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{"created":"2022-01-31T16:45:01.392432+00:00","id":"lit37612","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Blum, F.","role":"author"},{"name":"R. Gr\u00fctzner","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 92: 360-382","fulltext":[{"file":"p0360.txt","language":"de","ocr_de":"Studien zur Physiologie der Schilddr\u00fcse.\nVI. Mitteilung.\nJodspeicherung und Jodbindung im Organismus.\nVon\nF. Blum und K. Gr\u00fctzner.\n(Aus dem biologischen Institut zu Frankfurt a. M.i (Der Itfduktion zugegangen am 2y. Juli 1914.)\nIn einer fr\u00fcheren Mitteilung1) wurde auf den Unterschied zwischen Jodspeicherung und Jodbindung hingewiesen. Unter Speicherung wollen wir ein Festhaften von jodhaltigen Stoffen _jn bestimmten Teilen des Organismus verstehen, welches nicht mit einer chemischen Umsetzung und dem Eintreten des Jods . in eine neue chemische Verbindung verkn\u00fcpft ist. Hierher geh\u00f6ren Beimengung. Adsorption und selektive L\u00f6slichkeit. Die. relative Anh\u00e4ufung von Jod in den lipoidreichen Geweben, die bei Jodoform und Jodanilingaben2) eine besondere Anziehungskraft der lipoiden Elemente f\u00fcr diese Jodpr\u00e4parate erweist, kann als Beispiel f\u00fcr eine solche Speicherung gelten ; aber nur dann, wenn eine chemische Umsetzung des Pr\u00e4parats in den betreffenden Zellen nicht stattgefunden hat. Eine Jodspeicherung aus dem schwachjodhaltigen Meerwasser findet in gro\u00dfem Umfang bei den jodhaltigen Tangen (Fucus, Laminaria) statt.\nVon der Speicherung zu unterscheiden ist die Jodumsetzung, d. h. die Losl\u00f6sung des Jods aus der zugef\u00fchrten Verbindung und Einf\u00fchrung des Halogens in die chemische Substanz der Zelle. Die Vermehrung des Jodgehalts im Schilddr\u00fcseneiwei\u00df3) bei Eingabe von Jodalkalien oder von Jod-\n') Diese Zeitschr. 91 [1914] 400fT.\n*) 0. Loch. Arch. f. exp. Path. u. Pharm, \u00f6fi (1907) 320.\n3) 1. e. IV. Mitteilg. S. 421.","page":360},{"file":"p0361.txt","language":"de","ocr_de":"Studien zur Physiologie der Schilddr\u00fcse.\t3*>1\nPr\u00e4paraten, die im K\u00f6rper Jod als Jodalkali abspalten, ist ein Beispiel f\u00fcr diese Umsetzung. Aus dem Jodalkali, wird durch unbekannte, soweit bis jetzt sich sagen l\u00e4\u00dft, f\u00fcr die Schilddr\u00fcse spezifische Kr\u00e4fte das Jod losgel\u00f6st und in den Verband der Eiwei\u00dfsubstanzen der Dr\u00fcse \u00fcbergef\u00fchrt, wahrscheinlich in die zyklischen Kerne des Eiwei\u00dfmolek\u00fcls. Dieser Vorgang erfordert, da\u00df man der Zelle der Schilddr\u00fcse die oxydierende F\u00e4higkeit, Jod aus Jodalkali freizumachen, \u00ab.lo-dase\u00bb zuschreibt. Die Anlagerung freien Jods an das vorhandene Eiwei\u00df1 *) bezw. an unges\u00e4ttigte Substanzen anderer Art ist die n\u00e4chste Stufe der Reaktion.\nEine Zwischenstufe von Speicherung und Bindung ist in der Entstehung von Additionsverbindungen gegeben, wie es z. B. die Bildung von Acidalbumin ist, etwa aus Jodwasserstoff und Eiwei\u00df.\nF\u00fcr die Schilddr\u00fcse ist die F\u00e4higkeit der Jodbindung im Sinne der oben definierten Umsetzung als eine charakteristische Lebenst\u00e4tigkeit nachgewiesen. Teilt sie nun diese F\u00e4higkeit mit anderen Organen oder befindet sie sich in einer besonderen Stellung dem Jod gegen\u00fcber? Wie steht es mit Jodbindung und Jodspeicherung in anderen Organen?\nZur Beantwortung dieser und \u00e4hnlicher Fragen darf man sich nat\u00fcrlich nicht mit einer Untersuchung wahllos entnommener Organe verschiedenartiger Tiere begn\u00fcgen, sondern man mu\u00df geeignete Auswahl treffen und methodische Vorbedingungen erf\u00fcllen. Eine wichtige Vorbedingung ist eine gute analytische Methode zum Nachweis kleinster Jodmengen, die m\u00f6glichste Sicherheit gegen die Vort\u00e4uschung von Spuren dieses Elements bietet. Diese Voraussetzung wird w?ie fr\u00fcher nachgewiesen, nicht erf\u00fcllt durch die Methode von Justus,-) dessen Befunde \u00fcber den Jodgehalt tierischer Organe in die Literatur \u00fcbergegangen sind. Die Art der Untersuchung w\u00fcrde aber, selbst wenn sie einwandfrei w\u00e4re,3) bestenfalls nur zu einer vorl\u00e4ufigen Orientierung dar\u00fcber f\u00fchren, ob bei einem bestimmtem\nBlum u. Vaubel. Journal f. pr. Chem. 57 [1898] 305.\n*) Virch. Arch. 170. S. \u00bb01 u. 170. S. 1.\n3) Diese Zeitschr. Bd, 85 [1913]. I. Mitteilung. S. 429.\nHoppe-Seyler\u2019s Zeitschrift f. physiol. Chemin. XCII.\n25","page":361},{"file":"p0362.txt","language":"de","ocr_de":"F. Blum und R. Gr\u00fctzner,\n362\nTier zu einem bestimmten Moment in irgend einem Organ Jod vorhanden war. Die zahlreichen Jod verteilungsversuche von pharmakologischer Seite haben gezeigt, da\u00df in einzelnen Teilen des Organismus sich nach Jodalkalizufuhr Jod l\u00e4nger nach-weisen l\u00e4\u00dft, als in anderen. Nach gen\u00fcgend langer Zeit geben aber auch diese wieder das Jod ab, soweit sie dazu die M\u00f6glichkeit haben. F\u00fcr diese Auffassung lassen sich Versuche von O. Loeb\u00bb) anf\u00fchren, bei denen ein Tier, das l\u00e4ngere Zeit nach der Jodeingabe get\u00f6tet wurde, in allen Organen gegen\u00fcber dem k\u00fcrzere Zeit danach get\u00f6teten Tier eine Abnahme des .lodgehalts zeigte, nur nicht in der Schilddr\u00fcse.\nUnterbleibt jegliche Jodzufuhr, so sind alle Organe mit Ausnahme der Schilddr\u00fcse jodfrei. Bei dem Jodgehalt mancher Nahrungsmittel aber kann das Halogen im K\u00f6rper zeitweilig vorhanden sein: dann gibt die Untersuchung der verschiedenen Organe eines Tieres ein Bild von dem augenblicklichen zuf\u00e4lligen Stand der Jodverteilung. Eine solche Tabelle kann, die Brauchbarkeit der Methode vorausgesetzt, Aufschl\u00fcsse geben dar\u00fcber, ob irgendwo eine Speicherung von Jodverbindungen stattgefunden hat. Der Nachweis ist beispielsweise sicher erbracht f\u00fcr Haare und Klauen.2) Die Arbeit von Ho-wald zeigt zugleich, da\u00df mindestens ein Teil des Jods in den Haaren sich in organischer Bindung befindet, wenn vorher eine Jodmedikation stattgefunden hat. Das Jod ist also nicht nur aufgespeichert, sondern auch uragesetzt worden. Aber diese Umsetzung entspringt sicherlich keinem speziellen Lebensproze\u00df, sondern ist hervorgerufen durch die Einwirkung der Luft und des Lichtes auf das in den unbelebten Gebilden abgelagerte .lodalkali. Es entsteht, wie in der Arzneiflasche, unter diesen Einfl\u00fcssen freies Jod und dieses setzt sich mit dem Keratin des Haares um. Die Speicherung und Umsetzung von Jod in den Haaren hat also nichts gemein mit jenem Halogenstoffwechsel, den wir oben skizziert haben. Die Haare, die Jod aufgenommen haben, besitzen keine Gelegenheit, es wieder abzugeben, wodurch sich die Speicherung erkl\u00e4rt und die\n') 1. c.\n*) Howald, Diese Zeitschr., Bd. 23 [1897], S. 209.\n","page":362},{"file":"p0363.txt","language":"de","ocr_de":"Studien zur Physiologie der Schilddr\u00fcse.\t303\nUmsetzung ist das Resultat \u00e4u\u00dferer Einfl\u00fcsse und nicht von Lebensprozessen. Lebensprozesse liegen da vor, wo ein Jod-stofTvvechsel nachweisbar ist. Hierzu gen\u00fcgt aber nicht der Nachweis einer Speicherung an einer bestimmten Stelle, sondern es ist darzutun, da\u00df mit der Speicherung auch eine Jodbindung und -Umsetzung unabh\u00e4ngig von \u00e4u\u00dferen Einfl\u00fcssen einhergeht. So l\u00e4\u00dft sich das gewisserma\u00dfen auf der Durchreise befindliche Jod von dem zagend einem Zwecke festgelegten und umgesetzten unterscheiden. Daher kommen wir zu der Forderung, da\u00df von Jodbindung, spezieller von der Bindung des Jods an organische Substanz, nur gesprochen wird, wenn eine Beimengung von anorganischem Jod in dem betreffenden Organ entweder von vornherein unm\u00f6glich gemacht oder etwa vorhandenes anorganisches Jod durch besondere Ma\u00dfregeln restlos entfernt worden ist.\n/ Fine Methodik zur Trennung von organisch gebundenem und anorganischem Jod ist also eine weitere Voraussetzung f\u00fcr die Beantwortung all dieser Fragen. Zur Trennung von Jodalkali, Jodfetten und niedrigen leichtl\u00f6slichen Spaltprodukten organischer Jodverbindungen einerseits und jodierter Eiwei\u00dfk\u00f6rper anderseits hat uns die Verwendung von Aceton als F\u00e4llungs- bezw. Extraktionsmittel beste Dienste geleistet.\nDer erste Teil der vorliegenden Arbeit befa\u00dft sich demnach mit den Methoden, die zur Trennung von anorganischem und organischem Jod, wie wir der K\u00fcrze halber sagen wollen, vorgeschlagen worden sind, und bringt Material bei zum Vergleiche dieser Verfahren mit dem von uns angewendeten Acetonverlahren. Der zweite Teil enth\u00e4lt unsere Untersuchungen verschiedener tierischer Organe auf ihren Gehalt an organisch gebundenem und anorganischem Jod.\nDie meisten Trennungsversuche beziehen sich auf die Abtrennung von Jodalkali. Es ist aber auch mit der M\u00f6glichkeit zu rechnen, da\u00df Jodide anderer Basen Vorkommen, die . von den organischen L\u00f6sungsmitteln nicht gel\u00f6st werden. Bez\u00fcglich des Alkohols macht L\u00f6b (1. c.) auf das Calcium- und Eisenjodid aufmerksam. Wir konstatierten f\u00fcr das Aceton folgendes:\n25*","page":363},{"file":"p0364.txt","language":"de","ocr_de":"m\nF. Blum und R. Gr\u00fctzner.\n\u00f6\u00b0/oige w\u00e4sserige L\u00f6sungen von CaJ2 und FeJ3 wurden selbst durch 6 Vol. Aceton nicht gef\u00e4llt.\nCaJ2 l\u00f6st sich in 80\u00b0/oigem Aceton leichtest auf; auch in reinstem Aceton ergab sich eine betr\u00e4chtliche L\u00f6slichkeit. 10 ccm Aceton nahmen 1,85 g CaJ2 auf.\nFeJ3 l\u00f6st sich betr\u00e4chtlich in 80\u00b0/oigem Aceton. Die kaltges\u00e4ttigte L\u00f6sung enth\u00e4lt etwa 0,37 g in 10 ccm. Letzteres Salz zersetzt sich ziemlich leicht unter Freiwerden von Jod. Lei der verh\u00e4ltnism\u00e4\u00dfig guten L\u00f6slichkeit auch des Eisenjod\u00fcrs in 80\u00b0/oigem Aceton ist aber die Gefahr einer Bildung organischen Jods w\u00e4hrend der Acetonextraktion sehr gering.\nF\u00fcr das Acetonverfahren bestehen hiernach keine Bedenken in der eventuellen Anwesenheit der genannten Jodide.\nA. Methodisches \u00fcber die Trennung von anorganischem und\norganischem Jod.\na) die Extraktion im Soxhletapparat.\nDie Entfernung des Jodalkalis aus Eiwei\u00dfgemengen wird von verschiedenen Autoren, besonders 0. Loeb1), bewerkstelligt \u2014 manchmal nach vorangegangener F\u00e4llung und einmaliger Extraktion mit Alkohol \u2014, indem das ganze Gemisch von Eiwei\u00dfsubstanzen z. B. Organe in feinzerteilter Form getrocknet, als Pulver abgewogen und im Soxhletschen Apparat mit Alkohol ersch\u00f6pfend extrahiert wird, d. h. so lange, bis die letzten Extrakte jodfrei erhalten werden. Das im R\u00fcckstand verbleibende Jod wird als organisch gebunden angesehen. Unsere fr\u00fcheren Erfahrungen,2) die uns gezeigt hatten, da\u00df aus Blut sich Jodkali nicht mehr vollst\u00e4ndig mit Aceton aus-ziehen lie\u00df, wenn die Substanz eingetrocknet worden war, veranla\u00dften uns, eine Nachpr\u00fcfung in dem Sinne vorzunehmen, ob wirklich mit Alkohol oder mit Aceton eine vollst\u00e4ndige Jodalkaliextraktion derartiger zur Trockne gebrachter Pulver m\u00f6glich ist. Daneben wurde mit unserer Acetontrennung ein Vergleichsversuch durchgef\u00fchrt.\n\u2022 ) L cT\n*i Vgl. II. und III. Milleiljz. dieser Zeitschrift. 1. r. sowie Bd. Ul 11011], S. 150.","page":364},{"file":"p0365.txt","language":"de","ocr_de":"Studien zur Physiologie der Schilddr\u00fcse.\n365\nAngewendet wurden 3 Proben zu 25 ccm Hanimelblut (Trockengewicht 6\u20148 g) mit einem Gehalt von je 1,18 mg .lod als Jodkali zugesetzt. 2 Proben wurden in ger\u00e4umigen Reibschalen im Trockenschrank zur Trockne gebracht und fein zerrieben: hierauf mit Alkohol bezw. Aceton angefeuchtet, nochmals zerrieben und wieder eingetrocknet. Die feine Masse wurde in Extraktionsh\u00fclsen \u00fcberf\u00fchrt und mehrere Tage die eine Probe mit Alkohol, die andere mit Aceton im Soxhlet extrahiert. Nachdem am 3. und 4. Tage jodfreie Extrakte erhalten worden waren, wurde der R\u00fcckstand zur Veraschung gebracht und auf Jod gepr\u00fcft. Er enthielt bei der Alkoholextraktion noch 0.34 mg Jod, bei der Acetonextraktion 0,78 mg Jod. Somit sind in einem Fall nahezu ein Drittel, im anderen \u00fcber die H\u00e4lfte des Jodalkalis trotz mehrt\u00e4gigen Extrahierens in dem R\u00fcckstand verblieben. Diese Mengen w\u00e4ren also f\u00fcr organisch gebundenes Jod angesehen worden. Nach unserem Acetonver-f'ahren dagegen kamen wir in viel k\u00fcrzerer Zeit zum Resultat.\nFiltrat 1,12 mg Jod statt 1,18 mg.\nAcetonextrakt 0 \u00bb\t\u00bb\nKoagulum 0 *\t\u00bb\nEin zweiter Versuch, bei dem es vermieden wurde, das Jodalkali mit dem Eiwei\u00df zusammen trocken zu erhitzen, bei dem aber ebensowenig eine v\u00f6llige Extraktion erreicht wurde, war dieser:\nZu 10 g Casein (jodfrei) wurden in der Extraktionsh\u00fclse 0,0095 g KJ = 7,3 mg Jod eingewogen und mit einem d\u00fcnnen Draht gemengt. Nach dem dritten und vierten Tage der Alkoholextraktion enthielten die Extrakte nur noch Spuren Jod. Trotzdem waren noch 5 mg Jod in dem R\u00fcckstand verblieben.\nBesonders betonen m\u00f6chten wir noch, da\u00df zur Beantwortung der Frage, ob in dem Eiwei\u00dfgemisch sich organisch gebundenes Jod befindet, es nicht gen\u00fcgend ist, wenn mit der angewandten Methode in dem einen oder anderen Versuch die Menge des zugesetzten Jodalkalis in den Extrakten scheinbar quantitativ wieder erhalten wird. Eine Methode, die an Eiwei\u00df gebundenes, umgesetztes Jod nachweisen soll, mu\u00df zugesetztes Jodalkali restlos zu entfernen gestatten und ein sicheres Kenn-","page":365},{"file":"p0366.txt","language":"de","ocr_de":"36 6\nF. Blum und R. Gr\u00fctzner.\nZeichen f\u00fcr Vollendung der Extraktion besitzen. Das Kriterium, Fehlen von Jod in den letzten Extrakten der Soxhlet-extraktion, gen\u00fcgt nicht, wie unsere Beispiele zeigen. Es muh nach Zusatz von Jodkali der ausgezogene R\u00fcckstand als jodfrei nachgewiesen werden k\u00f6nnen.\nWenn nun auch die Verwendung kleinerer Mengen von Substanz (Loeb verwendet meist 1 g Trockensubstanz) g\u00fcnstigere Resultate geben mag, so ist doch, abgesehen davon, dab die Beschr\u00e4nkung auf so kleine Mengen f\u00fcr die Beantwortung mancher Fragen eine Erschwerung bedeutet, mit Nachdruck zu betonen, da\u00df vollst\u00e4ndige Extraktionen auf Grund obiger Versuche seihst dann noch nicht gew\u00e4hrleistet sind. Und deshalb bed\u00fcrfen alle Befunde, bei denen der Eintritt von Jod in organische Bindung aus einem positiven Jodbefund im R\u00fcckstand nach Soxhletextraktion der eingetrockneten Masse erschlossen wurde, einer nochmaligen Pr\u00fcfung mit zuverl\u00e4ssigeren Verfahren.\nDie interessanten Beobachtungen von Loeb,1) der in syphilitischen Organen nach Eingabe von Jodalkali eine Speicherung von Jod in fester Bindung mit der Soxhletextraktion nachgewiesen hat, m\u00fcssen deshalb, um definitiv zu werden, einer Nachpr\u00fcfung etwa mit dem Acetonverfahren unterworfen werden. Sie sind es wohl wert wegen der Wichtigkeit und der inneren Wahrscheinlichkeit der erschlossenen Umsetzung. Es ist sehr wohl m\u00f6glich, da\u00df in syphilitischem Gewebe nach stattgehabter Jodmedikation eine Bindung des Halogens \u2014 nach unserer Terminologie sowohl Speicherung als Umsetzung \u2014 stattfindet. In einer einwandsfrei nachgewiesenen Jodumsetzung h\u00e4tten wir eine chemische Unterlage f\u00fcr die therapeutische Wirkung der Jodpr\u00e4parate bei Syphilis und au\u00dferdem einen vielleicht als Entgiftung anfzufassenden Vorgang, dessen physiologische Parallele wir in der Schilddr\u00fcse vor uns haben.\nb) Die Trennung durch Dialyse.2)\nDie Trennung von zugesetztem Jodalkali aus einer Eiwei\u00dfl\u00f6sung, z. B. Blut, durch Dialyse erfordert eine \u00e4u\u00dferst lange\nArch. f. exd. Path. u. Pharm., Bd. (59 [1912], S. 108,\n*) Vgl. hiezu Gley und Bourcet, Comptes rendus, Bd. 130 [1900]. S 172, sowie unsere V. Mitteilung, Diese Zeitschr., Bd. 91, S. 451.","page":366},{"file":"p0367.txt","language":"de","ocr_de":"Studien zur Physiologie der Schilddr\u00fcse.\t367\nZeit, um quantitativ zu sein. Man ist bei Pr\u00fcfung der Dialysate der ganzen Natur des DitTusionsvorgangs nach der M\u00f6glichkeit ausgesetzt, da\u00df die in einer bestimmten Zeit diffundierte Menge des Salzes unterhalb des Schwellenwertes der betreffenden Methode bleibt, w\u00e4hrend die Innenl\u00f6sung noch einen positiven Befund ergeben kann. Die immer geringer werdende Konzentrationsdifferenz im Innen- und Au\u00dfenwasser bewirkt, da\u00df der Ausgleich auch immer langsamer erfolgt, die Innenl\u00f6snng also noch nachweisbare Mengen enthalten kann, w\u00e4hrend die Au\u00dfenl\u00f6sung scheinbar schon v\u00f6llig frei ist.\nDie lange Dauer der vollst\u00e4ndigen Dialyse wird also stets die Anwendung dieses Verfahrens unbequem gestalten, das zudem durch die Unzuverl\u00e4ssigkeit der meisten Membranen noch weiter erschwert wird. Wir wollen die Anwendbarkeit der Dialyse zu unserem Zweck an einigen Beispielen studieren:\n20 ccm Blut -|- 1 ccm KJ-L\u00f6sung = 4,73 mg Jod wird unter Toluol in einer gro\u00dfen Diffusionsh\u00fclse gegen 80 ccm Au\u00dfenwasser dialvsiert. W\u00e4hrend 20 Stunden wurde das Au\u00dfenwasser 5 mal gewechselt. Die vereinigten Dialysate enthielten 3,56 mg Jod. Dann wurde die Innenl\u00f6sung nach dem Acetonverfahren bearbeitet und ergab im Filtrat 1,26 mg Jod Extrakt 0 \u00bb\t\u00bb\nKoagulum 0 \u00bb\t\u00bb\nNach 20 st\u00e4ndiger Dialyse war also noch etwa 1 i des zugesetzten Jodalkalis in der Eiwei\u00dfl\u00f6sung verblieben.\n50 ccm einer verd\u00fcnnten Serumglobulinl\u00f6sung wurden nach Zusatz von 1 ccm KJ-L\u00f6sung = 4,73 mg Jod in eine gro\u00dfe Dialysierh\u00fclse gebracht und im Becherglas gegen zirka 150 ccm destilliertes Wasser bei Zimmertemperatur dialysiert. Au\u00dfon-und Innenl\u00f6sung wurde mit Toluol bedeckt. Die Au\u00dfenwasser wurden \u00f6fters gewechselt und in einem Kolben zur Jodbestimmung vereinigt.\n1.\tTag (4 Dialysierw\u00e4sser) 3,78 mg Jod, letzte Probe Spur Jod\n2.\t\u00bb\t(4\t\u00bb\t0,85 \u00bb\t\u00bb\n3.\t\u00bb\t(4\t\u00bb\t0,04 \u00bb\t\u00bb\n4,07 mg Jod.\n0 Jod.","page":367},{"file":"p0368.txt","language":"de","ocr_de":"36*\nF. Blum und R. Gr\u00fctzner.\nDer Schlauchinhalt wurde gef\u00e4llt mit 4 Vol. Aceton.\nFiltrat\t0,02 mg Jod.\nExtrakt 0 \u00bb\t>\nKuagulum 0\nTotal 4.09 mg Jod. Zugesetzt 4,73 mg Jod.\nDer Versuch lehrt: Wenn es nur darauf ankommt, die Menge des Jodalkalianteils einer L\u00f6sung festzustellen, kann man sich mit einer mehrt\u00e4gigen Dialyse begn\u00fcgen, die unterbrochen wird, wenn eines der Au\u00dfenw\u00e4sser keinen Jodgehalt mehr zeigt. In unserem Fall w\u00e4re dies nach 3 t\u00e4giger Dialyse eingetreten, bei etwa 12 maligem Wechsel des Au\u00dfenwassers. Die bis dahin herausdiffundierten Quantit\u00e4ten KJ entsprechen beinahe genau der zugesetzten Menge (4,67 statt 4,73 mg). Setzt man aber jene kleinsten in der Innenl\u00f6sung zur\u00fcckgebliebenen Mengen Jods als organisch gebunden in Rechnung, so w\u00e4re das eine Fehldeutung; denn bei Anwendung der Acetontrennung finden sich diese kleinsten Mengen Jod nicht im Koagulum sondern im Filtratanteil, sind also Reste des zugesetzten Jodalkalis.\nSoviel \u00fcber die Abtrennung von beigemischtem Jodalkali aus Eiwei\u00dfl\u00f6sung mit Hilfe der Dialyse.\nBetr\u00e4chtlich ung\u00fcnstiger gestaltet sich die Sache aber, wenn eine (auch nur ganz lockere) Bindung zwischen dem Eiwei\u00df und dem Salz vorliegt. Es ist bekannt, da\u00df verschiedene Salze, S\u00e4uren und Basen mit dem Eiwei\u00df eine Art Doppelverbindung eingehen, die vielfach schon durch einfache Koagulation (durch Hitze, Alkohol oder \u00e4hnliches) zerlegt werden. Die Dialyse vermag die an sich diffundierf\u00e4higen Salze nicht vom Eiwei\u00df loszul\u00f6sen. Sie erlaubt bestenfalls die Trennung von zugesetztem Salz, das auch in keine lockere Bindung eingegangen ist. Zur Erkennung von solchem Jod aber, das an das Eiwei\u00df locker gebunden ist, ohne es substituiert zu haben, kann sie nicht Verwendung finden.\nEin Hammelschilddr\u00fcsenextrakt enthielt in 20 ccm 0,054 mg Jod in acetonl\u00f6slicher Form,\n2,63\t\u00bb\t*\t* acetonf\u00e4llbarer \u00bb\n100 ccm dieses Saftes wurden nun im Dialysierschlauch","page":368},{"file":"p0369.txt","language":"de","ocr_de":"Studien zur Physiol\u00ab\u00bbtrie der Schilddr\u00fcse. ;\t3(>9\n\\\nj\nmit Toluol gegen flie\u00dfendes Wasser angesetzt.! Nach 48 Stunden wurden 20 ccm entnommen, desgleichen najch weiteren 18 Stunden und jedesmal gleich mit Aceton gelallt. Die Untersuchung ergab:\nVersuch A.\nacetonl\u00f6slich unl\u00f6slich\n20 ccm nach 48 Stunden Dialyse\t0,038\t2,70 mg Jod.\n20 * j> 2 mal 48 Stunden Dialyse\t0,114\t2,52 *\t\u00bb\nNach l\u00e4ngerem Dialysieren hatte sich das acetonl\u00f6sliche Jod sogar vermehrt.\nBei einem anderen Versuch wurde ein Saft verwendet mit 6,42 mg Jod im Koagulum und 0,076 mg Jod im Filtrat von 20 ccm. Diese und die folgenden Analysenwerte sind Mittelwerte \u00fcbereinstimmender Doppelbestimmungen. Um zu pr\u00fcfen, ob die oben gemachte Erfahrung, da\u00df sich die Menge des Filtratjods steigerte, best\u00e4tigt w\u00fcrde, gingen wir so vor, da\u00df je 50 ccm Saft nebeneinander, die eine Portion im Dia-lysierschlauch, die andere in einem K\u00f6lbchen mit Toluol versetzt ohne Dialyse 2 Tage in flie\u00dfendem Wasser verweilten. Dann wurde gemessen und entsprechende Mengen untersucht.\nVersuch B.\nKoagulum\tFiltrai\n0,53 mg Jod\t0,045 mg Jod in dem dialysierten Saft.\n0.52 \u00bb\t\u00bb\t0,143 \u00bb\t\u00bb \u00bb \u00bb nichtdialysierten Saft.\nIn beiden Versuchen (A und B) zeigt sich nach den ersten 48 Stunden Dialyse eine Abnahme des Filtratjods gegen\u00fcber dem Ausgangssaft. Da wir das Vorhandensein von Jodidjod in solchen S\u00e4ften kennen, ist es wahrscheinlich, da\u00df das heraus diffundierte Jod dieser Kategorie angeh\u00f6rt hat.\nIn Versuch A bewirkte eine fortgesetzte Dialys\u00e9 nun nicht nur keine weitere Abnahme des Filtratjods, sondern sogar eine Zunahme. Dieser Befund wird best\u00e4tigt durch die betr\u00e4chtliche Vermehrung des Filtratjods im Versuch B, als nicht dialysiert wurde. Die n\u00e4chstliegende Erkl\u00e4rung d\u00fcrfte die sein, da\u00df durch autolytische oder bakterielle Vorg\u00e4nge, die das","page":369},{"file":"p0370.txt","language":"de","ocr_de":"370\nF. Blum und H. Gr\u00fctzner.\nToluol nicht verhindert hat, ein kleiner Teil des Jodeiwei\u00df, k\u00f6rpers unter Bildung von jodf\u00fchrenden im Aceton l\u00f6slichen Komplexen gespalten wurde. Da die Vermehrung auch im Dialysierschlauch slattfand, ist der Abbau offenbar noch nicht bis zu einer diffundierenden Abbaustufe gelangt. Vielleicht handelt es sich aber auch um locker gebundenes Jodidjod.\nWie leicht z. B. Jodwasserstoff von einer Eiwei\u00dfl\u00f6sung bei der Dialyse festgehalten werden kann, zeigte uns ein Versuch bei dem zu 100 ccm einer Serumglobulinl\u00f6sung 5 ccm einer Jodalkali enthaltenden, mit Salzs\u00e4ure versetzten L\u00f6sung zugesetzt wurden. Die Menge des Jods, das als HJ vorhanden war, betrug 3,97 mg. Die Beaktion war nach Zusatz der sauren L\u00f6sung noch nicht kongosauer. Im Dialysierschlauch wurde 20 Stunden gegen destilliertes Wasser dialvsiert und nur 0.1 mg Jod (Fresenius) im Au\u00dfenwasser erhalten. Ein zweites Dialysat (7 Stunden sp\u00e4ter) ergab noch Spuren Jod. Vergleicht man dies Ergebnis mit unseren Dialysierversuchen mit zugesetztem Jodalkali, wo in 10 Stunden etwa 3 Viertel des Jods im Au\u00dfenw'asser erschienen waren, so zeigt sich aufs deutlichste der starke Ein\u00dfu\u00df, den schon eine so lockere Bindung, wie es die Acidalbuminbindung ist, auf die Dialyse aus\u00fcbt.\nDurch die Dialyse kann also das umgesetzte echte organische Jod und das locker gebundene nicht unterschieden werden.\nWenn man sich nun noch klar macht, da\u00df auch sehr wohl jodhaltige Eiwei\u00dfspaltlinge in einer L\u00f6sung vorliegen k\u00f6nnen, die durch die Dialysiermembran hindurchgehen, so wird man zu der Folgerung gedr\u00e4ngt, da\u00df das Dialysierver-fahren zur Entscheidung der Frage, ob organisches oder anorganisches Jod vorliegt, wenig geeignet ist.\nc) Die Trennung durch Verfl\u00fcchtigen des Jods.\n\\\\ interstein und Herzfeld1) haben eine Methode angegeben, bei der die Bestimmung des Jods darauf beruht,\nltiese Zeitschr., Bd. 63, S. 49 (1909).","page":370},{"file":"p0371.txt","language":"de","ocr_de":"Studien zur Physiologie der Schilddr\u00fcse.\tB71\nda\u00df es m\u00f6glich ist, aus einer phosphorsauren jodidhaltigen L\u00f6sung nach Zusatz von H202 das freigewordene Jod mit einem Luftstrom vollst\u00e4ndig in eine mit Jodkalil\u00f6sung beschickte Vorlage \u00fcberzutreiben, wo es daun titrimetisch bestimmt werden kann. Voraussetzung der Methode ist, wie von den Autoren betont wird, die Abwesenheit von Substanzen, die in der sauren L\u00f6sung mit dem freiwerdenden Jod eine Verbindung eingehen k\u00f6nnen. Die Autoren haben z. B. bei Urin nachgewiesen, da\u00df die direkte Bestimmung viel zu wenig Jod liefert, w\u00e4hrend die nach dem Veraschen des Urins aus-gel'\u00fchrte Analyse richtige Werte ergab. Der Grund daf\u00fcr ist die Anwesenheit jodbindender organischer Substanzen im Urin, die erst durch die Veraschung zerst\u00f6rt werden. Es ist dies eine Erscheinung, die jedermann aulT\u00e4llt, wenn er kleine Jodalkalimengen, die einem Urin zugesetzt sind, direkt durch Aussch\u00fctteln der mit Schwefels\u00e4ure und Nitrit versetzten L\u00f6sung nachweisen will.1) Es treten bemerkenswerte Jodverluste auf. Das wird f\u00fcr die Bestimmung nach Fresenius, \u2014 Titration des ausgesch\u00fcttelten Jods \u2014 in der genannten Arbeit ebenfalls konstatiert.\nIn einer Arbeit aus dem Jahre 1912 besch\u00e4ftigen sich nun Herzfeld und Makler2) mit der Frage, ob Jod im Organismus abgespalten werden mu\u00df, um sich mit einem organischen Rest zu vereinigen. Sie verneinen diese Frage im Gegensatz zu der von Ehrlich3) ausgesprochenen Anschauung und halten durch dort mitgeteilte Versuche die direkte Umsetzung von Jodalkali bezw. Jodionen zu organisch gebundenem Jod (Jodeiwei\u00df) f\u00fcr nachgewiesen und zwar ist es der Speichel, dem sie diese F\u00e4higkeit zuschreihen. Die Versuchsanordnung war folgende : 10 ccm Speichel (alkalisch) kamen mit 1 ccm n/io-KJ-L\u00f6sung versetzt in den Brutschrank (2 Stunden). Dann wurde in der einen H\u00e4lfte nach Winterstein und Herzfeld\n\u2018) Hierauf weist z. B. auch Boruttau hin, Zeitsc.hr. exp. Path. ii. Therap., Bd. 8 [1911], S. 427. Eine der ersten diesbez\u00fcglichen Angaben d\u00fcrfte die von Blum sein. M\u00fcnch. Med. Wochenschr. 1898]. Nr. 89.\n*) Med. Klinik 1912, Bd. 8, Nr. 85, S. 1428.\n3) P. Ehrlich. Nobelvortrag. Stockholm.","page":371},{"file":"p0372.txt","language":"de","ocr_de":"372\nF. Blum und R. Gr\u00fctzner\ndurch Verfl\u00fcchtigen, in der anderen nach Fresenius durch Aussch\u00fctteln und Titrieren das Jod bestimmt. Beide Male wurden ca. 17\u00b0/o nicht zur\u00fcckerhalten. Diese waren in den betreffenden R\u00fcckst\u00e4nden verblieben, aus denen sie erst nach dem V eraschen erhalten wurden. Bei Betrachtung der Versuchs-anordnung mu\u00df aber sofort aufTallen, da\u00df gegen die obengenannte Grundbedingung der Verwendbarkeit der Methode versto\u00dfen wurde, denn in einer organische Substanz reichlich enthaltenden L\u00f6sung wurde einmal mit Superoxyd, das andere Mal mit salpetriger S\u00e4ure Jod freigemacht. Dabei mu\u00dfte ein Teil des Jods in statu nascendi nat\u00fcrlich in feste organische Bindung eintreten und lie\u00df sich dann weder \u00fcbertreiben noch aussch\u00fctteln, sondern konnte erst im veraschten R\u00fcckstand nachgewiesen werden. Die nachgewiesene Bildung von organisch gebundenem Jod erfolgte also aus dem von den Autoren frei gemachten Jod beim Zusammentreffen mit der organischen Substanz, je nach dem Jodbindungsverm\u00f6gen der letzteren und der Einwirkungsdauer in verschiedenem Ma\u00dfe.\nWir haben der prinzipiellen Wichtigkeit der Frage wegen gepr\u00fcft, erstens ob die F\u00e4higkeit freies Jod und nicht Jodkali zu Jodeiwei\u00df oder \u00e4hnlichen Substanzen zu binden, dem Speichel \u00fcberhaupt zukommt und ob allgemein diese Bindung in eiwei\u00dfhaltigen L\u00f6sungen sich schon bei kurzem Stehen mit freiem Jod zusammen konstatieren l\u00e4\u00dft, und zweitens, ob die Entstehung organischen Jods beim Behandeln von Speichel mit Jodalkali bei Bruttemperatur mit einem einwandsfreien Verfahren best\u00e4tigt werden konnte.\nDa\u00df freies Jod in Medien, die organische Substanzen enthalten, unter verschiedenen Bedingungen, die z. T. den von Herzfeld und Makler ange wendeten \u00e4hnlich sind, gebunden wird, zeigten uns einige Versuche:\n20 ccm Serumglobulinl\u00f6sung mit Jodkalil\u00f6sung (= 4,73 mg Jod) versetzt, kamen nach Zusatz von 15 ccm H,0, und 5 ccm Phosphors\u00e4ure (Ph. G. V) und einer Spur Chloroform 2 Stunden in den Brutschrank. Mit Soda wurde neutralisiert und mit l\u00f6O ccm Aceton ausgef\u00e4llt. Es enthielten nun das Filtrat 1,52 mg Jod.","page":372},{"file":"p0373.txt","language":"de","ocr_de":"Studien zur Physiologie der Schilddr\u00fcse.\t373\nDie 4 Acetonextrakte 0,15\u20140,10\u20140,06\u20140 mg Jod, das Koagulum 2,86 mg Jod : zusammen wiedergefunden 4,69 mg Jod. Angewendet 4,73 mg Jod. Es hatte sich demnach mehr als die H\u00e4lfte des Jods in der Zeit der Einwirkung mit dem Eiwei\u00df umgesetzt.\nEin zweiter Versuch zeigte, da\u00df von 15 ccm Eiereiwei\u00dfl\u00f6sung (1:1) unter \u00e4hnlichen Bedingungen (1 ccm KJ-Esg. = 4,73 mg Jod, 5 ccm H3P04, 20 ccm H202), w\u00e4hrend 20 Minuten immerhin schon 0,28 mg Jod organisch gebunden wurden. Der Rest fand sich im Filtrat.\nEin dritter Versuch sollte den Einflu\u00df der Wasserbadtemperatur zeigen und \u00e4hnelt am meisten den Arbeitsbedingungen von Herzfeld und Makler. 10 ccm Speichel mit der gleichen Menge Wasser und mit 1 ccm KJ-L\u00f6sung (l = 4,73 mg J.) versetzt, erhielten einen Zusatz von 20 ccm H.,02 und 5 ccm Phosphors\u00e4ure (1 : 4). Die L\u00f6sung f\u00e4rbt sich sofort gelb und wird 6 Minuten aufs siedende Wasserbad gesetzt. Es entweichen Jodd\u00e4mpfe und die L\u00f6sung nimmt eine hellere Farbe an. Sofort nach dem Abk\u00fchlen wird mit Aceton gef\u00e4llt und in den einzelnen Fraktionen das Jod bestimmt. Es enthielt das Filtrat 2,4 mg, das Extrakt 0, das Koagulum 1,06 : zusammen 3,46 nig statt 4,73 mg Jod. Die fehlenden 1,27 mg Jod waren heim Erhitzen entwichen. Die 1,06 mg im Koagulum haben sich w\u00e4hrend des kurzdauernden Erhitzens in dem eiwei\u00dfhaltigen Medium fest verankert. Eine Einwirkung von KJ auf den Speichel im Brutschrank im Sinne der genannten Autoren hatte aber nicht stattgefunden; denn ohne II20.2 war jene Jodbindung nicht aufgetreten.\nDa\u00df der Speichel die behauptete eigent\u00fcmliche F\u00e4higkeit habe, Jod aus Jodid freizumachen und anzulagern, war nach diesen Befunden unwahrscheinlich, schien aber doch einer speziellen Nachpr\u00fcfung wert, da der prinzipielle Fehler in den genannten Untersuchungen erkannt und seine Vermeidung leicht m\u00f6glich war.\nSchon ein Vorversuch ergab, da\u00df bei 3 st\u00e4ndigem Verweilen von frischem Speichel mit KJ-L\u00f6sung im Brutschrank das erhaltene Acetonkoagulum jodfrei war. Nunmehr wurden","page":373},{"file":"p0374.txt","language":"de","ocr_de":"F. Blum und R. Gr\u00fctzner.\n37*\nIG ccm Speichel mit 1 ccm KJ-L\u00f6sung 5 Stunden bebr\u00fctet und dann die Acetonf\u00e4llung und Aufarbeitung durchgef\u00fchrt wie \u00fcblich. Auf Grund der Erfahrung, da\u00df die Niederschl\u00e4ge sehr schwer quantitativ extrahierbar sind, wurden noch mehrfach Acetonextrakte gepr\u00fcft, bis der letzte jodfrei war.\nEs enthielten: Filtrat 4,66 mg Jod.\nExtrakte 0,07\u20140,03\u20140 mg Jod.\nKoagulum 0 mg Jod.\n4.76 mg Jod statt 4,73 mg Jod.\nDas Ergebnis ist: Der Speichel hat das zugesetzte Jod-alkali unver\u00e4ndert gelassen, wie dies fr\u00fcher schon bei Blut \u00f6fters konstatiert worden war.\nIn derselben Weise verlief auch ein Versuch mit Serumglobulinl\u00f6sung, der als Parallelversuch zu dem oben beschriebenen durchgef\u00fchrt wurde. 20 ccm Serumglobulinl\u00f6sung mit\n1\tccm K.I-Lsg. (= 4,73 mg J.) und 20 ccm H20 versetzt kamen\n2\tStunden in den Brutschrank. Die Aufarbeitung nach dem Acetonextraktionsverfahren ergab\nim Filtrat\t4,55\tmg ,1.\nin den Extrakten 0,25\u20140,05\u20140 *\t\u00bb\nim Koagulum 0\t> \u00bb\nEs resultiert aus allen diesen Versuchen, da\u00df der Speichel ebensowenig wie das Blut von sich aus eine spezifische Jodumsetzung bet\u00e4tigt. Freigemachtem Jod gegen\u00fcber verh\u00e4lt er sich als Jodf\u00e4nger wie auch zahlreiche andere Substanzen z. B. Blut. Urin, Gewebss\u00e4fte und Eiwei\u00dfl\u00f6sungen.\nZusammenfassend seien zum Schlu\u00df die Bedingungen wiederholt, die zur Trennung von Jodalkali und Jodeiwei\u00df erf\u00fcllt werden m\u00fcssen.\n1.\tJede Extraktion von Salzen aus Eiwei\u00dfk\u00f6rpern erfolgt quantitativ nur solange die Substanz feinst verteilt und f\u00fcr das Extraktionsmittel ganz durchdringlich ist. Diese Eigenschaft geht aber beim Trocknen verloren.\n2.\tDie Dialyse erweist sich zur Trennung ungeeignet, weil sie zu lange Zeit in Anspruch nimmt und f\u00fcr eine v\u00f6llige Entfernung der letzten Spuren Jod ein Kriterium fehlt. Bei vor-","page":374},{"file":"p0375.txt","language":"de","ocr_de":"Studien zur Physiologie der Schilddr\u00fcse.\n375\nliegender Adsorption und Doppelbindung, die nat\u00fcrlich nicht unter den Begriff der Umsetzung und organischen Bindung f\u00fcllt, erm\u00f6glicht sie die erforderliche Trennung nicht.\n3. W\u00e4hrend aller zum Zweck der Trennung vorgenommenen Manipulationen mu\u00df unbedingt vermieden werden, da\u00df in irgend einem Moment elementares Jod Gelegenheit bekommt, mit organischer Substanz eine Umsetzung einzugehen.\n*\t* i\nB. Existiert ein normaler Jodgehalt in anderen Organen als in der\nSchilddr\u00fcse?\nAus den Betrachtungen und Versuchen des ersten Abschnitts geht hervor, da\u00df die Diagnose einer Jodumsetzung nicht leicht einwandsfrei zu stellen ist. Um nicht fehlzugehen, wird man sich alle M\u00f6glichkeiten von Irrtiimern bei der Beurteilung der in der Literatur vorliegenden Angaben vor Augen halten m\u00fcssen.\nDie meisten Versuche, Jod in Organen nachzuweisen, sind, soweit die Organe ohne vorherige Trennungsversuche im ganzen verbrannt wurden, nur als vorl\u00e4ufig orientierende anzusehen und positive Jodbefunde d\u00fcrfen nur zur Konstatierung einer Speicherung dienen. Eine Eingliederung in den Zellbestand eines Organs, so wie sie bei der Schilddr\u00fcse durch Bildung des typischen Jodeiwei\u00dfk\u00f6rpers mittels chemischer Umsetzung stattfindet, ist f\u00fcr ein anderes Organ noch nicht erwiesen worden. Wie ein Jodgehalt der Haare und Klauen nach Jodzufuhr aufzufassen ist, dar\u00fcber haben wir uns oben ge\u00e4u\u00dfert. Wenn auch in diesem Falle, wie aus den Angaben von Howald hervorgeht, eine organische Bindung des Jods eingetreten ist. so bedeutet das noch nicht den Nachweis einer charakteristischen Lebenst\u00e4tigkeit; vielmehr erscheint die Umsetzung in diesen Gebilden, denen die M\u00f6glichkeit fehlt, das einmal aufgenommene Jod wieder abzugeben, unter dem Einflu\u00df von Licht und Luft das Wahrscheinlichste.\nDie Angaben von Justus, der die Auffassung vom physiologischen Jodgehalt der Zelle vertritt, sind nach dem Nachweis der Unzul\u00e4nglichkeit seiner Methodik nicht l\u00e4nger zu halten.","page":375},{"file":"p0376.txt","language":"de","ocr_de":"376\nF. Blum und B. Gr\u00fctzner,\na) Findet sich organisch gebundenes Jod in den Lymph-\ndr\u00fcsen des Stromgebiets der Thyreoidea?\nDer Weg, den ein Sekret der Schilddr\u00fcse nehmen k\u00f6nnte, braucht nicht direkt ins Blut zu gehen, sondern k\u00f6nnte auch \u00fcber die Lymphbahnen f\u00fchren. Gewisse mikroskopische Beobachtungen1) an Schnitten durch die Schilddr\u00fcse schienen f\u00fcr einen \u00dcbergang von Schilddr\u00fcsenkolloid in die Lymph-wege zu sprechen. Wenn die Anschauung, da\u00df der Jodeiwei\u00dfk\u00f6rper der Schilddr\u00fcse das sezernierte, wirksame Agens sei und auf diesem Wege in den Organismus gelange, zutreffend sein soll, so m\u00fc\u00dfte sich in den zugeh\u00f6rigen Lymphdr\u00fcsen, den ersten Stationen auf dem Wege ins Blut, dieser Jodeiwei\u00dfk\u00f6rper, kenntlich an dem Jodanteil, auflinden lassen.\nDieser \u00dcberlegung zufolge hat der eine von uns (Blum)2) schon fr\u00fcher die entnommene Lymphe in Mengen bis \u00fcber 100 ccm untersucht und jodfrei befunden. Auch gesammelte Lymphdr\u00fcsen der Schilddr\u00fcsengegend erwiesen sich als frei von Jod. Der gegen diese Versuche erhobene Einwand,3) die Menge der Lymphe sei eben zu gering gewesen, erscheint nicht stichhaltig, wenn man sich klar macht, da\u00df der Lymph-strom weder nach der Gesamtmenge Lymphe, die er bef\u00f6rdert, noch nach seiner Str\u00f6mungsgeschwindigkeit mit dem Blutstrom zu vergleichen ist. Eine Menge von 100 ccm Lymphe ist also eine sehr betr\u00e4chtliche, die wohl Schl\u00fcsse erlauben mu\u00dfte, selbst wenn man sie nur als Anteil der Gesamtlymphe und nicht haupts\u00e4chlich der Thyreoidallymphe ansieht.\nDie beachtenswerte Arbeit von Carlson und Woelfel hat zudem neuerlich wieder den Beweis erbracht, da\u00df die Lymphe absolut jodfrei ist und auch die vielfach als empfindlichste Probe auf Schilddr\u00fcsensubstanz angesehene Reid Huntsche Acetonitrilreaktion nicht gibt.\nWir haben unser Material bei der Wichtigkeit der Frage ebenfalls zur Kl\u00e4rung der Verh\u00e4ltnisse ausnutzen wollen und\n') H\u00fcrthlc, Pfl\u00fcgers Archiv, Bd. \u00f6\u00df [1894], S. 1.\n3) Blum, Virchows Archiv [1899], Bd. 158, S. 509.\n'\u2022') Biedl. Innere Sekretion. Wien [1913].","page":376},{"file":"p0377.txt","language":"de","ocr_de":"Studien zur Physiologie der Schilddr\u00fcse.\t377\nhaben gro\u00dfe Mengen von Lymphdr\u00fcsen des Stromgebietes der Thyreoidea, die von geeigneten Tieren erhalten waren, in Aceton gesammelt. Nach dem Zerkleinern wurde in \u00fcblicher Weise Acetonfiltrat, Extrakt und Koagulum untersucht. Das Ergebnis best\u00e4tigte die oben genannten Versuche von Blum.\nDie Lymphdr\u00fcsen der Schilddr\u00fcsengegend wurden bei 2 Pferden m\u00f6glichst vollst\u00e4ndig herauspr\u00e4pariert und nach obertl\u00e4chlichem Absp\u00fclen mit Wasser in 80\u00b0/o Aceton eingeschnitten. Es wurde dreimal mit Aceton ausgekocht, hei\u00df filtriert und Filtrat wie R\u00fcckstand auf Jod gepr\u00fcft. Filtrat = 0, R\u00fcckstand = 0.\nDie entsprechenden Lymphdr\u00fcsen von 5 Hunden, ausgekocht mit Aceton, wurden verascht. R\u00fcckstand Jod = 0.\nDie Lymphdr\u00fcsen von 2 Hunden in toto verascht ergaben Jod = 0.\nEine gro\u00dfe Menge Lymphdr\u00fcsen von Hunden, in Aceton auf be wahrt, wurde angesammelt und die R\u00fcckst\u00e4nde auf Jod untersucht. Jodgehalt = 0.\nb) Untersuchung von Organen normaler Tiere.\nZun\u00e4chst beschr\u00e4nkten wir uns auf Organe wie Leber, Niere, Milz, Herz und Lunge. Die sogenannten Blutdr\u00fcsen haben wir bisher noch nicht untersucht. Wir m\u00f6chten nur daran erinnern, da\u00df bei normalen Individuen die Hypophysen von Wells,1) die Ovarien von Zoeppritz*) als jodfrei befunden wurden.\nUnsere Versuche zeigten, da\u00df organisches Jod in den untersuchten Organen nicht vorhanden war. Anorganisches Jod in kleinsten Mengen, das ins Acetonfiltrat \u00fcberging, fand sich gelegentlich. W\u00fcrde die Trennung nicht vorgenommen, so f\u00e4nde sich dieses Jod nach Veraschung des ganzen Organs und f\u00fchrte leicht zu falschen Schl\u00fcssen. Danach sind jene Angaben in der Litteratur zu beurteilen, nach denen ein Jodgehalt tierischer Organe dazu benutzt wurde, die Sekretion\n') G. Wells, Journ. biol. Chem., Bd. 7, S. 25!).\n*) Zoeppritz, M\u00fcnch. Med. Wochensehr., Bd. 50 [1012], S. 1H0H.\nlloppe-Seyler\u2019s Zeitschrift f. physiol. Chemie. XOII.\t2U","page":377},{"file":"p0378.txt","language":"de","ocr_de":"378\nF. Blum und R. Gr\u00fctzner,\neines Jodeiwei\u00dfk\u00f6rpers der Thyreoidea wahrscheinlich zu machen. Unsere Kritik richtet sich also nicht allein gegen die Methodik des Jodnachweises, die ein Vorhandensein des Halogens vort\u00e4uschte, sondern auch gegen die ganze Beweisf\u00fchrung als solche. Der Jodgehalt der Organe au\u00dfer der Schilddr\u00fcse ist nach unserer Auffassung kein gesetz- und regelm\u00e4\u00dfiger, sondern ein zuf\u00e4lliger und nicht spezifischer. Erst der Nachweis organischen, an Eiwei\u00df gebundenen Jods w\u00fcrde Schl\u00fcsse auf die Beziehungen des betreffenden Organs zur Schilddr\u00fcse oder Vergleiche der Funktionen beider gestatten. In unseren Analysen von Organen normaler Tiere fand sich kein Anhalt f\u00fcr das Vorhandensein an Eiwei\u00df gebundenen Jods, wie es im Gegensatz dazu der Schilddr\u00fcse zukommt.\nIm Folgenden seien die Resultate zusammengefa\u00dft.\nHund 166 normal. Kost: beliebig.\nUntersuchung der Organe: Leber Filtrat Spur Koag. 0\nLunge\t\u2014\t0\t\u2014\t0\nNiere\t\u2014\t0\t\u2014\t0\nHerz\t\u2014\t0\t\u2014\t0\nHund 225 normal. Fr\u00fcher KJ-Gaben; dann lange J-frei ern\u00e4hrt. Leber\tFiltrat\t0\tKoag.\t0\nNiere\t\u2014\t0\t\u2014\t0\nMilz\t\u2014\t0\t\u2014\t0\nHund 214 normal. Fr\u00fcher KJ-Gaben; dann lange J-frei ern\u00e4hrt. Leber\tFiltrat\t0\tKoag.\t0\nNiere\t\u2014\t0\t\u2014\t0\nHerz\t\u2014\t0\t\u2014\t0\nMilz\t\u2014\t0\t\u2014\t0\nHund K. Wegen Krankheit get\u00f6tet. F\u00fctterung mit Hundekuchen. Leber Filtrat Spur Extrakt 0 K 0 Niere\t\u2014\t0\t\u2014\t\u2014\t0\nMilz\t\u2014\t0\t\u2014\t\u2014\t0\nHerz\t\u2014\t0\t\u2014\t\u2014\t0\nHammel. Leber Filtrat 0,02 EO Koag. 0\nMilz\t\u2014 0\t\u2014 0\nNiere\t\u2014 Spur\t\u2014 Spur\nHammel. Niere. 2)\t0\t>\n3)\t0\n4)\t0\n5)\t0\t*","page":378},{"file":"p0379.txt","language":"de","ocr_de":"Studien zur Physiologie der Schilddr\u00fcse.\n371)\n6)\t0 EESp.EEOKg.O\n7)\t0 EEO Kg. Spur\nEE = Extraktion mit Essigs\u00e4ure und Natriumsulfat in der Hitze.\nAu\u00dferdem ergaben einige Versuche mit Pre\u00dfs\u00e4ften und zerhackten Organen, die f\u00fcr andere Zwecke ben\u00f6tigt wurden, das Freisein von Jod.\nDie in der Tabelle erw\u00e4hnten Befunde an Hammelnieren sind sehr auffallend gegen\u00fcber den durchaus negativen Jodbefunden an anderen Organen des Hammels und an den Nieren aller anderen Tiere. Eine Erkl\u00e4rung kann noch nicht gegeben werden. Die M\u00f6glichkeit liegt immerhin vor, da\u00df durchpassierendes Jodalkali in der Niere Jodwasserstoff bildet, der dann entweder als solcher oder nach partieller Oxydation mit dem Eiwei\u00df in Verbindung tritt. Eine Regelm\u00e4\u00dfigkeit besteht aber offenbar nicht. Wenn eine Jodwasserstoffdoppelverbindung mit Eiwei\u00df vorliegt, wird allerdings die Acetontrennung allein nicht gen\u00fcgen. Das ist auch der Grund, weshalb wir in zweifelhaften F\u00e4llen noch! eine Extraktion mit Essigs\u00e4ure-Natriumsulfat in der Hitze vor der Veraschung des Koagulums einschalteten.\nc) Findet sich organisch gebundenes Jod nach Jodalkalieingabe auch au\u00dferhalb der Schilddr\u00fcse?\nOrganisch gebundenes Jod k\u00f6nnte sich in einem Organ linden, wenn es von der Schilddr\u00fcse aus als Jodeiwei\u00dfk\u00f6rper sezerniert in dem betreffenden Organ gerade abgefa\u00dft w\u00fcrde. Das entspricht dem Befund von organischem Jod in verschiedenen Teilen des Organismus nach Einspritzung von Schilddr\u00fcsensaft. Es k\u00f6nnte aber auch durch einen gleichen Vorgang wie in der Schilddr\u00fcse in einem anderen Organ aus anorganischem Jod gebildet worden sein.\nBeide Annahmen finden sich meist ungen\u00fcgend auseinandergehalten in der Literatur vor. Die erste Annahme ist durch die Untersuchungen des Blutes1) und der normalen Organe (s. oben) widerlegt. Die zweite M\u00f6glichkeit ist zwar schon durch die obigen Versuche unwahrscheinlich gemacht, m\u00f6ge aber noch einer besonderen Pr\u00fcfung unterzogen werden.\n*) Unsere Mitteilung, 1. c.\n26*","page":379},{"file":"p0380.txt","language":"de","ocr_de":"F. Blum und B. Gr\u00fctzner,\n380\nGegen\u00fcber dem eben ausgesprochenen Satz, da\u00df normale Tiere in den verschiedensten Organen kein organisches Jod enthalten, k\u00f6nnte der Einwand gemacht werden, da\u00df die dem Organismus zur Verf\u00fcgung stellende Jodmenge \u00fcberhaupt zu klein gewesen sei und da\u00df das organisch gebundene Jod der betreffenden Organe sich deshalb dem Nachweis entzogen habe. Die Stichhaltigkeit dieses Einwands mu\u00dfte gepr\u00fcft werden: Wenn wirklich andere Organe imstande sind, Jod in Form von Jodeiwei\u00df in sich aufzuspeichern, wie das die Schilddr\u00fcse tut, wenn also der Unterschied von der Schilddr\u00fcse nur ein quantitativer, kein qualitativer w\u00e4re, so m\u00fc\u00dfte es m\u00f6glich sein, bei lieren, die. gro\u00dfe Quantit\u00e4ten Jod als Jodalkali l\u00e4ngere Zeit zugef\u00fchrt erhielten, eine Anreicherung der Jodeiwei\u00dfsubstanz in den Organen zu erzielen, die den Betrag des organisch gebundenen Jods in den Bereich der Me\u00dfbarkeit r\u00fcckte. Es mu\u00dfte also die F\u00e4higkeit der Schilddr\u00fcse, Jod in organischer Form zu binden und zu speichern, auch bei anderen Organen, wenn auch abgeschw\u00e4cht, wiedergef\u00fcnden werden; es m\u00fc\u00dfte also organisches Jod nach Zuf\u00fchrung von Jodalkali w\u00e4hrend einiger Zeit bei Untersuchung der Organe gefunden werden. Nat\u00fcrlich dar! kein Schilddr\u00fcsen- oder anderes Jodeiwei\u00df gereicht werden, da dieses in den Organen unver\u00e4ndert sich ablagern k\u00f6nnte. Zur Pr\u00fcfung der Analogie mit der Schilddr\u00fcse mu\u00dfte deshalb Jodkali gegeben werden. Nat\u00fcrlich hat man bei der Bearbeitung des Materials hier mit besonders gro\u00dfer Sorgfalt die Trennung durchzuf\u00fchren, da das Blut in diesem Fall stets anorganisches Jod enth\u00e4lt.\nDie definitive Entscheidung der Frage kann erst durch mehrere Versuche und durch Untersuchung nahezu aller Organe gebracht werden. Der folgende Versuch geh\u00f6rt hierher:\nHund 320 bekam nach Exstirpation der linken Schilddr\u00fcse t\u00e4glich 0,1 g NaJ per os w\u00e4hrend 10 Tagen. Das Tier ging am dritten Tag nach Exstirpation der zweiten Schilddr\u00fcse ein. Die Organe wurden zerkleinert, in Aceton eingelegt und erst mit Aceton extrahiert. Es folgte hierauf mit R\u00fccksicht auf die oben genannten Beobachtungen eine Extraktion mit Essigs\u00e4ure-Natriumsulfatl\u00f6sung in der Hitze. Erst wenn diese kein Jod","page":380},{"file":"p0381.txt","language":"de","ocr_de":"Studien zur Physiologie der Schilddr\u00fcse.\t381\nmehr ergab, wurde das Koagulum verascht. Das Resultat zeigt die folgende Tabelle:\nOrgane\tAcetonfiltrat !\tAceton- extrakt\tKssigs\u00e4ure-, extrakt\tKoagulum\nLeber\t0,23\t0,08/0,05\t0,040\to\nNieren\t0.06\t0\t0\t\u2022 0\nHuden\t0,02\t0\t0\t0\nMilz\t0.05\tSpur\tl\u00bb\t0\nZu diesen Befunden stimmt die Angabe von L. Adler und L. Czapski1) in einer j\u00fcngst erschienenen Arbeit, die bei Kaninchen nach KJ-Injektionen in Hoden, Leber und Muskeln sowie im Blut kein organisches Jod nachweisen konnten, sondern alles Jod in Jodidform fanden.\nAuch die Untersuchungen an den Organen der oben erw\u00e4hnten Tiere 214 und 225 die einige Zeit Jodalkali erhalten hatten und dann J-frei ern\u00e4hrt worden waren, zeigen, da\u00df kein organisch gebundenes Jod irgendwo entstanden war. W\u00e4hrend es dort schon wieder h\u00e4tte eliminiert sein k\u00f6nnen, ist das bei Hund 320 sehr unwahrscheinlich, da der ganze Organismus noch sehr jodreich war. Die bisherigen Versuche haben also keinen Anhaltspunkt f\u00fcr die Annahme ergeben, da\u00df in anderen Organen als der Schilddr\u00fcse Jodeiwei\u00df gebildet werden k\u00f6nnte.\nZusammenfassung.\n1.\tJodumsetzung und Jodspeicherung sind scharf aus-einanderzuhaltende Begriffe.\n2.\tZur Beurteilung, ob eine Jodumsetzung oder eine Jodspeicherung vorliegt, bedarf es besonderer Trennungsverfahren.\n3.\tDie Schilddr\u00fcse setzt Jod um und speichert es.\n4.\tEine regelm\u00e4\u00dfige Jodspeicherung oder eine solche auf\nlange Zeitl\u00e4ufte findet nirgends sonst im Organismus der h\u00f6heren Tiere statt.\t;\nBiochem. Zeitschrift [1914!. Bd. 65. S. 117.","page":381},{"file":"p0382.txt","language":"de","ocr_de":"382 F. Blum u. R. Gr\u00fctzner, Studien zur Physiologie der Schilddr\u00fcse.\n\u00f6. Die zum Stromgebiet der Thyreoidea geh\u00f6rigen Lymph-dr\u00fcsen waren stets frei von Jod.\n6.\tAndere untersuchten Organe normaler Tiere enthielten in einigen F\u00e4llen, aber unregelm\u00e4\u00dfig anorganisches, offenbar aus der Nahrung stammendes Jod, aber kein organisch gebundenes Jod.\n7.\tNach Zufuhr von Jodalkali lie\u00df sich Bildung von Jodeiwei\u00df au\u00dferhalb der Thyreoidea nicht nachweisen. Hier aber entsteht das Jodeiwei\u00df durch eine spezifische Organt\u00e4tigkeit.","page":382}],"identifier":"lit37612","issued":"1914","language":"de","pages":"360-382","startpages":"360","title":"Studien zur Physiologie der Schilddr\u00fcse. VI. Mitteilung. Jodspeicherung und Jodbindung im Organismus","type":"Journal Article","volume":"92"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:45:01.392438+00:00"}