Open Access
{"created":"2022-01-31T14:15:55.454216+00:00","id":"lit37787","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Fischer, Emil","role":"author"},{"name":"Reginald Boehner","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 65: 118-123","fulltext":[{"file":"p0118.txt","language":"de","ocr_de":"Bildung von Prolin bei der Hydrolyse von Gelatine mit Baryt.\nVon\nEmil Fischer und Reginald Boehner.\niAup dem chemischen Institut der Universit\u00e4t Berlin.)\n'Der Redaktion zugegangen am 9. Februar 1910.)\nDie Frage, ob das Prolin als prim\u00e4res Spaltprodukt der Proteine zu betrachten sei, oder ob es sekund\u00e4r aus anderen Bestandteilen der Proteine entstehe, ist von dem einen von uns wiederholt diskutiert worden.1) Er kam dabei zum Schlu\u00df, da\u00df die erste M\u00f6glichkeit, die prim\u00e4re Entstehung der Aminos\u00e4uren, das Wahrscheinlichere sei, denn das Prolin entsteht nicht allein bei der Hydrolyse durch hei\u00dfe S\u00e4uren oder Alkalien, sondern auch bei der enzymatischen Spaltung der Proteine, wie die Versuche von E. Fischer und Abderhalden gezeigt haben, ln \u00dcbereinstimmung damit steht die Beobachtung von Levene und Beatty,2) da\u00df bei der trvptischen Verdauung ein Glycylprolinanhydrid gebildet wird. Aber bemerkenswert ist doch, da\u00df bei diesen enzymatischen Spaltungen die Menge des Prolins immer sehr gering war, und da\u00df auch bei der Behandlung des Gaseins mit Alkali weniger Prolin gefunden wurde, als bei der S\u00e4urehydrolyse.3) Zudem ist f\u00fcr die Isolierung des Prolins in den meisten F\u00e4llen der Umweg \u00fcber die Ester gew\u00e4hlt worden. Es war deshalb die M\u00f6glichkeit nicht ausgeschlossen, da\u00df das bisher aus den Proteinen isolierte Prolin wenigstens teilweise nicht prim\u00e4r, sondern sekund\u00e4r, vielleicht aus der a-Amino-b-Oxyvalerians\u00e4ure, die S. P. L\n\u2018) E. Fischer, Diese Zeitschrift, Bd. XXXIII, S. 169 (1901), und Her-, d Deutsch, chem. (Jos.. Bd. XXXIX, S. 601 (1906).\n*) Ber. d. Deutsch, chem. Ges., Bd. XXXIX, S. 2060 (1906).\nE. Fischer. Diese Zeitschrift, Bd. XXXV. S. 227 (1902).","page":118},{"file":"p0119.txt","language":"de","ocr_de":"Bildung von Prolin bei der Hydrolyse von Gelatine mil Baryt. 119\nSorensen1) durch Kochen mit Salzs\u00e4ure in Prolin \u00fcberf\u00fchren konnte, oder aus \u00e4hnlichen Substanzen entstand. Wir haben aus diesem Grunde nochmals die Hydrolyse der Gelatine, die bekanntlich viel Prolin liefert, unter Bedingungen studiert, wo die Aminos\u00e4uren niemals mit freien Minerals\u00e4uren in Ber\u00fchrung kommen. Das gelingt durch Hydrolyse mit Barytwasser. Sie ist bei 100\u00b0 nach 3 Tagen scheinbar beendet. Das Prolin wird dabei fast vollst\u00e4ndig racemisiert *) und l\u00e4\u00dft sich infolge dessen hinterher verh\u00e4ltnism\u00e4\u00dfig leicht in Form seines ziemlich schwer l\u00f6slichen Kupfersalzes isolieren. Wir sind so zu dem Resultat gekommen, da\u00df die bei 100\u00b0 getrocknete Gelatine (\u00abGolddruck\u00bb Kahlbaum) 7,6\u00b0/o Prolin liefert. Diese Menge ist fast IV2mal so gro\u00df, als die fr\u00fcher bei der S\u00e4urehydrolyse der Gelatine gefundene.3) Aber im letzteren Fall war die Aminos\u00e4ure durch die Fstermethode in der urspr\u00fcnglichen einfachen und unvollkommenen Form isoliert.\nIn neuerer Zeit haben Zd. H. Skraup und A. v. Bieh-, 1er indirekt die Menge des Prolins aus Gelatine zu bestimmen versucht.1) Da sie bei 4facher Wiederholung der Veresterung last doppelt so viel Gesamtester aus Gelatine erhielten,, als E.\n1*isolier, Levene und Aders, so berechnen sie auch die Menge, die jene f\u00fcr Prolin gefunden haben, auf das Doppelte, mithin 10,4 \u00b0/o, und meinen, da\u00df diese Zahl noch erheblich zu niedrig sei. Wir halten solche Sch\u00e4tzungen f\u00fcr recht unsicher, da die Qualit\u00e4t der Ester mit der Art der Isolierung und der Destillation schwankt. \u00dcbrigens ist schon fr\u00fcher von \u00c9. Fischer nachgewiesen worden, da\u00df man bei einmaliger Wiederholung der Veresterung eine nicht unerhebliche Menge, etwa HO\u00b0/o mehr Ester von Aminos\u00e4uren aus Gelatine gewinnt,5) als in\n') Trav. du Labor. Carlsberg, Bd. VI, S. 137 (1900).\n*) \u00c4hnliches wurde fr\u00fcher bei der Hydrolyse des Caseins durch Alkali bei 100\u00b0 beobachte!. \u00cb. Fischer, Diese Zeitschrift. Bd XXXV s --7 (1902).\n') E. Fischer, P. A. Levene und R. H. Aders, Diese Zeitschrift, bd. XXXV, S. 70 (1902).\t\u2019\n4) Monatshefte f. Chemie, 1909, S. 107.\n\u2018) Ber d. Deutsch, ehern. Ges., Bd. XXXV, S. 2001 ( 1IKI2\u00bb.","page":119},{"file":"p0120.txt","language":"de","ocr_de":"120\nEmil Fischer und Reginald lloehner.\nder Abhandlung von Fischer. Levene und Aders angegeben wurde.\nJedenfalls glauben wir, da\u00df vorl\u00e4ulig die Menge de> Prolins aus Gelatine, wenn man sicher gehen will, nicht h\u00f6her als 7.0 %> oder auf aschefreies Material berechnet als 7.7\u00b0 ,, angenommen werden kann.\nDa diese Menge in alkalischer L\u00f6sung entsteht, so w\u00fcrde die a-Amino-\u00f6-Oxyvalerians\u00e4ure als prim\u00e4res Produkt f\u00fcr sie nicht in Betracht kommen, weil sie nach S\u00f6rensen durch Erhitzen mit Baryt nicht in Prolin umgewandelt wird. Wir kennen auch sonst kein Valerians\u00e4urederivat, das unter diesen Bedingungen Prolin liefert, und es bleibt also zurzeit nur die Annahme \u00fcbrig, da\u00df das Prolin aus der Gelatine prim\u00e4r ent steht. Damit wird das Gleiche f\u00fcr die anderen Proteine, so lange nicht entgegenstehende Beobachtungen vorliegen, ebenfalls recht wahrscheinlich.\nAuffallend ist aber noch immer die geringe Menge von Prolin, die man bisher bei der enzymatischen Spaltung der Proteine erhalten hat. Da das l-Prolyl-d-phenylalanin durch Pankreatin ziemlich leicht hydrolysiert wird,1) so erscheint es erw\u00fcnscht, da\u00df die Verdauungsversuche mit R\u00fccksicht auf die Menge des dabei gebildeten Prolins wiederholt werden.\n2<X) g Gelatine (mit 16 \u00b0/o Wasser und 1,7 \u00b0/o Asche) wurden mit 2400 ccm Wasser und 800 g krystallisiertem Barymn-hydroxyd in einer Flasche aus Eisenblech im kochenden Wasserbad erhitzt. Nach 14 Stunden war die Biuretreaktion verschwunden, aber die Hydrolyse noch nicht beendet, denn die H\u00fcssigkeit enthielt jetzt, wie wir durch die Estermethode nacli-weisen konnten, verh\u00e4ltnism\u00e4\u00dfig wenig Aminos\u00e4uren, wohl aber erhebliche Mengen von polypeptidartigen Stoffen, wahrscheinlich Di- und Tripeptide, mit deren Untersuchung wir noch besch\u00e4ftigt sind. Das Erhitzen mit dem Barvtwasser wurde deshalb 8 Tage fortgesetzt, dann die Fl\u00fcssigkeit abgek\u00fchlt, das auskrystallisierte Baryumhydroxyd abgesaugt und das Filtrat unter vermindertem Druck eingedampft, bis alles Ammoniak\nl) E. Fischer und A. Luniak, Ber. d. Deutsch, ehern. (u*> Bd. XL.\u00ceI. S. 47\u00f6\u00ab ^1909 >.","page":120},{"file":"p0121.txt","language":"de","ocr_de":"Bildung von Prolin hei der Hydrolyse von GclaJine mil liaryl 121\nvertrieben war. Wir haben jetzt den Baryt aus der Fl\u00fcssigkeit genau mit Schwefels\u00e4ure ausgef\u00e4llt, dann zentrifugiert, die klare Fl\u00fcssigkeit abgehoben, den Niederschlag nochmals mit heiliem Wasser ausgelaugt und wieder zentrifugiert. Die vereinigten Mutterlaugen wurden nun unter etwa\" 15 mm Druck zur Trockene verdampft und der R\u00fcckstand 4 mal mit je 500 ccm Alkohol t\u00fcchtig ausgekocht. Dabei geht das Prolin m L\u00f6sung, w\u00e4hrend die meisten anderen Aminos\u00e4uren Zur\u00fcckbleiben. Die alkoholischen Ausz\u00fcge wurden unter vermindertem Druck zum Sirup eingedampft und dieser wiederum in \u00d6OOcem hei\u00dfem Alkohol gel\u00f6st. Dabei blieb noch ein kleiner hiiekstand von gew\u00f6hnlichen Aminos\u00e4uren. Die alkoholische Mutterlauge wurde abermals in der gleichen Weise verdampft und der R\u00fcckstand nochmals mit absolutem Alkohol aufgenommen. Das alkoholische Filtrat hinterlie\u00df nun beim Verdampfen unter geringem Druck 35,5 g eines gelbgef\u00e4rbten Sirups der in absolutem Alkohol v\u00f6llig l\u00f6slich war. Zur Isolierung\ndes Prolins, das fast vollst\u00e4ndig racemisiert- war. diente das Kupfersalz.\t-\nZu dem Zweck wurde der Sirup in etwa 700 ccm Wasser gel\u00f6st, mit \u00fcbersch\u00fcssigem frisch gef\u00e4lltem reinem Kupferoxyd ' ; stlmde gekocht und die hei\u00df filtrierte L\u00f6sung unter etwa L> mm Druck eingedampft, bis eine reichliche Kristallisation von Kupfersalz ertolgt war. Seine Menge betrug nach dem Absaugen und Trocknen an der Luft 11,7 g.\nf\u00fcr die Analyse war das Salz nochmals aus wenig hei\u00dfem Wasser umkrystallisiert, wobei etwa 20\u00ae/o in L\u00f6sung blieben, und an der Luft getrocknet.\n0,4838 g Substanz verloren bei 100\u00b0 0,0472 g H/), (\u2018i\u00f6Hi\u00f6Q\u00abN8Cu 4* 2^0 ( 327,75). Berechnet: 41*0 10,99\u00b0y.\nGefunden: \u00bb\t10,88%.\n0,3866 g Substanz: 0,1052 g CuO.\t\u2019\nC,\u201eH1G04NtCu (291,72). Berechnet: Cu 21,79%.\nGefunden: \u00bb 21,74\u00b0 o.\nDie aus dem gereinigten Kupfersalz dargestellte freie Aminos\u00e4ure schmolz gegen 205\u00ae unter Gasentwicklung und gab folgende Zahlen:\nHoppe-Seyler\u2019s Zeitschrift f. physiol. Chemie. LXV.\n9","page":121},{"file":"p0122.txt","language":"de","ocr_de":"122\nKm.il Fischer und Reginald Boehner,\n0.1K00 g Substanz gaben 0,3044 g CO, 'und 0,1131 g H20. Berechnet f\u00fcr C\u00c4H\u00f6O,N (115,08): C 52,14%, H 7,88%. Gefunden:\t\u00bb 51,89%, * 7,91%.\no.loo:} g Substanz gaben 18,0ccm N \u00fcber 33%iger Kalilauge (16% 747 mm).\nBerechnet: 12,17%.\nGefunden: 12.21%.\nDie ersle w\u00e4sserige Mutterlauge wurde unter vermindertem Druck weiter eingeengt. Sie gab dann eine zweite Krystallisation von 5 g. Die direkte Analyse zeigte, da\u00df dieses Prolin noch ziemlich rein war.\n0,3682 g Substanz verloren bei 100\u00b0 0,0420 g H,0.\n(\u2019\u2022\u201eH.^N.Cu -f- 2H,0 (327,75). Berechnet: H20 10,99%.\nGefunden:\t\u00bb 11,41%.\n0,3262 g getrocknete Substanz: 0,0880 g GuO.\n^ioHi..04N,Gu (291,72). Berechnet: Cu 21,79%.\nGefunden: \u00bb 21,55%.\nKin nochmals aus hei\u00dfem Wasser umkrystallisiertes Produkt gab noch besser stimmende Werte.\n0.5758 g Substanz verloren bei 1(K)^ 0,0638 g H,0.\n,'\u2018i.oHi\u00ab04..N,Cu -f- 211,0 ( 327,75). Berechnet: H20 10,99%.\nGefunden: \u00bb 11,08%.\n0,5120 g getrocknete Substanz: 0,1394 g CuO.' G,0H,c04N,Cu (291,72). Berechnet: Cu 21,79%.\nGefunden: \u00bb 21,75\u00b0,'\u00ab.\nDie letzte Mutterlauge gab nach starkem Einengen in einer Platinschale eine dritte Krystallisation, aus der durch einmaliges Uml\u00f6sen noch 1,6 g eines ziemlich reinen Kupfersalzes erhalten wurde.\nDie Gesamtmenge des Kupfersalzes betrug mithin 18,3 g und wenn dasselbe auch nicht absolut rein war, so ist doch die Menge fremder Aminos\u00e4uren sehr wahrscheinlich nicht gr\u00f6\u00dfer gewesen, als der Rest von Prolin, der in der letzten Mutterlauge der Kupfersalze gel\u00f6st blieb.\n18,3 g wasserhaltiges Kupfersalz entsprechen 12,8 g Prolin, die aus 200 g wasserhaltiger oder 168 g trockener Gelatine entstanden waren. Mithin Prolin 7,6\u00b0/o der angewandten Gelatine oder 7,7 \u00b0/o berechnet auf aschefreies Material.\nNach der Abscheidung des racemischen Prolinkupfers hinterlie\u00dfen die w\u00e4sserigen Mutterlaugen beim v\u00f6lligen Ver-","page":122},{"file":"p0123.txt","language":"de","ocr_de":"Bildung von Prolin bei der Hydrolyse von Gelatine mit Baryt 123\ndampfen eine tiefblaue amorphe Masse, die mit viel Alkohol ausgekocht wurde. Als der alkoholische Auszug verdampft und der R\u00fcckstand abermals mit absolutem Alkohol ausgekocht war, betrug die gel\u00f6ste Menge nicht mehr als 1,9 g. \u2018 Wir schlie\u00dfen daraus, da\u00df die Menge des aktiven Prolins, das hier als Kupfersalz sich finden m\u00fc\u00dfte, h\u00f6chstens 1 g betragen haben kann. Wir haben \u00fcbrigens aut die Isolierung der Aminos\u00e4ure aus dem noch unreinen Kupfersalz verzichtet.\nObige Methode zur Bestimmung des Prolins in den Proteinen ist zweifellos genauer und sicherer als der fr\u00fcher benutzte Umweg \u00fcber die Ester. Wir werden sie deshalb benutzen, um einige fr\u00fcher erhaltene Zahlen zu pr\u00fcfen, und haben f\u00fcr das Casein schon festgestellt, da\u00df seine Hydrolyse durch Barytwasser bei 100\u00b0 ohne Schwierigkeit erreicht wird.\n\u00bb*","page":123}],"identifier":"lit37787","issued":"1910","language":"de","pages":"118-123","startpages":"118","title":"Bildung von Prolin bei der Hydrolyse von Gelatine mit Baryt","type":"Journal Article","volume":"65"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:15:55.454222+00:00"}