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{"created":"2022-01-31T16:14:09.153808+00:00","id":"lit37569","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Jager, L. de","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 64: 110-119","fulltext":[{"file":"p0110.txt","language":"de","ocr_de":"Ein roter Farbstoff im Harn.\nVon\nDr. L. de Jager zu Stiens (Niederland).\n(.Der Redaktion zugegangen am 14. Dezember 1909.)\nI.\nWenn man Harn mit Salzs\u00e4ure und Formaldehyd versetzt, so entsteht bald ein Niederschlag. Dieser Niederschlag besteht aus einer Verbindung von Formaldehyd und Harnstoff, indem sich zwei Molek\u00fcle Harnstoff mit drei Molek\u00fclen Formaldehyd unter Austritt von zwei Molek\u00fclen Wasser vereinigen. Die Existenz dieser Verbindung ist zuerst von Goldschmidt1) festgestellt worden. Einige Jahre sp\u00e4ter hat May2) dieselbe eingehend beschrieben.\nIch kann der Beschreibung, welche May von dieser Verbindung gibt, beipflichten, nur m\u00f6chte ich dieselbe in einigen Teilen erg\u00e4nzen.\nDer Formaldehydharnstoff besteht aus radi\u00e4r gestreiften Kugeln. Zum Teil haftet er fest an dem Glas, zum Teil bildet er ein schillerndes H\u00e4utchen an der Oberfl\u00e4che. Der K\u00f6rper ist in allen bekannten L\u00f6sungsmitteln unl\u00f6slich. Nach May wird er von starken S\u00e4uren gel\u00f6st, aber unter Zersetzung. Beim Erhitzen mit 25\u00b0/oiger Schwefels\u00e4ure tritt deutlicher Formaldehydgeruch auf.\nAuch mir gelang es nicht, die Verbindung in L\u00f6sung zu bringen, weder durch Alkohol und \u00c4ther, noch durch Benzol, Chloroform, Amylalkohol usw.\nDoch gelingt es leicht, die Verbindung in konzentrierter Salzs\u00e4ure zu l\u00f6sen. Zwar kann dabei eine teilweise Zersetzung\n\u25a0) Bericht der ehern. Gesellsch., Bd. XXIX, 1896.\n*) Deutsch. Arch. f. klin. Medizin 1900.","page":110},{"file":"p0111.txt","language":"de","ocr_de":"Ein roter Farbstoff im Harn.\t111\nauftreten, doch trifft dieses nicht f\u00fcr die ganze Menge zu. F\u00fcgt man, nachdem der K\u00f6rper in L\u00f6sung gegangen ist, wobei eine leichte Erw\u00e4rmung erforderlich ist, Wasser hinzu, so bleibt die L\u00f6sung klar. Nach kurzer Zeit aber scheidet sich \u25a0 die Verbindung wieder in denselben Kugeln aus. Auch in verd\u00fcnnter Salzs\u00e4ure ist die Verbindung nach l\u00e4ngerem Kodhen l\u00f6slich, scheidet sich aber ebenfalls wieder aus. Setzt man zu einer L\u00f6sung in konzentrierter Salzs\u00e4ure Alkohol hinzu, so bleibt die L\u00f6sung l\u00e4ngere Zeit klar, aber auch diese L\u00f6sung ist nicht best\u00e4ndig. Dasselbe ist der Fall, wenn man in hei\u00dfem salzsauren Alkohol l\u00f6st.\nSchwefels\u00e4ure und noch mehr Salpeters\u00e4ure zersetzt die Verbindung.\nEs gelang mir ebenso wenig wie May, aus derselben Harnstoff wieder zu gewinnen.\nNach Huppert1) sollte die F\u00e4llung quantitativ sein. M ay fand aber im Harn nach M\u00f6rner-Sj\u00f6qvist 13,53 g N, im Formaldehydniederschlag nur 1,87 g N.\nDiese Zahl ist entschieden zu niedrig. Um eine maximale F\u00e4llung zu bekommen, mu\u00df man eine gewisse Menge Formaldehyd und Salzs\u00e4ure zusetzen. Mit einer gr\u00f6\u00dferen Menge beider Stoffe wird der Niederschlag geringer oder bleibt g\u00e4nzlich aus.\nMay teilt Tabellen mit, in denen die Reihenfolge, in welcher die Tr\u00fcbung auftritt, angegeben ist.\nDiese Reihenfolge ist aber ebenso wenig wie die Dicke des Niederschlags ein Ma\u00df f\u00fcr die Menge des letzteren. Ich versetzte 10 ccm einer l\u00b0/oigen L\u00f6sung von Harnstoff mit wechselnden Mengen Formalin und Salzs\u00e4ure. Sp\u00e4terhin erwies sich zwar, da\u00df der benutzte Harnstoff 5\u00b0/o Wasser enthielt; dieses tut wenig zur Sache.\nDie L\u00f6sung blieb klar, wenn 2h ccm Formalin und 1 ccm Salzs\u00e4ure hinzugesetzt war, ebenso bei einem Zusatz von 1 ccm Formalin und */3 ccm HCl und 1 ccm Formalin und 1 ccm HCl. (Das Formalin enth\u00e4lt 40\u00b0/o Formaldehyd, die Salzs\u00e4ure 250/0 HCl.)\n*) Huppert -Neubau er, Harnanalyse, 3. Auflage.","page":111},{"file":"p0112.txt","language":"de","ocr_de":"L. de Jager\n112\nMit geringeren Mengen bekam ich immer eine F\u00e4llung, wenn auch erst nach l\u00e4ngerem Zuwarten.\nEbenso wie May fand ich, da\u00df ein \u00dcberschu\u00df von Salzs\u00e4ure weniger schadet als ein Zuviel an Formaldehyd.\nIch setzte nun zu je 10 ccm einer l\u00b0/oigen Harnstoffl\u00f6sung wechselnde Menge Formalin und HCl, filtrierte nach 24 Stunden durch ein gewogenes Filter, trocknete bei gelinder W\u00e4rme und bestimmte das Gewicht des Niederschlags. Dieser haftet stark an dem Glas, soda\u00df, obwohl ich denselben so viel wie nur m\u00f6glich war, mit einem Glasstab abkratzte, einiger Verlust unvermeidlich war.\nTabelle I.\nJe 10 ccm Harnstoffl\u00f6sung wurden versetzt mit\t\t\tGewicht des Niederschlags in mg\n1 ccm\tHCl und 220 mg\tFormalin\t57\n1\t\u00bb\t- 330 \u00bb\t\u00bb\t53\n1\tV\t\u00bb\t> 440 >\t. . |\t!\t32\n1,5\t\u00bb\t\u00bb \u00bb 220 \u00bb\t\u00bb\t42\n1,5. \u00bb\t\u00bb\t\u00bb 330 \u00ab\t\u00bb\t37\n1,5\t>\t\u00bb 440\t>\t21\n2 V\t\u00bb \u00bb 220 \u25a0\t*\t45\n2\t\u2666\t\u00bb 330\t\u00bb\t25\n2\t\u00bb\t\u00bb 140 \u00bb\t' \u2022 . . ;\u2022\t24 1\nEs geht aus dieser Tabelle hervor, da\u00df eine maximale F\u00e4llung zustande kommt mit 200\u2014300 mg Formalin und 1 ccm HCl, d. h. 3\u20144 Molek\u00fcle Formalin auf 6 Molek\u00fcle HCl.\nAus 95 mg Harnstoff kann sich 137,75 mg C5H10N4O3 bilden. Ich fand h\u00f6chstens 57 mg, d. h. 41,3 \u00b0/o. Zwar ist die F\u00e4llung bei weitem nicht quantitativ, wie Huppert angibt, aber sie ist doch viel gr\u00f6\u00dfer, als May fand. Vielleicht wird die Ausbeute mit einer geringeren Menge HCl gr\u00f6\u00dfer sein. Ich habe diese aber mit reinen L\u00f6sungen nicht weiter bestimmt, weil eine vollst\u00e4ndige F\u00e4llung doch nicht erfolgt.\nIch wiederholte den Versuch mit Harn.","page":112},{"file":"p0113.txt","language":"de","ocr_de":"Ein roter Farbstoff im Harn.\t113\nTabelle II.\nJe 10 ccm Harn werden versetzt mit\t\t\tGewicht des Niederschlags in mg\n0,5 ccm HCl 4~ 220 mg Formalin\t\t\t115\n0,5\t\u00bb -f 440 \u00bb\t*\t100\n0,5 >\t4 -f-660\t...\tj\t65\n1,0\t4- 220 >\t\t121\n1,0 r .\t, 4- 440\t\u00bb\t1 77\n1,0\t\u00bb 4- 660 \u00bb\t\u00bb\tj\tHK\n1,5 \u00bb\t\u25a0 -f 220 4\t>\t'\t\u2022 90\n1,5\t* 4- 440 >\t\u00bb .\t59\n1,5 \u00bb\t4- 660 >\t4 \u25a0'\t\u2018 38\nAuch hier ist die Menge Salzs\u00e4ure und Formalin zur maximalen F\u00e4llung dieselbe wie im ersten Versuch. Von einer quantitativen F\u00e4llung ist nicht die Hede. Die Harnmenge betrug 1640 ccm, die h\u00f6chstgefundene Zahl 121 mg w\u00fcrde einen Gehalt von 13,678 g Harnstoff ergeben.\nFin dritter Versuch mit Harn, wobei je 0,2, 0,4 und 0,6 ccm HCl und 110, 220 und 330 mg Formalin hinzugesetzt wurden, ergab denselben Erfolg. Das Gewicht des Niederschlags war m h\u00f6chsten mit 220 mg Formalin zu 10 ccm Ham, die Menge HCl \u00fcbte wenig Einflu\u00df. In den drei Proben mit 220 mg Formalin fand ich resp. 108, 108 und 105 mg.\nZur maximalen F\u00e4llung ist also erforderlich zu 10 ccm Harn 0,5 bis 1 ccm HCl und + 0,25 ccm Formalin.\nIch benutzte zu meinen weiteren Versuchen eine L\u00f6sung, welche in 1 ccm 0,25 ccm Formalin und 0,5 ccm Salzs\u00e4ure enth\u00e4lt, d. h. ungef\u00e4hr molekul\u00e4res Verh\u00e4ltnis.\nIch bestimmte an einigen Tagen auf diese Weise den Gehalt des Tagesurins an pr\u00e4zipitierbarem Harnstoff in' 2 Proben zu je 20 ccm Harn. Die beiden Proben geben immer gut \u00fcbereinstimmende Zahlen (z. B. 249 und 253 mg, 330 und 335 mg, 390 und 391 mg). Im Tagesharn fand ich an 9 Tagen 18,040, 21,038,18,759,18,998,17,952,22,610, 21,188, 22,649,19,296 g, im Mittel 20,089 g, entsprechend 13,84 g Harnstoff: Vielleicht","page":113},{"file":"p0114.txt","language":"de","ocr_de":"114\nL. de Jager,\nk\u00f6nnte diese F\u00e4llung zu qantitativer Bestimmung brauchbar gemacht werden.\nDie verbrauchte Menge Formalin in obigen Versuchen, d. h. 220 mg enth\u00e4lt + 90 mg Formaldehyd, welche Menge 174 mg C5H10N4O3 entspricht. Es m\u00fc\u00dfte also die Menge des Niederschlags gr\u00f6\u00dfer sein, wenn alles Formaldehyd mit Harnstoff in Verbindung treten w\u00fcrde. Doch tritt jedenfalls der weitaus gr\u00f6\u00dfere Teil des Formaldehyds in diese Verbindung ein. Dies Resultat scheint befremdend.\nDie Formoltitrierung zur Bestimmung des Ammoniaks beruht auf der Bildung von Hexamethylentetramin, wobei man annimmt, da\u00df durch den Formaldehyd die Ammoniakverbindungen zersetzt werden. Ebenso wird von den Aminos\u00e4uren Formaldehyd in Anspruch genommen. Doch bildet sich bei Anwesenheit von Salzs\u00e4ure Formaldehydharnstoff. In einer Probe eines mit Ammoniumsulfat ges\u00e4ttigten Harns entstand nach Zusatz von Formalin und Salzs\u00e4ure ein Niederschlag, wie in normalem Harn. Daraus geht hervor, da\u00df Ammoniakverbindungen nicht durch den Formaldehyd zersetzt worden sind, sondern da\u00df erst durch Alkali das Ammoniak in Freiheit versetzt werden mu\u00df, bevor es mit dem Formaldehyd eine Verbindung eingehen kann. Letzteres l\u00e4\u00dft sich \u00fcbrigens leicht beweisen. Eine L\u00f6sung von Salmiak wurde mit wenig Formalin versetzt, und nach kurzer Zeit Harnstoff und Salzs\u00e4ure hinzugesetzt. Es entsteht ein Niederschlag. Also hat sich keine Verbindung von Formaldehyd mit Ammoniak gebildet, denn eine Harnstoff l\u00f6sung wird von Urotropin (Hexamethylentetramin) und Salzs\u00e4ure nicht gef\u00e4llt.\nAus diesem Versuch geht fernerhin hervor, da\u00df die Wirkung von Urotropin auf die Harnorgane nicht die Folge einer Abspaltung von Formaldehyd sein kann. W\u00e4re dies der Fall, so m\u00fc\u00dfte der abgespaltene Formaldehyd eine Verbindung mit Harnstoff bilden, vorausgesetzt, da\u00df diese Abspaltung im Ham Platz greifen w\u00fcrde. Eine Bildung von Formaldehyd in den harnbildenden Organen ist zwar m\u00f6glich, nicht aber eine anti-septische Wirkung des Formaldehyds auf den Harn.\nDer Niederschlag enth\u00e4lt keine Harns\u00e4ure, w\u00e4hrend dieser","page":114},{"file":"p0115.txt","language":"de","ocr_de":"Ein roter Farbstoff im Harn.\t115\n'\t.\t.\t\u2018\t' i\nK\u00f6rper von Salzs\u00e4ure allein zum Teil gef\u00e4llt wird. Zu einer L\u00f6sung von Harns\u00e4ure in Natronlauge setzte ich Salzs\u00e4ure, wobei sogleich ein Niederschlag entstand. Wenn zu der Urat-l\u00f6sung Formalin zugegeben wird, so bleibt die L\u00f6sung nach Salzs\u00e4urezusatz klar. Indes gelang es mir nicht, durch nach-herigen Zusatz von Formalin die durch Salzs\u00e4ure gef\u00e4llte Harns\u00e4ure wieder zu l\u00f6sen.\nII.\nVon May wird der aus Harn erhaltene K\u00f6rper beschrieben als ein feines, schwachgelbliches Pulver.\nDieses trifft zu, wenn man den Niederschlag nach der von May angegebenen Methode behandelt. Es wird dieser Niederschlag nacheinander ausgewaschen mit hei\u00dfem Wasser, Salzs\u00e4ure, Natronlauge, hei\u00dfem Wasser, Alkohol, \u00c4ther und auf dem Wasserbad getrocknet.\nWenn man so verf\u00e4hrt, erh\u00e4lt man ein gelbliches Pulver.\nDoch enth\u00e4lt dieses Pulver einen Farbstoff, welcher von ' May nicht gefunden zu sein scheint.\nEs ist bekannt, da\u00df Harn nach Zusatz von Salzs\u00e4ure nach einiger Zeit eine mehr oder weniger rote Farbe annimmt. Versetzt man Harn mit Formalin und Salzs\u00e4ure, so wird er bald rot. Nicht jeder Harn zeigt diese Erscheinung deutlich, doch ist der Farbstoff immer anwesend.\nEin von mir untersuchter Harn, welcher die Erscheinung sehr deutlich zeigt, war nach Zusatz von je 5\u00b0/o Salzs\u00e4ure und Formalin in 5 Minuten hochrot, nach 10 Minuten zeigte sich eine Tr\u00fcbung. Der Farbstoff wird von dem Formalinharnstoff niedergerissen, \u00fcb der Farbstoff selbst gef\u00e4llt wird, habe ich nicht feststellen k\u00f6nnen, weil es auf keine Weise gelingt, denselben von dem Harnstoffniederschlag zu trennen. Doch ist es mir wahrscheinlich, da\u00df der Farbstoff selbst unl\u00f6slich ist.\nDer Formaldehydharnstoff, wie er aus Harn gewonnen wird, stellt ein gelbes bis ziegelrotes Pulver dar. Die Farbe ist abh\u00e4ngig von der Menge der im Harn enthaltenen Chro-mogene und zweitens von der Zeit der Einwirkung. Der Farbstoff wird schneller gef\u00e4llt als der Harnstoff. Ob letzterer den","page":115},{"file":"p0116.txt","language":"de","ocr_de":"L. de Jager,\n11\u00ab\nFarbstoff mechanisch mitrei\u00dft oder ob man mit zwei F\u00e4llungen zu tun hat, lasse ich dahingestellt, aber man kann den Farbstoff konzentrieren, wenn bald filtriert wird.\nIch versetzte 200 ccm Harn mit je 12,5 ccm Formalin und Salzs\u00e4ure ; nach 10 Minuten, sobald der Harn anfing sich zu tr\u00fcben, wurde filtriert. Das rote Filtrat tr\u00fcbte sich sofort wieder; der zweite Niederschlag wurde abfiltriert und das Filtrat nach 24 Stunden nochmals filtriert. Der erstentstandene Niederschlag ist lebhaft rot, der zweite und dritte orangefarben.\nIch versetzte drei Proben Harn aus je 250 ccm mit 12,5 ccm Salzs\u00e4ure und resp. 3,0, 6,20 und 12,5 ccm Formalin. Letztere Probe fing zuerst an sich zu tr\u00fcben. Sobald die erste Tr\u00fcbung sichtbar war, wurde filtriert. Der Niederschlag aus der ersten Probe mit 3 ccm Formalin war violettrot, aus der zweiten mit 6,20 ccm Formalin karminrot, aus der dritten mit 12,5 ccm formalin ziegelrot. Die Ausbeute betrug umgekehrt resp. 0,250, 1,070 und 2,050 g.\nWerden Reagenzr\u00f6hren benutzt, so ist der untere Teil des Niederschlags rot und der obere Teil fast wei\u00df.\nDer rote Niederschlag zeigt dieselben Eigen schaf ten L\u00f6sungsmitteln gegen\u00fcber wie reiner Formaldehydharnstoff.\nDie L\u00f6sung gelang nur in Minerals\u00e4uren. In konzentrierter Salzs\u00e4ure l\u00f6st sich der Farbstoff bei gelinder Erw\u00e4rmung leicht, und die L\u00f6sung kann mit Wasser oder Alkohol verd\u00fcnnt werden. Doch scheidet sich der K\u00f6rper nach einiger Zeit wieder aus ; aus der w\u00e4sserigen L\u00f6sung sehr bald, w\u00e4hrend die alkoholische L\u00f6sung best\u00e4ndiger ist. Durch Zusatz von Wasser wird diese L\u00f6sung tr\u00fcbe. Weniger leicht gelingt die L\u00f6sung in mit Wasser oder Alkohol verd\u00fcnnter Salzs\u00e4ure. Konzentrierte Schwefels\u00e4ure l\u00f6st den Farbstoff auch, es tritt dabei aber eine Zersetzung auf, indem die L\u00f6sung beim Erw\u00e4rmen schwarz wird: nach Zusatz von Alkohol entsteht eine bl\u00e4ulichrote L\u00f6sung.\nIn Salpeters\u00e4ure l\u00f6st sich der Farbstoff mit gelber Farbe, nach Zusatz von Kali- oder Natronlauge wird die Farbe orangefarben bis braun.","page":116},{"file":"p0117.txt","language":"de","ocr_de":"117\nEin roter Farbstoff im Harn.\nDurch Alkalien oder Ammoniak wird die Farbe gelblich, bei Zusatz von S\u00e4ure kehrt die rote Farbe wieder zur\u00fcck. Da May den Niederschlag zuletzt mit Natronlauge behandelt, ist es verst\u00e4ndlich, da\u00df das von ihm erhaltene Pulver eine gelbliche Farbe besessen hat.\nWird das rote Pulver mit Natronlauge w\u00e4hrend l\u00e4ngerer Zeit gekocht, so bekommt man eine braune L\u00f6sung, welche durch S\u00e4urezusatz nicht wieder rot wird. Der ungel\u00f6st gebliebene Best wird aber durch S\u00e4urezusatz wieder rot.\nNicht aus jedem Harn gelingt es, ein deutlich rotes Produkt zu bekommen. Doch kommt beim L\u00f6sen in Salzs\u00e4ure die rote Farbe immer zum Vorschein. Der Farbstoff ist sehr best\u00e4ndig.\nDie salzsaure alkoholische L\u00f6sung wurde mit Chloroform, \u00c4ther, Benzol, Amylalkohol, Essig\u00e4ther usw. behandelt. Keines dieser L\u00f6sungsmittel l\u00f6ste den Farbstoff im geringsten.\nDie L\u00f6sung in salzsaurem Alkohol verdunkelt das violette Ende des Spektrums bis an das Gelb, in gr\u00f6\u00dferer Verd\u00fcnnung tritt ein Absorptionsstreifen auf, welcher den Raum von Linie b bis F einnimmt. Dieser Absorptionsstreifen kommt \u00fcberein mit dem Absorptionsstreifen, welchen Arnold1) angibt f\u00fcr das von ihm beschriebene Nephrorosein, wenn zugleich Urobilin anwesend ist.\nDer beschriebene Farbstoff ist im Hard nicht als solcher anwesend, sondern mu\u00df entweder ein Zersetzungsprodukt oder eine Formolverbindung eines pr\u00e4formierten K\u00f6rpers sein. Als Muttersubstanz kommen in Betracht Indol, Skatol, Uro-chrom. Urobilin und Urorosein. Letzterer K\u00f6rper soll nach Porcher und Hervieux2) identisch sein mit Skatolrot, ebenso wie mehrere andere rote Harnfarbstoffe (Uroerythrin, Purpurin, Uromelanin usw ).\nIch s\u00e4ttigte nach den Angaben Garrods3) ein Quantum Harn mit Ammoniumsulfat und setzte absoluten Alkohol zu dem klaren Filtrat. Es gelang mir nicht, diese L\u00f6sung von Urochrom durch L\u00f6sen in Wasser und S\u00e4ttigen mit Ammonium-\n*) Diese Zeitschrift, Bd LX1.\n*') Diese Zeitschrift, Bd. XLV.\n') Nach Huppert-Neubauer, Harnanalyse. 3. Aufl.","page":117},{"file":"p0118.txt","language":"de","ocr_de":"L. de Jager,\n11S\nsulfat weiter zu reinigen. Der Niederschlag enth\u00e4lt neben Urobilin noch Uroerythrin und H\u00e4matoporphyrin. Die alkoholische L\u00f6sung desselben wird nach Salzs\u00e4urezusatz rot; wird zugleich Formalin zugesetzt, so bleibt die Farbe dieselbe.\nDie alkoholische Urochroml\u00f6sung wird ebenfalls durch Salzs\u00e4urezusatz rot, aber erst nach einiger Zeit. Zusatz von Formalin und Salzs\u00e4ure ruft fast sofort eine rote Farbe hervor, und nach einiger Zeit setzt sich ein dunkelroter Niederschlag ab. Dieser besteht aus kleinen Kugeln, zumeist mehreren aneinander gereiht, wodurch ein Bild entsteht, das an Blutkoralle erinnert. Diese L\u00f6sung enth\u00e4lt also noch Harnstoff. Um diesen zu entfernen, setzte ich Oxals\u00e4ure hinzu, konzentrierte die L\u00f6sung durch Erw\u00e4rmen und filtrierte nach einiger Zeit. Die jetzt braune L\u00f6sung wurde versetzt mit Formalin und Salzs\u00e4ure, wodurch nach einiger Zeit ein rotbrauner Niederschlag entstand, welcher dieselben Eigenschaften zeigte wie der aus Harn gewonnene. Nur war die salzsaure L\u00f6sung weniger lebhaft rot. Offenbar bestand der Niederschlag noch zum Teil aus Formylharnstoff. Zum gelbbraunen Filtrat setzte ich Harnstoff. Der dadurch entstandene Niederschlag war gelblich, die L\u00f6sung desselben in Salzs\u00e4ure ist gelb. Doch bleibt noch immer das Filtrat gef\u00e4rbt.\nDie Muttersubstanz ist also enthalten in der nach Garrod bereiteten Urochroml\u00f6sung. Die Formylverbindung ist im Gegensatz zu dem Urochrom von Garrod nicht im geringsten hygroskopisch, ist iml\u00f6slich in Wasser und Weingeist; Bleiacetate oder Silbernitrat entf\u00e4rben die L\u00f6sung in salzsaurem Alkohol nicht. Dagegen gibt dieselbe ebenso wie das Urochrom die Xanthoproteinreaktion. Der Absorptionsstreifen im Spektrum beweist aber, da\u00df noch eine andere Verbindung anwesend ist. Nach Garrod zeigt zwar eine reine Urochroml\u00f6sung nach erhitzen mit Aldehyd den Urobilinstreifen. Nach Dombrowski1) liegt aber die Ursache im inaktiven Urobilin, das durch das Aldehyd aktiviert wird. Das von letzterem dargestellte Urochrom zeigte keine Farben\u00e4nderung weder durch Minerals\u00e4uren noch durch Alkalien.\nl) Diese Zeitschrift. Bd. LIV.","page":118},{"file":"p0119.txt","language":"de","ocr_de":"Ein roter Farbstoff im Harn,\t11p\nObwohl das Spektrum einen Absorptionsstreifen zeigt, welcher fast mit dem Urobilinstreifen zusammenf\u00e4llt, scheint mir doch der Farbstoff dem Urobilin nicht zu entstammen. Es wird die Bildung der roten Farbe zwar sehr beschleunigt durch Formaldehyd, doch entsteht dieselbe auch durch Salzs\u00e4ure allein, wenn auch erst nach l\u00e4ngerer Zeit. Versetzt man Harn mit Salzs\u00e4ure, so wird, wenn derselbe nach 24 Stunden rotgef\u00e4rbt erscheint, der Farbstoff mitsamt dem Harnstoff sofort von Formalin gef\u00e4llt.\nDas Spektrum des Skatolrot, wie es von Porcher und Hervieux1) und von Staat2) angegeben wird, ist ein ganz anderes. Ob der Farbstoff identisch ist mit dem Nephrorosein Arnolds, lasse ich dahingestellt.\nEiner gepaarten Schwefels\u00e4ureverbindung entstammt der Farbstoff nicht. Es m\u00fc\u00dfte dann aus dieser Verbindung auch durch die Salzs\u00e4ure die Schwefels\u00e4ure abgespalten werden. Ich versetzte zwei Proben Harn, die eine mit Salzs\u00e4ure, die andere mit Formalin und Salzs\u00e4ure, filtrierte nach 24 Stunden und setzte Baryumchlorid hinzu. In beiden Proben wurde die n\u00e4mliche Menge Baryumsulfat gef\u00e4llt.\nJedenfalls scheint die Muttersubstanz des Farbstoffs in jedem Harn anwesend zu sein. Der Farbstoff f\u00e4llt zugleich mit dem Formylharnstoff aus, auch wenn der Niederschlag nicht die rote Farbe zeigt. Unter welchen Umst\u00e4nden die Farbe mehr oder weniger rot erscheint, ist mir bis jetzt nicht gelungen zu erforschen. Eine deutliche Rotf\u00e4rbung kommt bei vollkommen normalem Harn vor und zwar, wie mir scheint, bei demselben Individuum immer mit derselben Intensit\u00e4t.\nZum Schlu\u00df noch eine praktische Bemerkung. DeF Formalniederschlag haftet so fest an dem Glase, da\u00df derselbe mechanisch nicht zu entfernen ist, sondern mit hei\u00dfer konzentrierter Salzs\u00e4ure oder noch besser Schwefels\u00e4ure gel\u00f6st werden mu\u00df.\n\u2018) Diese Zeitschrift, Bd. XLV. 2) Diese Zeitschrift\u2019 Bd. XLVI.","page":119}],"identifier":"lit37569","issued":"1910","language":"de","pages":"110-119","startpages":"110","title":"Ein roter Farbstoff im Harn","type":"Journal Article","volume":"64"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:14:09.153814+00:00"}