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{"created":"2022-01-31T16:56:59.750206+00:00","id":"lit37822","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Schulze, E.","role":"author"},{"name":"E. Winterstein","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 65: 431-476","fulltext":[{"file":"p0431.txt","language":"de","ocr_de":"Studien \u00fcber die Proteinbildung in reifenden Pflanzeneamen.\nVon\nE. Schulze und E. Winterstein.\n(Aus dem agrikulturchemischen Laboratorium des Polytechnikums in Z\u00fcrich.)\n(Der Redaktion zugegangen am 21. M\u00e4rz 1910.)\nW\u00e4hrend wir \u00fcber die chemischen Vorg\u00e4nge, die beim Abbau der Proteine in den Pflanzen nacheinander sich abspielen, schon weitgehende Kenntnisse besitzen,1) ist dagegen der Verlauf der in den Pflanzen sich vollziehenden Proteinsynthese noch unaufgekl\u00e4rt. Zwar steht fest, da\u00df der in den Proteinmolek\u00fclen sich vorfindende Stickstoff in letzter Linie entweder den in die Wurzeln der Pflanzen eingetretenen Ammoniaksalzen und Nitraten oder, falls Mikroben mitwirken, der Atmosph\u00e4re entstammt ; auch wissen wir, da\u00df nach den Orten, an denen in den Pflanzen Proteine in reichlicher Menge sich bilden, h\u00e4ufig organische Stickstoffverbindungen (Amide) hinflie\u00dfen, deren Verwendung zur Bildung von Proteinen nicht zu bezweifeln ist. Wie aber bei Verwendung dieser oder anderer Materialien die Synthese der Proteine sich vollzieht,, wissen wir zurzeit nicht. Auch ist nicht zu erwarten, da\u00df es bald m\u00f6glich sein wird, diese Frage zu beantworten. Denn die ihrer experimentell en Erforschung entgegenstehenden Schwierigkeiten sind ohne Zweifel au\u00dferordentlich gro\u00df. Um zum Ziele zu gelangen, wird man voraussichtlich die beim Studium der Konstitution der Proteine erhaltenen Resultate mit den an\nl) Zur Begr\u00fcndung dieses Ausspruchs verweisen wir auf die Abhandlungen von E. Schulze \u00abOber den Abbau und den Aufbau organischer Stickstoffverbindungen in den Pflanzen\u00bb (Landw. Jahrb\u00fccher, Bd. XXXV, S. 621\u2014666) und von F. Ehrlich, \u00ab\u00dcber die chemischen Vorg\u00e4nge des pflanzlichen Eiwei\u00dfstoffwechsels und ihre Bedeutung f\u00fcr die alkoholische G\u00e4rung und andere pflanzenphysiologische Prozesse\u00bb (ibidem 1909, Erg\u00e4nzungsband V, S. 289\u2014327).","page":431},{"file":"p0432.txt","language":"de","ocr_de":"432\tE. Schulze und E. Winterstein,\nPflanzen gemachten Beobachtungen kombinieren m\u00fcssen; es wird aber wohl noch einer Erweiterung unserer Kenntnisse in der einen wie in der anderen Richtung bed\u00fcrfen, um die obige Frage der L\u00f6sung nahe bringen zu k\u00f6nnen.\nBei dieser Sachlage wird man es als eine der n\u00e4chst-liegenden Aufgaben betrachten m\u00fcssen, durch Versuche an Pflanzen das bez\u00fcgliche Beobachtungsmaterial zu vergr\u00f6\u00dfern. Man wird, im Hinblick auf die au\u00dferordentlich gro\u00dfe Bedeutung, die der in den Pflanzen sich vollziehenden Proteinsynthese im Haushalte der Natur zukommt, wohl behaupten d\u00fcrfen, da\u00df jeder, auch der kleinste Fortschritt, den wir auf diesem Gebiete machen, f\u00fcr wertvoll zu erkl\u00e4ren ist.\nF\u00fcr Untersuchungen, deren Zweck die Erforschung der Proteinbildung ist, hat man stets reifende Pflanzensamen als g\u00fcnstige Objekte angesehen. Denn die Samen geh\u00f6ren zu den proteinreichsten Teilen der Pflanzen und man kann leicht durch quantitative Bestimmungen feststellen, da\u00df ihr Proteingehalt w\u00e4hrend des Reifens eine rasche Zunahme erf\u00e4hrt, in den reifenden Samen findet also die Synthese von Proteinen in starkem Ma\u00dfe statt. Als stickstoffhaltiges Material f\u00fcr diese Synthese dienen nach den von A. Emmerling1) an Vicia f\u00e4ba angestellten Versuchen l\u00f6sliche organische Stickstoffverbindungen (Amide), die haupts\u00e4chlich in den Bl\u00e4ttern entstehen und den reifenden Samen zugeleitet werden, eine Annahme, die auch durch die Arbeiten anderer Forscher eine St\u00fctze erhalten hat:2)\nZu diesen Verbindungen geh\u00f6ren nach Emmerlings Beobach-\n\u00bb\n*) Landwirtschaftl. Versuchsstationen, Bd. XXXIVjS. 1, Bd. LIV, S. 215.\n2) Wir verweisen auf die in der oben zitierten Abhandlung E. S chulz es auf S. 658 ff. dar\u00fcber gemachten Angaben. F\u00fcr die Annahme, da\u00df in den reifenden Pflanzensamen Proteine auf Kosten nichtproteinartiger organischer Stickstoffverbindungen sich bilden, hat eine von Zaleski (Berichte der D. Botan. Gesellsch., 1905, Bd. XXIII, S. 126) ausgef\u00fchrte Untersuchung eine starke St\u00fctze geliefert. Der genannte Forscher halbierte unreife Samen von Pisum sativum und analysierte die eine H\u00e4lfte sofort, die andere erst nach 3 t\u00e4giger Abfbewahrung unter einer Glasglocke in feuchter Luft. Es zeigte sich, da\u00df w\u00e4hrend der Aufbewahrung in den Sameu eine Zunahme des Proteins, eine Abnahme der \u00fcbrigen Stickstoffverbindungen erfolgt war.\t\u2018","page":432},{"file":"p0433.txt","language":"de","ocr_de":"Studien \u00fcber die Proteinbildung in reifenden Pflanzensamen. 433\ntungen neben Aminos\u00e4uren auch Amide, die gleich dem Asparagin und Glutamin durch hei\u00dfe verd\u00fcnnte S\u00e4uren unter Ammoniakabspaltung zersetzt werden. Welche einzelnen Glieder dieser Stoffgruppen vorhanden waren, ist von Emmerling nicht untersucht worden. Einen Beitrag zur Beantwortung dieser Frage lieferte sp\u00e4ter N. Wassilieff1 2) durch Versuche, f\u00fcr welche verschiedene Leguminosen (Lupinus albus, Lupinus lu-teus, Lupinus angustifolius und Rubinia pseudacacia) als Objekte dienten. In den unreifen Samen dieser Leguminosen fand Wassilieff Asparagin, Arginin, Histidin und Phenylalanin; wahrscheinlich war auch Aminovalerians\u00e4ure (Valin) vorhanden. Durch eine zweite, erst vor kurzem publizierte Untersuchung*) hat Wassilieff zwar unsere Kenntnisse \u00fcber die Qualit\u00e4t der in unreifen Samen sich vorfindenden Stickstoffverbindungen nicht wesentlich erweitert, aber er hat doch einige Beobachtungen gemacht, die hier Interesse beanspruchen k\u00f6nnen. Er zeigte u. a., da\u00df die Samenh\u00fclsen Stickstoffverbindungen an die reifenden Samen abgeben und demnach als Reservestoffbeh\u00e4lter dienen;3) ferner wies er nach, da\u00df beim Auf bewahren der unreifen von der Pflanze abgetrennten Fr\u00fcchte von Lupinus albus das in letzteren enthaltene Asparagin auf Kosten anderer Stickstoffverbindungen eine Zunahme erf\u00e4hrt. Da\u00df dies so sein w\u00fcrde, lie\u00df sich von vornherein erwarten, denn es ist von fr\u00fcher her bekannt, da\u00df in jungen gr\u00fcnen Pflanzenteilen Asparagin sich bildet, wenn man dieselben unter geeigneten Bedingungen auf bewahrt.4)\nEinige im Jahre 1905 von uns ausgef\u00fchrte Versuche, f\u00fcr welche Pisum sativum, und zwar die als \u00abZuckererbse\u00bb be-\n>\tV\n0 Journal f\u00fcr experimentelle Landwirtschaft (russisch), 1904, S. 34.\n2)\tBerichte der Deutschen botanischen Gesellschaft, Jahrgang 1908.\n3)\tW as sili eff bewahrte die vom Stamme abgetrennten Fr\u00fcchte unter solchen Bedingungen auf, da\u00df sie nicht austrocknen konnten. Nach Verlauf von einigen Tagen hatte die in den H\u00fclsen enthaltene absolute Stickstoffmenge sich verringert, freilich nur um einen geringen Betrag. Gleichzeitig hatte die Proteinmenge in den H\u00fclsen abgenommen; es hatte also Zerfall von Proteinstoffen stattgefunden.\n4)\tWir verweisen auf die Abhandlung von E. Schulze und E. Boss-hard, Diese Zeitschrift, Bd. IX, S. 420.","page":433},{"file":"p0434.txt","language":"de","ocr_de":"434\tE. Schulze und E. Winterstein,\nzeichnete Variet\u00e4t, als Objekt diente, lieferten Resultate, die zur Best\u00e4tigung der schon damals vorliegenden Angaben Wassilieffs dienen konnten. Wir vermochten sowohl aus den unreifen Samen, wie aus den Samenh\u00fclsen der genannten Leguminose Asparagin und Arginin darzustellen. *Zu bemerken ist, da\u00df die Ausbeute an Arginin bei den Samenk\u00f6rnern viel gr\u00f6\u00dfer war als bei den H\u00fclsen. Dieser Befund ist in einer fr\u00fcher publizierten Abhandlung1) kurz erw\u00e4hnt worden; eine ausf\u00fchrliche Mitteilung \u00fcber denselben ist aber bis jetzt nicht erfolgt. Der Grund daf\u00fcr liegt zum Teil darin, da\u00df wir das von uns damals verwendete, dem Handel entnommene Material nicht als ganz einwurfsfrei betrachten konnten. Denn es ist m\u00f6glich, da\u00df dieses Material, ehe es in unsere H\u00e4nde gelangte, vom H\u00e4ndler einige Tage aufbewahrt worden war; w\u00e4hrend dieser Zeit kann aber, wie aus den oben gemachten Angaben hervorgeht, die Bildung von Asparagin auf Kosten anderer Stickstoffverbindungen erfolgt seiii. Schon damals war es unsere Absicht, die Versuche mit ganz frischem Material zu wiederholen; dies ist aber erst im Jahre 1909 geschehen. Wir haben uns aber, wie aus den sp\u00e4ter folgenden Angaben zu ersehen ist, nicht auf eine Wiederholung der fr\u00fcher ausgef\u00fchrten Versuche beschr\u00e4nkt, sondern auch noch einige andere, auf die Proteinbildung sich beziehende Fragen der Untersuchung unterworfen.\nIm Jahre 1905 untersuchten wir auch milchreife Weizenk\u00f6rner. Auch diese Untersuchung, deren Ergebnisse bisher ebenfalls nicht ausf\u00fchrlich publiziert worden sind, haben wir jetzt wiederholt. Die dabei erhaltenen Resultate teilen wir im zweiten Abschnitt dieser Abhandlung mit.\nDas Untersuchungsmaterial (Erbsen und Weizenk\u00f6rner) wurde uns in vortrefflicher Qualit\u00e4t von der landwirtschaftlichen Schule Strickhof bei Z\u00fcrich geliefert, wof\u00fcr wir der Direktion dieser Schule hier unseren besten Dank aussprechen.\nZu erw\u00e4hnen ist noch, da\u00df an der Ausf\u00fchrung der im folgenden mitgeteilten analytischen Bestimmungen Herr C. R e u t e r sich beteiligt hat, wof\u00fcr wir demselben zu Dank verpflichtet sind.\n*) Landwirtschaft!. Jahrb\u00fccher, Bd. XXXV, S. 656.","page":434},{"file":"p0435.txt","language":"de","ocr_de":"Studien \u00fcber die Proteinbildung in reifenden Pflanzensamen. 435\nI. Untersuchung der Fr\u00fcchte von Pisum sativum L. in verschiedenen\nEntwicklungsstadien,\nDie Fr\u00fcchte von Pisum sativum wurden in verschiedenen Entwicklungsstadien von uns untersucht. Nachdem sie fr\u00fch morgens von den Pflanzen abgetrennt worden waren, wurden sie sofort in das Laboratorium gebracht und in Samenk\u00f6rner und H\u00fclsen zerlegt. Jeden dieser beiden Teile extrahierten wir, nachdem er m\u00f6glichst fein zerkleinert worden war, mit Wasser. F\u00fcr die Samenk\u00f6rner verwendeten wir wegen ihres bedeutenden St\u00e4rkemehlgehalts Wasser von ca. 55\u00b0 C., f\u00fcr die H\u00fclsen dagegen Wasser, dessen Temperatur dem Siedepunkt n\u00e4her lag. Nach Verlauf einiger Stunden wurden die Extrakte abfiltriert und mit den beim Abpressen der Filterr\u00fcckst\u00e4nde erhaltenen Fl\u00fcssigkeiten vereinigt; diese Extrakte versetzten wir dann mit Bleiessig in schwachem \u00dcberschu\u00df. Die beschriebenen Operationen wurden im Verlaufe eines Tages vollendet. Wie die Extrakte weiter behandelt wurden, ist aus den sp\u00e4ter folgenden Mitteilungen zu ersehen.\nF\u00fcr die quantitative Analyse verwendeten wir Proben der Samenk\u00f6rner und der H\u00fclsen, welche unmittelbar nach ihrer Trennung in absoluten Alkohol geworfen worden waren. Nach ca. 14 Tagen wurde der Alkohol abgegossen und durch -frischen ersetzt. Nachdem auch letzterer abgegossen worden war, trockneten wir die Samen und die H\u00fclsen bei 35\u201440\u00b0 C., was sehr leicht vonstatten ging. Bei Ausf\u00fchrung der quantitativen Bestimmungen wurden den abgewogenen Quantit\u00e4ten der getrockneten Samen und H\u00fclsen die entsprechenden Anteile der alkoholischen L\u00f6sungen zugef\u00fcgt.\nDie im \u00abersten Entwicklungsstadium\u00bb befindlichen Schoten enthielten stets neben sehr kleinen auch bedeutend gr\u00f6\u00dfere Samenk\u00f6rner. Um den Gr\u00f6\u00dfenunterschied zu kennzeichnen, teilen wir mit, da\u00df 100 St\u00fcck der kleineren K\u00f6rner durchschnittlich 9,0 g wogen, 100 St\u00fcck der gr\u00f6\u00dferen K\u00f6rner dagegen durchschnittlich fast 21 g. Wir haben daher f\u00fcr die quantitative Analyse sowohl von den kleineren wie von den gr\u00f6\u00dferen K\u00f6rnern eine Durchschnittsprobe verwendet. Zur qualitativen","page":435},{"file":"p0436.txt","language":"de","ocr_de":"436\nE. Schulze und E. Winterstein,\nUntersuchung diente dagegen ein Gemenge der kleinen und der gr\u00f6\u00dferen K\u00f6rner. Die diesem Entwicklungsstadium angeh\u00f6renden Fr\u00fcchte wurden Mitte Juli geerntet. Bei den im zweiten Entwicklungsstadium sich befindenden Fr\u00fcchten, die in der zweiten H\u00e4lfte des Monats Juli geerntet wurden, zeigte sich in der Gr\u00f6\u00dfe der Samenk\u00f6rner nur eine geringe Verschiedenheit; 100 St\u00fcck dieser Samen wogen durchschnittlich 74 g.\nDie ausgereiften Fr\u00fcchte wurden in der zweiten H\u00e4lfte des Monats August geerntet. Wir lie\u00dfen sie nach der Abtrennung von den Pflanzen noch einige Wochen lang an einem trocknen Orte liegen; dann wurden die Samen von den H\u00fclsen getrennt. Eine Aufbewahrung der f\u00fcr die quantitative Analyse bestimmten K\u00f6rner und H\u00fclsen unter Alkohol war selbstverst\u00e4ndlich in diesem Falle unn\u00f6tig.\n\\\nA. Vergleichung der in den Samenk\u00f6rnern ungleichen Alters auf Proteine und nichtproteinartige Verbindungen fallenden Stickstoffmengen.\nDurch Bestimmung der in den unreifen und in den reifen Samenk\u00f6rnern auf Proteine und auf nichtproteinartige Verbindungen fallenden Stickstoffmengen kann man Aufschlu\u00df \u00fcber das Fortschreiten der Proteinbildung in den reifenden Samen erhalten. Doch gen\u00fcgt es nicht, zu diesem Zwecke die Resultate dieser Bestimmungen in Prozenten der Samentrockensubstanz anzugeben, man mu\u00df auch fest stellen, wieviel Gramm Stickstoff in der gleichen Anzahl reifer und unreifer Samen den genannten beiden Stoffgruppen angeh\u00f6ren.\nIn einer in unserem Laboratorium ausgef\u00fchrten Untersuchung reifender Samen von Phaseolus vulgaris in drei Entwicklungsstadien erhielt U. Pfenninger1) f\u00fcr den Prozentgehalt der Samentrockensubstanz an \u00abProteinstickstoff\u00bb und \u00abNichtproteinstickstoff\u00bb2) folgende Zahlen:\n*) Berichte der D. botanischen Gesellseh., 1909, Bd. XXVII, Heft V (Vorl\u00e4ufige Mitteilung).\n2) Es m\u00f6ge uns gestattet sein, der K\u00fcrze halber hier diese Ausdr\u00fccke, die auch in anderen Abhandlungen zu finden sind, zu gebrauchen.","page":436},{"file":"p0437.txt","language":"de","ocr_de":"Studien \u00fcber die Proteinbildung in reifenden Pflanzensamen. 437\n* . * J * \t\t\tN im Protein \u00b0/\u00b0\tN im Nichtprotein \u00b0/o\n\"\t-\t*\t\u25a0\t.\ti Erstes Stadium . .... , ,\t3,59\t1,41\nZweites\t\u00bb\t....\t3,37\t0,55\nDritttes\t>\t(Reife) .\t4,01\t0,22\nW\u00e4hrend des Reifens verschob sich also das Verh\u00e4ltnis zwischen \u00abProteinstickstoff\u00bb und \u00abNichtproteinstickstoff\u00bb zugunsten des ersteren. In den unreifen Samen fielen im ersten Entwicklungsstadium nur 71,80\u00b0/o des Gesamtstickstoffs auf Proteine, in den reifen Samen dagegen 94,80\u00b0/o.\nBei Berechnung der in 100 St\u00fcck Samen enthaltenen Stickstoffmengen erhielt IL Pfenninger (loc. cit.) aber folgende Zahlen :\n\u00ee\t\u2666\t?\t.\tN im Protein g\tN im Nichtprotein g\nErstes Stadium ....\t0,0204\t0,0080\nZweites\t\u00bb\t....\t0,2858\t0,0467\nDrittes\t\u00bb \u00bb (Reife) ,\t1,804\t0,0989\n; Aus diesen Zahlen ist zu ersehen, da\u00df w\u00e4hrend des Reifens die Proteinmenge in den Samen sehr stark zugenommen hatte, da\u00df aber die reifen Samen nicht weniger, sondern sogar mehr \u00abNichtproteinstiekst\u00f6ff\u00bb enthielten als die unreifen Samen.\nIm Sommer d. J. wiederholte U. Pfenninger seine Versuche; doch analysierte er die unreifen Samen von Phaseolus vulgaris nur in einem Entwicklungsstadium. Letzteres lag zwischen den beiden Stadien, in denen er fr\u00fcher die unreifen Samen untersucht hatte. Von den dabei erhaltenen, bisher noch nicht publizierten Resultaten teilen wir hier nur die Zahlen mit, die sich f\u00fcr den Gehalt von 100 St\u00fcck Samen an Proteinstickstoff und Nichtproteinstickstoff berechnen.\n\u2022\tN im Protein\tN im Nichtprotein\n;\tg\tg\nUnreife Samen .... > - . \u2022.\t0,1347\t0,0156\nReife\t\u00bb\t...\t1,5128\t0,0235\nHoppe-Seyler\u2019s Zeitschrift f. physiol. Chemie. LXV.\t30","page":437},{"file":"p0438.txt","language":"de","ocr_de":"438\nE. Schulze und E. Winterstein,\nWie man sieht, stimmte das in diesen Versuchen erhaltene Resultat vollst\u00e4ndig mit demjenigen \u00fcberein, zu welchem Pfenninger fr\u00fcher gelangt war; 100 St\u00fcck Samen enthielten nach v\u00f6lligem Ausreifen eine etwas gr\u00f6\u00dfere Quantit\u00e4t von \u00abNichtproteinstickstoff\u00bb als in unreifem Zustande. Auch in diesem Falle hatte die Proteinmenge w\u00e4hrend des Ausreifens der Samen eine sehr starke Steigerung erfahren. Doch ent-hielteji 100 St\u00fcck der reifen Samen weniger \u00abProteinstickstoff\u00bb, als in den fr\u00fcher von Pfenninger untersuchten Samen solcher Art gefunden worden war. Der Grund daf\u00fcr liegt h\u00f6chstwahrscheinlich in der ung\u00fcnstigen Witterung, die im Sommer 1909 lange Zeit hindurch herrschte.\nDie in diesen Versuchen erhaltenen Resultate m\u00fcssen zu der Vorstellung f\u00fchren, da\u00df bei Phaseolus vulgaris die aus den anderen Pflanzenteilen den reifenden Samenk\u00f6rnern zugef\u00fchrten nichtproteinartigen Stickstoffverbindungen sehr schnell zur Proteinsynthese verwendet werden und da\u00df es infolge davon zu einer Anh\u00e4ufung solcher Verbindungen in den reifenden Samen gar nicht kommt.\nNicht ganz das gleiche Resultat ergab sich f\u00fcr die Samen von Pisum sativum. Diese Samen wurden, wie oben schon angegeben worden ist, in drei Entwicklungsstadien von uns untersucht. In den Schoten, die dem ersten Entwicklungsstadium angeh\u00f6rten, fanden sich neben gr\u00f6\u00dferen stets auch noch sehr kleine Samenk\u00f6rner vor, wie oben gleichfalls schon erw\u00e4hnt worden ist; die f\u00fcr die-Analyse benutzten Durchschnittsproben dieser Samenk\u00f6rner sind im folgenden mit Ia und Ib bezeichnet worden. Wir teilen nun zun\u00e4chst die Zahlen mit, die f\u00fcr den Prozentgehalt der Samen an Gesamtstickstoff, Proteinstickstoff und Nichtproteinstickstoff gefunden wurden.1}\nl) Zur Bestimmung der auf Protein fallenden Stickstoffmenge benutzten wir das Stutzer sehe Verfahren, welches bei Untersuchungen solcher Art fast immer verwendet worden ist. Wir halten die auf diesem Wege gewonnenen Resultate nicht f\u00fcr fehlerfrei (eine scharfe Trennung des Proteins von den nichtproteinartigen Stickstoffverbindungen d\u00fcrfte \u00fcberhaupt wohl sehr schwierig sein), aber man wird doch annehmen k\u00f6nnen, da\u00df diese Resultate untereinander vergleichbar sind. Die dem \u00abNichtprotein\u00bb angeh\u00f6rende Stickstoffmenge wurde durch Subtraktion des","page":438},{"file":"p0439.txt","language":"de","ocr_de":"Studien \u00fcber die Proteinbildung in reifenden Pflanzensamen. 439\n\tDie Samentrockensubstanz enthielt\t\t\n\tStickstoff im Protein \u00b0/o\tStickstoff im Nichtprotein \u00b0/0\tStickstoff insgesamt ' \u00b0/o\nStadium I a) . . . .\t2,68\t2,36\tm 5,04\nStadium I b) . . . .\t2,12\t2,51\t4,63\nStadium II. . . . .\t3,35\t1,04\t4,39\nStadium III (Reife) .\t4,40\t0,39 \u00df\t4,79\nIn den im ersten Entwicklungsstadium geernteten, noch recht kleinen Samenk\u00f6rnern fiel also mehr als die H\u00e4lfte des Gesamtstickstoffs auf nichtproteinartige Verbindungen, w\u00e4hrend der diesen Verbindungen angeh\u00f6rende Teil des Gesamtstickstoffs in den Samen des zweiten Entwicklungsstadiums nur noch 23\u201424 \u00b0/o betrug ; in den ausgereiften Samen war dieser Betrag auf \u00e7a. 8\u00b0/o des Gesamtstickstoffs heruntergegangen.\nAus den vorstehenden und aus den f\u00fcr das Trockengewicht von je 100 St\u00fcck Samen gefundenen Zahlen leiten sich die folgenden Werte ab:\n\t100 St\u00fcck Samen enthielten\t\t\n\tStickstoff im Protein g\tStickstoff im Nichtprotein g\tStickstoff insgesamt g\nA Stadium I a) . . . .\t0,0398\t0,0348\t0,0746\nStadium I b) . . . .\t0,0866\t0,1024\t0,1890\nStadium II . . . . .\t0,610\t0,195\t0,805\nStadium III (Reife) .\t1,606\t0,096\t1,601\nDie Zahlen der vorstehenden Tabelle zeigen, da\u00df in den Samen die auf nichtproteinartige Stickstoffverbindungen fallende absolute Stickstoffmenge vom ersten bis zum zweiten Entwicklungsstadium zunahm, sp\u00e4ter aber sich verringerte. Im zweiten Entwicklungsstadium lie\u00df sich also eine, allerdings nicht bedeutende Anh\u00e4ufung solcher Stickstoffverbindungen nachweisen, was bei den Samen von Phaseolus vulgaris nicht in gleicher\nProteinstickstoffs vom Gesamtstickstoff gefunden. Alle Stickstoffbestimmungen wurden nach dem Kjeld ah Ischen Verfahren ausgef\u00fchrt.\n30*","page":439},{"file":"p0440.txt","language":"de","ocr_de":"440\tE. Schulze und E. Winterstein,\n*. : t * * .\nWeise der Fall war. Trotzdem wird man im Hinblick auf das\nstarke Anwachsen der Proteinmenge w\u00e4hrend des Reifens der Samen behaupten d\u00fcrfen, da\u00df auch bei Pisum sativum die den Samen aus den andern Pflanzenteilen zuflie\u00dfenden nichtproteinartigen Stickstoffverbindungen rasch zur Proteinsynthese verwendet wurden. Auch ist noch darauf aufmerksam zu machen, da\u00df die w\u00e4hrend des zweiten Entwicklungsstadiums eingetretene Anh\u00e4ufung von \u00abNichtproteinstickstoff\u00bb zum gro\u00dfen Teil in Form von Arginin erfolgte1) und vielleicht nur darauf beruhte, da\u00df diese Base aus irgend einem Grunde der Verwendung zur Proteinsynthese entging.2)\nDie aus den vorstehenden Angaben sich ableitende Schlu\u00dffolgerung, da\u00df in den reifenden Samen die nichtproteinartigen Stickstoffverbindungen, soweit sie \u00fcberhaupt zur Proteinsynthese sich eignen, rasch f\u00fcr diesen Zweck verwendet werden, scheint auch f\u00fcr die Samen des Weizens (Triticum vulgare) volle Geltung zu haben (wir verweisen auf die im Abschnitt II dieser Abhandlung dar\u00fcber gemachten Mitteilungen).\nB. Die nicht proteinartigen stickstoffhaltigen Bestandteile der Samenk\u00f6rner und Samenh\u00fclsen.\nWie im vorigen Abschnitt dargelegt worden ist, mu\u00df das rasche Anwachsen der Proteinmenge in den reifenden Samen zu der Vorstellung f\u00fchren, da\u00df die den letzteren aus andern Pflanzenteilen zuflie\u00dfenden nichtproteinartigen Stickstoffverbindungen, soweit sie ein f\u00fcr die Proteinsynthese brauchbares Material sind, im allgemeinen eine schnelle Verwendung f\u00fcr diese Synthese finden. Daraus folgt aber noch nicht, da\u00df die verschiedenen Verbindungen dieser Art gleich schnell diesem Zwecke dienen; es ist f\u00fcr m\u00f6glich, ja sogar f\u00fcr wahrscheinlich zu erkl\u00e4ren, da\u00df manche dieser Stoffe rascher, andere lang-\n*) Dies wird durch die weiter unten gemachten Angaben bewiesen.\n*) Auch die Anh\u00e4ufung von Arginin in den Keimpflanzen von Lu-pinus luteus scheint man darauf zur\u00fcckf\u00fchren zu m\u00fcssen, da\u00df aus einem zurzeit noch unbekannten Grunde in diesen Keimpflanzen ein Abbau des Arginins nicht erfolgt.","page":440},{"file":"p0441.txt","language":"de","ocr_de":"Studien \u00fcber die Proteinbildung in reifenden Pflanzensamen. 441\nsamer f\u00fcr jene Synthese verwendet werden.1) Ist dies aber der Fall, so wird das Gemenge nichtproteinartiger Stickstoffverbindungen, das man in den in irgend einem Entwicklungsstadium geernteten unreifen Samenk\u00f6rnern neben Proteinen noch vorfindet, eine andere Zusammensetzung haben m\u00fcssen, als das aus den andern Pflanzenteilen dem Samen zuflie\u00dfende Gemenge solcher Verbindungen. Es ist klar, da\u00df durch diesen Umstand der Wert der Resultate verringert wird, die man bei Untersuchung der reifenden Samen auf Stoffe solcher Art erh\u00e4lt. Um festzustellen, welche nichtproteinartigen Stickstoffverbindungen in den reifenden Samen f\u00fcr die Proteinsynthese verwendet werden, wird man in erster Linie die Zusammensetzung des den Samen aus andern Pflanzenteilen zuflie\u00dfenden Gemenges solcher Verbindungen zu ber\u00fccksichtigen haben. Selbstverst\u00e4ndlich aber kann es von Interesse sein, zum Vergleich die Resultate heranzuziehen, die man bei Untersuchung der stickstoffhaltigen Bestandteile der unreifen und der reifen Samenk\u00f6rner erh\u00e4lt.\nWie schon in der Einleitung erw\u00e4hnt wurde, nimmt man an, da\u00df die als Material f\u00fcr die Proteinsynthese dienenden Stickstoffverbindungen vorzugsweise in den Bl\u00e4ttern sich bilden. Zur Auffindung dieser Stoffe sind die Bl\u00e4tter und Stengel gr\u00fcner Pflanzen wegen ihrer komplizierten Zusammensetzung keine besonders g\u00fcnstigen Objekte. Unter diesen Umst\u00e4nden ist es von Wichtigkeit, da\u00df bei den Papilionaceen die Samenh\u00fclsen als Reservestoffbeh\u00e4lter dienen und an die reifenden Samen betr\u00e4chtliche Quantit\u00e4ten stickstoffhaltiger Stoffe abgeben. Dies ist von U. Pfenninger in seiner oben schon erw\u00e4hnten Untersuchung, f\u00fcr welche Phaseolus vulgaris als Objekt diente, in \u00fcberzeugender Weise gezeigt worden, nachdem kurz vorher schon N. Wassilieff2) aus Versuchen, die an Lupinus albus angestellt wurden, die gleiche Schlu\u00dffolgerung gezogen hatte. Wir konnten leicht nachweisen, da\u00df auch bei Pisum sativum\n*) Beim Aussprechen dieser Ansicht st\u00fctzen wir uns auf die an Keimpflanzen gemachten Beobachtungen.\n2) Berichte der D. botanischen Gesellschaft, Bd. XXVI, S. 454 (1908) (Vorl\u00e4ufige Mitteilung).","page":441},{"file":"p0442.txt","language":"de","ocr_de":"442\tE. Schulze und E. Winterstein,\ndie Samenh\u00fclsen als Reservestoffbeh\u00e4lter dienen. Wir bestimmten sowohl in unreifen wie in ausgereiften H\u00fclsen das Trockengewicht und den prozentigen Stickstoffgehalt. Aus den dabei erhaltenen Resultaten leiten sich folgende Zahlen ab :\n\t100 St\u00fcck H\u00fclsen von Pisum sativum enthielten\t\t\n\\\tStickstoff im\tStickstoff im\tStickstoff\n;\tProtein\tNichtprotein\tinsgesamt\n1\tg\tg\tg\nUnreif (Stadium II) .\t1,150\t1,040\t2,190\nReif\t\t\t0,552\t0,089\t0,641\nDiese Zahlen beweisen, da\u00df w\u00e4hrend des Reifens die in dep H\u00fclsen enthaltene absolute Stickstoffmenge sich bedeutend verringert hatte; sie war bis auf ca. 30\u00b0/o der urspr\u00fcnglich vorhandenen Quantit\u00e4t gesunken. Da man nun, wie kaum gesagt zu werden braucht, nicht annehmen kann, da\u00df w\u00e4hrend des Wachstums der H\u00fclsen eine Entwicklung von freiem Stickstoff oder von fl\u00fcchtigen Stickstoffverbindungen erfolgte, so f\u00fchren die obigen Zahlen zu der Schlu\u00dffolgerung, da\u00df stickstoffhaltige Stoffe aus den H\u00fclsen in die reifenden Samenk\u00f6rner \u00fcbergingen. Dementsprechend verringerte sich auch der Gehalt der H\u00fclsen an nichtproteinartigen Stickstoffverbindungen w\u00e4hrend des Reifens in sehr starkem Ma\u00dfe. Aber auch die in den H\u00fclsen enthaltene Proteinmenge erfuhr eine Abnahme. Letztere erfolgte offenbar in der Weise, da\u00df w\u00e4hrend des Reifens der H\u00fclsen ein Abbau des Proteins stattfand und da\u00df\ndie dabei entstandenen Produkte den reifenden Samenk\u00f6rnern\n*\nzuflossen.\nDie von uns an den Samenh\u00fclsen von Pisum sativum gemachten Beobachtungen liefern somit eine Best\u00e4tigung der von Wassilieff (loc. cit) und von Pfenninger (loc. cit) ausgesprochenen Schlu\u00dffolgerung, da\u00df bei den Leguminosen die Samenh\u00fclsen als Reservestoffbeh\u00e4lter dienen und da\u00df aus ihnen stickstoffhaltige Stoffe in die reifenden Samenk\u00f6rner \u00fcbergehen. Pfenninger zeigte, da\u00df das Gleiche auch f\u00fcr stickstofffreie Bestandteile der Samenh\u00fclsen gilt. Auch bei Pisum sativum","page":442},{"file":"p0444.txt","language":"de","ocr_de":"444\tE. Schulze und E. Winterstein,\nKrystalle von Asparagin. Letzteres wurde durch seine Reak* tionen und durch Bestimmung seines Krystallwassergehaltes identifiziert (wobei zwei, nach einander erhaltene Krystall-fraktionen verwendet wurden). Diese Bestimmungen lieferten folgende Resultate.\nI.\t0,3150 g Substanz gaben 0,0370 g \u2014 11,79 \u00b0/o Wasser.\nII.\t0,5550 \u00bb\t\u00bb 0,0650 \u00bb = 11,8 \u00b0/o\nNach der Theorie betr\u00e4gt der Krystallwassergehalt des Asparagins 12,0 \u00b0/o.\nFerner wurde noch der Kupfergehalt der aus unserem Produkt dargestellten Kupferverbindung bestimmt ; dabei ergab sich folgendes Resultat:\n0,2214 g Substanz gaben 0,0544 g CuO = 19,63 \u00b0/o Cu.\nDie Theorie verlangt 19,4 \u00b0/o.\nDie von den Asparaginkrystallisationen abgegossene Mutterlauge, in der das Vorhandensein von Arginin vermutet werden konnte, wurde mit Schwefels\u00e4ure anges\u00e4uert und hierauf mit Phosphorwolframs\u00e4ure versetzt, der dadurch erzeugte Niederschlag mit dem aus dem zweiten Teile des Extraktes (vgl. oben) erhaltenen vereinigt.\nDem Filtrat vom Mercurinitratniederschlage f\u00fcgten wir noch etwas Mercurinitrat, hierauf Natronlauge bis zur schwach alkalischen Reaktion zu. Der dadurch erzeugte Niederschlag wurde mittels Schwefelwasserstoff zersetzt, die vom Schwefelquecksilber abfiltrierte L\u00f6sung im Wasserbade zum Sirup eingedunstet.\nDiesen Sirup erhitzten wir mit absolutem Alkohol und f\u00fcgten dann etwas konzentrierte Ammoniakfl\u00fcssigkeit zu, die dabei entstandene L\u00f6sung wurde vom sirup\u00f6sen R\u00fcckst\u00e4nde abgegossen und sodann eingedunstet ; sie lieferte nun eine Ausscheidung, welche nach dem Umkrystallisieren aus einem Gemisch von hei\u00dfem Alkohol und Ammoniakfl\u00fcssigkeit das Aussehen und das Verhalten von unreinem Leucin zeigte. Die Substanz war stickstoffhaltig. Nach mehrmaligem Umkrystallisieren aus Alkohol, welchem etwas Ammoniakfl\u00fcssigkeit zugef\u00fcgt worden war, bildete sie wei\u00dfe gl\u00e4nzende Krystallbl\u00e4ttchen, die beim Erhitzen im Glasr\u00f6hrchen vollst\u00e4ndig sublimierten und dabei den Geruch entwickelten, der bei gleicher Behandlung","page":444},{"file":"p0445.txt","language":"de","ocr_de":"Studien \u00fcber die Proteinbildung in reifenden Pflanzensamen. 445\ndes Leucins und des Valins auftritt. Da die w\u00e4sserige L\u00f6sung der Krystalle beim Erhitzen mit Kupferacetat sich zwar lazur-blau f\u00e4rbte, aber weder in der W\u00e4rme noch nach dem Erkalten eine Ausscheidung lieferte, so ist wahrscheinlich, da\u00df nicht Leucin, sondern Valin vorlag; doch kann die Substanz auch ein Gemenge dieser beiden Aminos\u00e4uren gewesen sein.\nDer in oben beschriebener Weise erhaltene Phosphorwolframs\u00e4ureniederschlag wurde mittels Baryumhydroxyd zersetzt. Die dabei gewonnene, vom Ammoniak befreite Basenl\u00f6sung neutralisierten wir mit Salpeters\u00e4ure, engten sie stark ein und f\u00fcgten dann Silbernitrat zu. Dabei entstand ein ziemlich starker Niederschlag, der nach Zusatz von etwas Salzs\u00e4ure durch Schwefelwasserstoff zerlegt wurde. Die vom Schwefelsilber abfiltrierte L\u00f6sung enthielt Alloxurbasen; sie gab mit ammoniakalischem Silbernitrat den f\u00fcr diese Basen charakteristischen, in Ammoniakfl\u00fcssigkeit unl\u00f6slichen Niederschlag ; aus der L\u00f6sung dieses Niederschlags in kochender Salpeters\u00e4ure vom spezifischen Gewicht 1,10 schieden sich beim Erkalten wei\u00dfe Krystalle aus.\nDie von dem Alloxurbasenniederschlage abfiltrierte L\u00f6sung versetzten wir zur F\u00e4llung von Histidin und Arginin nach bekanntem Verfahren mit Silbernitrat und Barytwasser. Die Histidinfraktion des Niederschlags wurde unter Zusatz von etwas Schwefels\u00e4ure durch Schwefelwasserstoff zerlegt, die dabei erhaltene L\u00f6sung stark eingeengt und sodann mit Quecksilbersulfat versetzt. Den durch dieses Reagens hervorgebrachten Niederschlag verarbeiteten wir nach der von Kossel und Patten1) gegebenen Vorschrift. Dabei konnte zwar nicht Histidin in einer zur Ausf\u00fchrung einer Analyse gen\u00fcgenden Quantit\u00e4t gewonnen werden, aber das Produkt gab doch die von Pauli2) f\u00fcr das Histidin angegebene Reaktion, so da\u00df das Vorhandensein dieser Base als nachgewiesen zu betrachten ist. Die Argininfraktion des Niederschlags lieferte, als sie in bekannter Weise verarbeitet wurde, Arginin in kleiner Menge. Letzteres wurde zun\u00e4chst in das Nitrat \u00fcbergef\u00fchrt. Das Ge-\n*) Diese Zeitschrift, Bd. XXXVIII, S. 39.\n*) Diese Zeitschrift, Bd. XLII, S. 508.","page":445},{"file":"p0446.txt","language":"de","ocr_de":"446\tE. Schulze und E. Winterstein,\nwicht dieses Produkts betrug aber nur ca. 0,1 g. Dasselbe wurde in die K\u00fcpferverbindung \u00fcbergef\u00fchrt. Letztere kristallisierte in der charakteristischen Form; der Schmelzpunkt der durch Umkrystallisieren gereinigten Verbindung entsprach der f\u00fcr das Argininkupfernitrat gemachten Angabe (112\u2014114\u00b0).\nAus dem Filtrat vom Argininsilberniederschlage konnten wir zwei, in ihrem Verhalten mit Cholin und mit Trigonellin \u00fcbereinstimmende Basen nach bekanntem Verfahren isolieren. Von den salzsauren Salzen dieser beiden Basen l\u00f6ste sich das eine in kaltem absolutem Alkohol; es krystallisierte in zer-flie\u00dflichen kleinen Prismen. Seine w\u00e4sserige L\u00f6sung gab die f\u00fcr das Cholin angegebenen Reaktionen ; insbesondere brachte Kaliumtrijodid auch nach Zusatz von Soda darin eine F\u00e4llung hervor. Das Platindoppelsalz krystallisierte beim langsamen Verdunsten seiner w\u00e4sserigen L\u00f6sung in orangeroten Tafeln. Die Ausf\u00fchrung einer Analyse hielten wir f\u00fcr unn\u00f6tig, da das Vorkommen von Cholin in den Samenh\u00fclsen von Pisum sativum fr\u00fcher schon von uns nachgewiesen worden ist.1) Das salzsaure Salz der zweiten Base war in kaltem absolutem Alkohol fast unl\u00f6slich; es krystallisierte, wie das Trigonellinchlorid, aus w\u00e4sseriger L\u00f6sung in kleinen luftbest\u00e4ndigen Tafeln. Charakteristisch f\u00fcr Trigonellin ist bekanntlich das basische Golddoppelsalz, das man beim Umkrystallisieren des neutralen Chlor-aurats aus Wasser erh\u00e4lt. Dieses basische Salz krystallisiert in feinen gelben Nadeln, die ohne Zersetzung bei 185\u2014186\u00b0 schmelzen. Das in der angegebenen Weise aus der zweiten Base von uns dargestelle Golddoppelsalz schmolz bei 184\u00b0. Die kleine Differenz zwischen diesem Befunde und dem f\u00fcr das basische Chloraurat des Trigonellins angegebenen Schmelzpunkt\nkann als unwesentlich betrachtet und auf das Vorhandensein\n\u2022 \u2022\neiner geringen Verunreinigung zur\u00fcckgef\u00fchrt werden. \u00dcbrigens ist auch das Vorkommen von Trigonellin in den Samenh\u00fclsen von Pisum sativum fr\u00fcher schon von uns nachgewiesen worden.\nDie H\u00fclsen der im zweiten Entwicklungsstadium geernteten Samen wurden von uns nicht auf Asparagin untersucht, da\n*) Diese Zeitschrift, Bd. LX, S. 155.","page":446},{"file":"p0447.txt","language":"de","ocr_de":"Studien \u00fcber die Proteinbildung in reifenden Pflanzensamen. 447\ndieses Amid nicht nur in den dem ersten Entwicklungsstadium angeh\u00f6renden H\u00fclsen, sondern auch schon in den im Jahre 1905 von uns untersuchten Samenh\u00fclsen der Erbse nachgewiesen worden war. Dagegen haben wir jene H\u00fclsen, nachdem sie zuvor bei 60\u201470\u00b0 getrocknet und sodann zerkleinert worden waren, nach bekanntem Verfahren auf Arginin untersucht. Letzteres lie\u00df sich nachweisen, doch war die Ausbeute daran sehr gering; wir vermochten aus 500 g der lufttrockenen H\u00fclsen nur ca. 0,05 g Argininnitrat zu gewinnen. Behufs der Identifizierung wurde dieses Produkt auch in diesem Falle in die Kupferverbindung \u00fcbergef\u00fchrt.\nEinen alkoholischen Extrakt aus 500 g der gleichen lufttrockenen Samenh\u00fclsen untersuchten wir auf Monoaminos\u00e4uren. Der Extrakt wurde der Destillation unterworfen, der dabei erhaltene R\u00fcckstand mit Wasser behandelt, die tr\u00fcbe Fl\u00fcssigkeit mit Bleiessig versetzt. Dem Filtrat vom Bleiniederschlage f\u00fcgten wir nach dem Ans\u00e4uern mit Schwefels\u00e4ure und nach nochmaliger Filtration Phosphorwolframs\u00e4ure zu, beseitigten den durch dieses Reagens erzeugten Niederschlag und setzten dem Filtrat Baryumhydroxyd bis zum Eintreten alkalischer Reaktion zu. Nachdem zur Entfernung gel\u00f6sten Baryts Kohlens\u00e4ure eingeleitet worden war, wurde die F\u00e4llung abfiltriert und mit hei\u00dfem Wasser ausgewaschen. Das Filtrat lieferte beim Eindunsten einen Sirup, der neben Aminos\u00e4uren eine gro\u00dfe Quantit\u00e4t von Kohlenhydraten enthielt; Diesen Sirup behandelten wir behufs Veresterung der darin enthaltenen Aminos\u00e4uren mit Alkohol und Salzs\u00e4ure nach der Vorschrift von E. Fischer. Die Ester wmrden sodann aus der dunkel gef\u00e4rbten Masse mit \u00c4ther extrahiert, sp\u00e4ter der - Destillation im Vakuum unterworfen. Der gr\u00f6\u00dfte Teil der Ester ging bei 12 mm zwischen 80\u2014105\u00b0 \u00fcber. Beim Verseifen des Destillats erhielten wir in kleiner Menge ein Produkt, welches das Aussehen und das Verhalten des Leucins zeigte. Nach dem Umkrystallisieren aus einem Gemisch von Alkohol und Ammoniakfl\u00fcssigkeit bildete es wei\u00dfe gl\u00e4nzende, in kaltem Wasser schwer l\u00f6sliche Bl\u00e4ttchen, die beim Erhitzen im Glasr\u00f6hrchen ein wei\u00dfes Sublimat lieferten. Die w\u00e4sserige L\u00f6sung gab beim Erhitzen mit Kupferacetat eine","page":447},{"file":"p0448.txt","language":"de","ocr_de":"448\tE. Schulze und E. Winterstein,\nlasurblaue Fl\u00fcssigkeit, aus der eine kyrstallinische, dem Leucin-kupfer gleichende Verbindung sich ausschied. Auch die \u00fcbrigen Eigenschaften des beschriebenen Produktes sprachen daf\u00fcr, da\u00df Leucin vorlag.\nWir haben endlich in den Samenh\u00fclsen auch noch Tryptophan nachweisen k\u00f6nnen. F\u00fcr den bez\u00fcglichen Versuch verwendeten wir einen w\u00e4sserigen Extrakt aus einem Kilogramm der frischen Samenh\u00fclsen. Da wir in diesem Falle ganz ebenso verfuhren wie beim Nachweis des Tryptophans in den Keimpflanzen von Vicia sativa1) und da die Resultate sich mit den damals erhaltenen vollkommen decken, so halten wir es f\u00fcr \u00fcberfl\u00fcssig, hier alle Einzelheiten zu beschreiben. Es gen\u00fcgt, auf die in der zitierten Abhandlung gemachten Angaben zu verweisen. Aus den im vorigen gemachten Angaben ist zu schlie\u00dfen, da\u00df die Samenh\u00fclsen neben einer ansehnlichen Quantit\u00e4t von Asparagin kleine Mengen Arginin, Histidin, Tryptophan und Monoaminos\u00e4uren der fetten Reihe (Leucin, vielleicht auch Valin) enthielten.\nEs schien angezeigt, einen Versuch zur quantitativen Bestimmung des Asparagingehalts der H\u00fclsen nach dem Sachsse-schen Verfahren zu machen. Wir verwendeten dazu einen w\u00e4sserigen Extrakt aus 1,6278 g der Trockensubstanz der H\u00fclsen. Dieser Extrakt wurde zur Entfernung von Proteinstoffen und von basischen Stickstoffverbindungen mit Phosphorwolframs\u00e4ure versetzt. Aus dem Filtrat von dem durch dieses Reagens hervorgebrachten Niederschlage entfernten wir die Phosphorwolframs\u00e4ure durch Zusatz von Barytwasser; dann wurde die Fl\u00fcssigkeit in vorschriftsm\u00e4\u00dfiger Weise mit Salzs\u00e4ure gekocht, hierauf der Destillation mit Magnesia unterworfen. Dabei erhielten wir 0,044 g Stickstoff in Ammoniakform. Unter der Voraussetzung, da\u00df dieses Ammoniak ausschlie\u00dflich durch Zersetzung von Asparagin entstanden war, berechnet sich der Asparagin-gehalt der Trockensubstanz der H\u00fclsen auf 2,45\u00b0/o; die diesem Amid angeh\u00f6rende Stickstoffmenge w\u00fcrde demgem\u00e4\u00df 0,52 \u00b0/o der H\u00fclsentrockensubstanz betragen haben. Da nun diese Trocken-\n*) Diese Zeitschrift, Bd. XLV, S. 56.","page":448},{"file":"p0449.txt","language":"de","ocr_de":"Studien \u00fcber die Proteinbildung in reifenden Pflanzensamen. 449\nSubstanz l,14\u00b0/o Nichtproteinstickstoff enthielt, so ergibt sich, da\u00df nicht viel weniger als die H\u00e4lfte davon in Form von As-p\u00e4ragin sich vorfand. Es sei hier daran erinnert, da\u00df auch in den Keimpflanzen der Leguminosen das Asparagin in weit gr\u00f6\u00dferer Quantit\u00e4t auftritt, als irgend eine andere nichtproteinartige Verbindung.\nVon der im ganzen den nichtproteinartigen Verbindungen angeh\u00f6renden Stickstoffmenge fielen nur ca. 12\u00b0/o auf die aus\neiwei\u00dffreiem Extrakt durch Phorphorwolframs\u00e4ure f\u00e4llbaren\n*\nVerbindungen. Diesem Befunde entspricht die Tatsache, da\u00df wir in den H\u00fclsen Arginin und andere basische Stickstoffverbindungen nur in sehr kleiner Menge vorfanden.\nb) Samenk\u00f6rner.\nDie unreifen K\u00f6rner (Stadium I und II) wurden in ganz frischem Zustande m\u00f6glichst fein zerkleinert und sodann mit Wasser von ca. 55\u00b0 \u00fcbergossen; nach Verlauf von einigen Stunden wurde der Extrakt abfiltriert, mit der beim Auspressen des R\u00fcckstandes erhaltenen Fl\u00fcssigkeit vereinigt und hierauf mit Bleiessig in schwachem \u00dcberschu\u00df versetzt. Der vom Bleiniederschlag abfiltrierten Fl\u00fcssigkeit f\u00fcgten wir Mercurinitrat zu,* so lange als noch ein Niederschlag sich bildete. Dieser Niederschlag wurde abfiltriert, stark zwischen Flie\u00dfpapier abgepre\u00dft, dann mittels Schwefelwasserstoff zersetzt. Die dabei erhaltene L\u00f6sung behandelten wir so, wie es oben f\u00fcr die in gleicher Weise bei Verarbeitung der H\u00fclsen erhaltene L\u00f6sung angegeben worden ist. Sie lieferte nach dem Einengen Kry-stalle, die im Aussehen dem Glutamin glichen; es blieb aber eine starke sirup\u00f6se Mutterlauge \u00fcbrig. Die Krystalle wurden mit Hilfe einer Nutsche, hierauf noch durch Aufstreichen auf eine Tonplatte von der Mutterlauge befreit. Sowohl die K\u00f6rner des ersten, wie diejenigen des zweiten Entwicklungsstadiums lieferten ein solches Produkt. Die beiden Produkte wurden vereinigt und sodann n\u00e4her untersucht. Es zeigte sich, da\u00df sie aus einem Gemenge von Glutamin, Tyrosin und Vernin bestanden. Die Trennung dieser Stoffe gelang in folgender Weise: Die Krystalle wurden mit kaltem Wasser be-","page":449},{"file":"p0450.txt","language":"de","ocr_de":"450\tE. Schulze und E. Winterstein, .\nhandelt, wobei ein starker R\u00fcckstand blieb. Dieser R\u00fcckstand l\u00f6ste sich in kochendem Wasser; die L\u00f6sung lieferte nach dem Erkalten zun\u00e4chst eine Ausscheidung, die dem Vernin glich; sie wurde rasch abfiltriert, abgepre\u00dft und getrocknet. Das ^Filtrat lieferte \u00fcber Nacht ;eine Ausscheidung, welche Tyrosin, daneben ohne Zweifel auch Vernin einschlo\u00df. Wie wir diese beiden Stoffe reinigten und identifizierten, werden wir weiter unten angeben.\nDie von dem aus Vernin und Tyrosin bestehenden R\u00fcckst\u00e4nde abfiltrierte L\u00f6sung wurde, um das darin in kleiner Menge noch enthaltene Vernin zu entfernen, mit Schwefels\u00e4ure anges\u00e4uert und sodann mit Phosphorwolframs\u00e4ure versetzt. Der dadurch erzeugte Niederschlag lieferte bei der Zerlegung Vernin in kleiner Menge. Das Filtrat befreiten wir von der \u00fcbersch\u00fcssigen Phosphorwolframs\u00e4ure und von der Schwefels\u00e4ure, indem wir es mit Barytwasser alkalisch machten. Nachdem der \u00fcbersch\u00fcssige Baryt durch Einleiten von Kohlens\u00e4ure entfernt worden war, versetzten wir die Fl\u00fcssigkeit mit Mercuri-nitrat, wobei ein ziemlich starker Niederschlag entstand. Die bei Zerlegung dieses Niederschlages erhaltene L\u00f6sung lieferte nach dem Einengen Krystalle, die im Aussehen vollst\u00e4ndig dem Glutamin glichen; doch war ein wenig Tyrosin beigemengt. Wir l\u00f6sten die Krystalle in einer m\u00f6glichst geringen Menge kalten Wassers, wobei Tyrosin zur\u00fcckblieb. Das beim Verdunsten der L\u00f6sung wiedergewonnene Produkt zersetzte sich, wie das Glutamin, beim Erhitzen sowohl mit verd\u00fcnnter Natronlauge wie mit verd\u00fcnnter Salzs\u00e4ure unter Abspaltung von Ammoniak; es l\u00f6ste sich nicht in einer w\u00e4sserigen, kalt ges\u00e4ttigten L\u00f6sung von reinem Glutamin, w\u00e4hrend in einem Kontrollver-suche eine ann\u00e4hernd gleiche Substanzmenge sich in der gleichen Menge kalten Wassers l\u00f6ste (unter Hinterlassung ein\u00e9r minimalen Quantit\u00e4t von Tyrosin). Ferner wurde noch konstatiert, da\u00df die w\u00e4sserige L\u00f6sung unseres Produktes in der W\u00e4rme Kupferhydroxyd l\u00f6ste und da\u00df aus der lasurblauen L\u00f6sung eine im Aussehen dem Glutaminkupfer gleichende schwer l\u00f6sliche Verbindung sich ausschied. F\u00fcr eine Analyse reichte das Produkt nicht hin; doch kann dasselbe, auch ohne da\u00df eino Ana-","page":450},{"file":"p0451.txt","language":"de","ocr_de":"Studien \u00fcber die Prot\u00e7inbildung in reifenden Pflanzensamen. 451\nlyse vorliegt, auf Grund der von uns gemachten Beobachtungen f\u00fcr Glutamin erkl\u00e4rt werden.\nBei Behandlung der glutaminhaltigen Krystallisation mit kaltem Wasser blieb, wie oben erw\u00e4hnt worden ist, ein aus Vernin und Tyrosin bestehender R\u00fcckstand. Eine Trennung dieser beiden, in kaltem Wasser sehr schwer l\u00f6slichen Stoffe war m\u00f6glich, weil das Vernin die Eigenschaft hat,. aus einer L\u00f6sung in hei\u00dfem Wasser beim Erkalten sehr rasch auszu-krystallisieren. Als wir die aus einer L\u00f6sung jenes R\u00fcckstandes in kochendem Wasser beim Erkalten sich abscheidenden Kry-stalle rasch abfiltrierten und das so gewonnene Produkt dann noch einmal in der gleichen Weise behandelten, erhielten wir ein von Tyrosin freies Verninpr\u00e4parat. Dasselbe stimmte im Aussehen, auch unter dem Mikroskop, vollkommen mit einem Verninpr\u00e4parat unserer Sammlung \u00fcberein; es schied sich aus einer L\u00f6sung in hei\u00dfem Wasser beim Erkalten sehr schnell in feinen Nadeln aus, die nach dem Abfiltrieren und Trocknen eine atlasgl\u00e4nzende Masse bildeten. Die w\u00e4sserige L\u00f6sung gab mit Silbernitrat eine gallertartige, durchsichtige F\u00e4llung; beim Versetzen mit Pikrins\u00e4ure gab sie eine aus sehr feinen Nadeln bestehende Ausscheidung. Das in dieser Weise erhaltene Pikrat schmolz gleichzeitig mit dem aus dem Vergleichspr\u00e4parat auf gleichem Wege erhaltenen pikrinsauren Salze. Die H\u00e4lfte des Verninpr\u00e4parats wurde zirka eine Stunde lang mit Mio-Normal-Schwefels\u00e4ure gekocht. Ein Teil der dabei erhaltenen L\u00f6sung wurde mit Baryumhydroxyd neutralisiert und nach dem Abfiltrieren des Niederschlages mit Fehlingscher L\u00f6sung erhitzt, wobei eine Ausscheidung von Kupferoxydul1) erfolgte. Den Rest jener L\u00f6sung machten wir mit Ammoniakfl\u00fcssigkeit alkalisch und engten ihn sodann im Wasserbade stark ein. Dabei schied sich Guanin aus, das nach dem Abfiltrieren und Auswaschen in verd\u00fcnnter Salzs\u00e4ure gel\u00f6st wurde. Aus der L\u00f6sung f krystallisierte salzsaures Guanin in d\u00fcnnen Nadeln; dieses Produkt gab die Guaninreaktionen. Diese Versuchsergebnisse\n*) Da\u00df das Vernin bei der Spaltung durch verd\u00fcnnte S\u00e4uren neben Guanin eine Glukose liefert, ist von E. Schulze und N. Castoro (Diese Zeitschrift, Bd. XL\u00cf, S. 460\u2014464) nachgewiesen worden.","page":451},{"file":"p0452.txt","language":"de","ocr_de":"452\tE. Schulze und E. Winterstein,\nbeweisen, da\u00df das aus den Samenk\u00f6rnern erhaltene Produkt Vernin war.\nDas in oben beschriebener Weise vom Yernin getrennte, wahrscheinlich aber noch nicht ganz reine Tyrosin wurde in verd\u00fcnnter Salzs\u00e4ure gel\u00f6st und durch Neutralisation dieser L\u00f6sung mit Ammoniak wieder zur Ausscheidung gebracht; es bildete nun feine Krystalle, die in kaltem Wasser sehr schwer l\u00f6slich waren. Die Krystalle lieferten nicht nur beim Erw\u00e4rmen mit Millonschem Reagens eine rote Fl\u00fcssigkeit, sondern gaben auch die von Piria und von M\u00d6rner f\u00fcr das Tyrosin angegebenen Reaktionen.\n. Die von dem aus Glutamin, Tyrosin und Vernin bestehenden Krystallgemenge getrennte Mutterlauge wurde mit Wasser verd\u00fcnnt, mit Schwefels\u00e4ure anges\u00e4uert und sodann mit Phosphorwolframs\u00e4ure versetzt, wobei ein sehr starker Niederschlag entstand. Derselbe lieferte, wie aus den weiter unten gemachten Angaben hervorgeht, hei der Zerlegung Ar g inin in bedeutender Quantit\u00e4t. Die von diesem Niederschlage abfiltrierte Fl\u00fcssigkeit versetzten wir zur Entfernung der \u00fcbersch\u00fcssigen Phosphorwolframs\u00e4ure und der Schwefels\u00e4ure mit Bleiessig; dem Filtrat vom Bleiniederschlage wurde wieder Mercurinitrat zugef\u00fcgt. Dabei entstand ein Niederschlag, der bei der Zerlegung As-paragin in kleiner Menge lieferte. Diesem Produkte war etwas Glutamin beigemengt, das sich jedoch durch Abschlemmen mit Hilfe der Mutterlauge gr\u00f6\u00dftenteils entfernen lie\u00df. Der dabei verbliebene R\u00fcckstand wurde aus Wasser umkrystallisiert; die Krystalle stimmten im Aussehen mit Asparagin \u00fcberein und enthielten Krystallwasser (Unterschied vom Glutamin). Beim Erhitzen sowohl mit verd\u00fcnnter Salzs\u00e4ure wie mit Natronlauge wurden sie unter Abspaltung von Ammoniak zersetzt; ihre w\u00e4sserige L\u00f6sung gab mit Mercurinitrat eine F\u00e4llung und l\u00f6ste in der W\u00e4rme Kupferhydroxyd unter Bildung einer lasurblauen Fl\u00fcssigkeit. Die Quantit\u00e4t, in der dieses Produkt gewonnen wurde, reichte zur Ausf\u00fchrung einer Analyse nicht hin.\nWie aus: den im vorigen gemachten Angaben hervorgeht, konnten wir aus dem Niederschlage, der durch Mercurinitrat in dem w\u00e4sserigen, durch Versetzen mit Bleiessig gereinigten","page":452},{"file":"p0453.txt","language":"de","ocr_de":"Studien \u00fcber die Proteinbildung in reifenden Pflanzensamen. 453\nExtrakte hervorgebracht wurde, f\u00fcnf Stickstofifverbindungen isolieren, n\u00e4mlich Glutamin, Asparagin, Tyrosin, Arginin und Vernin. Von diesen Verbindungen war das Arginin diejenige, welche in gr\u00f6\u00dfter Quantit\u00e4t erhalten wurde; die vier anderen konnten nur in kleiner Menge gewonnen werden. Dem Filtrat von jenem Niederschlage f\u00fcgten wir noch etwas Mer-curinitrat, dann Natronlauge bis zur schwach alkalischen Reaktion zu, wobei ein starker wei\u00dfer Niederschlag entstand. Dieser Niederschlag wurde nach dem Abfiltrieren und Auswaschen mittels Schwefelwasserstoff zersetzt, die vom Schwefelquecksilber durch Filtration getrennte L\u00f6sung mit Ammoniak neutralisiert und hierauf bis zur Sirupkonsistenz eingeengt. Der Sirup lieferte beim Erkalten eine Ausscheidung, die sich aber nur unvollst\u00e4ndig von der Mutterlauge trennen lie\u00df. Wir erhitzten den Sirup daher mit absolutem Alkohol und f\u00fcgten der L\u00f6sung sodann etwas konzentrierte Ammoniakfl\u00fcssigkeit zu. Die so entstandene, vom r\u00fcckst\u00e4ndigen Sirup abgegossene L\u00f6sung gab beim Eindunsten eine Ausscheidung, die mit Hilfe einer Tonplatte von der Mutterlauge getrennt und hierauf aus Wasser umkrystallisiert wurde ; ein Teil dieses Produkts wurde auch aus einem Gemisch von hei\u00dfem Alkohol und Ammoniakfl\u00fcssigkeit umkrystallisiert. Die in dieser Weise erhaltene Substanz stimmte im Aussehen mit unreinem Leucin \u00fcberein, verhielt sich aber beim Erhitzen im R\u00f6hrchen nicht wie Leucin. Sie war stickstoffhaltig, bestand aber allem Anschein nach aus einem Gemenge mehrerer Stoffe. Die w\u00e4sserige L\u00f6sung lieferte beim Erhitzen mit Kupferhydroxyd eine in Wasser schwer l\u00f6sliche Kupferverbindung; doch schien auch die bei Zerlegung dieser Kupferverbindung mittels Schwefelwasserstoff erhaltene Substanz nicht einheitlich zu sein.\nDie von dem zweiten Mercurinitratniederschlage abfiltrierte Fl\u00fcssigkeit wurde mittels Schwefelwasserstoff vom Quecksilber befreit, dann mit Raryumhydroxyd neutralisiert, hierauf im Wasserbade stark eingeengt. Nachdem sie mit Hilfe von Schwefels\u00e4ure vom Baryt befreit worden war, versetzten wir sie mit Phosphorwolframs\u00e4ure. Die dadurch erzeugte F\u00e4llung vereinigten wir mit dem Niederschlage, der durch Phosphorwolframs\u00e4ure\nHoppe-Seyler\u2019s Zeitschrift f. physiol. Chemie. LXV.\n31","page":453},{"file":"p0454.txt","language":"de","ocr_de":"454\nE. Schulze und E. Winterstein,\nin der bei Zerlegung des ersten Mercurinitratniederschlages erhaltenen L\u00f6sung hervorgebracht worden war (cf. die oben gemachte Angabe). Die vereinigten Niederschl\u00e4ge wurden sodann in bekannter Weise behandelt. Aus der dabei erhaltenen, mit Salpeters\u00e4ure neutralisierten Basenl\u00f6sung wurden durch Silbernitrat Alloxurbasen gef\u00e4llt; die bei Zerlegung des Niederschlags erhaltene Fl\u00fcssigkeit gab mit ammoniakalischem Silbernitrat eine in Ammoniak unl\u00f6sliche F\u00e4llung. Aus dem Filtrat von jenem Niederschlage wurden nach bekanntem Verfahren durch Silbernitrat und Barytwasser Histidin und Argin in gef\u00e4llt. Die Histidinfraktion des Niederschlages, verarbeitet nach der von Kossel und Patten (loc. cit.) gegebenen Vorschrift, lieferte in kleiner Menge ein krystallinisches Produkt, das jedoch kein Histidinchlorid war; die Mutterlauge gab aber die von Pauli (loc. cit.) f\u00fcr Histidin angegebene Reaktion, so da\u00df das Vorhandensein einer sehr geringen Menge dieser Base anzunehmen ist. Die Argininfraktion des Niederschlages lieferte Arginin in reichlicher Menge, wir erhielten bei Verarbeitung dieser Fraktion nahezu 4,0 g Argininnitrat. Letzteres wurde in die Kupferverbindung \u00fcbergef\u00fchrt. Diese Verbindung krystal-lisierte in der charakteristischen Form; der Schmelzpunkt der Krystalle entsprach der f\u00fcr das Argininkupfernitrat gemachten Angabe (112\u2014114\u00b0). Bei Bestimmung des Kupfergehalts dieser Verbindung wurden folgende Resultate erhalten.\n0,3790 g Substanz gaben 0,0501 g GuO = 10,54\u00b0/o Cu.\nDie Theorie verlangt 10,76 \u00b0/o Cu.\nDie oben angegebene Quantit\u00e4t von Argininnitrat, in welcher ungef\u00e4hr 2,84 g Arginin enthalten waren, wurde bei Verarbeitung von ca. 2 kg der frischen Samenk\u00f6rner erhalten; in diesem Quantum k\u00f6nnen ca. 450 g Trockensubstanz sich vorgefunden haben. *) Die Ausbeute an Arginin betrug demnach ca. 0,63 \u00b0/o vom Trockengewicht des Ausgangsmaterials.\nDie im Filtrat vom Argininsilberniederschlage noch enthaltenen Basen wurden, nachdem dieses Filtrat vom Silber und\nl) Der Trockensubstanzgehalt der frischen Samenk\u00f6rner schwankte von 19\u201424\u00b0/o.","page":454},{"file":"p0455.txt","language":"de","ocr_de":"Studien \u00fcber die Proteinbildung in reitenden Pflanzensamen. 455\nvom Baryum befreit worden war, wieder mit Phosphorwolframs\u00e4ure gef\u00e4llt. Den Niederschlag zerlegten wir durch Baryum-hydroxyd, s\u00e4uerten die dabei erhaltene L\u00f6sung mit Salzs\u00e4ure an und verdunsteten sie zur Trockene. Den trockenen R\u00fcckstand behandelten wir zuerst in der K\u00e4lte, dann bei Wasserbadhitze mit Weingeist. Den vom R\u00fcckst\u00e4nde getrennten Auszug versetzten wir mit alkoholischer Mercurichloridl\u00f6sung. Die dabei entstandene F\u00e4llung wurde nach einigen Tagen ab-filtriert, sodann aus hei\u00dfem Wasser umkrystallisiert, hierauf durch Schwefelwasserstoff zerlegt. Die vom Schwefelquecksilber durch Filtration getrennte L\u00f6sung lieferte einen anfangs sirup\u00f6sen, sp\u00e4ter krystallinisch werdenden Verdampfungsr\u00fcckstand. Derselbe wurde im Vakuumexsikkator ausgetrocknet, dann mit kaltem wasserfreiem Alkohol behandelt. Dabei ging salzsaures Cholin in L\u00f6sung. Die L\u00f6sung wurde zur Reinigung eingedunstet, der gut getrocknete Verdampfungsr\u00fcckstand wieder mit kaltem wasserfreiem Alkohol behandelt. Die dabei resultierende L\u00f6sung gab mit alkoholischer Platinchloridsolution eine gelbe F\u00e4llung, welche abfiltriert und in Wasser gel\u00f6st wurde. Beim langsamen Verdunsten lieferte diese L\u00f6sung orangerote Tafeln, die das Aussehen des Cholinplatinchlorids besa\u00dfen. Doch war dieses Produkt offenbar noch nicht ganz rein; denn die Krystalle gaben beim Gl\u00fchen 32,2 \u00b0/o Platin, w\u00e4hrend der Platingehalt des Cholinplatinchlorids bekanntlich nur 31,6 \u00b0/o betr\u00e4gt. Wir zerlegten daher das Platindoppelsalz mit Schwefelwasserstoff, dunsteten die vom Schwefelplatin getrennte L\u00f6sung zur Trockene ein und behandelten das dabei erhaltene Produkt noch einmal mit wasserfreiem Alkohol. Die alkoholische L\u00f6sung wurde eingedunstet, der Verdampfungsr\u00fcckstand in Wasser gel\u00f6st. Das durch Versetzen dieser L\u00f6sung mit Goldchlorid dargestellte Chloraurat schmolz gleichzeitig mit Cholingoldchlorid-Pr\u00e4paraten anderer Herkunft. Da ferner das in zer-flie\u00dflichen Nadeln krystallisierende salzsaure Salz der Base die Reaktionen des Cholinchlorids gab und insbesondere auch nach Zusatz von Soda durch Kaliumtrijodid gef\u00e4llt wurde, so kann kaum bezweifelt werden, da\u00df Cholin vorlag \u2014 wobei noch darauf hinzuweisen ist, da\u00df das Vorhandensein dieser Base\n31*","page":455},{"file":"p0456.txt","language":"de","ocr_de":"456 *\tE. Schulze und E. Winterstein,\nin reifen Samen von Pisum sativum fr\u00fcher schon von uns nachgewiesen worden ist.\nBei Behandlung des bei Zerlegung der Quecksilberdoppelsalze erhaltenen Chloridgemenges mit wasserfreiem Alkohol blieb ein R\u00fcckstand, der sich leicht in Wasser l\u00f6ste; die L\u00f6sung gab beim Verdunsten kleine gl\u00e4nzende Tafeln, die das Aussehen des salzsauren Trigonellins besa\u00dfen. Das daraus in oben schon angegebener Weise dargestellte basische Chlor-aurat schmolz bei 186\u00b0. Eine Goldbestimmung gab f\u00fcr dieses Doppelsalz folgendes Resultat:\n0,1697 g Substanz (bei 100\u00b0 getrocknet) gaben 0,0641 g = 37,77 \u00b0/o Au.\nDie Theorie verlangt f\u00fcr das basische Chloraurat des Trigonellins einen Goldgehalt von 37,7 \u00b0/o. Diese Versuchsresultate beweisen, da\u00df Trigonellin vorlag. Auch diese Base ist von uns in reifen Samen von Pisum sativum nachgewiesen worden.\nWie aus den oben gemachten Angaben zu ersehen ist, haben wir Cholin und Trigonellin aus dem Filtrat vom Argininsilberniederschlage isoliert, und zwar wurden die in diesem Filtrat enthaltenen Basen in salzsaure Salze \u00fcbergef\u00fchrt, letztere sodann getrocknet und hierauf mit Weingeist extrahiert, wobei Cholinchlorid und Trigonellinchlorid in L\u00f6sung gingen. Der in Weingeist unl\u00f6sliche Teil des Chloridgemenges schlo\u00df neben anorganischen Salzen auch organische Substanzen ein. Unter den letzteren konnte Lysin sich vorfinden. Es war aber m\u00f6glich, da\u00df ein Teil des Lysins in den weingeistigen Extrakt \u00fcbergegangen war; dieser Teil mu\u00dfte sich in dem Verdampfungsr\u00fcckstand der Fl\u00fcssigkeit vorfinden, die nach Ausf\u00fcllung von Cholin und Trigonellin mittels Mercurichlorid \u00fcbrig blieb. Wir vereinigten diese beiden, auf Lysin zu pr\u00fcfenden R\u00fcckst\u00e4nde, l\u00f6sten sie in Wasser und versetzten die L\u00f6sung zuerst mit Mercurichlorid, dann mit Barytwasser. Der dabei entstandene Niederschlag wurde mittels Schwefelwasserstoff zerlegt, das Filtrat vom Schwefelquecksilber sodann mit Schwefels\u00e4ure anges\u00e4uert und mit Phosphorwolframs\u00e4ure versetzt. Den durch dieses Reagens hervorgebrachten Niederschlag zerlegten wir mittels Baryumhydroxyd. Die dabei erhaltene L\u00f6sung wurde,","page":456},{"file":"p0457.txt","language":"de","ocr_de":"Studien \u00fcber die Proteinbildung in reifenden Pflanzensamen. 457\nnachdem sie mit Hilfe von Kohlens\u00e4ure vom Baryt befreit worden war, stark eingeengt und sodann mit einer alkoholischen Pikrins\u00e4urel\u00f6sung neutralisiert. Sie lieferte nun ein in Wasser schwer l\u00f6sliches Pikrat, welches das Aussehen des Lysinpikrats besa\u00df; dasselbe schmolz, nachdem es aus Wasser umkrystal-lisiert worden war, gleichzeitig mit einem Lysinpikratpr\u00e4parat unserer Sammlung. Bei der Zerlegung mittels Salzs\u00e4ure und \u00c4ther lieferte dieses Pikrat ein in Methylalkohol l\u00f6sliches Chlorid. Aus diesen Versuchsresultaten ist zu schlie\u00dfen, da\u00df auch Lysin vorhanden war.\nAus den im vorigen mitgeteilten Ergebnissen unserer Versuche ist zu schlie\u00dfen, da\u00df in den unreifen Samen von Pisum sativum Asparagin, Glutamin, Tyrosin, Arginin, Lysin, Histidin, Alloxurbasen, Vernin, Cholin und Trigonellin sich vorfanden. Da\u00df au\u00dfer Tyrosin noch andere Monoaminos\u00e4uren vorhanden waren, mu\u00df f\u00fcr wahrscheinlich erkl\u00e4rt werden; es gelang uns aber nicht, Leucin oder Valin zu isolieren. Auch der Nachweis von Tryptophan gelang nicht.[) Die meisten der genannten Stickstoffverbindungen wurden von uns nur in sehr kleinen Quantit\u00e4ten erhalten. In gr\u00f6\u00dferer Menge lie\u00df sich nur Arginin gewinnen. Wie oben schon mitgeteilt wurde, erhielten wir bei Verarbeitung eines Quantums frischer Samen, das ca. 450 g Trockensubstanz einschlo\u00df, nahezu 4,0 g Argininnitrat oder ca. 2,84 g Arginin. Da wir aber bei Abscheidung des Arginins nicht so verfuhren, da\u00df nicht Substanzverluste eingetreten sein k\u00f6nnen, so war die im Untersuchungsmaterial vorhandene Argininquantit\u00e4t ohne Zweifel bedeutend gr\u00f6\u00dfer, als die zur Abscheidung gebrachte Menge.\n*) F\u00fcr die Pr\u00fcfung auf Tryptophan verwendeten wir einen w\u00e4sserigen Extrakt aus ca. 80 g Samenk\u00f6rnern, die gleich nach der Ernte mit absolutem Alkohol \u00fcbergossen, sp\u00e4ter (nach dem Abgie\u00dfen der alkoholischen L\u00f6sung) bei 35\u201440\u00b0 getrocknet, hierauf fein zerrieben worden waren. Der durch Versetzen mit Bleiessig gereinigte, sodann mit Schwefels\u00e4ure\nA\t_\nanges\u00e4uerte Extrakt gab beim Versetzen mit Quecksilbersulfat keine F\u00e4llung. Bei mehrt\u00e4gigem Stehen schied sich allerdings ein sehr geringer Niederschlag aus ; die bei Zerlegung dieses Niederschlages mittels Schwefelwasserstoff erhaltene L\u00f6sung gab aber nicht die Tryptophan-Reaktion mit Glyoxyls\u00e4ure und Schwefels\u00e4ure.","page":457},{"file":"p0458.txt","language":"de","ocr_de":"458\nE. Schulze und E. Winterstein,\nMit Sicherheit kann behauptet werden, fla\u00df in den un-reifen Samenk\u00f6rnern eine weit gr\u00f6\u00dfere Argininmenge sich vorfand als in den Samenh\u00fclsen. Denn wir erhielten, wie oben schon angegeben worden ist, aus 3 kg frischer H\u00fclsen \u2014 einer Quantit\u00e4t, die etwa 600 g Trockensubstanz enthalten haben kann \u2014 kaum 0,1 g Argininnitrat; noch etwas geringer war die Argininmenge, die aus den dem zweiten Entwicklungsstadium angeh\u00f6renden Samenh\u00fclsen gewonnen wurde (trotzdem da\u00df wir im letzteren Falle Substanzverluste m\u00f6glichst zu vermeiden suchten). Durch dieses Resultat wird aber die schon im Jahr 1905 bei Untersuchung unreifer Fr\u00fcchte von Pisum sativum von uns gemachte Beobachtung best\u00e4tigt; auch damals fanden wir in den Samenk\u00f6rnern weit mehr Arginin als in den Samenh\u00fclsen.\nAu\u00dfer den oben genannten Stoffen k\u00f6nnen selbstverst\u00e4ndlich noch andere, nicht proteinartige Stickstoffverbindungen in den von uns untersuchten Samen enthalten gewesen sein. Die in diesen Samen auf solche Verbindungen fallende Stickstoffmenge war ja recht betr\u00e4chtlich; bei den im zweiten Entwicklungsstadium sich befindenden Samen, welche vorzugsweise als Material f\u00fcr unsere Versuche dienten, betrug jene Stickstoffmenge etwas mehr als l\u00b0/o der Samentrockensubstanz: noch gr\u00f6\u00dfer, n\u00e4mlich = 2,4\u20142,5\u00b0/o, war sie bei den noch sehr kleinen K\u00f6rnern des ersten Entwicklungsstadiums. Es ist nicht anzunehmen, da\u00df dieser ganze Betrag durch die von uns isolierten nichtproteinartigen Stickstoffverbindungen gedeckt wird; man kann es im Gegenteil f\u00fcr h\u00f6chst wahrscheinlich erkl\u00e4ren, da\u00df neben denselben noch andere Stoffe solcher Art sich vorfanden, die sich bisher dem Nachweis entzogen. Da\u00df darunter auch Polypeptide vorhanden waren, mu\u00df f\u00fcr m\u00f6glich erkl\u00e4rt werden.\nVon der Stickstoffmenge, die in den Samenk\u00f6rnern des zweiten Entwicklungsstadiums auf nichtproteinartige Stickstoffverbindungen fiel, ging mehr als die H\u00e4lfte, n\u00e4mlich ca. 60\u00b0/o, in den durch Phosphorwolframs\u00e4ure in einem proteinfreien Extrakt hervorgebrachten Niederschlag ein. Dies erkl\u00e4rt sich aus dem gro\u00dfen Arginingehalt dieser Samen. Doch ist es sehr wahrscheinlich, da\u00df in den Phosphorwolframs\u00e4ureniederschlag au\u00dfer Arginin und den neben letzterem nachgewiesenen Basen","page":458},{"file":"p0459.txt","language":"de","ocr_de":"Studien \u00fcber die Proteinbildung in reifenden Pflanzensamen. 459\n(Lysin, Histidin usw.) auch noch andere Stoffe eingegangen waren.\nIn den reifen Samen von Pisum sativum betrug die auf nichtproteinartige Verbindungen fallende Stickstoffmenge nur 0,39\u00b0/o der Samentrockensubstanz. Wir konnten aus solchen Samen Arginin, Cholin und Trigonellin darstellen. Bei Ausf\u00fchrung der bez\u00fcglichen Versuche verfuhren wir ganz ebenso, wie bei Darstellung der genannten Basen aus den unreifen Samen. Aus einem Quantum reifer Samen, welches ca. 480 g Trockensubstanz einschlo\u00df, erhielten wir 1,59 g Argininnitrat (= 1,128 g Arginin). Das Nitrat bildete wei\u00dfe Krystalle; als die w\u00e4sserige L\u00f6sung dieser Krystalle mit Kupfercarbonat erhitzt wurde, entstand eine tiefblaue Fl\u00fcssigkeit, aus der beim Erkalten Argininkupfernitrat in der charakteristischen Form auskrystallisierte (der Schmelzpunkt der durch Umkrystallisieren gereinigten Verbindung lag bei 112\u00b0). Aus obigen Zahlen berechnet sich der Arginingehalt der Samentrockensubstanz auf 0,23 \u00b0/o, w\u00e4hrend die Trockensubstanz der unreifen Samen ca. 0,63\u00b0/o Arginin lieferte. Berechnet man unter Zugrundelegung dieser Zahlen die in 100 St\u00fcck Samen enthaltene Ar-giflinmenge, so gelangt man zu folgendem Ergebnis:\n100 St\u00fcck unreife Samen lieferten 0,115 g Arginin.\n100\t\u00bb reife\t\u00bb\t\u00bb\t0,076 \u00bb\t\u00bb\nAus diesen Zahlen,\tdie\tfreilich\tnicht als\tgenau\tzu be-\nzeichnen sind,1) ist zu folgern, da\u00df beim Ausreifen der Samen das Arginin an Quantit\u00e4t abgenommen hatte. Immerhin war der Arginingehalt der reifen Samen noch ein relativ betr\u00e4chtlicher (fr\u00fcher von uns untersuchte Erbsensamen enthielten weniger Arginin). Wir fanden einen betr\u00e4chtlichen Arginingehalt auch in reifen Samen von Lupinus luteus;2) doch zeigten\n*) Es handelt sich ja hier nicht um genaue Bestimmung des Arginingehalts der Samen, sondern nur um Bestimmung der Ausbeute. Wie oben schon erw\u00e4hnt worden ist, fand bei Abscheidung des Arginins aus den unreifen Samen wahrscheinlich ein etwas gr\u00f6\u00dferer Substanzverlust statt, als bei Darstellung dieser Base aus den reifen Samen; die Differenz zwischen dem Arginingehalt der unreifen und der reifen Samen war daher vermutlich noch etwas gr\u00f6\u00dfer, als oben angegeben worden ist.\n2) Diese Zeitschrift, Bd. XLI, S. 457\u2014459.","page":459},{"file":"p0460.txt","language":"de","ocr_de":"460\nE. Schulze und E. Winterstein,\nsich hier nicht unbedeutende Verschiedenheiten zwischen dem Arginingehalt verschiedener Muster dieser Samenart. Es scheint also, da\u00df beim Reifen der Samen ein bald gr\u00f6\u00dferer, bald geringerer Teil des in den unreifen Samen vorhandenen Argi-nins der Verwendung zur Proteinsynthese entgeht.\nCholin und Trigonellin wurden aus den nach fr\u00fcher beschriebenem Verfahren erhaltenen Quecksilberdoppelsalzen dargestellt. Die bei Zerlegung dieser Doppelsalze mittels Schwefelwasserstoff erhaltene L\u00f6sung wurde eingedunstet, der Verdampfungsr\u00fcckstand nach dem Austrocknen im Vakuumexsikkator mit wasserfreiem Alkohol behandelt. Dabei ging Cholinchlorid in L\u00f6sung, w\u00e4hrend salzsaures Trigonellin zur\u00fcckblieb. Die L\u00f6sung wurde wieder eingedunstet, der Verdampfungsr\u00fcckstand nach v\u00f6lligem Austrocknen wieder mit wasserfreiem Alkohol behandelt; dabei blieb noch ein wenig Trigonellin-chlorid zur\u00fcck, das wir mit dem zuerst erhaltenen vereinigten. Das Gewicht dieses Produktes betrug 0,233 g; der Trigonel-lingehalt der Samentrockensubstanz berechnet sich daraus auf ca. 0,037 \u00b0/o. Das in die alkoholische L\u00f6sung \u00fcbergegangene Cholinchlorid wurde in das Platindoppelsalz \u00fcbergef\u00fchrt. Wir erhielten 0,450 g dieses Doppelsalzes = 0,177 g Cholin. Der Cholingehalt der Samentrockensubstanz berechnet sich daraus auf ca. 0,036 \u00b0/o. Es sei hier noch daran erinnert, da\u00df das Vorkommen von Cholin und Trigonellin in reifen Erbsensamen von uns fr\u00fcher schon mehrfach nachgewiesen worden ist.\nDiskussion der im Abschnitt I mitgeteilten Versuchsergebnisse.\nAus den im ersten Teile des Abschnitts I gemachten Angaben ist zu schlie\u00dfen, da\u00df in den reifenden Samen die ihnen aus den andern Pflanzenteilen zuflie\u00dfenden nichtproteinartigen Stickstoffverbindungen in der Regel rasch zur Proteinsynthese verwendet werden. Doch findet man in solchen Samen stets einen Rest jener Verbindungen vor; seine Quantit\u00e4t ist in ganz jungen Samenk\u00f6rnern relativ gro\u00df, sp\u00e4ter aber geringer. Dieser Rest kann neben Stoffen, welche unbrauchbar f\u00fcr die Proteinsynthese sind, auch Verbindungen einschlie\u00dfen, die f\u00fcr diese","page":460},{"file":"p0461.txt","language":"de","ocr_de":"Studien \u00fcber die Proteinbildung in reifenden Pflanzensamen. 461\nSynthese langsamer verwendet werden und daher in gr\u00f6\u00dferer Menge in den Samen Zur\u00fcckbleiben als andere, die nach ihrem Eintritt in die Samen rasch umgewandelt werden. Um festzustellen, welche Stickstoffverbindungen vorzugsweise jenem Zwecke dienen, mu\u00df man jenen Rest hinsichtlich seiner Zusammensetzung mit dem aus andern Pflanzenteilen den Samen zuflie\u00dfenden Gemenge von Stickstoffverbindungen vergleichen. Die M\u00f6glichkeit zur Ausf\u00fchrung einer solchen Untersuchung ist gegeben durch die Tatsache, da\u00df bei den Leguminosen die Samenh\u00fclsen als Reservestoffbeh\u00e4lter dienen und da\u00df aus ihnen bedeutende Quantit\u00e4ten von Stickstoffverbindungen in die reifenden Samen \u00fcbergehen.\nAus den Samenh\u00fclsen von Pisum sativum konnten wir au\u00dfer einer ansehnlichen Quantit\u00e4t von Asparagin kleine Mengen von Arginin, Histidin und Tryptophan darstellen; auch Mono-aminofetts\u00e4uren waren vorhanden. Auch in den Samenh\u00fclsen von Phaseolus vulgaris sind Asparagin, Tyrosin, Monoamino-fetts\u00e4uren, Arginin und Tryptophan nachgewiesen worden. Es ist darauf hinzuweisen, da\u00df die gleichen Stoffe auch als Produkte des Eiwei\u00dfabbaues in den Keimpflanzen der Leguminosen auftreten und da\u00df sie hier den im Wachstum begriffenen Pflanzenteilen, in denen die Neubildung von Proteinen erfolgt, zugef\u00fchrt werden.\nDas in den reifenden Samen von Pisum sativum sich vorfindende Gemenge nichtproteinartiger Stickstoffverbindungen weicht in bezug auf seine Zusammensetzung stark von demjenigen ab, das in den Samenh\u00fclsen enthalten ist. Zur Begr\u00fcndung dieses Ausspruchs sei zun\u00e4chst darauf hingewiesen, da\u00df wir Glutamin, Tyrosin, Lysin und Vernin zwar aus den Samenk\u00f6rnern, nicht aber aus den H\u00fclsen zu isolieren vermochten. Aus dem letzteren Resultat l\u00e4\u00dft sich freilich nicht mit Sicherheit auf ein v\u00f6lliges Fehlen der genannten Stoffe in den H\u00fclsen schlie\u00dfen; denn es ist m\u00f6glich, da\u00df diese Stoffe, die auch in den Samen nur in kleiner Menge enthalten waren, in den H\u00fclsen in noch geringerer Quantit\u00e4t sich vorfanden und da\u00df sie infolge davon aus letzteren nicht isoliert werden konnten.\nJedenfalls aber ist die Quantit\u00e4t dieser Stoffe in den Samen-\n%","page":461},{"file":"p0462.txt","language":"de","ocr_de":"462\nE. Schulze und E. Winterstein,\nk\u00f6rnern und in den H\u00fclsen eine ungleiche gewesen. Mit noch gr\u00f6\u00dferer Sicherheit gilt dies f\u00fcr einige andere Stickstoffverbindungen. W\u00e4hrend wir aus den H\u00fclsen eine ansehnliche Menge von Asparagin darzustellen vermochten, erhielten wir aus den Samen dieses Amid nur in sehr kleiner Menge. Die Ausbeute an Arginin war bei den Samenk\u00f6rnern mindestens 40mal so gro\u00df, wie bei den H\u00fclsen. Es unterliegt also keinem Zweifel, da\u00df das in den unreifen Samen sich vorfindende Gemenge nichtproteinartiger Stickstoffverbindungen, wenn es auch vielleicht ganz die gleichen Stoffe einschlie\u00dft, wie das in den unreifen H\u00fclsen enthaltene Gemenge, doch von letzterem in bezug auf die quantitative Zusammensetzung sehr stark abweicht.\nDiese Erscheinung l\u00e4\u00dft sich durch die schon oben ausgesprochene Annahme erkl\u00e4ren, da\u00df die Stickstoffverbindungen, welche als Material f\u00fcr die Proteinsynthese den reifenden Samen zuflie\u00dfen, in den letzteren teils schneller, teils langsamer f\u00fcr diese Synthese verwendet werden. Ist dies der Fall, so mu\u00df in dem Rest solcher Verbindungen, den man in den unreifen Samen neben Proteinen noch vorfindet, zwischen den einzelnen Bestandteilen ein ganz anderes Mengenverh\u00e4ltnis obwalten, als in den dem Samen zugeflossenen Stoffgemenge. Der sehr niedrige Gehalt der unreifen Samen an Asparagin l\u00e4\u00dft sich z. B. durch die Annahme erkl\u00e4ren, da\u00df gerade dieses Amid rasch zur Proteinsynthese verwendet wird. Es ist ferner m\u00f6glich, da\u00df die H\u00fclsen neben Asparagin ein wenig Glutamin enthalten; gesetzt nun, da\u00df letzteres in den Samen weniger schnell umgewandelt wird, als das x^sparagin, so kann es in solchem Grade sich anh\u00e4ufen, da\u00df sein Nachweis m\u00f6glich ist.\nVielleicht aber tritt beim Zustandekommen der besprochenen Erscheinung noch eine andere Ursache in Wirkung; es ist m\u00f6glich, da\u00df die in den reifenden Samen stattfindenden Synthesen auch zur Bildung gewisser nichtproteinartiger Stickstoffverbindungen f\u00fchren. F\u00fcr eine solche Annahme scheint manches zu sprechen. So mu\u00df es z. B. im Hinblick auf den h\u00f6chst geringen Arginingehalt der H\u00fclsen f\u00fcr fraglich erkl\u00e4rt werden, ob die relativ gro\u00dfe Argininmenge, die in den unreifen Samen sich vorfindet, ausschlie\u00dflich den H\u00fclsen entstammt;","page":462},{"file":"p0463.txt","language":"de","ocr_de":"Studien \u00fcber die Proteinbildung in reifenden Pflanzensamen. 4(53\nman scheint nach einer andern Argininquelle sich umsehen zu m\u00fcssen. Doch liegen die Verh\u00e4ltnisse nicht so, da\u00df man mit Bestimmtheit eine Synthese von Arginin in den Samen anzunehmen hat. Denn vielleicht werden die aus den Bl\u00e4ttern und Stengeln den reifenden Fr\u00fcchten zuflie\u00dfenden Stickstoffverbindungen nicht s\u00e4mtlich vor ihrem Eintritt in die reifenden Samen Bestandteile der H\u00fclsen; es ist im Gegenteil m\u00f6glich, da\u00df sie zum Teil durch gewisse Gef\u00e4\u00dfb\u00fcndel den Samen direkt zugef\u00fchrt werden. Gesetzt nun, da\u00df das auf letzterem Wege den Samen zuflie\u00dfende Stoffgemenge reicher an Arginin ist, als das in den H\u00fclsen sich vorfmdende Gemenge von Stickstoffverbindungen, so k\u00f6nnte daraus der hohe Arginingehalt der unreifen Samen erkl\u00e4rt werden.\nWie aus diesen Darlegungen hervorgeht, l\u00e4\u00dft sich eine allen Anforderungen gen\u00fcgende Erkl\u00e4rung f\u00fcr den sehr ungleichen Gehalt der unreifen Samen und H\u00fclsen von Pisum sativum an gewissen nichtproteinartigen Stickstoffverbindungen * zurzeit nicht geben. Jedenfalls aber kann diese Erscheinung, die auch, freilich in weit geringerem Grade, bei den reifenden Fr\u00fcchten von Phaseolus vulgaris hervorgetreten ist, Interesse f\u00fcr sich beanspruchen; sie wird bei der weiteren Erforschung der Proteinsynthese in den reifenden Samen ber\u00fccksichtigt werden m\u00fcssen.\nII. Untersuchung milchreifer Samenk\u00f6rner des Weizens\n(Triticum vulgare).\nDurch eine Untersuchung, die zum Teil in unserem Laboratorium ausgef\u00fchrt wurde, hat N. Nedokutschajewl) nachgewiesen, da\u00df in den Samen des Weizens w\u00e4hrend des Reifens das Verh\u00e4ltnis zwischen den auf Protein und auf Niehtprotein fallenden Stickstoffmengen sich zugunsten des Proteins verschiebt. Als Untersuchungsobjekt diente Sommerweizen. Nachdem die Bl\u00fctezeit beendet war und die Bildung der K\u00f6rner begonnen hatte, wurden die letzteren in regelm\u00e4\u00dfigen Zwischenr\u00e4umen von 5\u20147 Tagen gesammelt und hierauf sofort bei 60\u00b0\n*) Landwirtschaft!. Versuchsstationen, Bd. LVI, S. 303.","page":463},{"file":"p0464.txt","language":"de","ocr_de":"464\nE. Schulze und E. Winterstein,\ngetrocknet. So gelangten denn die Samenk\u00f6rner in 6 aufeinanderfolgenden Entwicklungsstadien zur Untersuchung; das letzte dieser Stadien entsprach der \u00abGelbreife\u00bb der K\u00f6rner. F\u00fcr die Verteilung des Stickstoffs auf Protein und auf Nichtprotein wurden folgende Zahlen gefunden:\nStickstoff\n\tim Protein\tim Nichtprotein\nI.\t66 \u00ab/\u00bb\t34\u00b0/o\nII.\t76 \u00b0/o\t24\u00b0/o\nIII.\t00 00 \u00a9 \u00a9\t12 \u00b0/o\nIV.\t8 5\u00b0/o\t15\u00b0/o\nV.\t85 \u00b0/o\t15\u00b0/o\nVI.\t90\u00b0/o\t10\u00b0 jo\nBemerkenswert ist, da\u00df in den letzten 4 Entwicklungsstadien das Verh\u00e4ltnis zwischen den auf Protein und auf Nichtprotein fallenden Stickstoffmengen nur geringe Ver\u00e4nderungen erfahren hat.\nDie Bestimmung der auf Protein und Nichtprotein fallenden Stickstoffquantit\u00e4ten geschah nach der von Stutzer angegebenen Methode. Doch hat Nedokutschajew sp\u00e4ter f\u00fcr diese Bestimmungen auch die von Laszcynski1) angegebene Methode benutzt. Dabei ergaben sich kleine Differenzen von den nach Stutzers Verfahren erhaltenen Zahlen; hinsichtlich dieser Differenzen verweisen wir auf die zitierte Abhandlung.\nAus den Ergebnissen seiner Versuche berechnete Nedokutschajew auch noch die Stickstoffmengen, die im ersten und im letzten Entwicklungsstadium in einem Weizenkorn auf Protein und auf Nichtprotein fielen. Dabei erhielt er folgende Zahlen :\nStickstoff\nim Protein im Nichtprotein I.\t0,1743 mg\t0,0892 mg\nVI.\t0,9684 \u00bb\t0,1091 \u00bb\nIn einem Weizenkorn fand sich also im Stadium VI etwas mehr Nichtproteinstickstoff vor, wie im Stadium I. Diese Zahlen f\u00fchren im Verein mit denjenigen der ersten Tabelle, nach welcher das Mengenverh\u00e4ltnis zwischen Proteinstickstoff\n*) Landwirtschaft!. Versuchsstationen, Bd. LVIII, S. 275.","page":464},{"file":"p0465.txt","language":"de","ocr_de":"Studien \u00fcber die Proteinbildung in reifenden Pflanzensamen. 465\nund Nichtproteinstickstoff in den 4 letzten Stadien nur unbetr\u00e4chtliche Differenzen zeigte, zu der Schlu\u00dffolgerung, da\u00df auch in reifenden Weizenk\u00f6rnern eine betr\u00e4chtliche Anh\u00e4ufung von nichtproteinartigen Stickstoffverbindungen nicht erfolgt ; man mu\u00df annehmen, da\u00df auch hier die als Material f\u00fcr die Proteinsynthese den reifenden K\u00f6rnern von au\u00dfen zuflie\u00dfenden Stickstoffverbindungen eine rasche Verwendung f\u00fcr jene Synthese fanden.\nVersuche, durch welche Nedokutschajew \u00fcber die Qualit\u00e4t der in den unreifen Weizenk\u00f6rnern enthaltenen nichtproteinartigen Stickstoffverbindungen Aufschlu\u00df zu gewinnen versuchte, hatten nur geringen Erfolg. In einem w\u00e4sserigen, durch Versetzen mit Bleiessig gereinigten Extrakte brachte Mercurinitrat eine ziemlich starke F\u00e4llung hervor, doch konnte aus der bei Zerlegung dieser F\u00e4llung erhaltenen L\u00f6sung Asparagin nicht in Krystallen gewonnen werden. Die Abscheidung von Monoaminos\u00e4uren aus einem alkoholischen Extrakt gelang nicht, vielleicht nur wegen des bedeutenden Kohlenhydratgehalts dieses Extraktes. Aus dem Phosphorwolframs\u00e4ureniederschlage wurden Basen gewonnen, die im Verhalten gegen F\u00e4llungsmittel sich wie Arginin und Histidin verhielten ; die Reindarstellung dieser Basen gelang aber nicht, vielleicht nur deshalb, weil die zur Verf\u00fcgung stehende Materialmenge relativ gering war. Nachgewiesen wurde das Vorhandensein von Alloxurbasen.\nWir untersuchten in den Jahren 1905 und 1909 milch-reife Weizenk\u00f6rner, welche leicht in gro\u00dfer Quantit\u00e4t zu beschaffen sind. Im Jahre 1905 hatten wir ca. 10 Kilo solcher K\u00f6rner zur Verf\u00fcgung. Einige Kilo dieser K\u00f6rner wurden in ganz frischem Zustande m\u00f6glichst fein zerkleinert und hierauf mit Wasser extrahiert; der Rest der K\u00f6rner wurde in 95\u00b0/oigen Alkohol geworfen. Den w\u00e4sserigen Extrakt versetzten wir, nachdem die durch Bleiessig f\u00e4llbaren Substanzen entfernt worden waren, mit Mercurinitrat, wobei eine ziemlich starke F\u00e4llung entstand. Aus der bei Zerlegung dieser F\u00e4llung mittels Schwefelwasserstoff erhaltenen L\u00f6sung lie\u00df sich aber kein Asparagin gewinnen. Auch vermochten wir aus einem solchen Extrakte Arginin nicht darzustellen. Dagegen konnte das Vor-","page":465},{"file":"p0466.txt","language":"de","ocr_de":"466\tE. Schulze und E. Winterstein,\nhandensein einer kleinen Quantit\u00e4t von Monoaminos\u00e4uren nachgewiesen werden. Zur Darstellung dieser Stoffe verwendeten wir die unter Alkohol aufbewahrten Samenk\u00f6rner. Letztere wurden nach dem Abgie\u00dfen der alkoholischen L\u00f6sung getrocknet, hierauf fein zerrieben und nun mit Alkohol von ca. 90 Volumprozent in der W\u00e4rme extrahiert. Der Extrakt wurde der Destillation unterworfen, der dabei verbliebene R\u00fcckstand in Wasser aufgenommen, die Fl\u00fcssigkeit mit Bleiessig versetzt. Das Filtrat vom Bleiniederschlage befreiten wir mittels Schwefelwasserstoff vom Blei und dunsteten es sodann zum Sirup ein. Mit diesem Produkt vereinigten wir den Sirup, der in ganz gleicher Weise aus der von den K\u00f6rnern abgegossenen alkoholischen Fl\u00fcssigkeit erhalten worden war (es mu\u00dfte f\u00fcr m\u00f6glich erkl\u00e4rt werden, da\u00df der auf die milchreifen K\u00f6rner gegossene Alkohol, der durch das in diesen K\u00f6rnern enthaltene Wasser verd\u00fcnnt wurde, eine kleine Menge von Aminos\u00e4uren in L\u00f6sung gebracht hatte). Dann behandelten wir diesen Sirup, welcher Kohlenhydrate in reichlicher Menge enthielt, mit Alkohol und Salzs\u00e4ure nach der Vorschrift von E. Fischer, um die darin sich vorfindenden Monoaminos\u00e4uren in Ester \u00fcberzuf\u00fchren. Diese Ester wurden sodann mittels \u00c4ther extrahiert und sp\u00e4ter der Destillation im Vakuum unterworfen. Bei der Verseifung lieferten sie ungef\u00e4hr 0,5 g eines Produkts, das nach seinem Verhalten f\u00fcr ein Gemenge von Monoaminofetts\u00e4uren (Leucin und Valin) erkl\u00e4rt werden konnte.\nDie im Jahre 1909 zur Untersuchung gelangten milch-reifen Weizenk\u00f6rner, von denen wir einige Kilogramm zur Verf\u00fcgung hatten, wurden in frischem Zustande m\u00f6glichst fein zerkleinert, dann bei ca. 50\u00b0 mit Wasser extrahiert. Den Extrakt befreiten wir von den durch Bleiessig f\u00e4llbaren Stoffen und teilten ihn sodann in 2 H\u00e4lften ; die eine wurde mit Mereuri-nitrat, die zweite, nach dem Ans\u00e4uern mit Schwefels\u00e4ure und darauffolgender Filtration, mit Phosphorwolframs\u00e4ure versetzt. Die bei Zerlegung des Mercurinitratniederschlages erhaltene L\u00f6sung lieferte auch in diesem Falle kein Asparagin. Wir suchten dieselbe nun noch einer Reinigung zu unterwerfen, indem wir sie mit Phosphorwolframs\u00e4ure versetzten und den","page":466},{"file":"p0467.txt","language":"de","ocr_de":"Studien \u00fcber die Proteinbildung in reifenden Pflanzensamen. 467\ndurch dieses Reagens erzeugten Niederschlag durch Filtration entfernten; das Filtrat versetzten wir, nachdem es von der \u00fcbersch\u00fcssigen Phosphorwolframs\u00e4ure mit Hilfe von Bleiessig befreit worden war, wieder mit Mercurinitrat; auch der jetzt durch dieses Reagens erhaltene Niederschlag lieferte bei der Zerlegung kein Asparagin.\nDie bei Zerlegung des Phosphorwolframs\u00e4ureniederschlages erhaltene, mit Salpeters\u00e4ure neutralisierte Basenl\u00f6sung gab mit Silbernitrat eine F\u00e4llung, die allem Anschein nach Alloxur-basen enthielt. Aus dem Filtrat suchten wir nach bekanntem Verfahren durch F\u00e4llung mit Silbernitrat und Barytwasser Histidin und Arginin zu gewinnen. Die Histidinfraktion des Niederschlages war an Menge h\u00f6chst gering und wurde daher nicht weiter untersucht. Aus der an Quantit\u00e4t etwas gr\u00f6\u00dferen Argininfraktion vermochten wir diese Base nicht zu isolieren. Die bei Zerlegung dieser Fraktion erhaltene, mit Salpeters\u00e4ure neutralisierte L\u00f6sung lieferte beim Verdunsten keine Krystalle von Argininnitrat. Wir erw\u00e4rmten die L\u00f6sung nun mit reinem Kupfercarbonat, wobei eine tiefblaue Fl\u00fcssigkeit entstand, doch gelang es nicht, aus derselben Krystalle von Argininkupfernitrat zu gewinnen. Die mittels Schwefelwasserstoff wieder vom Kupfer befreite L\u00f6sung gab jedoch mit Phosphormolybd\u00e4ns\u00e4ure, Kaliumwismutjodid und N es s le r schem Reagens Niederschl\u00e4ge, wie sie durch diese Reagenzien in einer Argininnitratl\u00f6sung hervorgebracht werden.\nWie oben erw\u00e4hnt worden ist, brachte Phosphorwolframs\u00e4ure in der bei Zerlegung des Mercurinitratniederschlages erhaltenen L\u00f6sung eine F\u00e4llung hervor. Da diese F\u00e4llung Arginin einschlie\u00dfen konnte, so haben wir sie auf diese Base untersucht ; wir vermochten letztere aber auch in diesem Falle nicht zu isolieren.\nBei dem Versuche, aus unreifen Weizenk\u00f6rnern Asparagin und Hexonbasen darzustellen, hatten wir also ebenso geringen Erfolg wie Nedokutschajew. Dagegen konnten wir aus solchen K\u00f6rnern Monoaminos\u00e4uren gewinnen; die Ausbeute an diesen Stoffen war aber \u00e4u\u00dferst gering. Es ist nun noch zu erw\u00e4hnen, da\u00df wir ein Produkt eigent\u00fcmlicher Art \u2022 aus der alkoholischen","page":467},{"file":"p0468.txt","language":"de","ocr_de":"468\tE. Schulze und E. Winterstein,\nL\u00f6sung erhielten, die sich beim Aufbewahren der milchreifen K\u00f6rner unter Alkohol gebildet hatte. Durch den Alkohol, der selbstverst\u00e4ndlich den gr\u00f6\u00dften Teil des in jenen K\u00f6rnern enthaltenen Wassers aufgenommen hatte, war neben Kohlenhydraten auch eine proteinartige Substanz gel\u00f6st worden. Als wir jene alkoholische L\u00f6sung, nachdem sie von den K\u00f6rnern abfiltriert worden war, bei gelinder W\u00e4rme in einer Schale eindunsteten und den dabei erhaltenen Verdampfungsr\u00fcckstand mit kaltem Wasser behandelten, blieb ein gr\u00fcnlich gef\u00e4rbter R\u00fcckstand,1) der an der Luft zu einer harten, zerreiblichen Masse austrocknete. Er l\u00f6ste sich langsam in hei\u00dfem verd\u00fcnntem Alkohol. Auch kalte, stark verd\u00fcnnte Natronlauge wirkte l\u00f6send; in der L\u00f6sung entstand bei der Neutralisation eine F\u00e4llung. Der Stickstoffgehalt dieses Produktes, bestimmt nach dem Verfahren von Kjeldahl, betrug im Mittel 12,25\u00b0/o. Der Phosphors\u00e4uregehalt des Produktes betrug 0,40 \u00b0/o (nach der Art seiner Darstellung kann dasselbe Phosphatide eingeschlossen haben). Um zu pr\u00fcfen, ob diese Substanz die Spaltungsprodukte der Proteine lieferte, haben wir ca. 80 g davon mit verd\u00fcnnter Schwefels\u00e4ure (1 Teil konzentrierte S\u00e4ure und 3 Teile Wasser) 10 Stunden lang am R\u00fcckflu\u00dfk\u00fchler gekocht.2) Nachdem die erkaltete Fl\u00fcssigkeit mit Hilfe von Raryt von einem Teile der Schwefels\u00e4ure befreit worden war, wurde sie mit Phosphorwolframs\u00e4ure versetzt. Den dabei erhaltenen Niederschlag verarbeiteten wir nach bekanntem Verfahren. Er lieferte Arginin (nachgewiesen durch \u00dcberf\u00fchrung in Argininkupfernitrat und Restimmung des Schmelzpunktes dieser Verbindung). Auch Histidin und Lysin waren allem Anschein nach vorhanden. Doch sind sie, da ihre Quantit\u00e4t nur gering war, nicht mit Sicherheit identifiziert worden. Dem Filtrat vom Phosphorwolframs\u00e4ureniederschlage wurde Barytwasser bis zur alkalischen Reaktion zugesetzt. Die vom Niederschlage abfiltrierle Fl\u00fcssigkeit lieferte, nachdem sie stark eingeengt worden war,\n*) Wahrscheinlich schlo\u00df dieser R\u00fcckstand ein wenig Chlorophyll ein und war infolge davon gr\u00fcnlich gef\u00e4rbt.\n2) Beim Aufl\u00f6sen dieser Substanz in hei\u00dfer Schwefels\u00e4ure blieb ein dunkel gef\u00e4rbter, anscheinend aus Fett bestehender R\u00fcckstand.","page":468},{"file":"p0469.txt","language":"de","ocr_de":"Studien \u00fcber die Proteinbildung in reifenden Pflanzensamen. 469\neine aus Tyrosin bestehende Krystallisation. Die Krystalle besa\u00dfen nicht nur das Aussehen des Tyrosins, sondern gaben auch alle Reationen dieser Aminos\u00e4ure. Das Filtrat vom Tyrosin wurde zum Sirup eingedunstet, letzteres sodann mit hei\u00dfem Alkohol unter Zusatz von etwas konzentrierter Ammoniakfl\u00fcssigkeit behandelt. Die dabei entstandene, durch Filtration vom R\u00fcckst\u00e4nde getrennte L\u00f6sung lieferte beim Verdunsten Krystalle, die das Verhalten des Leucins zeigten.\nAuf Grund dieser Versuche kann man behaupten, da\u00df das beschriebene Produkt ein Protein einschlo\u00df. Es erinnert in seinem Verhalten an die in hei\u00dfem verd\u00fcnntem Alkohol l\u00f6slichen Proteine, die man aus Weizenkleber dargestellt hat. Wir konnten aber ein solches Produkt auf dem gleichen Wege aus reifen Weizen-k\u00f6rnem, die von dem gleichen Felde stammten, nicht erhalten. Bei Ausf\u00fchrung des bez\u00fcglichen Versuches \u00fcbergossen wir ein Kilo solcher Weizenk\u00f6rner, ohne sie vorher zu zerkleinern, mit 95\u00b0/oigem Alkohol, trennten nach Verlauf von einigen Monaten die schwach gelb gef\u00e4rbte alkoholische Fl\u00fcssigkeit von den K\u00f6rnern und dunsteten sie sodann in gelinder W\u00e4rme ein. Der Verdampfungsr\u00fcckstand lie\u00df sich durch Behandeln mit \u00c4ther und Wasser in L\u00f6sung bringen. Allerdings war die von der \u00e4therischen Schicht getrennte w\u00e4sserige L\u00f6sung nicht ganz klar; doch schien die Tr\u00fcbung nur von einer kleinen, nicht in den \u00c4ther \u00fcbergegangenen Fettmenge herzur\u00fchren.. Jedenfalls blieb in diesem Falle nicht, wie in dem Versuche mit milchreifen K\u00f6rnern, ein in Wasser und in \u00c4ther unl\u00f6slicher R\u00fcckstand. Bei den reifen K\u00f6rnern lagen allerdings wohl die Yerh\u00e4ltnisse f\u00fcr die Aufl\u00f6sung von K\u00f6rnerbestandteilen durch den Alkohol weniger g\u00fcnstig als bei den milchreifen K\u00f6rnern. Denn in die letzteren konnte der Alkohol wahrscheinlich besser eindringen; auch erfuhr er durch Aufnahme des in den unreifen K\u00f6rnern enthaltenen Wassers eine nicht unbetr\u00e4chtliche Verd\u00fcnnung.\nZum Schl\u00fcsse teilen wir noch die Zahlen mit, die wir bei Bestimmung der auf Protein und auf Nichtprotein fallenden Stickstoffmenge erhielten. *)\n>) Die f\u00fcr die Analyse bestimmten milchreifen K\u00f6rner wurden, nach-\nHoppe-Seyler\u2019s Zeitschrift f. physiol. Chemie. LXV.\t32","page":469},{"file":"p0470.txt","language":"de","ocr_de":"470\nE. Schulze und E. Winterstein,\nStickstoff\nim Protein\tim Nichtprotein\nMilchreife Weizenk\u00f6rner\t:L,830/o\t0,11 \u00b0/o\nReife Weizenk\u00f6rner\t2,24 \u00b0/o\t0,16 \u00b0/o\nF\u00fcr die Verteilung des Gesamtstickstoffs auf Protein und Nichtprotein berechnen sich daraus folgende Zahlen:\nVon 100 Teilen des Gesamtstickstoffs fallen auf Protein\tauf Nichtprotein\nMilchreife Weizenk\u00f6rner\t94,3 \u00b0/o\t5,7 \u00b0/o\nReife Weizenk\u00f6rner\t93,3\u00b0/o\t6,7\u00b0/o\nIII. Autolysenversuche mit unreifen Samen von Pisum sativum und\nPhaseolus vulgaris.\nWie schon in der Einleitung gesagt wurde, kann man es als bewiesen betrachten, da\u00df zur Proteinsynthese in reifenden Samen nichtproteinartige Stickstoffverbindungen, die den Samen aus anderen Pflanzenteilen zuflie\u00dfen, verwendet werden. Wie aber diese Synthese verl\u00e4uft, wissen wir nicht ; es lassen sich dar\u00fcber zurzeit nur Vermutungen aussprechen. M\u00f6glich ist es, da\u00df die als Baustoffe der Proteinmolek\u00fcle den Samen zugef\u00fchrten oder in ihnen synthetisch gebildeten Stickstoffverbin-dungen sich unter Austritt von Wasser zu Protein zusammenf\u00fcgen, ein Vorgang, der vielleicht durch ein Enzym bewirkt wird.x) Im Gegensatz zu dieser Hypothese hat man aber auch die Vermutung ausgesprochen, da\u00df in den Samen die ihnen als Material f\u00fcr die Proteinsynthese von au\u00dfen zugef\u00fchrten Stickstotfverbindungen zun\u00e4chst einem Abbau unter Bildung von Ammoniak verfallen und da\u00df aus letzterem unter Mitwirkung stickstofffreier organischer Stoffe Protein entsteht.\ndem sie zuvor unter absolutem Alkohol aufbewahrt worden waren, bei 35\u201440\u00b0 getrocknet, dann fein zerrieben. Den f\u00fcr die Analyse abgewogenen Quantit\u00e4ten des Pulvers wurde selbstverst\u00e4ndlich der entsprechende Teil des Extrakts, der beim Auf bewahren der K\u00f6rner unter Alkohol sich gebildet hatte, hinzugef\u00fcgt.\n*) Diese Hypothese ist in der oben zitierten Abhandlung \u00fcber den Abbau und den Aufbau organischer Stickstoffverbindungen in den Pflanzen von E. Schulze auf S. 656 u. ff. besprochen worden ; wir verweisen auf das dort Gesagte.","page":470},{"file":"p0471.txt","language":"de","ocr_de":"Studien \u00fcber die Proteinbildung in reifenden Pflanzensamen. 471\nVon vornherein kann es f\u00fcr wahrscheinlich erkl\u00e4rt werden, da\u00df ein zur Ammoniakbildung f\u00fchrender Abbau jener Stickstoffverbindungen in den reifenden Samen durch Enzyme bewirkt werden w\u00fcrde. Das Vorhandensein solcher Enzyme m\u00fc\u00dfte sich aber auch bei der Autolyse der unreifen Samen bemerklich machen. Dieser Gedanke veranla\u00dfte uns zur Ausf\u00fchrung der\nim folgenden beschriebenen Versuche mit unreifen Samen von\n\u2022\u2022\nPisum sativum und Phaseolus vulgaris. Uber die Anordnung dieser Versuche sind hier zun\u00e4chst einige Angaben zu machen.\nUnter den aus den H\u00fclsen den reifenden Samen zuflie\u00dfenden Stickstoffverbindungen \u00fcberwiegt seiner Menge nach das Asparagin. Findet in den reifenden Samen ein Abbau von Stickstoffverbindungen in der angegebenen Weise statt, so ist anzunehmen, da\u00df derselbe auch das Asparagin betrifft. Dies mu\u00df bei Autolyse der Samen zutage treten. Da aber der Asparagingehalt der unreifen Pisum- und Phaseolussamen sehr gering war, so haben wir in jedem Versuche ein abgewogenes Quantum von Asparagin zugesetzt. Um zu erfahren, inwieweit dieses Amid zersetzt worden war, lie\u00dfen sich zwei verschiedene Wege einschlagen. Entweder konnten wir feststellen, wieviel Asparagin nach Beendigung des Versuchs sich wiedergewinnen lie\u00df, oder wir konnten die w\u00e4hrend des Versuchs entstandene Ammoniakmenge bestimmen. Wir haben den ersten Weg gew\u00e4hlt, da derselbe uns gr\u00f6\u00dfere Sicherheit zu gew\u00e4hren schien.1) Zur Wiedergewinnung des nach Beendigung der Autolyse noch vorhandenen Asparagins wrurde der Inhalt des Versuchsk\u00f6lbchens aufs Filter gebracht und mit Wasser gut ausgewaschen. Aus dem Filtrat entfernten wir zun\u00e4chst die durch Phosphorwolframs\u00e4ure f\u00e4llbaren Stoffe. Dann wurde die Fl\u00fcssigkeit mit Bleiessig versetzt und wieder aufs Filter gebracht. Dem Filtrat vom Bleiniederschlage f\u00fcgten wir Mercurinitrat in schwachem \u00dcberschu\u00df zu. Den durch dieses Reagens hervorgebrachten Niederschlag zersetzten wir, nachdem er abfiltriert und mit Wasser ausgewaschen worden\n*) Dies ist schon dadurch bedingt, da\u00df Ammoniakbildung w\u00e4hrend der Autolyse, au\u00dfer auf Kosten von Asparagin, auch auf Kosten anderer in den Samen enthaltener Stickstoffverbindungen erfolgen konnte.\n32*","page":471},{"file":"p0472.txt","language":"de","ocr_de":"472\tE. Schulze und E. Winterstein,\nwar, durch Schwefelwasserstoff. Das Filtrat vom Schwefelquecksilber wurde mit Ammoniak neutralisiert und sodann in gelinder W\u00e4rme zum Sirup eingedunstet. Die nach dem Erkalten aus diesem Sirup sich ausscheidenden Asparaginkrystalle wurden nach Verlauf von einigen Tagen von der Mutterlauge getrennt, getrocknet und gewogen. Da aber, wie kaum gesagt zu werden braucht, die Abscheidung des Asparagins auf diesem Wege mit betr\u00e4chtlichem Substanzverlust verbunden ist, so mu\u00dften wir mit jeder der von uns verwendeten Samenarten zwei Versuche (a und b) anstellen. Im Versuch a wurde das K\u00f6lbchen, nachdem es mit den fein zerriebenen Samen, dem Asparagin und der erforderlichen Wassermenge beschickt worden war, ca. 1 Stunde lang in kochendem Wasser erhitzt, um die in den Samen vorhandenen Enzyme unwirksam zu machen, im Versuch b geschah dies nicht. Beide K\u00f6lbchen wurden sodann ca. 4 Wochen lang auf eine Temperatur von ca. 35\u201438# erw\u00e4rmt. Hierauf wurde ihr Inhalt in der oben angegebenen Weise behandelt. Aus einer Vergleichung der aus dem Inhalt der beiden K\u00f6lbchen wiedergewonnenen Asparagin quantit\u00e4ten lie\u00df sich erkennen, ob durch die in den Samen enthaltenen Enzyme Asparagin umgewandelt worden war.\nDie f\u00fcr diese Versuche verwendeten K\u00f6lbchen waren zuvor durch Erhitzen auf ca. 150\u00b0 sterilisiert worden; w\u00e4hrend des Versuchs wurden sie mit Baumwollpfropfen verschlossen. Als Antiseptikum wurde dem Inhalte eines jeden K\u00f6lbchens Chloroform und 0,5 g Fluorkalium zugef\u00fcgt ; ferner wurde die im K\u00f6lbchen befindliche Fl\u00fcssigkeit mit Toluol \u00fcb er Schicht et.\nDie f\u00fcr unsere Versuche verwendeten Samen waren in dem weiter oben mit II bezeichneten Entwicklungsstadium geerntet worden \u2014 also in einem Zeitpunkte, in welchem ein starkes Wachstum der Samen und eine rasche Zunahme ihres Proteingehalts erfolgten. Die Samen von Pisum sativum waren unmittelbar nach der Ernte in absoluten Alkohol geworfen und, nach mehrt\u00e4gigem Verweilen unter letzterem bei 35\u201440\u00b0 getrocknet, hierauf fein zerrieben worden. Die Samen von Phaseolus vulgaris wurden in ganz frischem Zustande verwendet; vor dem Zerreiben wurden sie mit l\u00b0/ooiger Sublimat-","page":472},{"file":"p0473.txt","language":"de","ocr_de":"Studien \u00fcber die Proteinbildung in reifenden Pflanzensamen. 473\nl\u00f6sung gewaschen. Im folgenden teilen wir die in diesen Versuchen erhaltenen Resultate mit.\nVersuche mit Samen von Pisum sativum.\nIn jedes der beiden K\u00f6lbchen wurden 10 g der lufttrocknen, fein zerriebenen Samen, 2 g Asparagin, die erforderliche Wassermenge und die oben angegebenen Antiseptika gebracht. Dauer der Autolyse : 4 Wochen. Wiedergewonnen wurden\nim Versuch a 1,15 g Asparagin,\n\u00bb\t\u00bb\tb\t1,07\t\u00bb\t\u00bb\nVersuche mit Samen von Phaseolus vulgaris.\nIn jedes der beiden K\u00f6lbchen wurden 37 g der frischen, fein zerriebenen Samenk\u00f6rner, 2 g Asparagin, die erforderliche Wassermenge und die oben angegebenen Antiseptika gebracht. Dauer der Autolyse: 4 Wochen. Wiedergewonnen wurden\nim Versuch a 1,03 g Asparagin,\n\u00bb\t\u00bb\tb\t1,06\t\u00bb\t\u00bb\nWie man sieht, haben wir in allen 4 Versuchen etwas mehr als 1 g Asparagin wiedergewonnen. Ein Unterschied zwischen den Versuchen a und b zeigte sich also nicht. Daraus ist zu schlie\u00dfen, da\u00df ein Abbau des Asparagins w\u00e4hrend der Autolyse nicht erfolgt war. Wir konnten also nicht nach-weisen, da\u00df in den reifenden Pisum- und Phaseolussamen ein Enzym sich vorfand, durch welches Asparagin unter Bildung von Ammoniak zersetzt wurde.\nDa\u00df in allen Versuchen nur ein Teil des zugesetzten Asparagins wiedergewonnen werden konnte, ist leicht zu erkl\u00e4ren. Dieses Amid wird durch Mercurinitrat aus einer L\u00f6sung nicht quantitativ gef\u00e4llt; auch krystallisiert dasselbe aus der bei Zerlegung des Niederschlags mittels Schwefelwasserstoff erhaltenen L\u00f6sung nicht vollst\u00e4ndig aus. Ferner mu\u00df es als m\u00f6glich bezeichnet werden, da\u00df w\u00e4hrend des 4 Wochen lang dauernden Erw\u00e4rmens der schwach sauer reagierenden Fl\u00fcssigkeit auf 35\u201440\u00b0 ein kleiner Teil des Asparagins hydrolysiert worden war. Endlich kann es nicht f\u00fcr v\u00f6llig sicher erkl\u00e4rt werden, da\u00df durch die angewendeten Antiseptika das Vorhanden-","page":473},{"file":"p0474.txt","language":"de","ocr_de":"474\tE. Schulze und E. Winterstein,\nsein lebensf\u00e4higer Mikroben in den Versuchsfl\u00fcssigkeiten ganz vollst\u00e4ndig verhindert worden ist.\nDa\u00df die aus unseren Versuchsfl\u00fcssigkeiten wiedergewonnenen Krystalle wirklich Asparagin waren, wiesen wir, au\u00dfer durch die Anstellung von Reaktionen, durch die Ausf\u00fchrung von Krystallwasserbestimmungen nach. Diese Bestimmungen lieferten folgende Resultate:\n1.\t0,1200 g Substanz verloren beim Trocknen 0,0148 g == 12,38 \u00b0/o\nan Gewicht.\n2.\t0,1500 g Substanz verloren beim Trocknen 0,0187 g = 12,46\u00b0/o\nan Gewicht.\nNach der Theorie enth\u00e4lt das Asparagin 12,0 \u00b0/o Krystailwasser.\nZusammenfassung der Resultate.\nWenn man reifende Leguminosensamen in verschiedenen Stadien ihrer Entwicklung untersucht, so zeigt sich, da\u00df w\u00e4hrend des Reifens der Prozentgehalt an Protein sehr stark steigt, w\u00e4hrend der prozentige Gehalt der Samen an \u00abNichtproteinstickstoff\u00bb abnimmt. Um entscheiden zu k\u00f6nnen, ob die absolute Menge des \u00abNichtproteinstickstoffs\u00bb w\u00e4hrend des Reifens sich verringert hat, gen\u00fcgt es aber nicht, die prozentige Zusammensetzung der reifen und unreifen Samen zu ermitteln;1) man mu\u00df auch feststellen, wieviel Stickstoff in der gleichen Anzahl von Samen auf Protein und auf Nichtprotein f\u00e4llt. Bei den Samen von Phaseolus vulgaris konnte man auf letzterem Wege eine Abnahme des \u00abNichtproteinstickstoffs\u00bb w\u00e4hrend des Reifens nicht nachweisen. Anders ist es bei den Samen von Pisum sativum; hier zeigte sich, da\u00df 100 St\u00fcck Samen nach dem Ausreifen weniger Nichtproteinstickstoff enthielten, als in unreifem Zustande. Doch war die Differenz nicht so gro\u00df, als man nach der gro\u00dfen Verschiedenheit des prozentigen Nichtproteinstickstoffgehalts der reifen und der unreifen Samen h\u00e4tte erwarten k\u00f6nnen. Alle Beobachtungen sprechen daf\u00fcr, da\u00df in den reifenden Samen die den letzteren als Material f\u00fcr die Proteinsynthese aus anderen Pflanzenteilen zuflie\u00dfenden nichtproteinartigen Stickstoffverbindungen in der Regel sehr rasch f\u00fcr jene Synthese verwendet werden.\n*\u25a0) Den Beweis daf\u00fcr liefern die im Abschnitt IA mitgeteilten Zahlen.","page":474},{"file":"p0475.txt","language":"de","ocr_de":"Stadien \u00fcber die Proteinbildung in reifenden Pflanzensamen. 475\nDie Tatsache, da\u00df bei den Leguminosen aus den Samenh\u00fclsen stickstoffhaltige Stoffe als Material f\u00fcr die Proteinsynthese in die reifenden Samenk\u00f6rner \u00fcbergehen, macht es w\u00fcnschenswert, die Qualit\u00e4t der in den Samenh\u00fclsen sich vorfindenden nichtproteinartigen Stickstoffverbindungen festzustellen. Wir fanden, da\u00df die Samenh\u00fclsen von Pisum sativum neben einer ansehnlichen Quantit\u00e4t von Asparagin in kleiner Menge Ar-ginin, Histidin, Tryptophan, Monoaminofetts\u00e4uren, sowie Cholin und Trigonellin enthielten. Die gleichen Stoffe fanden sich auch in den Samenh\u00fclsen von Phaseolus vulgaris. Das in solchen H\u00fclsen enthaltene Gemenge nichtproteinartiger\nStickstoffverbindungen besitzt in bezug auf seine Zusammen-\n\u2022\u2022\nsetzung sehr gro\u00dfe \u00c4hnlichkeit mit demjenigen, das in den Keimpflanzen der Leguminosen aus den Cotyledonen und den Stengeln der Wurzelspitze und den Bl\u00e4ttchen zuflie\u00dft und in diesen Teilen ohne Zweifel als Material f\u00fcr die Proteinsynthese verwendet wird.\n1 Das in den unreifen Samen von Pisum sativum enthaltene Gemenge nichtproteinartiger Stickstoffverbindungen wich in bezug auf die quantitative Zusammensetzung sehr stark von demjenigen ab, welches in den zugeh\u00f6rigen Samenh\u00fclsen sich vorfand. In letzterem \u00fcberwiegt der Menge nach das Asparagin, w\u00e4hrend dieses Amid in den unreifen Samen nur in sehr kleiner Quantit\u00e4t gefunden wurde. Dagegen enthalten diese Samen Glutamin, welches in den H\u00fclsen vielleicht in sehr kleiner Menge enthalten sein kann, aber doch darin bis jetzt nicht nachgewiesen worden ist. Arginin tritt in den unreifen Samen in weit gr\u00f6\u00dferer Menge auf, als in den H\u00fclsen. Tryptophan war in den H\u00fclsen nachzuweisen, in den unreifen Samen dagegen nicht. Der sehr geringe Gehalt der Samen an Asparagin l\u00e4\u00dft sich durch die Annahme erkl\u00e4ren, da\u00df dieser aus den H\u00fclsen in bedeutender Menge den Samen zuflie\u00dfende Stoff in den letzteren rasch zur Proteinsynthese verwendet wurde. Wenn dagegen das Glutamin f\u00fcr diese Synthese nur sehr langsam oder gar nicht verbraucht wurde, so erkl\u00e4rt es sich, da\u00df dieses Amid, auch wenn es aus den H\u00fclsen nur in sehr kleiner Menge in die Samen \u00fcberging, in den letzteren doch in einer f\u00fcr seinen","page":475},{"file":"p0476.txt","language":"de","ocr_de":"476 E. Schulze und E. Winterstein, \u00dcber Proteinbildung.\nNachweis gen\u00fcgenden Quantit\u00e4t sich anh\u00e4ufte. Ob man in der gleichen Weise auch die Anh\u00e4ufung von Arginin in den unreifen Samen erkl\u00e4ren kann, ist fraglich; es scheint fast, da\u00df man eine synthetische Bildung dieser Base in den unreifen Samen annehmen mu\u00df.1) Mag man nun aber die im vorigen besprochenen Erscheinungen in dieser oder in einer anderen Weise erkl\u00e4ren wollen, so sind dieselben doch jedenfalls bei der weiteren Erforschung der Proteinsynthese in reifenden Samen zu ber\u00fccksichtigen.\nMilchreife Samenk\u00f6rner von Triticum vulgare enthielten nichtproteinartige Stickstoffverbindungen nur in h\u00f6chst geringer Menge. Asparagin konnte aus diesen Samenk\u00f6rnern nicht dargestellt werden. Arginin schien in sehr kleiner Quantit\u00e4t vorhanden zu sein, konnte aber nicht rein dargestellt und daher auch nicht sicher nachgewiesen werden. Monoaminofetts\u00e4uren fanden sich in sehr kleiner Menge vor.\nEs gelang uns nicht, in den unreifen Samen von Pisum sativum und Phaseolus vulgaris durch Autolysenversuche das Vorhandensein eines Enzyms nachzuweisen, durch welches Asparagin unter Ammoniakbildung zersetzt wurde.\n4) Wir verweisen auf die am Schlu\u00df des Abschnitts II dieser Abhandlung sich findende Diskussion der in jenem Abschnitt mitgeteilten Versuchsergebnisse.","page":476}],"identifier":"lit37822","issued":"1910","language":"de","pages":"431-476","startpages":"431","title":"Studien \u00fcber die Proteinbildung in reifenden Pflanzensamen","type":"Journal Article","volume":"65"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:56:59.750211+00:00"}