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{"created":"2022-01-31T16:07:32.603943+00:00","id":"lit37775","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Malfatti, H.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 61: 499-507","fulltext":[{"file":"p0499.txt","language":"de","ocr_de":"Die Formoltitration der Aminos\u00e4uren im Harne.,\nVorl\u00e4ufige Mitteilung.\nVon\nDr. H. Malfatti.\n(Der Redaktion zupegangen am s. August 1909.)\nIn der Zeitschrift f\u00fcr analyt. Chemie, Bd. XLVII, S. 27.-5, habe ich eine Methode beschrieben, um im Harne das Ammoniak mit f\u00fcr klinische Zwecke ausreichender Genauigkeit zu bestimmen1) und zwar in der Weise, da\u00df in dem stark verd\u00fcnnten Harn die \u00fcbliche Acidit\u00e4tsbestimmung vorgen\u00f6mmen, dann nach dem Eintritt der Neutralit\u00e4t Formol zugef\u00fcgt und bis zum neuerlichen Auftreten des Farbenumschlags (Phenolphthalein) weiter titriert wird. Dabei ergab sich bei normalen Harnen eine auffallend gute \u00dcbereinstimmung der nach Sc Closing (und durch Vakuumdestillation, nicht aber nach Folin) erhaltenen Ammoniakwerte, mit den durch Formoltitration gefundenen. Nur in einem Falle zeigte der Harn eines' an Cholangitis leidenden Patienten recht merkliche Differenzen zwischen den beiden Bestimmungsmethoden, die ich auf die Anwesenheit von Aminos\u00e4uren zur\u00fcckf\u00fchren mu\u00dfte.\nSp\u00e4ter habe ich noch mehrfach im Harne von Leberleidenden und in einem Falle von Typhus dieselbe Erscheinung beobachtet.* Normale Harne habe ich nur mehr in wenigen F\u00e4llen daraufhin untersucht und stets die gute \u00dcbereinstimmung zwischen Formoltitration und direkter Ammoniakbestimmung gefunden. Ich bemerke das hier, da ich einer brief-lichen Mitteilung von Hr. L. de Jager, Stiens, Niederland, entnehme, da\u00df\n*) Die Priorit\u00e4t f\u00fcr den Vorschlag hat mit vollem Recht A. Ronch\u00e8se reklamiert. Es ist \u00fcberfl\u00fcssig, zu bemerken, da\u00df ich meine Arbeit ganz unabh\u00e4ngig von Ronch\u00e8se durchgef\u00fchrt habe ; sie war schon\u2018lange ein-geseridet, ehe die ersten Referate von Ronch\u00e8ses Arbeiten in deutschen Zeitschriften erschienen. An dem ausnahmsweise versp\u00e4teten Erscheinen meiner Arbeit 1. c. bin ich nicht schuld.","page":499},{"file":"p0500.txt","language":"de","ocr_de":"H. Malfatti,\ner so g\u00fcnstige Resultate nicht erzielen konnte. Es ist sehr m\u00f6glich, ja eine Reihe von Angaben in der Literatur lassen es h\u00f6chst wahrscheinlich erscheinen, da\u00df Klima, Lebensweise und Rasse in verschiedenen Landstrichen bedeutende Unterschiede bedingen, und da\u00df der \u00abnormale\u00bb Harn in bezug auf Acidit\u00e4t, auf Phosphat- oder Ammoniakgehalt usw und vielleicht auch in bezug auf Gehalt an Aminos\u00e4uren recht verschiedene Mittelwerte zeigt. Um ein Beispiel anzuf\u00fchren, sind hier in Innsbruck normale von Phosphaten tr\u00fcbe (alkalische) Harne, die in manchen Publikationen als pathologisch bezeichnet werden, an der Tagesordnung; Harne, in denen die Acidit\u00e4t h\u00f6her ist, als dem gesamten Phosphors\u00e4uregehalt entspricht, sind selten, andernorts scheinen die Verh\u00e4ltnisse gerade umgekehrt zu liegen (cf. H. Dr es er, Elberfeld, \u00dcber Harn-Acidit\u00e4t. Hofmeisters Beitr. Bd. VI, S. 177). Vielleicht h\u00e4ngt es auch damit zusammen, da\u00df es hier nahezu unm\u00f6glich ist, einen Fall von echter Gicht zur Beobachtung zu bekommen.\nDa es nun gelungen war, in pathologischen Harnen eine auf Anwesenheit von Aminos\u00e4uren zur\u00fcckzuf\u00fchrende Differenz zwischen Formoltitration und sonstiger Ammoniakbestimmung festzustellen, lag es nahe, auch in solchen Harnen, welche sich normal\u00bb verhielten, mit Hilfe der Formolreaktion kleine Mengen von Aminos\u00e4uren, besonders von Glykokoll, aufzusuchen, denn es war Jja m\u00f6glich, da\u00df die gute \u00dcbereinstimmung zwischen dem auf verschiedenem Wege erzielten Ammoniakwerte dadurch bedingt wurde, da\u00df die Empfindlichkeit der Aminos\u00e4uren f\u00fcr hormaldehyd in so verd\u00fcnnter L\u00f6sung nur eine sehr geringe ist, soda\u00df bemerkliche Mengen davon der Formoltitration entgehen konnten. Nach den Angaben von Schiff undSoerensen ist das geradezu zu erwarten.\nEinige aufkl\u00e4rende Versuche, die ich damals anstellte, hatten mir aber ein ganz anderes, durchaus befriedigendes Resultat ergeben, wenigstens insoweit Glykokoll, die f\u00fcr den normalen Harn wichtigste Aminos\u00e4ure, in Betracht kam. Ich habe n\u00e4mlich Harn und Aminos\u00e4urel\u00f6sungen in der Weise titriert, da\u00df ich die f\u00fcr Phenolphthalein neutrale L\u00f6sung mit 3 ccm neutralen Formols (bei ammoniakreichen Harnen auch mehr) versetzte und weiter titrierte, bis wieder Neutralit\u00e4t eintrat; dann wurde wieder 1 ccm Formol zugesetzt, und wenn dadurch ein Farbenumschlag nach der sauren Seite eintrat, wieder weitertitriert und so fort, bis endlich weiterer Formol-","page":500},{"file":"p0501.txt","language":"de","ocr_de":"Die Formoltitration der Aminos\u00e4uren im Harne.\t501\nzusatz keinen Farbenutnschlag hervorrief. Bei unverd\u00fcnnten L\u00f6sungen von Aminos\u00e4uren und bei normalen Harnen trotz der Verd\u00fcnnung (10 : 60) war die Reaktion gew\u00f6hnlich schon nach den ersten Formolzus\u00e4tzen beendigt. Wenn aber starkgew\u00e4sserte Aminos\u00e4urel\u00f6sungen titriert wurden, oder Harne, welche neben Ammoniak auch diese K\u00f6rper enthielten, dann mu\u00dfte die nachtr\u00e4gliche portionsweise Formolzugabe vielmal wiederholt werden, bis endlich definitive, und dann .oft noch schwer erkennbare Neutralit\u00e4t eintrat. Dieses verz\u00f6gerte Auf-treten der Endreaktion kann geradezu als Probe auf die Anwesenheit von Aminos\u00e4uren in gr\u00f6\u00dferer Menge in pathologischen Harnen benutzt werden.\nDie Versuche ergaben nun, da\u00df st\u00e4rkere L\u00f6sungen von Aminos\u00e4uren sich mit Formol leicht und gut titrieren lassen, ebenso verd\u00fcnnte L\u00f6sungen nach Zusatz des gleichen Volumens Alkohol. Verd\u00fcnnung der Stamml\u00f6sung mit Wasser (10 : 60) hatte bei Glykokoll keinen namhaften Einflu\u00df auf das Endresultat, nur mu\u00dfte eben in der oben beschriebenen Weise viel Formol nachgegeben werden. Bei Alanin wurden noch halbwegs befriedigende Werte erhalten, bei Valin, Leucin, Tyrosin und einem Aminos\u00e4urengemisch aus Eiwei\u00df waren die Resultate nicht befriedigend.\nWie weit die M\u00f6glichkeit des Nachweises reicht, m\u00f6ge folgender Versuch zeigen. 0,1g Glykokoll (Mercksches Pr\u00e4parat ohne Trocknung oder sonstige Vorbereitungen) wurde in 100 ccm Wasser gel\u00f6st. 10 ccm dieser L\u00f6sung, die der Theorie nach 1,87 mg Aminostickstoff enthalten sollte, mit Formol titriert verbrauchte 1,7 und 1,8 ccm der \u00bb ;i \u00ab-Lauge entsprechend 1,75 mg Stickstoff. Dieselbe Menge der L\u00f6sung mit 50 ccm Wasser verd\u00fcnnt verbrauchte i,7 und 1,7 ccm Lauge.\nEin ziemlich hellgef\u00e4rbter, sehr schwach saurer und ammoniakarmer Harn von 1,019 spez Gew. verbrauchte f\u00fcr 10 ccm, die mit 50 ccm Wasser verd\u00fcnnt wurden 1,9 ccm Lauge zur Formoltitration (im unverd\u00fcnnten Zustande verbrauchte dieser Harn ebensoviel Lauge, jedoch bei sehr unsicherer Ablesung). Je 10 ccm dieses Harns wurden mit 10 ccm der obigen Glykokoll\u00f6sung versetzt und nun direkt oder nach dem\nHoppe\u00bbSeyler\u2019s Zeitschrift f. physiol. Chemie. LXI\t33","page":501},{"file":"p0502.txt","language":"de","ocr_de":"f><>2\nH. Malfatti.\nVerd\u00fcnnen mit 40 ccm Wasser titriert. Bei bester \u00dcbereinstimmung der Kontrollbestimmungen wurde in beiden F\u00e4llen ein Lauge verbrauch von 3,6 ccm beobachtet, soda\u00df sich f\u00fcr das absichtlich zugesetzte Glykokoll auch hier ein Laugeverbrauch von 1.7 ccm berechnet.\nDieser Versuch wurde mit gleichem Resultat an mehreren Harnen wiederholt: bei stark sauren, dunkeln und ammoniak-haltigen Harnen, die selbst im Verdacht stehen mu\u00dften, Aminos\u00e4uren zu erhalten, wurden entsprechend den Schwierigkeiten einer genauen Endablesung Fehler bis zu 0,5 ccm n u-Lauge beobachtet: aber selbst f\u00fcr die ung\u00fcnstigsten F\u00e4lle mu\u00df das Ergebnis der Versuche dahin zusammengefa\u00dft werden, da\u00df 10 mg Glykokoll (= 1,7\u20141,8mg Stickstoff) in60ccm Reaktionsfl\u00fcssigkeit nicht \u00fcbersehen werden k\u00f6nnen.\nDieses Resultat ist durchaus kein gl\u00e4nzendes : denn es m\u00fc\u00dfte ein Harn in ung\u00fcnstigen F\u00e4llen 0,1 o/o Glykokoll enthalten, um bei der eben beschriebenen Titrationsmethode eine halbwegs genaue Bestimmung zuzulassen. Wenn es aber gelang. die Titration im unverd\u00fcnnten oder im eingedampften Harn vorzunehmen, so konnte die Empfindlichkeit wohl bedeutend gesteigert werden. Darum versuchte ich Harne nach Schl\u00f6sing oder im Vakuum unter den verschiedensten Modifikationen (besonders auf Zusatz von Bleiacetat ) vom Ammoniak zu befreien und den filtrierten R\u00fcckstand mit Formol zu titrieren. Die Versuche ergaben, da\u00df in allen \u00abnormalen\u00bb Harnen diese R\u00fcckst\u00e4nde etwas formoltitrierbare Substanz enthielten entsprechend 2-6 mg Stickstoff f\u00fcr 100 ccm Harn: in pathologischen Harnen (es wurde nur der eingangs erw\u00e4hnte Typhusfall untersucht mit 13\u201414 mg Reststickstofif) fand sich bedeutend mehr. Die Unannehmlichkeit der Versuche und ihre ganz unsicheren Resultate \u2014 so zeigte z. B. derselbe Harn, der w\u00e4hrend des Versuches etwa auf die H\u00e4lfte eingedunstet war, fast den gleichen Wert wie der nicht konzentrierte Harn \u2014 ver-anla\u00dften mich, die weitere Verfolgung der Frage abzubrechen. Nur ein Resultat scheint erw\u00e4hnenswert. Wurde n\u00e4mlich ein Harn in beschriebener Weise untersucht und dann nach 1-2-t\u00e4gigem Stehen oder nach 18\u201414 t\u00e4gigem Aufbewahren unter","page":502},{"file":"p0503.txt","language":"de","ocr_de":"Dio Formoltitration der Aminos\u00e4uren im Harne.\t503\nToluol derselben Probe unterworfen, so zeigte sich die Menge der formoltitrierbaren Substanz um das 3-4fache vermehrt.\nDie Versuche hatten das eine Ergebnis geliefert, dal) Aminos\u00e4uren, besonders Glykokoll, in den untersuchten normalen Harnen vielleicht Vorkommen, ab\u00e9r jedenfalls nur in recht geringen Mengen.\nDa erschien die Arbeit von V. Henriques: \u00ab \u00dcber quantitative Bestimmung der Aminos\u00e4uren im Harne* (.Diese Zeitschrift, Bd. LX, s. 1), aus welcher sich ergibt, da\u00df einerseits die Aminos\u00e4uren im Harne mit hochgradiger Genauigkeit aus der Differenz zwischen den Werten der Ammoniakbestimmung und der von Soerensen angegebenen Formoltitrierung bestimmbar seien, anderseits da\u00df der Gehalt an AminostickstotT im normalen Harn bei gemischter Kost ganz unerwartet hoch sei. Der Gehalt der von Henriques untersuchten Harne an Glykokoll berechnet sich auf ungef\u00e4hr 0,2\u00b0/\u00ab.\nNun erscheint allerdings die von Henriques angewandte Methode nicht einwandsfrei; es geht nicht an, den auf Lackmusneutralit\u00e4t gebrachten Harn mit Phenolphthalein weiter zu titrieren, sonst wird die ganze Laugenmenge, welche der lackmusneutrale Harn braucht, um auch ohne Formolzusatz phenolphthaleinneutral zu werden, f\u00e4lschlich den Ergebnissen der Formoltitration zugemessen.\nFolgendes Beispiel m\u00f6ge das zeigen. Der Harn eines gesunden, nur f\u00fcr sein Alter zu fetten Mannes zeigte das spezifische Gewicht 1,029, ziemlich dunkle Farbe und setzte schon nach kurzem Stehen reichliche Harns\u00e4urekrystalle ab. Auf 100 ccm Harn berechnet betrug die Acidit\u00e4t 143 mg Salzs\u00e4ure, der AmmoniakstickstofT nach Schl\u00f6sing bestimmt 42,8 und 42,0 mg, nach der Formoltitration (10 : 60 verd\u00fcnnt) aber 38, 39 und 41 mg. Dieser Harn wurde nach Henriques mit Baryum-hvdrat und -chlorid vorbehandelt. Die erhaltene L\u00f6sung zeigte auf 100 ccm Harn berechnet 41,5 mg AmmoniakstickstofT nach Schl\u00f6sing. Die Formoltitration wurde so vorgenommen, da\u00df zuerst zu der lackmusneutralen Fl\u00fcssigkeit Lauge zugegeben wurde (12,5 ccm f\u00fcr 100 Harn), bis die Phenolphthaleinneutralit\u00e4t erreicht war, dann erst wurde Formol zugef\u00fcgt und weiter","page":503},{"file":"p0504.txt","language":"de","ocr_de":"titriert. Nun. ergab sich in bezug auf den ersten Neutralit\u00e4tspunkt (Lackmus) eine durch Formol titrierbare Stickstoffmenge von 52,5 mg, in bezug auf den zweiten (Phenolphthalein) eine solche von 40,5 mg. 41,5 ist aber die nach Schl\u00f6sing ermittelte Ammoniakmenge. F\u00fcr den ersten Fall mu\u00dfte man dem Harn einen Glykokollgehalt von 0,06 \u00b0/o zusprechen, im letzteren Falle zeigte die Formoltitration ein Defizit von 1 mg Stickstoff, was ganz den im unvorbereiteten Harn ermittelten Verh\u00e4ltnissen entspricht.\nIch habe in diesem Falle die Formoltitration nach der mir gewohnten Methode mit n/i4-Lauge und unter Beobachtung des eben eintretenden Farbenumschlags durchgef\u00fchrt, nur die Verd\u00fcnnung erschien infolge der Vorbehandlung unn\u00f6tig. In zwei andern F\u00e4llen verwendete ich die Methode von Soerensen, die gleichartige Differenzen aufwies; doch erscheinen mir diese Resultate, wohl infolge mangelnder \u00dcbung, vielleicht auch infolge der besonderen Verh\u00e4ltnisse im Harn, viel unsicherer.\nDa in dem mit Baryumehlorid und -hvdrat vorbehandelten Harn ') die Notwendigkeit einer Verd\u00fcnnung mit Wasser vor der Formoltitration wegf\u00e4llt, ist also die Methode von H enroues, richtig durchgef\u00fchrt, eher imstande, kleine Mengen von Aminos\u00e4uren im Harn nachzuweisen als die direkte For-moltitri\u00e9rung im Harn. Trotzdem hat sich in dem oben erw\u00e4hnten Falle Aminostickstoff nicht nachweisen lassen.\nEin recht mi\u00dflicher Umstand ist es auch, da\u00df bei allen diesen Methoden die Aminos\u00e4uren aus der Differenz der Formoltitration und einer Ammoniakbestimmung berechnet werden m\u00fcssen. Ich habe daher versucht, die Aminos\u00e4uren im Harn direkt mit Formol zu titrieren, nachdem das Ammoniak entfernt war und zwar nicht wie in den fr\u00fcher erw\u00e4hnten Versuchen durch Abdunstung, sondern durch F\u00e4llung. Quecksilbersalze haben n\u00e4mlich, wie bekannt, die F\u00e4higkeit, in neutraler oder schwach alkalischer L\u00f6sung Ammoniak selbst in gr\u00f6\u00dfter Verd\u00fcnnung zu f\u00e4llen. Aminos\u00e4uren jedoch, besonders die\n*) Es ist mir aufgefallen, da\u00df solche Harne stets etwas weniger Ammoniak enthielten als der native Harn, wahrscheinlich infolge Abscheidung von etwas Ammoniummagnesiumphosphat.","page":504},{"file":"p0505.txt","language":"de","ocr_de":"Dio Formoltitration der Aminos\u00e4uren im Harne.\t505\nkohlenstoffarmen, werden nicht gef\u00e4llt, ja sie l\u00f6sen sogar frisch gef\u00e4lltes Quecksilberoxyd mit Leichtigkeit auf.\nln w\u00e4sseriger L\u00f6sung ist es somit leicht, Ammoniak und Aminos\u00e4uren zu trennen, im Harn aber scheint die Reaktion etwas weniger glatt zu verlaufen, doch scheint mir vorl\u00e4ufig folgende Versuchsanordnung recht brauchbare Resultate zu geben.\nln etwa 50 ccm des Harns werden je nach der vorhandenen Ammoniakmenge 2\u20144 g Quecksilberchlorid gel\u00f6st, und dann in kleinen Portionen gepulvertes kohlensaures Natron eingetragen, bis sich eben merkliche alkalische Reaktion auf Lackmuspapier zeigt, i St\u00e4rkerer Zusatz von Soda oder andern Alkalien etwa bis zur R\u00f6tung von Phenolphthalein hat merkw\u00fcrdigerweise in w\u00e4sseriger L\u00f6sung keine, im Harn aber sehr bedeutende Glykokoll-verluste zur Folge.) Die entstandene F\u00e4llung wird abfiltriert, das Filtrat rasch mit einigen Tropfen Eisessig versetzt (da es sonst beim Entweichen der gel\u00f6sten Kohlens\u00e4ure sich stark tr\u00fcbt) und nun mit Schwefelwasserstoff das \u00fcbersch\u00fcssige Quecksilber daraus entfernt. Von dem entstandenen Quecksilbersulfid wird wiederum abfiltriert und eine gemessene Menge des Filtrates \u2014 die man ohne besonderen Fehler demselben Volumen des urspr\u00fcnglichen Harnes gleichsetzen kann \u2014 der Formoltitration zugef\u00fchrt, nachdem man daraus die Kohlens\u00e4ure und den Schwefelwasserstoff durch Erw\u00e4rmen, am besten unter Luft-durchleiten entfernt hat.\nIn einigen F\u00e4llen habe ich auch den Schwefelwasserstoff samt andern Harnbestandteilen durch gepulvertes essigsaures Blei, und dieses wiederum durch Soda entfernt; die Titration wird dadurch bedeutend erleichert, ohne da\u00df die gr\u00f6\u00dfere Umst\u00e4ndlichkeit des Verfahrens nachweisbare Glvkokollverluste ergeben h\u00e4tte.\nDa die Titration trotz der Kl\u00e4rung des Harns Schwierigkeiten aufweist, verfuhr ich so, da\u00df Querst die gesamte Fl\u00fcssigkeit mit Phenolphthalein versetzt und durch tropfenweise Zugabe erst starker, dann verd\u00fcnnter Kalilauge soweit neutralisiert wurde, bis eben ein deutlich merkbarer Farbenumschlag eintrat. Dann wurde die Fl\u00fcssigkeit in zwei ganz gleiche Bechergl\u00e4schen verteilt, so da\u00df beide Proben die gleiche Farbennuance","page":505},{"file":"p0506.txt","language":"de","ocr_de":"506\nH. Malfatti,\nzeigten und gegenseitig als Kontrollprobe verwendet werden konnten, indem erst eine Probe mit Formol versetzt und f\u00fcr den Fall, da\u00df Entf\u00e4rbung auftrat, mit nli4-Lauge titriert wurde, bis die Farbennuance der zweiten Probe erreicht war, worauf dann die zweite Probe unter Formolzusatz bis zur Nuance der ersten titriert wurde. Das verwendete Formol diente gleichzeitig zum Auswaschen des urspr\u00fcnglich verwendeten Becherglases.\nDie Brauchbarkeit der Methode wurde gepr\u00fcft, indem zu Harnen teils Chlorammonium, teils Aminos\u00e4uren (0,05 g Gly-kokoll auf 50 Harn) zugesetzt, und die Resultate mit den im Harn ohne Zusatz erhaltenen verglichen wurden. Es stellte sich heraus, da\u00df Ammoniak in vollst\u00e4ndig befriedigender Weise aus dem Harn entfernt wird. In bezug auf die quantitative Glykokollbestimmung sind die Resultate weniger befriedigend. Auf 100 Harn berechnet sollten 17\u201418 mg GlykokollstickstofT gefunden werden : gefunden wurden 13\u201416 mg, in den zuletzt ausgef\u00fchrten Bestimmungen allerdings immer 15\u201416 mg. Vielleicht r\u00fchren diese Verluste her von den Schwierigkeiten des Vergleiches mit dem Ergebnis der Titration im urspr\u00fcnglichen, also ganz oder fast glykokollfreien Harn, m\u00f6glicherweise kommt auch eine Absorption des Glykokollquecksilbers an den starken Niederschlag oder gar Oxydation durch die Quecksilbersalze in Betracht.\nDaraus ergibt sich, da\u00df die Methode, auf den Harn angewandt, nicl^t absolute, wohl aber recht gute Vergleichs werte liefern kann und da\u00df ihre Empfindlichkeit auf 8-4 mg Gly-kokollstickstoff f\u00fcr 100 Harne gesch\u00e4tzt werden darf.\nWas nun die Resultate anbelangt, die ich an normalen Harnen gefunden habe, so sei bemerkt, da\u00df Doppelanalysen am gleichen Harn befriedigend \u00fcbereinstimmen. Sonst aber scheinen eine Reihe von Einfl\u00fcssen, speziell die Ern\u00e4hrung, starken Einflu\u00df zu \u00fcben. So fand ich im Morgenharn einer gesunden Person kein sicher nachweisbares Glykokoll, d. h. Formol erzeugte zwar einen geringen Farbenumschlag, aber einige Tropfen Lauge waren mehr als ausreichend, die F\u00e4rbung wiederherzustellen. Am selben Tage nachmittags aber enthielt der Harn, auf 100 ccm berechnet, 16,5 mg formoltitrier-","page":506},{"file":"p0507.txt","language":"de","ocr_de":"Die Formoltil ration der Aminos\u00e4uren im Harne. \u25a0 507\nbare Substanz, eine Menge, die sonst nur in pathologischen Harnen anzutreffen war. An andern Tagen konnte eine solche Differenz nicht nachgewiesen werden.\nDurch mehrfache Versuche sicher gestellt ist aber die Beobachtung, da\u00df der Harn beim Aufbewahren Glykokoll neu bildet. Folgende Versuchsreihe zur Best\u00e4tigung. Ein sehr lichter, schwachsaurer und ammoniakarmer Harn (Acidit\u00e4t 41,7 mg HCl, Ammoniakgehalt 24,3 mg in 100 Harn) gab mit Quecksilber behandelt und iformoltitriert kein Resultat, d. h. Formol brachte keine deutliche Farb\u00e4nderung hervor und ein Tropfen der Lauge stellte die F\u00e4rbung wieder her. Derselbe Harn \u00fcber Nacht unter Toluol bei 30\u00b0 aufbewahrt, verbrauchte 2,8 ccm der \u00bbVu-Lauge, nach 14 Tagen unter Toluol aufbewahrt 8,60 ccm, und beim offenen Stehen im Zimmer, bis er eben anting gegen Lackmus alkalisch zu reagieren, 9,6 ccm, berechnet auf 100 ccm Harn.\nOb die so entstehende formoltitrierbare und durch Quecksilber nicht f\u00e4llbare Substanz, ja ob auch die entsprechende Substanz des normalen Harns Glykokoll ist oder nicht, mu\u00df dahingestellt bleiben.","page":507}],"identifier":"lit37775","issued":"1909","language":"de","pages":"499-507","startpages":"499","title":"Die Formoltitration der Aminos\u00e4uren im Harne. Vorl\u00e4ufige Mitteilung","type":"Journal Article","volume":"61"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:07:32.603948+00:00"}