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{"created":"2022-01-31T15:57:39.059174+00:00","id":"lit38480","links":{},"metadata":{"alternative":"Beitr\u00e4ge zur Akustik und Musikwissenschaft","contributors":[{"name":"Jank\u00f3, Paul v.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Beitr\u00e4ge zur Akustik und Musikwissenschaft 3: 6-12","fulltext":[{"file":"p0006.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber mehr als zw\u00f6lfstufige gleichschwebende Temperaturen.\nVon\nPaxjl y. Janko.\nTheilt man die Octave in 12 Intervalle von gleichem Schwingungsverh\u00e4ltnifs, so erh\u00e4lt man die T\u00f6ne der allgemein gebr\u00e4uchlichen musikalischen Temperatur. In ihr stellen die vierte und siebente Stufe (den Grundton nicht mitgerechnet) angen\u00e4herte Werthe der grofsen Terz und reinen Quint dar, und es ist hinl\u00e4nglich bekannt, dafs die Quint sich dem reingestimmten Intervall mehr ann\u00e4hert, als die Terz. Um sich \u00fcber die Gr\u00f6fse der Abweichung Rechenschaft zu geben, ist es am zweckm\u00e4fsigsten, die Intervallverh\u00e4ltnisse durch Logarithmen der Basis 2 auszudr\u00fccken; Logarithmen deshalb, weil hierdurch die Proportionen in Differenzen verwandelt werden, und man somit auf den ersten Blick erkennen kann, welches von zwei gegebenen Intervallen das gr\u00f6fsere ist; die Basis 2 aber aus dem Grunde, weil damit die Maafszahl 1 der Octave zugewiesen wird (2log 2 = 1), dem einzigen Intervall, welches in allen m\u00f6glichen gleich- und ungleichschwebenden Temperaturen im selben Schwingungsverh\u00e4ltnifs beibehalten werden mufs und thats\u00e4chlich die Grundlage unserer heutigen Musikaus\u00fcbung bildet.\nIn diesem Logarithmensystem sind die Maafszahlen der reingestimmten grofsen Terz und der Quint:\n2log = Terz = 0,3219281 !log = Quint = 0,5849625","page":6},{"file":"p0007.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber mehr als zw\u00f6lfstufige gleichschwebende Temperaturen.\n7\nDie Maafszahlen der zw\u00f6lfstufig temperirten Terz und Quint\n4\nfindet man durch Verwandlung der Br\u00fcche (4* Ton der 12 7\nStufen) und in Decimalbr\u00fcche und erh\u00e4lt:\ntemp. Terz = temp. Quint =\nA = 0,3333333 A = 0,5833333\nDie Abweichungen dieser Intervalle von den reingestimmten sind durch die Differenzen der entsprechenden Decimalbr\u00fcche gekennzeichnet und betragen\nf\u00fcr die Terz + 0,0114052 ,,\t,, Quint \u2014 0,0016292\nwobei das Zeichen -f- bedeutet, dafs das betreffende Intervall im temperirten System zu hoch, das Zeichen \u2014, dafs es zu tief ist.\nDie Quint ist also um 0,0016 Octave oder um 0,0016 X 12 = 0,019 d. i. beil\u00e4ufig 1/5.0 eines Halbtons unserer gebr\u00e4uchlichen zw\u00f6lfstufigen Temperatur zu tief, ein Intervall, welches unserem Geh\u00f6r noch nicht entgeht, wie die Clavierstimmer zu erfahren Gelegenheit haben. Die Terz ist um 0,011 Octave oder 0,011 X 12 = 0,132 d. i. beil\u00e4ufig um 1/s Halbton zu hoch, also etwa 7 mal schlechter als die Quint.\nDie Unreinheit der Terzen hat zu verschiedenen Vorschl\u00e4gen gef\u00fchrt, die Octave in eine andere Anzahl als 12 gleiche Intervalle zu theilen. In der Praxis haben sich diese nicht einb\u00fcrgern k\u00f6nnen; auch theoretisch scheinen mir diejenigen nur ein untergeordnetes Interesse zu bieten, welche zwar bessere Terzen, dagegen aber schlechtere Quinten geben, so die in H. Riemann\u2019s Musiklexicon 3 S. 985 aufgez\u00e4hlten 19-, 22-, 28- und 31 stufigen.\nViel gr\u00f6fsere Ann\u00e4herung beider Intervalle, als es bei 12 Stufen der Fall ist, bietet eine 53 stufige gleichschwebende Temperatur, nach welcher das in Helmholtz\u2019 Lehre von den Tonempfindungen beschriebene Harmonium von Bosanquet gebaut worden ist. Diese Temperatur ist nach Riemann\u2019s angef\u00fchrtem Werk S. 986 zuerst von Mercator anfangs des 18. Jahrhunderts vorgeschlagen","page":7},{"file":"p0008.txt","language":"de","ocr_de":"Paul v. Jarik\u00f4.\nworden und giebt f\u00fcr die Terz (17. Stufe) und Quint (31. Stufe) die Werthe :\nTerz == ~ Il 0,3207547 Quint = ~\t0,5849057\nDie Abweichungen von den reingestimmten Intervallen sind : f\u00fcr die Terz : \u2014 0,0011734 ,,\t,, Quint: \u2014 0,0000568\nEs ist also die Abweichung der Terz ungef\u00e4hr 10 mal geringer als bei der 12 stufigen Temperatur, und die Quint n\u00e4hert sich der reingestimmten derart, dafs ihre Abweichung unserem Geh\u00f6r direct entgeht und nur mittels Schwebungen nachgewiesen werden kann.\nMit der Uebereinstimmung der grofsen Terz und der reinen Quint ist aber auch die Reinheit aller in unserer Musikaus\u00fcbung vorkommenden Intervalle gegeben, nachdem wir alle Accorde aus Octaven, grofsen oder kleinen Terzen und reinen Quinten aufbauen und die kleine Terz durch die Differenz zwischen Quint und grofser Terz gegeben ist. Man kann also ohne merklichen Fehler die 53 stufig gleichschwebende Temperatur an Stelle ganz rein gestimmter Intervalle setzen.\nTheoretisch interessant schienen mir nun die Fragen:\n1.\tOb zwischen 12 und 53 sich thats\u00e4chlich keine Stufenzahl findet, deren Ann\u00e4herungen Zwischenwerthe der genannten darstellen, und\n2.\tWelche auf 53 zun\u00e4chst folgende Theilung es w\u00e4re, die noch gr\u00f6fsere Ann\u00e4herungen g\u00e4be, als diese.\nW\u00fcrde es sich darum handeln, die N\u00e4herungs werthe blos eines Intervalles zu finden, so w\u00e4ren diese Aufgaben durch Kettenbr\u00fcche leicht zu l\u00f6sen. Auf diesem Wege w\u00fcrde man die N\u00e4herungswerthe finden:\nf\u00fcr die Terz :\n1\t9\t19\t47\t207\n3 \u2019\t28\u2019\tBg\t146 \u2019\t643 U- S\u2019 W-\n4\t24\t31\t179\t389\n12\u2019\t41 \u2019\t53 \u2019\t306 \u2019\tu. s. w. 665\nf\u00fcr die Quint:\nu. s. w.","page":8},{"file":"p0009.txt","language":"de","ocr_de":"Heber mehr als ziv\u00f6lfstufige gleichschwebende Temperaturen.\n9\nDie Nenner dieser Br\u00fcche stimmen nicht mit einander \u00fcberein, mit Ausnahme der ersten, hei welchen auf den Nenner\nO\tj\n12 gebracht werden kann, \u2014 somit m\u00fcfste man, um die g\u00fcnstigsten Ann\u00e4herungen zu erhalten, f\u00fcr die Terzen andere Theilungen der Octave vornehmen als f\u00fcr die Quinten. Auf diesem Wege sind also die relativ besten Compromifstheilungen nicht auffindbar.\nEin empirischer, d. h. auf systematisches Probiren gebauter Weg zur L\u00f6sung der vorgelegten Fragen ergiebt sich aus folgender Ueberlegung:\nDie Maafszahl irgend welcher Anzahl von Octaven ist eine ganze Zahl, weil die Maafszahl der Octave = 1 ist. Bezeichnet man mit q \u2014 0,5849625 die Maafszahl der reingestimmten Quint und bildet die Vielfachen sxf, wobei s nacheinander die Werthe 1, 2, 3 ... 12, 13, 14 . . . 53, 54 . . . u. s. w. annehmen soll, so wird das Produ\u00e7t s q jedes Mal einer ganzen Z\u00e4hl nahekommen, wenn s Quinten nahezu eine ganze Anzahl Octaven geben, d. h. eine s-stufige Temperatur Quinten giebt, die sich den reingestimmten n\u00e4hern. Je mehr sich s X q einer ganzen Zahl n\u00e4hert, um so bessere Quinten giebt das betreffende System. Damit aber die Quinten \u00fcberhaupt besser werden als die einer bereits bekannten Temperatur von der Stufenzahl a, mufs die Abweichung des Productes s x q von einer ganzen Zahl unterhalb einer gewissen Grenze liegen.\nBezeichnet man mit aG die Abweichung von a X q von, einer ganzen Zahl, so wird offenbar ohne Vortheil oder Nachtheil die Abweichung 2 a6 3 aa, 4 a\u00df u. s. w. betragen k\u00f6nnen, wenn die Temperatur eine 2a-, 3a-, 4a-stufige werden soll; mithin ist die Grenze, unterhalb welcher die Abweichung as irgend einer Stufenzahl liegen mufs:\n0's == a6 X \u2014I\nwenn aa die Abweichung bezeichnet, die einer bekannten Stufenzahl a entspricht.\nDie Vielfachen der Quint sind daher nur dann n\u00e4her zu untersuchen, wenn sie von ganzen Zahlen um einen geringeren Betrag, als dieser ist, abweichen. Auf diese Art findet man, dafs","page":9},{"file":"p0010.txt","language":"de","ocr_de":"10\nPaul v. Jank\u00f4.\neine 24-, 36-, 48-stufige Temperatur keine besseren Quinten giebt, als die 12-stufige. Zwischen 12 und 53 Stufen finden sich blos die beiden Stufenzahlen 29 und 41, welche bessere Quinten als 12 geben.\nDie betreffenden Vielfachen der reinen Quint sind:\n29 q = 16,9639125 41 q%- 23,9834625\nEs kommt also im 29-stufigen System die 17. Stufe, im 4i-stufigen die 24. der reingestimmten Quint am n\u00e4chsten.\nDie Maafszahlen dieser T\u00f6ne sind:\n17\n29\n24\n41\n= 0,5862069\n= 0,5853659,\nund ihre Abweichung von der reingestimmten Quint 0,5849625 betr\u00e4gt :\n+ 0,0012444 + 0,0004034\nVergleicht man diese Abweichungen von jener der 12-stufigen Temperatur (\u2014 0,0016292) so sieht man, dafs die Quint der 29-stufigen Temperatur wenig besser, dagegen die der 41-stufigen beil\u00e4ufig 4 mal besser ist als bei 12 Stufen.\nUm die entsprechenden Abweichungen f\u00fcr die Terz zu bestimmen, sind die Producte s Xt zu bilden, f\u00fcr s = 29 und 41, wobei wie schon erw\u00e4hnt t = 0,3219281. Dies giebt 29 t = 9,3359149 41 t = 13,1990521,\nsomit m\u00fcfsten wir im 29-stufigen System die 9. Stufe, im 41-stufigen die 13. als Terz annehmen.\nDie Maafszahlen dieser Intervalle und ihre Abweichungen von der reingestimmten Terz sind :\nA = 0,3103448\n+ 0,0115833\nA = 0,3170732 41\n\u2014 0,0048549\nDies verglichen mit der Abweichung + 0,0114052 der 12-stufigen","page":10},{"file":"p0011.txt","language":"de","ocr_de":"Heber mehr als zw\u00f6lf stufige glei\u00e0hschwebende Temperaturen.\n11\nTemperatur ergiebt, dafs die Terzen der 29-stufigen schlechter sind, die der 41-stufigen dagegen besser, und zwar stehen sie der\nreingestimmten Terz -~ji^--fach, d. i. mehr als 2-fach n\u00e4her.\nWir haben somit in der 41-stufig gleichschwebenden Temperatur eine Theilung gefunden, welche bessere Quinten undTerzen giebt als die 12-stufige, und zwar sind ihre Quinten 4 mal, ihre Terzen \u00fcber 2 mal besser, womit die erste der oben gestellten Fragen ihre Beantwortung gefunden hat. Diese Thatsache scheint Jenen, die sich mit mehrstufigen Temperaturen befafst haben, bis jetzt entgangen zu sein; ich fand sie wenigstens in der Literatur nicht erw\u00e4hnt; auch Riemann\u2019s angef\u00fchrtes Werk spricht nur von Vorschl\u00e4gen \u00fcber 19-, 22-, 28-, und 31-stufige Temperaturen, die aber alle schlechtere Quinten geben als die 12-stufige.\nOb die 41-stufige Temperatur mit ihren Terzen, die von den reingestimmten um 0,0048 Octave d. h. ca. Vjo eines 12-stufigen Halbtons oder etwa 1li eines syntonischen Kommas (0,0179) abweichen, geeignet w\u00e4re, jene Instrumente zu ersetzen, die mit H\u00fclfe von 53 Stufen dazu dienen, die reingestimmten Intervalle zu Geh\u00f6r zu bringen, vermag ich ohne einschl\u00e4gige praktische Versuche nicht zu entscheiden; sollte dies der Fall sein, so w\u00fcrde diese Stufenzahl die Ersparnifs von 12 T\u00f6nen in der Octave bedeuten.\nAuf dem oben dargelegten Wege ist auch die Frage zu l\u00f6sen, welches die auf 53 folgende Anzahl von Stufen ist, deren Quinten und Terzen sich den reingestimmten noch mehr ann\u00e4hern. Ich nehme davon Abstand, hier den Gang der Rechnung ausf\u00fchrlicher darzulegen, nachdem derselbe ja aus dem Vorhergehenden erhellt, und theile nur die Resultate mit, die ich bei der Fortf\u00fchrung der Rechnung bis 612 Stufen erhielt. In folgender Tabelle sind s\u00e4mmtliche Theilungen angef\u00fchrt, von denen jede folgende eine bessere Ann\u00e4herung sowohl der Quint als auch der Terz giebt, als alle vorhergehenden, wobei zu bemerken ist, dafs zwischen zwei aufeinanderfolgenden Theilungen keine m\u00f6glich ist, die beide Intervalle besser geben w\u00fcrde, als die erste der beiden.","page":11},{"file":"p0012.txt","language":"de","ocr_de":"12\nPaul v. Janlc\u00f4.\nStufenzahl\tStufennummer f\u00fcr die Quint\tAbweichung von der reingestimmten Quint\tStufen- nummer f\u00fcr die Terz\tAbweichung von der reingestimmten Terz\n12\t7\t5- 0,0016292\t4\t+ 0,0114052\n41\t24\t-f 0,0004034\t13\t\u2014 0,0048549\n53\t31\t\u2014 0,0000568\t17\t\u2014 0,0011734\n347\t203\t+ 0,0000519\t112\t-h 0,0008385\n400\t234\t+ 0,0000375\t129\t-f 0,0005719\n453\t265\t+ 0,0000265\t146\t+ 0,0003677\n506\t296\t-f 0,0000177\t163\t+ 0,0002063\n559\t327\t-f 0,0000107\t180\t+ 0,0000755\n612\t358\t+ 0,0000048\t197\t\u2014 0,0000327\nMan sieht aus dieser Tabelle, dafs die auf 53 Stufen n\u00e4chstfolgende Temperatur die 347-stufige ist, und dafs die 53-stufige Temperatur thats\u00e4chlich eine hervorragende Stelle in der Reihe einnimmt; denn ihre Ann\u00e4herungen sind derartig grofs, dafs man erst bei 347 Stufen bessere Quinten und Terzen erhalten w\u00fcrde, und dafs man mit dieser grofsen Stufenzahl den reingestimmten Intervallen auch nur unwesentlich n\u00e4her k\u00e4me.","page":12}],"identifier":"lit38480","issued":"1901","language":"de","pages":"6-12","startpages":"6","title":"Ueber mehr als zw\u00f6lfstufige gleichschwebende Temperaturen","type":"Journal Article","volume":"3"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T15:57:39.059179+00:00"}