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{"created":"2022-01-31T12:45:34.091846+00:00","id":"lit37529","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Lifsch\u00fctz, J.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 63: 222-234","fulltext":[{"file":"p0222.txt","language":"de","ocr_de":"Die Oxydationsprodukte des Cholesterins in den tierischen\nOrganen.\nIV. Mitteilung (Vorbericht).\nVon\nJ. Lifsch\u00fctz.\n(Der Redaktion zugegangen am 21. Oktober 1909.)\nDie Schwierigkeiten, welche die Natur dieser Untersuchungen mit sich f\u00fchrt, sowie die in Aussicht genommenen, recht verwickelten physiologisch-chemischen Versuche zur Verfolgung der weiteren \u00abVerbrennungsprodukte\u00bb des Cholesterins in den tierischen Organen haben die Mitteilungen meiner diesbez\u00fcglichen abschlie\u00dfenden Arbeiten in eine fernere Zukunft hinausgeschoben. Es erscheint mir daher geboten, in diesem Vorbericht einiges \u00fcber meine weiteren Befunde jetzt schon mitzuteilen, beziehentlich die sich aus den bisherigen Ermittelungen ergebenden Gesichtspunkte kurz zu skizzieren, um das seit einigen Jahren bearbeitete Gebiet inzwischen weiter auszubauen.\nWie bei den Ermittelungen der ersten zwei neutralen Oxydationsstufen des Cholesterins im Blute, Knochenmark und den verschiedenen Hautfetten1) haben sich meine spektralanalytischen Methoden auch bei den anderen inneren Organen gut bew\u00e4hrt.\nln den Kreis der Untersuchungen wurden bis jetzt gezogen :\n1.\tdas Gehirn vom Ochsen,\n2.\tdie Pankreasdr\u00fcse vom Ochsen und von einem gem\u00e4steten Schwein,-\n3.\tdie Leber vom Rind,\n\u2022) Vgl. Unna, Biochemische Zeitschrift 1909, Bd. XX, S. 480\u2014500.","page":222},{"file":"p0223.txt","language":"de","ocr_de":"Oxydationsprodukte des Cholesterins in tierischen Organen. IV. 223\n4.\tdie Galle vom Rind und\n5.\tdie Darmentleerungen vom Pferde.\nDie Organe 1, 2 und 3 wurden zun\u00e4chst sorgf\u00e4ltig entblutet, bezvv. von nicht hingeh\u00f6renden Resten gereinigt, entsprechend fein zerkleinert, auf dem Wasserbade bei etwa 70\u00b0 G. gut eingetrocknet und im Extraktionsapparat 5-8 Stunden quantitativ extrahiert. Als L\u00f6sungsmittel hat sich ein Gemisch von 95 Teilen reinen, frisch destillierten Benzins vom spezifischen Gewicht 0,720 und 5 Teilen absoluten Alkohols sehr gut bew\u00e4hrt. Die Organe wurden regelm\u00e4\u00dfig dem Tiere unmittelbar nach dem Schlachten entnommen und frisch verarbeitet. Die ersten zwei Organe wurden ganz verarbeitet, der Leber dagegen wurden der bequemeren Bearbeitung wegen an zwei Stellen je 500 g entnommen, und zwar an der um die vena portae sowie in der Gegend der vena cava. Nach dem Trocknen wurden die Organe auf ihre Reinheit von Blutresten sorgf\u00e4ltig gepr\u00fcft. Unter den anderen bekannten Methoden hat sich der Eisessigextrakt einer Probe der trockenen Organe mit seinem intensiven und sehr pr\u00e4gnanten Absorptionsspektrum des H\u00e4matins1) (im Rot, Gelb und Gr\u00fcn des Spektrums) vorz\u00fcglich bew\u00e4hrt. Es zeigte sich dabei, da\u00df die Trockensubstanzen des Gehirns und der Pankreasdr\u00fcse vollst\u00e4ndig blutfrei waren, w\u00e4hrend die Leber trotz sorgf\u00e4ltigster Entblutung doch noch geringe Mengen von Blutresten enthielt. Infolge des \u00e4u\u00dferst komplizierten Netzes der sehr feinen Blutgef\u00e4\u00dfe der Leber gelang es bis jetzt nicht, dieselbe vollst\u00e4ndig zu entbluten.\nDie Abscheidung der Cholesterinstofle und deren Oxydationsprodukte aus den gewonnenen Extrakten geschah in analoger Weise wie bei meinen fr\u00fcheren Arbeiten und unter Beobachtung der in meinen letzten zwei Abhandlungen mitgeteilten Regeln. Im nachstehenden sollen die Befunde kurz wiedergegeben werden.\nl) Auffallend ist die \u00c4hnlichkeit dieses Spektrums in Eisessig mit dem Spektrum der Oxycholesterine in demselben Medium; namentlich aber des Streifens des Oxycholesterins II zwischen (1 und d im Rot, welcher im Vergleichsspektrum mit demselben Streifen des H\u00e4matins sogar zu-sammenzufallen scheint.","page":223},{"file":"p0224.txt","language":"de","ocr_de":"224\nJ. Lifsch\u00fctz,\nDas Gehirn\nergab bedeutende Mengen Stickstoff- und phosphorfreier und unverseifbarer krystalliniscber Substanz, die fast ausschlie\u00dflich aus Cholesterinstoffen bestand. Der methylalkoholische Auszug dieser Stoffe hinterlie\u00df einen hell- bis braungelben R\u00fcckstand, der 21,0 \u00b0/o des genannten Unverseifbaren betrug und durch die sch\u00f6ne Farbenskala (violettrot-blau-gr\u00fcn) seiner intensiven Kssigschwefels\u00e4urereaktion, sowie durch deren scharfe und tiefe Absorptionsspektra mit den wiederholt beschriebenen Oxychol-esterinen I und II leicht identifiziert werden konnte.\nDie Pankreasdr\u00fcse\nvom Ochsen ergab nach Beseitigung des L\u00f6sungsmittels des Extraktes ein dunkel rotbraunes, klares und leicht bewegliches \u00d6l, das zu einer festen Fettmasse erstarrte. Sie betrug bei wiederholten Versuchen 14,1\u201416,4\u00b0/o von der Trockensubstanz der Dr\u00fcse. Das Fett zeigte eine S\u00e4urezahl von 84,56 entsprechend 42,58 o/o freier Fetts\u00e4ure (auf \u00d6ls\u00e4ure berechnet). Nach dem Verseifen des Fettes mit alkoholischem Kali und Abscheidung des Unverseif baren zeigte die isolierte Fetts\u00e4ure eine Gesamts\u00e4urezahl von 197,68.\nDas Unverseif bare dieses Pankreastalges betrug 4,3U>/o vom Gesamtfett. Es wurde als orangegelbe, feste Masse gewonnen, die mit sch\u00f6nen, gl\u00e4nzenden Cholesterinbl\u00e4ttchen durchsetzt und bei Wasserbadtemperatur nicht schmelzbar war. Auch aus diesem Unverseif baren lie\u00dfen sich 8\u201410\u00b0/o der genannten Oxyeholesterine mit Methylalkohol ausziehen, die bei der Essigschwefels\u00e4urereaktion prachtvolle Farben und Spektra lieferten.\nDie eingetrocknete Pankreasdr\u00fcse eines gem\u00e4steten Schweines war so fettreich, da\u00df das fein zerkleinerte Organ zun\u00e4chst teilweise entfettet werden mu\u00dfte, um es im Extraktionsapparat weiter extrahieren zu k\u00f6nnen. Es lieferte dann eine helle, r\u00f6tlich gelbe Fettmasse von derselben \u00e4u\u00dferen Beschaffen-","page":224},{"file":"p0225.txt","language":"de","ocr_de":"Oxydationsprodukte des Cholesterins in tierischen Organen. IV. 225\nheit wie das obige Ochsenorgan. Das Fett betrug 45,60 o vom trockenen Pankreas und zeigte eine S\u00e4urezahl von 108,08 entsprechend 54,43 \u00b0/o freier Fetts\u00e4ure (auf \u00d6ls\u00e4ure berechnet). Nach dem Verseifen des Fettes mit alkoholischem Kali und Abscheiden des \u00fcnverseifbaren zeigten die isolierten Fetts\u00e4uren eine Gesamts\u00e4urezahl von 197,68, also genau wie die Fetts\u00e4uren des Ochsenpankreas.\nDas Unverseifbare des Schweinepankreasfettes betrug 3,25\u25a0o-o vom Gesamtfett und bestand aus sch\u00f6nen, aber stark braun gef\u00e4rbten Cholesterinkrystallen. Es zeigte keine Essigschwefels\u00e4urereaktion. Aber auch der methylalkoholische Auszug dieses \u00fcnverseifbaren zeigte weder in Farbe noch im Spektrum irgend eine Spur der genannnten Reaktion der Oxy-cholesterine. Nach dem Verdunsten des Methylalkohols bestand der R\u00fcckstand aus einer gelbbraunen, amorphen, z\u00e4hen und klebrigen Masse, die an die entsprechenden Extrakte der Wollfettalkohole, bezw. des k\u00fcnstlich stark oxydierten Cholesterins erinnert, und ist auch wohl sehr wahrscheinlich ein weiteres Oxydationsprodukt der Oxycholesterine.\nDas Wasseraufnahmeverm\u00f6gen\nder bis jetzt geschilderten, \u00fcnverseifbaren Stoffe der tierischen Organe verdient an dieser Stelle besonders hervorgehoben zu werden. Diese fast ausschlie\u00dflich aus Gemengen von Cholesterin und dessen neutralen Oxydationsprodukten bestehenden Substanzen zeigen eine so au\u00dferordentliche Neigung, gro\u00dfe Mengen Wasser in fein verteiltem Zutand mechanisch zu binden, da\u00df sie selbst in geringen Beimengungen bei sonst wasserfeindlichen Fetten und \u00d6len, animalischen, vegetabilischen oder auch mineralischen Ursprungs eine hohe Emulsionsf\u00e4higkeit hervorzurufen verm\u00f6gen. So gelingt es beispielsweise, einem Gemenge von Vaselin oder Paraffinsalbe mit nur 5\u00b0/o der genannten unver-seifbaren Stoffe des Blutfettes oder des Gehirns das 4\u20145 fache. \u2014 also 400\u201450\u00f6\u00b0/o \u2014 seines Gewichtes an Wasser einzuverleiben, ohne diese Fettarten ihres salbenartigen Charakters zu berauben. Man erh\u00e4lt dann schneewei\u00dfe, kompakte Massen,","page":225},{"file":"p0226.txt","language":"de","ocr_de":"226\nJ. Lifsch\u00fctz.\ndenen man ihren Wassergehalt ebensowenig mit blo\u00dfem Auge anmerkt, wie etwa der homogenen Gehirnmasse, die ja gleichfalls gegen 400\u00b0/o Wasser von der Trockensubstanz enth\u00e4lt. Was diese Emulsionen von einer gew\u00f6hnlichen, etwa mit Seifenl\u00f6sungen oder sonstigen emulgierenden Stoffen hervorgerufenen Emulsion scharf unterscheidet, ist, da\u00df sie auch bei schwach saurer Reaktion in der K\u00f6rperw\u00e4rme best\u00e4ndig sind. Ja, saure Salze, sowie Salze \u00fcberhaupt pflegen sogar das Verm\u00f6gen dieser Fettmischungen, Wasser aufzunehmen, wesentlich zu steigern und die Haltbarkeit der Emulsionen zu erh\u00f6hen. Ber\u00fccksichtigt man, da\u00df das Gehirn au\u00dferordentlich reich ist an dem Gemenge von Cholesterin und dessen in Rede stehenden Oxydationsprodukten, so ist die Frage nicht von der Hand zu weisen, ob nicht diese Stoffe \u2014 vielleicht neben dem Lecithin \u2014 wesentlich dazu beitragen, die gro\u00dfe Wassermasse dem Gehirn in so au\u00dferordentlich fein verteiltem Zustande zu erhalten.\nHiermit w\u00e4re aber auch die Frage nach der Ursache der Best\u00e4ndigkeit der Fettemulsionen in den oberen Teilen des Darms, wo der Inhalt stets noch sauer ist, resp. im D\u00fcnndarm bis zum Coecum hinab, wo der Inhalt auch bisweilen sauer reagiert, einer ungezwungenen *) L\u00f6sung wesentlich n\u00e4her ger\u00fcckt, da die Pankreasdr\u00fcse die genannten Neutralstoffe resp. deren weitere Umwandlungsprodukte nach dem Darm sezerniert und auf diese Weise die Stabilit\u00e4t der Fettemulsion herbeif\u00fchrt oder mindestens zur Haltbarkeit der letzteren wesentlich beitr\u00e4gt (d. h. in Gemeinschaft mit den analogen Produkten desselben Ursprungs in der Galle; s. unten).\nDie Leber\neines Rindes ergab in den Extrakten der ihr entnommenen, oben bezeichneten Partien feste Fettmassen, die in sehr bemerkenswerter Weise in ihren physikalischen Eigenschaften, wie in ihrer chemischen Zusammensetzung vom Pankreasfett\n') Vgl. v. Bunges Physiologie des Menschen, 1901, Bd. II, S. 202 und 212. sowie Ph. Cash, du Bois\u2019 Arch., 1880, S. 323.","page":226},{"file":"p0227.txt","language":"de","ocr_de":"Oxydationsprodukte des Cholesterins in tierischen Organen. IV. 227\nabweichen. Das Leberfett stellt eine fast schwarzbraune, feste, sehr z\u00e4he, stark klebrige und nur wenig fettige Masse dar. Sie betrug bei beiden Leberpartien 20,0\u00b0/o von den entsprechenden Trockensubstanzen. Bis jetzt ist nur das Leberfett der Partie um die vena cava n\u00e4her untersucht worden.\n3,4 g dieses Fettes ergaben nach der Verseifung: Unverseifbares (wasserunl\u00f6sliche Alkohole) 0,9016 g = 28,3 \u00b0/o. Wasserunl\u00f6sliche Fetts\u00e4uren\t1,3000 \u00bb == 38,2 \u00b0/o.\nDie Fetts\u00e4uren sind dunkelbraun, beim Schmelzen streng fl\u00fcssig und beim Erkalten schnell zur braungelben Krystall-masse erstarrend. Sie zeigten eine S\u00e4urezahl 196,0.\nDas Unverseifbare ist hellgelb, krystallinis\u00e7h, mit viel Cholesterinkrystallen durchsetzt und besteht auch der Hauptmenge nach aus Cholesterin. Der methylalkoholische Auszug aus diesem Unverseifbaren hinterl\u00e4\u00dft eine braune, gr\u00f6\u00dftenteils amorphe, weiche und fettige Masse, die eine intensive Cholesterinreaktion zeigt. Ihre Essigschwefels\u00e4urereaktion ist sehr schwach, von mi\u00dffarbig rotbrauner Farbe, die ziemlich schnell in ein schmutziges Gr\u00fcn \u00fcbergeht. Die Absorptionsspektra sind dementsprechend gleichfalls schwach, verschwommen und von nur geringer Dauer. Diese Reaktion deutet demnach auf einen nur sehr geringen Gehalt des Unverseifbaren an Oxy-cholesterinen, die sicherlich auf die in der Leber \u2014 wie oben bereits hervorgehoben wurde \u2014 zur\u00fcckgebliebenen kleinen Blutreste zur\u00fcckzuf\u00fchren sind, deren Fetteile bei der Extraktion der gro\u00dfen Menge Trockenleber in die relativ kleine Menge des Leberfettes mit hin\u00fcbergegangen sind, um sich hier durch die Essigschwefels\u00e4urereaktion des Unverseifbaren poch deutlich zu dokumentieren.\nAuffallend ist bei diesem Leberfett seine gro\u00dfe \u00c4hnlichkeit mit dem seinerzeit von mir beschriebenen Blutfett.1) Gemahnt schon der \u00e4u\u00dfere Habitus des Leberfettes unwillk\u00fcrlich an das Blutfett, so scheint die analoge chemische Zusammensetzung, namentlich aber der hohe Gehalt an wasserunl\u00f6slichem Unverseifbaren bezw. dessen Verh\u00e4ltnis zu den Fetts\u00e4uren der\n\u2018) Vgl. II. Mitteilung. Diese Zeitschrift, Bd. LUI, S. 112 ff.","page":227},{"file":"p0228.txt","language":"de","ocr_de":"228\nJ. Lifsch\u00fctz\nbeiden Fettarten auf eine nahe Verwandtschaft derselben oder gar auf ihren gemeinsamen Ursprung hinzudeuten. Nebeneinander gew\u00e4hren die betreffenden Daten folgendes Bild:\nBlutfett. Leberfett.\nUn verseif bares\t33,33\u00b0 o\t28,30\u00b0/o\nFetts\u00e4uren\t37,25 \u00b0/o\t38,20 \u00b0/o\nNimmt man an, was ja sehr wahrscheinlich auch der Fall ist, da\u00df das Leberfett nichts anderes sei als von der Leber zur\u00fcckgehaltenes Blutfett, so w\u00fcrde das Fehlen von ca. 5\u00b0/o des Unverseifbaren im Leberfett gegen\u00fcber dem Blutfette in ungezwungener Weise sich etwa so erkl\u00e4ren lassen, da\u00df die Oxycholesterine des Blutfettes, welche ja im Leberfett fast g\u00e4nzlich fehlen, von den Leberzellen zu S\u00e4uren oder zu den Komponenten der bekannten S\u00e4urepaarlinge (der Galle) weiter verarbeitet worden sind. Freilich m\u00fc\u00dften dabei die Fetts\u00e4uren des Leberfeltes gegen\u00fcber denen des Blutfettes gleichzeitig um mehr als l\u00b0/o gestiegen sein. Aber wir wissen ja nicht, wieviel wasserl\u00f6sliche Fetts\u00e4uren dabei entstanden sein k\u00f6nnten. Au\u00dferdem (oder eben deshalb) sind diese Leberfetts\u00e4uren wesentlich \u00f6ls\u00e4ure\u00e4rmer als die Fetts\u00e4uren des Blutes. Bekanntlich pflegt ja die \u00d6ls\u00e4ure bei Reaktionen, namentlich bei Oxydationsvorg\u00e4ngen stark in Mitleidenschaft gezogen zu werden.\n1 )as Leberfett aus der Gegend der Pfortader scheint sich \u2014 nach vorl\u00e4ufigen Orientierungsversuchen \u2014 von dem oben geschilderten Fett um die vena cava erheblich zu unterscheiden. Indessen mu\u00df das vorl\u00e4ufig dem weiteren Verlauf meiner Untersuchungen Vorbehalten bleiben.\nDie Rindergalle\nergab nach mehrfach wiederholten Versuchen nur 0,70 bis l\u00b0/o N-freies Unverseifbares von der frischen, sehr stark eingedickten Galle. Dieses Unverseif bare war aber stets nur fast reines Cholesterin neben geringen Mengen harziger Substanz. Weder die kleine Menge des gesamten Unverseifbaren noch sein methylalkoholischer Auszug, der eben jene harzige Masse","page":228},{"file":"p0229.txt","language":"de","ocr_de":"Oxydationsprodukte des Cholesterins in tierischen Organen. IV. 229\nzur\u00fcckl\u00e4\u00dft, gibt bei der Essigschwefels\u00e4urereaktion durch Farbe und durch Absorptionsspektrum irgend welche Andeutungen auch nur von Spuren der Oxycholesterine. Diese. Versuche sind viermal mit frischem Material von verschiedenen Tieren ausgef\u00fchrt worden, aber stets mit negativem Erfolg.\nDie Rindergalle enth\u00e4lt demnach keine Spur der Oxycholesterine.\nDie Faeces\neines jungen Pferdes ergaben als Extrakt eine dunkelgr\u00fcne, feste, wachsartig knetbare und nur wenig fettige Masse. Sie betrug 5,86 \u00b0/o von den gut getrockneten Faeces. Die gr\u00fcne Wachsmasse ergab nach der Verseifung mit alkoholischem Kali 14,0\u00b0/o Unverseifbares, Das Unverseif bare ist eine durchsichtige, braungelbe Substanz von gummiartigem Aussehen, die zum gro\u00dfen Teil aus den Cholesterinen der Faeces besteht. Sie gibt auch eine sehr intensive Cholestolreaktion, aber keine Essigschwefels\u00e4ure-rcaktion; auch der methylalkoholische Auszug dieses Un verseifbaren gab keine der Oxyeholesterinreaktionen mit Essigschwefels\u00e4ure. Die L\u00f6sung f\u00e4rbt sich dabei ziemlich schwach gelblichgr\u00fcn und zeigte weder f\u00fcr sich noch nach Zusatz von Fe2Cl\u00df ') irgendwelche Spuren eines Absorptionsspektrums.\nDemnach enthalten auch die Pferdefaeces keines der gesuchten Oxycholesterine.\nDie Abwesenheit der Oxycholesterine in den drei zuletzt geschilderten F\u00e4llen (Leber, Galle und Faeces) gibt zu denken. In Verbindung mit den diesbez\u00fcglichen positiven Ergebnissen der anderen untersuchten Organe scheint sie entscheidend zu sein f\u00fcr die Erforschung des Schicksals des Cholesterins in den tierischen Organen, beziehentlich f\u00fcr dessen physiologische und biologische Bedeutung bei der Ern\u00e4hrung des Organismus.\n\u2018) Diese Zeitschrift, 1908, \u00dfd. LVIII, S. 182.","page":229},{"file":"p0230.txt","language":"de","ocr_de":"230\nJ. Lifsch\u00fctz\nDas Cholesterin ist als solches ein ziemlich widerstandsf\u00e4higer K\u00f6rper. Solange man dessen Oxydationsprodukte in den tierischen Organen nicht kannte, wurde es daher von manchen F orschern sogar als Exkret betrachtet, obschon man eigentlich nicht so recht wu\u00dfte, wo bezw. wohin der erhebliche Vorrat an diesem eigenartigen Stoffe vom Organismus abgesto\u00dfen wird. Da wir nun die optisch so leicht zu ermittelnden ersten \u00abVerbrennungsprodukte* des Cholesterins in den inneren Organen nachgewiesen haben, da wir ferner gelernt haben, diese Cholesterinderivate auch k\u00fcnstlich durch Oxydation des Cholesterins herzustellen *) und dabei ihre gro\u00dfe und leichte weitere Oxydationsf\u00e4higkeit* 2) bis zur quantitativen Verwandlung in S\u00e4uren3) zutage getreten ist, so kommen wir durch diese Tatsachen der L\u00f6sung des Cholesterinproblems um einen bedeutenden Schritt n\u00e4her. Denn diese Tatsachen sind nicht blo\u00df entscheidend f\u00fcr das Schicksal des Cholesterins auf seiner Wanderung durch die tierischen Organe, sondern beleuchten auch den Weg zur Erkenntnis der bedeutsamen Rolle, welche es im Stoffwechselproze\u00df, namentlich aber bei der h ettresorption im Darm zu spielen berufen zu sein scheint.\nDiese so \u00fcberaus gro\u00dfe Oxydationsf\u00e4higkeit der Oxychol-esterine l\u00e4\u00dft sich, wie bereits in der III. Mitteilung berichtet, leicht nachweisen. Versetzt man z. B. die kalte Cholesterinl\u00f6sung in Eisessig mit einigen Tropfen konzentrierter Schwefels\u00e4ure, so bleibt die L\u00f6sung auch nach Zusatz von einigen Tropfen Eisenchloridl\u00f6sung unver\u00e4ndert, und es l\u00e4\u00dft sich auch selbst nach l\u00e4ngerem Stehen dieses Gemisches das unver\u00e4nderte Cholesterin daraus wiedergewinnen. Dagegen geht die erste Oxydationsstufe des Cholesterins unter denselben Bedingungen auf Zusatz eines Tropfens Eisenchloridl\u00f6sung momentan in die zweite Oxydationsstufe \u00fcber, w\u00e4hrend diese nach weiterem Zusatz eines\n') Biese Zeitschrift, 1907, Bd. L, S. 436 ff.\nDaselbst, 1908, Bd. LVIII, S. 181.\nBer. d. Deutsch, chem. Ges., 1908, Bd. XLI, S. 252 ff. *) Biese Zeitschrift, 1908, Bd. LVIII, S. 182 u. 183.\n3) Diese Zeitschrift, 1907, Bd. L, S. 438.","page":230},{"file":"p0231.txt","language":"de","ocr_de":"Oxydationsprodukte des Cholesterins in tierischen Organen. IV. 231\nTropfens Chroms\u00e4urel\u00f6sung ebenso pl\u00f6tzlich weiter oxydiert wird (wahrscheinlich zur entsprechenden Dicarbons\u00e4urei.M\nDemnach w\u00e4re es fast ein Wunder zu nennen, wenn die in Rede stehenden, so reaktionsf\u00e4higen und leicht oxydablen Cholestennderivate nach deren Einf\u00fchrung durch das Blut in die Leber, wo so viele gro\u00dfartige Synthesen, chemische Prozesse und Umsetzungen der verschiedenartigsten Natur vor sich gehen, von diesen Vorg\u00e4ngen verschont blieben.\nDie Richtung der weiteren Umwandlung der Oxycholesterine innerhalb der Leber kann kaum zweifelhaft sein. Die alkoholische Natur dieser Cholesterinderivate kann ebensowenig bezweifelt werden, wie die des Cholesterins selbst,, denn sie sind im Wollfette als Ester der hochmolekularen Fetts\u00e4uren in gro\u00dfen Mengen enthalten.\nDiese Ester sind darin als solche zweifelsfrei von mir nachgewiesen2) und durch Verseifung derselben die abgespaltenen Oxycholesterine freigelegt worden. Da\u00df aber das Oxv-cholesterin II (C26H4402) als Alkohol - und obendrein als sehr reaktionsf\u00e4higer - in eine entsprechende S\u00e4ure \u00fcbergef\u00fchrt werden kann, hat ja an sich nicht nur nichts Befremdendes sondern entspricht geradezu seiner eigentlichen Natur Es sind auch bereits zahlreiche S\u00e4uren aus Cholesterin durch Oxydation hergestellt worden, und auch ich habe durch weitere Oxydation des Oxycholesterins die entsprechende S\u00e4ure gewonnen.3) Die Annahme, da\u00df die Leberzellen das Oxycholesterin in entsprechende Gallens\u00e4uren, also etwa in die L a t s e h i n o ff sehe Choleins\u00e4ure (C25H4204)4) \u00fcberf\u00fchren k\u00f6nnten, d\u00fcrfte daher nichts Lnwahrscheinliches an sich haben. Steht doch weder die Zusammensetzung noch die Konstitution dieser S\u00e4uren-so fest,*)\n') Diese Zeitschrift, 1908, Bd. L, S. 182.\niorr <? \u00ce\u00dc! bClreff' Methode V\u00abL Monatsh. f. prakt, Dermatologie, Bd. XLV, 1.10/ S. 401 u. 402; Biochemische Zeitschrift, 1909, Bd. XX, S. 479 - 501 Die Methode gilt f\u00fcr Cholesterinester wie f\u00fcr die Ester der Oxycholesterine\u2019 ) Die vorl\u00e4ufig als die Dicarbons\u00e4ure C2\u00dfHj804 (Chollans\u00e4ure) bezeichnet wurde (diese Zeitschrift, Bd. L, 1907, S. 4.38).\n4)\tOder in die Cholals\u00e4ure der Rindergallen : CMH40Or (siehe v. Runges Physiol, des Menschen, 1901; Bd. II, S. 215).\n5)\tVgl. R. Neumeisters physiol. Chem., II Aufl., S. 204.","page":231},{"file":"p0232.txt","language":"de","ocr_de":"232\nJ. Lifsch\u00fctz,\nda\u00df ihr nicht das Cholesterinmolek\u00fcl zugrunde gelegt werden k\u00f6nnte. Die chemische Natur der N-freien Gallens\u00e4uren w\u00fcrde dieser Annahme keineswegs widersprechen.*) Vielmehr findet sie eine wesentliche St\u00fctze in der bedeutsamen Tatsache, da\u00df es in neuerer Zeit gelungen ist, die Rhizochols\u00e4ure CuH6010 einerseits aus dem Cholesterin, und anderseits aus Cholal-s\u00fcure durch Oxydation herzustellen.\nLs erscheint von Interesse, hier auf die seinerzeit bereits kurz geschilderte Chollans\u00e4ure3) hinzuweisen, die ich bei der Oxydation der Oxy Cholesterine erhielt, und f\u00fcr die ich die mutma\u00dfliche Formel CMH,/)t aufgestellt hatte. Diese S\u00e4ure zeigt n\u00e4mlich die \u00fcberraschende Eigent\u00fcmlichkeit, selbst mit ziemlich stark salzsaurem Wasser eine au\u00dferordentlich feine Milch zu geben, die sich selbst in der W\u00e4rme nicht entmischt. Ob diese S\u00e4ure sich in den Fettverdauungss\u00e4ften vorfindet, mu\u00df vorl\u00e4ufig dahingestellt sein. Charakteristisch ist es jedoch immerhin. da\u00df die gro\u00dfe Neigung des Cholesterins,4) sich mit Wasser zu emulgieren, das Molek\u00fcl auch in seinen weiteren neutralen wie sauren Erscheinungsformen nicht blo\u00df verl\u00e4\u00dft, sondern sich sogar noch wesentlich zu verst\u00e4rken pflegt, eine Tatsache, die das Cholesterin und seine Derivate f\u00fcr die Fett resorption im Darm als besonders geeignet erscheinen l\u00e4\u00dft.\nDie relativen Mengen der Oxycholesterine\nim Verh\u00e4ltnis zum Cholesterin in den bisher untersuchten tierischen Organen lassen sich nach den orientierenden spektro-metrischen Beobachtungen in abnehmender Reihenfolge nach\n') Eher vielleicht noch best\u00e4tigen. Vgl. hier\u00fcber v. Bung es Physiol, \u00eeles Menschen. MOI, Bd. II, S. 440.\n*:) Micner Akad. d. Wissenschaftl. Sitzung d. math.-naturwissensch. Klasse vorn 2. Juli 1908.\nDiese Zeitschrift, 1907, Bd. L. S. 438.\n-4 Vgl, Unna, Mediz. Klin.. 1907, Nr 42 und 43.\nDerselbe, Monatshefte f. prakt. Derm., Bd. XLV. 1907, S. 455 u. 458.","page":232},{"file":"p0233.txt","language":"de","ocr_de":"Oxydationsprodukte des Cholesterins in tierischen Organen. IV. 233\nfolgendem Schema ordnen: 1. Blut; 2. Knochenmark: 3. Gehirn; 4. Pankreas (vom Ochsen); 5. Leben?)1)\nDie spektrometrischen Werte standen stets im Einklang mit der Stufe der Echtheit und Sch\u00f6nheit der Farben resp. der Dauer der Essigschwefels\u00e4urereaktion bis zum Verblassen der Farben und der Spektralbilder.\nDie dabei gewonnene Anschauung geht dahin, da\u00df das Cholesterin seinen ersten Angriff im Blute erleidet : sei es in der Lunge durch den Sauerstoff, oder \u2014 was wohl wahrscheinlicher sein d\u00fcrfte \u2014 in der Blutbahn durch das Oxyh\u00e4moglobin. F\u00fcr die Reichhaltigkeit des Blutes an urspr\u00fcnglichen Oxyehol-esterinen spricht der Umstand, da\u00df schon das rohe Blutfett eine intensive Essigschwefels\u00e4urereaktion liefert,2) und vollends das isolierte Unverseifbare, auch bevor noch die Oxycholesterine mit Methylalkohol vom \u00fcbrigen Unverseifbaren getrennt worden sind. Die Essigschwefels\u00e4urereaktion \u2014 selbst am Gesamtunverseif-baren vorgenommen \u2014 kann ferner an Intensit\u00e4t, Farbenechtheit, sowie an Sch\u00e4rfe, Tiefe und Dauer der Spektralbilder nur mit der Reaktion der aus reinem Cholesterin k\u00fcnstlich hergestellten Oxycholesterine3) verglichen werden. Diese Reaktionserscbei-nungen nehmen in den \u00fcbrigen Organen allm\u00e4hlich ab, bis sie im Sekret der Leber, in der Galle, bezw. in den Darmentleerungen' trotz erheblicher Mengen von Cholesterin \u2014 ganz erl\u00f6schen.\nDas g\u00e4nzliche Fehlen der Oxycholesterine im Pankreas des gem\u00e4steten Schweines, sowie die relativ kleinen Mengen dieser Cholesterinderivate selbst im Ochsenpankreas d\u00fcrften wohl darauf hindeuten, da\u00df auch in diesem Organ \u2014 wie in der Leber \u2014eine weitere Verarbeitung der Oxycholesterine f\u00fcr die Fettresorption vor sich geht. Und zwar, je bedeutendere Fettmengen im Darm resorbiert werden sollen, um so gr\u00f6\u00dfere Mengen der Oxycholesterine fallen der weiteren Umwandlung anheim, so da\u00df z. B. im Pankreas des get\u00f6teten,\n') Wie oben erw\u00e4hnt, steht es noch nicht fest, ob der geringe Oxycholesteringehalt des Leberfettes nicht von Blutresten herr\u00fchrl.\n*) Diese Zeitschr., Bd. LVIII, 1008, S. 17711.\n3) Daselbst. Bd. L. 1907, S. 137 und Bd. LVIII. 1903, S; 131.","page":233},{"file":"p0234.txt","language":"de","ocr_de":"23* J. L if sch\u00fctz. Die Oxydationsprodukte in tierischen Organen. IV.\ngem\u00e4steten Schweines \u00fcbersch\u00fcssige Oxycholesterine sich gar nicht mehr vorfinden.\nHieran m\u00f6chte ich noch die Mitteilung einer langj\u00e4hrigen Vermutung von mir anschlie\u00dfen. Es betrifft dies die an Wahrscheinlichkeit immer mehr zunehmende Beteiligung der Cholesterinderivate der tierischen Organe an der Bildung der Blut-und Gallenfarbstoffe. Die sehr bemerkenswerten Ergebnisse klinischer Versuche einiger Autoren mit Cholesterin-Fettmischungen scheinen in neuerer Zeit diese Annahme zu best\u00e4tigen. Es d\u00fcrfte aber vielleicht zweckm\u00e4\u00dfig sein, bei derartigen Versuchen die wesentlich reaktionsf\u00e4higeren Cholesterin-oxydate in Anwendung zu bringen. Denjenigen Herren, die sich daf\u00fcr interessieren, bin ich gern bereit, mit den betreffenden Pr\u00e4paraten zur Verf\u00fcgung zu stehen.\nF\u00fcr die Fortf\u00fchrung meiner Arbeiten auf diesem Gebiete sind au\u00dfer dem analytischen Ausbau des bisherigen Materials eine weitere Reihe physiologisch-chemischer und klinischer Versuche, sowie Versuche am Tiere teils im Gange und teils in Aussicht genommen.\nBremen, im Oktober 1909.","page":234}],"identifier":"lit37529","issued":"1909","language":"de","pages":"222-234","startpages":"222","title":"Die Oxydationsprodukte des Cholesterins in den tierischen Organen. IV. Mitteilung (Vorbericht)","type":"Journal Article","volume":"63"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T12:45:34.091852+00:00"}