Open Access
{"created":"2022-01-31T16:39:22.083051+00:00","id":"lit37755","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Abderhalden, Emil","role":"author"},{"name":"F. Medigreceanu","role":"author"},{"name":"L. Pincussohn","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 61: 205-209","fulltext":[{"file":"p0205.txt","language":"de","ocr_de":"Vergleichende Hydrolyse von Seide durch kochende rauchende Salzs\u00e4ure, 25 \u00b0/o ige Schwefels\u00e4ure, 25\u00b0/o ige Natronlauge Und hei\u00df ges\u00e4ttigte Barytl\u00f6sung,\nVon\nEmil Abderhalden, F. Medigreceanu und L. Pineussohn.\n(Aus dem physiologischen Institute der tier\u00e4rztlichen Hochschule, Berlin.)\n(Der Redaktion zugegangen am 7. Juli 1909.)\t\u2018\nEs ist wiederholt die Vermutung ausgesprochen worden, da\u00df die bei der totalen Hydrolyse von Proteinen mit starken S\u00e4uren entstehenden Abbauprodukte \u2014 die Aminos\u00e4uren \u2014 zum Teil wenigstens im Eiwei\u00df nicht vorgebildet seien. Es sollten in den Proteinen Komplexe enthalten sein, welche beim Abbau sekund\u00e4r bestimmte Aminos\u00e4uren liefern. Diese Annahme hat wenig f\u00fcr sich. Vor allem spricht die Tatsache, da\u00df beim Abbau der Proteine durch Fermente dieselben Aminos\u00e4uren erhalten werden, wie bei der totalen Hydrolyse mit S\u00e4uren, daf\u00fcr, da\u00df die einzelnen Aminos\u00e4uren als solche im Eiwei\u00df enthalten sind. Einzig f\u00fcr das Prolin und Oxyprolin ist die M\u00f6glichkeit einer sekund\u00e4ren Entstehung nicht ausgeschlossen. Es ist bis jetzt nicht gegl\u00fcckt, diese beiden Aminos\u00e4uren aus dem Verdauungsgemisch von Proteinen direkt in reinem Zustande zu isolieren. Umfassende Versuche nach dieser Richtung sind im Gange. Nun finden sich in der Literatur. Angaben, wonach die Ausbeuten an verschiedenen Aminos\u00e4uren sehr verschiedene sind, je nach dem Mittel, mit dem man den totalen Abbau von Proteinen herbeif\u00fchrt. So sollte z. B; nach Kutscher und Seemann1) bei der Spaltung mit siedender\n*) Fr. Kutscher und J. Seemann, Beitrag zur Kenntnis der Verdauung im D\u00fcnndarm. Vorl\u00e4ufige Mitteilung. Diese Zeitschrift, Bd. XLIX, S. 298, 1906.\nHoppc-Seyler\u2019s Zeitschrift f. physiol. Chemie. LX1.\t'\t14","page":205},{"file":"p0206.txt","language":"de","ocr_de":"206 E. Abderhalden, F. Medigreceanu und L. Pincussohn,\nkonzentrierter Salzs\u00e4ure mehr Glutamins\u00e4ure aus einem bestimmten Protein entstehen, als bei Anwendung von33\u00b0/oiger Schwefels\u00e4ure. Der eine von uns hat bereits in Gemeinschaft mit Funk1) darauf hingewiesen, da\u00df diese Beobachtungen nicht richtig sind. Neuerdings sind Skraup und T\u00fcrk2) zu dem gleichen Resultat gelangt. Wir hatten auch wiederholt Gelegenheit, die bei der totalen Hydrolyse von bestimmten Proteinen \u2014 Edestin, Gliadin, Casein \u2014 durch rauchende Salzs\u00e4ure und 25\u00b0/oige Schwefels\u00e4ure erhaltenen Mengen an Glutamins\u00e4ure mit der Ausbeute an dieser Aminos\u00e4ure zu vergleichen, die bei der successiven Verdauung mit Pankreas- und Darmsaft erhalten worden war. Auch hier fanden sich keine wesentlichen Unterschiede. Es weisen somit alle Beobachtungen darauf hin, da\u00df beim totalen Abbau der Proteine mit verschiedenen Mitteln im allgemeinen dieselben Aminos\u00e4uren und in ann\u00e4hernd den gleichen Ausbeuten erhalten werden.\nEs erschien uns nicht \u00fcberfl\u00fcssig, durch eine systematische Untersuchung eine weitere Kl\u00e4rung der eben erw\u00e4hnten Frage herbeizuf\u00fchren. Wir w\u00e4hlten als Ausgangsmaterial einen seiner Zusammensetzung nach m\u00f6glichst gut bekannten Eiwei\u00dfk\u00f6rper, n\u00e4mlich die Seide. Sie besteht nach den Untersuchungen Emil Fischers fast ausschlie\u00dflich aus Monoaminos\u00e4uren und zwar herrschen Glykokoll, Alanin, Serin und Tyrosin vor. Wir gingen von gew\u00f6hnlicher Abfallseide aus. Sie wurde nicht degommiert. Je 100 g dieser Seide wurden 1. mit rauchender Salzs\u00e4ure, 2. mit 25\u00b0/oiger Schwefels\u00e4ure, 3. mit 25\u00b0/oiger Natronlauge und 4. mit hei\u00df ges\u00e4ttigter Barytl\u00f6sung hydrolysiert. Es wurden bestimmt Tyrosin, Glykokoll und Alanin. Es ergab sich, da\u00df die Ausbeuten an diesen Aminos\u00e4uren ann\u00e4hernd die gleichen waren. Die Unterschiede lassen sich ohne weiteres auf die angewandte Methodik zur\u00fcckf\u00fchren. Hervorgehoben sei, da\u00df\n') Emil Abderhalden und Casimir Funk, Beitrag zur Kenntnis der beim Kochen von Casein mit 25\u00b0/o iger Schwefels\u00e4ure und mit starker Salzs\u00e4ure entstehenden Spaltungsprodukte. Diese Zeitschrift, Bd. LUI, S. 19,1907.\n*) Zd. H. Skraup und W. T\u00fcrk, Notiz \u00fcber die Hydrolyse von Casein mit Salzs\u00e4ure und Schwefels\u00e4ure. Monatshefte f\u00fcr Chemie, Bd. XXX, S. 287, 1909.","page":206},{"file":"p0207.txt","language":"de","ocr_de":"Vergleichende Hydrolyse von Seide usw.\t207\nbei der Hydrolyse mit Natronlauge und mit Baryt die Ausbeuten an Tyrosin etwas h\u00f6her waren, als bei der Hydrolyse mit S\u00e4uren ; ferner ist von Interesse, da\u00df, wie vorauszusehert war, beim Abbau mit Alkalien ausgedehnte Racemisierung eintritt, und zwar erfolgt sie offenbar schon vor erfolgtem Abbau, wie Beobachtungen bei der partiellen Hydrolyse von Seide mit Natronlauge und mit Baryt ergaben. \u00dcber diese Versuche soll sp\u00e4ter berichtet werden.1)\n1. Hydrolyse mit rauchender Salzs\u00e4ure (spez. Gew. 1,19).\nDie Hydrolyse wurde in \u00fcblicher Weise durch 6 st\u00e4ndiges Kochen mit der 3 fachen Menge S\u00e4ure herbeigef\u00fchrt. Das dunkel gef\u00e4rbte Hydrolysat wurde filtriert. Der R\u00fcckstand wog nach wiederholtem Auswaschen mit Salzs\u00e4ure, Wasser und Alkohol 3,5 g. Die Waschw\u00e4sser wurden* mit dem Filtrat vereinigt und die Salzs\u00e4ure mit der berechneten Menge Natronlauge genau neutralisiert. Vom ausfallenden Tyrosin wurde abfiltriert. Es fiel zun\u00e4chst in Form dunkelbraun gef\u00e4rbter Flocken aus. Die Ausbeute an Tyrosin betrug nach erfolgtem Umkrystallisieren aus hei\u00dfem Wasser unter Anwendung von Tierkohle 6,2 g.\nDie Mutterlauge vom Tyrosin wurde unter vermindertem Druck zur Trockene verdampft und der R\u00fcckstand dann in gewohnter Weise verestert. Der ganze Proze\u00df wurde nach jedesmaliger Abscheidung des Glykokollesterchlorbydrates so lange wiederholt, bis keine Krystallisation mehr erfolgte. Die Ausbeute an Glykokoll betrug 26 g.\nDie Mutterlauge vom Glykokollesterchlorhydrat wurde nunmehr unter vermindertem Druck verdampft und die Ester mit Kaliumcarbonat und Alkali in \u00fcblicher Weise in Freiheit gesetzt. Die Ester wurden in zwei Fraktionen a\u00fcfgefangen, n\u00e4mlich bei 0,3 mm Druck bis 100\u00b0 des Wasserbades und von 100\u2014200\u00b0 des \u00d6lbades bei gleichem Druck.\n\u2018) Vgl. hierzu: A. Kossel und F. Weiss, \u00dcber die Einwirkung von Alkalien auf Proteinstoffe. I. Mitteilung. Diese Zeitschrift, Bd..LIX, S. 492, 1909, und II, Mitteilung. Ebenda, Bd. LX, S. 311, 19\u00d69.\n14*","page":207},{"file":"p0208.txt","language":"de","ocr_de":"208 Abderhalden, Medigreceanu und Pincussohn,\ni\nFraktion I hinterlie\u00df nach erfolgter Verseifung mit Wasser und Eindampfen einen R\u00fcckstand von 25 g.\nFraktion II wog nach Verseifung mit Baryt und Entfernung des Baryts mit Schwefels\u00e4ure und Eindampfung des Filtrates vom Baryumsulfat 10 g.\nAn Alanin wurden isoliert 13,5 g. [\u00ab]\u00ae0 = -f- 9}2\u00b0 (in der berechneten Menge Salzs\u00e4ure gel\u00f6st).\n2. Hydrolyse mit 25\u00b0/oiger Schwefels\u00e4ure.\n100 g Seide wurden mit 500 ccm 25 \u00b0/oiger Schwefels\u00e4ure 16 Stunden am R\u00fcckflu\u00dfk\u00fchler gekocht. Es hinterblieb ein R\u00fcckstand von 4,2 g. Das filtrierte Hydrolysai wurde mit Baryt quantitativ von Schwefels\u00e4ure befreit. Der abfiltrierte Baryum-sulfatniederschlag wurde so lange mit Wasser ausgekocht, bis das Filtrat keine Millonsche Reaktion mehr gab. S\u00e4mtliche Filtrate wurden dann eingeengt und das in verschiedenen Fraktionen ausgeschiedene Tyrosin aus hei\u00dfem Wasser umkrvstal-lisiert. Ausbeute 7,0 g Tyrosin.\nDie weitere Verarbeitung erfolgte in genau der gleichen Weise, wie es oben bei der Salzs\u00e4urehydrolyse beschrieben wurde. Die entsprechenden Werte sind:\nAusbeute an Glykokoll 26,5 g, an Alanin 12,9 g. ([\u00ab]\u201c. = + 8,9\u00bb),\nFraktion I wog 23,0 g.\nFraktion II wog 8,0 g.\n3. Hydrolyse mit 25\u00b0/oiger Natronlauge.\n100 g Seide wurden mit 500 ccm 25\u00b0/oiger Natronlauge 20 Stunden am R\u00fcckflu\u00dfk\u00fchler gekocht. Das filtrierte Hydrolysat hinterlie\u00df beim Filtrieren einen R\u00fcckstand von 4,0 g. Die Natronlauge wurde mit Salzs\u00e4ure genau neutralisiert und die L\u00f6sung zur Abscheidung des Tyrosins eingeengt. Ausbeute an Tyrosin = 8,0 g. ([ct]IJ00 in 4\u00b0/oiger Salzs\u00e4ure = 0).\nDie Mutterlauge vom Tyrosin wurde eingedampft und nach Zugabe von Alkohol gasf\u00f6rmige Salzs\u00e4ure eingeleitet. Vom Kochsalz wurde sofort hei\u00df abfiltriert und der R\u00fcckstand so","page":208},{"file":"p0209.txt","language":"de","ocr_de":"Vergleichende Hydrolyse von Seide usw.\t209\nlange mit hei\u00dfer alkoholischer Salzs\u00e4ure'.gewaschen, bis er schneewei\u00df war. Die Veresterung wurde auch hier so lange wiederholt, bis alles Glykokoll als Esterchlorhydrat ausgefallen war. Ausbeute an Glykokoll 27,0 g.\nDie Verarbeitung auf die \u00fcbrigen Aminos\u00e4uren erfolgte wie oben beschrieben. Fraktion I wog 20,0 g und Fraktion II 7,0 g. Ausbeute an Alanin 13,5 g. ([a]^00 = 0\u00b0).\n4. Hydrolyse mit ges\u00e4ttigter Barytl\u00f6sung.\n500 ccm Wasser wurden hei\u00df mit Baryt ges\u00e4ttigt und auf 100 g Seide gegossen. Die Hydrolyse war nach 60st\u00fcndigem Kochen vollst\u00e4ndig. Das Hydrolysat wurde hei\u00df abfiltriert. .Es hinterblieb ein R\u00fcckstand von 9,0 g. Das Filtrat Wurde durch Zugabe von Schwefels\u00e4ure quantitativ von Baryt befreit und dann in der \u00fcblichen Weise Tyrosin abgeschieden. Selbstverst\u00e4ndlich wurde auch hier der Baryumsulfatniederschlag gr\u00fcndlich ausgekocht. Ausbeute an Tyrosin 7,5 g, an Glykokoll 20,0 g und an Alanin 11,0 g. Tyrosin und Alanin waren vollst\u00e4ndig racemisch. Fraktion I wog 18,5 g und Fraktion II 8,5 g.\n\u00dcberblickt man die erhaltenen Resultate und ber\u00fccksichtigt man die mannigfaltigen Manipulationen und die dadurch bedingten Fehlerquellen, dann kommt man zum Schl\u00fcsse, da\u00df in engen Grenzen gleiche Mengen an Aminos\u00e4uren erhalten werden, gleichg\u00fcltig, ob man S\u00e4uren oder Alkalien zur Hydrolyse von Seide verwendet. Wir haben diese Versuche dreimal durchgef\u00fchrt und stets das gleiche Resultat erhalten: Erw\u00e4hnt sei noch, da\u00df beim Stehen von Seide mit 33 \u00b0/.o iger Natronlauge schon bei Zimmertemperatur auffallend bald Tyrosin frei wird.","page":209}],"identifier":"lit37755","issued":"1909","language":"de","pages":"205-209","startpages":"205","title":"Vergleichende Hydrolyse von Seide durch kochende rauchende Salzs\u00e4ure, 25%ige Schwefels\u00e4ure, 25%ige Natronlauge und hei\u00dfges\u00e4ttigte Barytl\u00f6sung","type":"Journal Article","volume":"61"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:39:22.083056+00:00"}