Open Access
{"created":"2022-01-31T16:02:07.424646+00:00","id":"lit37661","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Abderhalden, Emil","role":"author"},{"name":"Fernand Malengreau","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 48: 513-518","fulltext":[{"file":"p0513.txt","language":"de","ocr_de":"Die Monoaminos\u00e4uren des Glutens.\nVon\nEmil Abderhalden und Fernand Malengreau\n(Aus dem I. chemischen Institute der Universit\u00e4t Berlin,) (Der Redaktion zugegangen am 24. Juli 1906.)\nDer Weizenkleber enth\u00e4lt bekanntlich in Alkohol l\u00f6sliche und unl\u00f6sliche Eiwei\u00dfarten, von denen die letzteren unter dem Namen Glutencasein oder wohl besser, um die irref\u00fchrende Bezeichnung Casein zu umgehen, Gluten zusammengefa\u00dft werden. Vorl\u00e4ufig besitzen wir keine Kennzeichen, welche es uns erm\u00f6glichen, die Frage zu entscheiden, ob das Gluten im gew\u00f6hnlichen Sinn als einheitliches Protein aufzufassen ist, oder ob es vielmehr ein Gemisch von vielleicht ganz verschiedenartigen Eiwei\u00dfsubstanzen darstellt,. Diese Er\u00f6rterung ist ausnahmslos bei allen bis jetzt untersuchten Proteinen angebracht, und wir heben diese Unsicherheit immer wieder hervor, um den Eindruck zu vermeiden, als ob wir glaubten, chemisch einheitliche K\u00f6rper zu unseren Untersuchungen vor uns zu haben. Selbstverst\u00e4ndlich haben wir uns \u00fcberzeugt, da\u00df die untersuchten Eiwei\u00dfarten nach ein und derselben Darstellung stets ganz \u00e4hnliche und zum Teil fast identische Resultate bei der Aufspaltung mit S\u00e4uren gaben, so da\u00df wir nach den bis jetzt allgemein \u00fcblichen Begriffen ein \u00abeinheitliches\u00bb Produkt vor uns hatten. Unsere Untersuchungen haben mehr biologisches Interesse, indem sie zeigen sollen, in welchem Verh\u00e4ltnis die verschiedenartigen Proteine zu einander stehen. Erst bei einer sehr gro\u00dfen Zahl von Untersuchungen wird es m\u00f6glich sein, neue Gesichtspunkte zu gewinnen. Wir hoffen jedoch auch, von diesen nach einem einheitlichen Plane ausgearbeiteten Untersuchungen aus, die manche Beobachtungen in sich schlie\u00dfen, deren Mitteilung aus Mangel an gen\u00fcgend scharfen Beweisen wir f\u00fcr","page":513},{"file":"p0514.txt","language":"de","ocr_de":"514\nEmil Abderhalden und Fernand Malengreau,\nnoch unangebracht halten, am raschesten die noch bestehenden L\u00fccken in der Erforschung der einzelnen Bausteine ausf\u00fcllen zu k\u00f6nnen. Im vorliegenden Falle war es von besonderem Interesse, die alkoholl\u00f6slichen Bestandteile des Weizenklebers mit den unl\u00f6slichen zu vergleichen. Von ersteren ist das Gliadin1) eingehender untersucht.\nDie folgende \u00dcbersicht gibt die erhaltenen Resultate verglichen mit dem Gliadin wieder:\nAuf 100 g aschefreies, bei 1000 getrocknetes Protein kommen\n\tbeim Gluten:\tbeim Gliadin\nGlykokoll\t0,41\t0,68\nAlanin\t0,30\t2,66\nAminovalerians\u00e4ure\tnicht gefunden\t0,33\nLeucin\t4,10\t6,0\nProlin\t3,97\t2,4\nGlutamins\u00e4ure\t24,0\t31,5\nAsparagins\u00e4ure\t0,64\t1,24\nPhenylalanin\t1,0\t2,6\nTyrosin\t1,9\t2,37\nTryptophan\tnicht bestimmt\tca. l\u00b0/o\nSerin\t> \u00bb\t0,12\nLysin\t2,15\u00bb)\t0\u00bb)\nHistidin\t1,16*)\t1,2\u00bb)\nArginin\t4,4\u00bb)\t2,75\u00bb)\nExperimenteller Teil.\n420 g Gluten (dargestellt von Dr. Gr\u00fcbler, Dresden) mit einem Aschegehalt von 0,57 \u00b0/o und einem Wasserverlust von 9,6 \u00b0/o bei 100\u00b0 wurden mit 21k 1 25\u00b0/oiger Schwefels\u00e4ure 12 Stunden am R\u00fcckflu\u00dfk\u00fchler erhitzt. Die L\u00f6sung des Proteins ging verh\u00e4ltnism\u00e4\u00dfig langsam von statten und nach dem Filtrieren der abgek\u00fchlten L\u00f6sung hinterblieben 40 g einer schwarz gef\u00e4rbten Substanz (\u00abHuminstoffe\u00bb). Aus dem Filtrat dieses offenbar zum Teil durch den Gehalt des verwandten Eiwei\u00dfk\u00f6rpers an Kohlehydraten bedingten Produktes entfernten wir\n*) Emil Abderhalden und Franz Samuely, Die Zusammensetzung des Gliadins des Weizenmehls, Diese Zeitschrift, Bd. XLIV, S. 276, 1905.\ns) A. Kossel und F. Kutscher, Beitr\u00e4ge zur Kenntnis der Eiwei\u00dfk\u00f6rper, Diese Zeitschrift, Bd. XXXI, S. 165 (207), 1900.","page":514},{"file":"p0515.txt","language":"de","ocr_de":"Die Monoaminos\u00e4uren des Glutens.\n515\ndie Schwefels\u00e4ure quantitativ mit einer konzentrierten Barytl\u00f6sung. Der scharf abgenutschte und abgepre\u00dfte Baryumsulfat-niederschlag wurde so lange mit Wasser angerieben und ausgekocht, bis eine Probe des Filtrats keine F\u00e4rbung mit Milions Reagens mehr gab. Die vereinigten Filtrate wurden nun so lange eingeengt, bis eine Krystallhaut entstand. Beim Abk\u00fchlen auf Eis vervollst\u00e4ndigte sich die Tyrosinabscheidung. Zur v\u00f6lligen Reinigung krystallisierten wir das gewonnene Tyrosin unter Anwendung von Tierkohle wiederholt aus hei\u00dfem Wasser um. Die Mutterlaugen des Tyrosins wurden vereint eingeengt, bis das Filtrat der jeweiligen Abscheidung keine Reaktion mit Mil Ions Reagens mehr gab. Diese letzten Mutterlaugen wurden der Hauptmutterlauge der ersten rohen Tyrosinabscheidung zugef\u00fcgt und mit dieser weiter auf Glutamins\u00e4ure und die \u00fcbrigen Aminos\u00e4uren verarbeitet. Isoliert wurden 6,5 g analysenreines Tyrosin = l,9o/o.\n0,1667 g Substanz gaben 0,3630 g C02 und 0,0903 g H20. Berechnet f\u00fcr C9HuNO\u00e4 :\tGefunden :\n59,66 \u00b0/o C und 6,07 \u00b0/o H.\t59,39 \u00b0/o C und 6,02 \u00b0/o H.\nDie Mutterlauge vom Tyrosin verdampften wir bis zur Sirupkonsistenz und leiteten nun zur Abscheidung der Glutamins\u00e4ure gasf\u00f6rmige Salzs\u00e4ure bis zur S\u00e4ttigung ein. Nach dem Abk\u00fchlen auf Eis erstarrte bald die ganze Masse krystallinisch. Sie wurde auf einem Koliertuchfilter abgenutscht und sehr scharf abgepre\u00dft. Die noch ziemlich braun gef\u00e4rbte Krystallmasse wurde aus hei\u00dfer Salzs\u00e4ure unter Anwendung von Tierkohle umkrystallisiert und zur Vervollst\u00e4ndigung der Abscheidung nochmals Salzs\u00e4ure in die L\u00f6sung eingeleitet. Im ganzen wurden 70 g salzsaure Glutamins\u00e4ure erhalten.\n0,1789 g Substanz gaben 0,2131 g C02 und 0,0907 g H20, Berechnet f\u00fcr C6H10NO4Cl:\tGefunden:\n32,69 \u00b0/i G und 5,45 \u00b0/o H. 32,49 \u00b0/o C und 5,63 > H.\nDie beim Umkrystallisieren des Glutamins\u00e4urechlorhydrates verbleibende Mutterlauge wurde mit dem urspr\u00fcnglichen Filtrate der ersten Abscheidung vereinigt und nun die ganze Masse zur Isolierung der einzelnen Monoaminos\u00e4uren unter vermindertem Druck .zum Sirup eingeengt und durch Zugabe von Alkohol","page":515},{"file":"p0516.txt","language":"de","ocr_de":"516\nEmil Abderhalden und Fernand Malengreau,\nund Einleiten von trockener, gasf\u00f6rmiger Salzs\u00e4ure, wie schon oft beschrieben, verestert. Die Ester wurden nach dreimaliger Veresterung mit Natronlauge und Kaliumcarbonat in Freiheit gesetzt und in \u00c4ther aufgenommen.\nDie Destillation der Ester gab folgende Fraktionen:\nFraktion I :\tbis 60\u00b0\tdes Wasserbades und 12 mm\t\tDruck = 9\n\u00bb\tII:\t60 \u00bb 100\u00b0\t\u00bb >\t\u00bb 12 \u00bb\t\u00bb\t= 14\n\u00bb III:\t\u00bb 105\u00b0\t\u00bb \u00d6lbades\t\u00bb\t0,5 > \u25a0\t\u00bb\t= 29\n\u00bb IV:\t\u00bb 210\u00bb\t\u00bb \u00bb\t\u00bb\t0,5 \u00bb\t>\t= 15\nDie Verarbeitung der einzelnen Fraktionen erfolgte nach' den schon oft in dieser Zeitschrift angef\u00fchrten Methoden. Um Wiederholungen zu vermeiden, seien nur die wesentlichsten Punkte hier angef\u00fchrt. Fraktion I\u2014III wurden sofort durch Kochen mit Wasser verseift. Bei der IV. Fraktion wurde zun\u00e4chst durch Aussch\u00fctteln mit \u00c4ther der Phenylalaninester abgetrennt, der nach mehrmaligem Auswaschen der \u00e4therischen L\u00f6sung mit Wasser ganz rein erhalten wurde. Der \u00fcbrige Teil dieser Fraktion mit den w\u00e4sserigen Ausz\u00fcgen wurde mit Baryt verseift. Erhalten wurden 3,4 g Phenylalanin. Es zeigte alle Eigenschaften dieser Verbindung. Leider verhinderte ein Unfall die Ausf\u00fchrung der Analyse.\nDie verseiften Fraktionen I, II und III wurden zun\u00e4chst zur Gewinnung des Prolins einzeln unter vermindertem Druck zur Trockene verdampft und der R\u00fcckstand mit absolutem Alkohol ausgekocht. S\u00e4mtliche alkoholischen Ausz\u00fcge wurden vereinigt, unter vermindertem Druck verdampft, und der R\u00fcckstand in Wasser aufgenommen. Durch Kochen der w\u00e4sserigen L\u00f6sung mit \u00fcbersch\u00fcssigem Kupferoxyd erhielten wir das Kupfersalz des Prolins, das durch Eindampfen zur Trockene und Auskochen des R\u00fcckstandes mit absolutem Alkohol in die in Alkohol l\u00f6sliche aktive Kupferverbindung und die unl\u00f6sliche raeemische getrennt wurde. Nur das letztere Kupfersalz diente zur Analyse :\n0,5465 g lufttrockenes racemisches Kupfersalz verloren bei 120\u00b0 0,0555 g Wasser.\n0,4910 g bei 120\u00b0 getrocknetes Prolinkupfer gaben 0,1340 g CuO. Berechnet f\u00fcr (C6H8N02)2Cu -f- 2 Ha0 :\tGefunden :\n10,99\u00b0/o H20\t10,16\u00b0/o H20 und 21,77\u00b0/o Cu.\nund f\u00fcr (C6H8N02)2Cu : 21,81 \u00b0/o Cu.","page":516},{"file":"p0517.txt","language":"de","ocr_de":"Die Monoaminos\u00e4uren des Glutens.\n517\nEine zweite Analyse einer weiteren Krystallfraktion hatte das gleiche Resultat:\n0,1800 g bei 120\u00b0 getrocknetes Kupfersalz ergaben 0,0492 g CuO = 21,83 % Cu.\nDie Ausbeute betrug 10 g aktives Prolin und 3,5 g racemisches.\nDer in Alkohol unl\u00f6sliche Teil der Fraktion I bestand zum gr\u00f6\u00dften Teil aus Glykokoll, das als Esterchlorhydrat abgeschieden, wurde. Es schmolz bei 144\u00b0 (korr.).\n0,1562 g Substanz gaben 0,1970 g C02 und 0,1011 g H20.\nBerechnet f\u00fcr C4Hl0NOsCl:\tGefunden:\n34,41 % C und 7,17 % H.\t34,39 \u00b0/o und 7,19% H.\nDie letzte Mutterlauge des Glykokollesterchlorhydrates-wurde mit der entsprechenden aus Fraktion II vereinigt.\nDie II. Fraktion ergab nach dem fraktionierten Krystalli-sieren: 2,1 g Leucin. Zur Charakterisierung wurde eine Probe in das Kupfersalz verwandelt.\n0,2150 g Kupfersalz gaben 0,0534 g CuO.\nBerechnet f\u00fcr (C6H12N02)sCu :\tGefunden:\n19,6 \u00b0/o Cu.\t19,8 % Cu.\nAus der Mutterlauge des Leucins gewannen wir Alanin. Sein Kupfersalz gab folgende Zahlen:\n0,2207 g Substanz gaben 0,0720 g Cu.\nBerechnet f\u00fcr (C3H6N02)2Cu:\tGefunden:\n26,41% Cu.\t26,30% Cu.\nSeine Menge betrug 1,2 g.\nAus der Mutterlauge des Alanins, das sich gegen 296\u00b0\u201c (korr.) zersetzte, gewannen wir eine Substanz, die den Schmelzpunkt 238\u00b0 (unkorr.) zeigte. Ihre Menge betrug 1,7 g. Wie die Darstellung des Esterchlorhydrates und dessen Eigenschaften beweisen, lag Glykokoll vor.\nDie Mutterlauge des Glykokollesterchlorhydrates vereinigten wir mit der entsprechenden aus Fraktion II und dampften beide bis zur Trockene ein. Nun setzten wir die Ester mit Natronlauge und Kaliumcarbonat in Freiheit und nahmen sie in \u00c4ther auf. Beim Verdampfen des \u00c4thers hinterblieb ein so kleiner R\u00fcckstand, da\u00df eine weitere Verarbeitung ohne Aussicht war.\nDie Hauptmenge des Leucins fand sich in Fraktion III. Wir isolierten hier 12,0 g.\n0,1525 g Substanz gaben 0,3068 g C02 und 0,1400 g H20.\nBerechnet f\u00fcr C6H13N02:\tGefunden:\n54,96% C und 9,92% H.\t54,87 % C und 10,20% H.\nHoppe-Seyler\u2019s Zeitschrift f. physiol. Chemie. XLVIII.\t35","page":517},{"file":"p0518.txt","language":"de","ocr_de":"518 Abderhalden und Malengreau, \u00dcber Monoaminos\u00e4uren.\nDie IV. Fraktion enthielt Asparagins\u00e4ure und Glutamins\u00e4ure. Letztere wurde als Hydrochlorat isoliert und letztere aus dessen Mutterlauge nach Entfernung der Salzs\u00e4ure mit Bleioxyd. Ein Teil der Asparagins\u00e4ure wurde ferner direkt aus dem gebildeten asparaginsauren Baryt gewonnen, der sich nach dem Verseifen dieser Fraktion mit Baryt am Boden des Gef\u00e4\u00dfes ausgeschieden hatte. Im ganzen wurden aus dieser Fraktion 2,2 g Asparagins\u00e4ure und 1,5 g Glutamins\u00e4ureehlorhydrat isoliert.\nErstere gab folgende Zahlen:\n0,1634 g Substanz gaben 0,2166 g CO, und 0,0779 g H,0.\nBerechnet f\u00fcr C4H,0tN :\tGefunden :\n36,09\u00b0/o C und 5,26\u00bb/\u00bb H. 36,15> C und 5,30 \u00b0/o H.\nEndlich wurde auch hier der bei der Destillation der Ester verbleibende R\u00fcckstand, wie \u00fcblich, durch Kochen mit Baryt behandelt. Im wesentlichen fanden wir nur geringe Mengen von Leucin und Glutamins\u00e4ure. Letztere wurde als salzsaures Salz abgeschieden. Seine Menge betrug 9 g.\nDie Mutterlauge des Glutamins\u00e4urechlorhydrates wurde mit Bleioxyd gekocht und so von der Salzs\u00e4ure befreit. Beim Einengen der vom gel\u00f6sten Blei befreiten L\u00f6sung erhielten wir noch einige Krystallisationen, deren Aussehen uns schon bewies, da\u00df Gemische und keine einheitlichen Substanzen Vorlagen. Da ihre Menge gering war, verzichteten wir auf eine weitere Identifizierung. Die Gesamtausbeute an Glutamins\u00e4ure betrug\n19.1\t\u00b0/o. Bei einer zweiten Bestimmung der Glutamins\u00e4ure, bei welcher 100 g Gluten mit der dreifachen Menge rauchender Salzs\u00e4ure hydrolysiert worden waren, gewannen wir auf 100 g aschefreies Protein berechnet 24,0 g Glutamins\u00e4ure.\nNachtrag: In der Arbeit des einen von uns mit Fritz Pregl (Die Monoaminos\u00e4ren des krystallisierten Eieralbumins, diese Zeitschrift, Bd. XLVI, S. 30, 1905) sind bei der Zusammenfassung der Resultate die Ausbeuten an Alanin und Leucin unrichtig wiedergegeben. Alanin 2,1 g ist zu ersetzen durch\n8.1\tg und die Angabe Leucin 6,1 g durch 7,1 g.\nEmil Abderhalden.","page":518}],"identifier":"lit37661","issued":"1906","language":"de","pages":"513-518","startpages":"513","title":"Die Monoaminos\u00e4uren des Glutens","type":"Journal Article","volume":"48"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:02:07.424652+00:00"}