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{"created":"2022-01-31T16:20:26.237821+00:00","id":"lit37756","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Rollett, Adolf","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 61: 210-214","fulltext":[{"file":"p0210.txt","language":"de","ocr_de":"Ober die Alkoholyse des Lecithins.\nVon\nAdolf Rollett.\n(Aas der chemischen Abteilung des physiologischen Instituts der Universit\u00e4t Berlin.) (Der Redaktion zugegangen am 12. Juli 1909.) * * * 4\nIn der Literatur und den Lehrb\u00fcchern ist die Annahme verbreitet, da\u00df die Spaltung des Lecithins in saurer L\u00f6sung nur schwierig erfolgt. MacLean1) widerlegt diese Anschauung und gibt der sauren Spaltung zum Zweck der Cholingewinnung vor der alkalischen sogar den Vorzug.\nBei vorliegender Untersuchung, die auf Anregung von Herrn Professor Thierfelder ausgef\u00fchrt wurde, handelte es sich um die Isolierung der Fetts\u00e4uren, die wom\u00f6glich als Ester durch fraktionierte Destillation getrennt werden sollten.\nNun ist es von der Fettchemie her eine bekannte Tatsache, da\u00df sich Fette durch Kochen mit methylalkoholischer Salzs\u00e4ure in Methylester der entsprechenden Fetts\u00e4uren umwandeln lassen. Diese Reaktion wurde zuerst von Roc tiled er*) zum Zwecke der Glyceringewinnung angewandt. Dann betonte Berthelot3) ihren allgemeinen Charakter. Haller4) endlich hat vot relativ kurzer Zeit diese Reaktion zum Studium der Fette und \u00d6le benutzt.\nBei den \u00d6len, die stark unges\u00e4ttigte S\u00e4uren enthalten, st\u00f6\u00dft die Reaktion insofern auf Schwierigkeiten, als das Produkt zum Teil verharzt und die resultierende teerartige Masse wenig zu weiteren Untersuchungen einl\u00e4dt. Haller5) sucht diesem \u00dcbelstande durch Anwendung eines L\u00f6sungsmittels abzuhelfen \u2014 er schl\u00e4gt \u00c4ther, Benzol oder Tetrachlorkohlenstoff vor.\n*) Diese Zeitschrift, Bd. LIX, S. 223, 1909.\n\u2022) Liebigs Ann., Bd. LIX, S. 260, 1846.\na) Ann. de chimie et physique, III\u00ab s\u00e9rie, Bd. XLI, S. 311, 1851.\n4) Comptes rendus, Bd. CXLIII, S. 657, 1906; Haller und Jous-souffian, Bd. CXLIII, S. 803.\n8) Comptes rendus, Bd. CXLIV, S. 462, 1907.","page":210},{"file":"p0211.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Alkoholyse des Lecithins.\t211\nEs gelang ihm sogar \u2014 bei Anwendung von \u00c4ther \u2014 zwei neue S\u00e4uren, Stearin- und Arachins\u00e4ure, im Lein\u00f6l aufzufinden.1)\nDiese Umesterung \u2014 Haller sehl\u00e4gt die Bezeichnung \u00abAlkoholyse\u00bb vor \u2014 l\u00e4\u00dft sich aber leicht auch ohne Anwendung von L\u00f6sungsmitteln ausf\u00fchren; man braucht nur dem Gemisch von \u00d6l und methylalkoholischer Salzs\u00e4ure etwas Zinn oder Zink zusetzen. Der naszierende Wasserstoff verhindert eine Anlagerung von Halogen an die unges\u00e4ttigten S\u00e4uren. Eine weitere Reduktion derselben \u2014 etwa bis zur Stearins\u00e4ure \u2014 ist nicht zu bef\u00fcrchten, da ja nach Hazura8) die Linols\u00e4ure durch Reduktion ihres Tetrabromids mit Zinn und alkoholischer Salzs\u00e4ure dargestellt wird. Dasselbe \u2014 Best\u00e4ndigkeit gegen naszierenden Wasserstoff \u2014 gilt auch f\u00fcr die andern unges\u00e4ttigten Fetts\u00e4uren.\nEs ist selbstverst\u00e4ndlich, da\u00df man mit Hilfe des beschriebenen Kunstgriffes auch mit Leichtigkeit verschiedene leicht oxydable S\u00e4uren verestern kann. Dies wurde mit bestem Erfolge an den durch Verseifung von Lein\u00f6l erhaltenen Fetts\u00e4uren versucht. Wegen der Details der Methodik verweise ich auf den experimentellen Teil.\nNach diesen Vorversuchen konnte die Alkoholyse des Lecithins in Angriff genommen werden. Zur Verwendung gelangten verschiedene Fraktionen von Eigelblecithin. Sie wurden mit Zinn und methylalkoholischer Salzs\u00e4ure mehrere Stunden am R\u00fcckflu\u00dfk\u00fchler gekocht, die entstandenen Ester m\u00eet P\u00e9trol-\u00e4ther ausgesch\u00fcttelt und im Vakuum destilliert. Wie aus dem experimentellen Teil hervorgeht, wurden auf diese Art die Ester in einer Ausbeute bis zu 92,6 \u00b0/o erhalten, berechnet auf die bekannte Formel des Distearyllecithins.\nDie Untersuchung der Ester und insbesondere der Nachweis der verschiedenen Fetts\u00e4uren in dem Gemisch ist zu keinem Abschlu\u00df gekommen. Dies mu\u00df den Gegenstand weiterer Untersuchungen bilden. Do,ch m\u00f6chte ich jetzt schon auf ein ziemlich bemerkenswertes Ergebnis hinw\u00e9isen.\nVon den verwendeten Lecithinen wurde stets, ebenso wie von den erhaltenen Estern, die J\u00f6dzahl bestimmt. Der\n\u2018) Comptes rendus, Bd. CXLVI, S. 257, 1908.\n*) Monatshefte f. Chemie, Bd. VIII, S. 147, 1887.","page":211},{"file":"p0212.txt","language":"de","ocr_de":"212\nAdolf Rollett,\nabsolute Wert der Jodzahl war begreiflicherweise bei den Estern stets h\u00f6her als bei den entsprechenden Lecithinfraktionen. Setzt man im Lecithin die Jodzahl willk\u00fcrlich = 100, so berechnet sich unter der Annahme, da\u00df die Doppelbindungen nur in den S\u00e4ureresten Vorkommen, beim Distearyllecithin f\u00fcr die Ester eine Jodzahl von 135,4. Ist das Molekulargewicht der Fetts\u00e4uren geringer als das der Stearins\u00e4ure, so mu\u00df die Jodzahl noch mehr ansteigen und z. B. bei S\u00e4uren vom Molekulargewicht der Palmitins\u00e4ure 139 erreichen.\nIst das Lecithin unrein oder teilweise oxydiert, so mu\u00df das Ansteigen der Jodzahl noch gr\u00f6\u00dfer werden.\nDies wurde auch bei manchen Fraktionen beobachtet: bei Versuch I, bei dem ein ziemlich unreines, dunkel gef\u00e4rbtes Pr\u00e4parat zur Verwendung kam, war das Verh\u00e4ltnis der Jodzahlen sogar 100 : 165. Bei andern Fraktionen jedoch, und gerade bei der besonders reinen Fraktion II, betrug das Ansteigen der Jodzahl nur 100 : 125,7.\nDiese Tatsache l\u00e4\u00dft sich schwer anders deuten, als durch die Annahme, da\u00df im Lecithinmolek\u00fcl au\u00dfer den Fetts\u00e4uren noch eine andere Quelle der Jodaddition vorhanden ist. Man k\u00f6nnte an die Base denken, die die Versuche von MacLean1) neben dem Cholin vermuten lassen. Es w\u00e4re gewi\u00df von Interesse gewesen, diesbez\u00fcgliche Versuche anzustellen. Da es mir indes aus \u00e4u\u00dferen Gr\u00fcnden nicht m\u00f6glich war, die Untersuchung fortzufiihren, mu\u00df ich mich auf diesen kurzen Hinweis beschr\u00e4nken.\nExperimenteller Teil.\nLein\u00f6lester aus Lein\u00f6l.\n30 g Kahlbaumsches Lein\u00f6l von der Jodzahl 185,0 wurden mit 300 ccm 2-n-methylalkohoIischer Salzs\u00e4ure und ca. 50 g granulierten Zinns 6 Stunden am Wasserbad am R\u00fcckflu\u00dfk\u00fchler gekocht. Das \u00d6l, das zuerst unter der Alkoholl\u00f6sung sich befand, stieg gegen Ende an die Oberfl\u00e4che. Eine Dunkelf\u00e4rbung fand nicht statt. Nach dem Abk\u00fchlen wurde das Reaktionsprodukt vom \u00fcbersch\u00fcssigen Zinn abgegossen,\n*) Diese Zeitschrift, Bd. LIX, S. 223, 1909.","page":212},{"file":"p0213.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Alkoholyse des Lecithins.\t213\nmit Petrol\u00e4ther zweimal ausgesch\u00fcttelt; der Petrol\u00e4therauszug zweimal mit Wasser gesch\u00fcttelt (zur Entfernung von Alkohol), dann mit Natriumsulfat getrocknet und nach dem Verdunsten des Petrol\u00e4thers der R\u00fcckstand im Vakuum destilliert. Die Ester gingen bei 20 mm zwischen 216\u00b0 und 236\u00b0 \u00fcber und bildeten ein wasserhelles \u00d6l, w\u00e4hrend ein geringer dunkler R\u00fcckstand zur\u00fcckblieb. Die Ausbeute betrug 265 g = 88,3 o/o. Die Jodzahl des Destillates wurde wieder zu 185,0 gefunden.\nVeresterung von Lein\u00f6ls\u00e4ure.\n24 g Kahlbaumsche \u00abLein\u00f6ls\u00e4ure\u00bb1) von der Jodzahl 178,3 wurden mit 200 ccm 2-n-methylalkoholischer Salzs\u00e4ure und ca. 50 g Zink 4 Stunden am R\u00fcckflu\u00dfk\u00fchler gekocht; die weitere Verarbeitung gestaltete sich genau wie oben. Der Verdampfungsr\u00fcckstand war hell bernsteingelb gef\u00e4rbt und ergab bei der Destillation wieder ein wasserhelles \u00d6l. Der Siedepunkt lag bei 14/15 mm zwischen 213\u00b0 und 222 \u00f6. Die Ausbeute betrug 22 g = 87,3;%. Die Jodzahl betrug 174,1. Aus der Jodzahl der angewandten S\u00e4ufren w\u00fcrde sich 169,8 berechnen.\nBei der Titration erwies sich der Ester als s\u00e4urefrei\nAlkoholyse von Lecithin.\nVon den zahlreichen angestellten Versuch\u00e8n will\u2022ich drei typische herausgreifen, welche das verschieden hohe Ansteigen der Jodzahlen illustrieren.\n1. Versuch. Zur Verwendung gelangte ein Lecithin von ziemlich tief brauner Farbe, es war ein \u00e4lteres wenig reines Pr\u00e4parat von der Jodzahl 27,6 (Wijs); der Versuch sollte als Vorversuch dienen.\t*\n20,5 g von diesem Pr\u00e4parat wurden mit 105 ccm 2,5-n-methvlalkoholischer Salzs\u00e4ure und ca. 30 g Zinn 8 Stunden am R\u00fcckflu\u00dfk\u00fchler gekocht. Die L\u00f6sung bzw\\ Suspension, die an-fangs fast teerartig gef\u00e4rbt war, wurde mit der Zeit ziemlich\n\u2018) Zu anderen Versuchen wurde eine aus Kahlbaumschem Lein\u00f6l durch Verseifen gewonnene S\u00e4ure genommen. Diese war dunkler gef\u00e4rbt als die Kahlbaumsche \u00abLein\u00f6ls\u00e4ure\u00bb, hatte aber eine weit h\u00f6here Jod-2ah 1 * Sonst gestaltete sich der Versuch \u00e4hnlich.","page":213},{"file":"p0214.txt","language":"de","ocr_de":"214 Adolf Rollett, \u00dcber die Alkoholyse des Lecithins.\nhell. Die oben aufschwimmenden Ester wurden nach dem Abk\u00fchlen mit Petrol\u00e4ther ausgesch\u00fcttelt, der Auszug mit Natriumsulfat getrocknet, verdunstet und im Vakuum destilliert. Die Substanz ging bei 21 mm zwischen 205 und 235\u00b0 \u00fcber, unter Zur\u00fccklassung eines geringen teerartigen R\u00fcckstandes., Erhalten wurden 10,7 g = 70,7\u00b0/o. Die Jodzahl (Wijs) wurde zu 45,6 gefunden. Das Verh\u00e4ltnis der Jodzahlen betrug also 100 : 165 statt berechnet 100 : 135,4.\n2.\tVersuch. 10,8g hellgelbes, wie Colophonium pulverisierbares Lecithin, von der Jodzahl 69 (H\u00fcbl) wurde genau in derselben Weise behandelt, nur wurde statt des Zinns ca. 30 g granuliertes Zink genommen. Der Siedepunkt der Ester betrug bei 32 mm 218\u2014250\u00b0. Erhalten wurden 7,3 g = 91,5 \u00b0/o. Die Jodzahl (H\u00fcbl) wurde zu 86,7 gefunden. Das Verh\u00e4ltnis der Jodzahlen betrug also 100 : 125,7, statt 100 : 135,4.\n3.\tVersuch. 45 g Lecithin von der Jodzahl 62,5 (Wijs) wurde in 20 ccm Methylalkohol gel\u00f6st, nach 24 Stunden von einem geringen Bodensatz abfiltriert; es wurde noch 250 ccm 5-n-methylalkoholischer Salzs\u00e4ure und etwas Zink zugef\u00fcgt und 8 Stunden am R\u00fcckflu\u00dfk\u00fchler gekocht. Die weitere Verarbeitung erfolgte wie gew\u00f6hnlich.\nEs wurden 30,7 g destillierte Ester erhalten, die bei 21 mm zwischen 205 und 245\u00b0 siedeten, die Hauptmenge ging bei 2151226\u00b0 \u00fcber. Die Ausbeute betrug 92,4 \u00b0/o ; die Jodzahl (Wijs) wurde zu 85,4 gefunden. Das Verh\u00e4ltnis der Jodzahlen (100: 136,7) kam in diesem Falle dem theoretischen (100 : 135,4) recht nahe.\nW\u00e4hrend also das unreine Material von Versuch 1 die erwartete hohe Steigerung und das reine Produkt von Versuch 3 die nahezu theoretische Zunahme der Jodzahl zeigte, nahm letztere bei Versuch 2 und ebenso bei mehreren anderen, mit reinem Material angestellten Versuchen zwar ihrem absoluten Werte nach zu, aber in geringerem Ma\u00dfe, als die bekannte Lecithinformel erheischt.","page":214}],"identifier":"lit37756","issued":"1909","language":"de","pages":"210-214","startpages":"210","title":"\u00dcber die Alkoholyse des Lecithins","type":"Journal Article","volume":"61"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:20:26.237839+00:00"}