Open Access
{"created":"2022-01-31T16:52:46.439296+00:00","id":"lit37669","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Nemser, M. H.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 48: 562-570","fulltext":[{"file":"p0562.txt","language":"de","ocr_de":"Zum Chemismus der Verdauung im tierischen Organismus.\nIV. Mitteilung.\nUber das Schicksal des per os gereichten Kalomeis.\nVon\nM. H. Nemser.\n( Aus dem pathologischen Laboratorium des K. Institutes f\u00fcr exper. Medizin und dem st\u00e4dtischen Peter-Paul-Spital zu St. Petersburg.)\n(Der Redaktion zugegangen am 3. August 1906.)\ni.\nEs ist eine bekannte Tatsache, da\u00df Kalomel, in den Magen eingef\u00fchrt, nicht vollst\u00e4ndig mit den Faeces entfernt wird. Ein Teil desselben bleibt im Organismus, und hierin liegt der Grund f\u00fcr seine spezifische Wirkung auf den Organismus.\nWir kennen die nahen Beziehungen, welche zwischen dem eingef\u00fchrten Kalomel und der Leber existieren. Eine geschwollene, schmerzhafte, chronisch vergr\u00f6\u00dferte (z. B. hypertrophisch-cir-rhotische) Leber wird nach innerem Gebrauch von Kalomel kleiner, weicher, weniger schmerzhaft.\nDie Diurese, welche nach Einnahme von Kalomel eintritt, ist ein Ausdruck der nahen Verwandtschaft desselben zu den Nieren. Diese Kalomeldiurese darf nicht als eine Vergiftungserscheinung, sondern als Folge eines spezifischen Reizes des Nierenparenchyms betrachtet werden. Vergiftungserscheinungen treten viel sp\u00e4ter ein und oft erst dann, wenn die Diurese ausbleibt.\nDie reichlichen Entleerungen, die nach Kalomeldarreichung eintreten, m\u00fcssen ebenfalls als ein Ausdruck der spezifischen Beziehungen des Quecksilbers zur Schleimhaut des Darmes an-","page":562},{"file":"p0563.txt","language":"de","ocr_de":"Zum Chemismus der Verdauung im tierischen Organismus. IV. 563\ngesehen werden. Dagegen sind die dysenterieartigen, eventuell blutigen St\u00fchle, welche nach unvorsichtiger Darreichung von Kalomel oder bei l\u00e4ngerem Ausbleiben des Stuhlganges ein-treten, eine Folge der Quecksilbervergiftung.\nDiese unbestreitbare Affinit\u00e4t des Kalomels zu gewissen Organen suchte ich auf dem Wege der chemischen Analyse und des Tierexperimentes n\u00e4her zu verfolgen.\nDa wir in unserem Spital einige Autopsien solcher Verstorbenen hatten, die bei Lebzeiten gro\u00dfe Quantit\u00e4ten Kalomels als Hydragogon und Diureticum per os eingenommen hatten, so benutzte ich diese Gelegenheit, um das Quecksilber in den Organen aufzusuchen. Ich hatte 3 solche Leichen, die alle von schweren Herzkranken mit gest\u00f6rter Kompensation stammten. Das N\u00e4here ist aus der Tabelle I ersichtlich.\nZur Analyse nahm ich gew\u00f6hnlich ca. 100 g Substanz. Lag ein gr\u00f6\u00dferes Organ vor, so wurden die zur Analyse benutzten St\u00fcckchen aus verschiedenen Teilen desselben ausgeschnitten. Die entnommenen Proben wurden in Formalin konserviert.\nDie Analyse wurde in folgender Weise ausgef\u00fchrt. Jede einzelne m\u00f6glichst fein zerkleinerte Organprobe wurde mit Salzs\u00e4ure und chlorsaurem Kali im Wasserbade oxydiert, die klare Fl\u00fcssigkeit abfiltriert, bis zum Volumen von 80\u2014100 ccm eingeengt, in eine ger\u00e4umige Platinschale quantitativ \u00fcbergef\u00fchrt und daselbst der Elektrolyse unterworfen. Die Platinschale wurde auf ein Dreieck aus Kupferdraht gestellt, mit dem Kupfer einer kleinen aus 3 Daniel sehen Elementen bestehenden Batterie in Verbindung gebracht und diente also als Anode. Eine 4 cm lange, 1 cm breite, 2,0 g schwere Goldplatte stand mit dem Zink der Batterie in Verbindung, ragte von oben in die Fl\u00fcssigkeit hinein und diente also als Kathode. Nach 20st\u00fcndiger Elektrolyse w\u00fcrde die Goldplatte gewaschen, in einem Exsikkator getrocknet, gewogen, in einer Eprouvette auf einem Buns en sehen Brenner gegl\u00fcht, abgek\u00fchlt und wieder gewogen.\nIn der Eprouvette wurde die qualitative Jodquecksilberprobe ausgef\u00fchrt. Die gewonnenen Resultate sind aus Tabelle I zu ersehen.","page":563},{"file":"p0564.txt","language":"de","ocr_de":"564\nM. H. Nemser\nP CD\nCD p_, Q_, (TQ\nTabelle I.","page":564},{"file":"p0565.txt","language":"de","ocr_de":"Zum Chemismus der Verdauung im tierischen Organismus. IV. 565\nDie Tabelle I zeigt, da\u00df die Organe des Menschen die deutlich ausgepr\u00e4gte F\u00e4higkeit besitzen, das im Blute zirkulierende Quecksilber zu binden, da\u00df diese Eigenschaft haupts\u00e4chlich der Leber, den Nieren und dem Dickdarme, also gerade denjenigen Organen innewohnt, deren T\u00e4tigkeit durch das Kalomel in spezifischer Weise gesteigert wird. Eine gewisse Quantit\u00e4t des fixierten Quecksilbers bleibt noch lange Zeit nach der Aufnahme in den Organen abgelagert. Obgleich die dabei abgelagerten Quecksilberquantit\u00e4ten absolut nicht sehr gro\u00df sind, mu\u00df man doch diese Tatsache immer vor den Augen haben, den Weg der Kalomelkuren sehr vorsichtig betreten und sie nur dann anwenden, wenn alle andere Mittel, was noch leider sehr oft vorkommt, ohne Erfolg geblieben sind.\nII.\nEs dr\u00e4ngt sich nun die Frage auf, wie sich das Kalomel im Innern des Magendarmkanals verh\u00e4lt. In allen Lehrb\u00fcchern der Pharmakologie findet man die Tatsache, da\u00df Kalomel seine spezifische Wirkung dem in L\u00f6sung \u00fcbergehenden (etwa sublimat\u00e4hnlichen) Teile verdankt. Diese Voraussetzung schien a priori richtig zu sein, weil das Kalomel sich schon au\u00dferhalb des Organismus bei gewissen Bedingungen zu Sublimat oxydiert oder mit Ausscheidung von metallischem Quecksilber zerlegt wird. Um einen detaillierten Einblick in die Ver\u00e4nderungen desKalomels im Magendarmkanal zu gewinnen, habe ich auf die Aufforderung meines Freundes, Herrn E. S. London, dem ich f\u00fcr seine liebensw\u00fcrdige, sachverst\u00e4ndige Hilfe bei dieser Arbeit meinen verbindlichsten Dank aussage, unternommen, den Vorgang an seinen Verdauungsfistelhunden1) stufenweise zu verfolgen.\nDer Gang der Untersuchung war folgender: Jeder Hund bekam nach einem Hungertage 200,0 Fleisch (frisch oder vermittelst Wasser auf dem Eise extrahiert) und eine ganz genau gewogene Menge Kalomel (in sogenannten \u201eWiener Oblaten\u201c). Nach einer bestimmten, bei jedem Fistelhunde verschiedenen Zeit, begann der Speisebrei herauszuflie\u00dfen. Alles wurde aufgesammelt, bis zu einem bestimmten Volumen (gew\u00f6hnlich zu\n\u00bb) E. S. London und A. Th. Sulima, Diese Zeitschrift, Bd. XLVI, S. 209, 1905.\nHoppe-Seyler\u2019s Zeitschrift f. physiol. Chemie. XLVIII.\t.","page":565},{"file":"p0566.txt","language":"de","ocr_de":"566\nM. H. Nemser,\neinem Liter) aufgef\u00fcllt, ein bestimmter Teil davon (gew\u00f6hnlich 100 ccm) klar abfiltriert. Das Filtrat wurde mit KC103 und Salzs\u00e4ure oxydiert und auf Quecksilber in der oben beschriebenen Weise elektrolytisch untersucht. Der Speisebrei samt dem Filter und Filterrest wurde ebenfalls mit HCl und KC103 oxydiert und ein bestimmter Teil davon (gew\u00f6hnlich 2/\u00f6) zur quantitativen Quecksilberbestimmung in Form von Schwefelquecksilber auf gewogenem Filter benutzt. Die Methode der quantitativen Bestimmung durch Reduktion der Fl\u00fcssigkeit mit phosphoriger S\u00e4ure und F\u00e4llung in Form von Kalomel ist nach meinen Versuchen f\u00fcr Fl\u00fcssigkeiten organischer Herkunft vollst\u00e4ndig zu verwerfen. Viel richtiger, wenn auch nicht vorwurfslos, ist die Schwefelwasserstoffmethode, obschon sie ein wenig zu gro\u00dfe Zahlen gibt. Die im Filtrate und im Speisebrei gefundenen Quecksilberquantit\u00e4ten wurden auf das ganze Fl\u00fcssigkeitsquantum umgerechnet und die erste Zahl von der zweiten subtrahiert. Au\u00dferdem wurden noch 48 Stunden nach dem Versuche Harn und Kot aufgesammelt und nach Oxydation elektrolytisch auf Quecksilber untersucht. Die Resultate der Analysen sind aus der Tabelle II ersichtlich.\nAus den Zahlen der 5. vertikalen Reihe sieht man, da\u00df, je weiter vom Magen die Fistel liegt, desto mehr Quecksilber im Filtrat enthalten war; also desto mehr Kalomel wird gel\u00f6st. Im Magenbreifiltrat finden wir Spuren oder-gar kein Quecksilber. Die Salzs\u00e4ure spielt, wie man sieht, eine sehr kleine Rolle bei der L\u00f6sung des Kalomels im Magendarmkanal. Erst im D\u00fcnndarm, wo die Salzs\u00e4ure neutralisiert wird, findet ein bemerkenswerter \u00dcbergang des Kalomels in eine l\u00f6sliche Verbindung statt. Schon im Duodenum haben wir gr\u00f6\u00dfere Quantit\u00e4ten l\u00f6slichen Quecksilbers, obgleich auch hier noch eine saure Reaktion herrscht. Die gr\u00f6\u00dften, sogar enorme Quantit\u00e4ten des in L\u00f6sung \u00fcbergegangenen Quecksilbers finden wir bei der \u201eBielka\u201c, wo die Fistel sich bei der Valv. Bauhinii befindet. Wie bei der \u201eLissitza\u201c ersichtlich, findet im Dickdarme entweder eine Resorption des gel\u00f6sten Quecksilbers statt, oder das Quecksilber wird durch den vorhandenen Schwefelwasserstoff niedergeschlagen. Im Filtrat des Kotes finden wir kein Quecksilber.","page":566},{"file":"p0567.txt","language":"de","ocr_de":"Tabelle IL\nZum Chemismus der Verdauung im tierischen Organismus. IV. 567\na a 3\t\t\t\t\t\t\t\t\t\n\u25a0S-g-o ^ ? ^ \u00ab2 i _! 00\tV, ?\u00bb b\u00dfr^ o\"\tco^ of\t1\t** o\t1\t1\tc>f\t00 tff\t12,8\t1\nN\tt- O e eS \u00a9 <D otStS 3\t+\t\t+\t\t\t+\t1\t1\t\nSp.S o> S \u00a7 *\t\t\t\t\t\t\t\t\t\nQtl g\t\t\t\t\t\t\t\t\t\ni\t'S\tl>\t\tCO\t\t\tOl\tco\t03\t\nS ^ S5 -a\trH\t\tCO\t\t\t\to\t\t\n7 Gesai quec silbi im Speise g\tt> CQ cT\t1\tCO CO o'\t1\t1\to'\tCO oa cf\toa O*'\t1\n\t\t\t\t\t\t\t\t\t\ni\t\u00c6\t\u00a3\t\t\tIO\t\tCO\top\tCO\tco\t\nJA s \u25a0\u2022=< rQ\t\t\tCO\t\t03\t\tCO\tco\t\n6 Quec silbi nl\u00f6sl im peise g\ti> oa o'\t1\toa CO cf\t1\toa co cf\ts cf\t05 rH o'\ttH co o~\t[\n3 CO\t\t\t\t\t\t\t\t\t\n\t\t\t\t\t\t\t\t\t\ni\tci *4 t+ U\t\tlO o\ttH CO\t8\t\t3\to\tco\t\nJ) \u00a3 ^\tb\u00df sah\to\t\u2022t\u20141 o\to\tiO O\t1\tO\to\ttH tH\to\n\u00bb M a\t\to\to\to\t\tO\to\to\t\n\t\t\t\t\t\t\t\t\toa\n\u00d6\t\t\t\t\t\t\t\t\ttH\ncS\tbe s\t1\t1\t1 1\t1\to\to\to\t1\t8 o~\n\t\t\t\t\t\t\t\t\t\n't-J\t\t\t\t\t\t\t\trH\t\nCC\tjO\tbB\t1\t1\t1\t1\to\to\t\u00a7\t8\t1\n\t\t\t\t\t\t\to\tO\t\n. i M\t\u00f6\t\t\t\t\t\t\t\t\t\n2\t> 3\t- 'S <M 3\t3 .S fl 3\tK M\t3 \u00fc aiiS\t-m '\u00f6'3\tw\t1,5\t*rH\t1,5\tco\tco\tco\tCO\toa i\u2014i\t1\n-, .1, .H 9 D\u00fc\tCO\tCO\tSH\ttH\tLO\t\tCO\t0\t8\n1 Quec! Silber Form \\ Kalom eingef\u00fc g\tio\tCO\t\u00bbo\tl>\tI>\toa\t3 oa o''\t\t\n\tCO oa o'\trH oa O\tco CO <S\tco oa cT\toa CO cf\tco co cf\t\ti> <S\t8 cf\nLage der Fistel\tirekt hinter dem Pylorus\t1\tIn der Magenwand\tAm Ende des Duodenums\t1\tEin Meter vom Pylorus\tn der Mitte des Darmes, m vom Pylorus\tinige Zentimeter r der valv.Bauhinii\tKeine Fistel\n\tn\t\t\t\t\t\toa\tW o >\t\nt*\t\t\t\tA\t\t\t\t\t\n\t\t\t44\tM\t44\t\t\t\tA\nW pC o\t\u00e4 \u00a7 b\u00df\tA \u00a7 b\u00df\tO ,4 CU 72\t3 o 72\t3 \u00dc 72\tA & o\tA M \u2019S\ta 44\tci N\n72\tN\tN\t'S\t\u25a09\t\u25a0a\t\u00a5\tm\tS\t72\ncu >\t\t\t\u00a3 \u00a5\tp?\t5* \u00a5\t\t\u00a5\t\u00a5\t\u00a5\n38*","page":567},{"file":"p0568.txt","language":"de","ocr_de":"568\nM. H. Nemser,\nDie auffallendste Tatsache liegt ohne Zweifel darin, da\u00df der sehr saure Magensaft des Hundes sich fast unwirksam gegen Kalomel erwiesen hat. Da die Speisen im Magen nur eine kurze Zeit (l\u2019/s Stunden) bleiben, so k\u00f6nnte man diese geringe Wirkung durch die k\u00fcrzere Dauer des Versuchs erkl\u00e4ren. Um diesen Zweifel zu eliminieren, wurde im 2. Falle (bei \u201eZigan\u201c) der Versuch so angeordnet, da\u00df man zwei Filtratportionen aufsammelte und zwar die erste in der gew\u00f6hnlichen Weise, sofort nach dem Ausflusse des Speisebreies aus der Fistel, die zweite Portion erst nachdem der Speisebrei im Thermostaten 8 Stunden bei K\u00f6rpertemperatur digeriert worden war. Die Analyse zeigte im ersten Falle 0,0105 l\u00f6slichen Quecksilbers, im zweiten Falle 0,0135, also nur wenig mehr. Die schwache Wirkung des Magensaftes auf das Kalomel ist also ganz unabh\u00e4ngig von der Versuchsdauer, resp. Verdauungszeit. Die g\u00fcnstigsten Bedingungen f\u00fcr die L\u00f6sung von Kalomel treten erst im Duodenum ein. Welche Bedingungen es nun sind, welche Substanzen den \u00dcbergang bewirken \u2014 diese Fragen behalten wir uns f\u00fcr eine weitere Arbeit vor, aber schon jetzt war es nicht uninteressant, einige Schritte nach dieser Dichtung zu machen. Es wurden Kontrollversuche in vitro vorgenommen :\nI.\t100 ccm reinen nat\u00fcrlichen Magensaftes (wie er im Institut k\u00e4uflich ist) wurden mit 0,3 g Kalomel versetzt und bei K\u00f6rpertemperatur 8V2 Stunden digeriert, darauf klar filtriert, oxydiert und elektrolytisch untersucht, wobei 0,0003 g Quecksilber gefunden wurde.\nII.\t100 ccm reinen Pankreassaftes (von einem Pankreasfistelhunde) in derselben Weise 6 Stunden behandelt. Quecksilber: 0,0031 g.\nIII.\t10,0 g reinen und sterilen Darmsaftes (von einem nach Thiry operierten Hunde) ergaben nach derselben Weise 0,0003 g Quecksilber.\nIV.\ta) 10 ccm Galle von einem Gallenfistelhund ergaben in derselben Weise Quecksilber: 0.\nb) 50 ccm Galle mit 0,5 g Kalomel versetzt und 20 Stunden digeriert ergaben ebenfalls Quecksilber: 0.\nAus den dargelegten Angaben ist ersichtlich, da\u00df der","page":568},{"file":"p0569.txt","language":"de","ocr_de":"Zum Chemismus der Verdauung im tierischen Organismus. IV. 569\nPankreassaft den Hauptfaktor bei der L\u00f6sung des Kalomels darstellt. Wirken hier seine Salze (und zwar haupts\u00e4chlich das Chlornatrium), die, je weiter vom Magen, in desto gr\u00f6\u00dferen Quantit\u00e4ten vorhanden sind, und spielen dabei auch die Nahrungsbestandteile eine Rolle?, auf diese Fragen werden weitere Experimente die Antwort geben.\nDa die Zahlen bei der Schwefelwasserstoff\u00e4llungsmethode, wie mir ein spezieller Kontrollversuch gezeigt hat, ungef\u00e4hr um 10\u00b0/o zu gro\u00df ausgefallen sind, so mu\u00df man alle Differenzen der vertikalen Reihe 8 der Tab .II noch um 10\u00b0/o verkleinern, und somit stellen sich die negativen Zahlen bei \u201eStarik\u201c und \u201eBielka\u201c \u2014 5,8\u00b0/o und \u2014 12,8\u00b0/o noch niedriger, also zirka \u2014 10\u00b0/o und \u2014 20\u00b0/o. Diese Zahlen zeigen, da\u00df ein gro\u00dfer Teil des in den Magen eingef\u00fchrten Kalomels im Organismus zur\u00fcckgehalten wird.\nDas Erscheinen des Quecksilbers im Harn und Kot nach Darreichung von Kalomel per os zeigt, da\u00df Kalomel im Darme resorbiert wird und zwar nicht h\u00f6her als im Ileum.\nFassen wir alle Angaben zusammen, so gelangen wir zu nachstehenden Folgerungen :\n1.\tBei seinem Fortschreiten im Magendarmkanal l\u00f6st sich das Kalomel allenthalben, nur ist die Intensit\u00e4t des L\u00f6sungsprozesses an verschiedenen Stellen des Kanals ungleich.\n2.\tAm wenigsten wirksam haben sich der Magensaft und der Mageninhalt erwiesen. Ungeachtet der freien Salzs\u00e4ure ist die Quantit\u00e4t des im Magen gel\u00f6sten Kalomels meistenteils gleich Null.\n3.\tDie L\u00f6sung f\u00e4ngt schon im Duodenum an kolossal zu steigen, obgleich hier die Reaktion noch sauer ist.\n4.\tDer L\u00f6sungsproze\u00df erreicht seinen H\u00f6hepunkt im Ileum.\n5.\tIm Dickdarme wird das in L\u00f6sung befindliche Quecksilber entweder resorbiert, oder vom anwesenden Schwefelwasserstoff ausgef\u00e4llt, so da\u00df im Kot kein l\u00f6sliches Quecksilber vorhanden ist.\n6.\tVon den durch spezielle Fisteln aufgesammelten Reinsekreten erwiesen sich der Magensaft und die Galle, was die L\u00f6sung des Kalomels in vitro bei K\u00f6rpertemperatur anbetrifft,","page":569},{"file":"p0570.txt","language":"de","ocr_de":"570 M. H. Nemser, Zum Chemismus der Verdauung usw.\nv\u00f6llig unwirksam. Am wirksamsten erwies sich der Pankreassaft, weniger der Darmsaft.\n7.\tDie alkalische Reaktion des Speisebreies verhindert nicht die L\u00f6sung des Kalomeis.\n8.\tDie Resorption des Quecksilbers vom Kalomel beginnt nicht fr\u00fcher als im Ileum und wird wahrscheinlich in den oberen Teilen des Dickdarmes vollendet.\n9.\tEin gewisser, bedeutender Teil des eingef\u00fchrten Kalomels wird von der Leber, den Nieren und dem Dickdarme f\u00fcr eine lange Zeit zur\u00fcckgehalten, was f\u00fcr den Organismus nicht ganz indifferent sein d\u00fcrfte.\n10.\tDie genannten Organe sind gerade diejenigen, die eine besondere spezifische Affinit\u00e4t zum Kalomel zeigen, bei denen dasselbe einen besonderen Reiz, eine gesteigerte Funktion hervorruft.\n11.\tDie \u00fcbrigen Organe binden wenig Quecksilber aus dem in den Magen eingef\u00fchrten Kalomel und verhalten sich auch zu demselben indifferent.\nVersuchsprotokoll: \u00abZigan\u00bb. 21.11.06. 200,0 g. mazerierten Fleisches und eine Oblate Kalomel N 1 = 0,3128. Anfang des Versuchs 8 Uhr 20 Min. morgens, \u00fcm 8 Uhr 20 Min. eine Gallenentleerung, 22 Min. eine gro\u00dfe durchsichtige Portion, dann kleinere Portionen in Zwischenr\u00e4umen von 9\u201413 Sek. bis 8 Uhr 25 Min. Jetzt erscheinen kleine Fleischst\u00fcckchen und es zeigte sich wieder eine Beimengung von Galle. Die Portionen erscheinen dann in Zwischenr\u00e4umen von 11\u201415 Sek. Die Portionen werden nun allm\u00e4hlich gr\u00f6\u00dfer und kompakter und erscheinen beinahe ununterbrochen, von Zeit zu Zeit mit Beimengung von Galle.\n8\tUhr 45 Min. Die Entleerungen werden fl\u00fcssiger und seltener in Zwischenr\u00e4umen von 10\u201413 Sek. 10 Uhr 51 Min. Die Entleerungen sind ganz fl\u00fcssig, manchmal mit Fleischst\u00fcckchen. Die Portionen erscheinen nach 8\u201410 Sekunden, 8 Uhr 56 Min. dunkle Galle, 8 Uhr 68 Min. St\u00fcckchen.\n9\tUhr 1 Min. Die Portionen sind winzig klein, nach 25\u201430 Sekunden breiig, gelblich, tr\u00fcbe, fadenziehend. 9 Uhr 13 Min. Reichliche fl\u00fcssige Ausscheidungen aus dem Magen, immer seltener. Die Fistel blieh noch l/s Stunde offen. Es erscheinen w\u00e4hrend dieser Zeit nur einzelne Tropfen Magensaft. Das Gewicht des aufgesammelten Speisebreies betr\u00e4gt 401,0 g. Es wurde zu 750 ccm erg\u00e4nzt und davon 75,0 ccm klar abfiltriert.\nDie \u00fcbrigen Protokolle wurden in derselben Weise gef\u00fchrt und werden daher nicht mitgeteilt.","page":570}],"identifier":"lit37669","issued":"1906","language":"de","pages":"562-570","startpages":"562","title":"Zum Chemismus der Verdauung im tierischen Organismus. IV. Mitteilung. \u00dcber das Schicksal des per os gereichten Kalomels","type":"Journal Article","volume":"48"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:52:46.439302+00:00"}