t3,4\t65\n\t4,2\t1.800\t2,400\t3,2\t75\n\t7,5\t2,450\t5,050\t5,8\t87\n\t5,9\t2.100\t3,800\t4,9\t77\nIm Mittel\t6,01\t2.082\t3,930\t5,025\t78\nTabelle III.\n\tccm\tccm\nGesamt-Acidit\u00e4tszunahme\t\t49\tR 7\nFiltrat \t\t\t .\t1,85\t2,4\nNiederschlag\t\t\t3,35\t3,5\nHN3 nach Schloesing\t\t4.0\t4,3\nBerechnete NH3 in Prozenten ....\t81 \u00b0/o \u25a0\t81 \u2022/\u00ab\ndas Tripelphosphat in der Fl\u00fcssigkeit suspendiert bleibt, wie ich oben angegeben habe, so wird in reiner L\u00f6sung genau die Menge Cdykokoll aufgefunden. Wenn dieses im Harn auch der frail ist, so mu\u00df die Summe des f\u00fcr die Aminos\u00e4uren gefundenen Werts und des Ammoniakgehalts niedriger erscheinen als die mittels der Formolmethode bestimmte Acidit\u00e4tszunahme. In der Regel ist aber das umgekehrte der Fall. Die Erkl\u00e4rung kann ich nicht geben. Es scheint der Harn K\u00f6rper zu enthalten, welche wie die Aminos\u00e4uren eine Acidit\u00e4tszunahme nach Formalinzusatz erzeugen, durch die Behandlung mit Magnesiumphosphat aber der Zersetzung durch Formol nicht mehr zu-","page":344},{"file":"p0345.txt","language":"de","ocr_de":"Beitr\u00e4ge zur Harnchemie.\t345\ng\u00e4nglich sind. Welcher dieser hypothetische K\u00f6rper ist, und welche Umsetzungen mit Magnesiumphosphat stattfinden, wei\u00df ich nicht zu sagen.\nWenn man annimmt, da\u00df die Gesamtacidit\u00e4tszunahme durch den Aminos\u00e4ure wert und 80\u00b0/o des * Ammoniakgehalts gegeben werden sollte, so w\u00fcrde die Differenz dieser berechneten Zahl und der gefundenen Acidit\u00e4tszunahme den Gehalt an jener hypothetischen Verbindung angeben. Dieser Gehalt w\u00fcrde in den ersten Bestimmungen der Tabelle II im Mittel 8,1 ccm, in den 6 letzten 5,5 ccm Normalnatronlauge entsprechen. Die f\u00fcr jeden Harn besonders berechnete Zahl weicht nur wenig von diesen Mittelzahlen ab. Die 10 ersteren Bestimmungen stammen aus einer anderen Versuchsreihe als die folgenden. Auch der Ammoniakgehalt ist an letzteren Tagen niedriger.\t1\nDa\u00df demnach der berechnete Ammoniakgehalt mit dem wirklichen Gehalt bis auf wenige Prozente stimmt, w\u00fcrde dann ein Zufall sein.\nDoch scheint mir die Methode empfehlenswert zu sein, wenn es darum zu tun ist, sich schnell ein Urteil \u00fcber den Ammoniakgehalt des Harns zu bilden. Den richtigen Gehalt kann man immer noch nach der Methode von Schloesing kontrollieren.\nIch habe die Formolmethode nach V. Henriques einige Male versucht, habe aber keinen besonderen Vorteil der einfachen Titrierung gegen\u00fcber darin gefunden. Zwar ist die Anwesenheit der Phosphate etwas st\u00f6rend, aber diesen Nachteil finde ich nicht gro\u00df genug, um diese einfache Titrierung f\u00fcr die umst\u00e4ndlichere Methode zu vertauschen.\nIch m\u00f6chte noch auf ein Mittel hinweisen, um den Farbenumschlag des Phenolphthaleins im gef\u00e4rbten Harn und in tr\u00fcben Fl\u00fcssigkeiten deutlicher hervortreten zu lassen. Bei obigen Versuchen war mir das Mittel noch nicht bekannt, doch scheint es mir recht brauchbar zu sein. Wenn man eine Zeichnung, aus schwach r\u00f6tlichen und kaum sichtbaren gr\u00fcnlich blauen Linien bestehend, mit einem roten Glase oder einem St\u00fcck roter Gelatine bedeckt, so verschwindet die rote Zeichnung und es","page":345},{"file":"p0346.txt","language":"de","ocr_de":"346\tL. de Jager, Beitr\u00e4ge zur Harnchemie.\ntritt die bl\u00e4uliche schwarz hervor. Nach diesem Prinzip der Farbenabsorption setze ich zu dem Harn neben Phenolphthalein ein wenig einer sehr verd\u00fcnnten Methylengr\u00fcnl\u00f6sung hinzu, soda\u00df der Harn schwach gr\u00fcn erscheint. So lange die Reaktion sauer ist, ist der Harn gr\u00fcn, beim Farbenumschlag verschwindet die gr\u00fcne Farbe und tritt die Eigenfarbe des Harns etwas dunkelgef\u00e4rbt hervor. Mit einem Tropfen Lauge wird die Farbe r\u00f6tlich. Bei den gew\u00f6hnlichen Indikatoren \u00e4ndert sich die Farbe. Das ist hier nicht der Fall, sondern bei neutraler Reaktion /^wirken die gr\u00fcne und die rote Farbe wie Komplement\u00e4rfarben und es entsteht ein schmutziges Grau, das, wenn sehr wenig Methylgr\u00fcn zugesetzt ist, kaum sichtbar ist. Es darf dem Harn nur ein leichter Stich ins Gr\u00fcnliche erteilt werden, sonst wird die Acidit\u00e4t zu hoch gefunden. Ich glaube, da\u00df mit diesem Mittel der Unterschied, welcher durch verschiedene Untersucher f\u00fcr die Acidit\u00e4t desselben Harns gefunden wird, verschwinden wird. Ich verd\u00fcnne \u2018Accm einer 1 \u00b0/oigen alkoholischen Methylengr\u00fcnl\u00f6sung mit 30 ccm Wasser, d. h. eine L\u00f6sung von 1 : 10000 und setze ein Tr\u00f6pfchen, welches lU g wiegt, dieser verd\u00fcnnten L\u00f6sung zu 20 ccm Harn. Wer gew\u00f6hnt ist, Lauge zuflie\u00dfen zu lassen, bis die Farbe deutlich rot erscheint, mu\u00df eine gr\u00f6\u00dfere Menge Methylengr\u00fcn zusetzen. Wenn man ein f\u00fcr allemal ausprobiert, welche Menge Methylengr\u00fcn erforderlich ist, um die rote Farbe, welche man als Endreaktion angenommen hat, zu verdecken, so braucht man weiterhin nur diese Menge zuzusetzen. Man braucht dann nicht mehr zu sch\u00e4tzen, ob die Farbe dunkel genug erscheint, sondern stellt nur das Verschwinden der gr\u00fcnen Farbe fest. Zusatz von Methylenblau, wobei die gelbe Farbe des Harns die Farbe gr\u00fcn erscheinen l\u00e4\u00dft, ergab sich mir als weniger geeignet, obwohl auch dieser Farbstoff gute Resultate gibt.","page":346}],"identifier":"lit37494","issued":"1909","language":"de","pages":"333-346","startpages":"333","title":"Beitr\u00e4ge zur Harnchemie","type":"Journal Article","volume":"62"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T15:43:59.785541+00:00"}