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{"created":"2022-01-31T16:41:28.823414+00:00","id":"lit37763","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Hinselmann, Hans","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 61: 265-275","fulltext":[{"file":"p0265.txt","language":"de","ocr_de":"Glykogenabbau und Zuckerbildung in der Leber normaler und pankreasdiabetischer Hunde'\nVon\nDi. Hans Hinselmann.\n(Aus der medizinischen Klinik Heidelberg. Geh Rat Krehl.)\n(Der Redaktion zugegangen am 20. Juli l!K)\u2018J.)\nDie Fragen \u00fcber die Art der Entstehung der Hyperglyk\u00e4mie beim Pankreasdiabetes sind noch nicht endg\u00fcltig gekl\u00e4rt. Bang *) fand beim Hunde keine nennenswerte Erh\u00f6hung des Glykogenabbaus in der Leber beim Pankreasdiabetes. \u00car vergleicht allerdings seine Werte mit Normalwerten von Kaninchen, weshalb neue Versuche, die nur an Hundematerial ausgef\u00fchrt sind, n\u00f6tig erscheinen.\nAuch Zegla2) hat neuerdings Untersuchungen \u00fcber den Diastasegehalt der Leber unter den verschiedensten Verh\u00e4ltnissen angestellt und fand mit der Wo hl gern utschen Methode bei drei pankreasdiabetischen Hunden am 9., 10. und 40. Tage nach der Operation einen bedeutend geringeren Diastasegehalt der Leber als bei Normaltieren.\nNach anderen Erfahrungen erscheint eine erneute Pr\u00fcfung dieser Fragen unter Ber\u00fccksichtigung einigerma\u00dfen funktionell gleichwertiger Verh\u00e4ltnisse der Leber angebracht. Es mu\u00df der Glykogenabbau auf ein Minimum reduziert werden, was man am besten mit einer m\u00f6glichst guten F\u00fctterung der Tiere zu erreichen sucht. Als Ausdruck daf\u00fcr darf man eine Gewichtszunahme der Tiere oder mindestens eine Gewichtskonstanz ansehen. Auch auf die zeitlichen Verh\u00e4ltnisse ist zur Erhaltung von Vergleichswerten zu achten.\nMethodisches.\nDa die Untersuchungen einen m\u00f6glichst hohen Glykogengehalt der Leber w\u00fcnschenswert machten, wurden die Hunde 3 Tage lang bei einer so reichlichen Kost im K\u00e4fig gehalten, da\u00df ihnen stets Nahrung zur Verf\u00fcgung stand. Gereicht wurde Milch und Hundekuchen. Hierauf wurde nach uem Vorgehen von Bang die Leber m\u00f6glichst schnell in Narkose","page":265},{"file":"p0266.txt","language":"de","ocr_de":"Hans Hinselmann,\nherausgenommen, bei den Normalhunden in Chloroform-, bei den operierten Hunden in Morphium-\u00c4thernarkose. Da hierbei eine Anzahl von Faktoren wirksam ist, die vielleicht auf den Blutzuckergehalt einen Einflu\u00df haben, wie der Chok, die Narkose, die mehr oder weniger starke Asphyxie u. a., wurde ganz besonders auf Gleichm\u00e4\u00dfigkeit der Versuchsbedingungen geachtet, die praktisch allerdings nur bis zu einem gewissen Grade zu erreichen ist.\nNach der Herausnahme der Leber, die mit Narkose etwa 5 bis 10 Minuten in Anspruch nahm, wurde sie gewogen und ein Teil ohne Entblutung in einer gew\u00f6hnlichen Fleichmaschine oder auf dem Wiegebrett zerkleinert. Von dem gut durchger\u00fchrten Leberbrei wurden 25 g f\u00fcr die Glykogenprobe und 25 g f\u00fcr die Zuckerextraktion abgewogen. In durchschnittlich 30 Minuten nach der Herausnahme kochten die Proben, pie andere H\u00e4lfte der Leber wurde in einer verdeckten Glasschale 7 Stunden bei 3f>\u00b0 gehalten und die Eintrocknung durch Wasserzusatz in der Glasschale verh\u00fctet. Nach dieser Zeit wurde dieser Teil der Leber ebenfalls zerkleinert. Dabei wurden von den Schnittfl\u00e4chen breite St\u00fccke weggeschnitten, um so die Zone zu entfernen, in der Bakterienwirkung zu bef\u00fcrchten war. Meist waren die Schnittfl\u00e4chen \u00fcbrigens sehr klein, da die Hundeleber stark gelappt ist. Von diesem zweiten Leberbrei wurden dann in gleicher Weise wie beim ersten je 25 g zur Glykogen- und Zuckerprobe abgewogen und so zum Kochen gebracht, da\u00df m\u00f6glichst genau 7 Stunden nach dem Auf kochen der ersten Probe verflossen waren (siehe Protokolle). Diese Versuchsanordnung unterscheidet sich von der Bangschen dadurch, da\u00df er mit entblutetem und mit Toluol versetztem Leberbrei arbeitete. Wegen des Schutzes der Capsula Glissoni und der Entfernung der Schnittfl\u00e4che war unter Umgehung des Toluols eine erheblichere Bakterienwirkung in meinen F\u00e4llen unwahrscheinlich ; jedoch wurde nicht untersucht, ob das Innere der Leber tats\u00e4chlich steril war. War bei der Digestion des Leberbreies wegen der innigen Vermischung der Blutdiastase und des Leberbreies eine sorgf\u00e4ltige Entblutung in den Bangschen Versuchen unbedingt n\u00f6tig, so erscheint sie hier \u00fcberfl\u00fcssig, weil postmortale Ver\u00e4nderungen der Gef\u00e4\u00dfw\u00e4nde der Blutdiastase wohl nicht ungehinderten Zutritt zum Lebergewebe gestatten. \u00dcber dies ist darauf hinzuweisen, da\u00df bei nicht intensiver Entblutung verschieden gro\u00dfe Blutmengen Zur\u00fcckbleiben k\u00f6nnen, und wenn man vollst\u00e4ndig entblutet, ist damit zu rechnen, da\u00df wom\u00f6glich verschieden gro\u00dfe Mengen Lymph- und Leberdiastase mit fortgesp\u00fclt werden. Aus diesen Gr\u00fcnden wurde die Leber nicht entblutet. Die Glykogenanalyse wurde im wesentlichen nach der Vorschrift Pfl\u00fcgers ausgef\u00fchrt, jedoch auf Empfehlung Bangs unter Verwendung der Zentrifuge. Ob nicht die hierbei vorgeschriebene Dekantierung eine Fehlerquelle sein kann, w\u00e4re immerhin in Erw\u00e4gung zu ziehen. Einige Male, im Vergleich zu den recht zahlreichen Analysen allerdings selten, war oberhalb des Bodens, von ihm durch klare Fl\u00fcssig-","page":266},{"file":"p0267.txt","language":"de","ocr_de":"Glykogenabbau und Zuckerbildung in der Leber von Hunden. 267\nkeit getrennt, eine Wolke von Alkalialbuminat (?), die beim Dekantieren mit ausgegossen wurde, und es w\u00e4re nicht ausgeschlossen, da\u00df damit geringe Mengen von Glykogen mit entfernt wurden. Diese Schichtung fand sich allerdings fast nur bei Proben, die wenig Glykogen enthielten. Es scheint so, als ob bei irgendwie erheblicherem Glykogengehalt das ausfallende Glykogen das Albuminat mit sich rei\u00dft.\nDas invertierte Glykogen wurde anfangs mit Polarisation und mit einer 1906 von Bertrand3) angegebenen Methode, sp\u00e4ter nur mit letzterer, bestimmt. Beim Ein\u00fcben dieser Methode wurde ich in liebensw\u00fcrdigster Weise von Herrn Dr. Warburg unterst\u00fctzt, ln 20 ccm einer L\u00f6sung von 0,998 g nach Soxhlet gereinigter und mehrere Stunden bei 62\u00b0 getrockneter Dextrose in 250 ccm wurden mit der Bertrandschen Methode 81,4 und 82,9 mg Dextrose nachgewiesen. Nach der W\u00e4gung mu\u00dften 79,9 mg in 20 ccm sein, also ein prozentischer Fehler von 3,7. Hiermit stehen die folgenden Bertrandschen Doppelbestimmungen in Einklang, die bei der Glykogen- und Zuckerbestimmung gemacht wurden:\n6,591\t0,2\u00ab/\u00ab\t6,612\n2,032\tl,6o/o\t1,998\n1,347\t3,7o/o\t1,298\n0,632\t4,4o/o\t0,661\n0,367\t\u2014\t0,367\n0,490\t4,50/o\t0,468\n2,837\t5,7o/o\t2,678\n4.301\t3 \u00b0/o\t4,172\n3,92\t22,4o/o\t3,128.\nEin durchschnittlicher prozentischer Fehler von 3,0, wenn man die letzte Bestimmung nicht ber\u00fccksichtigt, bei der ganz eigenartige Verh\u00e4ltnisse Vorlagen (siehe Protokoll 6). Aus dem Zuckerwert wurde durch Multiplikation mit 0,927 (Pfl\u00fcger*)) der Glykogenwert erhalten. Einige Glykogendoppelbestimmungen nach Pfl\u00fcger-Bang-Bertrand ergaben folgende Werte:\t1\n5,3\t9 \u00b0/o\t5,8\tf\n4,263\t9,8 \u00b0/o\t4,705\n0,531\t29,5\u00b0/o\t0,394.\nEinige andere Doppelbestimmungen ergaben mit Polarisation\n0,83\t\u2014\t'\t0,83\n0\t-\t0,17\n12,72\t13,6 \u00b0/o\t11,1\n5,09\t20,6 \u00ae/o\t6,26.\nHiernach schien die Polarisation ohne nachtr\u00e4gliche Verg\u00e4rung weniger geeignet zu sein.\nStand f\u00fcr die Glykogenbestimmung eine durch Pfl\u00fcgers Arbeiten so \u00fcberaus sorgf\u00e4ltig fundierte Methode zur Verf\u00fcgung, so bot' die quantitative Zuckerextraktion in methodischer Beziehung Schwierigkeiten. Nach","page":267},{"file":"p0268.txt","language":"de","ocr_de":"268\nHans Hinselmann,\ndem Vorgehen der meisten Autoren wurde der Leberbrei durch mehrst\u00fcndiges Kochen wiederholt so lange extrahiert, bis die Einzelextraktc nicht mehr reduzierten. Dabei reduzierte der dritte Extrakt nur noch selten, trotzdem wurde zur Sicherheit stets viermal, zweimal f\u00fcnfmal extrahiert bei einer Gesamtkochdauer von 2-4 Stunden. Die Koagulation des Leberbreis bot kein Hindernis, da er sich leicht wieder zerteilen lieft Die vereinigten Extrakte bildeten eine gelbliche bis gelbgrttnliche, je nacl. dem Glykogcngehalt mehr oder weniger opalescierende, auf Lackmus sauer reagierende Fl\u00fcssigkeit. Der Gesamtextrakt wurde mit gleichem Volumen einer 5 \u2022/\u2022 igen HgCl,-L\u00f6sung versetzt, umger\u00fchrt und mindestens eine Stunde stehen gelassen, zuweilen bedeutend l\u00e4nger. Dann wurde ein beliebiger Teil der Fl\u00fcssigkeit zur F\u00e4llung des HgCl, mit H,S entnommen. Die aut diese Weise nach der Schenckschen Methode erhaltene wasserklare Losung wurde nach Verjagen des H,S auf ein kleineres Volumen eingeengt, m\u00f6glichst bei neutraler Reaktion. Eine alkalische Reaktion wurde abgesehen von Momenten wohl immer vermieden. Der Zucker wurde anfangs mit Polarisation und nach Bertrand, sp\u00e4ter nur nach Bertrand bestimmt. Zuckerdoppelbestimmung nach Bertrand:\n0,367\t26 \u00b0/o\t0,47\u00bb\n2.223\t3,1 >\t2,156\nmit Polarisation:\n1,39\t28.8 \u00bb/o\t1,86\n0,05\t\u2014\t0.05.\nVersuche.\nAngesichts der nicht unerheblichen Fehlerquellen bei jeder Phase des Versuchs waren nur durch mehrere gleichartige Versuche einigerma\u00dfen brauchbare Ergebnisse zu gewinnen. Es wurde deshalb zun\u00e4chst bei drei Normalhunden der Glykogen-abbau und die Zuckerbildung bestimmt. Die Ergebnisse der drei Normaltiere sind in der folgenden Tabelle angegeben.\nHund\tGlykogenabbau in 7 Stunden\t\tZuckerbildung in 7 Stunden\t\n\tin 100 g Leber\tpro Kilogramm K\u00f6rpergewicht\tin 100 g Leber\tpro Kilogramm K\u00f6rpergewicht\nI\t\t\tin 8 Stund. 0,614\tin 8 Stund. 0,253\n\t\t\t\u00bb 7\t\u00bb\t0,537\t\u00bb 7\t\u00bb\t0,221\nII\t1,057\t0,334\t0,605\t0,191\nIII\t0,531\t0,236\t0,447\t0,199","page":268},{"file":"p0269.txt","language":"de","ocr_de":"Glykogenabbau und Zuckerbildung in der Leber von Hunden. 260\nDabei wurden die Berechnungen f\u00fcr 100 g Leber gew\u00e4hlt, da es aut die absoluten Werte des Glykogenabbaues und der Zuckerproduktion ankam und so der beste Vergleichswert garantiert erschien.\nDer Vergleich unserer Normalwerte mit Hangs pankreas-diabetischen Hunden ergibt einen erh\u00f6hten Glykogenabbau. Die * Bangschen Hunde zersetzten in 4 Stunden 1,45, 1,0 und 0,69 g Glykogen, also mehr als unsere Normalhunde in 7 Stunden Dabei ist zu bedenken, da\u00df die Leber der pankreasdiabetischen Hunde Hangs nur noch Spuren von Glykogen enthielt, und nach Erfahrungen an unseren Pankreashunden wahrscheinlich schon seit Tagen fast glykogenfrei war. Aus diesem Grunde mu\u00dfte der Glykogenabbau an zugesetztem Glykogen bestimmt werden, wobei mit der M\u00f6glichkeit eines geringeren Abbaues wegen des nicht so innigen Kontaktes gerechnet werden mu\u00dfte. Nimmt man hiernach einen erh\u00f6hten Glykogenabbau an, so ist immerhin fraglich, ob er der Pankreasexstirpatjon zur Last zu legen ist. Es w\u00e4re m\u00f6glich, da\u00df infolge der von Hang vorgenommenen Durchsp\u00fclung der Zuckergehalt der Leber sich verringert und dies f\u00fcr die Leberzellen ein Reiz ist, durch erh\u00f6hten Glykogenabbau den urspr\u00fcnglichen Zuckergehalt wieder herzustellen.\nEinige weitere Versuche an pankreasdiabetischen Hunden erschienen hiernach nicht \u00fcberfl\u00fcssig. Sie wurden Wie die Normalhunde drei Tage mit Vollmilch und Hundekuchen im K\u00e4fig auf Ansatz ern\u00e4hrt. Alsdann wurde die Exstirpation des Pankreas vorgenommen, die durchschnittlich 21 2 Stunden dauerte Da in Bangs Versuchen die Pankreasleber nach 3 Tagen fast glykogenfrei war, bei unserer Versuchsanordnung aber ein betr\u00e4cht-iicher Glykogengehalt der Leber Voraussetzung sein mu\u00dfte,-so wurde die Leber des ersten pankreasdiabetischen Hundes *0 Stunden 20 Minuten nach vollendeter Operation analysiert. lOo g enthielten 0,069 g Glykogen, 20 Minuten sp\u00e4ter 0,051 g,\n7 Stunden sp\u00e4ter 0,014 g. Der gleichzeitig bestimmte Zuckergehalt von 100 g Leber war 0,647 g, nach 7 Stunden 5 Minuten G423 g, hatte also um 0,224 g abgenommen. (Protokoll 4.) Nach dieser Erfahrung wurde die Leber eines andereu Hundes\nHoppe-Seyler\u2019s Zeitschrift f. physiol. Chemie. LXI.\tlft","page":269},{"file":"p0270.txt","language":"de","ocr_de":"270\nHans Hinselmann,\n16 Stunden nach vollendeter Pankreasexstirpation untersucht. ICK) g Leber enthielten 0,097 g Glykogen, 7 Stunden sp\u00e4ter 0,021 g, an Zucker 15 Stunden 55 Minuten nach der Operation 0,457 g. 7 Stunden sp\u00e4ter 0,284. Zuckerverlust 0,173 g. (Protokoll 5.) Also in jeder Beziehung eine Best\u00e4tigung des ersten Versuches. Abgesehen von der Glykogenarmut der Leber ist bei beiden Versuchen der geringe Zuckergehalt auff\u00e4llig. W\u00e4hrend die Normalhunde einen Anl\u00e4ngszuckergehalt von 1,522, 1,41 und 1,323 \u00b0/o hatten, zeigten die Pankreashunde entsprechende Werte von 0,647 und 0,457 \u00b0/o. Eine Erkl\u00e4rung dieses Verhaltens Lt vielleicht so m\u00f6glich, da\u00df nach weitgehendem Schwund des Glykogens die* Zuckerbildung in der Leber so geringf\u00fcgig ist. da\u00df sie ihren eigenen Zuckergehalt quasi verliert und sich infolgedessen mehr oder weniger dem Blutzuckergehalte n\u00e4hert. Nach diesen Ergebnissen wurde beim dritten Hunde die Leber 3 Stunden 15 Minuten nach der Operation analysiert. Sie enthielt 0,463 \u00b0/o Glykogen, 7 Stunden sp\u00e4ter kein Glykogen mehr, der Zuckergehalt war 3 Stunden 20 Minuten nach der Operation 3.524\u00b0/o, 7 Stunden sp\u00e4ter 3,016\u00b0/o ; Abnahme 0,508 g. (Protokoll 6.) Die Zuckerwerte sind in diesem Falle aus den im Protokoll angegebenen Gr\u00fcnden nicht zuverl\u00e4ssig.\nWar auch in diesem Versuche ein Messen des Glykogenabbaues wieder unm\u00f6glich, so war doch der geringe Glykogengehalt so kurz nach der Exstirpation h\u00f6chst bedeutsam. Bierry und Gatin-Gruzewska haben 1905 gezeigt, da\u00df der Harn von Pankreashunden schon 1 Stunde und 35 Minuten, 2 Stunden und 2 Stunden und 30 Minuten nach der Operation reduzieren kann (Pfl\u00fcger). Der Organismus hatte also in dieser kurzen Zeit den normalen Blutzuckergehalt \u00fcber das Maximum der Zuckerdichtigkeit zu erh\u00f6hen. Nach dem letzten Versuch lag die Annahme nahe, da\u00df hierbei schon ganz betr\u00e4chtliche* Mengen Glykogen verschwinden. Wollte man also die Wirkung der Pankreasexstirpation auf die Lebert\u00e4tigkeit bei einem noch irgendwie erheblichen Glykogengehalt messen, so war die Leber mitten in der ersten Reaktion des Organismus zu untersuchen. Es wurde daher die Leber des n\u00e4chsten Hundes 1 Stunde und 10 Minuten nach der Operation analysiert. Eine gleichzeitig","page":270},{"file":"p0271.txt","language":"de","ocr_de":"Glykogenabbau und Zuckerbildung in der Leber von Hunden. 271\nnach Zeglas Vorgehen unternommene Untersuchung mi\u00dflang. 100 g Leber enthielten 1 Stunde und 10 Minuten nach der Operation 10,637 g Glykogen, 7 Stunden und 20 Minuten sp\u00e4ter 4.237 g, also ein Abbau von 6,4 g gegen\u00fcber den Normalvverten von 1,05/ und 0,531 in 7 Stunden. Die Leber wurde nicht gewogen, ist aber mit 200 g sicher zu gering gesch\u00e4tzt. Damit ist immerhin der Glykogenabbau mindestens 1,08 g pro Kilogramm K\u00f6rpergewicht in 7 Stunden gegen\u00fcber 0,334 und 0,236 bei den Normalhunden. Darnach erscheint eine Ver\u00e4nderung der Lebert\u00e4tigkeit unzweifelhaft.\nWie ist aber der st\u00e4rkere Glykogensehwund zu erkl\u00e4ren ? Durch eine erh\u00f6hte T\u00e4tigkeit der_glykogenabbauenden Kraft? Oder durch verminderte Glykogenassimilation? Wollte man den st\u00e4rkeren Glykogenschwund einer mangelhaften Glykogenbildung entsprechend der Naunynschen Dyszoamylie zur Last legen, so m\u00fc\u00dfte man annehmen, da\u00df auch bei den Normal-bunden ebensoviel Glykogen abgebaut, aber bis auf einen geringen Teil wieder in Glykogen zur\u00fcckverwandelt werde \u2014 ein h\u00f6chst unzweckm\u00e4\u00dfiges Verhalten, f\u00fcr das nicht eine einzige zwingende Tatsache vorliegt. Der st\u00e4rkere Glykogenschwund ist kaum anders zu erkl\u00e4ren, als durch eine erh\u00f6hte T\u00e4tigkeit der glykogenabbauenden Kraft der Leber. Ist aber der Organismus bestrebt, durch Glykogenabbau einen erh\u00f6ht\u00e9n \u00dflutzuckergehalt zu erreichen, oder wie bei den Normalhunden vielleicht nur den Verbrauch zu decken, s\u00f6 wird man allerdings zu solchen Zeiten keine Glykogenbildung vermuten. Da bei dem letzten Versuch die Leber durchgesp\u00fclt wurde wegen Ifles Vergleichs mit Zeglas Resultaten, so w\u00e4re es m\u00f6glich, da\u00df der erh\u00f6hte Glykogenabbau nicht eine Folge der Pankreasexstirpation, sondern der Entblutung ist. Diese M\u00f6glichkeit ist schon durch den analog rapiden Schwund des Glykogens in Versuch VI sehr in Frage gestellt und wird noch unwahrscheinlicher durch den n\u00e4chsten Versuch ohne Entblutung der beber. Hierbei enthielten 100 g Leber 1 Stunde und 5 Minuten nach der Operation 4,484 g Glykogen, 7 Stunden sp\u00e4ter 2,757 g, Abbau 1,726 g, also wurden 0,48 g Glykogen pro Kilogramm K\u00f6rpergewicht zersetzt. Dieser erh\u00f6hte Glykogenabbau ent-","page":271},{"file":"p0272.txt","language":"de","ocr_de":"Hans Hinselmann,\nspricht den Bangschen Werten und wird best\u00e4tigt durch die Zuckerwerte. 100 g Leber enthielten 1 Stunde und 15 Minuten nach der Operation 1,236 g Zucker, 7 Stunden sp\u00e4ter 2,19 g. eine Zunahme von 0,954 g. Danach ist die Zuckerbildung 0,268 g pro Kilogramm gegen\u00fcber dem durchschnittlichen Normalwert von 0,204.\nHiernach ist mit gro\u00dfer Wahrscheinlichkeit an dem ersten Ansteigen des Blutzuckergehaltes nach der Pankreasexstirpation eine vermehrte Zuckerbildung in der Leber, ein erh\u00f6hter Glykogenabbau beteiligt. Wenn man das Charakteristische der Pankreasglykosurie in ihrer Konstanz, Intensit\u00e4t und Dauer sieht, und selbst, trotz Pfl\u00fcgers gegenteiliger Erfahrung, die M\u00f6glichkeit zugibt, da\u00df die Operation an sich einen erh\u00f6hten Glykogenabbau bedingen k\u00f6nne, so wird man doch als die Hauptursache die spezifische Wirkung der Pankreasexstirpation annehmen m\u00fcssen. Nur f\u00fcr den ersten Anstieg wird man vielleicht die Narkose usw. mitverantwortlich machen k\u00f6nnen, aber auch ohne Mitwirkung dieser Faktoren w\u00fcrde die Pankreashyperglyk\u00e4mie zustande kommen, nur vielleicht nicht so schnell und nicht in dieser Intensit\u00e4t.\nHerrn Privatdozent Dr. Fischler bin ich f\u00fcr die Ausf\u00fchrung s\u00e4mtlicher Pankreasexstirpationen zu gro\u00dfem Danke verpflichtet. Desgleichen Herrn Med.-Prakt. Dr. Schr\u00f6der f\u00fcr seine liebensw\u00fcrdige Assistenz.\nHund I.\n22. II. 11370 g Gewicht (t\u00e4glich 2 1 Vollmilch und im ganzen 770 g Hundekuchen).\n28. II. 11600 g Gewicht (Zunahme 230 g). Leber 470 g = 4,l\u00b0/o des K\u00f6rpergewichts.\n108d morgens enthalten 100 g Leber (25' nach der Herausnahme) Dextrose: 1,522 g (Bertrand), 1,393 g (Polarisation) 660 p. m. \u00bb\t2,136 \u00bb\t*\t2,32 >\n1050 a. m. Glykogen : mi\u00dflungen.\n660 p.'m.\t*\t2,781 g (Bertrand), 2,75 g (Polarisation)","page":272},{"file":"p0273.txt","language":"de","ocr_de":"Glykogenabbau und Zuckerbildung in der Leber von Hunden. 273\nHund II.\t'\n4. 111. K\u00f6rpergewicht 21200 g. T\u00e4glich 21 Vollmilch, 1620 g Hundekuchen.\n8. III.\t*\t22200\tg. Zunahme 1000 g. Leber 670 g =* 3,2.\u00b0/o_\ndes K\u00f6rpergewichts.\n1115 a. m. enthalten 100 g der Leber (30' nach der Herausnahme) Glykogen: 6,591, 6,612 g (Bertrand), 7,14 g.(Polaris.) 615 p.m. \u00bb A. 5,289 *\t\u00bb\t5,09 \u00bb\n\u00bb B. Co 5,8\t\u00bb\t*\t6,26 \u00bb\t\u00bb\n1105\ta. m. Dextrose: 1,41 g (Bertrand). .\n605 p. m. \u00bb\t2,032, 1,998 g (Bertrand).\nHund III.\n8. III. K\u00f6rpergewicht 9020 g. T\u00e4glich 21 Vollmilch. 1050 g Hundekuchen. 12.111.\t\u00bb\t9600\tg. Zunahme 580 g. Leber 400 g = 4,2 \u00b0/o des\nK\u00f6rpergewichts.\n1106\ta. m. enthalten 100 g Leber (30' nach der Herausnahme)\nDextrose: 1,347, 1,298 g (Bertrand), 1,65 g (Polaris.) 605 p. m. *\t1,77 g (Bertrand), 1,68 g (Polarisation)\n1106 a. m. Glykogen : 6,049 \u00bb\t\u00bb\t5,89 \u00bb\t*\n605 p.m. \u00bb\t5,518 \u00bb\t\u00bb\t5,72 \u00bb .\t\u00bb\nHund IV.\n23. III. K\u00f6rpergewicht 12 500 g. T\u00e4glich 21 Vollmilch, 1050 g Hundekuchen.\n26.\tIII.\t\u00bb\t13250 g. Zunahme 750g. Chloroform-\u00c4thernarkose.\n4\u20146 t0 p. m. Pankreasexstirpation.\t...\n28. III. Leber 350 g, stark verfettet, 2,6\u00b0/\u00ab des K\u00f6rpergewichts. In der Blase 100 ccm Urin mit 3,3\u00b0/o D. (polarimetrisch). Fehling -f-\u00bb Nylander -j-, Gerhardt \u2014, Legal \u2014.\n1045 a. m. enthalten 100 g Leber (35' nach der Herausnahme) Dextrose: 0,632, 0,661 g (Bertrand).\n550 p.m. \u00bb A. 0,367, 0,367 \u00bb\t\u00bb\nB. 0,490 g Co, 0,468 g \u00bb\n105& a. m. Glykogen: 0,069 g (Bertrand).\nIl10 \u00bb\t'\t\u00bb\t0,051 \u00bb\n555 p. m. >\t0,014 \u00bb\t\u00bb\nHund V.\n27.\tHI. K\u00f6rpergewicht 7600 g. T\u00e4glich 2 1 Vollmilch, 525 g Hundekuchen.\n30.\tIll,\t\u00bb\t7700 g. Zunahme 100 g.\n4\u201453J p. m. Pankreasexstirpation. Narkose anfangs mit Chloroform, dann mit \u00c4ther.\n31.\tIII Leber 200 g, m\u00e4\u00dfig verfettet, 2,6\u00b0/o des K\u00f6rpergewichts.' Blasen-\nurin: Fehling und Nylander -j-. 100 g Leber enthalten","page":273},{"file":"p0274.txt","language":"de","ocr_de":"274\nHans Hinselmann.\n3. IV. 6. IV.\n6. IV.\n7. IV.\n6.\tIV.\n7.\tIV.\n\u00ee,3\u00b0 a. in. (30' p. Herausnahme) Glykogen: 0,097 g (Bertrand) 430 P- m.\t>\t0,021 \u00bb\n9\u00bb a. m. (25' p. Herausnahme) Dextrose : 0,457 \u00bb\n4*8 P- m.\t,\t0,284 \u00bb\nHund VI.\nK\u00f6rpergewicht 12770 g. T\u00e4glich 21 Vollmilch, 600 g Hundekuchen Gewicht 12760 g. Keine Zunahme.\n350\u2014640 p. m. Exstirpation. Chloroform-\u00c4thernarkose.\n916 p. m. Herausnahme der Leber. 350 g = 2,7 \u00b0/o des K\u00f6rpergewichts. In der Blase ca. 1,0 ccm mit Fehling reduzierenden Urins (ante operat. keine Reduktion). 100 g Leber enthalten 100#p.m. (45'p. Herausnahme) Dextrose: 3,92, 3,128g (Bertrand). 500 a. m. Dextrose: 3,016 g (Bertrand).\n966 pm- Glykogen: A. 0,531 g, B. Co 0,394 g (Bertrand).\n455 a. m. \u00bb nach 3 Tropfen Mn04K schon \u00fcbertitriert. S\u00e4mtliche fertigen Zuckerextrakte geben mit Phenolphthalein und NaOH dunkelgr\u00fcne, wolkige Gebilde. Die mit 5>iger HgCl2 versetzten Extrakte geben vor der Behandlung mit H8S die gewohnte Rotf\u00e4rbung, HgCl2-L\u00f6sung gibt nach H,S-Behandlung mit NaOH Rotf\u00e4rbung. Dabei ist nicht auf sorgf\u00e4ltige F\u00e4llung des HgCl\u201e gesehen und ebenfalls nicht auf Entfernung des H4S. Die eigent\u00fcmliche gr\u00fcnliche Wolkenbildung trat stets vor dem Erw\u00e4rmen ein.\nAu\u00dferdem zeigten s\u00e4mtliche Zuckerextrakte bei der Bert ran d sehen Zuckerbestimmung ein sonst nicht beobachtetes Verhalten.\nNach Zusatz der Bert ran dl\u00f6sung II tritt nicht wie gew\u00f6hnlich eine klare dunkelblaue F\u00e4rbung ein, sondern eine undurchsichtige, gelbgr\u00fcnliche Verf\u00e4rbung. Auch der Cu20-Niederschlag ist nach 3 Minuten Kochen noch \u00fcberdeckt von einem ockergelben Niederschlag. Auf dem Asbestfilter wird scheinbar nur der hellrote CusO-Niederschlag zur\u00fcckhalten.\nHgCl* gibt mit KOH einen gelben Niederschlag \u00bb\t\u00bb\t\u00bb NaOH *\troten\t>\nBertrand II ist NaOH -f- Seignettesalz.\n12. IV. 15. IV.\nHund VII.\nK\u00f6rpergewicht 11300 g. T\u00e4glich 21 Vollmilch, 1050g Hundekuchen.\n\u00bb\t12450 g. Zunahme 1150 g.\n11\u2014lh p. m. Exstirpation. Morphium. Chloroform-\u00c4ther.\nI46 p. m. Herausnahme der Leber, mit 0,8\u00b0/oiger NaCl durchsp\u00fclt von der vena portae aus. 100 g Leber enthalten 2lop.m. Glykogen: 10,637 g (Bertrand).\n9S0 p. m. \u00bb\t4,301, 4,172 g (Bertrand).\nDer Zeglasche Versuch mi\u00dflang. Neben Eiwei\u00df lie\u00df sich noch Amylum chemisch und mikroskopisch im Bodensatz nachweisen.","page":274},{"file":"p0275.txt","language":"de","ocr_de":"Glykogenabbau und Zuckerbildung in der Leber von Hunden. 27\u201d) Hund VIII.\n19, IV.\tK\u00f6rpergewicht 36000g. T\u00e4glich 31 Vollmilch.\t2KX) g Hundekuchen.\n22.\tIV.\t\u00bb\t39000 g. Zunahme 3000 g.\n2\u20185\u20145h p. m. Exstirpation. Morphium. Chloroform-\u00c4ther.\nUnterbindung der art. und vena pancreaticoduodenalis sup. Dabei enormer Blutverlust.\n550 p. m. Herausnahme der Leber. Leber 1000 g = 2.0% des K\u00f6rpergewichts. 100 g Leber enthalten fj\u00b08p.m. Glykogen: A. 4,263 g, B. Co 4,705 g (Bertrand).\n23.\tIV. I06 a. m. \u00bb\t2.837, 2,678 g (Bertrand).\n22.\tIV.\t616 p. m.\tDextrose: 1,236 g (Bertrand).\n23.\tIV.\t11B a. m.\t* A. 2,223 g, B. C.o 2.156\tg\t(Bertrand).\nLiteratur.\n1.\tBang, Ljungdahl und Bohm, Untersuchungen \u00fcber den Glykogenabbau in der Kaninchenlebcr u. a., Beitr\u00e4ge zur chemischen Physiologie und Pathologie. Bd. IX und X, 1907.\n2.\tZegla, \u00dcber das diastatische Ferment der Leber, Biochem. Zeitschrift, XVI, 2, 1909.\n3.\tBertrand, Le dosage des sucres r\u00e9ducteurs, Bulletin chimique, III\u00ab s\u00e9rie, XXXV. 1906.\n4.\tPfl\u00fcger, Das Glykogen und seine Beziehungen zur Zuckerkrankheit, II. Auf!.. 1905.","page":275}],"identifier":"lit37763","issued":"1909","language":"de","pages":"265-275","startpages":"265","title":"Glykogenabbau und Zuckerbildung in der Leber normaler und pankreasdiabetischer Hunde","type":"Journal Article","volume":"61"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:41:28.823421+00:00"}