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{"created":"2022-01-31T16:43:44.072089+00:00","id":"lit37573","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Reinitzer, Freidrich","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 64: 164-168","fulltext":[{"file":"p0164.txt","language":"de","ocr_de":"Erwiderung betreffend die Enzyme des Akaziengummis.\nVon\nFriedrich Reinitzer.\n(Der Kedaktioir zugegangen am 31. Dezember 1909.)\nZu meiner Arbeit \u00fcber die Enzyme des Akaziengummis und einiger anderer (iu.nmiarien \u00ab.) bat V. Grafe einige Bemerkungen ver\u00f6ffentlicht,*) durch welche er meine Ergebnisse als zweifelhaft, die seinigen dagegen als richtig h.nzustellen sucht. Zur Kennzeichnung der Stichhaltigkeit der Einwendungen Gr\u00e4fes m\u00f6chte ich die folgenden Aufkl\u00e4rungen geben.\nGrafe sucht die Erkl\u00e4rung daf\u00fcr, da\u00df er und Wiesner keine Zuckerb,Idung durch das .diastolische Enzym des Gummis beobachten konnten, einerseits in der Vermutung, da\u00df sie Sorten oder St\u00fccke gehabt haben k\u00f6nnten die zuf\u00e4llig nichts von diesem Enzym enthalten haben. Das ware wohl ein recht eigent\u00fcmlicher Zufall. Ich habe das Enzym sowohl bei meiner ersten Untersuchung, die ich vor 19 Jahren in Prag ausfuhrte. als auch bei meiner jetzigen Untersuchung in Graz in allen horten des Akaziengummis gefunden, und es ist daher undenkbar, da\u00df alle untersuchten Sorten des Wiener Handels davon frei gewesen sein sollten. \u00dcbrigens stehen meine Sorten f\u00fcr Nachpr\u00fcfungen zur Verf\u00fcgung.\nAnderseits sucht Grafe allerhand an meinen Arbeitsmethoden auszusetzen, offenbar mit dem Hintergedanken, da\u00df vielleicht doch in meinen Gummiproben das zuckerbildende Enzym gefehlt habe und mir durch meine Arbeitsweise vorget\u00e4uscht worden sei.\nSo glaubt er, da\u00df das von mir verwendete Thymol jenes Enzym gesch\u00e4digt haben k\u00f6nnte, das die St\u00e4rke in Dextrin verwandelt. Wenn das der Fall gewesen w\u00e4re, so w\u00fcrde der Kleister nicht d\u00fcnnfl\u00fcssig geworden sein, da das Dextrin aus dem Amylopektin Maquennes entsteht. \u00dcbrigens hat dieser Einwand mit der von mir beobachteten Zuckerbildung gar nichts zu tun, ist also ganz \u00fcberfl\u00fcssig, da ja die Dextrinbildung bisher von niemandem angezweifelt worden ist.\nEr wendet sich weiter in ebenso \u00fcberfl\u00fcssiger Weise gegen die Methodik meiner ersten, vor 19 Jahren ausgef\u00fchrten Arbeit, obwohl ich doch deren Ergebnisse durch meine zweite Arbeit in allen wesentlichen\n\u2018( Diese Zeitschrift, Bd. LXI, S. 352.\n*) Biese Zeitschrift, Bd LXIII, S. 106","page":164},{"file":"p0165.txt","language":"de","ocr_de":"Erwiderung betreffend die Enzyme des Akaziengummis. 105\nPunkten best\u00e4tigen konnte, somit aus einer solchen Kritik kein wissenschaftlicher Gewinn zu erwarten ist. Er behauptet, ich h\u00e4tte damals nicht aseptisch gearbeitet und meine \u00abma\u00dfanalytische Me\u00dfmethode\u00bb sei bei Gummil\u00f6sungen nicht anwendbar, da diese so st\u00e4rk sch\u00e4umen, da\u00df man sie nicht genau messen k\u00f6nne. Dem gegen\u00fcber stelle ich nur fest, da\u00df Grafe selbst bei seinen Bestimmungen \u00abgenau 100 ccm\u00bb Gummil\u00f6sung abgemessen hat (S. 295), also doch wohl imstande sein mu\u00df, trotz des Sch\u00e4umens Gummil\u00f6sungen genau zu messen: ferner, da\u00df es sich bei diesen Arbeiten nicht um Asepsis, sondern um Antisepsis handelt, und da\u00df ich bei meiner ersten Arbeit unter den gleichen Versuchsbedingungen gearbeitet habe wie Wiesner und daher auf antiseptische Vorkehrungen damals keinen gr\u00f6\u00dferen Wert gelegt habe wie er.\nWeiter behauptet er, ich h\u00e4tte angegeben, da\u00df bei seiner Filtration der Gummil\u00f6sung durch ein Pakallfilter der zuckerbildende Anteil des Enzyms \u00abim Tonfilter\u00bb geblieben sei. Dies halte er deshalb f\u00fcr unm\u00f6glich, weil er das Filter mit sterilisiertem Wasser durchgewaschen habe. Der Ausdruck \u00abim Tonfilter\u00bb kann sich hierbei nur auf die Wandsubstanz beziehen, da ja im Hohlraum des Pukallfilters das Filtrat vorhanden ist. Wenn Grafe dies so meint \u2014 und anders l\u00e4\u00dft sich dieser Ausdruck nicht deuten \u2014 so hat er meine Arbeit nicht verstanden, denn ich habe gezeigt, da\u00df die au\u00dferhalb des Filters verbleibende Fl\u00fcssigkeit den zucket bildenden Anteil des Enzyms zur\u00fcckh\u00e4lt, und zwar durch den auf-gequollenen Gummianteil, der nicht durchs Filter geht, da nach Frankel und Hamburg Malzdiastase fast-quantitativ durch ein PiikalJfilter geht, wenn derartige Kolloide in der Fl\u00fcssigkeit fehlen. Das Nachwaschen des Filters kann daher das zuckerl\u00f6sende Enzym auch nicht ins Filtrat bringen da es im Filter gar nicht vorhanden ist und au\u00dferhalb durch das kolloidale Gummi festgehalten wird. Es ist daher vollkommen erkl\u00e4rlich, da\u00df Grafe trotz des Nachwaschens mit seinen filtrierten Gummil\u00f6sungen keine Zuckerhildung nachweisen konnte. Nun hat aber Grafe seine Filtration in einer Weise ausgef\u00fchrt, die mir ein Nachwaschen ganz unerkl\u00e4rlich macht. Er hat von 150 ccm einer 10\u00b0> igen Gummil\u00f6sung \u00abgenau 100 ccm in f\u00fcnf Partien* zu je 5 ccm St\u00e4rkekleister von 5\u00b0iV filtriert. Wenn man diese 100 ccm vor dem Filtrieren genau \u00abahmi\u00dft, dann ist \u00eas unm\u00f6glich, sie quantitativ durchs Filter zn bringen, da ja das Filter immer in Fl\u00fcssigkeit eintauchen mu\u00df, wenn es filtrieren soll. Wenn man auch heim Filtrieren die \u00e4u\u00dfere Fl\u00fcssigkeit durch Porzellan- oder Glasschrot verdr\u00e4ngt, so m\u00fc\u00dfte dieser doch mit viel Wasser nachgewaschen werden, wenn die gesamten l\u00f6slichen Anteile dieser 100 ccm ins Filtrat gelangen sollen. Grafe sagt aber ausdr\u00fccklich, da\u00df durch das Waschen die Konzentration eine \u00abdurchaus nicht bedeutende\u00bb \u00c4nderung erfahren habe. Es mu\u00df also nur mit wenig Wasser nachg\u00e9waschen worden sein. Dann ist aber das Nachwaschen nicht quantitativ und Grafe rechnet doch den Gehait seiner L\u00f6sungen an Zucker auf vier Dezimalstellen genau! Wenn","page":165},{"file":"p0166.txt","language":"de","ocr_de":"Friedrich Reinitzer.\n160\nman aber die 100 ccm erst nach dem Filtrieren abmi\u00dft, dann kann man \u00fcberhaupt nicht nachwaschen, weil sonst das Filtrat verd\u00fcnnt wird und nicht mehr gemessen werden k\u00f6nnte. Wie also Grafe dieses Nachwaschen, das er \u00fcbrigens in seiner urspr\u00fcnglichen Arbeit mit keinem Worte erw\u00e4hnt. ausgef\u00fchrt hat, ist mir ganz unverst\u00e4ndlich.- Jedenfalls geht aus meinen Untersuchungen hervor, da\u00df eine mit Thymol ges\u00e4ttigte Gummil\u00f6sung beim Filtrieren durch ein Pukallfilter in der Weise ver\u00e4ndert wird, da\u00df das Filtrat Kleister nicht mehr verzuckert, der Filterr\u00fcckstand dies aber tut. obzwar das darin enthaltene Thymol eine Bakterien Wirkung ausschlie\u00dft. Ein Nachwaschen mit wenig Wasser, wie es Grafe angewendet hat, \u00e4ndert an diesen Verh\u00e4ltnissen gar nichts.\nWeiter behauptet Grafe, die von mir \u00abaufgefundene Tatsache*, da\u00df es gelingt, Enzymgemische durch Adsorption zu trennen, sei nicht neu und verweist zur Bekr\u00e4ftigung dieses Ausspruches auf die Arbeiten von Gr\u00fc\u00df \u00fcber Kapillaranalyse von Enzymen. Demgegen\u00fcber mu\u00df ich bemerken, da\u00df ich in meiner Arbeit nirgends behauptet habe, eine neue Tatsache gefunden zu haben, sondern nur ein Verfahren, das bis jetzt zur Trennung von Enzymen noch nicht verwendet worden ist. Ausdr\u00fccklich habe ich erkl\u00e4rt, da\u00df dieses Verfahren darauf beruht, da\u00df ein Teil der Enzyme durch ein geeignetes Kolloid an der Filtration durch ein Tonliller gehindert wird, w\u00e4hrend der andere Teil frei beweglich bleibt. Das ist doch wohl ein wesentlich anderes Verfahren, wie die von Gr\u00fc\u00df angewandte Form der Kapillaranalyse.\nEbenso \u00fcberfl\u00fcssig und gegenstandslos wie diese \u00c4u\u00dferung ist auch die andere, da\u00df Wiesner \u00abtrotz aller gegenteiligen Bemerkungen\u00bb von meiner Seite das Verdienst nicht abgesprochen werden k\u00f6nne, als erster ein im Gummi vorhandenes, diastatisch wirkendes Enzym gefunden zu haben. Diese Tatsache habe ich niemals geleugnet oder bestritten. Ich habe nur entschieden bestritten, da\u00df dieses Enzym nicht imstande sein soll. Zucker zu bilden, und da\u00df es die F\u00e4higkeit haben soll, die verschiedenen Gummi- und Schleimarten in den Pflanzen zu erzeugen. Die Unrichtigkeit dieser Behauptungen Wiesners habe ich nicht durch \u00abBemerkungen\u00bb, sondern durch Tatsachen nachgewiesen. Das gibt aucli Grafe stillschweigend zu, denn w\u00e4hrend er am Schl\u00fcsse seiner ersten Arbeit noch erkl\u00e4rt hat, da\u00df Wiesner die Wirkung seines Gummifermentes \u00abin v\u00f6llig richtiger Weise erschl\u00f6ssen\u00bb habe, begn\u00fcgt er sich jetzt damit, festzustellen, da\u00df Wiesner im Gummi als erster ein diastatisch wirkendes Enzym gefunden li\u00e2t.\nGrafe verteidigt sich ferner gegen meinen Vorwurf, da\u00df er vom Gummiferment wie von einem einheitlichen K\u00f6rper spreche, durch den Hinweis auf die von ihm angeblich aufgestellte Vermutung, da\u00df die Diastase des Gummis aus mindestens zwei Enzymen bestehe. Er \u00fcbersieht aber dabei, da\u00df sich mein Vorwurf darauf bezieht, da\u00df er ein wechselndes Gemisch einer Oxydase, einer Peroxydase und einer Diastase, in dem","page":166},{"file":"p0167.txt","language":"de","ocr_de":"Erwiderung betreffend die Enzyme des Akaziengummis. Ui?\nmitunter sogar eines dieser Enzyme fehlen kann, mit dem einheitlichen Namen .Gumimferment\u00bb belegt, obzwar l\u00e4ngst vor ihm die Anwesenheit der Oxydase durch Bertrand, Bourquelot und Tschirch festgcstcllr worden war. ganz abgesehen davon, da\u00df er von einer Diastase des Gummifermentes nirgends spricht, sondern stets vom Gummiferment und z.B. auf S. 255 erkl\u00e4rt, .der Typus des Gummifermentes, zeige -als charakteristische Eigenschaften. .gleichzeitig, oxydierende und amyloly-Usche Wirkung, was doch zum mindesten sehr unklar ausgedr\u00fcckt ist\nGrafe setzt ferner aus, da\u00df ich die Unzuverl\u00e4ssigkeit seiner Versuche dadurch beweisen wolle, da\u00df ich in der von ihm-gebrauchten Wendung .mit einem derartigen Pr\u00e4parate, das Wort .einem, gesperrt gedruckt habe. Da Grafe bei dieser Gelegenheit selbst zugibl, da\u00df das von ihm angewandte Verfahren nicht immer gelingt, somit unzuverl\u00e4ssig .st so best\u00e4tigt er selbst, da\u00df ich hierbei ganz richtig geurteilt habe. Chrisens beweist dies ja die obige Wendung auf jeden Fall, ganz gleichg\u00fcltig wie sie betont wird. Da\u00df hei diesem Verfahren das zuckerbildende Enzym zerst\u00f6rt wird, habe ich nicht blo\u00df behauptet, wie Grafe meint, sondern bewiesen, indem ich das Verfahren Grales in der Art ab\u00e4nderte da\u00df dieses Enzym dabei erhalten blieb.\nWenn endlich Grafe an den Ergebnissen seiner \u00c4therextraktion \u25a0bis auf weiteres, festh\u00e4lt, so wird er damit niemanden Einsichtigen \u00dcberzeugen. So lange er nicht die Eigenschaften des angeblichen, m \u00c4ther l\u00f6slichen Enzyms genau studiert und ver\u00f6ffentlicht und es nicht wenigstens einem Nachpr\u00fcfer gelungen ist, zu denselben Ergebnissen zu kommen, wird diese ungew\u00f6hnliche und unwahrscheinliche Eigenschaft stets das gr\u00f6\u00dfte Mi\u00dftrauen erregen.\nWie man sieht, sind also die Einwendungen Gr\u00e4fes, die sich \u00fcbrigens gro\u00dfenteils auf nebens\u00e4chliche Dinge beziehen, nicht geeignet die Richtigkeit meiner Ergebnisse zu ersch\u00fcttern. Recht lehrreich ist dagegen das, wor\u00fcber er schweigt.\nGrafe hatte behauptet, von Wiesner erfahren zu haben da\u00df dieser sein Gummi von Zucker vorher befreit habe. Nun gibt-es aber ur diesen Zweck bis jetzt kein brauchbares Verfahren und auch\u201c Grafe kennt kein solches. Ich habe daher darauf hingewiesen, wie wichtig es ware, das von Wiesner angeblich angewandte Verfahren zu ver\u00f6ffent-ichen. Dazu hat aber sowohl Wiesner wie Grafe bis jetzt geschwiegen. VVarum wird dieses Verfahren nicht ver\u00f6ffentlicht ? Ich habe gezeigt da\u00df Grafe bei seiner F\u00e4llung von Gummi mit Alkohol zum L\u00f6sen des Gummis und zum Verd\u00fcnnen des Alkohols kalkhaltiges Wasser statt destilliertem verwendet haben mu\u00df. Auch dazu sagt Grafe nichts. Urspr\u00fcnglich sollte das \u00abGummiferment\u00bb Cellulose in die verschiedensten Gummi- und Schleimarten verwandeln k\u00f6nnen und meinen Einwand, da\u00df Cellulose von ihm gar nicht angegriffen wird, hat Grafe ohne jeden Grund einfach als \u2666hinf\u00e4llig\u00bb bezeichnet. Sp\u00e4ter sollte es \u00abhemicelluloseartige K\u00f6rper\u00bb zu","page":167},{"file":"p0168.txt","language":"de","ocr_de":"168 Friedrich Reinitzer, \u00dcber Enzyme des Akaziengummis.\nDextrin \u00ababbauen*, und damals sprach Grafe von noch nicht abgeschlossenen Versuchen, welche diese Ansicht st\u00fctzen. Sie sind bis heute nicht ver\u00f6ffentlicht. Jetzt h\u00e4lt er auch diese Behauptung nicht mehr aufrecht und es bleibt nur noch die Einwirkung auf St\u00e4rkekleister \u00fcbrig. Hoffentlich wird sich Grafe bei der versprochenen Nachpr\u00fcfung meiner Befunde auch noch davon \u00fcberzeugen, da\u00df das diastatische Enzym des Akaziengummis aus Kleister Dextrin und Maltose erzeugt. Ich glaube diese Tatsache v\u00f6llig sicher festgestellt zu haben.","page":168}],"identifier":"lit37573","issued":"1910","language":"de","pages":"164-168","startpages":"164","title":"Erwiderung betreffend die Enzyme des Akaziengummies","type":"Journal Article","volume":"64"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:43:44.072095+00:00"}