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{"created":"2022-01-31T15:47:24.895753+00:00","id":"lit37505","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Oswald, Adolf","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 62: 432-442","fulltext":[{"file":"p0432.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Einwirkung des Trypsins auf 3-5-Dijod-l-tyrosin.\nVon\nAdolf Oswald.\n(Aus dem agrikultur-chemischen Laboratorium des Eidgen. Polytechnikums in Z\u00fcrich.) (Der Redaktion zugegangen am lft. September 1909.)\nWenn man Jodthyreoglobulin einer mehrw\u00f6chigen Einwirkung von Trypsin bei Brutofentemperatur aussetzt, so wird, wie ich in einer fr\u00fcheren Abhandlung1) zeigte, beinahe s\u00e4mtliches Jod aus seiner organischen Bindung als Jodwasserstoif losgel\u00f6st. Diese Erscheinung gestattet keine Schlu\u00dffolgerung auf die Art und den Ort der Jodbindung im Eiwei\u00dfmolek\u00fcl, da \u00fcber das Verhalten organischer Jod Verbindungen gegen\u00fcber der tryptischen Wirkung keine Angaben in der Literatur vorliegen. Um sie in eben genannter Richtung verwendbar zu machen, war es angezeigt, diese L\u00fccke auszuf\u00fcllen, und zwar kamen in erster Linie solche Verbindungen in Betracht, deren Existenz wir im Eiwei\u00dfmolek\u00fcl anzunehmen berechtigt sind. Unter diesen ist bisher nur eine mit Sicherheit bekannt, das Dijodtyrosin.\nIch habe verd\u00fcnnte w\u00e4sserige L\u00f6sungen von 3-5-Dijod-l-tyrosin einer 3\u20144 w\u00f6chigen Trypsinverdauung unterworfen. Um die Resultate m\u00f6glichst vergleichbar zu machen mit den eben erw\u00e4hnten Jodthyreoglobulinversuchen, w\u00e4hlte ich Aufl\u00f6sungen von ca. 1 g Dijodtyrosin im Liter Wasser. Es wurden f\u00fcnf Gruppen von Flaschen mit denselben beschickt. I mit der w\u00e4sserigen L\u00f6sung allein, II mit au\u00dferdem einem Zusatz von 0,3\u00b0/oigem doppelkohlensaurem Natron, III wie II mit au\u00dfer-\n*) Ad- Oswald, Neue Beitr\u00e4ge zur Kenntnis der Bindung des Jods im Jodthyreoglobulin nebst einigen Bemerkungen \u00fcber das Jodothyrin. Arch. f. exp. Path. u. Pharm., Bd. LX, S. 115 (1908).","page":432},{"file":"p0433.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Einwirkung des Trypsins auf 3-5-Dijod-l-tyrosin. 433\ndem einer Messerspitze eines k\u00e4uflichen Pankreatinpr\u00e4parates oder mit frischem w\u00e4sserigen Pankreasextrakt, IV wie III au\u00dferdem mit einer w\u00e4sserigen L\u00f6sung frischen, filtrierten Eierklars. Die L\u00f6sungen wurden alle mit Toluol \u00fcberschichtet und genannte Zeit einer Temperatur von 35\u201437^ C. ausgesetzt.\nF\u00fcr alle Versuche wurde nur ganz reines, d. h, von anhaftendem ionisierten Jod vollkommen befreites Dijodtyrosin verwendet. Diese Kautel ist unerl\u00e4\u00dflich, da die aus hei\u00dfem Wasser umkrystallisierte, nicht weiter behandelte Substanz, wie ich mich mehrmals \u00fcberzeugt habe, geringe Mengen abgespaltenen Jods enth\u00e4lt. Ich habe entweder aus hei\u00dfem 70\u00b0/oigem Alkohol umkrystallisiert oder das Jod in saurer L\u00f6sung mit Silbernitrat (Technik siehe weiter unten) entfernt.\nNach Ablauf der angegebenen Verdauungszeit wurde in den L\u00f6sungen der Gesamtjodgehalt bestimmt. Dies geschah durch direkte Bestimmung desselben in einem aliquoten Teil derselben (meist 20 ccm) und Berechnung auf die Gesamtfl\u00fcssigkeit. Die Bestimmung erfolgte durch Eindunsten in alkalischer L\u00f6sung auf dem Wasserbade im Nickeltiegel bis zur Trockenheit, Veraschen des R\u00fcckstandes in Gegenwart von \u00c4tznatron und Salpeter, Aufnahme der Schmelze in Wasser, Filtrieren, \u00dcbergie\u00dfen in eine mit Glasst\u00f6psel verschlie\u00dfbare Flasche, Ans\u00e4uern mit Salpeters\u00e4ure, wiederholtes Aussch\u00fctteln mit gereinigtem Schwefelkohlenstoff nach Fresenius Und Titrieren mit Thiosulfatl\u00f6sung.1) In einem anderen aliquoten Teil wurde das anorganisch gebundene Jod entfernt und das Testierende Jod bestimmt. Es geschah dies folgenderma\u00dfen. 90 bis 100 ccm der L\u00f6sung wurden mit etwas konzentrierter Silbernitratl\u00f6sung versetzt, wobei ein intensiver wei\u00dfer, flockiger Niederschlag (Dijodtyrosinsilber und Jodsilber) entstand, dann ausgekochte verd\u00fcnnte Salpeters\u00e4ure so lange zugegossen, bis nichts mehr in L\u00f6sung ging. Nach abgemessenem Volumen wurde das unl\u00f6sliche Jodsilber durch ein trockenes Filter abfiltriert, im Filtrat das \u00fcbersch\u00fcssige Silber mit Schwefelwasser-\nl) Fresenius, Anleitung zur quantitativen chemischen Analys\u00e7. 6. Auf]. (1875). Bd. I, S. 482.\n29*","page":433},{"file":"p0434.txt","language":"de","ocr_de":"434\nAdolf Oswald.\nStoff entfernt und in einem aliquoten Teil des klaren Filtrats (meist 20 ccm) der Jodgehalt in oben geschilderter Weise bestimmt. Unter Bezugnahme auf die Verd\u00fcnnung durch die zugesetzten Reagenzien lie\u00df sich der Jodgehalt f\u00fcr die urspr\u00fcngliche L\u00f6sung berechnen. Die Differenz zwischen dem Jodgehalt vor und nach dem Silberzusatz ergab die Menge des in saurer L\u00f6sung f\u00e4llbaren Jodes (Jodid).\nI W\u00e4sserige L\u00f6sungen von Dijodtyrosin + Toluol. L\u00f6sung a. Dijodtyrosin mit Silbernitrat gereinigt. 220ccm. Das in 20 ccm vorhandene Jod verbraucht zu seiner Entf\u00e4rbung 4,3 ccm einer Thiosulfatl\u00f6sung, von welcher 1 ccm 0,0011066 g Jod entspricht. Somit sind darin enthalten 0,005016 g Jod: in der Gesamtl\u00f6sung sonach 0,05518 g Jod. Nach Ent-jodung mit Silbernitrat verbrauchen 20 ccm der L\u00f6sung 3,7 ccm Thiosulfatl\u00f6sung. Da die L\u00f6sung durch Zusatz der Reagenzien im Verh\u00e4ltnis von 80 auf 90 verd\u00fcnnt worden war, ergibt sich f\u00fcr 20 ccm der urspr\u00fcnglichen L\u00f6sung 4,16 ccm Thiosulfatl\u00f6sung, entsprechend 0,004853 g Jod oder auf die Gesamtl\u00f6sung 0,05338 g Jod. Der Unterschied vor und nach der Silberbehandlung betr\u00e4gt 0,0018 g oder 3,2% des Gesamtjodes, d. h. es wurden 3,2% weniger Jod nach der Silberbehandlung gefunden als vorher.\nL\u00f6sung b. Mit Alkohol gereinigtes Dijodtyrosin. 180 ccm. F\u00fcr 10 ccm wurden verbraucht 4,4 ccm Thiosulfatl\u00f6sung = 0,005133 g Jod. F\u00fcr die Gesamtl\u00f6sung berechnet sich somit 0,09239 g Jod. Nach der Behandlung mit Silbernitrat werden, f\u00fcr 10 ccm 3,6 ccm Thiosulfatl\u00f6sung verbraucht = 0,004199 g Jod. Da die Verd\u00fcnnung mit den Reagenzien im Verh\u00e4ltnis von 80 zu 102 geschah, so ergibt sich f\u00fcr die Gesamtl\u00f6sung 0,09639 g Jod. Es wurden mithin 4,3% mehr Jod gefunden als vor der Silberbehandlung. Die Yersuchsfehler sind sonach mit rund + 4% zu veranschlagen.\nZur Konirolle f\u00fchre ich an, da\u00df ich in L\u00f6sungen von aus Wasser umkrystallisiertem und nicht weiter gereinigtem Dijodtyrosin, welche sogleich nach der Herstellung verarbeitet wurden, nach der Silberbehand-lung 11,9\u201413,2 \u00b0/o weniger Jod fand als zuvor.. Auf diesen Befund st\u00fctzt sich die Angabe, da\u00df nur ein vollkommen gereinigtes Pr\u00e4parat zur Ver Wendung kommen soll.","page":434},{"file":"p0435.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Einwirkung des Trypsins auf 3-5-Dijod-l-tyrosih. 4-35\nL\u00f6sung a: 231 ccm. F\u00fcr 10 ccm wurden verbraucht 2,8 ccm Thiosulfall\u00fcsung = 0,00326 g Jod. Gesamtmenge =* 0,0753 g. Nach Silberbehandlung verbrauchen 10 ccm 2,3 ccm Thiosulfatl\u00f6sung = 0,00268 g. Verd\u00fcnnung durch Reagenzienzusatz von 100 auf 107. Somit Gesamtjod 0.06629 g. Gebunden somit 0,009 g Jod = ll,9?/o.\nL\u00f6sung \u00df: 180 ccm. F\u00fcr 10 ccm wurden verbraucht 4r7 ccm. Thiosulfatl\u00f6sung = 0,00548 g Jod. F\u00fcr die Gesamtl\u00f6sung = 0,09837 g Jod. Nach der Behandlung mil Silbernitrat verbrauchen 20 ccm 7,6, ccm Thiosulfatl\u00f6sung = 0,00880 g Jod. Verd\u00fcnnung durch die. Reagenzien wie 100 : 107. Somit in der Gesamtl\u00f6sung 0,08532 g Jod. Gebunden wurden somit 13,2 \u00b0/o Jod.\t^^\nII.\tW\u00e4sserige Losung von\u00dciJjodtyfosin, enthal- . tend 0,3\u00b0/o doppeltk\u00dfhlensaures Natron -f Toluol. 232 ccm. F\u00fcr 20 ccm werden verbraucht 9,3 ccm Thiosulfat-l\u00f6sung = 0,010849 g Jod. F\u00fcr die Gesamtl\u00f6sung berechnet 0,1258 g Jod. Nach der Silberbehandlung verbrauchen 20 ccm 7,8 ccm Thiosulfatl\u00f6sung. Verd\u00fcnnungsverh\u00e4ltnis wie 8:9, somit ergibt sich f\u00fcr die Testierende Gesamtjodmenge 0,1187, oder ein Minus gegen\u00fcber vor der Silberbehandlung von 5,6\u2018Vo.\nIII.\tL\u00f6sung a. W\u00e4sserige L\u00f6sung von Dijodtyrosin + 0,3 \u00b0/o doppeltkohlensaures Natron -f- 1 Messerspitze Pankreatin, absolut. Merck + Toluol. 275 ccm: F\u00fcr 20 ccm werden verbraucht 10,4 ccm Thiosulfatl\u00f6sung = 0,012313 g Jod. Sonach ergibt sich f\u00fcr die Gesamtl\u00f6sung 0,1668 g Jod. Nach Silbernitratbehandlung werden f\u00fcr 20 ccm 5,1 ccm Thiosulfatl\u00f6sung verbraucht. Verd\u00fcnnung durch die Reagenzien wie 9 :10. F\u00fcr die Gesamtl\u00f6sung somit berechnet 0,0908 g. Also sind gebunden 0,0760 g Jod = 45,5 Q/o.\nL\u00f6sung b wie L\u00f6sung a. 182 ccm. F\u00fcr 20 ccm wurden verbraucht 11,0 ccm. Thiosulfatl\u00f6sung = 0,0.128 g Jod. Berechnet f\u00fcr die Gesamtl\u00f6sung 0,1167 g Jod. Nach .Silbernitratbehandlung wurden f\u00fcr 20 ccm verbraucht 7,5 ccm Thiosulfatl\u00f6sung = 0,008749 g Jod Verd\u00fcnnungsverh\u00e4itnis wie 9 : 10. Berechnet f\u00fcr die Gesamtl\u00f6sung 0,0884 g. Somit wurden gebunden 0,0283 g = 24,2 \u00b0/o.\nL\u00f6sung c wie a nur an Stelle von Pankreatin frisches Pankreasextrakt. 160 ccm. 20 ccm verbrauchen 8,8 ccm einer Thiosulfatl\u00f6sung, von welcher 1 ccm 0,0008555 g Jod entspricht. Somit enthalten sie 0,007528 g Jod und die ganze","page":435},{"file":"p0436.txt","language":"de","ocr_de":"Adolf Oswald,\n436\nL\u00f6sung 0,0602 g. Nach der Silberbehandlung brauchen 20 ccm 7,2 ccm Thiosulfatl\u00f6sung = 0,006159. Verd\u00fcnnungsverh\u00e4ltnis wie 80 : 102. Somit wird f\u00fcr die gesamte L\u00f6sung 0,0628 g Jod berechnet = 4,2 \u00b0/o mehr als vorher. Es wurde also kein Jod abgespalten.\nL \u00f6 s u n g d wie c. 180 ccm. 20 ccm verbrauchen 11,3 ccm Thiosulfatl\u00f6sung (1 ccm = 0,0008555 g Jod) = 0,009667 g Jod. F\u00fcr die ganze L\u00f6sung berechnet sich 0,0870 g Jod. Nach der Silberbehandlung verbrauchen 20 ccm 9,5 ccm Thiosulfat-l\u00f6sung = 0,008127 g Jod. Verd\u00fcnnungsverh\u00e4ltnis wie 60 : 70. Berechnet f\u00fcr die gesamte L\u00f6sung : 0,0853 g Jod, gebunden wurden 1,9 \u00b0/o Jod.\nL\u00f6sung e wie c. 180 ccm. 20 ccm verbrauchen 11,2 ccm Thiosulfatl\u00f6sung = 0,00958 g Jod. F\u00fcr die gesamte L\u00f6sung berechnet: 0,08622g Jod. Nach der Silberbehandlung verbrauchen 20 ccm 8,5 ccm. Verd\u00fcnnungsverh\u00e4ltnis wie 80: 95. F\u00fcr die gesamte L\u00f6sung berechnet sich: 0,07767 g. Es wurden somit gebunden 0,00855 g Jod = 9,9\u00b0/o.\nIV. wie III. mit au\u00dferdem 30 ccm einer frischen Eierklarl\u00f6sung. 320 ccm. F\u00fcr 20 ccm wurden verbraucht 7,4 ccm Thiosulfatl\u00f6sung (1 ccm = 0,0011660 g Jod) = 0,00863g Jod. F\u00fcr die Gesamtl\u00f6sung berechnet sich somit 0,1381 g Jod. Nach der Silberbehandlung werden f\u00fcr 20 ccm 5,2 ccm Thiosulfatl\u00f6sung verbraucht = 0,006066 g Jod. Verd\u00fcnnungsverh\u00e4ltnis wie 90: 97. Berechnet f\u00fcr die Gesamtl\u00f6sung: 0,10448. Somit wurden gebunden 0,0337 g Jod = 24,4\u00b0/o.\nDie Resultate sind auf nachfolgender Tabelle zusammengestellt.\nWir ersehen daraus, da\u00df Dijodtyrosin in schwach alkalischer L\u00f6sung mehrere Wochen im Brutofen gelassen innerhalb der Bestimmungsfehler liegende oder kaum dar\u00fcber hinausgehende Mengen von Jod abgibt. Trypsin spaltet unter denselben Bedingungen gro\u00dfe Mengen von Jod als Jodwasserstoff ab.\nDie Intensit\u00e4t des Abspaltungsprozesses ist verschieden befunden worden. In einigen L\u00f6sungen war sie gering oder gleich Null, in anderen erreichte sie die H\u00f6he von 45,5\u00b0/o des Gesamt-","page":436},{"file":"p0437.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Einwirkung des Trypsins auf 3-5-Dijod-l-tyrosin. 437\njodes. \\\\ orauf diese Unterschiede beruhen, vermag ich vorderhand nicht zu sagen; auf Verschiedenheiten in der Wirksamkeit des Trypsins anscheinend nicht, wenigstens hatten sich alle verwen-deten Pr\u00e4parate gegen\u00fcber Eiwei\u00df als wirksam erwiesen.\nArt der L\u00f6sung\tJodgehalt der L\u00f6sung in g\tJodgehalt der L\u00f6sung nach Silbernitratbehandlung \u2022 in g\tDurch Silbernitrat gebunden ^Versuchsfelder + 4#/o) ' in g ! in \u00b0/.>\t\nI. w\u00e4sserige L\u00f6sungen von Dijodtyrosin a . . .\t0,05518\t0,05338\t0,0018\t3.2\nb . . .\t0,09239\t0,09639 *)\t\t\nII. w\u00e4sserige L\u00f6sungen von Dijodtyrosin-f 0,3 \u00b0o\t\t\t\t\nHNaC\u00d63 -f- Toluol .\t0,1258\t0,1187\t0,0071\t5,6\nIII. wie II. Pankreatin Merck a .... .\t0,1668\t0.0908\t0,0760\t45,5\nb\t\t0,1167\t0,0884\t0,0283\t24,2\nfrischer Pankreasextrakt c .....\t0,0602\t0,0628l)\t\t\nd\t\t0,0870\t0,0853\t0,0017\t1,\u00bb\ne\t\t0,0862\t0.0776\t0,0086\t9,9\nIV. wie III.-}-Eiwei\u00dfl\u00f6sung\t\t\t\t\nPankreatin Merck .\t0,1381\t0,10448\t0,0337\t24,4\nDie Versuche ergeben des weiteren, da\u00df 3-5-Dijod-l-tyrosin sich bei der Trypsinverdauung dem Jodthyreoglobulin qualitativ \u00e4hnlich verh\u00e4lt. Hiermit ist eine weitere St\u00fctze daf\u00fcr gewonnen, da\u00df das Jod im Schilddr\u00fcseneiwei\u00df in \u00e4hnlicher Weise gebunden ist, wie im Dijodtyrosin, bezw. an Tvfosin gebunden, wenigstens teilweise, darin vorkommt. Es mu\u00df jedoch darauf hingewiesen werden, da\u00df ein erheblicher quantitativer Unterschied zwischen Jodtyrosin und Jodthyreoglobulin in bezug auf die Abspaltbarkeit ihres Jodes unter der Trypsinwirkung besteht. W\u00e4hrend Jodtyrosin bei mehrw\u00f6chiger Verdauung oft\n\u2018) Es wurde somit nach der Siberbehandlung mehr Jod gefunden als vorher. Die gro\u00dfe Breite der Versuchsfehler liegt darin, da\u00df die Resultate mit hohen Koeffizienten zu multiplizieren waren. Unterschiede von 0.1 ccm Thiosulfatl\u00fcsung bedingen schon Differenzen von 1\u20141,5\u00b0>","page":437},{"file":"p0438.txt","language":"de","ocr_de":"488\nAdolf Oswald,\nnur wenig und im besten Falle 45,5\u00b0/o davon abgibt, gibt Jodthyreoglobulin in der gleichen Zeit bis 75\u00b0/o davon ab. Wenn wir au\u00dferdem von dem Jod absehen, da\u00df in jenem Teil des Jodthyreoglobulins enthalten ist, der der Trypsinverdauung widersteht, so verschiebt sich das Verh\u00e4ltnis noch bedeutend mehr zugunsten des abgespaltenen Jods, d. h. es wird beinahe alles Jod abgespalten. Es m\u00fcssen also beim Dijodtvrosin und dem Jodthyreoglobulin verschiedene Verh\u00e4ltnisse obwalten. Es ist nicht auszuschlie\u00dfen, da\u00df beim Jodthyreoglobulin gerade die Sprengung des Eiwei\u00dfmolek\u00fcls, also die. Losl\u00f6sung der einzelnen und somit auch der beteiligten Aminok\u00f6rper von einander die Jodabspaltung beg\u00fcnstigt. Dann k\u00e4men wir aber zu Anschauungen, die mit einem Vorhandensein von 3-5-Dijod-tyrosin in der bisher angenommenen Bindungsart im Jodthyreoglobulin nicht ohne weiteres in Einklang zu bringen w\u00e4ren. Die Frage ist noch nicht spruchreif.\nVersuche zur Aufkl\u00e4rung der Bindung des Jods im Jodthyreoglobulin bezw. im Jodothyrin hat auch N\u00fcrnberg1) angestellt. Er hat die genannten K\u00f6rper der Hydrolyse unterworfen, indem er sie mehrere Stunden im Papinschen Topf erhitzte, und beobachtete dann eine Abspaltung von Jod, also ganz wie beim Jodthyreoglobulin und Dijodtvrosin unter der Wirkung des Trypsins. N\u00fcrnberg erhielt jedoch nach vollendeter Reaktion positiven Ausfall der Millonschen Reaktion, w\u00e4hrend dies in meinen Versuchen mit Dijodtyrosin nicht erreichbar war.2) Ich dachte, da\u00df der negative Ausfall der Reaktion an dem Verd\u00fcnnungsgrad meiner L\u00f6sungen l\u00e4ge, und engte dieselben ein. Doch gelang es mir auch dann nicht, insbesondere auch nicht in derjenigen L\u00f6sung, in welcher beinahe die H\u00e4lfte des Jods abgespalten worden war, die Millonsche Reaktion zu erhalten. Der Grund daf\u00fcr d\u00fcrfte sich aus folgender \u00dcberlegung ergeben. Bei der Abspaltung von Jod aus dem Dijodtyrosin durch einen hydrolytischen Proze\u00df treten an die Stelle der Jodatome Hydroxylgruppen nach folgender Gleichung\n') A. N\u00fcrnberg. Zur Kenntnis des Jodothyrins. Hofmeisters Beitr\u00e4ge, Bd. X, S. 125 (1907).\n*) Mit Ausnahme der L\u00f6sung, zu welcher Eiwei\u00df zugesetzt worden war.","page":438},{"file":"p0439.txt","language":"de","ocr_de":"Uber die Einwirkung des Trypsins auf 3-5-Dijod-l-tyrosin 439\nOH\nJ/N\\J ! ;\n\\/\nCH,\n+ - H,0\nOH\nHO/NOH\n; C ?\n\\/\nCH,\n-f 2 HJ\nCH \u2022 NH,\tCH NH,\nCOOH\tCOOH\nEin solcher dreifach im Benzolkern hydroxylierter K\u00f6rper ist jedenfalls sehr leicht oxydabel und gerade in der alkalischen Verdauungsl\u00f6sung mu\u00df die Oxydation rasch erfolgen. Mit dieser Annahme stimmt die Beobachtung \u00fcberein, da\u00df im Laufe der Verdauung die L\u00f6sungen ein gelbes Kolorit annahmen .und da\u00df dieses gerade dort am intensivsten war, wo am meisten Jod abgespalten worden war. Ob es gelingt, obigen K\u00f6rper zu fassen, m\u00fcssen Versuche mit gr\u00f6\u00dferen Mengen entscheiden.\nDie Beobachtung, da\u00df Trypsin Jod aus Dijodtyrosin frei macht, hat noch eine weitere, allgemeinere Bedeutung. Sie zeigt, da\u00df Trypsin nicht nur Bindungen l\u00f6st, wie sie in den Eiwei\u00dfk\u00f6rpern und den in gleicher Weise zusammengesetzten Polypeptiden Vorkommen, also sich nicht nur auf die Spaltung:\nH HO\nR \u2014 NH, \u2014 - CO \u2014 R\nbeschr\u00e4nkt. Seine spaltende Wirkung erstreckt sich auch auf Bindungen folgender Art\nOH\nJ,/VJ H OH\n\\/\n!R\nGegen die Annahme, da\u00df es sich hier um eine Wirkung des Trypsins handle, besteht jedoch, wie ich ausdr\u00fccklich hervorheben m\u00f6chte, ein Einwand. Ich habe mit selbstverdautem Pankreasgewebe und Trockenpr\u00e4paraten aus der ganzen Dr\u00fcse gearbeitet, also mit Pr\u00e4paraten, die neben dem Trypsin auch das autolytische Ferment enthielten. Es ist nicht ausgeschlossen, da\u00df die erw\u00e4hnte Wirkung dem autolytischen Ferment zukommt. Von diesem ist ja auch bekannt, da\u00df es Ammoniak","page":439},{"file":"p0440.txt","language":"de","ocr_de":"440\nAdolf Oswald\naus Aminos\u00e4uren abspalten kann. Der Versuch ist daher mit reinem Pankreassekret anzustellen, bevor wir ein endg\u00fcltiges Urteil abgeben k\u00f6nnen. Ich erw\u00e4hne, da\u00df, wie mir Tierversuche ergeben haben, Jod in den K\u00f6rpergeweben aus Dijodtyrosin abgespalten wird. Nach subcutaner Zufuhr desselben erscheint ionisiertes Jod im Urin. Untersuchungen \u00fcber das Verhalten von Dijodtyrosin anderen proteolytischen Fermenten gegen\u00fcber sind im Gange.\nIch erw\u00e4hnte, da\u00df meine Versuche mit Dijodtyrosin die Anschauung bekr\u00e4ftigen, wonach das Jod im Jodthyreoglobulin an Tyrosin gebunden ist. Um dieser Auffassung eine weitere St\u00fctze zu geben, lag noch ein anderer indirekter Weg vor. Ich habe Gorgoniakorallen, in welchen nachgewiesenerma\u00dfen das Jod an Tyrosin gebunden, als Dijodtyrosin (Drechsels Jodgorgos\u00e4ure) vorkommt, der tryptischen Verdauung unterworfen und fand, da\u00df auch dort, ganz wie beim Jodthyreoglobulin, die gr\u00f6\u00dfte Menge des in L\u00f6sung gegangenen Jods durch Silbernitrat als Jodsilber f\u00e4llbar war. Die Versuche gestalteten sich folgenderma\u00dfen :\n1.\t10 Korallenst\u00f6cke1) wurden mit 131 ccm einer 0,3\u00b0/oigen w\u00e4sserigen L\u00f6sung von doppeltkohlensaurem Natron \u00fcbergossen und nach Zusatz einer Messerspitze voll Pankreatin, absol.Merck und \u00dcberschichtung mit Toluol in den Brutschrank gestellt. Nach 5 Wochen wurde in der inzwischen gelbgewordenen L\u00f6sung der Gesamtjodgehalt, durch Bestimmung in einem aliquoten Teil (20 ccm), festgestellt. Er betrug 0,0123 g. Nach Entfernung des ionisierten Jodes nach dem weiter oben geschilderten Verfahren wurden f\u00fcr die Gesamtl\u00f6sung noch 0,000154 g Jod gefunden. Es waren somit 0,0115 g Jod abgespalten werden, d. h. 93,4 \u00b0/o des in L\u00f6sung gegangenen Jods.\n2.\tDie Testierenden B\u00e4umchen wurden nochmals in gleicher Weise der Trypsinwirkung ausgesetzt. Es gingen 0,0035 g Jod\n') Die Gorgoniakorallen sind im Jahre 1900 f\u00fcr andere Zwecke von der zoologischen Station in Neapel bezogen worden, wurden aber bisher aus \u00e4u\u00dferen Gr\u00fcnden nicht verarbeitet.","page":440},{"file":"p0441.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Einwirkung des Trypsins auf 3-5-Dijod-l-tyrosin. 441\nin L\u00f6sung. Davon wurden durch Silbernitrat 0,0032 g gef\u00e4llt, d. h. 90,1\n3. Zu einem dritten Versuch wurden 11 St\u00f6cke genommen. Dieselben wogen 7,565 g. Sie wurden mit 320 ccm einer 0,3\u00b0/eigen Natriumbicarbonatl\u00f6sung versetzt, diese mit'frischem Pankreasextrakt beschickt und unter Toluol 7 Wochen lang in den Brutschrank gestellt. In L\u00f6sung waren gegangen0,00544 g Jod, davon wurden 0,00510 g durch Silbernitrat gef\u00e4llt, d. h. 93,7 \u00ab/o.\n\\\\ ir ersehen, da\u00df von dem in L\u00f6sung gegangenen Jod 90 93 \u00b0/o aus seinem organischen Verb\u00e4nde losgel\u00f6st wurden. Die L\u00f6sung gab . kein Jod an Chloroform ab, ganz wie in den Versuchen mit Dijodtyrosin, dagegen sofort bei Zusatz einer Spur Nitritl\u00f6sung. Auch fiel die Millonsehe Reaktion in allen Verdauungsl\u00f6sungen negativ aus (Xanthoproteinreaktion positiv).\nIch f\u00fchre noch an, da\u00df nur ein geringer Bruchteil des Gorgonins in L\u00f6sung gegangen war: ob bei l\u00e4ngerer Versuchsdauer sich mehr gel\u00f6st h\u00e4tte, wei\u00df ich nicht. Jedenfalls l\u00f6ste sich bei erneuter Verdauung derselben St\u00f6cke erheblich weniger als das erstemal. Immerhin handelte es sich um eine Aufl\u00f6sung des Gorgonins und nicht etw* *a von am Skelett haften gebliebenem Coenchym,1) denn die B\u00e4umchen waren frei von allen Weichteilen gewesen und zeigten au\u00dferdem nach der Verdauung deutliche Arrosionserscheinungen.2) \u2014 Beil\u00e4ufig sei erw\u00e4hnt, da\u00df die Tatsache, da\u00df das Gorg\u00f6nin durch Trypsin an-^ gegriffen wird, bei dem \u00e4u\u00dferen -keratin\u00e4hnlichen\u00bb Habitus der Substanz, des Interesses nicht entbehrt.\n\u00dcberblicken wir zum Schlu\u00df s\u00e4mtliche Versuche, die zur Aufkl\u00e4rung der Bindung des Jods im Jodthyreoglobulin (und somit auch im Jodothyrin) im Laufe der Jahre von mir und von anderen angestelk worden sind, so wird nunmehr klar, warum alle Bestrebungen, auf hydrolytischem Wege, sei es durch S\u00e4uren, Alkalien oder Fermente, die jodhaltige Gruppe\n\u00dc Nach Drechs,eis Angabe scheint die Leibessubstanz \u00fcberhaupt frei von Jod in jeder Form zu sein.\n*) Auch von vornherein anorganische Jodsalzc sind ausgeschlossen.","page":441},{"file":"p0442.txt","language":"de","ocr_de":"442 Adolf Oswald, Einwirkung des Trypsins auf 3-5-Dijod-l-tyrosin.\nals solche zu isolieren, gescheitert sind. Durch die Hydrolyse wird das Jod aus seiner Bindung gel\u00f6st. Wenn beim Gorgonin das Fassen der jodhaltigen Gruppe m\u00f6glich war, so liegt das an den dort ganz besonders g\u00fcnstigen Verh\u00e4ltnissen, die darin gegeben sind, da\u00df dieser Proteink\u00f6rper sich auffallend leicht und rasch mit siedendem Barytwasser aufspalten l\u00e4\u00dft und zwar eben bevor alles Jodtvrosin durch den Spaltproze\u00df zersetzt ist.1) Nach der Angabe von Drechsel2) wird Gorgonin durch siedendes Barytwasser schon nach ca. 172 Stunden gel\u00f6st, w\u00e4hrend Jodthyreoglobulin zu seiner Zersetzung eine 30st\u00e4ndige Siedezeit erfordert. W\u00e4hlt man ein langsam wirkendes hydrolytisches Agens, so liegen die Verh\u00e4ltnisse f\u00fcr beide \u00e4hnlich.\nZ\u00fcrich, 6. September 1909.\n*) Ich sehe ab von der weiter oben gemachten Restriktion bez\u00fcglich der Jodabgabe beim Zerfall des Eiwei\u00dfmolek\u00fcls.\n*) E. Drechsel, Beitr\u00e4ge zur Chemie einiger Seetiere. Zeitschrift f. Bio!;, Bd. XXXIII, S. 85 (1896).","page":442}],"identifier":"lit37505","issued":"1909","language":"de","pages":"432-442","startpages":"432","title":"\u00dcber die Einwirkung des Trypsins auf 3-5-Dijod-l-tyrosin","type":"Journal Article","volume":"62"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T15:47:24.895758+00:00"}