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{"created":"2022-01-31T15:49:16.119182+00:00","id":"lit37662","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Panzer, Th.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 48: 519-527","fulltext":[{"file":"p0519.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber das sogenannte Protagon der Niere.\nVon\nTh. Panzer.\n(Aua dem Universit\u00e4tslaboratorium f\u00fcr angewandte medizinische Chemie in Wien.) (Der Redaktion zugegangen am 27. Juli 1906.)\nMit histologischen Untersuchungen \u00fcber die gro\u00dfe wei\u00dfe Niere besch\u00e4ftigt machte mich Herr Privatdozent Dr. Oskar Stoerk, Assistent am Wiener pathologisch-anatomischen Institute, auf das Vorkommen einer von den Histologen bisher als Protagon bezeichneten Substanz aufmerksam und stellte mir in liebensw\u00fcrdigster Weise solche Nieren zur chemischen Untersuchung zur Verf\u00fcgung. Er hat die Ergebnisse seiner Untersuchungen unter dem Titel \u00ab\u00dcber Protagon und \u00fcber die gro\u00dfe wei\u00dfe Niere\u00bb in den Sitzungsberichten der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien (Mathem.-naturw. Klasse; Bd. CXV., Abt. Ill, Februar 1906) publiziert. Ich entnehme dieser Abhandlung folgende auf diese Substanz sich beziehende S\u00e4tze:\n\u00abDas Protagon.............tritt in der Niere bei mikro-\nskopischer Betrachtung an zwei Stellen auf: intraepithelial in sehr wechselnder Reichlichkeit als Tr\u00f6pfchen und Granula im Protoplasma und im Zwischengewebe, in letzterem Bereich bisweilen in solcher Menge, da\u00df auch ein makroskopisches Erkennen m\u00f6glich ist.\nSie sind fast ausschlie\u00dflich bei entz\u00fcndlich affizierten Nieren (mit Einschlu\u00df der arteriosklerotisch ver\u00e4nderten), und zwar bei etwas l\u00e4ngerem Bestehen des Entz\u00fcndungsprozesses anzutreffen.\nDas Bild des in der fr\u00fcher erw\u00e4hnten Weise gewonnenen Zupfpr\u00e4parates ist ein \u00fcberaus charakteristisches. Man sieht neben cellul\u00e4ren Elementen farblose oder bla\u00df gelbliche, klumpige und schollige Gebilde, welche bei enger Blende einen eigen-\n35*","page":519},{"file":"p0520.txt","language":"de","ocr_de":"520\nTh. Panzer\nt\u00fcmlichen Glanz, bei Bewegung der Mikrometerschraube ein eigent\u00fcmliches Glitzern erkennen lassen. Im polarisierten Licht heben sie sieh bei gekreuzten Nikols in wei\u00dfem Atlasglanz leuchtend vom dunklen Grunde ab.\nEs finden sich........zwischen, auf und in den eigen-\nt\u00fcmlichen Schollen und Kl\u00fcmpchen, welche im Nativgefrierschnitt dicht gedr\u00e4ngte, stark lichtbrechende Tr\u00f6pfchen in mannigfacher Gr\u00f6\u00dfe umschlie\u00dfen, nach Formolbehandlung scharf hervortretend mehr weniger reichlich krystallinische Bildungen\nin Form von kurzen, kleinen Krystallen..........oder von\nfeineren und gr\u00f6beren Nadeln und Nadelb\u00fcscheln. Besonders die zentralen Anteile vieler gr\u00f6\u00dferer Schollen enthalten die letzteren oft in dichter Menge und solche Schollen gewinnen dadurch schon bei Betrachtung mit schwacher Vergr\u00f6\u00dferung ein vorwiegend parallel- und feinstreifiges Aussehen.\nBei F\u00e4rbung der Gefrierschnitte mit Fettfarbstoffen (Scharlach R., Sudan III.) f\u00e4rben sich die scholligen Massen leuchtend gelblich rot.\nIn absolutem Alkohol, Aceton, Schwefel\u00e4ther, Benzin, Chloroform und Xylol wird die Substanz mehr weniger rasch gel\u00f6st, selbst Glycerin scheint sie bei l\u00e4ngerer Einwirkung in eigent\u00fcmlicher und das optische Verhalten aufhebender Weise zu beeinflussen. Es finden sich n\u00e4mlich in Schnitten mit Glycerineinschlu\u00df meist schon nach wenigen Wochen und im Laufe der Zeit immer mehr zunehmend vielfach an Stelle der doppeltbrechenden Elemente gr\u00f6\u00dfere, wie durch Extraktion und Konfluenz entstandene, ziemlich stark gl\u00e4nzende Tropfen ohne Doppelbrechung.\nDie Einwirkung der \u00dcberosmiums\u00e4ure hebt stets die F\u00e4higkeit, doppelt zu brechen, auf. Betrachtet man die osmierten Gefrierschnitte oder Gefrierschnitte osmierter Gewebe in Wasser\noder Glycerin, so erscheinen die Schollen sowie ein Teil der.\nintraepithelialen Tr\u00f6pfchen und Granula ungeschw\u00e4rzt, in einem schmutzig bla\u00dfbr\u00e4unlichen Farbton \u2014 von letzteren meist die kleineren und kleinsten; die gr\u00f6\u00dferen und gr\u00f6\u00dften intraepithelialen Tr\u00f6pfchen oft schwarz (\u00abprim\u00e4re Osmiumschw\u00e4rzung\u00bb). \u00dcbertr\u00e4gt man die Schnitte auf 24 Stunden in Alkohol, so er-","page":520},{"file":"p0521.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber das sogenannte Protagon der Niere.\n521\nscheinen nunmehr alle Schollen und Tr\u00f6pfchen schwarz (\u00absekund\u00e4re Osmiumschw\u00e4rzung\u00bb).\nEntfernt man die Osmiumschw\u00e4rzung aus dem Gefrierschnitt, beispielsweise durch Behandlung mit H202, so stellt sieh das Ph\u00e4nomen der Doppelbrechung nicht wieder ein.\u00bb\nDie erste Aufgabe der chemischen Untersuchung war nat\u00fcrlich die Reindarstellung der beschriebenen Substanz. Zun\u00e4chst wurden einige Vorversuche angestellt, und zwar wurden in der Meinung, da\u00df es sich hier um Protagon oder eine \u00e4hnliche Substanz handle, Verfahren versucht, welche zur Darstellung von Protagon geeignet sind ; sie f\u00fchrten zu keinem Ziele. Durch weitere Versuche wurde siedendes Aceton als brauchbares Extraktionsmittel f\u00fcr die Substanz aufgefunden.\nEs wurden nun drei Nierenpaare, welche nach der mikroskopischen Untersuchung viel von der doppeltbrechenden Substanz enthielten, in Arbeit genommen und zwar wurde jedes Nierenpaar separat verarbeitet.\nDie Nieren wurden mit der Schere zerkleinert und in 95\u00b0/oigem Alkohol unter \u00f6fterem Wechseln des Alkohols durch mehrere W ochen geh\u00e4rtet. Die geh\u00e4rteten Nierenst\u00fcekchen wurden hierauf durch ein engmaschiges Drahtsieb gepre\u00dft und der so erhaltene Brei mehrmals mit 95\u00b0/oigem Alkohol bei Zimmertemperatur und hierauf mehrmals mit Aceton bei Zimmertemperatur extrahiert. Die gut abgepre\u00dften Gewebsr\u00fcckst\u00e4nde wurden nun in etwa Va Liter Aceton verteilt und die Fl\u00fcssigkeit in bedecktem Gef\u00e4\u00dfe durch eine Viertelstunde auf dem Wasserbade in schwachem Sieden erhalten. Dann wurde rasch siedend hei\u00df filtriert und das Filtrat in den Eiskasten gestellt. Am anderen \u2022 Tage hatten sich aus der Fl\u00fcssigkeit farblose Kryst\u00e4llchen abgeschieden. Zwar erschienen diese Kryst\u00e4llchen bei mikroskopischer Betrachtung vollkommen einheitlich, trotzdem wurden sie noch mehrmals aus siedendem Aceton um-krystallisiert. So wurden aus jeder der drei Nieren einige Zentigramme bis 0,25 g gereinigter Krystalle erhalten.","page":521},{"file":"p0522.txt","language":"de","ocr_de":"522\nTh. Panzer,\nHerr Dr. Stoerk hatte die Liebensw\u00fcrdigkeit, nachzuweisen, da\u00df diese Krystalle dasselbe Verhalten zeigten, wie die von ihm beschriebene Substanz (Doppelbrechung, F\u00e4rbung mit Sudan III, Osmiumschw\u00e4rzung).\nDie Krystalle, unter dem Mikroskope kurze Prismen, oft zu Drusen gruppiert, waren unl\u00f6slich in Wasser, schwer l\u00f6slich in kaltem Alkohol und in kaltem Aceton, leicht l\u00f6slich in hei\u00dfem Alkohol, in hei\u00dfem Aceton, in \u00c4ther, Ben'zol und Chloroform. Der Schmelzpunkt von jedem der drei Pr\u00e4parate war 68\u00b0 C. Eines der drei Pr\u00e4parate wurde nochmals aus hei\u00dfem Aceton umkrystallisiert, der Schmelzpunkt \u00e4nderte sich nicht.\nDie Substanz war frei von Stickstoff, Phosphor und Schwefel. Sie war also kein Protagon. Eine Probe der Krystalle, in Chloroform gel\u00f6st, wurde mit etwas Essigs\u00e4ureanhydrid und einem Tropfen konzentrierter Schwefels\u00e4ure versetzt ; erst nach einigen Minuten trat eine Gr\u00fcnf\u00e4rbung auf, wie sie das Cholesterin bei gleicher Behandlung in viel k\u00fcrzerer Zeit zeigt.\nEine Beimengung von Cholesterin erscheint nach der Konstanz des Schmelzpunktes, noch mehr aber nach dem eingeschlagenen Darstellungsverfahren vollkommen ausgeschlossen. Eben aus diesem Grunde wurde ja dieses Verfahren beibehalten, \u00f6bwohl es mit kolossalen Verlusten arbeitet und die erhaltenen Substanzmengen offenbar nur geringe Bruchteile des Gehaltes der Nieren an doppeltbrechender Substanz sind.\nEs war demnach an einen Ester des Cholesterins zu denken, wof\u00fcr auch das langsame Eintreten der Cholestolreaktion spricht. Indessen bereitete die Verseifung des Esters Schwierigkeiten. Als geeigneter Weg erwies sich die Verseifung mit Natrium-alkoholat in Benzoll\u00f6sung. 0,2 g des Esters wurden in 50 ccm Benzol gel\u00f6st, blanke Natriumst\u00fcckchen und etwas absoluter Alkohol zugesetzt; dann wurde auf dem Wasserbade zum Sieden erhitzt und vorsichtig absoluter Alkohol in kleinen Portionen eingetragen, bis das Metall eben gel\u00f6st wTar. Das Sieden wurde hierauf unter Anwendung eines eingeschliffenen R\u00fcckflu\u00dfk\u00fchlers 4 Stunden lang fortgesetzt. Nach dem vollst\u00e4ndigen Erkalten wurde filtriert und die ungel\u00f6sten Seifen mit Benzol ausgewaschen. Die vereinigten Benzolfiltrate wurden mit destilliertem","page":522},{"file":"p0523.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber das sogenannte Protagon der Niere.\n52?\nWasser so oft ausgesch\u00fcttelt, bis das Wasser auf Lackmus nicht mehr alkalisch reagierte.\nDiese w\u00e4sserigen Fl\u00fcssigkeiten wurden mit Bleiessig ausgef\u00e4llt; der entstandene Niederschlag enthielt nur sehr geringe-Spuren organischer Substanz.\nDie gewaschene Benzoll\u00f6sung wurde auf einem m\u00e4\u00dfig geheizten Wasserbade verdunstet, der Abdampfr\u00fcckstand in Alkohol gel\u00f6st, die L\u00f6sung zum Sieden erhitzt und solange mit Wasser versetzt, bis sie in der Siedehitze tr\u00fcb blieb. Die Tr\u00fcbung wurde durch Zusatz von einigen Tropfen Alkohol in L\u00f6sung gebracht, die Fl\u00fcssigkeit hei\u00df filtriert und langsam erkalten gelassen. Die hierbei sich ausscheidende farblose Substanz wurde in der eben beschriebenen Weise noch zweimal aus wasserhaltigem Weingeist umkrystallisiert, schlie\u00dflich in Chloroform gel\u00f6st und die L\u00f6sung langsam verdunsten gelassen.\nDer hinterbleibende R\u00fcckstand war farblos und bestand, wie die mikroskopische Betrachtung erwies, nur aus Krystallen von der f\u00fcr Cholesterin typischen Krystallform. Sein Schmelzpunkt war 144\u00b0 unkorr. (f\u00fcr Cholesterin 145\u00b0). Die Krystalle zeigten endlich die Li eher mann sehe Cholestolreaktion in den f\u00fcr Cholesterin charakteristischen Farben.\nDamit erscheint das Cholesterin dargestellt und identifizert.\nZur Isolierung der mit dem Cholesterin veresterten S\u00e4uren wurde der in Benzol ungel\u00f6st gebliebene Seifenr\u00fcckstand in Wasser gel\u00f6st und die L\u00f6sung mit Bleiessig ausgef\u00e4llt. Der entstandene Niederschlag wurde auf einem Filter mit Wasser ausgewaschen, auf dem Wasserbade getrocknet und in einem gl\u00e4sernen, nur mittels Glasschliffen, ohne Anwendung von Kork zusammengef\u00fcgten Soxhietsehen Extraktionsapparate durch 3 Tage mit \u00c4ther extrahiert.\nDie \u00e4therische L\u00f6sung wurde nun verdunstet und der R\u00fcckstand dufch l\u00e4ngere Zeit auf dem Wasserbade mit sehr verd\u00fcnnter Salzs\u00e4ure behandelt. Er verwandelte sich dabei in einige \u00d6ltropfen von Hanfkorngr\u00f6\u00dfe, welche auf der w\u00e4sserigen Fl\u00fcssigkeit schwammen und beim Erkalten erstarrten. Die w\u00e4sserige Fl\u00fcssigkeit enthielt gel\u00f6stes Blei.\nDie erstarrten \u00d6ltr\u00f6pfchen wurden mit destilliertem Wasser-","page":523},{"file":"p0524.txt","language":"de","ocr_de":"524\nTh. Panzer,\ngewaschen und zwischen Filtrierpapier getrocknet; sie waren schwach br\u00e4unlich gef\u00e4rbt. Kleine Proben derselben wurden in Alkohol und in \u00c4ther gel\u00f6st und die L\u00f6sungen auf Objekttr\u00e4gern langsam verdunsten gelassen; die R\u00fcckst\u00e4nde zeigten unter dem Mikroskope Andeutungen von krystallinischer Struktur (kurze Prismen), bestanden aber gr\u00f6\u00dftenteils aus amorphen Schollen. Die Substanz l\u00f6ste sich leicht in Alkohol. Die alkoholische L\u00f6sung reagierte auf Lackmus deutlich sauer.\nDer Schmelzpunkt der erstarrten \u00d6ltr\u00f6pfchen war 39\u201440\u00b0.\nEine Probe dieser Substanz wurde in verd\u00fcnntem Ammoniak gel\u00f6st, die L\u00f6sung auf dem Wasserbade abgedampft und der R\u00fcckstand in Wasser gel\u00f6st. Die L\u00f6sung gab mit L\u00f6sungen von Chlorcalcium, Chlorbaryum und Magnesiumsulfat Niederschl\u00e4ge, sie wurde auf Zusatz von Salzs\u00e4ure tr\u00fcb, kl\u00e4rte sich aber wieder beim Sch\u00fctteln mit \u00c4ther.\nEine Probe der S\u00e4ure wurde in Chloroform gel\u00f6st und die L\u00f6sung mit einer sehr verd\u00fcnnten L\u00f6sung von Brom in Chloroform versetzt ; die durch das Brom bedingte Gelbf\u00e4rbung verschwand.\nDie S\u00e4ure zeigt die Liebermannsche Cholestolreaktion nicht.\nAus der in \u00c4ther unl\u00f6slichen Bleiverbindung wurde ebenso, wie f\u00fcr das l\u00f6sliche Bleisalz beschrieben, die S\u00e4ure abgeschieden. Ihre Menge war etwa doppelt so gro\u00df als die der S\u00e4ure aus dem l\u00f6slichen Bleisalz. Auch sie bestand aus \u00d6ltropfen, die beim Erkalten erstarrten. Langsam verdunstete alkoholische oder \u00e4therische L\u00f6sungen hinterlie\u00dfen R\u00fcckst\u00e4nde, welche unter dem Mikroskope Tendenz zur Krystallisation zeigten. Auch gegen Reagenzien verhielt sie sich so wie die beschriebene S\u00e4ure ; sie war leicht in Alkohol l\u00f6slich, die alkoholische L\u00f6sung reagierte sauer, sie zeigte die bereits angef\u00fchrten, den h\u00f6heren Fetts\u00e4uren zukommenden F\u00e4llungsreaktionen, addierte Brom und gab nicht die Cholestolreaktion. Nur ihr Schmelzpunkt lag h\u00f6her als der der ersten S\u00e4ure, n\u00e4mlich bei 53\u201454\u00b0 C.","page":524},{"file":"p0525.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber das sogenannte Protagon der Niere.\n525\nNach diesen Ergebnissen bin ich nicht imstande, die mit dem Cholesterin veresterte S\u00e4ure zu identifizieren. Sicher ist, da\u00df diese S\u00e4ure die Eigenschaften einer Fetts\u00e4ure zeigt, und da\u00df sie eine unges\u00e4ttigte Verbindung ist. Es ist aber nicht auszuschlie\u00dfen, da\u00df die dargestellte S\u00e4ure bereits ein Ver\u00e4nderungsprodukt der im Ester enthaltenen S\u00e4ure ist ; daf\u00fcr w\u00fcrde auch die Verschiedenheit der Schmelzpunkte der aus der in \u00c4ther l\u00f6slichen. Bleiverbindung einerseits, der in \u00c4ther unl\u00f6slichen andererseits sprechen.\nWar einmal schon die leichte Ver\u00e4nderlichkeit in Betracht gezogen, so lag es nahe, an die \u00d6ls\u00e4ure zu denken. Der \u00d6ls\u00e4urecholesterinester ist bereits bekannt; er schmilzt nach H\u00fcrthle1) bei 42\u00b0 (Schmelzpunkt des aus den Nieren dargestellten Esters: 68\u00b0 C.). Die aus dem Ester abgeschiedene S\u00e4ure hat einige \u00c4hnlichkeit mit der Elaidins\u00e4ure, auch ihr Schmelzpunkt liegt nahe dem dieser S\u00e4ure. Ich habe daher, wie anhangsweise beschrieben werden soll, den Ester der Elaidins\u00e4ure mit dem Cholesterin dargestellt. Der Schmelzpunkt dieses Esters stimmt mit dem des aus den Nieren erhaltenen Esters nicht \u00fcberein.\nEndlich w\u00e4re noch die M\u00f6glichkeit in Betracht zu ziehen, da\u00df ein Gemenge mehrerer Ester vorliegt, da\u00df also nicht eine, sondern mehrere S\u00e4uren in der aus den Nieren dargestellten Substanz zu suchen w\u00e4ren; dagegen spricht aber das einheitliche Aussehen des Esters, die leichte Krystallisationsf\u00e4higkeit und die Konstanz des Schmelzpunktes. Hingegen w\u00fcrde f\u00fcr ein Gemenge sprechen, da\u00df sich die abgeschiedenen Bleiseifen in zwei Fraktionen zerlegen lie\u00dfen, in eine in \u00c4ther l\u00f6sliche und eine in \u00c4ther unl\u00f6sliche ; es ist aber auch ganz gut denkbar, da\u00df die Bleiseife nur sehr schwer in \u00c4ther l\u00f6slich ist, so da\u00df eine dreit\u00e4gige Extraktion nicht zur vollst\u00e4ndigen Ersch\u00f6pfung des Niederschlages gen\u00fcgte, oder aber, da\u00df Verunreinigungen, Nebenprodukt\u00e9 der Verseifung, die L\u00f6slichkeit eines kleinen Teiles der Bleiseife bedingt haben.\nDa schon wiederholt auf die M\u00f6glichkeit hingewiesen wurde, da\u00df die S\u00e4ure sich bei ihrer Abscheidung ver\u00e4ndert haben kann,\n*) Diese Zeitschrift, Bd. XXI, S. 335.","page":525},{"file":"p0526.txt","language":"de","ocr_de":"526\nTh. Panzer,\nso mu\u00df auch dem Einwande begegnet werden, da\u00df etwa die doppelte Kohlenstoffbindung in der S\u00e4ure ebenfalls ein Kunstprodukt sei. Da\u00df der Ester, wie durch einen Versuch festgestellt wurde, Brom addiert, beweist hier nichts, da auch das Cholesterin eine unges\u00e4ttigte Verbindung ist und Brom addiert. Vielmehr mu\u00df dieser Einwendung entgegnet werden, da\u00df bei einer einfachen Verseifung nicht leicht Doppelbindungen entstehen und da\u00df der Ester durch \u00dcberosmiums\u00e4ure geschw\u00e4rzt wird, eine Reaktion, die bisher immer auf die Anwesenheit von \u00d6ls\u00e4ure (Cholesterin gibt keine Osmiumreaktion), also einer unges\u00e4ttigten S\u00e4ure, zur\u00fcckgef\u00fchrt wurde.\nDie Literatur \u00fcber das Vorkommen von Cholesterinestern im tierischen Organismus ist in einer j\u00fcngst erschienenen Arbeit von B. B\u00fcnz1) nachgewiesen. Es erscheint daher \u00fcberfl\u00fcssig, auf diese Literatur hier einzugehen, zumal da sie f\u00fcr den vorliegenden Gegenstand keine Ankn\u00fcpfungspunkte bietet.\nIch kann also aussagen, da\u00df die aus der gro\u00dfen wei\u00dfen Niere dargestellte, von den Histologen als Protagon der Niere bezeichnete, krystallinische Substanz der Ester des Cholesterins mit einer unges\u00e4ttigten S\u00e4ure ist, welche, wie die \u00d6ls\u00e4ure, einige Eigenschaften der Fetts\u00e4uren zeigt.\nDer Chol ester in-Elaidins\u00e4ureester.\nCuH3j - CO \u2022 0 \u2022 C\u201eH43.\nDa ich in der Literatur keine Angaben \u00fcber diesen Ester fand, soll er im folgenden beschrieben werden.\n2 g Elaidins\u00e4ure (Merck) und 2,77 g aus menschlichen Gallensteinen dargestelltes Cholesterin wurden im zugeschmolzenen Bohr durch 24 Stunden auf 200\u00b0 C. erhitzt. Nach dem Erkalten wurde die R\u00f6hre ge\u00f6ffnet, ihr brauner Inhalt .mit siedendem Aceton aufgenommen und diese L\u00f6sung von wenig ungel\u00f6stem Harz durch Filtration befreit. Beim Erkalten schieden sich aus der filtrierten L\u00f6sung reichliche, noch braun gef\u00e4rbte Krystallmassen aus, welche wiederholt, gegen Ende unter Anwendung von etwas Tierkohle, aus siedendem Aceton umkry-\n\u00bb) Diese Zeitschrift, Bd. XLVI, S. 47.","page":526},{"file":"p0527.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber das sogenannte Protagon der Niere.\n527\nstallisiert wurden. Der Schmelzpunkt der beiden letzten Kry-stallisationen war gleich.\nSo wurden schlie\u00dflich 0,7 g einer wei\u00dfen, sehr leichten Substanz erhalten, welche unter dem Mikroskope betrachtet aus zu Rosetten gruppierten kurzen, dicken Prismen bestand. Sie schmolz bei 47\u00b0 C., war unl\u00f6slich in Wasser, schwer l\u00f6slich in kaltem Alkohol und in kaltem Aceton, leicht l\u00f6slich in hei\u00dfem Alkohol, in hei\u00dfem Aceton, in \u00c4ther, Benzol und Chloroform. Sie zeigte die Liebermannsche Cholestolreaktion ebenso z\u00f6gernd, wie der aus den Nieren dargestellte Ester. Die Elementaranalyse ergab folgende Zahlen:\n0,1924 g im Vakuum \u00fcber Schwefels\u00e4ure getrockneter Substanz lieferten 0,2058 g Wasser und 0,5864 g Kohlendioxyd.\nBerechnet f\u00fcr C46H7602 :\tGefunden :\nC 83,25 \u00b0/o\t83,13 \u00b0/o\nH 11,81 \u00b0/o\t11,98 \u00b0/o","page":527}],"identifier":"lit37662","issued":"1906","language":"de","pages":"519-527","startpages":"519","title":"\u00dcber das sogenannte Protagon der Niere","type":"Journal Article","volume":"48"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T15:49:16.119187+00:00"}