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{"created":"2022-01-31T16:52:00.353911+00:00","id":"lit37671","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Abderhalden, Emil","role":"author"},{"name":"Alfred Schittenhelm","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 48: 574-576","fulltext":[{"file":"p0574.txt","language":"de","ocr_de":"Erwiderung auf die Bemerkung von L. Mohr \u00fcber unsere Kritik seiner Arbeit \u00ab\u00dcber die Ausscheidung von Aminos\u00e4uren im diabetischen Harn\u00bb.1)\nVon\nEmil Abderhalden und Alfred Schittenhelm.\n(Der Redaktion zugegangen am 26. Juli 1906.)\nWir bedauern sehr, da\u00df Mohr den Sinn unseres Einwurfes* *) seiner Arbeit gegen\u00fcber nicht erfa\u00dft hat, und infolgedessen die Sachlage so darstellt, als h\u00e4tten wir versucht, den Wert seiner Untersuchung durch eine \u00abmangelhafte und entstellte\u00bb Wiedergabe zu schm\u00e4lern. Am besten kl\u00e4rt der Tatbestand \u00fcber unsere Meinungsverschiedenheit auf. L. Mohr verf\u00fcttert einem Hund ohne Pankreas 10 g d-Leucin, d. h. diejenige optische Komponente, die in der Natur wahrscheinlich gar nicht vorkommt, und findet im Urin nach der Behandlung mit \u00df-Naphtalinsulfochlorid einen in feinen, in Kugeln zusammenliegenden, langen Nadeln krystallisierenden K\u00f6rper. Die Stickstoffanalyse ergab 7,4\u00b0/o N. Mohr gibt keine weiteren Eigenschaften an. Wir erfahren nichts \u00fcber die L\u00f6slichkeit des Produktes und nicht einmal etwas \u00fcber seinen Schmelzpunkt. Mohr betont einzig und allein, da\u00df die v\u00f6llige Gleichartigkeit der erhaltenen Krystalle f\u00fcr das Vorhandensein eines einheitlichen K\u00f6rpers spricht. In der neuen Mitteilung erfahren wir noch, da\u00df die Substanz mehrfach umkrystallisiert wurde. Leider finden wir keine Angaben \u00fcber das L\u00f6sungsmittel. Nun erblickt, wie wir ausdr\u00fccklich angegeben haben, Mohr in diesem Befund nur den Wahrscheinlichkeitsbeweis, da\u00df ein Leucinpeptid Vorgelegen hat. Sehr bezeichnend ist unzweifelhaft die Feststellung dieser Vermutung! Das isolierte Produkt hat einen N-Gehalt von 7,4 \u00b0/o ; f\u00fcr das \u00df-Naphtalinsulfoderivat des Leucyl-leucins berechnet Mohr 6,4\u00b0/o und f\u00fcr das entsprechende Derivat des Tripeptids 7,6 \u00b0/o. Hervorheben wollen wir noch, da\u00df Mohr am Schl\u00fcsse seiner Arbeit, wie folgt gesperrt, bemerkt: \u00abich m\u00f6chte es deshalb zum mindesten als h\u00f6chstwahrscheinlich bezeichnen,\n*) Zeitschrift f. experim. Pathol, u. Ther., Bd. II, S. 665, 1906.\n*) Vergl. Emil Abderhalden und Alfred Schittenhelm, \u00dcber den Gehalt des normalen Menschenharnes an Aminos\u00e4uren, Diese Zeitschrift, Bd. XLVII, S. 343, 1906.","page":574},{"file":"p0575.txt","language":"de","ocr_de":"Erwiderung auf die Bemerkung von L. Mohr.\t575\nda\u00df hier zum erstenmal der \u00dcbergang h\u00f6her molekularer Aminos\u00e4nreverbindungen in den Harn nachgewiesen ist.\u00bb\nWir haben nun aus einer sehr reichen Erfahrung heraus ganz allgemein betont, wie vorsichtig man sein mu\u00df, bei Aminos\u00e4uren und ihren Derivaten aus Analysenzahlen irgend welche R\u00fcckschl\u00fcsse zu ziehen, und zwar auch dann, wenn unter dem Mikroskop eine scheinbar einheitliche Substanz nachgewiesen ist. Wir besitzen Analysen von \u00df-Naphtalinsulfoderivaten, die genau auf Glycyl-glycin, Glycyl-leucin und Leucyl-leucin stimmen, und zwar ist in einzelnen F\u00e4llen die \u00dcbereinstimmung im C-, H- und N-Gehalt eine ganz auffallende. Es gelang jedoch in keinem Falle, den Beweis, da\u00df nun diese Verbindungen wirklich vorliegen, zu einem zwingenden zu gestalten. In fast allen F\u00e4llen gelang es, durch sorgf\u00e4ltiges Umkrystallisieren usw. eine Trennung in die einfachen Aminos\u00e4urederivate durchzuf\u00fchren. Es ist klar, da\u00df wir auf Grund dieser Erfahrungen wohl berechtigt waren, ein Urteil \u00fcber eine Feststellung, wie sie Mohr im vorliegenden Fall gemacht hat, zu f\u00e4llen.\nWir weisen Mohrs Antwort ganz entschieden zur\u00fcck. Sie bringt nichts Neues und enth\u00e4lt Vorw\u00fcrfe, die in keiner Weise begr\u00fcndet sind. Der Umstand, da\u00df wir nicht erw\u00e4hnten, da\u00df Mohr d-Leucin verf\u00fctterte, und deshalb auf ein Polypeptid schlo\u00df, ist ganz nebens\u00e4chlich und hat nicht das geringste mit unserer Kritik zu tun. Die Logik Mohrs bei seiner Schlu\u00dffolgerung ist bezeichnend f\u00fcr eine gro\u00dfe Zahl biologischer Arbeiten. Es wird d-Leucin verf\u00fcttert, es findet sich im Harn eine Substanz mit 7,4 \u00b0/o N, einen \u00e4hnlichen N-Wert weist Dileucyl-leucin auf, folglich ist es sehr wahrscheinlich, da\u00df der tierische Organismus aus d-Leucin, d. h. aus der optisch aktiven Komponente, die der nat\u00fcrlich vorkommenden entgegengesetzt ist, ein Polypeptid gebildet hat! Mohr wei\u00df absolut nicht, ob sein Produkt Leucin enthalten hat ! Er nimmt das an, und zwar deshalb, weil er d-Leucin verf\u00fcttert hat! Wir denken, da\u00df die Betonung Mohrs, da\u00df unsere Meinung nur ein Standpunkt und weiter nichts sei, doch nicht ohne weiteres richtig ist. Der Chemiker darf eine Substanz nur dann als identifiziert ansehen, wenn er eine ganze Reihe von Eigenschaften festgestellt und verglichen hat. Von ihm verlangt man eine direkte Beweisf\u00fchrung. Der physiologische Chemiker soll dagegen das Vorrecht haben, trotzdem er durch die Dazwischenschaltung des tierischen K\u00f6rpers unendlich komplizierteren Verh\u00e4ltnissen gegen\u00fcbersteht, auf Grund eines vollst\u00e4ndig ungen\u00fcgenden Tatsachenmateriales bestimmte Schlu\u00dffolgerungen so zurecht zu legen, wie sie ihm plausibel erscheinen! Wir vertreten den Standpunkt, da\u00df von dem physiologischen Chemiker eine mindestens ebenso scharfe Beweisf\u00fchrung zu verlangen ist, wie vom reinen Chemiker. Wir werden uns durch die schweren Angriffe Mohrs nicht abhalten lassen, auch fernerhin auf so schwachen F\u00fc\u00dfen ruhende Angaben, und wenn sie auch nur als vorl\u00e4ufige gekennzeichnet werden, zu besprechen. Es ist klar, da\u00df es f\u00fcr die ganze weitere Ent-","page":575},{"file":"p0576.txt","language":"de","ocr_de":"676 Abderhalden und Schittenhelm, Erwiderung an L. Mohr.\nWicklung der Physiologie des Eiwei\u00dfstoffwechsels in all seinen Einzelheiten von gr\u00f6\u00dftem Werte ist, wenn keine voreiligen Schlu\u00dffolgerungen den weiteren Ausbau verwirren. Der Nachweis, da\u00df d-Leucin im tierischen Organismus direkt zu einem Polypeptid verkettet wird, w\u00e4re nat\u00fcrlich von unabsehbarer Tragweite. Wir heben nochmals hervor, da\u00df Mohrs Befund nach keiner Richtung etwas aussagt und unbedingt ausscheidet. Selbst wenn es in Zukunft gelingen sollte, derartige Synthesen im tierischen Organismus nachzuweisen, so wird die Arbeit Mohrs nicht als erster derartiger Befund gelten d\u00fcrfen.\t,","page":576}],"identifier":"lit37671","issued":"1906","language":"de","pages":"574-576","startpages":"574","title":"Erwiderung auf die Bemerkung von L. Mohr \u00fcber unsere Kritik seiner Arbeit \u00ab\u00dcber die Ausscheidung von Aminos\u00e4uren im diabetischen Harn\u00bb","type":"Journal Article","volume":"48"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:52:00.353916+00:00"}