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{"created":"2022-01-31T15:47:38.844243+00:00","id":"lit38515","links":{},"metadata":{"alternative":"Beitr\u00e4ge zur Akustik und Musikwissenschaft","contributors":[{"name":"Stumpf, C.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Beitr\u00e4ge zur Akustik und Musikwissenschaft 5: 1-142","fulltext":[{"file":"p0001.txt","language":"de","ocr_de":"Die folgenden Untersuchungen betreffen im wesentlichen die sogenannten subjektiven Kombinationst\u00f6ne, d. h. solche, die durch Anwendung von Resonatoren nicht oder nicht merklich verst\u00e4rkt werden. Sie treten auf, wenn die beiden Klangquellen nicht durch einen gemeinsamen Windraum oder durch feste \u00dcberleitungen verbunden sind. In diesem Falle sind besonders empfindliche physikalische Einrichtungen n\u00f6tig, um das Vorhandensein entsprechender Modifikationen der objektiven Schwingungen nachzuweisen, w\u00e4hrend die Kombinationst\u00f6ne im Ohre selbst dabei recht kr\u00e4ftig auftreten k\u00f6nnen. Es m\u00fcssen also im Kopfe besondere Bedingungen f\u00fcr ihre Entstehung oder Verst\u00e4rkung vorhanden sein. Objektiv dagegen pflegt man die Kombinationst\u00f6ne zu nennen, die durch Resonatoren merklich verst\u00e4rkt werden. Solche treten auf, wenn die erzeugenden Schallquellen durch einen gemeinsamen Windraum oder durch feste \u00dcberleitungen unter sich verbunden sind, vielleicht auch noch in anderen F\u00e4llen.1 Nat\u00fcrlich sind die objektiven auch im Ohre vorhanden und h\u00f6rbar, wenn die Schwingungen stark genug erfolgen. Auch fallen beide Klassen unter das n\u00e4mliche allgemeine algebraische Schema (unten I, 4). Aber die subjektiven sind eben nicht oder nur minimal aufserhalb des Ohres vorhanden, und darum hat man die Klassifikation eingef\u00fchrt. Ist der Unterschied nur graduell, so ist er doch grofs genug. Und wird er einmal, wenn\n1 Die Bedeutung fester, namentlich h\u00f6lzerner, Verbindungen betont L. Hermann, hebt aber auch hervor, dafs eine allgemeine physikalische Theorie f\u00fcr die objektiven Kombinationst\u00f6ne noch fehlt (Ann. d. Physik, 4. Folge, 25, S. 697 f. Pfl\u00fcgers Arch. f. d. gesamte Physiologie 122, S. 419 f.). Verst\u00e4rkung durch Ber\u00fchrung der Stimmgabelstiele hatte bereits E. Waetz-mann beobachtet (Ann. d. Phys. 20, S. 843).\nStumpf, Beitr\u00e4ge V.\n1","page":1},{"file":"p0002.txt","language":"de","ocr_de":"2\nC. Stumpf.\n[LV. 2]\nerst eine befriedigende Erkl\u00e4rung f\u00fcr das Zustandekommen der subjektiven Verst\u00e4rkung gefunden ist, f\u00fcr den Physiker vielleicht \u00fcberhaupt kein Interesse mehr haben, so h\u00f6rt er damit doch nicht auf, zu existieren.\nMit der philosophischen Unterscheidung von subjektiv und objektiv hat nat\u00fcrlich diese Klassifikation nichts zu tun. Der Unterschied betrifft nicht das Bewufstsein gegen\u00fcber der aufser-bewufsten Welt, sondern das Ohr gegen\u00fcber der umgebenden Luft. Die T\u00f6ne als solche sind im einen und anderen Falle Bewufstseinsinhalte.\nDiese subjektiven K. T.1 geh\u00f6ren bekanntlich zu den umstrittensten Erscheinungen des Tongebietes. Sie bilden eine wichtige Probe f\u00fcr physiologische H\u00f6rtheorien, und sie sind nach der psychologischen Seite immer wieder, am ausgiebigsten und scharfsinnigsten neuerdings von Felix Krueger, f\u00fcr die Theorie der Konsonanz in Anspruch genommen worden. Aber sie bieten auch immer noch Schwierigkeiten, und zwar nicht blofs hinsichtlich ihrer Erkl\u00e4rungsgr\u00fcnde und ihres Erkl\u00e4rungswertes, sondern auch in bezug auf den akustischen Tatbestand selbst. Diese rein ph\u00e4nomenologische Frage ist durch Krueger neu angeregt und unter Beibringung eines \u00e4ufserst umfangreichen Materials ins einzelnste verfolgt worden.2 Da seine Ergebnisse nicht blofs\n1\tWir gebrauchen f\u00fcr \u201eKombinationston\u201c oder \u201eKombinationst\u00f6ne\u201c im folgenden die Abk\u00fcrzung K. T. F\u00fcr Differenzt\u00f6ne, um die es sich zun\u00e4chst und zumeist handelt, schreiben wir D. T., f\u00fcr Summationst\u00f6ne S. T., f\u00fcr die erzeugenden Prim\u00e4rt\u00f6ne P. T., f\u00fcr den tieferen P. T. t, f\u00fcr den h\u00f6heren Ji.\n2\t(A) Beobachtungen an Zweikl\u00e4ngen. j Wundts Philosophische Studien, 16, S. 307 f.\n(\u00df) Beobachtungen an Zweikl\u00e4ngen (Fortsetzung). Ebenda 16, S. 568f.\nDiese beiden Abhandlungen enthalten das Hauptmaterial. Zusammenfassende \u00dcbersichten und Erg\u00e4nzungen in folgenden weiteren Arbeiten :\n(C) Zur Theorie der Kombinatonst\u00f6ne. Ebenda 17, S. 186 f.\n\u00c7D) Differenzt\u00f6ne und Konsonanz. Archiv f. d. gesamte Psychologie 1, S. 205 f.\n(E) Differenzt\u00f6ne und Konsonanz (Fortsetzung). Daselbst 2, S. If.\nWeitere Abhandlungen Kruegers betreffen ausschliefslich die Definition der Konsonanz auf Grund der Differenztonerscheinungen (Die Theorie der Konsonanz, Wundts Psycholog. Studien 1, S. 305 f.; 2, S. 205 f.; 4, S. 201f.). Auf diesen Punkt gehe ich hier nicht weiter ein, nachdem ich bereits gezeigt zu haben glaube, dafs selbst unter Voraussetzung seiner gesamten Differenztonlehre die Unterscheidung der konsonanten und dissonanten","page":2},{"file":"p0003.txt","language":"de","ocr_de":"[LV. B\nBe ob a ch hingen \u00fcber Ko mbina ti ons t\u00f6n e.\n3\nstark von den bisherigen Erfahrungen ab weichen, sondern auch gewissen inneren Schwierigkeiten unterworfen sind, habe ich seit einigen Jahren meine fr\u00fcheren fragmentarischen Beobachtungen in systematischerer Weise aufgenommen. Ehe ich aber die eigenen Ergebnisse mitteile, m\u00f6chte ich die f\u00fcr mich unl\u00f6sbaren Bedenken in bezug auf Kruegers Untersuchung formulieren. Hoffentlich erkennt der hochgesch\u00e4tzte Verfasser daran wenigstens, dafs ich seine Darstellung so genau studierte, wie die aufserordeutliche darin steckende Arbeit es verdient, und wie ich es auch schon aus pers\u00f6nlicher Dankbarkeit f\u00fcr die in den \u201ePhilosophischen Studien\u201c vorher nicht \u00fcbliche Anerkennung und sorgf\u00e4ltige Ber\u00fccksichtigung meiner eigenen akustischen Bem\u00fchungen getan haben w\u00fcrde. Mit R\u00fccksicht auf den letzten Umstand ist es mir besonders leid, gerade diesmal zu .so tiefgreifender Opposition gen\u00f6tigt zu sein.* 1 Die Gegnerschaft bezieht sich denn auch nur auf die im folgenden namhaft gemachten Punkte. In vielen anderen Beziehungen haben Kruegers Arbeiten unsere Erkenntnis des akustischen Tatbestandes zweifellos weitergef\u00fchrt.\nI. Eritisc\u00eeies und Methodisches.\n1. IiRUEGEiis Ergebnisse.\nDas Hauptergebnis Kruegers besteht darin, dafs der Zusammenklang zweier T\u00f6ne in der Regel aufser einem Summations-\nIntervalle nicht daraus hergeleitet werden kann (Differenzt\u00f6ne und Konsonanz, Zeitschr. f. Psych. 39, S. 269 f. Ein Nachtrag folgt demn\u00e4chst). Doch dient die gegenw\u00e4rtige Abhandlung zur Bekr\u00e4ftigung, insofern damit auch die Beobachtungsgrundlage der Theorie als unrichtig erwiesen wird. Ich gestehe auch offen, dafs ich, h\u00e4tte nicht ein so beachtenswerter Versuch, die Konsonanz auf D. T. zu gr\u00fcnden, Vorgelegen, nicht so viel Zeit und M\u00fche auf diese Beobachtungen verwendet h\u00e4tte, da ich den D. T. niemals ein besonderes psychologisches Interesse abgewinnen konnte (s. die Vorrede zu meiner Tonpsychologie). Man wild abei finden, dafs die Untersuchung unabh\u00e4ngig von solchen Voranschauungen gef\u00fchrt ist; wie ich es denn wirklich nur mit Freuden begriffst h\u00e4tte, wenn es Krueger gelungen w\u00e4re, in den D. T. die tiefere Wurzel der Konsonanz zu finden.\n1 Auf Wundts Kritiken in der \u201ePhysiologischen Psychologie\u201c zu antworten, kann ich mich schwer entschliefsen, nicht weil sie zu gewdchtig w\u00e4ren, sondern weil die ihm immer wieder begegnenden Verdrehungen es fast unm\u00f6glich machen, den erforderlichen ruhigen Ton innezuhalten.\n1*","page":3},{"file":"p0004.txt","language":"de","ocr_de":"4\nG. Stumpf.\n[LV. 4]\nton 4\u20145 Differenzt\u00f6ne ergibt, die nicht an das Dasein von Obert\u00f6nen gebunden sind (0, 232, 305). Den f\u00fcnften erschliefst er jedoch mehr aus dem Auftreten gewisser Schwebungen als aus direkter Beobachtung (H, 352, 359 f. B, 577, 587).\nDiese 5 D. T. sind ihren Schwingungszahlen nach definiert durch die Differenzen der zwei jeweilig kleinsten Schwingungszahlen. Z. B. bei dem SchwingungsVerh\u00e4ltnis 7 : 10 (wobei man statt der Schwingungs- die Verh\u00e4ltniszahlen selbst zu subtrahieren hat) durch die Verh\u00e4ltniszahlen 3, 4, 1, 2, 1. Sie werden der Beihe nach als D\u00b1 D2 JX Z)4 I)5 bezeichnet Die wirkliche H\u00f6he, in der man die so berechneten T\u00f6ne h\u00f6rt, entfernt sich allerdings nach Kau EGEE, wie wir weiterhin h\u00f6ren werden, vielfach stark von den berechneten H\u00f6hen.\nBei den Konsonanzen mit ihren kleinen Verh\u00e4ltniszahleil kommt man durch solche fortgesetzte Subtraktion bald auf Null. Hier verf\u00e4hrt Kbueger so, dafs er dieses 0 von der kleinsten vorausgehenden Zahl (welche stets 1 ist) so lange weiter subtrahiert, bis die F\u00fcnfzahl der D. T. erreicht ist. So ergibt z. B. die Quinte 2 : 3 die D. T. : 1, 0, 1, 1, 1, ganz nach dem erw\u00e4hnten Prinzip. Krueger leitet daraus die besondere St\u00e4rke des D. T. 1. bei der Quinte her. (0, 188, E, 23). Bei der Oktave fallen s\u00e4mtliche 5 D. T. nat\u00fcrlich mit dem Grundton zusammen.\nDie Beobaehtungsreihen, aus denen Krueger dies erschliefst, hat er in der Hauptsache nicht selbst angestellt. Er war Arer-suchsleiter, protokollierte die Aussagen einer gr\u00f6fseren Anzahl von Beobachtern, und besorgte die Tonerzeugung, das Streichen der Stimmgabeln. Zwar hat er auch selbst mit beobachtet, aber dies meistens nur im Schallzimmer, wo die Mitwirkung von Obert\u00f6nen nicht immer ausgeschlossen war, w\u00e4hrend im Beobachtungszimmer Interferenzvorrichtungen zum Ausschlufs derselben ben\u00fctzt wurden. Deswegen legt er selbst das Hauptgewicht auf die systematischen Beobachtungen der \u00fcbrigen Herren.\nDiese hatten sich, unabh\u00e4ngig voneinander und im wesentlichen \u201eunwissentlich\u201c, d. h. ohne vorheriges Angeben etwa zu suchender K. T., \u00fcber das, was sie an Beit\u00f6nen zu einem dargebotenen TonjDaare vernehmen konnten, zu \u00e4ufsern und wom\u00f6glich die absolute H\u00f6he der K. T. an bereitstehenden ArpuNNschen Tonmessern anzugeben. Doch wurden den un-","page":4},{"file":"p0005.txt","language":"de","ocr_de":"[LV. B]\tBeobachtungen \u00fcber Kombinations f\u00f6ne.\t5\nmusikalischen Beobachtern die Tonh\u00f6hen der m\u00f6glicherweise vorhandenen K. T. genau oder ann\u00e4hernd vorher bezeichnet (A, 319, 347). Ausf\u00fchrliche Probetabellen, 39 kleingedruckte Seiten umfassend, sind im Anh\u00e4nge der zweiten Abhandlung mitgeteilt (Erl\u00e4uterungen dazu: A, 346).\nHiernach differieren nun aber die Angaben der einzelnen Beobachter, die unter jedem Tonverh\u00e4ltnisse nebeneinander stehen, nicht blofs auffallend unter sich (der eine h\u00f6rt diesen, der andere jenen der f\u00fcnf D. T.), sondern sie weichen auch grofsenteils stark von der berechneten H\u00f6he der D. T. ab. In solchen F\u00e4llen nimmt Ke\u00fceger an, dafs diejenigen unter den berechneten D. T., zwischen welche der vom Beobachter angegebene Ton f\u00e4llt, im H\u00f6renden einen Zwischenton hervorgerufen haben. Unter dieser Voraussetzung sind dann allerdings aus einer derartigen, zun\u00e4chst als irrt\u00fcmlich erscheinenden, Angabe eines Beobachters sogar zwei D. T. auf einmal zu erschliefsen.\nDafs solche Zwischendifferenzt\u00f6ne (Z. D. T.) m\u00f6glich seien, erh\u00e4rtet Ke\u00fceger durch den Hinweis auf die Zwischentonbildung bei einander nahe liegenden Prim\u00e4rt\u00f6nen. Man h\u00f6rt bekanntlich bei T\u00f6nen mittlerer Lage, deren Unterschied weniger als einen halben Ton betr\u00e4gt, statt der P. T. einen zwichen ihnen liegenden Ton als Tr\u00e4ger der Schwebungen. Bei Erweiterung des Intervalls treten die P. T. neben ihm hervor, endlich, etwa vom Ganztonintervall an, werden nur diese selbst geh\u00f6rt.1 Ke\u00fceger hat\n1 Ich mnfs bei dieser Gelegenheit die mir jetzt regelm\u00e4fsig, auch von Krueger, zugeschriebene Ehre der ersten Beobachtung dieser Tatsache ablehnen. Der Zwischenton ist bereits 1875 von Terquem und Boussinesq, Journal de Physique 4 (1875) S. 1931., erw\u00e4hnt worden. Allerdings habe ich die Beobachtung ohne Kenntnis meiner Vorg\u00e4nger gemacht, glaube auch eine genauere Beschreibung und zugleich eine Erkl\u00e4rung gegeben zu haben. Die beiden genannten Forscher leiten den Zwischenton einfach aus der Form der physikalisch resultierenden Schwingung ab. Aber da sonst allgemein eine Zerlegung des Tongemisches durch das Ohr stattnnclet, so l\u00e4fst sich ein Zwischenton keineswegs erwTarten, stellt vielmehr zun\u00e4chst eine Anomalie dar, die besonderer Erkl\u00e4rung bedarf. \u00dcbrigens sind auch Bosanquet (1881) und Melde (1893) selbst\u00e4ndig auf die Erscheinung aufmerksam geworden, und Dr. v. Hornbostel teilt mir mit, dafs er sie gleichfalls ohne vorherige Kenntnis der Literatur beobachtet habe.\nNeuerdings sagt Peterson (Combination Tones, Psycholog. Review, Monograph Suppl. 9, 3, S. 98, 107), f\u00fcr ihn sei der Zwischenton nicht ein wirk-","page":5},{"file":"p0006.txt","language":"de","ocr_de":"6\nC. Stumpf.\n[LV. 6]\ndiese Beobachtungen an P. T. selbst im allgemeinen best\u00e4tigt und noch weiter verfolgt. Er hat Zwischent\u00f6ne von P. T. in mittlerer Lage noch bis nahe an die kleine Terz wahrgenommen, wenn auch zuletzt mit verschwindend geringer Intensit\u00e4t. In der eingestrichenen Oktave (um die es sich im folgenden vorzugsweise handelt) h\u00f6rte er und seine Beobachter den Zwischenton nur bis zum Ganztonintervall noch deutlich, w\u00e4hrend er bei der kleinen Terz bereits v\u00f6llig verschwunden war.1 Krueger best\u00e4tigt auch, dafs bei P. T. niemals eine Zwischenton zu h\u00f6ren ist, wenn keine Schwebungen vorhanden sind (E, 19). Der Zwischenton verschwindet zweifellos sogar fr\u00fcher als die Schwebungen, wenn wir das Intervall erweitern.\nNun interpretiert aber Krueger die von seinen Beobachtern angegebenen D. T. als Zwischent\u00f6ne von D. T. in zahlreichen F\u00e4llen, wo das Intervall der bez\u00fcglichen D. T. bedeutend gr\u00f6fser ist und wo auch nicht immer Schwebungen angegeben wurden. Ich stelle hier aus seinen Tabellen einige Beispiele (unter einer gr\u00f6fseren Anzahl nicht minder auffallender) zur Erl\u00e4uterung zusammen. Die 1. Rubrik gibt zwei D. T. an, wie sie sich aus dem jeweiligen Intervall der P. T. f\u00fcr Krueger durch die Methode der fortgesetzten Subtraktion rechnerisch ergeben. Die 2. Rubrik gibt die entsprechenden Notenbezeichnungen mit m\u00f6glichster Ann\u00e4herung. In der 3. Rubrik steht der vom Beobachter geh\u00f6rte und nach Vergleichung mit dem Tonmesser bestimmte Ton, den Krueger als Zwischenton aus den in der 1. Rubrik stehenden D. T. herleitet. In der 4. Rubrik derselbe in Notenbezeichnung. Die 5. Rubrik besagt, ob der Beobachter auch Schwebungen verzeichnet hat (+) oder nicht (\u2014). Die letzte Rubrik, ob er aufser dem Zwischen - D. T. auch einen der berechneten D. T. selbst\nlicher Ton. Er beobachte nur eine schwebende Masse, worin allerdings die Prim\u00e4rt\u00f6ne einander einigermafsen n\u00e4herger\u00fcckt seien. Jeder von ihnen mache, wenn der andere aufh\u00f6re, einen kleinen Sprung zu seiner normalen H\u00f6he zur\u00fcck. Ich mufs dem gegen\u00fcber auf meinen Beschreibungen stehen bleiben, wonach drei verschiedene F\u00e4lle je nach dem Abstande der beiden Prim\u00e4rt\u00f6ne voneinander unterschieden werden m\u00fcssen. In bezug auf die genauere Lage des Zwischentons und seine Abh\u00e4ngigkeit von dem St\u00e4rkeverh\u00e4ltnis und der absoluten St\u00e4rke der P. T. w\u00e4ren jedoch noch Beobachtungen erforderlich. Ich habe dar\u00fcber einiges Material gesammelt, bin aber nicht zum Abschlufs gekommen.\n1 A, 323 f., 347, 385. C, 272. E, 17 f.","page":6},{"file":"p0007.txt","language":"de","ocr_de":"[LV. 7]\nBeobachtungen \u00fcber Kombinations t\u00f6ne.\n7\nals geh\u00f6rt angab, und welchen Ton des Tonmessers er damit identifizierte.1\nf Nr. 1 1\tBerechnete D. T.\tNotenbe- zeichnung\tBeobachtete Zwischen-D. T.\tNoten- bezeichnung\tSchwe- bungen\tBeobachtete D.T.\n1\t116,164\tB, fes\t134\tcis\t\u00b1\t>\n2\t116,192\tB, g\t128\tc\t+\t-,194\n3\t128,192\tG 9\t140\td\t\u2014\t\u2014,188\n4\t154,204\tes, gis\t172\tf\t+\t156,\u2014\n5\t220,292\tais, dis1\tcc. 256\tc1\t\u2014\t-,292 bis 308\n6\t228,284\tb, dl\tcc. 256\tcl\t\t-, cc. 300\n/ i\t228,284\tb, dl\t240\th\t+\t\u2014,284\n8\t232,280\tb, d1\t268\tcis1\t+\t\n9\t284,360\td\\ fis1\t340\tG\t+\t\u2019 y\u201c\n10\t1\t320,416\te1, al\t374\tges1\t+\t312,\u2014\n11\t1\t384,448\tb1\tcc. 400\tqis1 i\t0 1\t+\t\nGegen\u00fcber F\u00e4llen, wie sie hier stehen, mufs man sagen : sie geben ein unl\u00f6sbares R\u00e4tsel auf.\nZun\u00e4chst st\u00fcrzen sie alle bisherigen Erfahrungen um: denn bisher ist, abgesehen von einer gelegentlichen Bemerkung Max Meyees (s. u. II, 6), niemals etwas von einer Abweichung der\n1 Die Beispiele sind der Zusammenstellung der Versuchsergebnisse\nf\u00fcr den Grundton n1 = 512 bei Krueger B, 624f. entnommen; und zwar\nfindet sich :\t_ ^\nKr. IS. 633 unter nl \u2014 628 als D Zi-f 4\n(d. h. als Zwischen-D.T. der D1 und DJ bei zwei Beobachtern, auf die sich\ndas + unter der Rubrik \u201eSchwebungen\u201c hier bezieht,\nKr. 2 S. 663 unter nl = 692 als DZ3+1,\nNr.\nNr.\nNr.\nNr.\nNr.\nNr.\nNr.\nNr.\n3\tS. 650\n4\tS. 637\n5\tS. 643\n6\tS. 644\n7\tS. 647\n8\tS. 646\n9\tS. 658 10 S. 657\nNr. 11 S. 628\n= 832 = 668 = 732 = 740 = 796 = 792 = 948 = 928 = 576\nZJDs-{-2,\nZRi+3,\nZ Dl-\\-2, ZDl+2, Z Di-\\-1, ZDl-\\-2, ZDs-\\-i,\nZX>2+5,\nZB?>-'r2.\nDie Schwingungszahlen f\u00fcr die berechneten D. T., zwischen denen der Z. D.T. liegt, sind an denselben Orten jedesmal von Krueger angegeben.","page":7},{"file":"p0008.txt","language":"de","ocr_de":"8\nG. Stumpf.\n[LV. 8]\nD. T. von ihrer berechneten H\u00f6he erw\u00e4hnt worden, w\u00e4hrend hier auf Schritt nncl Tritt die auffallendsten Abweichungen statuiert werden. Gewifs m\u00fcssen Zwischen-D. T. als eine apriori nicht unm\u00f6gliche Hypothese gelten, solange wir \u00fcber die Entstehung der D. T. selbst noch auf Hypothesen angewiesen sind. Aber keineswegs kann man schon aus dem Vorkommen von Zwischent\u00f6nen bei schwebenden Prim\u00e4rt\u00f6nen schliefsen, dafs \u00c4hnliches auch bei D. T. eintreten m\u00fcsse oder auch nur k\u00f6nne.\nHalten wir aber doch einen Wahrsclieinlichkeitsschlufs f\u00fcr zul\u00e4ssig, dann wird man auch analoge Pegeln f\u00fcr diese Z. D. T. erwarten, wie sie bei den Zwischent\u00f6nen der Prim\u00e4rt\u00f6ne durch die Erfahrung festgestellt sind. Bei diesen ist es aber ganz ausgeschlossen, auch nach Krueger, dafs bei so grofsen Intervallen noch Zwischent\u00f6ne entst\u00fcnden. Dafs B und g den Zwischenton c, c und g den Zwischenton d, es und gis den Z. T.\ne1 und of den Z. T. ges1 g\u00e4ben usf. \u2014 das ist bei Prim\u00e4rt\u00f6nen erfahrungsgem\u00e4fs ganz und gar unm\u00f6glich. Es ist ja auch nach Kruegers eigenen oben erw\u00e4hnten Angaben unm\u00f6glich. Ich verstehe nicht, dafs er diese gewaltigen Grenz\u00fcberschreitungen bei Zwischent\u00f6nen der D. T. nicht wenigstens als etwas Befremdliches, als eine Schwierigkeit in seiner Deutung der Befunde hervorgehoben hat.\nNoch seltsamer ist, dafs der Zwischenton so grofser D. T.-Intervalle vielfach nicht neben den D. T., sondern statt ihrer geh\u00f6rt werden soll, wie in allen den F\u00e4llen, wo keiner oder nur einer der beiden D. T. als geh\u00f6rt angegeben wird. Hierbei handelt es sich sogar h\u00e4ufig um D1 und D2, welche beiden D. T. von fr\u00fcheren Beobachtern bei Intervallen zwischen gr. Terz und kl. Sexte, wie sie hier vorliegen, fast immer richtig geh\u00f6rt wurden und eigentlich \u00fcberhaupt von keinem ge\u00fcbten Beobachter \u00fcberh\u00f6rt werden sollten. Vgl. Nr. 5, 6, 7, 8. Wie ist es nur m\u00f6glich, dafs bei dem Verh\u00e4ltnis 512 : 732 = fast genau 7:10, einem der g\u00fcnstigsten Intervalle f\u00fcr die Wahrnehmung der beiden ersten D. T., der Beobachter B bei wiederholter Beobachtung (B41, P56) den JD1 \u00fcberhaupt nicht h\u00f6rt, den D.2 aber erst das zweitemal, und ihn auch da nur in sehr weiten Grenzen bestimmen kann (\u201e292\u2014308\u201c)? Und dies, obgleich den Beobachtern von Krueger im allgemeinen beliebige Zeit gelassen und das Intervall immer wieder angegeben wurde, obschon ferner allem Anschein nach der in Frage stehende D. T. vorher bezeichnet","page":8},{"file":"p0009.txt","language":"de","ocr_de":"[LV. 9]\nBeobachtungen \u00fcber Kombinationst\u00f6ne.\n9\nworden war (\u201e292 nicht zu behaupten\u201c) ? Solche Fragen dr\u00e4ngen sich beim Studium der Tabellen immer wieder auf.\nAuch die Tatsache, die bei den Zwischent\u00f6nen yon P. T. unverbr\u00fcchlich zu beobachten ist, dafs sie nur in Verbindung mit kr\u00e4ftigen Schwebungen und als ihre Tr\u00e4ger auftreten, w\u00fcrde hier Ausnahmen erleiden. In den mit + bezeichneten F\u00e4llen sind zwar Schwebungen erw\u00e4hnt, aber selbst da meist nur als \u201eleise, schnell, undeutlich\u201c angegeben, auch wird der Zwischen-D. T. im allgemeinen nicht als ihr Tr\u00e4ger aufgefafst, bei Nr. 11 sogar ausdr\u00fccklich als glatt bezeichnet. In anderen F\u00e4llen aber, wie in Nr. 3, 5, 6 und bei dem einen Beobachter in Nr. 1 sind Schwebungen nicht erw\u00e4hnt, obschon die Beobachter darauf zu achten angewiesen waren.\nWir wollen indessen annehmen, dafs andere Gesetze f\u00fcr diese Zwischent\u00f6ne gelten als bei den Zwischent\u00f6nen der P. T. selbst: dann sollten doch wenigstens irgendwelche Gesetze gelten. Nun aber wird der Z. D. T. genau gleicher oder fast genau gleicher D. T. einmal statt ihrer, ein anderesmal neben ihnen oder neben einem von ihnen geh\u00f6rt (Nr. 6, 7, 8). Er liegt ferner einmal dicht am tieferen D. T., ein anderesmal dicht am h\u00f6heren, ein drittesmal ann\u00e4hernd in der Mitte. Er liegt sogar bei dem n\u00e4mlichen Paar von D. T. verschieden, und zwar auch, ohne dafs man etwa eine St\u00e4rkeverschiedenheit der D. T. zur Erkl\u00e4rung heranziehen k\u00f6nnte (Nr. 6, 7, auch 8, wo die D. T. fast genau dieselben sind). Es ist schlechterdings keine Regel zu erkennen. Mag man auch Unterschiede der Individualit\u00e4t, der augenblicklichen Disposition, der objektiven oder subjektiven Tonst\u00e4rkeverh\u00e4ltnisse billig ber\u00fccksichtigen, so bleibt doch eine bei guten Beobachtern unbegreifliche, geradezu unbeschr\u00e4nkte Variationsbreite der Angaben.1\n1 Die einzige Regelm\u00e4fsigkeit, die etwa gefunden werden k\u00f6nnte, dafs n\u00e4mlich die einen Zwischenton bildenden Intervalle mit der H\u00f6henlage der D. T. kleiner werden, ist, n\u00e4her betrachtet, nur die selbstverst\u00e4ndliche arithmetische Folge davon, dafs die tieferen D. T. weitere Intervalle bilden m\u00fcssen als die h\u00f6heren (weil sie sukzessive den Yerh\u00e4ltniszahlen 1, 2, 3 entsprechen), dafs also ein vom Beobachter angegebener Ton, der nicht mit einem berechneten D. T. zusammenf\u00e4llt, notwendig bei den tieferen D. T. in gr\u00f6fsere Intervalle f\u00e4llt. In einigen F\u00e4llen, die ich nicht in obige Tabelle aufgenommen habe, kommen infolgedessen sogar Sexten und Septimen als zwischentonbildende Intervalle vor. Statt Dis und II wird A geh\u00f6rt (ZD 106 auf S. 641), neben E und des II (ZD 120 auf S. 647) u. dgl.","page":9},{"file":"p0010.txt","language":"de","ocr_de":"10\nC. Stumpf.\n[LV. 10]\nNehmen wir nun noch hinzu, dafs ungeachtet des aufser-ordentlichen Spielraums, der den Z. D. T. von Keuegee zugestanden wird, doch noch eine Anzahl von T\u00f6nen durch seine Beobachter angegeben ist, die er nicht auf diese Weise zu erkl\u00e4ren wagt, nicht einmal unter Mithilfe von Oktayent\u00e4uschungen oder \u201eharmonischen Angleichungen\u201c 1 : so scheint mir kaum ein anderer Schlufs m\u00f6glich, als der, dafs die akustischen F\u00e4higkeiten der meisten seiner Beobachter f\u00fcr so feine Beobachtungen nicht ausreichten.\nEs rnufs denn auch auffallen, dafs Keuegee bei ihrer Charakteristik von keinem angibt, dafs er eine spezielle \u00dcbung im Heraush\u00f6ren schw\u00e4chster Teilt\u00f6ne besessen habe. Dies ist doch hier der springende Punkt. Man m\u00f6chte annehmen, die ausdr\u00fcckliche Erw\u00e4hnung einer solchen besonderen F\u00e4higkeit sei als allzuselbstverst\u00e4ndlich unterlassen worden. Aber die Tabellen zeigen, dafs sogar die Unterscheidung gleichzeitiger Prim\u00e4rt\u00f6ne bei einigen sehr unentwickelt war. Personen, die beim Intervall eines Halbtons, ja eines Ganz tons in der besten, mittleren Tonregion zwei gleichstarke Prim\u00e4rt\u00f6ne nicht oder nicht gut unterscheidbar finden, sind f\u00fcr systematische Versuche \u00fcber Kombinationst\u00f6ne schlechterdings unbrauchbar.2\n1\tSo z. B. S. 643 unter (= Beobachter B in seiner 41. Versuchsst\u00e4nde) der \u201eam deutlichsten geh\u00f6rte\u201c Ton 308, S. 640 die T\u00f6ne 204, 200, 208, 212, deren jeder von einem anderen Beobachter bei dem gleichen Intervall angegeben wurde, S. 646 unter B61 der Ton 304, S. 650 unter J357 und BGi der von einunddemselben Beobachter zweimal als sehr deutlich be-zeichnete Ton 340, S, 640\u2014641 der Ton 212, von dem das N\u00e4mliche gilt. Alle diese T\u00f6ne mit Ausnahme des letzten liegen erheblich \u00fcber dem h\u00f6chsten D. T., k\u00f6nnen also schon darum nicht Zwischen-D. T. sein. Wenn etwa die bez\u00fcglichen Intervalle nicht ganz rein abgestimmt waren, so liefse sich annehmen, dafs man den h\u00f6chsten D. T. selbst h\u00f6rte. Aber wenn wir einmal diese Voraussetzung einf\u00fchren wollten, dafs die dargebotenen Intervalle merklich von den angegebenen Schwingungszahlen abwichen, dann w\u00fcrden ja s\u00e4mtliche Angaben wankend.\nAuch bei den S. T., die sonst, wo sie in den Protokollen angegeben werden, meist gute \u00dcbereinstimmung mit der Berechnung zeigen, finden sich Abweichungen, bei denen die Erkl\u00e4rung versagt, wie S. 657 (M\u00f666), 658 (M\u00f665). Vgl. unten II, 10.\n2\tVgl. die Tabellen S. 625f. Beispielsweise findet der Beobachter B., den Keuegee als einen besonders vorsichtigen, ausgezeichneten Mitarbeiter r\u00fchmt (E, 19), und der selbst eine Abhandlung \u00fcber Tonverschmelzung verfafst hat, in seiner 38. Versuchsstunde bei 512 :544 (= c- : des'2) erst eine","page":10},{"file":"p0011.txt","language":"de","ocr_de":"[LV. 11]\nBeobachtungen \u00fcber Kombinationst\u00f6ne.\n11\nG\u00fcnstiger steht es um den Beobachter M\u00f6bius, der namentlich f\u00fcr Summationst\u00f6ne eine spezielle Bef\u00e4higung besitzen mufs (auch Y. scheint gut, konnte aber nur kurze Zeit mitwirken). Wenn Kktjegee entweder f\u00fcr sich allein oder in Verbindung mit einem solchen Beobachter einzelne besonders ausschlaggebende F\u00e4lle unter entsprechenden Variationen der Umst\u00e4nde so lange analysieren m\u00f6chte, bis alles daran gekl\u00e4rt w\u00e4re, so w\u00fcrde ich solchen Beobachtungen einer gr\u00f6fseren \u00dcberzeugungskraft zuschreiben, als der Menge unbestimmter und divergierender Angaben, aus denen er f\u00fcr jedes der 103 untersuchten Intervalle innerhalb der Oktave c2\u2014c8 mit Hilfe der Zwischentonhypothese die 5 D. T. herausliest.\nSelbst jenen besten Beobachter M\u00f6bius hat das Verfahren, ohne experimentelle Analyse des einzelnen Falles von Intervall zu Intervall fortzuschreiten, zu unverst\u00e4ndlichen Angaben gef\u00fchrt. Nr. 1 (zweite Beob.) 2, 3, 7. 9, 10 unserer obigen Tabelle stammen alle von ihm. Und was soll man zu einer Analyse sagen, wie sie etwa bei 512 :928 (kl. Septime) von ihm zu\n\u201eSpur von Zweiheit, nur als Totaleindruck aus der Erinnerung an deutliche Zweikl\u00e4nge\u201c. Bei 512:552 hat der gleichfalls besonders ger\u00fchmte Beobachter A. \u201evon den Prim\u00e4rt\u00f6nen nur eine Ahnung\u201c. Bei 512 :556 gibt der Beobachter St. zu Protokoll: \u201eDie Prim\u00e4rt\u00f6ne scheinen nur als einer geh\u00f6rt zu werden\u201c. Bei 512:560 findet A. die Prim\u00e4rt\u00f6ne nicht unterscheidbar, nicht einmal \u201enacheinander\u201c (d. h. er kann sie durch die Aufmerksamkeit auch nicht sukzessive w\u00e4hrend der Dauer des objektiven Zweiklanges herausheben). Bei 512: 564 findet Me die Prim\u00e4rt\u00f6ne noch immer \u201enicht gut unterscheidbar\u201c. Bei 512:576 (=e2 : d2) gibt A. an: \u201ePrim\u00e4rt\u00f6ne nacheinander, nicht zugleich h\u00f6rbar. Allgemeiner Charakter der Zweiheit : gest\u00f6rte, unanalysierbare Einheit\u201c (man bedenke : bei einem Ganztonintervall in der zweigestrichenen Oktave!). F\u00fcr Me werden erst bei c2 : dis2 (512:600) die Prim\u00e4rt\u00f6ne nebeneinander \u201eziemlich deutlich\u201c. Aber als das Intervall noch um 12 Schwingungen erweitert w7ird, 512 : 612, also bei vollen 100 Schwingungen Differenz und bei einer kleinen Terz, findet er wieder \u201edie P. T. schwerer nebeneinander h\u00f6rbar\u201c.\nNach den Untersuchungen von K. L. Schaefer und A. Guttmann \u201e\u00dcber Unterschiedsempfindlichkeit f\u00fcr gleichzeitige T\u00f6ne\u201c (Zeitsckr. f. Psychol. 32, S. 87 f.) bildet bei der Tonh\u00f6he 400 eine Differenz von 10\u201414 Schwingungen die Grenze, von wo an f\u00fcr empfindliche und ge\u00fcbte Ohren eine \u201edeutliche Zweiheit\u201c eintritt; d. h. die Zweiheit dr\u00e4ngt sich von selbst dem Bewuilstsein auf und die T\u00f6ne \u201efliefsen getrennt nebeneinander hin\" (S. 92). Bei der Tonh\u00f6he 600 sind 11\u201415 Schwingungen die Grenze. Die Versuchseinrichtung wTar dabei die n\u00e4mliche wie bei Krueger. Die Verfasser f\u00fchren einleitungsweise auch einige Ergebnisse aus Kruegers Versuchen an, aber die starke Diskrepanz von den ihrigen ist von ihnen nicht bemerkt oder wenigstens nicht hervorgehoben worden.","page":11},{"file":"p0012.txt","language":"de","ocr_de":"12\nC. Stumpf.\n[LV. 12]\nProtokoll gegeben ist? Die Berechnung ergibt hier die 5 D. T. : 416, 96,320, 224, 128 und den S. T. 1440. M\u00f6bius findet: \u201eAm deutlichsten 105, nicht tiefer. Weniger stark 312, in einiger Entfernung 1734, zuletzt beim Ausklingen 364, am leisesten.\u201c Dies hat alles mit den berechneten K. T. keine \u00c4hnlichkeit, und es ist gewifs k\u00fchn, die Existenz jener 5 D. T. daraus zu erschliefsen. In einem anderen Fall, 512:784 (erh\u00f6hte Quinte), wo die D. T. 272, 240, 32, 208, 176 und der S. T. 1296 zu berechnen sind, gibt er an : \u201eAm st\u00e4rksten 120, zuerst bemerkt. Dann allgemeiner Wirrwarr. Dann leise cca 142, von 120 nicht scharf geschieden. Schliefslich ein klarer Ton zwischen 120 und 130. Daneben 1296.\u201c Der S. T. ist hier genau angegeben (solche F\u00e4lle -werden von Krueger mit einem ! ausgezeichnet); von den D. T. kann man 120 auf den um eine Oktave zu tief gesch\u00e4tzten D1 beziehen, alles \u00fcbrige aber hat wieder keinen ersichtlichen Zusammenhang mit der Berechnung.\nWenn die Abweichungen von den berechenbaren D. T. sich wenigstens bei verschiedenen Beobachtern ann\u00e4hernd gleich f\u00e4nden, so werde ich die Zwischentonhypothese, durch die sie ausgeglichen werden sollen, immerhin f\u00fcr beachtenswert halten. Aber auch dies ist nicht der Fall. Man nehme beispielsweise 512: 792 (ich habe diesmal tats\u00e4chlich das n\u00e4chste beste auf-geschlagen). Da sind die 5 bezeichneten D. T. : 280, 232, 48, 148, 136. Der Beobachter Me gibt an: \u201eAm st\u00e4rksten 268, gut bestimmbar. Leiser 180. Ganz tiefes leises Brummen.\u201c Der n\u00e4chste, St.: \u201e246\u2014252 und 195 ungef\u00e4hr gleich stark.\u201c Der dritte: \u201e2 D. T. Der h\u00f6here st\u00e4rker, vielleicht auch deutlicher\u201c. Der vierte: \u201e2 D. T., nahezu eine Terz bildend, ungef\u00e4hr 256 und 304. Eben sp\u00fcrbar ein ganz tiefer Ton.\u201c Dies sind die Angaben \u00fcber das vorgelegte Intervall. Wie kann man daraus die 5 D. T., wde kann man \u00fcberhaupt irgend etw7as ableiten ?\nNat\u00fcrlich schliefse ich aus dieser Diskussion noch nicht, dafs Keuegees Lehre von den 5 D. T. falsch, aber wohl, dafs sie un\u00bb bewiesen und einer Nachpr\u00fcfung dringend bed\u00fcrftig ist.\n2. Grunds\u00e4tze f\u00fcr die Untersuchung.\nEs scheint mir nicht unwichtig, sich zuerst zu vergegenw\u00e4rtigen, dafs es sich hier nicht um eine eigentlich psychologische, sondern um eine rein ph\u00e4nomenologische Frage handelt.1 Den Gegenstand psychologischer Untersuchungen im engeren Sinne bilden Erlebnisse des Denkens und F\u00fchlens als solche; den ph\u00e4nomenologischer dagegen bildet das prim\u00e4re\n1 Den Ausdruck Ph\u00e4nomenologie verwende ich in dem Sinne, wie er in der Abhandlung \u201eZur Einteilung der Wissenschaften\u201c (Berliner Akad. d. Wiss. 1907, S. 26 f.) erl\u00e4utert ist, nicht also f\u00fcr die Beschreibung psychischer Akte, wof\u00fcr man vollkommen eindeutig beschreibende Psychologie sagen kann, sondern f\u00fcr die von sinnlichen Erscheinungen.","page":12},{"file":"p0013.txt","language":"de","ocr_de":"[LY. IB]\nBeobachtungen \u00fcber Kombinationst\u00f6ne.\n1 Q\nio\nMaterial solcher Erlebnisse, die sinnlichen Erscheinungen als solche. Das Material wie die Beobachtungsweise sind hier genau dieselben wie in der Naturwissenschaft. Diese geht nur in ihren Interessen und Schlufsfolgerungen dar\u00fcber hinaus, indem sie die beobachteten Erscheinungen als Unterlage f\u00fcr die Beschreibung und die Erkenntnis des gesetzlichen Verhaltens physischer Objekte benutzt, w\u00e4hrend die Ph\u00e4nomenologie sich f\u00fcr die Zergliederung und die inneren Beziehungen der Erscheinungen in sich selbst interessiert. Bei psychologischen Versuchen andererseits werden zwar Sinneseindr\u00fccke gleichfalls als Ausgangspunkte benutzt, aber nur, um Erinnerungsvorg\u00e4nge, Erfahrungseinfl\u00fcsse, Gedanken, Urteile und Urteilst\u00e4uschungen, Gem\u00fctsbewegungen, Bewufstseinslagen, Aufmerksamkeitsschwankungen, Willenshandlungen u. dgi. dadurch auszul\u00f6sen und daran zu studieren.\nIn unserem Falle soll nur festgestellt werden, was an wahrnehmbarem Tonmaterial f\u00fcr ein normales Ohr auftritt, also eben die T\u00f6ne nach ihrer Fl\u00f6he und St\u00e4rke, nicht aber die Wahrnehmungsfunktionen, nicht das Beurteilen der H\u00f6he, nicht die Urteilst\u00e4uschungen, nicht der anf\u00e4ngliche \u201eallgemeine Wirrwarr\u201c und seine allm\u00e4hliche Kl\u00e4rung, nicht die Dauer und die s\u00e4mtlichen Modalit\u00e4ten dieses Erkenntnisprozesses, so wenig wie der \u00c4rger und die Freude, die sich daran kn\u00fcpfen. \u00dcber dies alles m\u00f6gen wir nebenbei mancherlei notieren, aber zum Gegenstand der Fragestellung geh\u00f6rt es nicht. Hier\u00fcber d\u00fcrfte denn auch zwischen Krueger, und mir noch volle \u00dcberstimmung obwalten. Auf einige Urteilst\u00e4uschungen und T\u00e4uschungsquellen werden wir allerdings zu sprechen kommen, aber nicht anders wie es der Physiker gelegentlich tun mufs, um subjektive Fehlerquellen bei seinen Beobachtungen auszuschliefsen. Sie bilden nicht den Gegenstand d er Untersuchung.\nDie Vorschriften f\u00fcr ph\u00e4nomenologische Untersuchungen sind in der Tat keine anderen als die f\u00fcr physikalische. Wenn der Mechaniker den Ton einer federnden Zunge beobachtet, deren Schwingungsfrequenz f\u00fcr ihn zu irgendwelchen Zwecken wichtig ist, so ist zwar eben dieser fernere Zweck verschieden, der n\u00e4chste aber genau der n\u00e4mliche wie hier, und seine Beobachtung der Tonh\u00f6he ist eine Beobachtung derselben Art, wie wir sie hier beabsichtigen. Er mufs den Ton von dem beigemischten Ger\u00e4usch unterscheiden, mufs sich ebenso vor Oktavent\u00e4uschungen h\u00fcten usf. In den meisten F\u00e4llen allerdings sind nicht Geh\u00f6rs-","page":13},{"file":"p0014.txt","language":"de","ocr_de":"14\nC. Stumpf.\n[LV, 14]\nsondern Gesichtserscheinungen das unmittelbare Substrat naturwissenschaftlicher Beobachtungen; auch werden sie dabei nicht als blofse Erscheinungen aufgefafst, sondern als Merkmale physischer Gegenst\u00e4nde, deren Lage, Gestalt, Farbe usf. angegeben werden sollen. Aber nat\u00fcrlich sind die allgemeinen Regeln der Beobachtung von akustischen Eindr\u00fccken dieselben wie f\u00fcr optische, und macht es auch keinen Unterschied, ob die Erscheinungen um ihrer selbst willen oder ob sie als Merkmale A7on Objekten uns interessieren.\nWie es nun in aller Naturwissenschaft darauf ankommt, die Beobachtungen so anzustellen und zu beschreiben, dafs man erwarten kann, jeder andere mit gleich beschaffenen und gleich ge\u00fcbten Sinnen werde dieselbe Erscheinung unter denselben Umst\u00e4nden wieder wahrnehmen : so mufs das N\u00e4mliche auch von ph\u00e4nomenologischen Beobachtungen verlangt werden. Hier wie dort gibt es abnorme Sinnesorgane, wie das des Farbenblinden; ja auch der Begriff des normalen Sinnesorgans schliefst kleinere Unterschiede nicht aus. Aber im wesentlichen ist durchaus zu Arerlangen und zu erwarten, dafs eine Beobachtung (und zumal die Beobachtung so elementarer Ph\u00e4nomene wie es die Bestandeile der Geh\u00f6rserscheinungen sind) von ge\u00fcbten norma 1 en Individuen allgemein und jederzeit unter gleichen Umst\u00e4nden best\u00e4tigt werden k\u00f6nne. So ist es doch auch bei den Obert\u00f6nen.\nIm Hinblick darauf schien mir beim Studium der K. T. die Einhaltung folgender Regeln teils n\u00fctzlich teils notwendig:\na) Alle entscheidenden Beobachtungen, d. h. alle, die man als beweisend f\u00fcr irgend eine These erachtet, sollen Ann demjenigen pers\u00f6nlich ausgef\u00fchrt werden, der die Zusammenstellung und Bearbeitung \u00fcbernehmen will. Denn die eigene Erfahrung \u00fcber die wahrgenommenen Einfl\u00fcsse f\u00fchrt sowohl bez\u00fcglich der \u00e4ufseren Einrichtung als auch der Urteilsbildung best\u00e4ndig zu zweckm\u00e4fsigen Versuchsmodifikationen, und die Ausdeutung der schliefslichen Ergebnisse kann nur auf dieser Unterlage mit der n\u00f6tigen Sicherheit erfolgen.\nBei psychologischen Studien im eigentlichen und engeren Sinne kann es sich unstreitig in vielen F\u00e4llen empfehlen, die inneren Erlebnisse und ihre Beobachtung anderen daf\u00fcr geeigneten Personen za \u00fcbertragen; schon um die starken Unterschiede der Gedankenrichtung, Gef\u00fchlswirkung usf. zu ermitteln,","page":14},{"file":"p0015.txt","language":"de","ocr_de":"[LV. 15]\nBeobachtungen \u00fcber Kombinationst\u00f6ne.\n15\ndie hier aufzutreten pflegen. Hierbei unterscheidet man dann also den \u201eVersuchsleiter\u201c und die \u201eVersuchspersonen\u201c. Die den Versuchspersonen gestellte Aufgabe kann sich zum eigentlichen Untersuchungsthemu aufserordentlich verschieden verhalten ; zuweilen ist es vorteilhaft, ihnen gar nichts davon zu sagen und eine Frage zu stellen, die nur indirekte Beziehungen zum Thema hat, deren Beantwortung aber R\u00fcckschl\u00fcsse in der Richtung des Themas gestattet.\nHier liegt dies anders. Bei der Untersuchung sinnlicher Erscheinungen, wie der K. T., gibt es keine Versuchspersonen in diesem Sinne des Wortes, sondern nur Beobachter und allenfalls Mit beobacht er. Dessen ist sich auch Krueger bewirfst gewesen.1 Ein Fehler war es jedoch meines Erachtens, dafs er selbst nicht mindestens eben so systematisch und unter den gleichen -Umst\u00e4nden wie die \u00fcbrigen Herren (mit Interferenzr\u00f6hren usw.) beobachtet hat. Das Streichen der Gabeln konnte ein Unbeteiligter \u00fcbernehmen.\nGewifs, es gibt auch ph\u00e4nomenologische Studien, die nur an Versuchspersonen ausgef\u00fchrt werden k\u00f6nnen: Farbenblindheit kann ein Normalsichtiger, Geh\u00f6rsverstimmungen oder \u00fcbernormale Feinh\u00f6rigkeit ein Normalh\u00f6render nur an anderen studieren; gleicherweise erfordern Arbeiten \u00fcber Sinnesempfindungen der Kinder, der Naturv\u00f6lker die Trennung von Versuchsleiter und Versuchspersonen. Auch gibt es F\u00e4lle, in denen man auf das Vorhandensein von Empfindungen \u00fcberhaupt nur aus gewissen Reaktionen schliefsen kann, die besser oder nur an anderen beobachtet werden k\u00f6nnen. Aber die feinsten Bestandteile unserer akustischen Eindr\u00fccke k\u00f6nnen nicht wohl anders fest-gestellt werden wie die feinste Faserung mikroskopischer Gebilde: wer sie beschreiben will, mufs sie selbst gesehen haben, und nur nach dieser seiner Wahrnehmung, nicht nach den Angaben anderer, sollte er sie beschreiben.\nDarum fand ich es ratsam, die Beobachtungen, die im folgenden beschrieben werden sollen, in allen wesentlichen Punkten selbst durchzuf\u00fchren.\n1 Er spricht in der Regel von seinen \u201eBeobachtern\u201c, nur gelegentlich von seinen \u201eVersuchspersonen\u201c. Nat\u00fcrlich kommt es mir auf die Terminologie als solche hier \u00fcberhaupt nicht an, sondern auf den sachlichen Unterschied. Aber ich glaube eben aus den vorzugsweise gew\u00e4hlten Ausdr\u00fccken schliefsen zu d\u00fcrfen, dafs er diesen Unterschied anerkennt.","page":15},{"file":"p0016.txt","language":"de","ocr_de":"16\nC. Stumpf.\n[LY. 16]\nIch habe aber Mitbeobachtern, vor allen den Herren Dr. Abkaham und Dr. v. Hornbostel, zahlreiche Versuche \u00fcber fast alle hier vertretene Thesen vorgelegt, sie auch an gewissen Punkten um die Ausf\u00fchrung ganzer Versuchsreihen zur Kontrolle meiner eigenen gebeten. F\u00fcr die grofse damit verbundene M\u00fchewaltung sage ich ihnen hier meinen herzlichsten Dank. Ebenso meinem jetzigen Assistenten Herrn Dr. Rupp, der, gleichfalls mit einem ausgezeichneten Geh\u00f6r begabt, im Sommer 1909 einige Punkte noch in m\u00fchevoller Untersuchung mit mir durchpr\u00fcfte, und den Herren Dr. E. Fischer und Dr. W. K\u00f6hler, die bereits selbst akustische Arbeiten ausgef\u00fchrt hatten und sich in der letzten Zeit an gewissen hierhergeh\u00f6rigen Versuchen beteiligten. Die Verantwortung f\u00fcr die Aufstellungen selbst aber, insbesondere f\u00fcr die allgemeine Fassung der S\u00e4tze, in denen die Ergebnisse ausgesprochen sind, und f\u00fcr die Schl\u00fcsse, wodurch die einzelnen S\u00e4tze unter sich verbunden werden, wie auch endlich f\u00fcr viele Details mufs ich allein \u00fcbernehmen. Wo kleinere individuelle Abweichungen sich fanden, sind sie besonders angegeben ; ebenso ist aber auch die \u00dcbereinstimmung der iVissagen an wuchtigen Punkten eigens hervorgehoben. Prinzipielle Differenzen haben sich zwischen uns nirgends ergeben.\nb)\tDie Beobachter m\u00fcssen ganz speziell auf Analysen von Tongemischen durch lange \u00dcbung eingeschult sein. Sie m\u00fcssen der genauesten Vergleichung von H\u00f6henunterschieden f\u00e4hig sein. Und sie m\u00fcssen mit allen bisher bekannten objektiven und subjektiven Fehlerquellen in diesen beiden Richtungen vertraut sein.\nDiese Forderung ist f\u00fcr unseren Fall eine durchaus uner-l\u00e4fsliche. Sie bedarf, wie man v-enigstens denken sollte, keiner Begr\u00fcndung. Man wird nicht einen im Mikroskopieren Unge\u00fcbten beauftragen, die feinsten Verzweigungen von Nervenf\u00e4den zu untersuchen.\nc)\tDie Beobachter werden ihre Wahrnehmungen im wesentlichen unabh\u00e4ngig voneinander machen, d. h. ohne Mitteilung des vorangehenden an den nachfolgenden. Aber sie tun gut, nach geschehener Beobachtung (entweder sofort nach einem bemerkenswerten Einzelfalle oder nach einer Versuchsreihe) ihre Ergebnisse zu vergleichen, um die Gr\u00fcnde der Abweichungen zu ermitteln und den wirklichen Tatbestand durch erneute Beobachtungen festzustellen. Dabei kann immer noch ein Rest individueller Verschiedenheiten \u00fcbrig bleiben, der selbst mit zum","page":16},{"file":"p0017.txt","language":"de","ocr_de":"[LV. 17]\nBeobach Umgen \u00fcber Kombinationst\u00f6ne.\n17\nakustischen Tatbestand geh\u00f6rt. Aber manches blofse Versehen wird so ausgemerzt, das nur in zuf\u00e4lligen Versuchsumst\u00e4nden oder in Indisposition des Beobachters gr\u00fcndete, dessen Ursprung dagegen, wenn die sofortige Nachforschung vers\u00e4umt wurde, in Dunkel geh\u00fcllt bleibt. Ich denke, dieses Verfahren entspricht dem, das auch in der Naturforschung, etwa wieder bei mikroskopischen Beobachtungen, \u00fcblich und nat\u00fcrlich ist.\nDie blofse \u00dcbereinstimmung der Aussagen bei dem sog. unwissentlichen Verfahren, mag sie zun\u00e4chst noch so frappant sein, liefert noch keinen Beweis der Richtigkeit. Sie kann ihre Erkl\u00e4rung in einer unbemerkten gemeinschaftlichen Fehlerquelle finden.1 Selbst bei den Ge\u00fcbtesten (von Unge\u00fcbten zu schweigen) kann es Vorkommen, dafs mehrere unabh\u00e4ngig voneinander einer gemeinsamen T\u00e4uschung unterliegen. Erst die gemeinschaftliche Durchpr\u00fcfung der Ergebnisse nach allen Richtungen hin bringt die letzte Klarheit und Sicherheit. Nur so lassen sich feinere Tatsachen der Sinneswahrnehmung derart feststellen, dafs man zuversichtlich ihre Best\u00e4tigung durch jede sp\u00e4ter unter gleichen Umst\u00e4nden wiederholte Beobachtung erwarten darf.\nDafs bei der gemeinschaftlichen Durchpr\u00fcfung, wo sie notwendig wird, einer den anderen suggestiv beeinflusse, ist im allgemeinen nicht zu bef\u00fcrchten. Ge\u00fcbte Beobachter lassen sich nichts weismachen. Sie trauen ihren eigenen Ohren mehr als den fremden. Und wenn ihnen auch durch die Versicherung eines anderen das Vorhandensein eines Beitons in der Klangmasse unter Umst\u00e4nden wahrscheinlich wird, so haben sie gelernt, zwischen Glauben und Selbsth\u00f6ren, zwischen blofser Vorstellung (bzw. Urteilst\u00e4uschung) und wirklicher Sinneswahrnehmung zu unterscheiden. Wer dies nicht kann, ist Illusionen preisgegeben, auch wenn er sorgf\u00e4ltig vor jedem fremden Einflufs beh\u00fctet wird.2 Wie d\u00fcrfte man denn auch nur eine Untersuchung \u00fcber\n1\tAn verschiedenen Stellen scheinen mir Kruegers Tabellen auf solche gemeinschaftliche Fehlerquellen hinzudeuten. So kehrt S. 643 bis 646 der Ton 256 bei verschiedenen Beobachtern etwa 15 mal wieder, w\u00e4hrend das Intervall der Prim\u00e4rt\u00f6ne sich bei konstantem t = 512 von h \u2014 732 bis h = 796 erweiterte, also der bez\u00fcgliche D. T., selbst als Zwischen-D. T. aufgefafst, unm\u00f6glich seine H\u00f6he beibehalten konnte. Ebenso kehrt der Ton 192 von h = 666 bis h = 682 immerfort unver\u00e4ndert wieder. Ich m\u00f6chte hier irgendeine objektive Ursache vermuten; aber nat\u00fcrlich kann man jetzt nichts bestimmtes mehr dar\u00fcber sagen.\n2\tIn unserem Falle gibt es \u00fcbrigens ein gutes Mittel, sich best\u00e4ndig\nStumpf, Beitr\u00e4ge V.\t2","page":17},{"file":"p0018.txt","language":"de","ocr_de":"18\nG. Stumpf.\n[LY. 18]\ndie zu beobachtende Materie vorher gelesen haben, wenn man sich von seinen Vorg\u00e4ngern suggestiv beeinflussen liefse? Ich betone diesen Punkt, weil ich die uneingeschr\u00e4nkte Empfehlung des unwissentlichen Verfahrens und die Scheu vor dem wissentlichen (H, 318, 347, E, 9 usf.) bei Untersuchungen dieser Art deplaciert finde. Es liegt hier wieder ein Unterschied der ph\u00e4nomenologischen gegen\u00fcber den eigentlich psychologischen Untersuchungen, wto allerdings gegenseitige Mitteilungen der Beobachter bzw. Versuchspersonen von sch\u00e4dlichster Wirkung sein k\u00f6nnen.\nWirklich schlimm kann dagegen in unserem Falle die Autosuggestion durch theoretische Vorurteile werden. Daf\u00fcr liefert die Geschichte der Kombinationstonbeobachtungen lehrreiche Beispiele. Hugo Riemann hatte \u201eUntert\u00f6ne\u201c zu beobachten geglaubt, die er sp\u00e4ter dementieren mufste, er hat dann \u00fcberall den D. T. 1 (den durch die Verh\u00e4ltniszahl 1 gegebenen) beobachten wollen, was gleichfalls ein Irrtum war; er hat dagegen die stetige Ver\u00e4nderung der K. T. geleugnet, die eine absolut sichere Tatsache ist. Der Grund dieser Irrt\u00fcmer lag wesentlich in der Befangenheit gegen\u00fcber seinen eigenen musikalischen Theorien, f\u00fcr die er eine akustische Grundlage suchte. A. Appunn behauptete in einer von Willk\u00fcrliclikeiten strotzenden Abhandlung* 1, er h\u00f6re bei 5 : 6 deutlich s\u00e4mtliche den ganzen Zahlen von 1 bis 16 entsprechenden K. T. Bei Versuchen am Harmonium, die er besonders empfiehlt, k\u00f6nnen in der Tat alle diese T\u00f6ne durch Vermittlung der Obert\u00f6ne erzeugt werden. (Appunn stellt diese Erzeugungsweise in Abrede, aber man braucht sich nur die ersten 7 Teilt\u00f6ne hinzuschreiben, so findet man ohne weiteres die entsprechenden Differenzen.) Dagegen treten bei Stimmgabeln, die er gleichfalls angewendet hat, nur einige davon wirklich auf. Sicher hat ihm hier seine musikalische Phantasie, vielleicht in Verbindung mit etwas Zahlenmystik, einen Streich gespielt, wie ja auch seine Behauptungen \u00fcber das Erkennen der Tonh\u00f6he von\nden Unterschied gegenw\u00e4rtig zu halten : man braucht nur zwischendurch Ober t\u00f6ne zu beobachten. Da erf\u00e4hrt man, wie wirklich vorhandene Bei-t\u00f6ne klingen. Dafs sie objektiv, die K. T. aber in der Hauptsache subjektiv sind, macht nat\u00fcrlich f\u00fcr den Empfindungscharakter keinen Unterschied.\n1 \u00dcber Kombinationst\u00f6ne und Summationst\u00f6ne. Annalen d. Physik und Chemie, N. F. 42, (1891) S. 838.","page":18},{"file":"p0019.txt","language":"de","ocr_de":"[LY. 19]\nBeobachtungen \u00fcber Kombinationst\u00f6ne.\n19\nT\u00f6nen der 7- und 8-gestrichenen Oktave durch das blofse Geh\u00f6r sich als Selbstt\u00e4uschungen erwiesen haben.\nd) Kombinationst\u00f6ne, \u00fcber deren Existenz und H\u00f6he irgend ein Zweifel besteht, m\u00fcssen durch Schwebung.en mit einer nahe gleichgestimmten Hilfsgabel gepr\u00fcft werden.\nWir setzen hierbei voraus, dafs es sich nicht etwa um K. T. handelt, die der 4-gestrichenen oder noch h\u00f6heren Oktaven angeh\u00f6ren (wie z. B. die Summationst\u00f6ne von Intervallen der 3-gestrichenen Oktave). F\u00fcr so hohe T\u00f6ne ist unser Ohr aufser-ordeutlich empfindlich und vielleicht das feinste aller Reagentien, w\u00e4hrend die Schwebungsmethode da Schwierigkeiten bietet, weil hinreichend langsam und gleichm\u00e4fsig abklingende Gabeln in dieser H\u00f6he nicht zu beschaffen sind. Selbst die Iv\u00f6xiGschen Resonanzg\u00e4belchen jenseits c4 d\u00fcrften da versagen, wenigstens nicht die Sicherheit bieten, wie das direkte Heraush\u00f6ren. Deshalb hat auch die Anwendung der Schwebungsmethode zur Feststellung von Obert\u00f6nen von da ab ihre Grenze. Bei K. T. dagegen, die der mittleren Region angeh\u00f6ren, bieten die Schwebungen von Resonanzgabein ein ausgezeichnetes Plilfsmittel, weil die tieferen Gabeln sehr langsam und gleichm\u00e4fsig abklingen.\nIn der Anwendung dieses Konti\u2019 oll mittels besteht eine entscheidende Differenz meines Verfahrens von dem Kruegers, der dieses Kriterium absichtlich ausgeschlossen hat. \u201eAuf die tr\u00fcgerische Methode der schwebenden Hilfsgabeln liefs ich mich nirgend ein\u201c (O, 210). Einen Grund f\u00fcr dieses nebenher in Parenthese ausgesprochene Verwerfungsurteil gibt er nicht an. Bald darauf bemerkt er selbst : \u201eEin feines und sicheres Erkennungszeichen leiser T\u00f6ne sind die Schwebungen\u201c (C, 222). Der Grund seiner Ablehnung in unserem Falle liegt aber zweifellos in dem Umstand, dafs durch die hinzukommende Plilfsgabel der gegebene, zu untersuchende Klang tats\u00e4chlich ver\u00e4ndert wird, dafs auch neue Kombinationst\u00f6ne auftreten k\u00f6nnen, und dafs die beobachteten Schwrebungen von diesen, nicht aber von dem gesuchten Kombinationston in dem urspr\u00fcnglich gegebenen Klange selbst herr\u00fchren k\u00f6nnen.\nBeispielsweise wenn ich bei einem Intervall 400 : 700, um das Vorhandensein eines D. T. 100 zu pr\u00fcfen, die Gabel 102 hinzubringe und nun wirklich 2 Schwebungen in der Sekunde h\u00f6re, so k\u00f6nnen diese Schwebungen auch davon herr\u00fchren, dafs\n2*","page":19},{"file":"p0020.txt","language":"de","ocr_de":"20\nG. Stumpf.\n[LV. 20]\ndie Hilfsgabel 102 mit dem P. T. 400 den D. T. 298 bildet, welcher mit dem D. T. 300 gleichfalls 2 Schwebungen geben mufs.1\nW\u00e4re nun auch wirklich diese Schwierigkeit eine un\u00fcberwindliche, so w\u00fcrde daraus doch nur folgen, dafs das Auftreten von Schwebungen an sich noch kein Beweis ist f\u00fcr das Vorhandensein eines dem Gabelton naheliegenden K. T. Dagegen bleibt der Schlufs aus dem Nichtauftreten von Schwebungen auf das Nicht Vorhandensein eines naheliegenden K. T. dadurch nat\u00fcrlich unber\u00fchrt. Wir wollen nun aber auf beide F\u00e4lle etwas n\u00e4her eingehen.\nct) Den letzten Schlufs halte ich in der Tat f\u00fcr vollkommen zwingend. Denn es steht fest, dafs alle D. T., von denen bisher die Rede gewesen ist, sich in Hinsicht der Schwebungen durchaus wie objektive T\u00f6ne verhalten, dafs sie sowohl untereinander wie mit naheliegenden objektiven T\u00f6nen Schwebungen geben, die mit wachsenden H\u00f6henunterschieden an Frequenz zunehmen, durch die daher ihre eigene Fl\u00f6he aufs Genaueste bestimmt werden kann. Es steht zweitens fest, dafs schwebende Hilfsgabeln das feinste Reagens f\u00fcr alle T\u00f6ne sind, die irgendwie, wenn auch noch so schwach, im Erregungszustand der Schnecke vorhanden sind. Ob z. B. ein einzelner Ton, der in einem anderen Zimmer erzeugt wird, ins Beobachtungszimmer bei verschlossener Leitungsr\u00f6hre doch noch minimal her\u00fcberdringt, dies wird in letzter Instanz durch Schwebungen mit einer entsprechend leise angeschlagenen Hilfsgabel festgestellt. Selbst T\u00f6ne, die bereits unter der Wahrnehmungsschwelle sind, werden\n1 Die Schwierigkeit hat bereits R. K\u00f6nig als Einwand gegen seine eigenen fr\u00fcheren Beobachtungen hervorgehoben, und zwar ohne irgend einen L\u00f6sungsversuch (Quelques exp\u00e9riences d\u2019acoustique S. 130). Er meint die schwebenden Hilfsgabeln in der Tat als Beweismittel f\u00fcr Kombinationst\u00f6ne preisgeben zu m\u00fcssen.\nAuch K. L. Schaefer hat anl\u00e4fslich der Frage nach den sogenannten zwischenliegenden D. T. (bei Intervallen, die die Oktave \u00fcberschreiten) von dem \u201etr\u00fcgerischen Mittel der schwebenden Hilfsgabeln\u201c gesprochen (Archiv f. d. ges. Physiologie 78, S. 518). In der Tat ist gerade in diesem Falle, der auch Kruegers obige \u00c4ufserung zun\u00e4chst veranlafste, besondere Vorsicht erforderlich, wie noch unten (IV) zu besprechen sein wird.\nNeuestens hat dagegen Peterson in der schon erw\u00e4hnten Abhandlung S. llOf. die Methode gegen das zu weitgehende Verwerfungsurteil in Schutz genommen und zur Feststellung von Summationst\u00f6nen verwendet.","page":20},{"file":"p0021.txt","language":"de","ocr_de":"[LY. 21]\nBeobachtungen \u00fcber Kombinationst\u00f6ne.\n21\nso nachgewiesen.1 Nach derselben Methode werden leiseste Obert\u00f6ne ermittelt. Ich konnte auf diesem Weg in Kl\u00e4ngen, die als ganz oder nahezu einfache galten, noch eine ganze Anzahl yon Obert\u00f6nen nach weisen.2 F\u00fcr K. T. ist das Pr\u00fcfungsmittel insofern sogar noch besser anzuwenden, als man bei Obert\u00f6nen, wenn der Grundton selbst schon einigermafsen hoch liegt, nur schwer oder \u00fcberhaupt nicht hinreichend lang schwingende Gabeln auftreiben kann, w\u00e4hrend es sich bei K. T., die in der Hauptsache unterhalb der P. T. liegen, um tiefere Gabeln handelt, die lange Zeit schw\u00e4ngen und eine becjueme Beobachtung und eventuell Z\u00e4hlung der Schwebungen gestatten.\nSoviel also ist sicher : wenn selbst dieses feinste Reagens nicht reagiert, dann ist der gesuchte oder behauptete Ton im Ohre nicht vorhanden.\nUnd zwar wird so nicht etwa gezeigt, dafs ein mit dem Hilfsgabelton kollidierender Ton im Luftr\u00e4ume, sondern dafs er in der Schnecke des Ohres nicht vorhanden ist : denn hier, nicht draufsen in der Luft, haben jene \u201eSt\u00f6rungen des Zusammenklanges\u201c, die wir Schwebungen nennen, ihren Ursprung. Draufsen ist kein prinzipieller Unterschied in den Formen der zusammengesetzten Welle. Relative Maxima und Minima der Schwingungskurven finden sich \u00fcberall, wo zwei Sinusschwingungen in beliebigem Verh\u00e4ltnis sich verbinden, einerlei ob ihre Wellenl\u00e4ngen wenig oder viel voneinander verschieden sind. Dafs aber in einem Falle zwei T\u00f6ne glatt nebeneinander geh\u00f6rt, in einem anderen Falle St\u00f6fse empfunden werden, liegt ausschliefslich an den Vorg\u00e4ngen im inneren Ohre.3 Es mufs eben hier im\n1\tVon Krueger selbst betont (A, 370); wie er denn seine X>5 nur aus Schwebungen (mit benachbarten D. T.) mit Bestimmtheit erschliefst (A, 352).\n2\t\u00dcber Ermittlung von Obert\u00f6nen, Annalen cler Physik (TN. F.) 57, S. 6731\n3\tIch m\u00f6chte es darum f\u00fcr unzweckm\u00e4fsig halten, in der reinen Physik, abgesehen von der Empfindungslehre, \u00fcberhaupt von Schwebungen zu sprechen, wie dies eben noch F. Auerbach in seiner trefflichen Akustik (in Wiedemanns Handb. der Physik 2 II, 63, 609f.) tut. Man m\u00fcfste denn, da eine Abgrenzung der kleinen gegen die grofsen Differenzen objektiv in keiner Weise zu geben ist, s\u00e4mtliche Schwingungen mit periodisch ver\u00e4nderlicher Amplitude Schwebungen nennen, und dann f\u00fcr das subjektive Ph\u00e4nomen, das wir jetzt so zu nennen gewTohnt sind, einen besonderen Ausdruck, etwa den alten \u201eSt\u00f6fse\u201c, gebrauchen. Helmholtz verstand die.","page":21},{"file":"p0022.txt","language":"de","ocr_de":"22\nC. Stumpf.\n[LY. 22]\nallgemeinen eine Aufl\u00f6sung der zusammengesetzten Welle stattfinden, bei geringen Differenzen aber m\u00fcssen noch gemeinschaftliche Teilchen durch beide Teilwellen miterregt werden. Durch die fehlenden Schwebungen wird also erwiesen, dafs ein Ton von benachbarter Schwingungszahl im inneren Ohr nicht vorhanden sein kann, mag er auch vielleicht in der Luft minimal existieren.\nNur ein k\u00fchner Ausweg bliebe in solchem Fall offen. Der K. T., den jemand wahrzunehmen glaubt, ohne dafs er doch mit einem noch so leisen Gabeltone schwebt, k\u00f6nnte einen zentralen Ursprung haben. Er ist vielleicht \u00fcberhaupt kein K. T. im gew\u00f6hnlichen Sinne, sondern entsteht nur bei Gelegenheit der Prim\u00e4rt\u00f6ne auf irgendeine Art regelm\u00e4fsig im Gehirn. Wundt erkl\u00e4rte es allerdings f\u00fcr wahrscheinlich, dafs Schwebungen auch noch im Gehirn entstehen. Dann w\u00e4re diese Ausflucht abgeschnitten. Aber diese von vornherein mit hinf\u00e4lligen Gr\u00fcnden gest\u00fctzte Annahme ist jetzt wohl allgemein aufgegeben.* 1 Infolgedessen\n\u201eSchwebungen\u201c jedenfalls subjektiv ; wenn er sie unter den \u201eSt\u00f6rungen des Zusammenklanges\u201c behandelt, meint er damit offenbar erst im Ohre entstehende St\u00f6rungen unserer Empfindung.\n1 Vgl. aufser m. Tonpsychologie II, 458 und K. L. Schaefers direkt darauf bez\u00fcglichen Abhandlungen (Zeitschr. f. Psychol. 4, 348, 5, 397, Arch, f. d. ges. Physiologie 61, 544) auch P. Rostosky, \u00dcber binaurale Schwebungen, Wundts Philos. Studien XIX, 557 f., speziell 589 f.\nBei dieser Gelegenheit m\u00f6chte ich eine angebliche Diskrepanz zwischen einer Angabe Melatis (Philos. Studien 17, 453) und meinen Beobachtungen \u00fcber subjektive T\u00f6ne besprechen. Melati f\u00fchrt eine Beobachtung an, wonach Schwebungen eines subjektiven Tons im linken Ohre mit einem dem rechten Ohre zugef\u00fchrten (und durch Knochenleitung hin\u00fcberdringenden) Tone stattfanden. Hierin fand der Rezensent im Journal of Psychology einen Widerspruch gegen meine Angaben (Tonpsychol. II, 460; Zeitschr. f. Psychol. 21, 111 und 119). Aber diese meine Beobachtungen bezogen sich auf andere Verh\u00e4ltnisse, n\u00e4mlich 1. auf das gleichzeitige Auftreten zweier subjektiver T\u00f6ne, 2. auf das Doppelth\u00f6ren, wenn der n\u00e4mliche objektive Ton beiden Ohren zugef\u00fchrt wurde. Plier fanden sich tats\u00e4chlich keine Schwebungen. Dafs sich aber Schwebungen zwischen einem subjektiven und einem objektiven Ton erg\u00e4ben, ist ganz wohl m\u00f6glich und von mir selbst bereits P'onpsychol. II, 458 unter Anf\u00fchrung einer Beobachtung S. W. Thompsons hervorgehoben. Es wird nur wahrscheinlich darauf ankommen, ob der subjektive Ton im Ohr oder erst im Zentrum entsteht, und es k\u00f6nnte sich daraus sogar ein diagnostisches Hilfsmittel ergeben um den Sitz der Affektion zu bestimmen.\nNeuerdings hat \u00fcbrigens Urbantschitsch (Arch, f. d. ges. Physiologie 110,","page":22},{"file":"p0023.txt","language":"de","ocr_de":"[LY. 23]\nBeobachtungen \u00fcber Kombinationst\u00f6ne.\n23\nk\u00f6nnte man sich in der Tat beim Ausbleiben von Schwebungen immer noch auf die Hypothese zur\u00fcckziehen, dafs der betreffende Ton, den man zu h\u00f6ren glaubt, erst im Gehirn zustande komme, w\u00e4hrend die Schwebungen hier nicht entstehen k\u00f6nnen.\nZu einer solchen Annahme darf man aber nur greifen, wenn der fragliche Ton seiner genauen H\u00f6he nach mit grofser Regel-m\u00e4fsigkeit von verschiedenen Individuen angegeben wird, und wenn die Annahme einer blofsen Urteilst\u00e4uschung ganz ausgeschlossen erscheint. Und man mufs dann die Konsequenz in den Kauf nehmen, dafs der Ton nicht zu den Kombinationst\u00f6nen im bisherigen Sinne geh\u00f6rt, von denen niemand zweifelt, dafs sie teils schon im objektiven Luftraum, teils im Ohr entstehen.\nDiese Eventualit\u00e4t m\u00f6gen wir also im Auge behalten. Aber wir d\u00fcrfen schon sehr zufrieden sein, wenn wir erst einmal \u00fcber den Tatbestand bez\u00fcglich der K. T. im alten Sinn Einigkeit und Klarheit erzielen. Wir werden also ein Mittel nicht verschm\u00e4hen, das entscheidende und f\u00fcr jeden leicht zu [pr\u00fcfende Schl\u00fcsse wenigstens dar\u00fcber gestattet, welche K. T. dieser bekannten Art bei einer gegebenen Verbindung zweier Prim\u00e4rt\u00f6ne sicherlich nicht vorhanden sind.\n\u00df) Betrachten wir nun die Kehrseite, den Fall, wo wirklich Schwebungen durch die Hilfsgabel erzeugt werden.\nIch erkenne an, dafs man danach streben mufs, einen aus dem Auftreten von Schwebungen erschlossenen K. T. auch direkt zu h\u00f6ren.* 1 Aber ich kann nicht zugeben, dafs Schwebungen von Hilfsgabeln nicht ein ausgezeichnetes Mittel w\u00e4ren, die direkte Wahrnehmung vorzubereiten, oder sie, nachdem sie erfolgt ist,\n441) die Einwirkung objektiver T\u00f6ne aut ann\u00e4hernd gleich hohe subjektive T\u00f6ne (Nachempfindungen) untersucht und gleichfalls keine Schwebungen gefunden; ebensowenig wie nach einer fr\u00fcheren Angabe desselben Forschers (das. 24, 21) zwischen zwei akustischen Nachempfindungen Schwebungen auf treten.\nVgl. zu der Frage K. F. Schaefer, Die subjektiven T\u00f6ne u. Ger\u00e4usche. Abdr. aus den Verhandl. d. Deutschen Otolog. Gesellsch. 1909, S. 24 f.\n1 Tr\u00fcgerisch erscheint mir darum gerade Kruegers eigener Schlufs auf den Db aus dem Auftreten von Schwebungen, die er als Schwebungen zweier Differenzt\u00f6ne deutet. Mindestens m\u00fcfste der Nachweis hinzukommen, dafs die beobachteten Schwankungen unter gleichen Umst\u00e4nden regelm\u00e4fsig und immer mit gleicher Frequenz eintreten, und dafs sie schlechterdings auf keinem anderen Weg entstehen k\u00f6nnen.","page":23},{"file":"p0024.txt","language":"de","ocr_de":"24\nC. Stumpf.\n[LV. 24]\nzu best\u00e4tigen. Und ich kann ferner nicht zugeben, dafs wir kein Mittel h\u00e4tten, zu entscheiden, ob beobachtete Schwebungen durch die Kollision des Hilfsgabeltones mit einem im Ohre vorhandenen benachbarten Ton1, oder ob sie auf dem indirekten oben beschriebenen Weg erzeugt sind.\nVor allem gibt die St\u00e4rke des Gabeltons, bei welcher deutliche Schwebungen auf treten, ein Kriterium. Wenn die Schwebungen von der Kollision des Gabeltons mit einem schon vorhandenen K. T. herr\u00fchren, k\u00f6nnen sie nur auftreten bei leisem Anschlag der Gabel; und je leiser der K. T. selbst, um so leiser muls die Gabel t\u00f6nen, um deutliche Schwebungen zu geben. Wenn dagegen die Schwebungen von der Kollision zweier K. T. herr\u00fchren, deren einer erst durch die Beteiligung der Hilfsgabel in den Gesamtklang hineingekommen ist, dann mufs die Hilfsgabel st\u00e4rker t\u00f6nen. Denn nur dann bildet sie mit einem der P. T. (oder mit beiden) einen D. T., der mit einem schon vorhandenen D. T. schweben kann.\nDieses Kriterium ruht auf der Tatsache, von der man sich leicht jederzeit \u00fcberzeugen kann, dafs Schwebungen ebenso wie K. T. nur dann in h\u00f6rbarer Weise zustande kommen, wenn die beteiligten T\u00f6ne nicht allzu ungleiche St\u00e4rke haben, dagegen ganz verschwinden, wenn der St\u00e4rkeunterschied einen gewissen Betrag \u00fcberschreitet.2 Es ist unm\u00f6glich, dafs eine Hilfsgabel von so verschwindender Tonst\u00e4rke, wie sie zum Nachweise schw\u00e4chster K. T. erforderlich ist, mit einem starken Prim\u00e4rtone noch selbst einen wahrnehmbaren K. T. g\u00e4be.\nMan hat also an der Intensit\u00e4t des Hilfsgabeltones ein Unterscheidungsmerkmal f\u00fcr den Ursprung der beobachteten Schwebungen. Ich habe dieses Kriterium stets zuverl\u00e4ssig gefunden.\nHierzu kommt aber noch ein zweites. Es ist bei langsamen Schwebungen f\u00fcr den Ge\u00fcbten meistens m\u00f6glich, mit Bestimmtheit zu sagen, auf welchem Ton er sie h\u00f6rt, ob auf dem Gabelton selbst oder auf einem weit davon abliegenden, also z. B. im obigen Fall auf 100 oder auf 300. Hier\u00fcber glaube ich von seiten Kruegees keinen Widerspruch erwarten zu d\u00fcrfen, da er es selbst\n1\tDie Annahme, eine Tonquelle k\u00f6nne auch mit ihrer Oktave oder h\u00f6heren Multiplia direkte Schwebungen geben, ist, wie ich fr\u00fcher gezeigt habe (Ann. d. Physik, jST. F., 57, S. 667 f.), irrt\u00fcmlich.\n2\tVgl. K. L. Schaefer, Zeitsehr. f. Psych. 1, 91; M. Meyer das. 11, 180.","page":24},{"file":"p0025.txt","language":"de","ocr_de":"[LY. 25J\nBeobachtungen \u00fcber Kombinationst\u00f6ne.\n25\nmehrfach hervorgehoben hat.1 Dagegen hat mich der Verlauf der Untersuchung selbst gewisse F\u00e4lle kennen gelehrt, in denen man doch sehr auf seiner Hut sein mufs, und wo das erste Kriterium sich noch feiner erwiesen hat.\nEine unschwer erkennbare T\u00e4uschungsquelle will ich jetzt schon erw\u00e4hnen: die Obert\u00f6ne der schwebenden Gabel (Oktave und, freilich sehr schwach, Duodezime). Wenn man z. B. den Zusammenklang 500 : 800 daraufhin pr\u00fcfen will, ob der Ton 100 dabei als D. T. auftritt, und nun mit der wenig verstimmten Hilfsgabel 100 wirklich Schwebungen erh\u00e4lt, so mufs man sorgf\u00e4ltig darauf achten, ob sie nicht auf dem ersten Oberton der Gabel stattfinden. Denn in dieser Tiefe (100, 200) kann bei der starken Verschmelzung der Oktavent\u00f6ne auch f\u00fcr den Ge\u00fcbten zun\u00e4chst der Eindruck entstehen, als h\u00f6rte er den tiefen Gabelton selbst schweben, vielleicht w\u00e4hrend nur seine gleichzeitige Oktave schwebt.\nDie Schwebungsmethode ist also nur in dem Sinne tr\u00fcgerisch, wie es jede besonders feine und empfindliche Methode ist : sie erfordert eben auch besondere \u00dcbung und Vorsicht in der Anwendung. Hat man sich diese erworben und ben\u00fctzt man die beiden eben genannten differentialdiagnostischen Hilfsmittel in bezug auf Ursprung und Sitz der Schwebungen (in besonderen F\u00e4llen auch noch andere, wie die Messung der Schwebungsfrequenz, s. II, 8), so hat man daran ein sehr wertvolles Mittel auch f\u00fcr die positive Feststellung von K. T. ; wenngleich es die direkte Beobachtung nicht ersetzen soll, sondern sich damit verbinden mufs.\nOb aber \u00fcberhaupt Schwebungen in einem Falle vorliegen\n1 G 227, 233, 241: \u201eSichere, immer wiederkehrende Lokalisation der Schwebungen.\u201c \u201e . . . dafs es m\u00f6glich ist, gewisse Teilt\u00f6ne eines Klanges als schwebend und andere gleichzeitige mit Sicherheit als glatt zu beurteilen.\u201c \u201eMit zunehmender \u00dcbung gelingt es immer sicherer, die an den Schwebungen unbeteiligten glatten Teile eines Tonkomplexes von den schwebenden zu unterscheiden\u201c. Vgl. auch E 9. Ferner Bosanquet, Philosophical Magazine 11, S. 428. M. Meyer, Zeitschr. f. Psychol. 16, S. 8.\nAndererseits hebt Krueger aber auch mit Recht hervor (B, 613), dafs die richtige Lokalisation der Schwebungen \u00dcbung erfordert, dafs sie nicht jedem gelingt, dafs man besonders geneigt ist, sie demjenigen D. T., den man f\u00fcr den st\u00e4rksten h\u00e4lt, zuzuschreiben, und dafs Oktavenverwechslungen verkommen, wenn von zwei im Oktavenverh\u00e4ltnis stehenden D. T. einer schwebt.","page":25},{"file":"p0026.txt","language":"de","ocr_de":"26\nG. Stumpf.\n[LV. 26j\noder nicht, dar\u00fcber kann man bei diesen Untersuchungen kaum jemals l\u00e4nger zweifelhaft sein. Denn wenn sie auch nat\u00fcrlich in Hinsicht der St\u00e4rke eine Grenze der Merklichkeit besitzen, so liegt diese doch viel niedriger als die f\u00fcr die T\u00f6ne selbst, da ja sogar isolierte T\u00f6ne (um so mehr also Beit\u00f6ne) schon vor Schw\u00e4che unmerklich sein k\u00f6nnen, wenn ihre Schwebungen mit anderen noch merklich sind. Besonders mufs man danach streben, langsame Schwebungen zu bekommen, etwa zwischen 2 und 8 in der Sekunde. Das regelm\u00e4fsige Pulsieren solcher langsamer Schwebungen ist ein so \u00fcberaus charakteristisches Ph\u00e4nomen, dafs es nicht leicht verwechselt oder \u00fcberh\u00f6rt werden kann.\nGewisse T\u00e4uschungen sind freilich auch da nicht ohne weiteres ausgeschlossen. Man glaubt gelegentlich Schwebungen zu h\u00f6ren, w\u00e4hrend ein leichtes Zittern der Pfand, die die Gabel h\u00e4lt, den Ton unruhig macht. Mehr als einmal ist es mir und anderen auch begegnet, dafs wir langsame Schwebungen zu h\u00f6ren glaubten, w\u00e4hrend es minimale Intensit\u00e4tsschwankungen waren, die vom Puls herr\u00fchrten. Gegen dergleichen T\u00e4uschungsquellen mufs man eben auf der Plut sein, kann sie aber im einzelnen Falle durch leichte Versuchs\u00e4nderungen erkennen und beseitigen. Man braucht ja nur die Hilfsgabel oder einen der Prim\u00e4rt\u00f6ne um ein Geringes in ihrer H\u00f6he zu \u00e4ndern und dann zu beobachten, ob eine \u00c4nderung der Schwebungsfrequenz, und zwar bei fortgesetzter Verstimmung eine \u00c4nderung in gleicher Richtung, sich einstellt. F\u00fcr solche Frequenz\u00e4nderungen ist unser Ohr ungeheuer empfindlich. Aufserdem kann man einen zweiten, dritten Beobachter den Rhythmus der jeweiligen Tonschwankung mit der Hand markieren lassen, oder, wenn man noch genauer sein will, die Rhythmen mit einer F\u00fcnftelsekundenuhr z\u00e4hlen und die Z\u00e4hlungsergebnisse der Beobachter vergleichen. Durch die Frequenz\u00e4nderung bei kleinen Verstimmungen und durch die Z\u00e4hlung wird die Schwebungsmethode aller subjektiven Willk\u00fcr und Phantasie entr\u00fcckt und zu einem so exakten Forschungsmittei, wie es nicht viele im Bereiche der Sinnesphysiologie gibt.\nSie leistet in dieser Beziehung aber noch einen besonderen Dienst, den ich sogleich bezeichnen will.\ne) Jeder K. T., dessen Existenz mit Sicherheit behauptet werden soll, mufs seiner absoluten H\u00f6he nach von dem Beobachter bestimmbar sein.\nAngaben wie : \u201eein tiefer Ton\u201c, \u201eein Brummen\" ; \u201enoch ein","page":26},{"file":"p0027.txt","language":"de","ocr_de":"Beobachtungen Uber Kombinationsf\u00f6ne.\n27\n[LY. 27]\nTon\u201c (nicht einmal, ob tief oder hoch), \u201eeine verschwommene Unreinheit in der Tiefe\u201c u. dgl. haben kein Gewicht. Von akustisch ge\u00fcbten Beobachtern inufs man verlangen, dafs sie einen geh\u00f6rten Ton bestimmt und genau namhaft machen, wenn nicht sofort nach dem blofsen Geh\u00f6r, doch mit Hilfe entsprechender Apparate. Die Aufsuchung an einem Appuxxschen Tonmesser, die von Kbuegers Beobachtern nach M\u00f6glichkeit benutzt wurde, kann als erstes Orientierungsmittel dienen, aber nicht als zuverl\u00e4ssige und exakte Methode, wenigstens nicht in unserem Falle. Denn, abgesehen davon, dafs diese Tonmesser keine stetige Abstufung der Tonh\u00f6he gestatten, veranlafst die h\u00f6chst ungleiche Klangfarbe der scharfen Zungen gegen\u00fcber den damit zu vergleichenden K. T. sowohl Oktavent\u00e4uschungen als auch kleinere scheinbare Verschiebungen. Diese St\u00f6rung kommt weniger in Betracht bei Stimmgabeln, bei denen ja auch durch Laufgewichte beliebig kleine Abstufungen der Tonh\u00f6he erzielt werden k\u00f6nnen. Aber auch da sind, solange man sich auf direkte H\u00f6henvergleichung ohne Schwebungsbestimmungen beschr\u00e4nkt, T\u00e4uschungen keineswegs ausgeschlossen. H\u00e4lt man z. B. eine tiefe Gabel zu nahe ans Ohr, so erleidet ihr Ton eine subjektive Vertiefung, die bis zu einer kleinen Terz reichen kann. Diese Vertiefung ist nicht blofse Urteilst\u00e4uschung : denn sie tritt durchaus konstant ein und ist durch keinerlei \u00dcbung zu beseitigen. Man kann sie ebenso bei tiefen Pfeifen beobachten, wenn das Ohr der Tonquelle zu nahe ist.1 Da man nun, um den Ton der Vergleichsgabel recht genau zu beobachten, die Gabel unwillk\u00fcrlich nahe ans Ohr zu halten pflegt, so wird man sie, um sie dem zu bestimmenden D. T. gleich zu machen, h\u00f6her einstellen, den D. T. also zu hoch sch\u00e4tzen. Und so gibt es noch andere F ehlerquellen.\nDas einzige v\u00f6llig exakte Mittel sind wieder die Schwebungen und ihre Ausz\u00e4hlung. Damit kann und mufs in kritischen F\u00e4llen sowohl die absolute H\u00f6he jedes der beiden P. T. als auch die\n1 N\u00e4heres u. II, 6. Mit dem DoppLERSchen Ph\u00e4nomen hat dies nat\u00fcrlich nichts zu tun. Die Bewegung spielt keine Bolle dabei. Auch die rein physikalische Erh\u00f6hung einer ausschwingenden Gabel kommt hier nicht in Betracht, da sie gegen\u00fcber den Differenzen, um die es sich hier handelt, verschwindend gering ist (vgl. Hartmann-Kempf, \u00dcber den Einflufs der Amplitude auf Tonh\u00f6he und Dekrement von Stimmgabeln. W\u00fcrzburger Diss. 1903. Annalen d. Physik 4. F., IB, S. 124 f.).","page":27},{"file":"p0028.txt","language":"de","ocr_de":"C. Stumpf.\n[LV. 28j\nder K. T. bestimmt werden. Dadurch allein kann auch entschieden werden, ob die wirkliche H\u00f6he der geh\u00f6rten K. T. mit der berechneten stimmt oder ob, wie Krueger behauptet, Abweichungen Vorkommen.\nAllerdings ist hierbei wieder vorausgesetzt, dafs es sich um K. T. im bisherigen Sinne handelt, um solche, die im Ohre vorhanden sind, nicht um solche, die etwa erst im Gehirn entstehen. Hier\u00fcber gilt das bereits Gesagte.\nMan k\u00f6nnte noch einwenden, dafs es unm\u00f6glich sei, D. T., die zu nahe an der tiefen Tongrenze, oder S. T., die in den h\u00f6chsten Oktaven liegen, ihrer genauen H\u00f6he nach zu bestimmen. Aber in solchen F\u00e4llen kann man auch wirklich zun\u00e4chst nicht mit Sicherheit sagen, ob es sich um einen K. T. oder nicht vielmehr um einen zuf\u00e4lligen Beiton handelt. Man mufs dann versuchen, durch stetige Xntervailver\u00e4nderung der P. T. den geh\u00f6rten Beiton so zu ver\u00e4ndern (zu erh\u00f6hen bzw. zu vertiefen), dafs er bestimmbar wird, und mufs w\u00e4hrend dieser Ver\u00e4nderung sein stetiges \u00dcbergehen in den bestimmbaren Ton beobachten. Dann erst kann man schliefsen, dafs es sich auch vorher um einen K. T. handelte.\nf) Mit Krueger einig bin ich in der Forderung, dafs in F\u00e4llen, wo man die Mitwirkung von Obert\u00f6nen bei der Erzeugung eines geh\u00f6rten K. T. als m\u00f6glich anerkennen mufs, die bez\u00fcglichen Ob ert\u00f6ne durch Interferenz ausgeschaltet werden m\u00fcssen. Nur so kann ermittelt werden, was auf Rechnung der P. T. selbst kommt, nur so also k\u00f6nnen Gesetzlichkeiten in bezug auf die Bildung von K. T, \u00fcberhaupt gefunden werden. Infolgedessen sind z. B, H\u00e4llstr\u00f6ms Beobachtungsreihen, die an der Violine angestellt wurden, aber auch die R. K\u00f6nigs an elektrischen Gabeln heute nur von sekund\u00e4rem Werte. Gewifs hat es auch Interesse, die K. T. von Kl\u00e4ngen, einschliefslich der durch die Obert\u00f6ne erzeugten K, T., kennen zu lernen, da in der Musik vorwiegend obertonreiche Kl\u00e4nge gebraucht werden. Aber theoretisch mufs man doch vor allem wissen, was f\u00fcr K. T. schon durch je zwei v\u00f6llig einfache T\u00f6ne entstehen.\nBereits Max Meyer hat Verdienstliches mit Interferenzversuchen geleistet {Zeitsehr. f. Psychol. 11, S. 1891). Krueger hat dann mit besonderer Energie darauf hingewiesen und namentlich den gef\u00e4hrlichen zweiten Teilton (ersten Oberton) des tieferen","page":28},{"file":"p0029.txt","language":"de","ocr_de":"[LV. 29]\nBeobachtungen \u00fcber Kombinationst\u00f6ne.\n29\nP. T. fast \u00fcberall in solcher Weise ausgeschlossen. Die von ihm nach dem Prinzip von N\u00f6brembeeg und Sauberschwarz konstruierte Interferenzeinrichtung (0, 223 f.) hat sich mir sehr praktisch erwiesen. Nach dem Vorbilde des im Kieler Psychologischen Seminar befindlichen IvRUEGERschen Exemplares wurde ein Apparat mit 10 Ausz\u00fcgen angefertigt, der zur gleichzeitigen Einstellung auf 2\u20144 Teilt\u00f6ne dienen kann (man braucht zur vollst\u00e4ndigen Ausl\u00f6schung eines Tones in der Pegel mehrere R\u00f6hren). Es werden aber immer noch mehr T\u00f6ne dadurch ausgeschlossen, da die Einstellung auf n Schwingungen zugleich die T\u00f6ne 3 w, 5 n: 7 n ... ausl\u00f6scht.1 * * * * Manchmal bringt man einen Ton n durch Einstellung auf n besser zum Verschwinden als durch Einstellung auf n selbst. Es k\u00f6nnen \u00fcbrigens noch T\u00f6ne von 2000 Schwingungen leicht durch direkte Einstellung auf ihre Viertelwellenl\u00e4nge ausgel\u00f6scht werden. Einer m\u00fcndlichen Bemerkung Kruegers danke ich den Rat, die Vorrichtung nicht im Schallerzeugungszimmer, sondern im Beobachtungszimmer aufzustellen, wo sie vom Beobachter oder seinem Gehilfen hecpiem reguliert werden kann, aber auch sonst besser ihren Zweck erf\u00fcllt.\nDie Kl\u00e4nge werden im Schallzimmer durch Trichter aufge-nommen und in die Leitungsr\u00f6hre gef\u00fchrt. Kommen sie zu schwach in das Beobachtungszimmer, so kann man entsprechende Resonatoren statt der Trichter im Schallzimmer anwenden, solche eventuell auch noch im Beobachtungszimmer selbst vor die R\u00f6hren\u00f6ffnung setzen. Es standen mir je zwei Resonatoren f\u00fcr die Multipla von 50 Schwingungszahlen vom 3. bis zum 10. zur Verf\u00fcgung, ferner in der letzten Zeit die sehr zweckm\u00e4fsigen stetig ver\u00e4nderlichen Resonatoren von K. L. Schaeeer, die die ganze Tonlinie von A bis c8 umfassen. \u00dcbrigens kann man auch augenblicklich nicht benutzte Interferenzr\u00f6hren selbst gelegentlich als Resonatoren benutzen, wenn man sie auf einen bestimmten Punkt ein stellt, den man durch Probieren leicht findet .\nWerden Resonatoren erst im Beobachtungszimmer angef\u00fcgt, so besteht allerdings die M\u00f6glichkeit, dafs ein vorher ausgeschlossener Oberton durch sie wieder hinzugebracht wird, da im\n1 Es kommt auch gelegentlich vor, dafs noch ein anderer Ton mit\nausgeschlossen wird, der nicht ein ungeradzahliges Multiplum des auszu-\nschliefsenden ist, wenn bestimmte R\u00f6hren des Interferenzapparates ge\nbraucht werden. Bei den Untersuchungen \u00fcber die Abh\u00e4ngigkeit eines\nK. T. von Obert\u00f6nen k\u00f6nnen dadurch Fehlschl\u00fcsse entstehen.","page":29},{"file":"p0030.txt","language":"de","ocr_de":"30\nC. Stumpf.\n[LV. 30]\nResonator selbst Obert\u00f6ne entstehen k\u00f6nnen. Deshalb ist in solchem Falle die Interferenz nach der Anf\u00fcgung des Resonators auf ihre Wirksamkeit zu pr\u00fcfen und mufs eventuell auf den Resonator im H\u00f6rzimmer verzichtet werden.\nDurch Resonatoren in Verbindung mit wechselnder Entfernung des Ohres kann man auch das St\u00e4rkeverh\u00e4ltnis der P. T. noch im H\u00f6rzimmer variieren, wenn man nicht zwei unabh\u00e4ngige Leitungen zur Verf\u00fcgung hat. Es gibt aber noch ein Mittel: man kann auch nur einen der beiden P. T. durch die R\u00f6hre schicken, den anderen erst im H\u00f6rzimmer, dem Ohre n\u00e4her oder ferner, hinzuf\u00fcgen. Nat\u00fcrlich lassen sich dann dessen Obert\u00f6ne nicht ausschliefsen. Aber wenn man dazu Stimmgabeln ben\u00fctzt, so werden die Obert\u00f6ne unter Umst\u00e4nden ganz unsch\u00e4dlich sein. Es kommt da auf den einzelnen Fall, das Intervall der P. T., an. Ich habe dieses Verfahren in bestimmten F\u00e4llen (s. besonders II, 10, IV, 2) mit Vorteil ben\u00fctzt. Es ist zugleich das sicherste Mittel, die Entstehung objektiver K. T. zu verh\u00fcten, wenn man diese aus bestimmten Gr\u00fcnden ausschliefsen will.\nMit den Beobachtungen im H\u00f6rzimmer m\u00fcssen aber solche im Schallzimmer abwechseln. Viele leise K. T. wird man zun\u00e4chst nur im Schallzimmer wahrnehmen. Die verschiedene Entfernung von den Tonquellen und die Stellung des Kopfes zu ihnen haben aufserordentlichen Einflufs (vgl. II, 11). Hat man einen K. T. hier deutlich erfafst, so mufs man ihn dann auch im H\u00f6rzimmer zu bekommen suchen. Die gr\u00f6fste Schwierigkeit, mit der die gegenw\u00e4rtige Untersuchung zu k\u00e4mpfen hatte, lag gerade an diesem Punkte.\nUm den Unterschied in bezug auf das Auftreten von D. T. mit und ohne Mitwirkung von Obert\u00f6nen festzustellen, kann es vorteilhaft sein, als Klangquelle Zungen zu benutzen, da wegen ihrer starken und zahlreichen Obert\u00f6ne der Unterschied dann am deutlichsten auf treten mufs.\nWenn es gar nicht gelingen will, im H\u00f6rzimmer einen K. T. zu beobachten, den man im Schallzimmer deutlich gefunden hatte \u2014 und es k\u00f6nnte ja etwa auch K. T. geben, die infolge objektiver Ursachen \u00fcberhaupt nur in der N\u00e4he der Schallquellen auftreten \u2014, so mufs man auf die Interferenzprobe verzichten. Dann ist zu versuchen, ob der K. T., wenn er nicht von vornherein an Stimmgabeln beobachtet worden ist, auch an solchen beobachtet werden kann. Da die gew\u00f6hnlichen losen","page":30},{"file":"p0031.txt","language":"de","ocr_de":"[LV. 31]\nBeobachtungen \u00fcber Kombinationst\u00f6ne.\n31\nGabeln und die Resonanzgabeln bei nicht unm\u00e4fsiger St\u00e4rke des Anschlags aufser dem unharmonischen Oberton, der sich durch einen Gummiring beseitigen l\u00e4fst, nur die Oktave und eine ganz schwache Duodezime geben, die tiefsten vielleicht auch eine Spur der Doppeloktave, welche letzteren beiden aber schwerlich mehr einen K. T. erzeugen k\u00f6nnen, so darf man im positiven Falle ruhig annehmen, dafs der K. T. von h\u00f6heren Obert\u00f6nen unabh\u00e4ngig ist.\nDas H\u00f6rzimmer mufs bei den Interferenz versuchen durch mindestens ein zwischenliegendes Zimmer vom Schallzimmer getrennt sein, und der Schall darf nur durch die R\u00f6hre hin\u00fcberdringen oder wenigtens nur so schwach im H\u00f6rzimmer vernehmbar sein, dafs bei Verschlufs der R\u00f6hre Differenzt\u00f6ne nachweisbar nicht zustande kommen. Das Ohr darf man nicht an die \u00d6ffnung des Interferenzapparates andr\u00fccken, sondern mufs es frei davor halten. Durch das Andr\u00fccken k\u00f6nnen nicht blofs die ausgeschlossenen Obert\u00f6ne wieder zum Vorschein kommen, sondern es tritt auch jene subjektive Vertiefung von Prim\u00e4rt\u00f6nen ein, die zwar die D. T. nicht ver\u00e4ndert, aber verwirrend und st\u00f6rend wirkt, und aufserdem die allgemeine \u201ephysiologische Taubheit\u201c, die bei sehr starken T\u00f6nen uns f\u00fcr alle anderen unempfindlich macht. Man darf bei Anwendung starker T\u00f6ne nicht einmal in unmittelbarer N\u00e4he der R\u00f6hren\u00f6ffnung beobachten, sondern mufs das Ohr etwa 10 cm davor bringen, weil ein durch Interferenz sonst vollst\u00e4ndig ausgeschlossener Ton in der unmittelbaren N\u00e4he der R\u00f6hren\u00f6ffnung gleichwohl nachweislich vorhanden ist. Die Schwingungen werden, wenigstens bei Metallr\u00f6hren, durch die R\u00f6hrenw\u00e4nde her\u00fcbergeleitet, deren Erzitterungen man auch mit der Hand sp\u00fcren kann, wenn man die M\u00fcndung ber\u00fchrt. Wenn man zuerst den Grundton ausschaltet , um den ersten Oberton besser zu beobachten, dann auch diesen vollst\u00e4ndig ausschaltet, so dafs er keine Schwebungen mit einer Plilfsgabel macht, sodann den Grundton wieder einschaltet, w\u00e4hrend die Interferenz auf den ersten Oberton eingestellt bleibt, so wird man diesen gleichwohl in der N\u00e4he der R\u00f6hrenm\u00fcndung h\u00f6ren, vorausgesetzt, dafs der Grundton stark genug ist.\nUnumg\u00e4nglich notwendig ist es auch hier, dafs man in allen F\u00e4llen, wo es sich um vollst\u00e4ndigste Ausl\u00f6schung handelt, das SchwTebungskriterium benutze, wie ich dies auch fr\u00fcher in meinen","page":31},{"file":"p0032.txt","language":"de","ocr_de":"32\nC. Stumpf.\n[LY. 32;\nObertonstudien mit Interferenz regelm\u00e4fsig getan habe. M. Meyer und Krueger haben mancherlei gute Winke betreffs der Bedingungen einer wirksamen Interferenz gegeben. Aber man sollte sich niemals blofs auf die Einstellung nach der Berechnung verlassen. Erst dann, wenn eine mit dem auszuschliefsenden Ton nahezu gleich gestimmte Gabel auch bei leisestem Anschlag keine Schwebungen mehr gibt, erst dann ist man sicher, dafs der Ton ganz verschwunden ist. Es scheint, dafs Krueger dieses Kontroll-mittel nicht oder nicht regelm\u00e4fsig angewandt hat, und dafs seine Verachtung der schwebenden Hilfsgabeln auch in dieser Hinsicht sch\u00e4dlich geworden ist.\nEine eigent\u00fcmliche Frage taucht betreffs der M\u00f6glichkeit eines vollst\u00e4ndigen Ausschlusses insofern auf, als theoretisch anzunehmen ist, dafs ein physikalisch ausgeschlossener Teilton subjektiv als D. T. h\u00f6herer Teilt\u00f6ne, wenn solche vorhanden sind (eventuell sogar auch als S. T. tieferer), wiederentstehen kann, also f\u00fcr das Ohr dann \u00fcberhaupt nicht ganz beseitigt w\u00fcrde. Denn die Teilt\u00f6ne sind ebensogut wie die Grundt\u00f6ne in der Gesamtschwingung enthalten und m\u00fcssen ebenso wie jene im Ohre D. T. bilden, m\u00f6gen sie einem und demselben objektiven Klange angeh\u00f6ren oder verschiedenen Kl\u00e4ngen. Habe ich also z. B. den Teilton 2 durch Interferenz ausgeschlossen, so sind doch bei einem stark zusammengesetzten Klange noch eine ganze Anzahl h\u00f6herer Teilt\u00f6ne vorhanden, deren Verh\u00e4ltniszahlen die Differenz 2 ergeben, etwa der 3. und 1., 5. und 3., 7. und 5. usw., und man k\u00f6nnte denken, dafs durch das Zusammenwirken aller dieser Tonpaare der D. T. 2 stark genug herauskommen m\u00fcsse. Hiernach w\u00fcrde sich ein Teilton unter solchen Umst\u00e4nden f\u00fcr unser Ohr \u00fcberhaupt niemals vollst\u00e4ndig beseitigen lassen, solange die h\u00f6heren Teilt\u00f6ne fortbestehen. Tats\u00e4chlich ist dies aber doch der Fall. Man kann also nur schliefsen, dafs der entsprechende Ton als D. T. der Obert\u00f6ne eine so minimale St\u00e4rke besitzt, dafs er absolut unwahrnehmbar bl\u00e9ibt.1\nIch habe dar\u00fcber in Verbindung mit Herrn Dr. Rupp noch besondere Versuche angestellt. Aus dem scharfen Zungenklange 100 wurde der erste Oberton 200 durch Interferenz ausgeschaltet. Durch dieselbe Einstellung der R\u00f6hren mufsten auch 6U0, 1000, \u00fcberhaupt die un geradzahligen Multipia des genannten Obertones mit ausgeschlossen werden. Aber er h\u00e4tte immer noch durch 300\u2014100, 500\u2014300, 700\u2014500 usw. als D. T. gebildet werden k\u00f6nnen. Tats\u00e4chlich war nicht das geringste mehr von ihm zu h\u00f6ren, und er lieferte mit einer Hilfsgabel keine Spur von Schwebungen, obgleich sie vorher h\u00f6chst kr\u00e4ftig auf getreten waren. Das gleiche ergab sich f\u00fcr den Teilton 300, als auf diesen Ton die R\u00f6hre eingestellt wurde: der D. T. 400 \u2014 100, 500 \u2014 200, 700 \u2014 400 usw. machte sich in keiner Weise geltend.\n1 Durch diese Tatsache wird die Erkl\u00e4rung hinf\u00e4llig, die ich f\u00fcr eine der HELMHOLTZschen Regeln \u00fcber Klangfarbenunterschiede Tonps. II, 543, wenn auch nur hypothetisch, zu geben versuchte.","page":32},{"file":"p0033.txt","language":"de","ocr_de":"[LV. 33]\nBeobachtungen \u00fcber Kombinationst\u00f6ne.\n33\nEs wurde dann gleichzeitig mit dem Zungenklange 100 ein zweiter Zungenklang 50 gegeben, der aufserordentlich starke und zahlreiche Obert\u00f6ne enth\u00e4lt. Aus beiden wurde der Ton 200 ausgeschaltet : dasselbe Resultat. Ebenso bei Ausschaltung von 300. Und so analog auch bei gleichzeitiger Anwendung der Kl\u00e4nge 100 und 200.\nDas Paradoxe gegen\u00fcber den theoretischen Erwartungen d\u00fcrfte verschwinden, wenn man bedenkt, dafs relativ schwache T\u00f6ne, die ihrer H\u00f6he nach zwischen st\u00e4rkeren liegen, subjektiv eine viel gr\u00f6fsere Einbufse an ihrer St\u00e4rke erleiden, als solche, die \u00fcber st\u00e4rkeren oder unter ihnen liegen: eine Tatsache, auf die wir auch in den Schlufsbetrachtungen noch einmal werden zur\u00fcckkommen m\u00fcssen. Nun ist aber nicht blofs der Grundton, sondern sind auch die Obert\u00f6ne, durch welche der ausgeschaltete Ton als D. T. wiedererzeugt wrerclen k\u00f6nnte, st\u00e4rker als dieser von ihnen gebildete D. T., und er f\u00e4llt zwischen den Grundton und jene h\u00f6heren Teilt\u00f6ne. Und so \u2018wird er unterdr\u00fcckt.1\nDaher begreift man auch, dafs in anderen F\u00e4llen gleichwohl merkliche D. T. durch Obert\u00f6ne hervorgebracht werden k\u00f6nnen : wenn sie n\u00e4mlich unter die Prim\u00e4rt\u00f6ne zu liegen kommen, was nat\u00fcrlich nur bei Obert\u00f6nen, die verschiedenen Kl\u00e4ngen angeh\u00f6ren, m\u00f6glich ist; wie z. B. wenn bei 4 : 5 die Obert\u00f6ne 8 und 10 den D. T. 2 ergeben (siehe unten II, 2). Das \u2022experimentum crucis der Ausschliefsung durch Interferenz ist daher in diesen F\u00e4llen durchaus angezeigt und, wie wir sehen werden, auch erfolgreich.\nSubjektive Obert\u00f6ne k\u00f6nnten nun aber nicht blofs als D. T. h\u00f6herer objektiv vorhandener Teilt\u00f6ne entstehen, sondern nach Helmholtz auch da-durch, dafs bei st\u00e4rkeren Verschiebungen der Luftteilchen das Quadrat der Elongationen Einflufs gewinnt, auf analoge Weise also, in der auch die subjektiven K. T. nach Helmholtz entstehen. Aber es ist mir, wie Krueger, keine Beobachtung vorgekommen, aus der das Dasein eines subjektiven Obertons in diesem Sinne folgen w\u00fcrde. Im Gegenteil scheint das g\u00e4nzliche Wegfallen von Sclwebungen mit einer sehr leise klingenden Gabel von entsprechender H\u00f6he beim Ausschlufs eines objektiven Obertons durch Interferenz zugleich ein Beweis, dafs bei der angewandten Tonst\u00e4rke auch kein subjektiver Oberton von gleicher H\u00f6he vorhanden ist. Denn auch ein solcher m\u00fcfste Sclrwebungen geben. Es k\u00f6nnten also die Schw/e-bungen eben nicht vollst\u00e4ndig zum Verschwinden gebracht werden; was doch im allgemeinen m\u00f6glich ist, wenn man nur die Interferenzvorrichtungen sorgf\u00e4ltig ausprobiert und das Ohr nicht zu nahe an die \u00d6ffnung h\u00e4lt.\nVor der Untersuchung eines bestimmten Intervalls von P. T. entwerfe man sich eine Tafel der darin enthaltenen Obert\u00f6ne,\n1 Wir haben auch daran gedacht, ihn dadurch vernehmbar zu machen, dafs der Grundton auch noch durch Interferenz ausgeschaltet w\u00fcrde. Aber dann fallen mit dem Grundton wdeder dessen ungeradzahlige Multipla hinweg, und es bleiben \u00fcberhaupt fast keine Teilt\u00f6ne mehr \u00fcbrig, aus denen der fragliche D. T. entstehen k\u00f6nnte.\nStumpf, Beitr\u00e4ge V.\n3","page":33},{"file":"p0034.txt","language":"de","ocr_de":"34\nC. Stumpf.\n[LV. 34]\nalso der Multipla der Verh\u00e4ltniszahlen, soweit sie in Betracht kommen, und der aus ihnen rechnerisch resultierenden Differenzen. In bezug auf die Kenntnis der vorhandenen Teilt\u00f6ne selbst sollte man sich nicht zu sehr auf die Theorie verlassen, die offenbar noch nicht vollst\u00e4ndig genug ist, um die Zahl und St\u00e4rke der Teilt\u00f6ne bestimmter Klangquellen deduktiv herzuleiten. So enthalten z. B. gedackte Pfeifen, ebenso die Clarinetten, immer aufser den ungeradzahligen auch die geradzahligen Teilt\u00f6ne, Oktave, Doppeloktave; und zwar objektiv, durch Resonatoren verst\u00e4rkbar, durch Interferenz ausschliefsbar. Dies ist hier wichtig, weil 21 und 2h h\u00e4ufig als m\u00f6gliche Veranlassungen von K. T. in Betracht kommen. Die wirkliche Struktur der angewendeten Kl\u00e4nge ist also durch besondere Versuche festzustellen.\nBei der Ausrechnung der Differenzt\u00f6ne, die in den Teilt\u00f6nen ihren Ursprung haben k\u00f6nnen, ber\u00fccksichtige man aber nicht blofs die Differenz y\u2014x zwischen einem Teilton von h\u00f6herer und einem von tieferer Schwingungszahl, sondern auch die Werte 2 x \u2014 yy 2 y \u2014 x, soweit sie positiv sind, da solche D. T. eben so stark sein k\u00f6nnen wie die sog. D. T. erster Ordnung, und da sie, wie wir noch h\u00f6ren werden (II, 1), nicht vom Vorhandensein eines reellen Tones 2 x, 2 y abh\u00e4ngen, sondern nur die T\u00f6ne x und y seihst voraussetzen. Aus dieser \u00dcbersicht und Berechnung ergibt sich dann, welche Obert\u00f6ne auszuschalten sind, um einen bestimmten wahrgenommenen K. T. in Hinsicht seiner Selbst\u00e4ndigkeit, seiner Unabh\u00e4ngigkeit von Obert\u00f6nen, zu pr\u00fcfen. F\u00e4llt er mit Ausschaltung der betreffenden Teilt\u00f6ne hinweg, so ist immer noch zuzusehen, ob er nicht mit Verst\u00e4rkung eines der P. T. wiederkommt, und ferner, ob nicht durch die Interferenzvorrichtung aufser den Obert\u00f6nen auch noch andere wesentliche Umst\u00e4nde ge\u00e4ndert wurden. Bleibt das Ergebnis auch so negativ, so ist noch die Tonregion, die Klangquelle, die absolute Intensit\u00e4t zu ver\u00e4ndern, ehe man es allgemein und sicher aussprechen darf. Ich will mich nicht r\u00fchmen, dafs ich selbst diese strengen Vorschriften in allen F\u00e4llen vollkommen durchgef\u00fchrt h\u00e4tte. Aber ich denke darin doch erheblich weiter gegangen zu sein als meine Vorg\u00e4nger.\nAufser den Obert\u00f6nen kommen aber auch zuf\u00e4llige Beit\u00f6ne in Betracht. Es kommt namentlich bei Pfeifen vor, dafs ein deutlicher Beiton im Blaseger\u00e4usch enthalten ist oder auf sonst einem Wege dazutritt; und es kann geschehen, dafs ein solcher","page":34},{"file":"p0035.txt","language":"de","ocr_de":"[LV. 35]\nBeobachtungen \u00fcber Kombinationst\u00f6ne.\n35\nBeiton der Rechnung nach, wenigstens ann\u00e4hernd, mit einem K. T. \u00fcbereinstimmt. Man darf also in schwierigen oder zweifelhaften F\u00e4llen nicht unterlassen, sich zu vergewissern, ob nicht schon einer der P. T. f\u00fcr sich allein den wahrgenommenen (Pseudo-) K. T. gibt. Nat\u00fcrlich kann ein solcher zuf\u00e4lliger Beiton auch an der Erzeugung von K. T. beteiligt sein ; doch ist mir dieser Fall nicht vorgekommen, der andere dagegen, dafs der Beiton selbst f\u00fcr einen K. T. angesehen wurde, nicht so ganz selten.\nSchliefslich w\u00fcrde es sich allerdings noch fragen, ob nicht K. T. auch erzeugt werden k\u00f6nnten durch Obert\u00f6ne, die so schwach sind, dafs sie weder durch direktes Floren noch durch das Schwebungskriterium nachgewiesen werden k\u00f6nnen. Wir werden diese Frage unter II, 11, c) und d) besprechen und h\u00f6ren, dafs einer solchen Annahme, wenn man absieht von Beobachtungen R. K\u00f6nigs \u00fcber D. T. von P. T. jenseits der oberen H\u00f6rgrenze, alle bisherigen Erfahrungen entgegenstehen. Aber um die Hypothesen hier\u00fcber freizulassen, wollen wir die im folgenden aufgestellten Behauptungen \u00fcber die Unabh\u00e4ngigkeit eines K. T. von Obert\u00f6nen immer nur so verstanden wissen, dafs der betreffende subjektive K. T. wahrnehmbar oder wenigstens durch Schwebungen feststellbar ist in F\u00e4llen, wo der bez\u00fcgliche Oberton nicht wahrnehmbar und nicht durch Schwebungen feststellbar ist. Ebenso soll \u201eAbh\u00e4ngigkeit eines K. T. von Obert\u00f6nen\u201c hier nur bedeuten, dafs er mit ihnen erscheint und verschwindet (ersteres nat\u00fcrlich nur, wenn sie stark genug sind, letzteres nur dann nicht, wenn noch andere Umst\u00e4nde da sind, zu denen er in der gleichen Beziehung steht, in welchem Fall aber wenigstens eine Schw\u00e4chung beim Wegfall jener Obert\u00f6ne zu erwarten ist). Also auch hier verstehen wir die Aufstellungen rein ph\u00e4nomelogisch, als Beschreibungen des vorfindlichen Bestandes von Wahrnehmungsdaten. Verlangt irgend eine Theorie das Vorhandensein ganz unwahrnehmbarer erzeugender Beit\u00f6ne, so soll sie nicht daran behindert werden. Nur mufs sie sich des hypothetischen Elements als eines solchen bewufst bleiben.\n3. Tonquellen.\nAls Tonquellen dienten:\na) eine grofse Sammlung von Resonanzgabeln (Stimmgabeln\nauf Resonanzk\u00e4sten), die Region von 100 bis 2000 Schwingungen\n3*","page":35},{"file":"p0036.txt","language":"de","ocr_de":"36\nC. Stumpf.\n[LY. 36]\numfassend, darunter besonders die auf s\u00e4mtliche Multipla der Schwingungszahl 50 bis zu 1000 abgestimmten Gabeln des Berliner Psychologischen Instituts, nebst einer dem Jenenser Physiologischen Institut geh\u00f6rigen Erg\u00e4nzungsreihe, den Multiplis von 100 zwischen 1000 und 2000 (diese jedoch selten verwendet, da sie meist nicht mehr gut ansprechen).\nDie von mir bereits mehrfach empfohlene Abstimmung von Gabelserien (wie auch Zungenapparaten) auf Multipla von 50 bzw. 100 hat sich gerade bei dieser Untersuchung als \u00e4ufserst vorteilhaft erwiesen, wie man weiter unten erkennen wird.\nAufserdem stand mir eine ausgezeichnet gearbeitete Serie K\u00d6NiGscher Resonanzgabeln von c2 bis c1 (c2 \u2014 c3 chromatische, c3 \u2014 diatonische Leiter) zur Verf\u00fcgung. Sie ist Eigentum der K. Hochschule f\u00fcr Musik (aus dem Nachlasse von G. Engel).\nb)\tEine Reihe starker loser Gabeln mit Laufgewichten von der tiefen Tongrenze an bis zu etwa 1000 Schwingungen, aus der EnELMANNschen \u201ekontinuierlichen Tonreihe\u201c. Diese wurden besonders als Hilfsgabeln zur genauen Bestimmung der H\u00f6he der K. T. verwendet. Die hohen Pfeifen aus derselben Tonreihe wurden zur Erzeugung von P. T. jenseits c3 gelegentlich herangezogen. F\u00fcr P. T. der mittleren Region bildete\nc)\tder STEENsche Tonvariator ein unsch\u00e4tzbares Hilfsmittel. Ich liefs einen solchen von 4 Flaschen anfertigen, deren Tonbezirke ineinander \u00fcbergreifen (was in vielen Beziehungen zweck-m\u00e4fsig ist) und im ganzen die Region von d1 bis eis3 umfassen. Dazu noch 2 tiefe Erg\u00e4nzungsflaschen von A bis dl, die f\u00fcr H\u00f6henbestimmungen der K. T. gelegentlich gute Dienste leisteten\nDie Labialpfeifen haben zwar mehr und st\u00e4rkere Obert\u00f6ne als die Gabeln, aber sie bieten den Vorteil einer gleichm\u00e4fsigen und beliebig langen Tondauer und in der STEENschen Einrichtung auch den leichtester Ver\u00e4nderlichkeit um beliebig kleine Betr\u00e4ge. Der Ton ist bei dem nach dem Gasometerprinzip eingerichteten Gebl\u00e4se hinreichend konstant, wenn man nur das mittlere Stadium benutzt. Am Anfang und besonders am Ende weicht er etwas ab. Die Konstanz wurde wieder durch die unver\u00e4nderte Schwebungsfrequenz einer Hilfsgabel gepr\u00fcft. Die Einrichtung des Apparates in der Form, wie ich ihn ben\u00fctzte, ist freilich in mancher Hinsicht verbesserungsbed\u00fcrftig. Aber dafs diese technischen Unvollkommenheiten, die die Handhabung erschweren, Fehler in die Versuchsergebnisse gebracht h\u00e4tten, halte ich f\u00fcr ausgeschlossen.","page":36},{"file":"p0037.txt","language":"de","ocr_de":"[LY. 37]\nBeobachtungen \u00fcber Kombinationst\u00f6ne.\n37\nAuch die in fr\u00fcheren Abhandlungen mehrfach erw\u00e4hnte Flaschenorgel aus kugelf\u00f6rmigen Glasflaschen 1 mit erg\u00e4nzenden Pfeifenserien aus der ultramusikalischen Legion (4- bis 6-ge-strichenen Oktave) ist oft benutzt worden. Gelegentlich auch zwei Galtonpfeifchen, die durch besondere Ventile mit dem Orgelgebl\u00e4se in Verbindung gesetzt werden k\u00f6nnen. Die Orgelt\u00f6ne sind in der N\u00e4he der Flaschen aufserordentlich kr\u00e4ftig, was f\u00fcr manche Untersuchungen wertvoll ist.\nd) Verschiedene Zungenapparate f\u00fcr obertonreiche P. T. und ein AppxiNNscher Tonmesser (400 bis 800) zu H\u00f6henbestimmungen.\nBez\u00fcglich solcher Tonmesser ist zu bemerken, dafs f\u00fcr genauere Bestimmungen vorher Zunge um Zunge durchgepr\u00fcft sein mufs, was bisher meines Wissens nur im hiesigen Institute geschehen ist und zur Konstatierung recht erheblicher Abweichungen und Ungleichm\u00e4fsigkeiten in der Abstimmung gef\u00fchrt hat.2 Man darf daher nur korrigierte Werte benutzen. Die Unterlassung dieser Mafsregel bildet eine Fehlerquelle vieler anderw\u00e4rts angestellter Untersuchungen/3 Es gen\u00fcgt, wenn man\n1\tVgl. jetzt die Beschreibung in dem von Dr. R\u00fcpp verfafsten Katalog der Firma Spindler und Hoyer in G\u00f6ttingen.\n2\tDie Pr\u00fcfung ist durch Herrn cand. Pfungst mit vorz\u00fcglicher Genauigkeit bis auf 2 Dezimalen einer Schwingung durchgef\u00fchrt. Auch Herr Prof. K. L. Schaefer hat eine unabh\u00e4ngige Pr\u00fcfung vorgenommen. Eine von der Physikalisch-technischen Reichsanstalt geeichte Normalgabel 435 wurde zugrunde gelegt. Die Schwebungsz\u00e4hlungen wurden mit einer F\u00fcnftelsekundenuhr ausgef\u00fchrt. Bei den auf dem Tonmesser vertretenen nicht ganz reinen konsonanten Intervallen wurden vielfach die Schwebungen der D. T. oder Obert\u00f6ne bestimmt und das Ergebnis mit demjenigen, das aus der Summierung der Differenzen der zwischenliegenden Zungen resultiert, verglichen.\n3\tKrueger sagt hier\u00fcber nur (A, 315): \u201eDie AppuuNschen Zungenapparate haben ihre Stimmung so gut gehalten, dafs ich durch Z\u00e4hlen von Schwebungen verschiedener Kl\u00e4nge nirgends einen Fehler von mehr als 1 Schwingung feststellen konnte.\u201c Aber solche Stichproben geben keine Gew\u00e4hr, dafs nicht innerhalb gr\u00f6fserer Bezirke ganz ansehnliche Abweichungen von den angeschriebenen Schw\u00fcngungszahlen eintreten k\u00f6nnen. Mit der Hoffnung, dafs der Apparat fehlerfrei aus der Hand des Fabrikanten hervorgegangen sei oder dafs die positiven und negativen Fehler in grofsen Bezirken sich ausgleichen, wird man sich hier doch nicht beruhigen d\u00fcrfen, da beide Voraussetzungen fragw\u00fcrdig sind und man das Mittel zur Pr\u00fcfung in der Hand hat.\nRichtig ist es allerdings, dafs die Zungen ihre einmal vorhandene Stimmung im Laufe der Zeit sehr gut beibehalten. Die Stichproben, die","page":37},{"file":"p0038.txt","language":"de","ocr_de":"38\nC. Stumpf.\nLLV. 38]\nf\u00fcr eine mittlere Oktave einen Tonmesser mit solcher Korrektionstabelle besitzt. F\u00fcr T\u00f6ne, die anderen Oktaven angeh\u00f6ren, kann man bei geh\u00f6riger \u00dcbung unter Benutzung von Oberton-schwebungen die absolute H\u00f6he nach einem solchen mittleren Tonmesser genau feststellen. Bequemer sind nat\u00fcrlich mehrere korrigierte Tonmesser f\u00fcr verschiedene Oktaven.\n4. Berechnung und Bezeichnung der Kombmationst\u00f6ne.\nBei den Obert\u00f6nen unterscheidet man harmonische und unharmonische, und man pflegt unter den harmonischen, oder den Obert\u00f6nen im engeren Sinne, solche zu verstehen, deren Schwingungszahlen arithmetisch durch ganzzahlige Multipla der Schwingungszahl des Grundtons gegeben sind (auch wenn sie mit diesem dissonieren, wie der neunte oder elfte). Nun w\u00e4re es, da wir \u00fcber die Entstehungsbedingungen von K. T. noch nicht hinreichend unterrichtet sind, an und f\u00fcr sich denkbar, dafs man auch harmonische und unharmonische K. T. unterscheiden m\u00fcfste; und wir haben von Krueger geh\u00f6rt, dafs er zwischenliegende D. T. statuiert, deren Schwingungszahlen sich nicht durch eine einfache Formel aus denen der P. T. ableiten lassen. Aber er betrachtet sie doch nur als sekund\u00e4re Folgen urspr\u00fcnglicher reiner Differenzt\u00f6ne, die einer solchen einfachen Formel sich unterordnen. Die einfachen Formeln, die wir im folgenden besprechen, betreffen denn auch nur diese harmonischen K. T. im alten Wortsinne. F\u00fcr diese gilt es zun\u00e4chst die Bezeichnungsweisen einzuf\u00fchren, deren wir uns weiterhin bedienen.\nAlle denkbaren K. T. dieser Art fallen unter die Formel 4- ah -j- \u00dft; worin h und t die Schwingungszahlen (bzw. Verh\u00e4ltniszahlen) des h\u00f6heren und des tieferen Prim\u00e4rtons, a und \u00df\nwir seit der Durchpr\u00fcfung unseres Tonmessers in sp\u00e4teren Jahren vorgenommen, ergaben keine irgend nennenswerte Abweichung.\nNach einer brieflichen Mitteilung hat Krueger auch die Konsonanzen seiner Tonmesser sowie seiner Gabeln auf ihre Feinheit gepr\u00fcft. Dieses Mittel hat jedoch einen entscheidenden Wert nur in Verbindung mit einer durchg\u00e4ngigen Pr\u00fcfung aller zwischenliegenden Stufen. Denn wenn auch die Konsonanzen ganz rein gefunden werden, bleibt es doch m\u00f6glich, dafs die dazwischen liegenden Stufen Abweichungen von ihrer richtigen Stimmung zeigen, die sich nur eben kompensieren ; zumal da der Fabrikant selbst sehr wahrscheinlich die mit dem Grundton konsonierenden T\u00f6ne durch .direkte Abstimmung hergestellt hat.","page":38},{"file":"p0039.txt","language":"de","ocr_de":"[LV. 39]\nBeobachtungen \u00fcber Kombinationst\u00f6ne.\n39\nganze Zahlen bedeuten. Rechnerisch genommen k\u00f6nnen daher alle K. T. aus Teilt\u00f6nen hergeleitet, d. h. sie k\u00f6nnen so angesehen werden, als ob sie durch einfache Subtraktion oder Addition zweier Teilt\u00f6ne der beiden Prim\u00e4rt\u00f6ne entstanden w\u00e4ren (den Grundton als 1. Teilton gerechnet).\nWenn t und h Verh\u00e4ltniszahlen, also ganze Zahlen, bedeuten, kann man die Summationst\u00f6ne auch als D. T. zwischen Obert\u00f6nen darstellen, also das Pluszeichen in obiger Formel entbehren. Es ist dann die Ordnungszahl a des niedrigsten Teiltones von h, der zur Bildung des bez\u00fcglichen D. T. erfordert wird, =t-j- 1, die Ordnungszahl \u00df des erforderlichen niedrigsten Teiltones von t ist = h \u2014 1. Denn\t\u2014t(h \u2014 l) = 7i-j-f. Nat\u00fcrlich\nkann man auch t(h -|- 1) \u2014 h (t\u20141) nehmen, braucht jedoch hier schon einen Teilton mit der Ordnungszahl h -j- 1, also einen Teilton von absolut h\u00f6herer Ordnungszahl wie vorher. Vgl. auch II, 10.\nAuch die h\u00f6heren Summationst\u00f6ne 2 h -]-1, 2 t-j-h usf. lassen sich so als D. T. ausdr\u00fccken, indem man nur \u00fcberall in der obigen Formel statt h 2h usf. einsetzt.\nWenn also f\u00fcr einen beobachteten K. T. die Formel gesucht wird, so braucht man nur das Obertonschema so lange zu vervollst\u00e4ndigen, bis die ihm entsprechende Zahl als Differenz oder Summe zweier Zahlen auftaucht. Z. B., wenn bei 5: 9 der Ton 7 beobachtet wird, so hat man die Teil t\u00f6ne 5, 10, 15, 20 . . . und 9, 18, 27, 36 . . . und sieht sogleich, dafs 7 = 3 li \u2014 41. M\u00f6gen die Obert\u00f6ne real vorhanden sein oder nicht, so ist es eben doch die diesem D. T. zukommende Formel.\nAls ersten D. T. oder Dt bezeichnen wir, wie allgemein \u00fcblich, den Ton li \u2014 t. Als zweiten D. T. oder D2 den Ton 2 t \u2014 7z, der auch erhalten wird, indem man den JD1 von t subtrahiert (t\u2014[h \u2014 \u00a3]). Als Summationston ohne n\u00e4heren Zusatz den Ton h-\\-t. Wir behalten diese Ausdr\u00fccke bei, ohne damit zun\u00e4chst \u00fcber die reale Priorit\u00e4t des B1 gegen\u00fcber D.2 und \u00fcber die wirkliche Entstehungsweise des Summationstons etwas auszusagen.\nF\u00fcr weitere Bezeichnungen kann man nach verschiedenen Prinzipien Festsetzungen treffen. Man pflegt \u201eOrdnungen\u201c zu unterscheiden, aber die Z\u00e4hlung der Ordnung ist verschieden. Man kann z. B. die Ordnung eines D. T. durch den h\u00f6chsten Koeffizienten in seiner Formel definieren, wonach also der Ton 7 im obigen Beispiel vierter Ordnung w\u00e4re. Oder man kann der Ordnung die HELMHOLTZsche Theorie zugrunde legen (Tonempf. Beilage XII), worin aber nicht alle an sich denkbaren Ausdr\u00fccke","page":39},{"file":"p0040.txt","language":"de","ocr_de":"40\nC. Stumpf.\n[LV. 40j\nf\u00fcr K. T. Platz finden. Oder man richtet sich nach Kruegers Prinzip der fortgesetzten Subtraktion der kleinsten von der n\u00e4chstgr\u00f6fseren Schwingungszahl (bzw. Verh\u00e4ltniszahl) wodurch die von ihm als D1 bis D6 bezeichneten D. T. entstehen.1 Auch dieses Prinzip f\u00fchrt nat\u00fcrlich nicht auf alle arithmetisch m\u00f6glichen D. T., auch wenn man es beliebig fortsetzt, sondern soll nur die nach Krueger tats\u00e4chlich vorhandenen zusammenfassen. Eine solche KRUEGERsche Bezeichnung bedeutet aber im allgemeinen verschiedene Formeln je nach den Intervallen der P. T. So ist Ds = 3t \u2014 2h f\u00fcr die Intervalle bis zur Quinte, dagegen =2 h \u2014 31 f\u00fcr die Intervalle von der Quinte bis zur Oktave (N\u00e4heres bei Krueger A, 326).\nDie Ordnung, die aus dem Prinzip der fortgesetzten Subtraktion folgt, deckt sich mit der Ordnung nach dem ersten Prinzip (der Koeffizienten) bez\u00fcglich der drei ersten D. T., wogegen Kruegers D4 z. B. f\u00fcr die Intervalle zwischen Quinte und grofser Sexte == 5t \u2014 Sh w\u00e4re, also nach dem ersten Prinzip gerechnet 5. Ordnung. Kruegers D5 wird f\u00fcr die Intervalle von der Quinte bis zur kleinen Sexte =8t \u2014 5h, von da bis zur grofsen Sexte 5 h \u2014 81, also beidemale 8. Ordnung nach der ersten Z\u00e4hlung.\nDiese verschiedenen m\u00f6glichen Festsetzungen wollte ich aber hier nur erw\u00e4hnen und kurz erl\u00e4utern. Wir werden Kruegers Bezeichnungsweise gebrauchen, wo wir auf seine Ergebnisse Bezug nehmen, im \u00fcbrigen aber, abgesehen von Dx und D2, uns direkt der arithmetischen Ausdr\u00fccke selbst bedienen und Ordnungen nicht unterscheiden.\nDie nach Kruegers Berechnungsweise m\u00f6glichen T\u00f6ne liegen, solange das Intervall der P. T. die Oktave nicht \u00fcberschreitet, notwendig alle unterhalb des tieferen P. T. Dagegen sind nach\n1 Dieses Berechnungsprinzip hat bereits Scheibler benutzt und auch bis zu 5 Kombinationst\u00f6nen damit gerechnet (H. Scheiblers Schriften 1838, darin: Mitteilungen \u00fcber das Wesentliche des musikalischen und physikalischen Tonmessers S. 10 u. 11).\nEin anderes Prinzip befolgte H\u00e4llstb\u00f6m. (Von den Kombinationst\u00f6nen. Pogg.Ann. d. Phys. 24, 1832, S. 444.) Er bildet von den bereits vorhandenen T\u00f6nen s\u00e4mtliche Differenzen, welche positiv sind und neue T\u00f6ne liefern. Wenigstens scheinen seine Beispiele nach diesem Prinzip gebildet (die 4. Keihe enth\u00e4lt aber offenbar ein Versehen oder einen Druckfehler, entweder mufs links 2 [s\u2014r] stehen, oder rechts 2 s\u2014 3 r).","page":40},{"file":"p0041.txt","language":"de","ocr_de":"Beobachtungen \u00fcber Kombinationst\u00f6ne.\n41\n[Ly. 4i]\nden obigen allgemeinsten Formeln auch D. T. zwischen den beiden P. T. und \u00fcber dem h\u00f6heren P. T. arithmetisch m\u00f6glich, z. B. 2 h \u2014 t, und ihr Vorkommen ist auch gelegentlich behauptet worden. Ich habe darum beim Suchen die Aufmerksamkeit zwar in erster Linie den KEUEGEBschen T\u00f6nen zugewandt, aber doch auch andere, namentlich die mit kleinen Koeffizienten, auf ihr wirkliches Vorkommen hin gepr\u00fcft.\nF\u00fcr solche, denen Koten \u00fcbersichtlicher sind als Zahlen, m\u00f6chte ich ein Schema hersetzen, das die unter und zwischen den P.T. arithmetisch m\u00f6glichen D. T. f\u00fcr bestimmte Hauptintervalle in der Oktave angibt und mir gute Dienste geleistet hat. Da D. T. sich immer nur stetig ver\u00e4ndern, kann man sich hiernach auch leicht die arithmetisch m\u00f6glichen D. T. der zwischen diesen Hauptstationen liegenden Intervalle ihrer Lage nach veranschaulichen. Die P. T. sind als halbe, die D. T. als Viertelnoten geschrieben. Die T\u00f6ne des Schemas entsprechen stets, von unten nach oben gerechnet, den Verh\u00e4ltniszahlen 1, 2 usf. bis zur Verh\u00e4ltniszahl des h\u00f6heren P.T. Von der Quinte aus tritt nach beiden Seiten rechnerisch eine Spaltung des D. T. ein, die sich bei jeder Station f\u00fcr jeden D. T. wiederholt. Aber es laufen auch jedesmal zwei D. T. zu einem zusammen. Die durch gleiche Noten wiedergegebenen D. T. bei nebeneinanderliegenden Intervallen sind in Wahrheit nicht ganz die gleichen, da jede kleine Ver\u00e4nderung von h s\u00e4mtliche D. T. ver\u00e4ndert. Aber diese enharmonischen Unterschiede (z. B. der beiden d bei 7 : 8 und 6 : 7) lassen sich in unseren Noten nicht wiedergeben.\nNicht alle diese T\u00f6ne sind in Keuegebs Schematismus enthalten, und umgekehrt kommen nicht alle KEUEGEEschen T\u00f6ne Mer vor. Aber die Tafel ist f\u00fcr den Musikalischen ein bequemer erster Leitfaden. Weiter nach aufsen, rechts und links, w\u00fcrden sich die D. T. immer mehr vervielf\u00e4ltigen und vor der Prime wie vor der Oktave gleichsam in einen Tonstaub aufl\u00f6sen.\nDas folgende graphische Schema gibt dagegen eine \u00fcber-","page":41},{"file":"p0042.txt","language":"de","ocr_de":"42\nC. Stumpf.\n[LV. 42]\nsichtliche Darstellung der KRUEGE\u00dfschen D. T. innerhalb der Oktave, gem\u00e4fs Kruegers eigener Figur (D, 272). Wir werden \u00f6fters darauf Bezug nehmen.\n% m\nII. Intervalle bis zur Oktave.\n1. J)\\ und D2 sind \u00fcberall vorhanden..\nBei dieser These, wie allen folgenden, haben wir nat\u00fcrlich nicht die tiefste Tonregion der P. T. im Auge, wo die D. T. \u00fcberhaupt unter die Tongrenze zu liegen k\u00e4men, aber auch nicht die h\u00f6chsten Oktaven \\ sondern die mittlere Region, in der man\n1 Hier\u00fcber vgl. die Tafel der D. T. f\u00fcr Intervalle von Gabeln zwischen\nc\u00b0 und A bei R. K\u00f6nig, \u00dcber die h\u00f6chsten h\u00f6rbaren und unh\u00f6rbaren T\u00f6ne usw.,\nAnn. d. Physik, N. F., 69, S. 626 f. Dafs K\u00f6nig von Stofst\u00f6nen spricht, macht keinen Unterschied in der Sache. Die Tabelle enth\u00e4lt aufser den Dl nur\neinige D2, und zwar nur bei Intervallen, die die Quinte \u00fcberschreiten, und nur bis zu dem Grundton /'1 * * * 5. Von da h\u00f6her hinauf erscheint ausschliefs-lich Di.\nAuch in den von mir mit Max Meyer angestellten Beobachtungen \u00fcber D. T. sehr hoher Gabeln und Pfeifen hatten wir\u2019s wesentlich immer","page":42},{"file":"p0043.txt","language":"de","ocr_de":"[LY. 43]\nBeobachtungen \u00fcber Kombinationst\u00f6ne.\n43\ndie Beobachtungen gew\u00f6hnlich anstellt, und welche auch f\u00fcr die an die Existenz von D. T. etwa zu kn\u00fcpfenden Folgerungen und Theorien wesentlich in Betracht kommt, etwa von 150 bis 2000 Schwingungen. Ferner ist bei der These von drei leichtverst\u00e4ndlichen Ausnahmen abgesehen, n\u00e4mlich von der unmittelbaren Umgebung der Prime, der Oktave und der Quinte ; wovon besonders gesprochen werden soll. Sonst sind Dx = 1% \u2014 t und I)2 = 2 t \u2014 h \u00fcberall leicht direkt h\u00f6rbar und liefern kr\u00e4ftige Schwebungen mit einer nahe gleich gestimmten Hilfsgabel. \u00dcber diese beiden D. T. ist man denn auch bei Intervallen innerhalb der Oktave seit lange einig. Im obigen Notenschema sind sie durch die h\u00f6chsten und tiefsten Viertelnoten repr\u00e4sentiert, aber so, dafs D1 diesseits der Quinte dem tiefsten, jenseits dem h\u00f6chsten entspricht, und umgekehrt D2. Bei sukzessiver Verstimmung der Prime (Aufw\u00e4rtsbewegung des h\u00f6heren P, T.) kommt D, aus tiefster Tiefe herauf und verschwindet zuletzt dicht unter dem tieferen P. T. Den umgekehrten Gang nimmt D2. Bei der Quinte kreuzen sie sich. Dies ist rechnerisch selbstverst\u00e4ndlich. Graphisch zeigt es das KauEGEEsche Schema am deutlichsten.\nD2 ist nicht etwa erster D. T. des Obertons 21 und des h\u00f6heren P. T. Er bleibt durchaus ebenso wahrnehmbar, wird oft sogar noch deutlicher, wenn man den Oberton 2 t durch Interferenz ausschliefst. Dies ist bereits durch M. Meyer\nmit -Dx zu tun. Doch ben\u00fctzten wir damals die D. T. nur als Mittel zum Zweck und achteten nicht so darauf, ob aufser diesem haupts\u00e4chlich her-vortretenden noch andere da waren. Nur bei einer Beobachtungsreihe, wo wir bei konstantem Grundton immer gr\u00f6fsere Intervalle nahmen, ben\u00fctzten wir auch 2t\u2014h, h \u20142t, 3t \u2014 h,h \u2014 3t, it \u2014 h; wobei aber (wie auch bei K\u00f6nig) die Obert\u00f6ne der Gabel t beteiligt sein mochten, was f\u00fcr unseren damaligen Zweck gleichg\u00fcltig war (Stumpf und Meyer, Schwingungszahlbestimmungen bei sehr hohen T\u00f6nen, Ann. d. Physik, N. F., 61, 760 f., bes. 771. Stumpf, \u00dcber die Bestimmung hoher Schwingungszahlen durch D. T., daselbst 68, S. 109). Einige Beobachtungen s. auch unten, II, 3.\nInteressant ist die Bemerkung K\u00f6nigs (in der erw\u00e4hnten Abhandlung \u25a0S. 634), dafs die Intervallweite, bis zu welcher sich D. T. bei Gabeln wahrnehmen lassen, mit der absoluten H\u00f6he des Grundtons immer kleiner wird ; wie dies auch seine Tabelle anschaulich zeigt. Zuletzt konnte er nur noch bei der kl. Sekunde (e7-{-/7) einen D. T. (Dt) bemerken. gG gab mit der Unterquarte dG noch einen vortrefflichen Dly mit der Unterquinte c6 dagegen keine Spur eines D. T.","page":43},{"file":"p0044.txt","language":"de","ocr_de":"44\nC. Stumpf.\n[LV. 44]\n(Ze\u00fcschr. f. Psychol. 11, S. 192 f.) und durch Krueger (C. 236) festgestellt. Ich kann es nur entschieden best\u00e4tigen.1 * *\nJ. Peterson bringt (a. a. 0. 121) folgendes Argument f\u00fcr dieselbe These. Wenn der Oberton 2 t mit dem P. T. h zusammen die volle Ursache des D2 w\u00e4ren, so m\u00fcfste man erwarten, dafs dieser D. T. noch besser herausk\u00e4me, wenn man statt t den Ton 21 als P. T. mit h verb\u00e4nde; also z. B. bei 4 :5 den Ton 4 durch 8 ersetzte. Dann kommt indessen zwar gleichfalls aer D. 1. 3 heraus (diesmal als Dj), aber er ist eher schw\u00e4cher als st\u00e4rker. Diese \u00dcberlegung und Tatsache kann man wenigstens als eine Best\u00e4tigung des durch die Interferenzversuche gelieferten Beweises ansehen ; als Beweis f\u00fcr sich allein w\u00fcrden sie vielleicht nicht ausreichen, da der Ton 3 bei 5: 8 doch immerhin auch ziemlich stark ist.\nOb etwa I)2 als D. T. des L\\ mit dem tieferen P. T. auf-zu fassen sei, da ja i \u2014 (h \u2014 t) \u2014 2t \u2014 7z, l\u00e4fst sich durch direktes Experiment nicht entscheiden. Unwahrscheinlich ist diese Interpretation schon darum, weil man den I)2 oft in F\u00e4llen deutlich und kr\u00e4ftig vernimmt, wo man D\u00b1 schwach oder gar nicht vernimmt (s. II, 11). Wir werden aber darauf zur\u00fcckkommen bei der allgemeineren Frage, ob \u00fcberhaupt Differenzt\u00f6ne imstande sind, neue Differenzt\u00f6ne zu erzeugen (II, 3). Da wir diese Frage nach bestimmten Versuchsergebnisseil verneinen, so ergibt sich der Schlufs, dafs D.2 auch so nicht abgeleitet werden kann, dafs er also eine eben so direkte Folge der Prim\u00e4rt\u00f6ne sein mufs wie D1. Die Bezeichnung als D. T. zweiter Ordnung ist daher im Grunde unberechtigt.\nAuch hierzu kann man aber noch eine analoge \u00dcberlegung wie die obige Petersons zur Bekr\u00e4ftigung anf\u00fchren, und diesmal eine sehr zwingende. W\u00e4re I)2 anzusehen als D. T. von t mit h \u2014 f.\n1 Helmholtz , der in seiner Monographie \u00fcber K. T. (Pogg. Ann. d.\nPhysik 99, 1856, S. 512) in der Tabelle \u00fcber die D. T. von Resonanzgabeln\nmittlerer Tonh\u00f6he immer nur den Dx anf\u00fchrt und hinzuf\u00fcgt, dafs er nicht\nim st\u00e4nde gewesen sei, durch das Geh\u00f6r das Vorhandensein anderer K. T. zu erkennen, welche tiefer gewesen w\u00e4ren als die P. T., hat sp\u00e4ter einger\u00e4umt (Tonempf.4 S. 256), dafs auch bei einfachen P. T. ganz schwache \u201emehrfache D. T.\u201c Vorkommen. Aber der D2 ist tats\u00e4chlich oft so stark und oft sogar st\u00e4rker als der D\u00b1. In diesem Falle hat den grofsen Forscher seine ausgezeichnete Beobachtungsgabe in unbegreiflicher Weise im Stiche gelassen. Im \u00fcbrigen geben allerdings Resonanzgabeln auch noch keine ganz einfachen P. T.","page":44},{"file":"p0045.txt","language":"de","ocr_de":"[LV. 45J\nBeobachtungen \u00fcbet' Kombinationst\u00f6ne.\n45\nso m\u00fcfste man den Ton mit derselben oder einer gr\u00f6fseren St\u00e4rke erhalten, wenn man t mit einem P. T., der dem Werte h \u2014 t entspricht, kombinierte. Also z. B., wenn bei 4:5 der D2 = 3 als D. T. von t \u2014 4 und D\u00b1\u2014 1 anzusehen ist, so kann man ja von vornherein t statt mit 5 mit dem P. T. 1 kombinieren und diesen auch beliebig stark nehmen. Man wird aber dann zwar einen D. T. 3 erhalten, aber von so minimaler St\u00e4rke, dafs er nur m\u00fchsam geh\u00f6rt wird (ist doch die^ Existenz der D. T. von Intervallen, die die Oktave \u00fcberschreiten, von vorz\u00fcglichen Beobachtern bezweifelt worden, s. IV, 2), w\u00e4hrend derselbe Ton 3 als D2 von 4 : 5 sehr kr\u00e4ftig ist. Nimmt man bei 1: 4 den Ton 1 so schwach, wie er als I)1 von 4 : 5 erscheint, dann wird man von einem D. T. 3 \u00fcberhaupt nicht das Geringste h\u00f6ren. Somit kann der starke D. T. 21 \u2014 h jedenfalls nicht blofs auf dem Wege t \u2014 (h \u2014 t) zustande kommen.\n\u00fcber die St\u00e4rkeverh\u00e4ltnisse des D1 und \u00fc2 s. unten 11.\nNicht ohne Interesse ist das Verhalten der D. T. in den drei vorhin genannten Regionen. In \u00dcbereinstimmung mit R. K\u00f6nig und K. L. Sch\u00e4eeer (.Zeitschr. f. Psych. 21, S. 167) fand ich, dafs bei der Verstimmung der Prime der tiefe D1 zuerst bei etwa 30 Schwingungen Differenz der beiden P. T. h\u00f6rbar wird ; welches demnach seine kleinste Schwingungszahl ist.1 * * Die absolute H\u00f6he der P. T. scheint darauf keinen wesentlichen Einfiufs zu haben. Nat\u00fcrlich mufs man die P. T. nicht selbst so tief nehmen, dafs der D. T. sich nicht mehr deutlich von ihnen abhebt.\nAm anderen Ende, wenn sich das Intervall der reinen Oktave n\u00e4hert und D2 immer tiefer nach unten r\u00fcckt, verschwandet dieser schon fr\u00fcher, bei 2 t \u2014 h = etwa 60 Schwingungen ; w7as mit der geringeren St\u00e4rke der D. T. in der oberen H\u00e4lfte der Oktave Zusammenh\u00e4ngen wird.\n\u00dcber das erste Auftreten und das schliefsliche Verschwunden des jeweilig h\u00f6heren D. T. habe ich keine Messungen gemacht, nehme aber an, dafs er sp\u00e4ter beginnt und fr\u00fcher endigt als der tiefe, weil dieser ihn sowohl in der N\u00e4he der Prime als der Oktave an St\u00e4rke \u00fcbertrifft.\nInteressanter schien mir das Verhalten in der Mitte, nahe\n1 Krueger gibt an (D, 274), dafs er erst bei etwa 40 Schwingungen die\nD. T. qualitativ bestimmbar fand, dafs sich aber unter geeigneten Versuchs-\nbedingungen die Grenze wohl noch etwas werde herabdr\u00fccken lassen.","page":45},{"file":"p0046.txt","language":"de","ocr_de":"46\nC. Stump/.\n[LY. 46]\ndem Quintenintervall. Hier liegen die beiden D. T. einander so nahe, dafs sie aufh\u00f6ren, unterscheidbar zu sein. Die Frage ist nun: H\u00f6rt man von dem Punkt an, wo die beiden D. T. nicht mehr getrennt h\u00f6rbar sind, statt ihrer einen einfachen Ton von zwischenliegender H\u00f6he, oder h\u00f6rt man sie doch beide, nur eben ohne Unterscheidung, oder endlich h\u00f6rt man nur einen von beiden, w\u00e4hrend der andere verdr\u00e4ngt ist? Wir kommen auf diese Frage unter II, 6 (Schlufs).\n2. Zwischen der kleinen Terz und der Oktave sind hei Prim\u00e4rt\u00f6nen bis zu cA keine sonstigen Differenzt\u00f6ne unterhalb des tieferen Prim\u00e4rtons nachweisbar.\nWir stellen zun\u00e4chst eine Tafel zusammen aus den s\u00e4mtlichen Tonverh\u00e4ltnissen zwischen dem kleinen Ganzton 9 : 10 und der grofsen Septime 8 :15, soweit sie durch ganze Zahlen zwischen 1 und 21 gegeben sind (die Grenze ist nat\u00fcrlich willk\u00fcrlich, irgendwo mufs man aufh\u00f6ren), nach ihrer Gr\u00f6fse geordnet. Zu schnellerer Orientierung sind die gebr\u00e4uchlichen musikalischen Intervalle fett gedruckt. Die kleinen Buchstaben unter den Br\u00fcchen ordnen diejenigen Verh\u00e4ltnisse diesseits und jenseits der Quinte einander zu, die nach der KEiTEOEEschen Subtraktionsmethode die n\u00e4mlichen D. T. unterhalb t, nur in verschiedener Anordnung (speziell immer D1 und D2 vertauscht), ergeben. Auch die nicht mit Buchstaben bezeichneten haben nat\u00fcrlich ihre Pendants auf der Gegenseite, aber deren Verh\u00e4ltniszahlen \u00fcberschreiten in diesen F\u00e4llen die gew\u00e4hlte Grenzzahi 21. Wir schreiben die Verh\u00e4ltnisse in der dem Auge gewohnteren Form echter Br\u00fcche.\n\t\t9\t17\t8\t15\t7\t13\t6\t17\t11\t16\t5\t14\t9\t13\t17\t4\t15\n\t\t10\t19\t9\t17\t8\t15\t' 7\t20\t13\t19\t6\t17\t11\t16\t21\t5\t19\n\t\t\t\ta\t\tb\t\tc\t\td\t\te\t\tf\t\t\tg\t\n11\t7\t10\t13\t16\t3\t14\t11\t8\t13\t5\t12\t7\t9\t11\t13\t2\t\t\n14\t9\t13\t17\t21\t4\t19\t15\t11\t18\t7\t17\t10\t13\t16\t19\t3\t\t\nh\ti\tk\t\t\t1\t\tm\tn\t0\tP\tq\tr\ts\tt\tu\t\t\t\n\t2\t13\t11\t9\t7\t12\t5\t13\t8\t11\t3\t10\t7\t11\t4\t9\t5\t11\n\t3\t20\t17\t14\t11\t19\t8\t21\t13\t18\t5\t17\t12\t19\t7\t16\t9\t20\n\t\tu\tt\ts\tr\tq\tP\t0\tn\tm\t1\tk\ti\th\tg\tf\te\td\n_6_\t7_\t_S\n11 13 15 c b a","page":46},{"file":"p0047.txt","language":"de","ocr_de":"[LV. 47]\nBeobachtungen \u00fcbet' Kombinationst\u00f6ne.\n47\nDie Serie der auf Multipla von 50 bez. 100 abgestimmten Gabeln erm\u00f6glichte es, alle diese Verh\u00e4ltnisse ohne weiteres herzustellen, meistens sogar in zwei verschiedenen Oktaven. Nach den Gabeln konnte in wenigen Sekunden auch der Sternsehe Apparat auf das gew\u00fcnschte Verh\u00e4ltnis eingestellt werden.\nIch habe nun alle diese Verh\u00e4ltnisse untersucht, viele davon h\u00e4ufig und immer wieder untersucht, habe aber nirgends aufser bei den Intervallen diesseits der kleinen Terz, von denen wir noch besonders reden, irgendwelche D. T. finden k\u00f6nnen, die sich nicht als D1 oder Zfi der P. T. oder ihrer Obert\u00f6ne herausstellten.\nAbsichtlich pr\u00fcfte ich die Intervalle nicht in dieser Reihenfolge, sondern durcheinander, auch sonst unter den verschiedensten Umst\u00e4nden, um jede M\u00f6glichkeit von Versuch zu Versuch konstant bleibender Fehlerquellen auszuschliefsen. In engeren Grenzen habe ich aber auch nicht unterlassen, benachbarte Intervalle im Anschlufs aneinander, sowie auch die stetige Ver\u00e4nderung eines Intervalles zu untersuchen.\nGehen wir von den einfachsten Verh\u00e4ltnissen aus, so kann 2 :3 schon rechnerisch \u00fcberhaupt nur einen D. T. unterhalb t haben, 3 : 4 und 3 : 5 nur die beiden schon bekannten, Dt und D2 mit den Verh\u00e4ltniszahlen 1 und 2. Die Fragen beginnen bei 4:5 und dem homologen 4:7. Ist hier der Ton 2 vorhanden?\nMan kann ihn bei 4 : 5 an Labialpfeifen gelegentlich schwach h\u00f6ren. Aber er verschwindet, wenn man den Oberton 2 h vollst\u00e4ndig aus sch alt et. Auch meine beiden Mitbeobachter haben sich hiervon \u00fcberzeugt. Ich habe den Versuch gelegentlich auch in der Weise gemacht, dafs die Interferenzr\u00f6hren auf 2 h eingestellt und wieder abgestellt werden, ohne dafs ich es wufste, und regelm\u00e4fsig (mit Ausnahme eines unentschiedenen Urteils) in 5 F\u00e4llen angegeben, dafs im ersten Falle die leisen Schwebungen mit einer Hilfsgabel wegfielen, im zweiten wiederkamen. Bei 4 : 7 konnten wir den Ton 2 schon vor der Einschaltung der Interferenzr\u00f6hren nicht h\u00f6ren, erhielten auch keine Schwebungen durch Hilfsgabeln (abgesehen von leisen Schwebungen ihres ersten Obertons mit dem P. T. 4).\nEs ist mir eine erfreuliche Best\u00e4tigung, dafs auch Peterson (a. a. O. S. 123) angibt, bei 4 : 5 mit einer auf 2 + \u00f4 abgestimmten Hilfsgabel, wenn sie nur schwach t\u00f6nte und keinen Oberton mehr","page":47},{"file":"p0048.txt","language":"de","ocr_de":"48\nG. Stumpf.\n[LV. 48]\ngab, absolut nichts yon Schwebungen wahrgenommen zu haben. Er schliefst daraus ebenfalls, dafs der Ton 2 sehr wahrscheinlich nicht existiere. Zur vollen Sicherheit ist es aber unerl\u00e4fslich, den ersten Ob ert\u00f6n des F. T. h, also 2h, auszuschalten, da 2 h \u2014 2t = 2 und nicht minder 81 \u2014 2h \u2014 2.\nBei 5:6 und 5:9 w\u00fcrden rechnerisch aufser D, und D., noch die T\u00f6ne 2 und 3 herauskommen. Sie sind nicht vorhanden. Als ich bei 500 : 600 einmal minimal leise Schwebungen mit der Gabel 200 zu bemerken glaubte, stellte sich heraus, dafs sie von dem noch schwach vorhandenen 3. Teilton (der Duodezime) der Gabel herr\u00fchrten, der mit dem P. T. 600 schwebte.\nEbensowenig sind bei 5 : 7 und 5 : 8 die T\u00f6ne 1 und 4 vorhanden. Hier kann man zun\u00e4chst leicht dadurch get\u00e4uscht werden, dafs man den Ton 1 mit seiner Oktave 2, die vorhanden ist (als D1 bei 5 : 7, als Z>2 bei 5:8), verwechselt. M. Meyer, der das Vorhandensein von 1 behauptet, hebt doch vorsichtigerweise immer hervor, dafs es ihm nicht gelungen sei, 1 und 2 voneinander zu trennen, spricht daher immer von einem \u201etiefen Differenzton 1 + 2\u201c.1 Aber die Hilfsgabel 1 bleibt vollkommen ruhig (ausgenommen nur wieder ihre leisen Obertonschwebungen mit dem D. T. 2).\nDafs es sich tats\u00e4chlich nur um 2, nicht um 1, handelt, kann man auf verschiedene Weise erkennen: a) indem man 5 : 7 (bzw. 5:8) abwechselnd in einer tieferen Oktave angibt, also etwa zuerst 500 : 800, dann 250 :400, und dabei auf den Unterschied zwischen den T\u00f6nen 50 und 100 achtet, oder b) indem man sich die Tonh\u00f6he des Tones 1 durch eine gesonderte Klang-\n1 Ze\u00fcschr. f. Psychol. 16, 4, 11. Auf die Verschmelzung von D. T., die im Oktavenverh\u00e4ltnis stehen, hat II. K\u00f6nig namentlich bei der Quarte hingewiesen (\u00dcber den Zusammenklang zweier T\u00f6ne, Poggendorffs Ann. d. Physik 1876, 157, S. 191, 196, 213, 214), obgleich sie da beide wahrnehmbar sind und auch von ihm als wahrgenommen angegeben werden. Bei der Sexte 3:5 ist es mir noch k\u00fcrzlich wieder aufgefallen, dafs ein sehr feinh\u00f6riger Herr nicht imstande war, zu sagen, ob er den D. T. 1 oder 2 h\u00f6re. Sie sind hier zweifellos beide vorhanden, wurden aber von ihm nicht unterschieden.\nNebenbei bemerkt, ergibt sich aus solchen Tatsachen evident, dafs man die Verschmelzungsunterschiede zwischen zwei T\u00f6nen nicht aus irgend einem Einflufs von Differenzt\u00f6nen herleiten kann, da sich die n\u00e4mlichen Unterschiede eben auch unter den Differenzt\u00f6nen selbst finden.","page":48},{"file":"p0049.txt","language":"de","ocr_de":"[LY. 49]\nBeobachtungen \u00fcber Kombinationst\u00f6ne.\n49\nquelle (von m\u00f6glichst einfachem Klang, also Gabel oder Labialpfeife) vergegenw\u00e4rtigt,1\nSehr \u00fcberzeugend war mir folgender Versuch. Man gibt zuerst nur 5 : 7 an, f\u00fcgt dann noch den P. T. 8 hinzu. Oder umgekehrt zuerst nur 5:8, dann noch 7 dazu. Es tritt dann der vorher nicht dagewesene Ton 1 hinzu (durch 8\u20147), und man kann den Unterschied sehr gut wahrnehmen, wenn man die dritte Gabel mehrmals hinzu- und hinwegnimmt.\nNoch eklatanter ist folgende Kombination. Man gibt die drei T\u00f6ne 4:5:7 zusammen an. Sie liefern die D. T. 1, 2, 3 und keine anderen. Wenn man nun abwechselnd die T\u00f6ne 4 und 7 aus dem Dreiklang der P. T. wegnimmt, so erkennt man aufs Deutlichste, wie der Ton 1 einmal hinzukommt, einmal hinwegf\u00e4llt. 4 :5 allein gibt 1, 5:7 allein dagegen gibt 1 nicht. Man kann es sowohl direkt als mit der schwebenden Hilfsgabel 1 versuchen, immer wird man den Unterschied der beiden F\u00e4lle evident finden.\nM\u00f6glich w\u00e4re es auch hier, dafs man den Ton 1 noch gelegentlich vern\u00e4hme, wenn die zweiten und dritten Teilt\u00f6ne stark genug sind, da ja 3 \u2022 5 \u2014 2-7 = 1 und ebenso 2-8 \u2014 3 \u2022 5 == 1. Aber bei obertonfreien Kl\u00e4ngen whrd man sicher nichts davon h\u00f6ren.\nSo zeigt sich denn auch wreiter bei 6 : 11 nichts von 2, 3, 4, bei 7 : 10 und 7 : 11 nichts von 1, 2, 5, 6, bei 7 : 9 und 7 : 12 nichts von 1, 3, 4, 6, bei 8 :11 und 8 :13 nichts von 1, 2, 4, 6, 7, usw.\nWelche unerwarteten T\u00e4uschungsquellen hier aber wirksam sein k\u00f6nnen, lehrte mich eine Beobachtung bei 7 : 11. Hier hatte ich zun\u00e4chst entschieden den Eindruck, als ob neben den sehr gut ausgebildeten D1 = 4 und D2 \u2014 3 auch der Ton 2 vorhanden sei. Wenn man nun aber das Intervall der P. T., das eine erh\u00f6hte Quinte darstellt, durch langsame stetige Vertiefung des Tones 11 am STEKNschen Apparate bis zur Quinte vertieft, dann wdeder zur\u00fcck bis 7:11 und so mehrmals hin und her stetig ver\u00e4ndert, so erkennt man die Quelle dieser Urteilst\u00e4uschung. Bei Verstimmung der Quinte entstehen Schwebungen durch die\n1 Vgl. auch meine \u201eBemerkungen \u00fcber akustische Apparate\u201c Zeitschr. f. Psychol. 6, 38. Ich habe damals gerade zur Unterscheidung der D. T. 1 und 2 eine besondere Zunge (80) in den Dreiklangapparat auf genommen, da ich bereits auf das Fehlen des Tones 1 aufmerksam geworden war. Stumpf, Beitr\u00e4ge V.\t1","page":49},{"file":"p0050.txt","language":"de","ocr_de":"50\nC. Stumpf.\n[LV. 50]\nSpaltung des einzigen D. T. der Quinte in Zfi und ZQ Diese treten dann immer weiter auseinander, aber ihre Schwebungen dehnen sich noch bis zum Intervall 7:11 aus, und die Rauhigkeit, die infolgedessen dem D1 = 4 dieses Intervalls anhaftet, verleiht ihm einen eigent\u00fcmlich tieferen Anstrich, demzufolge er mit seiner tieferen Oktave verwechselt werden kann, wenn man nicht genau Acht gibt. (\u00c4hnlich ist es, wenn man von 2: 3 nach 7 : 10 und 5 : 7 heruntergeht.) So kann allein Experiment und Analyse des einzelnen Falles \u00fcber die wirkliche Fl\u00f6he der geh\u00f6rten T\u00f6ne in Zweifelsf\u00e4llen Klarheit schaffen, und es versteht sich, dafs ungen\u00fcgend ge\u00fcbte Beobachter, zumal wenn sie nicht in der Lage sind, die einzelne Erscheinung nach Bedarf zu variieren, solchen T\u00e4uschungen preisgegeben sind.\nIch mufs mit der These dieses Abschnittes nicht blols Kruegee widersprechen, dessen Ds, D4, D5 ich in dem angegebenen Bezirke nirgends finden konnte, sondern auch M. Meyer, wenn er bei Intervallen, deren Yerh\u00e4ltniszahlen sich um mehr als eine Einheit unterscheiden, aufser Bi und D2 noch den D. T. 2 h\u20143 t statuiert. Dies w\u00e4re z. B. bei 7 :11 der Ton 1, bei 8 : 13 der Ton 2. Obschon ich wegen der Sorgfalt, die M. Meyer sonst seinen Differenztonbeobachtungen widmete, hierauf ausdr\u00fccklich achtete, konnte ich diese D. T. weder direkt noch mit Hilfsgabeln konstatieren.1 * *\nDie Aufstellung ist jedoch auf die Region bis c4 beschr\u00e4nkt, weil ich mit P. T. noch h\u00f6herer Oktaven diese Frage nicht systematisch untersucht habe. Es w\u00e4re nicht ausgeschlossen, dafs z. B. der D. T. 3t\u2014-2h, der in der mittleren Region nur bei Intervallen unterhalb der kleinen Terz als selbst\u00e4ndiger K. T. auftritt (s. Nr. 9), bei sehr hohen und starken P. T. auch noch von gr\u00f6fseren Intervallen unabh\u00e4ngig von Obert\u00f6nen erzeugt w\u00fcrde. Aber die Frage wird nicht leicht zu entscheiden sein.\n1 In meiner Tonpsychol. II, 253 f. habe ich die stetige Tonbewegung\nder D. T. beim stetigen \u00dcbergang- der P. T. von der Quarte bis zur kl.\nSexte dargestellt und dabei auch vermerkt, dafs bei der letzteren weder 1\nnoch 4 zu h\u00f6ren waren, obschon ich sie damals noch erwartete. Diese Bewegungen der geh\u00f6rten D. T. entsprechen genau dem, was ich auch jetzt h\u00f6re; nur die leise Bewegung eines D. T. von c1 nach dem P. T. fl hinauf f\u00e4llt bei einfachen T\u00f6nen hinweg, sie ist die Folge der beiden ersten Obert\u00f6ne, die unter einander diesen D. T. bilden.","page":50},{"file":"p0051.txt","language":"de","ocr_de":"[LY. 51]\nBeobachtungen \u00fcber Kombinationst\u00f6ne.\n51\n8. Differenzt\u00f6ne von Prim\u00e4rt\u00f6nen Ibis zu c4 bilden unter sich und mit Prim\u00e4rt\u00f6nen keine weiteren beobachtbaren Differenzt\u00f6ne.\n1. Die Bildung von D. T. durch D. T. hat M. Meyer (Zeitschr. f. Psychol. 11, 194) vertreten.1 Er f\u00fchrt aber nur einen Versuch an, der mir bei der Nachpr\u00fcfung mit genau denselben Klangquellen (die Versuche waren ja im Berliner Psychologischen Institut gemacht) nicht in diesem Sinne gelingen wollte. Es waren die drei h\u00f6chsten Gabeln der unter I, 3 erw\u00e4hnten K\u00f6NiGschen Serie, c4, h'\\ as. Ihre drei T\u00f6ne 2048, 1920, 1707 geben paarweise die JD1 : 128, 213, 341. \u201eStreicht man jedoch\u201c \u2014 sagt Meyer \u2014 \u201ealle drei Gabeln gleichzeitig an, so h\u00f6rt man \u2014 wozu allerdings einige \u00dcbung erforderlich ist \u2014 einen tieferen Differenzton, den ich durch Vergleich mit objektiven T\u00f6nen als 85 feststellte. Dies ist nun in der Tat die Differenz von 213 und 128.\u201c\nDa es mir nicht gelang, diesen Ton zu h\u00f6ren, auch keine noch so leisen Schwebungen mit einer auf 85 abgestimmten EuELMANNschen Gabel resultierten, so w\u00e4hlte ich unter einem Satze von Miniaturpfeifchen, durch den unsere Flaschenorgel jetzt bis in die h\u00f6chsten Regionen weitergef\u00fchrt ist, drei aus, deren H\u00f6he den K\u00f6niGschen Gabeln nahezu entsprach (auf einige Schwingungen kommt es hier nicht an, da die Differenzt\u00f6ne ja nicht an musikalische Verh\u00e4ltnisse gebunden sind). Man hat bei den Pfeifchen den Vorteil beliebig langdauernder unver\u00e4nderter Tonst\u00e4rke. Ich konnte nun bei dem genannten Dreiklang aufserordentlich stark die Differenzt\u00f6ne der einzelnen Paare h\u00f6ren, aber weiter nichts. Der tiefste Ton beim gleichzeitigen Erklingen\n1 Krueger sagt (C 205), der Befund Meyers sei bereits durch Scheibler und Helmholtz gesichert. \u00dcber Scheiblers Versuche s. im Text. Was aber Helmholtz betrifft, so sagt er nur (Tonempf.4 257), man k\u00f6nne \u201edie Sache so dar st eilen, als wenn\u201c der 1. Differenzton mit den prim\u00e4ren T\u00f6nen selbst wieder Differenzt\u00f6ne g\u00e4be usf. Besondere Versuche zum Beweis f\u00fcr die selbst\u00e4ndige Zeugungsf\u00e4higkeit von Kombinationst\u00f6nen hat Helmholtz meines Wissens nicht angestellt.\nA. Appunn liefs die Differenzt\u00f6ne unter sich sogar Summationst\u00f6ne bilden (s. die S. 18 zitierte Schrift). Dann kommen die Prim\u00e4rt\u00f6ne auch wieder heraus, und wir erhalten eine Art perpetuum mobile, bei dem eigentlich alle beteiligten T\u00f6ne ganz von selbst immer st\u00e4rker werden m\u00fcfsten.\n4*","page":51},{"file":"p0052.txt","language":"de","ocr_de":"52\n0. Stumpf.\n[LY. 52J\naller drei Pfeifchen war 130, entsprechend Meyees 128, er schwebte mit einer auf diese H\u00f6he gestimmten EoELMANN-Gabel, aber er wurde ebenso auch schon durch die zwei h\u00f6heren Pfeifchen f\u00fcr sich allein hervorgebracht. Eine auf die Region um 85 gestimmte Gabel lieferte wiederum keine Schwebungen.\nDiesen Versuch wiederholte ich k\u00fcrzlich der Sicherheit halber mit Herrn Dr. E. Fischeb, einem jungen akustischen Mitarbeiter. Wir bem\u00fchten uns, aufser den D\u00b1 auch alle sonstigen h\u00f6rbaren D. T. der einzelnen Tonpaare zu finden. D.2 konnten wir nur bei c4 -f- a? beobachten, bei den zwei anderen Paaren liegt er schon zu nah an t (das Intervall [2 h \u20141\\ :t ist beide Male kleiner als ein Halbton). Dagegen fand sich bei allen drei Paaren, c4 + A3, 7is -j- a\u00ae, c4 -f- a8, der D. T. 2 h \u2014 21, zweifellos durch die ersten Obert\u00f6ne der sehr stark t\u00f6nenden Pfeifchen erzeugt, Als nun alle drei Pfeifchen zusammen angegeben wurden, glaubte Dr. Fischeb anfangs deutlich einen tiefen, vorher nicht dagewesenen Ton, und zwar C, zu h\u00f6ren. Es zeigte sich aber bald, dafs es c = 256 war, welches von c4 -f- h* allein schon als 2 h \u2014 21 gegeben wird. Aber es entsteht eine bemerkenswerte Rauhigkeit des Gesamtklanges, wenn die dritte Pfeife dazukommt, weil rasche Schwebungen zwischen den D. T. auf treten, namentlich zwischen 213, dem Dt des zweiten Paares, und dem eben genannten 256. Durch diese Rauhigkeit entsteht dann auch der Schein, als k\u00e4me noch ein tieferer Ton hinzu. Eine Pr\u00fcfung mit der Hilfsgabel 85 ergab auch diesmal keine Schwebungen. Auch von anderen Mitbeobachtern wurde dies best\u00e4tigt; aber die meisten hatten zuerst den Eindruck vom Vorhandensein eines tieferen Tones.\nIch glaube daher annehmen zu m\u00fcssen, dafs auch M. Meyeb einer T\u00e4uschung unterlegen ist, die gegen\u00fcber so tiefen T\u00f6nen leicht eintritt, zumal da er nichts von einer Kontrolle durch schwebende Hilfsgabeln erw\u00e4hnt.\nIch habe aber noch mehrfache Versuche zur Entscheidung der wichtigen Frage angestellt, und zwar im allgemeinen nach der Methode Meyees, d. h. durch Angabe dreier zweckm\u00e4fsig ausgew\u00e4hlter T\u00f6ne. Es sind ja im Grunde zwei verschiedene Fragen: ob eine solche Weiterzeugung von Differenzt\u00f6nen m\u00f6glich ist durch Differenzt\u00f6ne, die demselben objektiven Tonpaar-, und ob sie m\u00f6glich ist durch Differenzt\u00f6ne, die verschiedenen objektiven Tonpaaren entstammen. Das erstere w\u00e4re der Fall, wenn ein Dg, D4 . . . durch die D\u00b1 und D2 gebildet w\u00fcrde. Da aber solche","page":52},{"file":"p0053.txt","language":"de","ocr_de":"[LY. 53]\nBeobachtungen \u00fcber Kombinationst\u00f6ne.\n53\nD. T. in meinen bisher erw\u00e4hnten Beobachtungen \u00fcberhaupt nicht vorkamen, und da, selbst wenn sie vorgekommen w\u00e4ren, die Frage noch offen bliebe, ob sie wirklich aus Dx -j- D2 und nicht vielmehr selbst\u00e4ndig neben diesen aus den P. T. entspr\u00e4ngen, so brachte ich die Frage hier nur in dem Sinne aufs Experiment, wie sie auch von Meyer verstanden war : Entstehung eines neuen D. T. durch zwei aus verschiedenen Tonpaaren entspringende D. T. Es ist ja auch anzunehmen, dafs, wenn \u00fcberhaupt eine Weiterzeugung von D. T. m\u00f6glich ist, sie noch am ehesten bei X). T. von selbst\u00e4ndigem Ursprung eintreten wird. Umgekehrt wird man daher, wenn sie in diesem Falle nicht eintritt, annehmen d\u00fcrfen, dafs sie \u00fcberhaupt nicht vorkommt.\nFolgende 6 Dreikl\u00e4nge wurden mit den STERNschen Pfeifen hergestellt (die Zahlen immer mit 100 zu multiplizieren) :\na) 7 :11 : 14, b) 5 : 7 : 10, c) 5 : 7 : 12, d) 7 : 9 : 12, e) 7 : 10 : 12.\nBei a) entstehen die Bt 4 und 3, die D2 3 und 8. Man findet aber nichts von 1=4\u20143, weder direkt noch mit schwebenden Hilfsgabeln.\nBei b) entstehen die D1 2 und 3, die D2 3 und 4. Von 1, das also hier sogar doppelt hervorgebracht w\u00fcrde, wieder nichts. (Nat\u00fcrlich mufs der Zusammenklang ganz rein sein, sonst treten Schwebungen auf den T\u00f6nen 2 oder 3 auf, die irrt\u00fcmlich als Schwebungen der Hilfsgabel gedeutet werden k\u00f6nnten.)\nBei c) entstehen die D. T. 2, 3, 5, 7. Aber weder 1 noch 4. Bei der Hilfsgabel 1 mufs man wieder vorsichtig sein, um nicht ihre Obertonschwebungen mit Grundtonschwebungen zu verwechseln.\nEbenso steht es bei d), wo die D. T. 2, 3, 5 und 5, 6, 2 resultieren, also 3 \u2014 2 und 6 \u2014 5 den Ton 1 geben m\u00fcfsten, und bei e), wo derselbe Ton durch die D. T. 3, 2, 5 und 4, 8, 2 gleichfalls 2 mal erzeugt werden m\u00fcfste. Auch hier keine Schwebungen mit dem Grundton der Gabel 1.\nDen Versuch b) habe ich k\u00fcrzlich mit Dr. Fischer nicht blofs in der urspr\u00fcnglichen Lage wiederholt, sondern auch um eine Oktave h\u00f6her, also mit den T\u00f6nen 1000 :1400 : 2000, wobei die letzten zwei T\u00f6ne durch Pfeifen der Edelmannsehen kontinuierlichen Tonreihe erzeugt wurden. Im ersten Fall ergab sich ganz dasselbe wie fr\u00fcher, im zweiten beobachteten wir allerdings schon beim Zusammenklange der zwei h\u00f6heren Pfeifen aufser den D. T. 600 und 800 einen ganz schwachen Ton 200, und ebenso beim","page":53},{"file":"p0054.txt","language":"de","ocr_de":"54\nC. Stumpf.\n[LV. 54J\nZusammenklang der beiden tieferen anfser 400 und 600 denselben Ton 200, beide Male in der N\u00e4he der jeweilig tieferen Pfeife. Dieses 200 erkl\u00e4rt sich aber aus den zwei ersten Obert\u00f6nen der Pfeifen , es ist einerseits \u2014 3 \u00bb 1400 \u2014 2 \u2022 2000, andererseits = 3 \u2022 1000 \u2014 2 \u2022 1400. Die Frage mufste daher nicht so gestellt werden, ob beim Zusammenklang aller drei Pfeifen der Ton 200 auftrete, sondern so: Wenn man von einer Raum stelle aus beobachtet, an der der Ton 200 nur von den zwei tieferen Pfeifen vernommen wird, w\u00e4hrend der von den zwei h\u00f6heren erzeugte 200 daselbst ganz unh\u00f6rbar ist, wird er dann st\u00e4rker, wenn zuerst die zwei tieferen Pfeifen angegeben und darauf die h\u00f6chste hinzugef\u00fcgt wird? Wenn ja, so w\u00e4re allerdings anzunehmen, dafs dieser Ton auch als sekund\u00e4rer D. T. der beiderseitigen J)1 und D2 zustande kommt. Die Antwort lautete aber f\u00fcr uns beide entschieden: Nein, er beh\u00e4lt genau dieselbe St\u00e4rke.\nAlso gilt unsere Regel auch noch f\u00fcr diese h\u00f6here Lage der Prim\u00e4rt\u00f6ne.\nAus fr\u00fcherer Zeit wird durch A. R\u00f6ber \u00fcber Versuche von Scheibler berichtet, durch die dieser verdiente Akustiker D. T. von D. T. beim Zusammenklingen mehrerer Tonpaare konstatiert habe, wenigstens insofern er Schwebungen beobachtete, die nur durch solche D. T. erkl\u00e4rbar seien.1 Ich habe auch diese F\u00e4lle genau nachgepr\u00fcft.\nDer erste Fall (a. a. O. S. 501) betrifft 4 Stimmgabeln mit den Schwingungszahlen 110, 233, 277, 427.2 3 Hier beobachtete Scheibler beim Zusammenklingen 3,3 St\u00f6fse. Man sieht aber sogleich, dafs der Dl des ersten Paares = 123 mit dem D2 des letzten Paares = 127 4 St\u00f6fse gibt, ohne dafs man zu h\u00f6heren D. T. zu greifen braucht.\nDen zweiten Fall (S. 503) bildeten 3 Gabeln mit den Schwingungen 220, 349, 415. Hier beobachtete Scheibler 3 St\u00f6fse, die er so erkl\u00e4rt: 220 gibt mit 349 den D. T. 129, 349 mit 415 gibt 66, diese beiden D. T. untereinander geben 63, welches mit 66 die 3 St\u00f6fse macht. Hier ist nun eine\n1\tPogg. Ann. cl. Physik 32 (1834) S. 333 f., 492 f. In der Sammlung von Scheiblers eigenen Schriften v. J. 1838, die ich besitze, finden sich diese Versuche nicht erw\u00e4hnt. Nur die Tatsache selbst, dafs durch K. T. h\u00f6heren Grades St\u00f6fse erzeugt werden k\u00f6nnen, wird besprochen (Mitteilungen usw. S. 10 f.). Es ist aber nicht wohl zu bezweifeln, dafs R\u00f6ber nach authentischen Mitteilungen Scheiblers berichtet hat.\n2\tScheibler (R\u00f6ber) z\u00e4hlt einfache Schwingungen und gibt sie mit\n3 Dezimalen an. So genau lassen sich aber die Schwingungszahlen mit der Schwebungsmethode \u00fcberhaupt nicht messen, und es ist nur ein Rechnungsprodukt, dafs auch die nachher beobachteten D. T.-Schwebungen noch in der 3. Dezimale mit der Rechnung \u00fcbereingestimmt haben sollen. Ich runde hier auf ganze Zahlen ab und reduziere diese auf Doppelschwingungen.","page":54},{"file":"p0055.txt","language":"de","ocr_de":"[LV. 55]\nBeobachtungen \u00fcber Kombinationst\u00f6ne.\n55\nErkl\u00e4rung durch die D. T. A und A unm\u00f6glich, sie liegen nirgends nahe genug aneinander. Ich habe daher diesen Fall genau nachgebildet., nur eine Oktave h\u00f6her und am Sternsehen Apparat, dessen T\u00f6ne man beliebig lang und in gleicher St\u00e4rke beobachten kann. Dabei habe ich nun zwar den D. T. 132 (dem obigen 66 entsprechend) leicht h\u00f6ren k\u00f6nnen, aber nicht das Geringste von 126, und auch nicht das Geringste von Schwebungen in dieser Tonregion. Auch durch eine EDELMANNSche Hilfsgabel liels sich 132 feststellen und zwar in genau der bezeichneten H\u00f6he. Als dann dieselbe Hilfsgabel etwas vertieft und der Schwingungszahl 126 gen\u00e4hert wurde, wurden die Schwebungen rascher, da sich die Tonh\u00f6he eben von 132 entfernte, aber es kamen nicht zugleich irgendwelche langsameren Schwebungen zutage, die auf das Vorhandensein von 126 hingedeutet h\u00e4tten. Diese Beobachtungen wurden von drei Mitbeobachtern best\u00e4tigt. Hier ist also Scheibler einer Selbstt\u00e4uschung unterlegen, deren Ursache eich allerdings nicht mehr feststellen l\u00e4fst.\nIn einem dritten Falle handelte es sich um die 4 Gabeln 220, 277, 349, 440. Die erste und vierte bildeten eine genaue Oktave, die mittleren mit der ersten einen ziemlich genauen \u00fcberm\u00e4fsigen Dreiklang. Hier beobachtete Sch, wieder 4 St\u00f6fse und leitete sie daraus ab, dafs zun\u00e4chst o7, 72, 91, aus diesen dann 15 und 19 resultieren, die die 4 St\u00f6fse liefern. Auch diesen Fall habe ich genau nachgepr\u00fcft, nur wieder in der h\u00f6heren Oktave. Wenn die beiden \u00e4ufseren T\u00f6ne wirklich ein reines Oktavenverh\u00e4ltnis haben, bleiben die s\u00e4mtlichen D. T. ruhig, d. h. sie geben zwar vielfach ein Schwirren, das auf den raschen Schwebungen der A H4, 144, 182 untereinander beruht, aber sie geben keine langsamen Schwebungen, wie sie Scheibler beobachtete. Dies ist gleichfalls durch meine Mitbeobachter einhellig best\u00e4tigt. In diesem Falle glaube ich aber auch den Grund der T\u00e4uschung Scheiblers sehr wahrscheinlich machen zu k\u00f6nnen. Die Oktave brauchte nur um 2 Schwingungen zu tief gewesen zu sein, so ergab der A 57 mit dem A des zweiten und vierten Tones \u2014 61 die 4 Schwebungen.\nHierin liegt zugleich wieder eine Best\u00e4tigung f\u00fcr unsere negativen Ergebnisse bez\u00fcglich der KRUEGERSchen A> A, A bei den einzelnen Tonpaaren, da diese D. T. ihren Formeln nach mit den Scheiblerschen zusammenfallen.\nHiernach glaube ich diese erste Frage innerhalb der angegebenen Grenzen entschieden negativ beantworten zu m\u00fcssen.\n2. Eine weitere Frage ist es, ob Differenzt\u00f6ne mit Prim\u00e4rt\u00f6nen Differenzt\u00f6ne liefern k\u00f6nnen. Diese Frage hat bereits Meyer (a. a. O. S. 188f.) verneint. Seine Gr\u00fcnde sind schwerwiegend genug. Wenn man z. B. den A2 als einen solchen sekund\u00e4ren D. T. auf fassen wollte, gebildet durch den D1 mit dem tieferen P. T., da 2 t \u2014 h = t \u2014 (h \u2014 t), so m\u00fcfste man erwarten, dafs mit zunehmender St\u00e4rke des B1 auch A2 w\u00fcchse, was keineswegs allgemein zutrifft (s. 11, e)\u2014g)); ferner, dafs allgemein auch der D. T. h \u2014 (h \u2014 t) = t entst\u00e4nde, dafs also jeder Ton durch den","page":55},{"file":"p0056.txt","language":"de","ocr_de":"56\nC. Stumpf.\n[LV. 56]\nZusammenklang mit einem beliebigen h\u00f6heren verst\u00e4rkt w\u00fcrde, was offenbar nicht der Fall ist. Wir k\u00f6nnen hinzuf\u00fcgen, dafs sich auch h \u2014 Z>2 = h \u2014 (21 \u2014 h) = 2 h \u2014 21 bilden m\u00fcfste. Also m\u00fcfste bei 4:5 der Ton 2 vorhanden sein, und zwar ohne Mitwirkung von Obert\u00f6nen. Wir haben gesehen, dafs dies nicht der Fall ist.\nJedenfalls kann also nicht der n\u00e4mliche P. T. mit einem bereits von ihm miterzeugten D. T. weitere D. T. bilden.\nAuch dies meinte Scheibler aus einem Versuch erschliefsen zu k\u00f6nnen. Er beobachtete St\u00f6fse einer M-Gabel mit einer um 4 Schwingungen erniedrigten cd-Gabel, also ihrer verstimmten Doppeloktave, und zwar genau 4 in der Sekunde. Er berechnete sie nach dem Kruegers chen, von ihm bereits angewandten Verfahren f\u00fcr die Ableitung von D. T., das in der Tat zwischen X>3 und t diese 4 Schwebungen liefert. Da eine A-Gabel mit 2 19666 einfachen Schwingungen angegeben ist, nahm ich unsere Resonanzgabel mit 100 Doppelschwingungen, liefs sie sehr stark streichen und suchte zu beobachten, ob sie mit der um 4 Schwingungen erniedrigten Gabel 400 irgendwelche Schwebungen gebe. In der Tat zeigten sich deutlich solche, wenn man das Ohr auf den Kasten der tiefen Gabel legte, die Gabel 400 dagegen nur ganz leise, eben merklich, ert\u00f6nen liefs. Daraus ergibt sich aber nur, dafs die tiefe Gabel bei sehr starken Vibrationen noch den 4. Teilton schwach h\u00f6ren l\u00e4fst: was zwar an sich interessant ist, aber den Beweis f\u00fcr Scheiblers These hinf\u00e4llig macht. Scheibler ist mit dieser Beobachtung der Vorg\u00e4nger R. K\u00f6nigs geworden, der die Tatsache der Schwebungen mit h\u00f6heren Multiplis eines Grundtons freilich gleichfalls irrig deutete.\nNun k\u00f6nnte man noch annehmen, dafs zwar die P. T. selbst nicht mit bereits erzeugten D. T. noch weitere zeugen k\u00f6nnen, dafs aber ein neuer, zu ihnen hinzutretender P. T., sei er ein neuer Grundton oder ein Oberton eines des beiden P. T., mit einem D. T. einen neuen D. T+ zu bilden verm\u00f6ge.\nIn dieser Hinsicht kann man den Versuch a) von S. 53 zur Widerlegung heranziehen. Denn der D. T. 8 m\u00fcfste dann mit dem P. T. 7 den weiteren D. T. 1 geben ; dieser ist aber nicht vorhanden.\nIch stellte aber auch einige besondere Versuche an, indem ich auch hier den P. T., mit dem ein vorhandener D. T. einen neuen D. T. bilden sollte, objektiv hinzuf\u00fcgte, und zwar nur leise, von m\u00f6glichst gleicher St\u00e4rke mit dem vorhandenen D. T. selbst, weil dies die g\u00fcnstigste Bedingung darstellt. So f\u00fcgte ich zu 7 : 12 mit den D. T. 5 und 2 ein leises objektives 8. Es wTar aber von 8 \u2014 5 = 3 nichts zu bemerken. Besonders \u00fcberzeugend war ein Versuch mit 8 :11. Zu den D. T. 3 und 5, die hier sehr","page":56},{"file":"p0057.txt","language":"de","ocr_de":"[LV. 57]\nBeobachtungen \u00fcber Kombinationst\u00f6ne.\n57\nstark sind, f\u00fcgte ich ein gleichstarkes objektives 4. Hier h\u00e4tte durch 5 \u2014 4 und durch 4 \u2014 3 doppelt der D. T. 1 hervorgebracht werden m\u00fcssen. Nichts davon war zu h\u00f6ren.\nBei 4 : 5 mit den D. T. 1 und 3 kombinierte ich diese Fragestellung mit der vorigen in der Art, dafs ich abwechselnd ein leises objektives 1 und 3 hinzubrachte, um den etwa zu schwachen D. T. zu verst\u00e4rken, f\u00fcr den Fall, dafs in der ungleichen St\u00e4rke der vorhandenen D. T. untereinander ein Hindernis f\u00fcr die Weiterzeugung (die Bildung des sekund\u00e4ren D. T. 2) l\u00e4ge. Auch dies blieb wirkungslos. Ebenso kann man in dem obigen Versuche a) verfahren, wenn etwa eingewendet w\u00fcrde, dafs die ungleiche St\u00e4rke des D. T. 8 gegen\u00fcber dem P. T. 7 die Bildung eines weiteren D. T. 1 verhindere.\nLegen wir diese Regel, dafs D. T. mit P. T. unter c4 keine neuen D. T. bilden, als erwiesen zugrunde, so ergibt sich daraus (mindestens f\u00fcr subjektive D. T.) eine Folgerung hinsichtlich der Interpretation des D2 2 t \u2014 \\ die mit fr\u00fcheren Betrachtungen (S. 44) \u00fcbereinstimmt. Er kann n\u00e4mlich dann nicht im Sinne der Formel t \u2014 (h \u2014 t), als sekund\u00e4rer D. T. des D1 mit dem tieferen P. T., aufgefafst werden. Die \u00dcbereinstimmung mit den Folgerungen aus anderen Tatsachen und Erw\u00e4gungen mag der Regel selbst auch wieder zur Verifikation dienen.\nKurz vor der Ver\u00f6ffentlichung dieser Abhandlung teilte mir aber Herr Privatdozent Dr. Waetzmann (Breslau) mit, dafs er dennoch durch Verbindung eines P. T. mit einem D. T. einen neuen D. T. erhalten habe, und zwar bei subjektiven ebenso wie objektiven D. T. Ich unterzog daher in Verbindung mit den Plerren Dr. Abraham, Dr. v. Hornbostel und Dr. Fischer diese Frage einer Nachpr\u00fcfung.\nZun\u00e4chst lieferte der vorher erw\u00e4hnte Fall 8 : 11 mit den T\u00f6nen 800 und 1100 wieder ein negatives Ergebnis. Es blieb auch negativ, als dasselbe Intervall eine Oktave h\u00f6her genommen wurde, mit zwei genau auf 1600 und 2200 abgestimmten Edelmann-Pfeifen. Die D. T., 600 und 1000, kommen dabei noch st\u00e4rker heraus, man h\u00f6rt einen vollen Vierklang. Als die Gabel 800 hinzugef\u00fcgt wurde, war aber wieder nichts, wenigstens nichts deutliches, von einem D. T. 200 zu bemerken. Und als auch noch eine leise klingende Hilfsgabel 200 \u2014 \u00f4 beigef\u00fcgt wurde, waren keine Schwebungen zu h\u00f6ren, obgleich wir lange Zeit unter Ver-","page":57},{"file":"p0058.txt","language":"de","ocr_de":"58\nC. Stumpf.\n[LV. 58]\n\u00e4nderung aller St\u00e4rkeverh\u00e4ltnisse beobachteten. Nur ganz leise Schwebungen auf dem Ton 600 waren da, die von der Duodezime der Hilfsgabel und dem D. T. 600 herr\u00fchrten. Zuletzt glaubte ich allerdings in der N\u00e4he der Klangquellen einen Anflug von 200 zu h\u00f6ren, der beim Hinzutritt der Gabel 800 auch verst\u00e4rkt zu werden schien, aber ich h\u00e4tte nicht darauf schw\u00f6ren k\u00f6nnen. \u00dcbrigens w\u00e4re selbst eine deutliche Beobachtung von 200 noch nicht beweisend gewesen, da er auch durch die Obert\u00f6ne 3 h und 41 entstehen konnte; man h\u00e4tte dann also zu Gabeln \u00fcbergehen m\u00fcssen. Aber dazu war keine Veranlassung.\nWir gingen dann aber mit den P. T. noch h\u00f6her hinauf, indem wir unsere Zinnpfeifenserie ben\u00fctzten, und zwar die P. T. 3414 und 4614 (fast genau \u2014 cP und db der G Dur-Leiter, welches Intervall aber nicht genau =3:4 ist). Die T\u00f6ne dieser Pfeifen sind aufserordentlich stark und durchdringend, und ihre D. T. gleichfalls ungemein kr\u00e4ftig. Wir f\u00fcgten zu dem sehr gut h\u00f6rbaren D. T. 1200 die Gabel 1000, erhielten also das Intervall 5 : 6. Hier zeigte sich nun in der Tat f\u00fcr meine drei Mitbeobachter (mir selbst nicht deutlich) ein ganz schwacher Ton 4 = 800, welcher der D2 von 1200 und 1000 ist und auf keine andere Weise aus den gegebenen hergeleitet werden kann. Er gab auch mit einer verstimmten 800-Gabel Schwebungen, und diese waren auch f\u00fcr mich deutlich.\nDasselbe Ergebnis lieferte ein Versuch mit den T\u00f6nen 3276 und 4614. Diese lieferten f\u00fcr sich allein den D1 1338, den D2 1938 und den D. T. 600 = 3\u00a3 \u2014 2/q der wieder von den Obert\u00f6nen der Pfeifen herzuleiten sein d\u00fcrfte. Ais wir die Gabel 1000 hinzubrachten, entstand ein neuer Ton zwischen e1 und f1J der nur als D. T. des P. T. 1000 mit dem D. T. 1338 verstanden werden kann. Aber auch er aufserordentlich schwach.\nDie n\u00e4chste Frage war, ob die erzeugenden D. T. in diesen F\u00e4llen nicht etwa objektiv vorhanden waren. Die Pfeifchen stehen in einem gemeinschaftlichen Holzrahmen, es waren also objektive K. T. wohl m\u00f6glich. Bei dem D. T. 1200 fand sich eine Verst\u00e4rkung durch einen Resonator nicht. Aber der D. T. 512 aus tieferen Pfeifen derselben Serie in demselben Holzrahmen wurde unverkennbar und erheblich durch einen Resonator verst\u00e4rkt. Da nun Resonatoren von der H\u00f6he 1200 nicht mehr so gut wirken wie tiefere, so kann man annehmen, dafs auch in unserem Falle","page":58},{"file":"p0059.txt","language":"de","ocr_de":"[LV. 59]\nBeobachtungen \u00fcber Kombinationst\u00f6ne.\n59\nder D. T. 1200 in den \u00e4ufseren Luftschwingungen noch vertreten ist und durch feinere Mittel nachgewiesen werden k\u00f6nnte.\nWir w\u00e4hlten daher als Klangquellen zwei Galtonpfeifchen, die auf gesonderten Stativen befestigt wurden, und stellten sie genau auf dieselben P. T. wie beim ersten Versuch, auf 3414 und 4614, ein. Es entstand wieder D. T. 1200. Wieder wurde die Gabel 1000 hinzugef\u00fcgt. Einen D. T. 800 konnten wir (diesmal beteiligte sich nur Dr. Fischer) beide hier nicht h\u00f6ren. Dagegen waren auch hier, als noch die verstimmte Hilfsgabel 800 beigef\u00fcgt wurde, Schwebungen eben merklich, die mit wachsender Verstimmung an Frequenz Zunahmen. Freilich waren sie nur auf einen Moment, vielleicht eine Sekunde, eben zu fassen, als gerade ein g\u00fcnstiges St\u00e4rkeverh\u00e4ltnis eintrat; gleich darauf waren sie wieder verschwunden. Aber es ist in der Tat richtig, dafs bei so hohen und starken P. T., die auch aufsergew\u00f6hnlich starke D. T. geben (so dafs man die P. T. kaum noch neben ihnen unterscheiden kann), durch das Zusammenwirken eines D. T. mit einem dritten P. T. ein sekund\u00e4rer D. T. im eigentlichen Wortsinn entstehen kann; und zwar bei P. T. getrennter ebenso wie verbundener Klangquellen.\nNun ist bereits zu Anfang des II. Abschnittes erw\u00e4hnt, dafs die Beobachtungen und Thesen dieser Abhandlung sich nur auf die musikalische Kegion, nicht auf die T\u00f6ne jenseits c4 beziehen. Aber ich hatte allerdings geglaubt, dafs die h\u00f6chsten Oktaven in diesem Punkte sich nicht anders verhalten w\u00fcrden, bin daher Herrn Dr. Waetzmakn dankbar, dafs er auf Grund theoretischer Erw\u00e4gungen und eigener Beobachtungen mich zu diesem Nachtrage veranlafst hat. Einer sp\u00e4teren Mitteilung zufolge hat auch er das positive Ergebnis an sehr hohen P. T. gewonnen.\nMan k\u00f6nnte nun vielleicht schliefsen, dafs, physiologisch gesprochen, auch tiefer herunter sekund\u00e4re D. T. durch einen D. T. mit einem neuen P. T. gebildet werden, und dafs sie hier nur wegen der geringeren physiologischen Erregungsst\u00e4rke unmerklich bleiben. Und sicherlich ist f\u00fcr die mathematischphysikalische Theorie die positive Tatsache, dafs \u00fcberhaupt irgendwo sekund\u00e4re D. T. beobachtet werden k\u00f6nnen, wichtiger als die negative, dafs dies in der musikalischen Region nicht der Fall ist. F\u00fcr den Musiktheoretiker und den Psychologen liegt","page":59},{"file":"p0060.txt","language":"de","ocr_de":"60\nC. Stumpf.\n[LV. 60]\ndies aber anders. Ihm ist gerade das Verhalten bei P. T. diesseits c4 vor allem von Bedeutung. Wenn hier nichts von sekund\u00e4ren D.T. beobachtet werden kann, so folgt, dafs man f\u00fcr die Erkl\u00e4rung der Eigenschaften von Zusammenkl\u00e4ngen, ihrer Klangfarbe, ihrer Konsonanz und ihrer Annehmlichkeitswirkungen nicht auf solche D. T. Bezug nehmen darf; es sei denn, dafs man unwahrnehm-baren, selbst bei h\u00f6chster Aufmerksamkeit unter der Schwelle bleibenden Empfindungen oder gar rein physiologischen Prozessen einen Erkl\u00e4rungswert f\u00fcr jene Probleme zuschreiben will.\nDas abweichende Ergebnis in Hinsicht dieser Regel in der transmusikalischen Region veranlagte mich, auch die erste unserer Fragen, ob D.T. unter sich neue D.T. bilden, ebenso mit h\u00f6heren P. T. zu pr\u00fcfen. Es ist bereits erw\u00e4hnt, dafs das negative Ergebnis sich noch bis zu c4 = 2048 findet und in dieser Region auch noch in der letzten Zeit von uns best\u00e4tigt gefunden wurde. Aber die Sachlage \u00e4nderte sich wieder, als wir zur folgenden Oktave \u00fcbergingen. Wir nahmen 3 Pfeifen mit den T\u00f6nen 2568, 3414, 4614. Die beiden letzten gaben den I)1 1200 und den D2 2214. Die beiden ersten gaben den I)1 846. Die erste und dritte den I>2 512 (I)1 \u2014 2046 war nicht herauszuh\u00f6ren). Als alle drei zusammen angegeben wmrden, kam aber noch ein Ton hinzu, der jedesmal verschwand, sobald eine der drei Pfeifen abgestellt wurde, und dessen H\u00f6he = 334 bestimmt wurde. Dies stimmt haarscharf mit 846 \u2014 512. Der Ton kann auf keine andere Weise gedeutet werden denn als sekund\u00e4rer D. T. dieser beiden D. T. Er ist aber wieder \u00e4ufserst schwach und nur ganz in der N\u00e4he der Pfeifen, namentlich der h\u00f6chsten, zu h\u00f6ren. Denselben Versuch machten wir auch noch mit getrennten Klangquellen, indem die beiden h\u00f6heren P. T. mit isolierten Galtonpfeifchen angegeben wurden. Das Resultat war dasselbe.\nSomit gilt auch diese erste Regel nur innerhalb der musikalischen Region der P. T. Aber in diesen Grenzen scheint sie mir ebenso wie die zweite ausnahmslos best\u00e4tigt zu werden, sofern man nur die gerade hier zahlreichen T\u00e4uschungsquellen vermeidet.\nEs folgt aus beiden Regeln, dafs die D. T. von Akkorden vollst\u00e4ndig gegeben sind durch die Summe der D.T. der einzelnen Tonpaare. Nat\u00fcrlich m\u00fcssen aber die Obert\u00f6ne auch als P. T. dabei mit ber\u00fccksichtigt werden.","page":60},{"file":"p0061.txt","language":"de","ocr_de":"[LY. 61]\nBeobachtungen \u00fcber Kombinationst\u00f6ne.\n61\n4. Bei Verstimmungen kommt nirgends innerhalb der Oktaye? anfser in ihren beiden Endregionen, ein I). T. von der tiefen\nTon grenze herauf.\nLegen wir Kruegers 5 Differenzt\u00f6ne als den wahren Tatbestand zugrunde, so m\u00fcssen innerhalb der Oktave nicht blofs an den beiden Grenzpunkten, bei der verstimmten Prime und der nach unten verstimmten Oktave, Differenzt\u00f6ne aus der Tiefe kommen (wie dies tats\u00e4chlich in Gestalt des D1 im ersten und des D2 im zweiten Falle geschieht), sondern auch noch an sieben Punkten, n\u00e4mlich bei\n4:5, 3:4, 5:7, 2:3, 5:8, 3:5, 4:7.\nAus jedem dieser Intervalle mufs bei Verstimmung nach oben oder unten ein tiefster D. T. erwachsen, der mit wachsender Verstimmung bei den kleineren Verh\u00e4ltniszahlen langsamer, bei den gr\u00f6fseren schneller in die H\u00f6he steigt.\nEin solches Emporsteigen eines D. T. aus der tiefen Tongrenze mufs n\u00e4mlich \u00fcberall da stattfinden, wo unter den 4 ersten D. T. eines Intervalles der Ton 1 als Verh\u00e4ltniszahl zweimal vertreten ist; weil er sich dann bei der geringsten Verstimmung spaltet und dadurch den 5. Differenzton erzeugt. Z. B. 4:5 gibt als die 4 ersten KRUEGERschen D. T. 1, 3, 2, 1. Es seien die absoluten Schwingungszahlen 400 und 500, also die D. T. 100, 300, 200, 100. Nun werde 500 in 501 verstimmt. Dann erh\u00e4lt man die D. T. 101, 299, 198, 97, 4. Dieser letzte, nat\u00fcrlich noch nicht h\u00f6rbare, entspricht in seiner absoluten Schwingungszahl immer der Verh\u00e4ltniszahl des unverstimmten Intervalltones und geht mit jeder weiteren Verstimmung des anderen P. T. um 1 Schwingung um ebensoviele, hier also 4, Schwingungen in die H\u00f6he, so dafs er bald die untere Tonschwelle \u00fcberschreitet.\nEs sei gestattet, hier eine Anmerkung \u00fcber den Begriff und die arithmetischen Folgen von Intervall Verstimmungen einzuschalten, wenn sie auch f\u00fcr den Zusammenhang nicht erforderlich ist.\nWir reden im weitesten Sinne von Verstimmung bei jeder in kleinen Schritten oder stetig erfolgenden Ver\u00e4nderung eines SchwingungsVerh\u00e4ltnisses. In diesem Sinne kann man eine Terz bis zur Quinte verstimmen. Enger ist der Begriff, wenn man (wie gew\u00f6hnlich in der Musik) nur die Ver\u00e4nderung bis zum n\u00e4chsten Intervall der chromatischen Leiter, also bis zum H\u00f6chstbetrag eines Halbtons, darunter versteht. Im engsten und eigentlichsten Sinn aber nennen wir Verstimmung nur eine Ver\u00e4nderung eines Schwingungsverh\u00e4ltnisses, die gegen die ver\u00e4nderten Schwingungs-","page":61},{"file":"p0062.txt","language":"de","ocr_de":"62\nC. Stumpf.\n[LV. 62]\nzahlen selbst sehr klein ist. In allen F\u00e4llen kann es eine Verstimmung nicht blofs bei konsonanten Intervallen, sondern auch bei dissonanten geben, \u00fcberhaupt schlechthin bei jedem Zahlenverh\u00e4ltnis zweier T\u00f6ne.\nNehmen wTir nun einmal an, dais unbegrenzt viele Obert\u00f6ne oder unbegrenzt viele Differenzt\u00f6ne m\u00f6glich seien, so w\u00fcrden bei Verstimmung jedes beliebigen Intervalles Schwebungen entstehen ; und da die Zahl der Schwebungen zugleich die Schwingungszahl eines neuen D. T. ist, so w\u00fcrde bei stetiger Ver\u00e4nderung des einen P. T. schlechthin an jedem Punkte seiner Bewegung ein neuer D. T. von unten heraufkommen.\nNur die Raschheit, mit der sich der neue D. T. emporbewegt, w\u00fcrde verschieden sein. Und zwar nach dem von Helmholtz abgeleiteten Gesetz f\u00fcr die Anzahl der durch Verstimmungen resultierenden Schwebungen: die Verstimmung eines der beiden P. T. um je 1 Schwingung p. Sek. bedingt so viele Schwebungen (= einen D. T. von sovielen Schwingungen), als die Verh\u00e4ltniszahl des nicht verstimmten Tones Einheiten hat (Tonempf.1 S. 293 und Beilage XVI. Sp\u00e4ter ebenso W. Thomson Proceedings R. Soc. Edinburgh 1877\u20141878).\nUm die Regel bei einem komplizierten Verh\u00e4ltnis wie 23:37 anzuwenden, mufs man es nicht in 23 : 38 ver\u00e4ndern (hier w\u00fcrde die Regel zwar auch zutreffen, aber der resultierende D. T. bereits mit dem tieferen P. T. zusammenfallen und von einer Verstimmung im eigentlichsten Sinne nicht mehr gesprochen werden k\u00f6nnen). Sondern man mufs zun\u00e4chst hohe Multipla der anf\u00e4nglichen Zahlen bilden und eines von diesen Multiplis dann um eine Einheit verstimmen, also z. B. 2300:3700 in 2300:3701 \u00fcbergehen lassen. Dann erscheint, wenn wTir die D. T. in der Weise Scheibleks und Kruegers bezeichnen, durch fortgesetzte Subtraktionen der Ton 23 als Z)9, also ein weit unter dem tieferen P. T. gegen die Tongrenze hin gelegener D. T., und dieser geht mit weiterer Verstimmung von 3701 in 3702 usf. um weitere je 23 Schwingungen in die H\u00f6he.\nIn Wirklichkeit kommt nun, wenn wir t konstant lassen und h sukzessive vom Einklang bis zur Oktave erh\u00f6hen, nat\u00fcrlich nicht an jedem Punkt ein neuer D. T. in dieser Weise aus der Tiefe herauf. Aber je mehr D. T. man als m\u00f6glich statuiert, um so zahlreicher m\u00fcssen auch die Stellen innerhalb jener Bewegung des h sein, an denen ein solches Plinzuwachsen eines tiefsten D. T. von der unteren Tongrenze aus stattfindet.\nWenn dagegen nur D1 und B2 wirklich existieren, so kann \u00fcberhaupt an keiner Stelle in der Oktave aufser an den Grenzen ein D. T. von der unteren Tongrenze heraufkommem Man \u00fcbersieht diese Verh\u00e4ltnisse \u00fcbrigens auch ohne weiteres an der graphischen Darstellung Kruegers (oben S. 42). Die 7 erw\u00e4hnten Punkte sind die Stellen an der Basis, wo D. T. herunter- und heraufgehen.\nPlier sind also wieder entscheidende Beobachtungen zu machen. Nun erinnern wir uns allerdings, dafs Db von Krueger selbst eigentlich nur erschlossen wird aus gewissen Rauhigkeiten","page":62},{"file":"p0063.txt","language":"de","ocr_de":"[LV. 63]\nBeobachtungen \u00fcber Kombinationst\u00f6ne.\n63\nanderer T\u00f6ne, die er auf die Einwirkung dieses D. T. zur\u00fcckf\u00fchrt, dafs er ihn aber nicht f\u00fcr direkt beobachtbar zu halten scheint, Beschr\u00e4nken wir uns daher auf die 4 ersten D. T., die er f\u00fcr ganz sicher direkt beobachtbar h\u00e4lt, so ergibt sich die obige Konsequenz immer noch f\u00fcr die Intervalle 2:3, 3:4, 3:5. Denn hier ist schon unter den drei ersten D. T. der Ton 1 zweimal vertreten, mufs also bei Verstimmung des Intervalls nach oben oder nach unten einen neuen vierten D. T. geben, der von der tiefen Ton grenze her auf kommt.\nAber auch hier ist nach unseren Beobachtungen nichts zu h\u00f6ren. Ich mag am STERNschen Apparat bei diesen Intervallen hin- und herdrehen, rascher oder langsamer, um kleinere oder gr\u00f6fsere \"Winkel, stetig oder mit diskreten Stufen (durch Einschieben des Ventils w\u00e4hrend der Drehung) : ich h\u00f6re nichts von jenem so charakteristischen tiefen Brummen, das mit zunehmender Verstimmung in die H\u00f6he geht, wie es bei der verstimmten Prime auftritt.\nIn Kruegers Tabellen, soweit sie ver\u00f6ffentlicht sind \u00c7B 624 f.) finden sich wohl Bemerkungen, die darauf bezogen werden k\u00f6nnend Sie m\u00f6gen jeder anderen Veranlassung ihre Entstehung verdanken : dafs sie auf einer wirklichen Wahrnehmung von D. T. einfacher P.T. beruhten, mufs ich entschieden bezweifeln. Denkbar w\u00e4re es, dafs sich einmal ein tiefes Brummen einstellte, wenn Ob er t\u00f6ne stark genug sind. Wenn ich da z. B. 2:3 verstimme, so m\u00fcssen die Teilt\u00f6ne 3 t und 2 h nicht blofs Schwebungen, sondern bei gen\u00fcgender St\u00e4rke und H\u00f6hendifferenz auch einen tiefen D. T. geben. Auch beim STERNschen Apparat w\u00e4re ein solcher Fall nicht unm\u00f6glich, obwohl ich nichts davon finden konnte. Die Quelle\n1 \u00dcbrigens sind sie doch auch dort ziemlich sp\u00e4rlich. Ich habe daraufhin speziell die Verstimmungen der Quarte (h = 682,6) durchgesehen. Be der fortschreitenden Verstimmung nach oben scheint die erste Andeutung eines neuen tiefen D. T. bei h = 708 zu kommen, wo Krueger selbst einen tiefsten D. T. \u201ewie einen unreinen Glockenklang\u201c angibt, dessen H\u00f6he nicht bestimmt wird, obschon er der Berechnung nach schon = 75 = Es, also einer Bestimmung auf akustischem Wege nicht unzug\u00e4nglich sein m\u00fcfste. Krueger beobachtete \u00fcberdies im Schallzimmer, wo die Obert\u00f6ne nicht ausgeschlossen waren. Nach unten hin erscheint die erste Andeutung, die man auf einen solchen Verstimmungs-D. T. beziehen k\u00f6nnte, bei h = 656: \u201eetwa 76\u201c. Dies ist aber auch die einzigen Angabe solcher Art, bis die Verstimmung die grofse Terz erreicht.","page":63},{"file":"p0064.txt","language":"de","ocr_de":"64\nC. Stumpf.\n[LV. 64J\nist dann aber nicht das Quintenintervall als solches, sondern die verstimmte Prime der beiden vorher koinzidierenden Obert\u00f6ne.1\nDie Erscheinungen bei der Quintenverstimmung sind aus einem besonderen Grunde sehr bemerkenswert. Wenn die Quinte zweier obertonfreier T\u00f6ne verstimmt wird, so h\u00f6rt man Schwebungen. Die beiden Differenzt\u00f6ne i)1 und D2 schweben miteinander, und diese Schwebungen werden mit zunehmender Verstimmung schneller und schneller: aber es entsteht daraus kein dritter D. T. Dies ist ein theoretisch hervorragend wichtiger Fall: weil er eklatant zeigt, dafs die Entstehung von Schwebungen und die von Differenzt\u00f6nen zwTei verschiedene Prozesse sein m\u00fcssen. Mindestens von einem bestimmten Punkt aus in der Reihe der Vorg\u00e4nge, die sich hinter dem Trommelfell abspielen, mufs eine Trennung eintreten.\n5. Schwebungen von I>. T. untereinander, sowie Spaltung eines D. T. in zwei finden sich nur bei der verstimmten Quinte : Schwebungen von D. T. mit den erzeugenden P. T. nur unterhalb der kleinen Terz und nahe der Oktave.\nSchwebungen sind bekanntlich das sicherste Mittel, um konsonante Intervalle rein zu stimmen. Aber bei den gew\u00f6hnlichen Musikinstrumenten benutzt man vorwiegend Schwebungen der Obert\u00f6ne oder derjenigen D. T., die unter Mitwirkung von Obert\u00f6nen zustande kommen. Hier soll nur die Rede sein von Schwebungen, die bei vollkommen obertonfreien P. T. durch D. T. entstehen, wTelche einander oder den P. T. benachbart sind.\n1 Auf der Beteiligung von Obert\u00f6nen beruht ohne Zweifel auch eine Angabe in meiner Tonpsychologie II, 253: \u201eHinzutreten von K. T. h\u00f6herer Ordnung, welches oft sehr rasch von der tiefsten Tiefe herauf erfolgt.\u201c Ich habe damals noch nicht mit v\u00f6llig obertonfreien Kl\u00e4ngen gearbeitet. Desgleichen beruht auf diesem Umstand die Angabe \u00fcber den bei Ann\u00e4herung an die Quinte in der Tiefe verschwindenden D. T. in meiner Abhandlung \u201e\u00dcber die Bestimmung hoher Schwingungszahlen durch Differenzt\u00f6ne\u201c, Ann. d. Physik, K. F., 68, S. 108. Bei den hohen Pfeifchen, um deren Pr\u00fcfung es sich damals handelte, kann man die Obert\u00f6ne nicht aus-schliefsen, sie k\u00f6nnen nur etwa jenseits der H\u00f6rgrenze zu liegen kommen. Ich bemerkte daher S. 106 ausdr\u00fccklich, dafs mit den Formeln 31\u20142 h usw. nichts \u00fcber die Entstehungsweise dieser D. T. behauptet sein solle. In dieser Abhandlung kam es mir gerade darauf an, zu zeigen, dafs und wie f\u00fcr die Bestimmung der absoluten Tonh\u00f6he so hoher P. T. auch die sog. \u201eD. T. h\u00f6herer Ordnung\u201c noch ben\u00fctzt werden k\u00f6nnen.","page":64},{"file":"p0065.txt","language":"de","ocr_de":"[LY. 65]\nBeobachtungen \u00fcber Kombinationst\u00f6ne.\n65\nGibt es f\u00fcnf D. T. in der KauEGERschen Formulierung, so m\u00fcssen Schwebungen von D. T. eintreten nicht blofs bei den unter Nr. 4 genannten sieben Intervallen, wo zugleich neue D. T. auftreten, sondern aufserdem auch noch bei\n5 : 6, 7 : 9, 8 : 11, 7 : 10, 7 : 11, 8 :13, 7:12, 5:9.\nDenn bei allen diesen Verh\u00e4ltnissen kommt unter den resultierenden 5 D. T. der Ton 1 zweimal vor. Wird demnach das Verh\u00e4ltnis verstimmt, so wird zwar hier kein neuer D. T. mehr entstehen, weil ein D6 nach Krueger nicht vorkommt, wohl aber m\u00fcssen noch Schwebungen der vorhandenen D. T. entstehen, da eben der Ton 1 nach verschiedenen Richtungen auseinandergeht. An dem graphischen Schema Kruegers (o. S. 42) sind diese Stellen als Schnittpunkte kenntlich. \u00dcberall in der N\u00e4he der Schnittpunkte zweier Linien m\u00fcssen Schwebungen eintreten.\nBeschr\u00e4nkt man die Betrachtung unter Preisgabe des Db nur auf die 4 ersten D. T., so bleibt dieselbe Konsequenz immer noch in Kraft f\u00fcr s\u00e4mtliche 7 Intervalle, die unter Nr. 4 genannt wurden, weil bei diesen \u00fcberall der D. T. 1 schon unter den 4 ersten D. T. zweimal auf tritt.\nGibt es dagegen nur I)1 und D2. so ist unsere These die notwendige Folge. Und sie best\u00e4tigt sich. Man mufs nur die erforderlichen Versuchsbedingungen exakt hersteilen, besonders die untereinander schwebenden Obert\u00f6ne jedesmal durch Interferenz vollst\u00e4ndig ausschalten. Aber selbst beim STERXschen Apparat unmittelbar an den Pfeifen d\u00fcrfte man z. B. bei Verstimmung von 5 : 7 vergeblich nach Schwebungen suchen.\nSchon die alte Erfahrung \u00fcbrigens, dafs sich obertonreiche Instrumente sehr leicht, obertonarme sehr schwer mit Schwebungen einstimmen lassen (sei es auf Reinheit, sei es auf eine Temperatur), zeugt daf\u00fcr. Helmholtz meinte bei der verstimmten Quarte an Gabeln und gedachten Pfeifen noch Schwebungen durch einen dritten K. T. zu h\u00f6ren ; doch seien sie sehr schwach, und aufserdem bleibe es zweifelhaft, ob sie nicht von Obert\u00f6nen herr\u00fchrten. Kaum noch wahrzunehmen seien die Schwebungen einer verstimmten grofsen Terz (Tonempf.4 S. 329). Max Meyer berichtet \u00e4hnliches, kommt aber durch Interferenzversuche schon der obigen These nahe (Zeitschr. f. Psychol. 16, S. 7 f.). \u201eBei. Flaschent\u00f6nen, die ich so obertonfrei als m\u00f6glich hergestellt\nStumpf, Beitr\u00e4ge V.\t\u00b0","page":65},{"file":"p0066.txt","language":"de","ocr_de":"66\nG. Stumpf.\n[LY. 66]\nhatte, mufste ich \u2014 damals zu meinem \u00c4rger \u2014 bemerken, dais es mir nicht gelingen wollte, die Intervalle wie gew\u00f6hnlich dadurch rein zu stimmen, dafs ich die DifferenztonschwTebungen zum Verschwinden brachte. Ich konnte diese Schwebungen bei keinem Intervall mit alleiniger Ausnahme der Quinte deutlich genug h\u00f6ren. Die entgegengesetzte Erscheinung tritt bei den obertonreichen Zungent\u00f6nen ein.\u201c Er hat darauf auch bereits f\u00fcr die grofse Terz den Versuch mit Interferenz gemacht und nachgewiesen, dafs die D. T.-Schwebungen hier bedingt sind durch das Vorhandensein der Obert\u00f6ne 4/ und 3h. (41\u20143h = 1, und dieser D. T. der beiden Obert\u00f6ne schwebt dann mit dem D. T. 1 der beiden P. T. 4 und 5). Bei anderen Intervallen kam er nicht zu sicheren Ergebnissen, neigt aber zur Verallgemeinerung der These.\nDie Verh\u00e4ltnisse liegen bei der Quarte und der grofsen Terz \u2014 den einzigen Intervallen, die besonderer Versuche bed\u00fcrfen \u2014 in Zahlen, wenn wir mit 4 Obert\u00f6nen rechnen, folgendermafsen :\na)\tQuarte. P. T. 3 hat die Obert\u00f6ne 6, 9, 12, 15. P. T. 4 die Obert\u00f6ne 8, 12, 16, 20. Geben nun die P. T. die beiden D. T. D1 und D2 = 1 und 2, und rechnen wir auch mit den D1 und D2 der Obert\u00f6ne in allen ihren hier vorkommenden Kombinationen, so mufs es freilich bei Verstimmung eines der beiden P. T. mannigfache Schwebungskollisionen geben, die st\u00e4rksten durch die D. T. 9 \u2014 8 = 1 und 8 -\u2014 6 = 2, die mit den D. T. 1 und 2 der P. T. schweben m\u00fcssen, da sie bei Verstimmungen nach ungleichen Richtungen auseinandergehen.\nAber s\u00e4mtliche Kollisionen werden beseitigt, wenn wir die 3 ersten Obert\u00f6ne des P. T. 4 beseitigen.\nb)\tGrofse Terz. Hier erhalten wir: P. T. 4 mit den Obert\u00f6nen 8, 12, 16, 20. P. T. 5 mit den Obert\u00f6nen 10, 15, 20, 25. Hier gen\u00fcgt es, 15 und 20 auszuschalten, um allen Anstofs unm\u00f6glich zu machen.\nDie Interferenzversuche sind hier, wenn man weiche ober-tonarme Kl\u00e4nge anwendet, nicht leicht. Denn eben weil es bei solchen \u00fcberhaupt kaum m\u00f6glich ist, noch kr\u00e4ftige Schwebungen verstimmter Intervalle aufser der Quinte zu bekommen, so l\u00e4fst sich auch nicht leicht eklatant zeigen, dafs mit Wegfall der Ober t\u00f6ne die Schwebungen wegfallen. Der Unterschied ist eher gering. Dazu tr\u00e4gt auch bei, dafs man nicht unmittelbar an der Schallquelle beobachten kann, wo die Schwebungen vielleicht","page":66},{"file":"p0067.txt","language":"de","ocr_de":"[LV. 67]\nBeobachtungen \u00fcber Kombinationst\u00f6ne.\n67\nnoch merklich genug w\u00e4ren, sondern nur am Ende der Interferenzr\u00f6hre in einem anderen Zimmer; weil der Unterschied der Erscheinung mit Obert\u00f6nen und ohne solche unter sonst gleichen Umst\u00e4nden beobachtet werden mufs.\nAber gerade die Existenz dieser Schwierigkeit ist ja bezeichnend. Warum kommen die Schwebungen nicht kr\u00e4ftig genug hin\u00fcber? Die P. T. kommen noch ganz laut aus der R\u00f6hre, m\u00fcssen ihre D. T. auch hier erzeugen und tun es auch wirklich. Aber ihre Ob ert\u00f6ne haben am Ausgang der R\u00f6hre an St\u00e4rke schon zuviel eingeb\u00fcfst. Deren Differ en zt\u00f6ne also, und nicht die der P. T., werden es sein, die in der N\u00e4he der Schallquelle noch Schwebungen geben.\nNach vielen vergeblichen Versuchen, mit weichen Kl\u00e4ngen die Beobachtung vollkommen zwingend zu gestalten, kam ich durch die Wahl obertonreicher Zungenkl\u00e4nge zum Ziel. Am Dreiklangapparat (Zeitschr. f. Psychol. 7, 33) h\u00f6rt man bei der Quarte 300 : 400, wenn sie durch Abschaben einer Zunge etwas verstimmt wird, ausgezeichnet die Schwebungen auf dem D. T. 1. Am st\u00e4rksten, wenn das Ohr auf den Holzdeckel des Apparates gelegt wird, aber auch schon in der umgebenden Luft. Ich brachte nun einen Trichter unter den Apparat, dicht unter die betreffenden Zungen. Von der schmalen Trichter\u00f6ffnung wurde der Schall in das H\u00f6rzimmer geleitet und hier das Ohr vor die \u00d6ffnung der Interferenzeinrichtung gehalten. Man h\u00f6rt dann ganz deutlich die Schwebungen auf D. T. 1, vielleicht auch die auf 2. Nun wurden 3 Schieber des Interferenzapparates auf den Oberton 2 h = 8 gestellt, weitere 3 auf 12, weitere 2 auf 16, endlich die letzten 2 auf 20. Der Ton 24 wird schon durch die Einstellung auf 8 mitausgel\u00f6scht. So waren also die 5 ersten Obert\u00f6ne des h\u00f6heren P. T. getilgt. Schon bei der ersten Einstellung (auf 8) waren die Schwebungen fast v\u00f6llig verschwunden, bei den folgenden keine Spur mehr davon zu entdecken.\nEin anderes Mal stellte ich 3 Schieber auf den Ton 2 \u00a3 = 6 (wobei 6t = 18 mit verschwindet), 3 auf 8, 2 auf 12, 2 auf 16. Wiederum deutliche Schwebungen vor der Interferenz, nichts mehr davon nachher.\nBei der verstimmten grofsen Terz 400 : 500 des Dreiklangapparates waren wiederum die D. T.-Schwebungen in der N\u00e4he des Kastens deutlich zu h\u00f6ren, besonders Schwebungen des tieferen\nP. T. durch Kollision desselben mit dem D. T. 4 h \u2014 4 \u00a3, aber\n5*","page":67},{"file":"p0068.txt","language":"de","ocr_de":"68\nC, Stumpf.\n[LV. 68]\nauch Schwebungen auf dem D. T. 1. Auch im H\u00f6rzimmer waren sie an der \u00d6ffnung zu h\u00f6ren. Wurden die Schieber f\u00fcr 8, 10, 15 und 20 eingestellt, so war nichts davon zu vernehmen, auch wenn das Ohr ganz dicht an die \u00d6ffnung gebracht wurde, obgleich dann die beiden D. T. 1 und 3 noch h\u00f6rbar waren. Sobald der Schieber f\u00fcr 20 wieder hineingeschoben, also die Interferenz f\u00fcr diesen Oberton abgestellt war, waren sofort wieder Schwebungen bemerklich (diese von 4h \u2014 51 herr\u00fchrend und auf 20 lokalisiert).\nIch bemerke hier besonders, dafs diese entscheidenden Versuche von den Herren Dr. Abraham und Dr. v. Hornbostel mit gleichem Erfolge wiederholt wurden.\nIm Dreiklangapparat sind nun allerdings im allgemeinen die Bedingungen f\u00fcr die Entstehung von objektivenD.T. gegeben (gemeinsamer Windraum). Aber die Verst\u00e4rkung im Resonator ist schon im Schallzimmer nicht eben betr\u00e4chtlich, im Beobachtungszimmer kaum bemerkbar. Dafs die D.T., wie sie hier zu h\u00f6ren waren, subjektive D. T. waren, geht daraus hervor, dafs sie durch Einstellung der Interferenzr\u00f6hren auf sie selbst, also z. B. bei 400:500 auf 300, nicht beseitigt wurden, dagegen sofort wegfielen, sobald einer der P. T. durch Interferenz ausgeschaltet wurde.\nEs scheint mir also sicher, dafs verstimmte Konsonanzen aus einfachen T\u00f6nen bei keinem Intervall innerhalb der Oktave aufser der Quinte Schwebungen zwischen D. T. ergeben.\nHiermit ist ein neuer Beweis f\u00fcr die Nichtexistenz anderer D. T. als des D1 und I)2 unterhalb der P. T., mindestens bei den genannten Intervallen, gegeben. Nach Krueger m\u00fcssen auch bei v\u00f6llig obertonfreien T\u00f6nen verstimmte Quarten und grosse Terzen deutliche Schwebungen liefern. Die Quarte 300 : 403 mufs die D. T. 103, 197, 94, 9, 85 geben, wovon der 1., 3. und 5. miteinander schweben m\u00fcssen. Die Terz 400 : 503 mufs liefern 103, 297, 194, 91, 12, wovon der 4. mit dem 1. schweben mufs. Sind keine Schwebungen vorhanden, so kann der 3. und 5. D. T. bei der Quarte, der 4. bei der grofsen Terz nicht existieren.\nBei der kleinen Terz 5 : 6 und allen \u00fcbrigen oben angef\u00fchrten Intervallen w\u00fcrde es sich um den D5 handeln. Hier ist nun ein besonderer Versuch mit Interferenz \u00fcberhaupt nicht n\u00f6tig. Denn hier sind von vornherein, sobald man auch nur die gew\u00f6hnlichen obertonarmen Kl\u00e4nge, Gabeln oder Labialpfeifen,","page":68},{"file":"p0069.txt","language":"de","ocr_de":"[LV. 69]\nBeobachtungen \u00fcber Kombinationst\u00f6ne.\n69\nbenutzt, Verstimmungsschwebungen nicht wahrzunehmen, ist also der Beweis f\u00fcr die Nichtexistenz des D5 geliefert.\nIn der obigen These ist auch die Spaltung der D. T. erw\u00e4hnt. Wenn man eine Quinte nach der Plus- oder Minusseite verstimmt, so bemerkt man leicht, wie der anfangs einheitliche D. T. mit zunehmender Verstimmung in zwei, DL und D2, auseinandergeht. Wiederholt sich nun diese Spaltung auch bei einem D. T oder beiden D. T. der Quarte, und auf der anderen Seite bei der grofsen Sexte, und so weiterhin? Man vergleiche das Notenschema S. 41 mit seinen fortschreitenden Spaltungen. Aber auch nach Kettegeb m\u00fcssen solche Spaltungen an insgesamt 9 Stellen eintreten, \u00fcberall wo auch Schwebungen eintreten m\u00fcssen.\nHieran hat man wieder ein gutes Beobachtungskriterium, um \u00fcber den D3 usf. zu entscheiden. Tats\u00e4chlich kann ich aber wieder nichts von solchen Spaltungen aufser bei der Quinte bemerken. Bei einer stetigen Verstimmung der Quarte \u00e4ndern sich nat\u00fcrlich auch ihre beiden D. T. stetig: aber keiner von ihnen geht weiter in zwei auseinander. Ebenso bei den \u00fcbrigen Intervallen.\nEndlich erw\u00e4hnt unsere These Schwebungen von D. T. mit den erzeugenden P. T. Solche finden sich nirgends aufser an den beiden Enden der Oktave. Speziell bei der Quintenverstimmung k\u00f6nnte man rein rechnungsm\u00e4fsig auch einen D. T. bekommen, der vom tieferen P. T. abw\u00e4rts ginge (4tf\u20142A), geradeso wie es bei der Primenverstimmung mit D2 der Fall ist, und der infolgedessen am Anfang seiner Laufbahn mit dem tieferen P. T. der Quinte schweben m\u00fcfste. Unter den KBUEGEBschen D. T. kommt er nicht vor, aber wir haben es ja nicht blofs mit diesen zu tun. Indessen sind Schwebungen der P. T., die auf Kollision mit D. T. deuten k\u00f6nnten, nirgends aufser unterhalb der kleinen Terz (wo aufser Z>2 noch andere kollidierende D. T. auf treten, s. Nr. 9) und am oberen Ende der Oktave (durch D\u00b1) zu beobachten, vorausgesetzt immer, dafs die Obert\u00f6ne ganz ausgeschlossen werden. Die Prim\u00e4rt\u00f6ne bleiben sonst \u00fcberall glatt.\n6. Die Tonh\u00f6he der D. T. entspricht genau dem berechneten\nWerte.\na) Nachpr\u00fcfung fr\u00fcherer Angaben \u00fcber Verstimmung von Differenzt\u00f6nen reiner Konsonanzen.\nNach Kbueger werden, wie oben erw\u00e4hnt, h\u00e4ufig statt der","page":69},{"file":"p0070.txt","language":"de","ocr_de":"70\nC. Stumpf.\n[LV. 70]\nberechneten D. T. andere geh\u00f6rt, die er als Zwischent\u00f6ne der berechneten auffafst. Er beruft sich, abgesehen von den Angaben seiner Versuchspersonen, auf eine Bemerkung von Max Meyer (Zeitsehr. f. Psychol. 11, 193), wonach man den tiefsten D. T. h\u00e4ufig bis zu einem halben Ton zu hoch h\u00f6re, und auf eine best\u00e4tigende m\u00fcndliche \u00c4ufserung meinerseits. In der Tat waren mir gelegentliche Vorkommnisse dieser Art aus eigenen Erfahrungen l\u00e4ngst bekannt. Aber ich hatte mir eine Nachpr\u00fcfung vorgenommen, wenn der Zufall einmal wieder einen solchen Eindruck bei D. T. herbeif\u00fchrte. Dies ist nun inzwischen der Fall gewesen.\nEs handelte sich um eine anscheinend reine kleine Sexte, c2\u2014as2 an unserer Flaschenorgel. Soviel ich mich erinnere und aus alten Notizen sehe, ist es auch fr\u00fcher meistens oder immer gerade dieses Intervall 5:8 gewesen, das unreine D. T. lieferte1; wie auch Meyers Bemerkung nach dem Zusammenhang sich auf die kleine Sexte bezieht. Den D2 = 2 h\u00f6rte ich dieses-mal sogar um 3/4 Ton zu hoch. Ebenso ging es Dr. Abraham und Dr. von Hornbostel. Der h\u00f6here D. T., D1 = 3, schien uns leidlich rein. Durch eine verstimmbare schwebende Hilfsgabel, mit der man ja die absolute H\u00f6he eines D. T. ebenso wie eines P. T. bestimmen kann, wurde denn auch erwiesen, dafs in bezug auf die H\u00f6he des D. T. keine Urteilst\u00e4uschung vorlag. Es war statt as ein erh\u00f6htes \u00ab, fast h.\nNun aber pr\u00fcften wir diesmal auch die P. T. selbst und die Beinheit ihres Intervalls. Siehe da \u2014 es war unrein und zwar zu klein. Das Verh\u00e4ltnis war 523 : 826- Wir stimmten es rein auf 516,25:826 = 5:8 und beobachteten nun einen I).2, der = 204,5 bestimmt wurde. Die Berechnung ergab 206,5. Die Differenz ist klein genug, um auf Beobachtungsfehler geschoben\n1 Eine Notiz \u00fcber Versuche mit den hohen Pfeifen der EDELMANNSchen\nReihe lautet: ,,/fs3-j-<H. Ziemlich gleich starke K. T. a2 -\\-e2 [e3 unterstrichen, da es der Rechnung nach cl2 sein m\u00fcfste.] Merkw\u00fcrdig, dafs in\ndieser Gegend der 2. D. T. (\u2014 2) um einen Ton zu hoch, w\u00e4hrend der 1. rein\u201c. Eine andere Notiz: \u201eMit Gabeln e2-{-cs h\u00f6rt man 3 und 2 . . . Merkw\u00fcrdig hier aber, dafs 2 um fast ]/2 Ton zu hoch erscheint\u201c. Eine dritte Notiz besagt, dafs mein Kollege Husserl in Halle gelegentlich D. T. verstimmt wahrgenommen, ohne n\u00e4here Angaben. Es ist aber sp\u00e4ter beigef\u00fcgt: \u201eNB. Das N\u00e4mliche beobachteten Meyer und ich, auch Stern, in Berlin bei 5 : 8\u201c.","page":70},{"file":"p0071.txt","language":"de","ocr_de":"[LV. 71]\nBeobachtungen \u00fcber Kombinationst\u00f6ne.\n71\nzu werden, liegt \u00fcberdies nach der umgekehrten Seite. Von Erh\u00f6hung also jedenfalls nichts.\nIch habe aber sp\u00e4ter (mit Hrn. Pf\u00fcngst) noch drei Versuche mit demselben Intervall gemacht, bei Gabeln, die auf 500 : 800 rein abgestimmt waren. Der D2 mufste also = 200 sein. Die Beobachtungen ergaben bei dreimaliger Bestimmung : 200,5, 199,5 und 199,4. Dabei mufste, da unser Tonmesser nur die Oktave 400 bis 800 umfafst, hier wie vorher zuerst eine EDELMAxx-Gabel mit dem geh\u00f6rten D. T. in \u00dcbereinstimmung gebracht, dann die Zunge des Tonmessers gesucht werden, die der Oktave der Gabel am n\u00e4chsten lag, und mufsten endlich deren Schwebungen mit der Gabel gez\u00e4hlt werden. Dafs nach diesen Operationen der beobachtete vom berechneten D. T. nicht mehr als eine halbe Schwingung abwich, und zwar einmal nach dieser, einmal nach jener Seite, ist sicherlich hinreichend, um sagen zu k\u00f6nnen, dafs beide in Wirklichkeit genau identisch sind.\nAlso war die auffallende Verstimmung des D. T. in jenen F\u00e4llen doch eine blofse Urteilst\u00e4uschung, und zwar nicht einmal eine \u00fcber den D. T. selbst, der vielmehr ganz richtig geh\u00f6rt und richtig beurteilt war. Es begreift sich auch sehr wohl, dafs gerade die kleine Sexte besonders solche scheinbar verstimmte D. T. liefert: das Urteil \u00fcber ihre Reinheit ist, wie schon Helmholtz wufste, schwer. Man ist besonders geneigt, sich mit einer zu kleinen kleinen Sexte zufrieden zu geben, \u00e4hnlich wie bei der kleinen Terz. Jede Schwingung aber, um die der tiefere P. T. zu hoch (also das prim\u00e4re Intervall zu klein) ist, erh\u00f6ht den D2 um zwei Schwingungen. Und da dieser zugleich um mehr als eine Oktave tiefer liegt als der tiefere P. T., so bedeuten 2 Schwingungen f\u00fcr die musikalische Auffassung nicht blofs das 2 fache sondern etwa das 4 fache von der Verstimmung des P. T. selbst. Daher die so starke Erh\u00f6hung. Darum sind ja D. T. \u00fcberhaupt ein so gutes Mittel zur Pr\u00fcfung der Intervallreinheit, weil sie die Abweichungen f\u00fcr unsere Empfindung ver-gr\u00f6fsern. F\u00fcr den D\u00b1 betr\u00e4gt dagegen die Abweichung in Schwingungen rechnungsgem\u00e4fs nicht mehr als f\u00fcr t ; und da der B1 nur eine Sexte unter t liegt, so wird der Ausschlag auch subjektiv nicht merklich gr\u00f6fser erscheinen, bleibt somit ebenso wie der von t selbst unbemerkt.\nGanz Analoges zeigte sich bei einer grofsen Terz, bei welcher der D1 um fast einen Ganzton zu hoch schien. Das Intervall,","page":71},{"file":"p0072.txt","language":"de","ocr_de":"72\nG. Stumpf.\n[LY. 72]\ndas uns momentan rein geschienen, war zn grofs (groise Terzen ertragen bekanntlich Vergr\u00f6fserung) und mufste infolgedessen einen D1 liefern, der zwar hier nur ebensoviele Schwingungen wie t von der richtigen H\u00f6he ab wich, daf\u00fcr aber zwei volle Oktaven tiefer lag, also doch um den vierfachen Intervallbetrag\" erh\u00f6ht war.\nDa eine um 4 Schwingungen vergr\u00f6fserte grofse Terz 480 : 604 bei Versuchen, die ausdr\u00fccklich zur Feststellung der Rein-heitsschwelle unternommen waren, also bei besonders auf die Reinheit konzentrierter Aufmerksamkeit, immer noch in einem Drittel aller F\u00e4lle f\u00fcr rein gehalten wurde,1 da ferner eine Erh\u00f6hung um 5 Schwingungen gen\u00fcgt, um auch den D1 von 120 auf 125, d. h. von H auf His, steigen zu machen, so begreift man vollkommen, wie leicht solche auffallend erh\u00f6hte Differenzt\u00f6ne bei scheinbar reinen Intervallen entstehen k\u00f6nnen.\nAuch bei den gew\u00f6hnlichen temperierten Sexten und Terzen ist der tiefste D. T. fast genau um einen halben Ton zu hoch, obschon die Intervalle f\u00fcr den gew\u00f6hnlichen Gebrauch als rein gelten.\nHiernach bin ich \u00fcberzeugt, dafs auch Meyers Intervalle bei jenen Beobachtungen nicht vollkommen rein waren, dafs dagegen der angeblich verstimmte D. T. durchaus rein war, d. h. genau dem aus den Schwingungszahlen der P. T. zu berechnenden Werte entsprach.\nb) Messungsreihen bei verstimmten Quinten und Quarten.\nKrueoer beobachtete (in Verbindung mit Dr. Buch) bei der reinen Quarte 256:341,3 den B1 = 85,3 in seiner berechneten H\u00f6he. Als er aber den h\u00f6heren P. T. nach oben oder unten verstimmte, verstimmte sich der D,, der sich rechnungsgem\u00e4fs in gleicher Richtung um den gleichen Schwingungsbetrag ver\u00e4ndern mufste, nicht in dem zu erwartenden Mafse, sondern weniger (E, 22). Dies brachte Krueger zuerst auf die Vermutung, dafs ein H3 hieran Schuld sein m\u00f6ge, der sich rechnungsgem\u00e4fs vom D1 abspaltet und nach der umgekehrten Richtung ver\u00e4ndert (z. B. bei h = 343 wird D1 = 87, Ds \u2014 82). Er nahm an, dafs der wahrgenommene D. T. (in unserem Beispiel ein zwischen\n1 Zeitschr. f. Psychol. 18, 360 (auch in m. Beitr\u00e4gen z. Akustik usw., II, 123) unter VII.","page":72},{"file":"p0073.txt","language":"de","ocr_de":"[LV. 73]\nBeobachtungen \u00fcber Kombinationst\u00f6ne.\n73\n87 und 82 liegender) durch die Wechselwirkung der beiden berechneten D. T. entstehe. Dies war der Ausgangspunkt der ganzen Lehre von den Zwischen-D. T., die er dann sp\u00e4ter in der Weise, wie wir\u2019s gesehen haben, auf die Ausdeutung der Beobachtungen seiner Mitarbeiter anwandte. Bei weitergehender Verstimmung des h traten denn auch die beiden D. T. D1 und Do aus dem verschmolzenen Zustande heraus und immer deutlicher f\u00fcr Krueger neben dem Zwischen-D. T. hervor, bis ihr Abstand etwa eine Quarte betrug.\nDie Verstimmungsbetr\u00e4ge des h gibt Krueger nicht an. Aber es l\u00e4fst sich leicht berechnen, dafs die Verstimmung des \u00e4, wenn D1 : D3 sich wie etwa 3:4 bzw. 4:3 verhalten sollen, ungef\u00e4hr + 8 Schwingungen erreicht haben mufs.\nLiegen die P\u201e T. in h\u00f6heren Oktaven, so sind entsprechend weitere Verstimmungsgrenzen zu erwarten, innerhalb deren noch eine solche gegenseitige Beeinflufsung des und D3 stattfinden w\u00fcrde. In der Tat entnimmt Krueger den Angaben seiner Beobachter, dafs f\u00fcr den Grundton t \u2014 1024, wenn wieder dessen Quarte h nach oben oder unten verstimmt wird, ein Zwischen-D. T. sich im Bezirk von etwa + 28 Schwingungen diesseits und jenseits der reinen Quarte (also von & = 1336 bis h = 1392) geltend machte und sogar als st\u00e4rkster und deutlichster K. T. zu h\u00f6ren war. Die, unwissentlich bestimmte, Tonh\u00f6he dieses wahrgenommenen verstimmten D. T. bewegte sich dabei zwischen 336 und 348, w\u00e4hrend der berechnete Dx sich von 312 bis 368 h\u00e4tte bewegen m\u00fcssen. Er wurde also durch den entgegengesetzt verlaufenden D3 gleichsam in seiner Bewegung gehemmt.\n\u00c4hnliches statuiert nun Krueger auch f\u00fcr die Quinte. Wir sahen im I. Abschnitt, dafs er auch f\u00fcr dissonante Intervalle, \u00fcberhaupt ganz allgemein das Vorkommen von Zwischen-D. T. annimmt. Aber er betont, dafs sich dieses Ph\u00e4nomen am ausgepr\u00e4gtesten bei der Verstimmung von Konsonanzen zeige, und gr\u00fcndet gerade hierauf seine ganze neue Theorie von Konsonanz und Dissonanz.\nHier liegt nun ein zentraler Gegensatz, ja das Zentrum des Gegensatzes, zwischen Kruegers Ergebnissen und den meinigen, wie denen aller fr\u00fcheren Beobachter. Und zwar haben wir es dabei nicht blofs mit den Angaben seiner Mitarbeiter, bzw. mit Kruegers Deutung dieser Angaben, sondern auch und in erster Linie mit direkten Beobachtungen Kruegers selbst zu tun.","page":73},{"file":"p0074.txt","language":"de","ocr_de":"74\nC. Stumpf.\n[LV. 74j\n\u00dcber diese Sache mufs unbedingt Klarheit und Einigung geschaffen werden. Hat Krueger Recht, so mufs die gesamte \u2022Kombinationstonlehre von Grund aus umgewandelt werden. Hat er Unrecht, so f\u00e4llt mit seiner K. T. - Lehre zugleich alles, was er weiter darauf gebaut hat, seine Konsonanzdefinition, seine Deutung der Verschmelzungserscheinungen usf.\nEs mufs aber auch m\u00f6glich sein, hier Klarheit zu schaffen. In rein psychologischen Dingen m\u00f6chte man zuweilen daran zweifeln und wird tats\u00e4chlich noch auf lange hinaus \u00fcber vieles streiten, \u00fcber das Wesen des Urteilsvorganges, der Aufmerksamkeit usf. Aber in Sachen der Ph\u00e4nomenologie haben wir festeren Boden oder k\u00f6nnen einen solchen durch exakte Methoden herstellen. Es gilt hier nur, zu ermitteln, was wir eigentlich sehen und h\u00f6ren, wenn wir sehen und h\u00f6ren. Es gilt, die Erscheinungen erster Ordnung (Empfindungen) von denen zweiter Ordnung (den sinnlich anschaulichen Vorstellungen) und von den sonstigen Zutaten zu scheiden. Die Erscheinungen erster Ordnung sind nun allerdings auch wieder doppelter Art : sie sind haupts\u00e4chlich peripherischen, teilweise doch aber auch zentralen Ursprunges. \u00dcber die zentralen Empfindungen (bzw. die zentralen Modifikationen der peripherischen) genaue Kriterien aufzustellen, hat man erst k\u00fcrzlich begonnen. F\u00fcr die peripherischen aber besitzen wir mindestens bei den h\u00f6heren Sinnen solche Kriterien, die uns in die Lage setzen, mit aller Sicherheit \u00fcber das Vorhandensein und die genaue Beschaffenheit der Erscheinungen zu urteilen.\nIn unserem Falle lassen sich die resultierenden K. T., soweit sie peripherisch, d. h. im Ohre, vorhanden sind, durch Messung bestimmen. Und da die Diskrepanz zwischen der berechneten und der beobachteten H\u00f6he der K. T. sich am meisten bei der Verstimmung der konsonantesten Intervalle zeigen soll, so habe ich f\u00fcr die Quinte und die Quarte, als die konsonantesten innerhalb der Oktave, systematische kleine Messungsreihen teils allein teils in Verbindung mit meinen beiden Mitarbeitern durchgef\u00fchrt, Mit Hilfe des Tonmessers sind die Bestimmungen nach der Schwebungsmethode bei gen\u00fcgender \u00dcbung ziemlich rasch auszuf\u00fchren. Man stimmt zun\u00e4chst eine tiefe Gabel mit Laufgewicht dem zu messenden D. T. genau gleich, so dafs keine Schwebungen mehr auf treten, dann vergleicht man diese Gabel (direkt oder durch Vermittlung einer mit ihrem ersten Oberton genau gleich-","page":74},{"file":"p0075.txt","language":"de","ocr_de":"[LY. 75]\nBeobachtungen \u00fcber Kombinationst\u00f6ne.\n75\ngestimmten h\u00f6heren Oktave) mit dem Zungentonmesser, indem die Abweichung von dem zun\u00e4chstliegenden Ton desselben durch Schwebungsz\u00e4hlung festgestellt wird. Die Schwingungszahl der Zunge selbst ist der ein f\u00fcr allemal angefertigten Korrekturtabelle zu entnehmen und daraus die des D. T. zu berechnen.\nIch stelle die Ergebnisse in folgenden Tabellen zusammen. Die Verstimmung ist immer angegeben in bezug auf den h\u00f6heren P. T. ; z. B. im ersten Falle der Quinte betr\u00e4gt sie \u2014 6,4, weil das reine Intervall 496:744 ist.\nQuinte.\nPrim\u00e4rt\u00f6ne t : h\tVerstimmung des h\tI berechnet\tbeobachtet\n496: 737,6\t\u2014 6,4\t241,6\t241,5\n496: 732,5\t\u2014 11,5\t236,5\t235,75\n496: 723,2\t\u2014 20,8\t227,2\t226,7\n496 : 748,1\t+ 4,1\t252,1\t251,6\n496: 753,3\ti\t+ 9,3\t257,3\t257,24\n496: 762,2\t+ 18,2\t266,2\t265,7\nQuarte.\nPrim\u00e4rt\u00f6ne t : h\tVerstimmung des h\tI berechnet\tbeobachtet\tI berechnet\th beobachtet\n603,8:804,3\t\u2014 0,8\t200,5\t199,9\t403,3\t403,7\n603,8: 801\t- 4,1\t197,2\t197,3\t406,6\t406,7\n607 : 798,7 '\t\u2014 10,6\t191,7\t193,25\t406,3\t405,4\n604,8:791,5 |\t\u2014 14,9\t186,7\t187\t418,1\t417\n603,8 : 777,6\t-27,5\t173,8\t173,1\t430\t429,2\n603,8:805,4\t+ 0,3\t201,6\t201,45\t402,2\t401,3\n607 :810\t+ 0,7\t203\t203,6\t404\t403,5\n590,7 : 790,5\t+ 3\t199,8\t200,25\t390,9\t391,85\n590,7 : 798,7\t+ 11,1\t208\t206,45\t382,7\t383,25\n590,7 : 806,7\t+ 19,1\t216\t216,8\t374,7\t374,05\nWie man sieht, stimmt die Messung mit der Berechnung so genau, als man nur immer w\u00fcnschen kann. Die Fehler \u00fcberschreiten nur in 3 F\u00e4llen 1 Schwingung, und gehen auch da nur bis zu 13/2 Schwingungen. Die 3 F\u00e4lle geh\u00f6ren zu den anf\u00e4ng-","page":75},{"file":"p0076.txt","language":"de","ocr_de":"C. Stumpf.\n76\n[LY. 76]\nliehen; sp\u00e4ter bei zunehmender \u00dcbung kamen nur noch ganz minimale Abweichungen vor.\nSoviel ist also klar, dafs im Ohre noch genaue \u00dcbereinstimmung der D. T. (d. h. der entsprechenden physischen Prozesse) mit ihrer berechneten H\u00f6he stattfindet.\nMan m\u00fcfste nun allenfalls Keuegebs Beobachtungen und Annahmen auf zentrale K. T. beziehen. Man m\u00fcfste annehmen, dafs im Gehirn eine Verschiebung der Tonh\u00f6he stattf\u00e4nde, sei es infolge eines dort erst auftretenden D\u201e oder aus irgendwelchen anderen Gr\u00fcnden. Den Angaben von Keuegebs Beobachtern kann ich aber aus den schon dargelegten Gr\u00fcnden ein entscheidendes Gewicht in so schwieriger und weittragender Sache nicht zuerkennen. Dazu m\u00fcfsten sie weit bestimmter, \u00fcbereinstimmender und regelm\u00e4fsiger sein, wenn man auch immer individuellen Unterschieden gerade bei zentralen Erscheinungen einen gr\u00f6fseren Spielraum zugestehen mag.\nViel weniger leicht kann ich mich entschliefsen, Keuegebs eigene bestimmte Angaben als blofse Urteilst\u00e4uschungen aufzufassen. Und doch m\u00f6chte ich Folgendes dazu bemerken:\nErstens ist die tiefe Tonlage, die Gegend von 85 Schwingungen, f\u00fcr genaue Beobachtungen \u00fcber Tonh\u00f6hen ohne Anwendung des Schw^ebungskriteriums nicht g\u00fcnstig, dagegen sehr g\u00fcnstig f\u00fcr Urteilst\u00e4uschungen. Tiefe T\u00f6ne haben an sich leicht etwas Mehrdeutiges.\nZweitens und haupts\u00e4chlich: Kbuegee gibt nicht an, auf welche Weise er sich der subjektiven Tonh\u00f6he vergewissert hat. Er beobachtete, wie wir, eine Ver\u00e4nderung des I)1 bei der Verstimmung der reinen Quarte. Sie fand auch in der zu erwartenden Richtung statt. Sie erschien ihm nur nicht grofs genug gegen\u00fcber der Berechnung. Worauf dieses Gr\u00f6fsenurteil sich st\u00fctzte, sagt er aber nicht. Irgendwie mufs er die Ver\u00e4nderung doch gemessen haben, um sie mit der berechneten zu vergleichen. Ob eine Tonver\u00e4nderung, wie die des DA bei der Quartenverstimmung, um ein paar Schwingungen zu grofs oder zu klein ist gegen\u00fcber der zu berechnenden, das kann man nach dem blofsen unmittelbaren Eindruck doch schwerlich beurteilen. Schwebende Hilfsgabeln hat er sicherlich nicht angewandt, da er sie bei der ganzen Untersuchung prinzipiell ausschlofs ; sie w\u00fcrden auch versagen, wenn es sich um zentrale T\u00f6ne oder Tonverschiebungen handelte.","page":76},{"file":"p0077.txt","language":"de","ocr_de":"[LV. 77]\nBeobachtungen \u00fcber Kombinationst\u00f6ne.\n77\nM\u00f6glich bleibt dagegen auch in diesem Fall eine direkte Vergleichung des wahrgenommenen D. T. mit einer objektiven Tonquelle\u00bb Aber hierbei werden die S. 27 erw\u00e4hnten Schwierigkeiten und T\u00e4uschungsquellen gef\u00e4hrlich. Bei der Quarte kommt sogar noch eine besondere T\u00e4uschungsquelle hinzu: der Dx erh\u00e4lt durch den gleichzeitig vorhandenen D2, der bei der reinen Quarte um eine genaue Oktave, bei der verstimmten um eine unreine Oktave h\u00f6her ist, eine eigent\u00fcmlich metallische F\u00e4rbung, die ihn leicht zu hoch erscheinen l\u00e4fst. Wir haben es eben dann nicht mehr mit einem einfachen Ton sondern mit einem Klang zu tun, und da ist es ja bekannt, dafs Kl\u00e4nge leicht h\u00f6her erscheinen als T\u00f6ne.1\nWenn man die Vergleichsgabel nicht zu nahe ans Ohr h\u00e4lt, um ihre subjektive Vertiefung zu vermeiden, wenn man ferner bei der Quarte den Dx im Bewufstsein m\u00f6glichst gegen D2 isoliert, die Aufmerksamkeit auf ihn allein konzentriert, so \u00fcberzeugt man sich, dafs in der Tat die H\u00f6he des D. T. genau die gleiche wie die der Gabel ist, deren Schwebungen mit ihm man durch Einstellung des Laufgewichtes zum Verschwinden gebracht hat. Die sukzessive Vergleichung zeigt den einen und anderen Ton als den n\u00e4mlichen.\nEs ist das Charakteristische blofser Urteilst\u00e4uschungen, dafs sie bei geh\u00f6riger \u00dcbung und bei Abwendung des Bewufstseins von den Nebeneinfl\u00fcssen zugunsten der zu vergleichenden Objekte immer geringer werden und zuletzt ganz wegfallen. So ist es hier. Mit fortschreitender \u00dcbung blieb mir nicht der geringste Zweifel mehr, dafs die Tonh\u00f6he des D. T. auch beim direkten Vergleich genau dieselbe ist wie die der Gabel, die mit ihm schwebungsfrei zusammenklingt.\n\u00dcbrigens ist es bei reinen Intervallen hiermit nicht anders bestellt wie bei verstimmten. Auch da k\u00f6nnen dieselben T\u00e4uschungen auftreten. Bei der Quarte z. B. scheint, auch wenn sie ganz rein ist, Di leicht h\u00f6her als eine genau auf seine berechnete Tonh\u00f6he eingestimmte Gabel. Der Grund d\u00fcrfte haupts\u00e4chlich in dem soeben erw\u00e4hnten Umstande liegen, in der scheinbaren Erh\u00f6hung durch die beigesellte h\u00f6here Oktave.\n1 \u00dcber die Schwierigkeit der Unterscheidung der K. T. 1 und 2 s. o. S. 48.","page":77},{"file":"p0078.txt","language":"de","ocr_de":"78\n0. Stumpf,\n[LV. 78]\nAuch in den Tabellen von Kruegers Beobachtern findet man \u00f6fters Differenzt\u00f6ne reiner Konsonanzen als zu hoch bezeichnet. So der D. T. der reinen Quinte (S. 645, Bu) ; der D2 der reinen Quarte (S. 638, M\u00f619) ; der Di der reinen grofsen Terz (S. 635 M\u00f6 7: Des statt c, also in Verbindung mit Oktavent\u00e4uschung nach der unteren Seite). Auch das Intervall c1 2 : 52 (512:896), die nat\u00fcrliche Septime, kann man hierher rechnen, sofern es noch zu den sog. unvollkommenen Konsonanzen gez\u00e4hlt wird. Auch da wird als D2 statt 128 132 bezeichnet (S. 654 MelQ, S. 655 M\u00f6il 130\u2014132; beide Beobachter finden den Ton als deutlichsten und aufdringlichsten).\nIn solchen F\u00e4llen kann nun doch auch nach Krueger eine Verstimmung des D. T. nicht stattfinden und werden tats\u00e4chlich keine Zwischen-D. T. von ihm herangezogen. Worin wurzelten nun diese H\u00f6hersch\u00e4tzungen? Das ist nat\u00fcrlich jetzt nicht mehr zu sagen. Ich halte es nicht f\u00fcr ausgeschlossen, dafs die Sch\u00e4tzungen richtig und vielmehr die Intervalle der P. T. unrichtig eingestimmt waren. Waren aber die Intervalle der P. T. doch genau rein, dann bleibt nur die Annahme von Urteilst\u00e4uschungen \u00fcber die H\u00f6he der D. T. Und sind solche Urteilst\u00e4uschungen bei reinen Konsonanzen m\u00f6glich, dann sind sie um so mehr bei verstimmten m\u00f6glich.\nDa wir sp\u00e4ter noch einmal (III, 3) vor die Frage: Empfindungsver\u00e4nderungen oder blofse Urteilst\u00e4uschungen? uns gestellt sehen werden, m\u00f6chte ich diesen Unterschied und seine Kriterien sogleich an der Hand von Beispielen noch etwas erl\u00e4utern.\nWenn man sich eine wirkliche subjektive Ton Ver\u00e4nderung bei unver\u00e4nderter objektiver Tonh\u00f6he vergegenw\u00e4rtigen will, achte man auf den H\u00f6henunterschied einer schwach und einer stark t\u00f6nenden Stimmgabel. Da findet zweifellos eine Vertiefung des empfundenen Tones statt. In der mittleren Lage ist sie gering1, in der Tiefe hingegen erreicht sie bei grofser Tonst\u00e4rke den Betrag einer kleinen Terz.2 Sie nimmt von der tiefen Region nach oben hin stetig ab und verschwindet bei etwa c3. Man kann die Erscheinung sehr gut an der Flaschenorgel oder sonstigen Pfeifen verfolgen\n1\tDer Betrag von x/8 Ton, den ich Tonpsych. I, S. 259 als Unterschied des starken und schwachen Gabeltons a1 angegeben habe, ist durch neuere Versuche von J. R. Ewald und G. A. J\u00e4derholm (Die Herabsetzung der subjektiven Tonh\u00f6he durch Steigerung der objektiven Intensit\u00e4t, Pfl\u00fcgers Arch. 124, S. 35) best\u00e4tigt worden. Dafs diese Vertiefung mit der Resonatorentheorie unvereinbar sei, kann ich allerdings den Verfassern nicht zugeben (vgl. dar\u00fcber Tonpsych. I, 256, II, 109). Aber es ist mir wegen der Unver\u00e4nderlichkeit der Schwebungsfrequenz (das. II, 457) jetzt wahrscheinlicher, dafs sie \u00fcberhaupt nicht im Geh\u00f6rorgan, sondern erst im Zentrum zustande kommt.\n2\tIn K. L. Schaefers Berichten in den \u201eFortschritten der Physik\u201c 1901, S. 421 wird erw\u00e4hnt, dafs auch Harding bei lauten tiefen T\u00f6nen Vertiefung bis zu einer Terz beobachtete.\nMerkw\u00fcrdig ist, dafs bei sehr starken T\u00f6nen mittlerer Lage auch subjektive Nebent\u00f6ne aufzutreten scheinen, die bald eine Terz, bald eine Quarte tiefer liegen als der Hauptton, der selbst auch schon vertieft ist.","page":78},{"file":"p0079.txt","language":"de","ocr_de":"[LV. 79]\nBeobachtungen \u00fcber Kombinationst\u00f6ne.\n79\n(wobei man allerdings beachten mufs, dafs der dicht an die Pfeifen\u00f6ffnung gehaltene Kopf infolge der Hemmung des Luftabflusses auch eine objektive Vertiefung des Tones bewirkt, die durch die Schwebungsmethode festgestellt werden kann, weshalb diese Grenze bei der Ann\u00e4herung des Kopfes nicht \u00fcberschritten werden darf). Aber auch an Resonanzgabeln ist die Erscheinung leicht zu beobachten, besonders wenn man das Ohr auf den Kasten legt. Ebenso bei Versuchen mit T\u00f6nen, die durch eine R\u00f6hre ins Beobachtungszimmer geleitet werden, wenn man das Ohr an die R\u00f6hren\u00f6ffnung andr\u00fcckt. Hierbei h\u00f6rte ich noch den Ton 300 um eine volle kleine Terz tiefer.\nDagegen kommen blofse Urteilst\u00e4uschungen namentlich beim Hinzutreten eines Tones zu einem schon vorhandenen vor, und zwar vorzugsweise in der Art, dafs der letztere in der Richtung des hinzutretenden scheinbar etwas verschoben wird. Auf solche F\u00e4lle habe ich Tonpsych. II,396f. hingewiesen, und F. Schumann hat sie mit Recht als Analoga gewisser geometrisch-optischer T\u00e4uschungen herangezogen. Auch entstehen Urteilst\u00e4uschungen dadurch, dafs bei mehreren gleichzeitigen T\u00f6nen kleine Ver\u00e4nderungen eines von ihnen auf einen anderen, in Wahrheit unver\u00e4ndert bleibenden, mitbezogen werden. Hierhergeh\u00f6rige F\u00e4lle sind mir bei der gegenw\u00e4rtigen Untersuchung \u00f6fters begegnet. So schien bei 3: 7 und \u00e4hnlichen grofsen unharmonischen Intervallen eine Hilfsgabel, die zur Aufsuchung dazwischen oder dar\u00fcber liegender D.T. dienen sollte, ihre eigene Fl\u00f6he zu ver\u00e4ndern, wenn einer der beiden P. T. am Tonvariator stetig ein wenig verstimmt wurde, und zwar in gleicher Richtung wie der wirklich ver\u00e4nderte P. T., wenn auch nat\u00fcrlich in sehr engen Grenzen. Ein anderer hierher geh\u00f6riger Fall schien 5 gut geschulten Beobachtern deutlich: bei der vertieften Duodezime 400 :1130 glaubten wir einen stark unterhalb 800 liegenden r\u00e4tselhaften Mitton zu h\u00f6ren. Es zeigte sich, dafs es 800 selbst war, der 1. Oberton von 400, der uns aber so stark vertieft erschien. Die Vertiefung von 1200 in 1130 war auf ihn \u00fcbertragen worden. Als 1130 abwechselnd ausgeschaltet und hinzugef\u00fcgt wurde, erkannten wrir, dafs der fragliche Ton dabei seine Fl\u00f6he in Wahrheit beibehielt, dafs es einfach der regul\u00e4re Oberton von 400 wTar und blieb, dafs es sich also um eine blofse Urteilst\u00e4uschung handelte.\nAuch das Urteil mag ja ein zentralphysiologischer Prozefs sein oder in einem solchen sein physisches \u00c4quivalent haben. Aber in den F\u00e4llen blofser Urteilsver\u00e4nderung mufs dann eben angenommen werden, dafs dieser Prozefs den Empfindungsprozefs selbst intakt l\u00e4fst. Dagegen scheint der Empfindungsprozefs anderen zentralen Einfl\u00fcssen nicht ganz unzug\u00e4nglich zu sein, namentlich solchen, die auf einer Nachwirkung fr\u00fcherer Erfahrungen beruhen. Hierher geh\u00f6ren Herings \u201eGed\u00e4chtnisfarben\u201c, sowie verwandte Erscheinungen auf dem r\u00e4umlichen Gebiete (z. B. die durch die scheinbare Entfernung mitbedingte Erscheinungsgr\u00f6fse von Gegenst\u00e4nden); ebenso die Gef\u00fchlsempfindungen, sowreit sie zentralen Ursprunges sind. Im Tongebiete m\u00f6chte ich z. B. das Hineinh\u00f6ren unserer Terzen in die neutralen Terzen exotischer Musikst\u00fccke als einen solchen Fall betrachten (vgl. m. Beitr\u00e4ge zur Akustik und Musikw. Ill, S. 100). Sie ist ein be-","page":79},{"file":"p0080.txt","language":"de","ocr_de":"80\nC. Stumpf.\n[LV. 80]\nsonderer Fall des allgemeineren Verhaltens, dafs ein Intervall unter bestimmten Umst\u00e4nden auch bei starker Verstimmung noch als das n\u00e4mliche aufgefafst wird, z. B. eine Sexte noch als kleine, w\u00e4hrend sie vielleicht schon der grofsen n\u00e4her liegt (hier\u00fcber werden die Herren Dr. Abraham und Dr. v. Hornbostel Versuche ver\u00f6ffentlichen). Auch die Erscheinung geh\u00f6rt hierher, dafs die kleine Terz, die sonst mit Vorliebe zu klein genommen wird, ausnahmsweise, als eine Versuchsreihe mit grofsen Terzen vorausgegangen war, zu grofs genommen (bzw. bei Vergr\u00f6fserung als rein beurteilt) wurde. S. m. Beitr\u00e4ge II, S. 103f. Doch liegt hier der Fall nicht ganz so wie bei den Ged\u00e4chtnisfarben. Die T\u00f6ne als solche werden sicherlich nicht ver\u00e4ndert, auch nicht zentral, wohl aber die an sie gekn\u00fcpfte Gef\u00fchlsempfindung, die ich f\u00fcr eine zentrale und darum leichter ver\u00e4nderliche Sinnesempfindung halte (diese Zeitschr. 14, S. 46). Infolge des Auftretens einer f\u00fcr die grofse oder die kleine Terz charakteristischen Gef\u00fchlsempfindung oder Gef\u00fchlssinnesvorstellung tritt dann auch eine Urteilst\u00e4uschung \u00fcber das Intervall ein.\nSolche F\u00e4lle zentraler Empf in dungs Ver\u00e4nderungen (wenn wir die vorgetragene Deutung als richtig voraussetzen) stehen in Hinsicht des Einflusses der \u00dcbung und Aufmerksamkeit zwischen den peripherischen Empfin dungs Ver\u00e4nderungen und den blofsen Urteils Ver\u00e4nderungen in der Mitte : sie sind nicht so leicht zu beseitigen, aber schliefslich gelingt es doch wohl immer. Nur die peripherischen Empfindungen (= die Empfindungen, soweit sie peripherisch bedingt sind) leisten solchem Einfl\u00fcsse festen Widerstand, sie bilden den Kern des gesamten Empfindungsmaterials, der durch Aufmerksamkeit und \u00dcbung nur immer besser herausgesch\u00e4lt wird. Dafs es so ist, zeigt die Existenz der gesamten Naturforschung, die auf dieser Eigent\u00fcmlichkeit unserer peripherischen Empfindungen ruht.\nAufser dem vernichtenden Einflufs der \u00dcbung und Konzentration bildet auch die Menge und Gr\u00f6fse der individuellen Verschiedenheiten ein Kennzeichen blofser Urteilst\u00e4uschungen. Auch solche finden sich noch in erheblichem Grade bei den eben erw\u00e4hnten mittleren F\u00e4llen, den zentralen Modifikationen der Empfindung, dagegen nur in sehr beschr\u00e4nktem Umfange bei den peripherischen Empfindungen normaler Individuen.\nNach alledem wird man wohl die rechnungswidrigen Abweichungen der D. T. verstimmter Konsonanzen unter die blofs scheinbaren Ver\u00e4nderungen setzen m\u00fcssen. Ich wenigstens komme zu keinem anderen Schlufs, als dafs die Angaben Kruegers hier\u00fcber auf Urteilst\u00e4uschungeil beruhen.\nEiner besonderen Erscheinung mufs noch in bezug auf die Quinten y er Stimmung gedacht werden. In obiger Tabelle ist hier nur D1 angegeben. Nun mufs bei Verstimmung der Quinte rechnerisch ja auch der D.2 auftreten. Ich konnte ihn aber innerhalb der in der Tabelle angegebenen Grenzen schwer h\u00f6ren. Nur bei den gr\u00f6fseren Verstimmungen war er ganz in der N\u00e4he der tieferen Pfeife vernehmbar. Ich habe nun an STERxschen Pfeifen, ausgehend von der kleinen Sexte, den Z>2 in ganz kleinen","page":80},{"file":"p0081.txt","language":"de","ocr_de":"[LV. 81]\nBeobachtungen \u00fcber Kombinationst\u00f6ne.\n81\nSchritten r\u00fcckw\u00e4rts gegen die Quinte hin verfolgt, indem ich immer mit einer verstimmbaren schwebenden Hilfsgabel nachging. So kam ich bis zu 496 : 762,2 (dem \u00e4ufsersten Fall unserer Tabelle, der also diesmal Grenzfall von der anderen Seite her war). Hier war D2 selbst dicht an der tieferen Pfeife nur noch \u00e4ufserst schwach zu h\u00f6ren. Die Messung seiner Tonh\u00f6he ergab 228,8 statt des berechneten 225,3, also einen gr\u00f6fseren Fehler, der aber bei einem an der Wahrnehmungsgrenze stehenden Beiton, der auch nur minimale Schwebungen gab, erkl\u00e4rlich ist. Von da ab weiter gegen die reine Quinte hin ist f\u00fcr mich \u00fcberhaupt nur der h\u00f6rbar und bleibt auch noch eine Strecke nach der anderen Seite (bei der vertieften Quinte) allein h\u00f6rbar. Auch schwebende Gabeln schweben in dieser Zone nur mit Dx. Die in der obigen Tabelle stehenden Schwebungen waren die einzigen, die hier zu erhalten waren, und dafs sie vom D1 herr\u00fchrten, zeigt die genaue \u00dcbereinstimmung mit der Rechnung. Ein anderer gleichzeitiger Schwebungsrhythmus war nicht zu bemerken.\nHieraus schliefse ich, dafs in der Gegend unmittelbar um die Quinte herum der 1)2 \u00fcberhaupt aussetzt und sich nicht einmal in der Weise geltend macht, dafs er den benachbarten Dl im geringsten aus seiner berechneten H\u00f6he ablenkte. Er wird von diesem einfach verdr\u00e4ngt.\nIn Noten kann man sich den Sachverhalt so vergegenw\u00e4rtigen :\nDi Da\nInnerhalb dieser engen Grenzen findet also wirklich eine Beeinflussung eines D. T. durch einen anderen statt, aber nicht in der Weise der Verstimmung, sondern der Verdr\u00e4ngung.\nc) Endlich entspricht auch bei allen sonstigen Intervallen, nicht blofs den reinen und den verstimmten Konsonanzen, die H\u00f6he der D. T. stets genau dem durch ihre Formel ausgedr\u00fcckten Werte. In zahllosen F\u00e4llen habe ich einen D. T. vorher berechnet, dann eine Hilfsgabel zu Schwebungen und zum Einklang damit\nStumpf, Beitr\u00e4ge V.\t\u00ae","page":81},{"file":"p0082.txt","language":"de","ocr_de":"82\nC. Stumpf.\n[LV. 82J\ngebracht, danach die H\u00f6he bestimmt, oder zuerst die Gabel mit dem D. T. in Einklang gebracht, dann die H\u00f6he des D. T. aus den P. T. berechnet: ausnahmslos hat sich die beste \u00dcbereinstimmung gefunden. Und dies gilt nicht nur f\u00fcr D. T., sondern auch f\u00fcr Summationst\u00f6ne. Einige Beispiele werden uns noch begegnen.\nAuch darauf sei hingewiesen, dafs bei den von mir mit M. Meter gemeinschaftlich und bei weiteren von mir allein durchgef\u00fchrten Schwingungszahlbestimmungen f\u00fcr Gabeln und Pfeifen der h\u00f6chsten Tonregionen (vgl. o. S. 42 Anm.) immer die H\u00f6he des D. T. einer bereits bestimmten und einer noch zu bestimmenden h\u00f6heren Tonquelle untersucht wurde, und dafs die so erlangten H\u00f6henw^erte dann vielfach untereinander kombiniert, dafs kreuz und quer D. T. aus verschiedenen Tonpaaren gebildet, deren H\u00f6hen bestimmt und mit der Rechnung \u00fcbereinstimmend gefunden wurden, dafs endlich unsere H\u00f6hen angab en sp\u00e4ter zum Teil von F. A. Schulze auf rein physikalischem Wege (mittels K\u00fcNDTscher Staubfiguren und anderer Methoden) nachgepr\u00fcft und richtig befunden worden sind. Dies alles w\u00e4re nicht m\u00f6glich, wenn nicht selbst bis zur oberen Tongrenze der P. T. hin die D. T. ihren berechneten Werten entspr\u00e4chen.\n7. Differenzt\u00f6ne zwischen den berechneten sind nicht aufznfinden.\nNach Krueger treten nicht blofs merkliche Abweichungen der geh\u00f6rten D. T. von ihrer berechneten H\u00f6he ein, sondern es bilden sich auch zwischen zwei D. T. Zwischendifferenzt\u00f6ne, die gleichzeitig mit jenen beiden vorhanden sind ; und zwar auch dann, wenn die beiden D. T. um mehr als eine kleine Terz auseinanderliegen (s. die Tabelle o. S. 7). Durch direktes H\u00f6ren ist es mir und meinen Mitbeobachtern nicht gelungen, einen solchen Zwischen-D. T. wahrzunehmen, obgleich er doch leicht von den reinen D. T. selbst unterschieden werden m\u00fcfste, da der Abstand nach beiden Seiten grofs genug w\u00e4re.\nIch habe nun auch hier die Schwebungsmethode versucht. Sehr geeignet ist das Intervall 11: 17 mit den absoluten Schwingungszahlen 550 : 850. Man h\u00f6rt H, = 300 und D2 = 250 kr\u00e4ftig und klar. Sie bilden eine reine kleine Terz, die nur mit einiger Rauhigkeit behaftet ist w7egen der 50 Schwebungen 300\u2014250. Der Ton 50 selbst ist nicht zu h\u00f6ren. Nun habe ich mit einer","page":82},{"file":"p0083.txt","language":"de","ocr_de":"Beobachtungen \u00fcber Kombinationst\u00f6ne.\n83\n[LV. 83]\nEDELMANNgchen Gabel mit Laufgewichten nach einem zwischen 260 und 300 etwa vorhandenen Ton gesucht, indem ich die Gabel w\u00e4hrend des unver\u00e4ndert fortklingenden Intervalls langsam von 250\u2014300 und wieder zur\u00fcck in ganz kleinen Schritten verstimmte, und dies mehrmals wiederholte. Zun\u00e4chst kommen Schwebungen der Gabel mit dem D. T. 250, dann verlieren sie sich, dann kommen einmal um die Tonh\u00f6he 275 leise Schwebungen durch den 1. Oberton der Gabel mit dem. tieferen P. T. 550, sie verschwinden wieder, endlich erscheinen Schwebungen mit dem D. T. 300 und verschwinden, wTenn dieser erreicht ist. Nirgends eine Spur zwischenliegender T\u00f6ne.\nIn gleicher Weise habe ich gelegentlich noch andere Differenztonpaare abgesucht, ohne etwas zu finden.\nNun bleibt freilich wieder der Ausweg, dafs die Zwischent\u00f6ne nicht im \u00d6hr entst\u00e4nden, wo sie Schwebungen bilden m\u00fcfsten, sondern erst im Zentrum. Aber nach allem Vorangehenden wird man diesen Ausweg kaum glaubhaft finden k\u00f6nnen.\n8. Intervalle jenseits der kleinen Terz geben keinen Mittelteil.\nNunmehr soll uns ein Ton besch\u00e4ftigen, der nicht unter die Formeln S. 38 fallen w\u00fcrde, somit nicht als Kombinationston im herk\u00f6mmlichen Sinne zu bezeichnen w\u00e4re, der aber doch, wie die gew\u00f6hnlichen Kombinationst\u00f6ne, dem Zusammenwirken zweier Sinusschwingungen seine Entstehung verdanken w\u00fcrde : der von L. Hermann behauptete \u201eMittelton\u201c von der H\u00f6he 1/2 (h -f-t). Hermann vermutete ihn aus theoretischen Gr\u00fcnden, f\u00fchrte aber auch Personen von gutem Geh\u00f6r als Zeugen auf, die in vielen F\u00e4llen einen solchen, ihnen vorher meistens nicht angegebenen, Ton zu h\u00f6ren behaupteten.1 M. Meyer erhob theoretische Einwendungen dagegen und vermutete bei den Beobachtern Verwechselungen mit gewissen Obert\u00f6nen, die allerdings eine bis zwei Oktaven h\u00f6her liegen m\u00fcfsten als der Mittelton.'2\nBestimmte Beobachtungen schienen mir nun vor\u00fcbergehend wirklich auf das Vorhandensein eines solchen Tones hinzuweisen. Man erh\u00e4lt n\u00e4mlich, wenn man bei dem Intervall 5 : 9 (500: 900) am Tonvariator oder mit Gabeln die leise klingende, wenig ver-\n1\tPfl\u00fcgers Archiv f. cl. ges. Physiologie 56 (1894) S. 485 f.\n2\tZeitschr. f. Psychol. 11, 195 f.\n6*","page":83},{"file":"p0084.txt","language":"de","ocr_de":"84\nC. Stumpf.\n[LY. 84]\nstimmte Hilfsgabel 7 einf\u00fchrt, deutlich ausgepr\u00e4gte Schwebungen. Ebenso bei 7 : 9 mit der Gabel 8, bei 200 : 300 mit 250. Auch bei Intervallen \u00fcber eine Oktave, um dies hier vorauszunehmen, wie bei 200: 700 mit der Hilfsgabel 450. Also immer mit der Gabel 1/2 (h -|-1). Sogar die in einem einzelnen Zungenklang enthaltenen Teilt\u00f6ne k\u00f6nnen als Prim\u00e4rt\u00f6ne zu diesem Versuche benutzt werden. Wenn man eine einzelne Zunge erklingen l\u00e4fst und nun eine Gabel hinzubringt, deren H\u00f6he zwischen zwei beliebigen Teilt\u00f6nen nahezu in der Mitte liegt: immer gibt es Schwebungen, ebenso deutlich, wie wenn die Gabel einem Teilton selbst nahe liegt. Demnach m\u00fcfste man also geradezu in jedem Klang mit Obert\u00f6nen auch noch die zwischen je zwei Obert\u00f6nen liegenden Mittelt\u00f6ne als subjektiv gegeben postulieren; was f\u00fcr die Lehre von den Klangfarben von gewaltiger Wichtigkeit w\u00e4re.\nIn einigen F\u00e4llen glaubte ich solche Mittelt\u00f6ne bei Intervallen, die die Terz \u00fcberschreiten, auch direkt zu h\u00f6ren. Doch schienen sie etwas schattenhaft und liefsen sich nicht so wie Differenzt\u00f6ne und Obert\u00f6ne durch l\u00e4ngere konzentrierte Aufmerksamkeit herausheben und subjektiv verst\u00e4rken. Auch machten mich zahllose F\u00e4lle, in denen ich fr\u00fcher nach Mittelt\u00f6nen gesucht habe, ohne etwas zu finden (namentlich in einer Zeit, wo ich sie gleichfalls aus theoretischen Gr\u00fcnden erwartete) mifstrauisch gegen diese wenigen F\u00e4lle, wo etwas derartiges blafs und schwach im Klang enthalten schien. Dazu kommt, dafs leicht eine Verwechslung mit dem Summationston eintreten kann, der wirklich geh\u00f6rt wird, und der die genaue h\u00f6here Oktave des Mitteltons ist.\nGenauere Pr\u00fcfung lehrte, dafs hier in der Tat nur T\u00e4uschungen obwalteten. Es war schon verd\u00e4chtig, dafs die Schwebungen nicht kamen bei minimaler, nur eben merklicher, St\u00e4rke der Hilfsgabel, sondern erst bei einer etwas \u00fcbermerklichen St\u00e4rke. Ferner, dafs man gleichzeitig vielfach auch Differenzt\u00f6ne schweben h\u00f6rte, und zwar in gleichem Rhythmus, Differenzt\u00f6ne, die erst durch die hinzukommende Gabel selbst veranlafst waren. Z. B. bei 5 :9 mit Hilfsgabel 7 h\u00f6rt man Schwebungen auf 2 und 3. Es entstand daher die Frage, ob nicht \u00fcberhaupt die Schwebungen nur auf diesen D. T. stattfanden und auf den Ton 7 durch eine Urteilst\u00e4uschung \u00fcbertragen wurden. Dagegen sprach aber wieder der Umstand, dafs man den Ton 7 auch beim Ausklingen","page":84},{"file":"p0085.txt","language":"de","ocr_de":"[LY. 85]\nBeobachtungen \u00fcber Kombinationst\u00f6ne.\n85\nder Hilfsgabel (wenn sie also nicht sogleich minimal angeschlagen wurde) und bei Stellungen und Entfernungen derselben schweben h\u00f6rte, in denen augenblicklich jene D. T. nicht geh\u00f6rt wurden. In solchen F\u00e4llen hatte man den zwingenden Eindruck, dafs die Schwebungen doch nirgendwo anders als auf dem Ton 7 selbst lokalisiert sein k\u00f6nnten.\nDennoch war die versuchte Erkl\u00e4rung richtig. Der entscheidende Beweis liegt darin, dafs die Schwebungsfrequenz nur halb so grofs sein mufs, wenn der Ton 7 selbst schwebt, als wenn die D. T. schweben. Nehmen wir an, die Gabel sei auf 701 verstimmt, so resultieren die D. T. 900 \u2014 701 = 199 und 701 \u2014500 = 201, die also untereinander 2 Schwebungen geben, w\u00e4hrend 701 selbst mit einem Mittelton 700 nur 1 Schwebung geben w\u00fcrde. Und so mit Notwendigkeit in allen F\u00e4llen, da die verstimmte Gabel dem h um ebensoviele Schwingungen n\u00e4her r\u00fcckt, als sie sich vom t entfernt.\nNat\u00fcrlich mufs hier bei der experimentellen Pr\u00fcfung die allergenaueste Abstimmung den Tonquellen vorausgehen. Im \u00fcbrigen habe ich die Pr\u00fcfung auf verschiedenen Wegen angestellt. Am einfachsten verf\u00e4hrt man so : ein Metronom wird auf 1 Schlag p. Sekunde eingestellt; dann die Gabel 700 so verstimmt, dafs sie mit einer auf 700 reingestimmten Klangquelle 2 Schwebungen auf einen Metronom schlag macht. F\u00fcgt man sie nun zu 5 : 9 hinzu, so macht sie 4 Schwebungen. Somit r\u00fchren diese tats\u00e4chlich von den D.-T\u00f6nen her und finden auf ihnen statt, w\u00e4hrend 700 ruhig bleibt.\nMan k\u00f6nnte zun\u00e4chst noch eine andere Erkl\u00e4rung als die durch D. T. versuchen. Es k\u00f6nnte sich um Schwebungen des ersten Obertons der Hilfsgabel mit dem Summationston der P. T. 5\t9 = 14 handeln. Diese w\u00fcrden ja gleichfalls die doppelte\nFrequenz haben. Indessen wenn man die Interferenzr\u00f6hren auf den Ton 14 einstellt (wobei statt der Gabel 7 eine gleichhohe Pfeife von entsprechend abgeschw\u00e4chtem Ton im Schallzimmer dem Intervall 5 : 9 hinzugef\u00fcgt werden mufs), so verschwinden die Schwebungen nicht, obgleich der Oberton 14 getilgt ist. Auf diesem Weg also kommen sie nicht zustande.\nDie vorstehenden Erfahrungen lehren, wie vorsichtig man mit positiven Schl\u00fcssen aus Schwebungsbeobachtungen sein mufs, und dafs die Lokalisation der Schwebungen zuweilen tr\u00fcgerisch sein kann. Aber sie best\u00e4tigen doch auch, dafs es Kriterien gibt,","page":85},{"file":"p0086.txt","language":"de","ocr_de":"86\nC. Stumpf.\n[LY. 86]\ndie eine exakte Entscheidung gestatten, dafs man also um solcher m\u00f6glichen Fehlschl\u00fcsse willen das Hilfsmittel der Schwebungen nicht zu verwerfen braucht.\nWenn wir uns erinnern, dafs Hebmanns Gew\u00e4hrsm\u00e4nner den Mittelton grofsenteils ohne vorherige Angabe zu h\u00f6ren glaubten, so wird man auch unsere Zweifel an der unbedingten Beweiskraft der \u201eunwissentlichen Methode\u201c (o. S. 17) an diesem Falle best\u00e4tigt finden.\nDie negative These bez\u00fcglich des Mitteltons ist in der \u00dcberschrift auf die Intervalle jenseits der kleinen Terz eingeschr\u00e4nkt. Bei Intervallen, die kleiner sind als 5 : 6, existiert innerhalb einer gewissen Zone der \u201eZwischenton\u201c neben den Prim\u00e4rt\u00f6nen. Er scheint allerdings seiner genauen H\u00f6he nach im allgemeinen nicht mit der arithmetischen Mitte der P. T. zusammenzufallen. H\u00e4tte sich indessen bei den Intervallen \u00fcber 5 : 6 ein wirklicher Mittelton herausgestellt, so w\u00fcrde man versucht haben, die beobachteten Abweichungen des Zwischentons auf Nebeneinfl\u00fcsse zur\u00fcckzuf\u00fchren und ihn mit dem Mittelton zu identifizieren. Nun ist der Versuch \u00fcberfl\u00fcssig. Da aber doch manche zu der Auffassung des wirklich vorhandenen Zwischentons als eines Mitteltons im Sinne der genauen Formel 1/2 (h -j- t) neigen und eine Diskussion dar\u00fcber hier nicht in meiner Absicht liegt, ist die negative These auf die Intervalle jenseits 5 : 6 beschr\u00e4nkt.\n9. Aufser !)< und Da existieren nocli innerhalb bestimmter Grenzen die unteren D. T. Bf \u2014 2h, 4t \u2014 %h und die oberen Do T. 2h \u2014 t, 3 h \u2014 2t, 4 h\u2014$t.\nWir nennen untere D. T. die, die unterhalb beider P. T. liegen, wie es mit D1 und D2 bei Intervallen in der Oktave der Fall ist. Es sind aber auch obere D. T. denkbar, die zufolge ihrer Formeln \u00fcber den P. T. liegen, endlich auch zwischenliegende. Wir wollen im folgenden angeben, was sich davon hat finden lassen.\nDer genaue Nachweis von D. T., die unabh\u00e4ngig von Obert\u00f6nen zustande kommen, aufser Dx und D2, ist im allgemeinen sehr schwierig, weil sie so schwach sind, dafs die Hin\u00fcberleitung in das Beobachtungszimmer behufs Anwendung des Interferenzverfahrens nur schwer gelingt. Im Schallzimmer, in der N\u00e4he der Tonquellen, kann man sie leichter beobachten, aber da ist es eben m\u00f6glich, dafs sie nicht von den Grundt\u00f6nen selbst oder","page":86},{"file":"p0087.txt","language":"de","ocr_de":"Beobachtimyen \u00fcber Kombinationst\u00f6ne.\n87\n[LY. 87]\nnicht allein von ihnen erzeugt sind. Bei der Einstellung der Interferenzr\u00f6hren mufs man auch hier darauf achten, dafs nicht blofs die aus der Formel ersichtlichen Obert\u00f6ne (bzw. einer von ihnen), sondern auch alle sonstigen ausgeschlossen werden, durch die ein D. T. von der H\u00f6he des gesuchten als Dx oder D2 gebildet werden k\u00f6nnte.\na)\tUntere D. T.\n3 i \u2014 2 h ist bei Intervallen unter der kleinen Terz von mir vor langer Zeit beobachtet und von M. Meyeb best\u00e4tigt (XI, 193 f.)-Er entspricht bei diesen Intervallen Kruegers D8. Man h\u00f6rt ihn namentlich gut bei grofsen Sekunden in der dreigestrichenen Oktave (als Ton 6 bei 8 :9). Da ist er auch einigen meiner Mitbeobachter spontan aufgefallen, an Gabeln wie an Pfeifen. Er hat sich auch durch die Interferenzprobe als echter D. T. der P. T. erwiesen. Von der kleinen Terz aufw\u00e4rts ist er aber bestimmt nicht mehr vorhanden.\n41 \u2014 3 h ist f\u00fcr dieselben Intervalle Kruegers D4. Auch diesen hat bereits M. Meyer bei 8 : 9 und 9 : 10 angegeben, und zwar bei Stimmgabeln, wo die Erzeugung durch die entsprechenden Obert\u00f6ne ausgeschlossen ist, Dr. Pupp und ich glauben ihn ebenfalls bei 8:9 an Gabeln beobachtet, auch ebenmerkliche Schwebungen mit einer Hilfsgabel erhalten zu haben, beides freilich nur f\u00fcr einen Moment w\u00e4hrend des Ausklingens. Jedenfalls ist er \u00e4ufserst schwach, und bei gr\u00f6fseren Intervallen ist sicher nichts mehr davon vorhanden.\nMeyer gibt an, dafs er bei dem noch kleineren Intervall 16:17 sogar 6t \u2014oh und 7 t \u20146 h (die T\u00f6ne 11 und 10) geh\u00f6rt habe. Hiervon kann ich nichts vernehmen ; das Ohr wird durch die starken Schwebungen der P. T. so in Anspruch genommen, dafs es sehr schwer sein d\u00fcrfte, etwas mit Sicherheit auszusagen.\nb)\tObere D. T. kommen in Krueg-ers Formeln \u00fcberhaupt nicht vor und w\u00fcrden nach dem Prinzip seiner Ableitung auch unm\u00f6glich sein; aber nat\u00fcrlich versteht er dieses Prinzip nicht als ein a priori g\u00fcltiges, sondern nur als Ausdruck seiner Ergebnisse. Tats\u00e4chlich sind solche obere D. T. vorhanden, und einer davon tritt mindestens so gut wie die ebenerw\u00e4hnten unteren, nach meinem Daf\u00fcrhalten besser hervor, n\u00e4mlich 2h \u2014 t.\n2h \u2014 t liegt bei Intervallen von der Form n : n + 1 um eine Einheit \u00fcber der Verh\u00e4ltniszahl des h ; ebenso wie die vorher genannten T\u00f6ne die Zahlenreihe nach unten weiter f\u00fchren. Bei","page":87},{"file":"p0088.txt","language":"de","ocr_de":"88\nC. Stumpf.\n[LY. 88]\nIntervallen, deren Verh\u00e4ltniszahlen um 2 differieren, liegt dieser Ton eben auch um 2 Einheiten \u00fcber h. Ich habe ihn schon fr\u00fcher mehrfach beobachtet (s. Meyer 193), auch Meyer fand ihn bei 5 : 6 und 4 : 5. Aber es ist bisher vers\u00e4umt worden, seine Unabh\u00e4ngigkeit von Obert\u00f6nen festzustellen. Ich habe dies nun in vielen F\u00e4llen getan und kann ihn mit Sicherheit als echten, direkt von den P. T. stammenden D. T. bezeichnen. Und zwar ist er noch bei 3:5 als Ton 7 in dieser Weise vorhanden\u00ab Wahrscheinlich verschwindet er erst da, wo auch 2 t \u2014 h verschwindet, nah an der Oktave.\n3\th \u2014 2 t habe ich bei der kleinen Terz (als Ton 8) noch direkt geh\u00f6rt, Dr. v. PIornbostel bei 6 : 7, und zwar auch bei Interferenz der bez\u00fcglichen Obert\u00f6ne. Bei 4 : \u00f6 ist er gleichfalls noch im Beobachtungszimmer zu bekommen, aber nur in der N\u00e4he der R\u00f6hren\u00f6ffnung, wo auch die Obert\u00f6ne nicht ganz ausgeschlossen werden k\u00f6nnen. Doch ist es nicht wahrscheinlich, dafs ein D. T. noch von Obert\u00f6nen erzeugt werden kann, die selbst nur eben noch wahrnehmbar sind. Daher mag er auch noch bei 4:5 unabh\u00e4ngig existieren. H\u00f6her hinauf habe ich vielfach nach ihm gesucht, aber nichts Sicheres mehr feststellen k\u00f6nnen.\n4\tA \u2014 31 wurde von Dr. Rupp bei 5:6 (als Ton 9) beobachtet. Aber wiederum war es schwer zu sagen, ob er noch etwas weiter weg von der R\u00f6hre geh\u00f6rt wurde als die Obert\u00f6ne. Immerhin k\u00f6nnen wir seine unabh\u00e4ngige Existenz aus dem eben erw\u00e4hnten Grunde gleichfalls als sehr wahrscheinlich bezeichnen.\nc) Zwischenliegende D. T. bei Intervallen innerhalb der Oktave w\u00fcrden arithmetisch \u00fcberall m\u00f6glich sein, wo die Differenz der Verh\u00e4ltniszahlen die Einheit \u00fcbersteigt. Bei den Intervallen zwischen Quinte und Oktave, wo man sie am leichtesten von den P. T. zu unterscheiden erwarten k\u00f6nnte, w\u00fcrden besonders folgende in Betracht kommen:\n2 h - 21 31 \u2014 h\nVon der Septime 5 : 9 an m\u00fcfsten sich diese auch durch die Rauhigkeit der P. T. merklich machen. \u00dcberhaupt aber k\u00f6nnten soviele D. T. dazwischen liegen, als ganze Zahlen zwischen den","page":88},{"file":"p0089.txt","language":"de","ocr_de":"[LY. 89]\nBeobachtungen \u00fcber Kombinationst\u00f6n e.\n89\nVerh\u00e4ltnis zahlen der P. T. liegen. Bei 6 : 11 z. B. k\u00f6nnten auch 8 = 51 \u2014-2h und 9 = 8h \u2014 41 resultieren.\nKrueger gibt nichts dergleichen an. Meyer berichtet, bei 4:7 5 und 6 geh\u00f6rt zu haben, und zwar 6 sehr gut, 5 etwas schw\u00e4cher. Ich habe trotz vielen Suchens nichts Bestimmtes davon finden k\u00f6nnen. Ebensowenig bei 7:11, 5:8, 8:13 u. dgl. Bei 3 : 5 war allerdings f\u00fcr Dr. Rupp und mich einmal ganz schwach der Ton 4 = 31 \u2014 h = 2h\u2014 2t zu h\u00f6ren, und zwar auch bei Interferenz auf die Teilt\u00f6ne 9 und 10. Aber wir hatten \u00fcbersehen, dafs 4 auch als D2 der Teilt\u00f6ne 6 und 5 resultieren kann, die kr\u00e4ftig genug da waren, und es gl\u00fcckte uns nicht, den Ton in so ausgepr\u00e4gter Weise im H\u00f6rzimmer wieder zu bekommen. Auch bei Meyers Versuchen ist die M\u00f6glichkeit sekund\u00e4rer Entstehung nicht hinreichend ausgeschlossen, da stark gestrichene Resonanzgabeln noch die Duodezime liefern. Ich halte daher die Existenz unabh\u00e4ngiger zwischenliegender D. T. bei Intervallen innerhalb der Oktave bisher f\u00fcr unbewiesen.\n10. Der Summationston h-\\-t ist nicht durch Obert\u00f6ne bedingt und nicht auf Differenzt\u00f6ne zur\u00fcckf\u00fchrbar.\nVon Summationst\u00f6nen hat bekanntlich Helmholtz zuerst gesprochen. Sie ergaben sich ihm zun\u00e4chst theoretisch als Konsequenz seiner Hypothese \u00fcber die Entstehung der K. T. Er gab aber auch an, sie beobachtet zu haben, besonders an der Doppelsirene und dem Harmonium, sehr obertonreichen Klang-quellen, bei denen \u00fcberdies durch den gemeinsamen Windraum, die Bedingungen f\u00fcr eine objektive Entstehung von K. T. gegeben sind. Diese Beobachtungen sind auch von Sp\u00e4teren vielfach best\u00e4tigt worden, und zwar auch bei getrennter Erzeugung beider Prim\u00e4rkl\u00e4nge.\nAber bis heute sind die Zweifel nicht verstummt, ob es sich dabei um genuine Summationst\u00f6ne handelt oder nicht vielmehr um Differenzt\u00f6ne, die durch Beteiligung von Obert\u00f6nen zustande kommen. Zwei M\u00f6glichkeiten kommen da in Betracht:\na) Es k\u00f6nnte sich um D. T. handeln, die von den beiderseitigen Obert\u00f6nen untereinander oder mit einem der Grundt\u00f6ne gebildet werden. Z. B. k\u00f6nnte bei 2 : 3 der S. T. 5 durch 3-3 \u2014 2-2 oder durch 4-2 \u2014 1 -3 entstehen. Allgemein ist bei Intervallen, deren Verh\u00e4ltniszahlen sich nur um eine Einheit unterscheiden,","page":89},{"file":"p0090.txt","language":"de","ocr_de":"90\nC. Stumpf.\n[LY. 90]\nh \u2022 h \u2014 t \u2022 t = h -f-1 (wobei in dem Produkt h \u2022 h das eine li als die Verh\u00e4ltniszahl des h\u00f6heren Grundtons, das andere aber als die absolute Ordnungszahl seines Teiltons zu verstehen ist, analog bei t \u2022 t). Und noch allgemeiner ist h (t-j- 1) \u2014 t (h\u2014 1) = h -f-1.\nb) Es k\u00f6nnte sich um D. T. handeln, die von einem Oberton mit einem D. T. der Grundt\u00f6ne gebildet werden; in welcher Beziehung namentlich auf die Formel 2h \u2014 (h\u2014 t) = h-\\-t hin-gewiesen worden ist. Ich selbst habe diese Entstehungsweise fr\u00fcher f\u00fcr wahrscheinlich gehalten.1\nNeuerdings hat K. L. Schaeeer in seiner trefflichen Darstellung des Geh\u00f6rsinnes 6 verschiedene Ableitungsformeln angegeben, die teilweise das erste, teilweise das zweite Prinzip ben\u00fctzen.2\nDie erste M\u00f6glichkeit f\u00e4llt jedoch sofort hinweg, wrenn man weiche Klangquellen nimmt und zugleich Intervalle benutzt, die viel h\u00f6here Obert\u00f6ne zur Erzeugung des S. T. voraussetzen w\u00fcrden, als in diesen Klangquellen enthalten sind. Wenn z. B. an Stimmgabeln das Intervall 3:4 gepr\u00fcft wird, wobei der 4. Teilton von 4 erforderlich w\u00e4re, oder 5 : 8, wo der 7. Teilton von 5 vorhanden sein m\u00fcfste. Und doch l\u00e4fst sich auch in solchen F\u00e4llen der S. T. beobachten. Kruegers Beobachter, und besonders M\u00f6bius, haben ihn h\u00e4ufig bemerkt und \u2014 worauf ich mehr Gewicht lege \u2014 in nicht wenigen F\u00e4llen H\u00f6henbestimmungen gegeben, die so genau als man nur w\u00fcnschen kann, mit der berechneten H\u00f6he \u00fcbereinstimmen.3 Auch von mir und den Herren\n1\tTonpsych. II, 254. Die von Krueger C 280 zitierten S\u00e4tze beziehen sich aber nicht, wie er annimmt, auf diese Herleitungsweise, sondern, wie aus dem Texte klar hervorgeht, auf die grofse Schw\u00e4che des S. T. Sie sollten genau dasselbe beweisen, was auch Krueger daraus erschliefsbar findet. Dafs \u00fcbrigens ausnahmsweise starke S. T. tats\u00e4chlich den Zusammenklang konsonanter Intervalle und Akkorde sch\u00e4digen k\u00f6nnen, hat bereits Helmholtz bemerkt (Pogg. Ann. d. Physik 99, S. 520, Tonernpf.4 258).\n2\tNagels Handb. d. Physiologie III, 2. S. 530.\n3\tWenn M\u00f6bius in 5 F\u00e4llen den S. T. von Tonpaaren zwischen kleiner und grofser Septime um eine kleine Terz zu hoch bestimmte, so scheint es mir nicht gut m\u00f6glich, hier mit Krueger (\u00c2 358) an sekund\u00e4re S. T. zu\ndenken, die der prim\u00e4re S. T. mit einem besonders deutlichen D. T. gebildet h\u00e4tte. Sekund\u00e4re S.-T\u00f6ne sind mir \u00fcberhaupt nicht vorgekommen; am wenigsten kann ich annehmen, dafs Differenzt\u00f6ne mit einem S. T. einen neuen S. T. bildeten. Es scheint sich hier um irgendeinen zuf\u00e4lligen Neben-","page":90},{"file":"p0091.txt","language":"de","ocr_de":"[LY. 91]\nBeobachtungen \u00fcber Kombinationst\u00f6ne.\n91\nAbbaijam und y. Hoenbostel wurde er jetzt bei weichen Klangfarben Yollkommen deutlich wahrgenominen, sowohl direkt als auch durch schwebende Hilfsgabeln von minimaler St\u00e4rke (dies ist hier wesentlich, um einen sonst m\u00f6glichen Einwand nach dem oben S. 24 Bemerkten zu entkr\u00e4ften). Nat\u00fcrlich kann in anderen F\u00e4llen, wo es sich um obertonreiche Kl\u00e4nge handelt, die genannte Erzeugungsweise immerhin zutreffen. Aber sie kann nicht die ausschlielsliche sein.\nDie zweite M\u00f6glichkeit dagegen ist nicht so einfach zu widerlegen. Denn der 2. Teilton, der dabei allein vorausgesetzt wird, ist auch in Gabeln und Fl\u00f6tenpfeifen vorhanden.\nZun\u00e4chst kann man allerdings schon deduktiv aus der unter II, 3. festgestellten Regel schliefsen, dafs die Formel 2h \u2014 (h \u2014 t) nicht den wahren Ursprung eines S. T. angeben wird. Denn nach jener Regel k\u00f6nnen D. T. weder unter sich noch mit P. T. neue D. T. erzeugen. Obert\u00f6ne der P. T. m\u00fcssen aber selbstverst\u00e4ndlich auch als P. T. gelten, da sie ebenso wie die Grundt\u00f6ne durch die \u00e4ufsere Luftwelle dem Ohre gegeben werden. Also kann der Oberton 2h nicht mit dem D.T. h \u2014 t einen neuen D. T. geben. Dazu kommt noch, dafs der erzeugende D. T. hier immer einem \u00fcber die Oktave hinausreichenden Intervall entstammen m\u00fcfste; solche Intervalle liefern aber, wie wir noch h\u00f6ren werden, nur \u00e4ufserst schwache D. T., die man zur Erzeugung neuer D. T. auch schon darum kaum f\u00fcr f\u00e4hig halten m\u00f6chte.\nImmerhin bleibt es erw\u00fcnscht, die Frage auch direkt experimentell zu pr\u00fcfen. Es kann dadurch zugleich auch die obige Regel einer neuen Verifikation unterworfen werden. Die Interferenzversuche sind aber hier wieder einmal nicht leicht exakt anzustellen. Besonders darum, weil der S. T., wie alle sehr leisen K. T., in hohem Mafse vom Intensit\u00e4tsverh\u00e4ltnis der P. T, abh\u00e4ngt, und weil dieses Verh\u00e4ltnis durch die Hin\u00fcberleitung ins H\u00f6rzimmer verschoben werden kann. Alan erh\u00e4lt dann also den S. T., den man im Schallzimmer ganz wohl vernahm, dr\u00fcben \u00fcberhaupt nicht, weder mit noch ohne Interferenz auf 2 h.\nton zu handeln, der mit den beabsichtigten Versuchsbedingungen nichts zu tun hatte.\nEine Aufz\u00e4hlung der Stellen, an denen Krueger von den S. T.-Beob-achtungen berichtet, gibt er G 216 Anm.","page":91},{"file":"p0092.txt","language":"de","ocr_de":"92\nC. Stumpf.\n[LV. 92]\nEs sind gleichwohl, wie ich erst jetzt aus einem Protokoll vom Dezember 1895 sehe, bereits damals unter den von mir mit M. Meyer gemeinschaftlich angestellten Versuchen an der K\u00d6NiGschen Wellensirene auch Interferenzversuche vorgekommen, die in dieser Hinsicht befriedigten. Die P. T. waren 212 und 300; der Oberton 600 war vollst\u00e4ndig beseitigt, der S. T. 512 blieb aber bestehen und war nicht nur durch Schwebungen mit einer Hilfsgabel sondern auch durch direktes H\u00f6ren deutlich erkennbar. Das Protokoll schliefst: \u201eWir sind hiernach beide nicht im Zweifel, dafs der S. T. nicht durch den 1. Oberton des h\u00f6heren Tons hervorgebracht wird. Ohnedies ist dieser schw\u00e4cher als der S. T. selbst\u201c [bei der vorliegenden Klangquelle].1\nAber auch in der neuen Untersuchungsreihe, die im Sommer 1905 in einem anderen Lokal unter ung\u00fcnstigeren Verh\u00e4ltnissen der Schalleitung stattfand, sind mir nach manchen Fehlschl\u00e4gen zuletzt mehrfach analoge Versuche gelungen, die ich damals wenigstens f\u00fcr entscheidend hielt. So bei dem Verh\u00e4ltnis 3 : 5 mit den T\u00f6nen 150: 250 der Flaschenorgel, von der zwei Flaschen entsprechend genau eingestimmt wurden. Zylindrische Resonatoren f\u00fcr 150 und 250 wurden zur Tonverst\u00e4rkung vor die beiden Flaschen gebracht und dann die T\u00f6ne durch Schl\u00e4uche und R\u00f6hren ins H\u00f6rzimmer geleitet. Der S. T. 8 h\u00e4tte hier, wenn wir von den obigen deduktiven Erw\u00e4gungen abseh en , erscheinen k\u00f6nnen durch 2 h \u2014 (h \u2014 t), 4 h\u2014 41, 41 \u2014 (2 h \u2014 2 t), 41\u2014 (3 \u00a3 \u2014 h). Die Formeln sind ohne ihre algebraische Aufl\u00f6sung geschrieben, weil sie eben so die Obert\u00f6ne wiedergeben, um die es sich handeln konnte. Die tiefen Flaschen enthalten tats\u00e4chlich noch den 4., sogar den 5. Teilton. Es wurden daher die T\u00f6ne 2 h, 4/? und 4tf durch Interferenz gleichzeitig ausgeschlossen. Anfangs schien nun der S. T. bei Einschaltung der Interferenzschieber in der Tat zu verschwinden. Aber der tiefere P. T. war auch zu schwach geworden. Als er\n1 Meyer berichtet (.Zeitschr. Psychol, il, S. 185) \u00fcber einen gleichen Versuch beim Intervall 8:11, welches durch eine einzige, diesem Zusammenklang entsprechende, Blechkurve auf dem Apparat hergestellt wurde und einen auffallend starken S. T. gab. Dieser Fall, an den ich mich sehr wohl erinnere, ist auch im Protokoll verzeichnet; aber \u00fcber einen Interferenzversuch ist dabei nichts bemerkt. Unsere gemeinsamen Interferenzversuche wenigstens d\u00fcrften sich nicht auf dieses Intervall bezogen haben.","page":92},{"file":"p0093.txt","language":"de","ocr_de":"[LV. 93]\nBeobachtungen \u00fcber Kombinationst\u00f6ne.\n93\ndurch einen im H\u00f6rzimmer an der R\u00f6hren\u00f6ffnung angebrachten konischen Resonator verst\u00e4rkte wurde, trat der S. T. deutlich hervor und gab mit einer Hilfsgabel auch die sch\u00f6nsten Schwebungen. Dafs die Obert\u00f6ne bei derselben Stellung des Ohres zur R\u00f6hre nicht vorhanden waren, wurde durch besondere Pr\u00fcfung noch festgestellt. Ganz dasselbe ergab sich bei 300 : 400, 400 : 500, wo wiederum der P. T. t verst\u00e4rkt werden mufste, eine Mafsregel, die \u00fcberhaupt immer in zweifelhaften F\u00e4llen versucht werden mufs.\nTrotz alledem hat sich sp\u00e4ter ein ganz unvermuteter Umstand herausgestellt, der die Beweiskraft dieser Versuche wieder in Frage stellt. Die S. T. der Orgelt\u00f6ne, wie sie aus der R\u00f6hre im Beobachtungszimmer anlangen, sind n\u00e4mlich, entweder \u00fcberhaupt oder in gewissen F\u00e4llen, objektive K. T. Es ist mir dies erst im vergangenen Sommer w\u00e4hrend einer mit Hrn. Dr. Rupp vorgenommenen Nachpr\u00fcfung gewisser Punkte bei der etwas vergr\u00f6fserten gr. Terz 247 : 315 (h : dis1) entgegengetreten. Beim Suchen nach einem anderen K. T. (2 h\u2014 t) fiel mir die aufdringliche St\u00e4rke des S. T. 562 auf, der mit den Obert\u00f6nen 2t und 2h, zwischen denen er liegt und von deren jedem er um einen Ganzton entfernt ist, schwirrende Schwebungen bildete, aber ganz deutlich von beiden zu unterscheiden war. Es wurde festgestellt, dafs er mit der Berechnung genau \u00fcbereinstimmte und nicht etwa als zuf\u00e4lliger Beiton auftrat. Bei Ausschlufs von 2 h fiel er nicht hinweg, wurde sogar noch deutlicher. Aber diesmal zeigte sich noch mehr : er blieb auch bestehen und wurde immer reiner wahrnehmbar, wenn auch 2 t, ja wenn die Prim\u00e4r t\u00f6ne t und h durch Interferenz beseitigt wurden. Dieser s. z. s. reingez\u00fcchtete S. T. mufste also objektiv sein. In der Tat wurde er durch eine auf ihn abgestimmte Resonanzr\u00f6hre auch deutlich verst\u00e4rkt, fiel dagegen hinweg, als eine Interferenzr\u00f6hre auf ihn selbst eingestellt wurde ; ebenso verschwanden dann die Schwebungen mit den wiederhergestellten Nachbart\u00f6nen. Dr. Rupp hat diese Beobachtungen best\u00e4tigt, und sie sind auch nachher von anderen Mitbeobachtern und von Dr. Waeizmann aus Breslau best\u00e4tigt worden. Wenn man einen Resonator von entsprechender Abstimmung vor die R\u00f6hre setzt, aus der dieser isolierte S. T. kommt und ihn mit einer Hilfsgabel schweben l\u00e4fst, kann man sogar f\u00fcr eine gr\u00f6fsere Anzahl von Personen zugleich seine Anwesenheit leicht demonstrieren.","page":93},{"file":"p0094.txt","language":"de","ocr_de":"94\nG. Stampf.\n[LY. 94]\nDieser objektive S. T. scheint seinen Ursprung aber nicht an der Ursprungsstelle der P. T. selbst zu haben ; wenigstens konnten Plerr Waetzmanx und ich im Schallzimmer nicht die geringste Verst\u00e4rkung durch den Resonator bemerken, obgleich er da als subjektiver S. T. sehr gut direkt zu h\u00f6ren ist. Er d\u00fcrfte also erst in der metallenen R\u00f6hrenleitung, deren W\u00e4nde an der Fortleitung der P. T. nicht unbeteiligt sind, zustande kommen.\nEigent\u00fcmlicherweise gelang es dagegen nicht, die D. T. des n\u00e4mlichen Intervalls unter den n\u00e4mlichen Umst\u00e4nden als objektiv nachzuweisen. Die absolute Tonh\u00f6he wurde allerdings, um nicht allzutiefe D. T. zu bekommen, um eine Oktave erh\u00f6ht; aber die Lage der Schallquellen gegeneinander war analog. Die D. T. liefsen sich nicht durch Resonatoren verst\u00e4rken, weder im Schall-noch im Beobachtungszimmer, und sie verschwanden, wenn auch nur einer der P. T. durch Interferenz ausgel\u00f6scht wurde, waren dann auch nicht einmal durch die Schwebungsmethode mehr zu konstatieren, blieben dagegen unver\u00e4ndert oder erfuhren h\u00f6chstens eine geringe Schw\u00e4chung, wenn nach Wiederherstellung der P. T. die Interferenzr\u00f6hren auf sie selbst eingestellt wurden. Wenigstens beim D2, der schon der mittleren Tonlage angeh\u00f6rt und im H\u00f6rzimmer gut herauskam, liefs sich dies genau feststellen.\nWenn nun der S. T. objektiv vorhanden ist, so ist klar, dafs mindestens in den F\u00e4llen, wo analoge Versuchsbedingungen Vorlagen, aus seinem Fortbestehen bei Ausschlufs von 2 h nicht mehr seine Unabh\u00e4ngigkeit von diesem Oberton gefolgert wurden kann. Denn dann kommt er eben aus dem Schallzimmer oder der R\u00f6hrenleitung, wo 2 h noch vorhanden ist, wie ein Prim\u00e4rton her\u00fcber und wird nat\u00fcrlich durch den nachtr\u00e4glichen Ausschlufs von 2 h im Beobachtungszimmer nicht ber\u00fchrt.\nDaher mufs man, um die Frage nach der selbst\u00e4ndigen Existenz subjektiver S. T. zu entscheiden, einen anderen Weg einschlagen. Man mufs den h\u00f6heren P. T., dessen Oberton ausgeschlossen wurden soll, allein aus dem Schallzimmer durch die R\u00f6hre schicken, dagegen den tieferen P. T. erst im Beobachtungszimmer dazuf\u00fcgen. Ich habe dies mit der (etwras erniedrigten) gr. Sexte aus den T\u00f6nen 150 und 246,7 getan, indem h durch die Orgel angegeben, t aber erst durch die Stimmgabel loO im H\u00f6rzimmer beigef\u00fcgt wurde. 2 h wurde so ausgeschlossen, dafs man nur in allern\u00e4chster N\u00e4he der R\u00f6hre ganz schwache,","page":94},{"file":"p0095.txt","language":"de","ocr_de":"[LV. 95]\nBeobachtungen \u00fcber Kombinationst\u00f6ne.\n95\nverschwindende Schwebungen mit der Hilfsgabel 2 h-\\-\u00f6 erhielt. Unter diesen Umst\u00e4nden waren aber die Schwebungen des S. T. mit einer Hilfsgabel noch weiter weg von der R\u00f6hre deutlich zu h\u00f6ren, so dafs es mir auch leicht gelang, sie durch Ankleben von Wachs an die Hilfsgabel sukzessive zum Verschwinden zu bringen und danach die absolute H\u00f6he des S. T. zu bestimmen, welche mit der berechneten genau \u00fcbereinstimmte.1\nEin gleicher Versuch wurde mit dem Intervall 4 : 5 an gestellt, mit denselben T\u00f6nen, die jenen auff\u00e4lligen objektiven S. T. ge-liefert hatten, nur dafs t im H\u00f6rzimmer erst durch eine Gabel hinzugef\u00fcgt wurde. Es war nun fast nichts mehr von einem S. T. zu h\u00f6ren. Ich h\u00e4tte nach der direkten Wahrnehmung nicht gewagt, sein Vorhandensein zu behaupten. Durch Schwebungen gab er sich indessen noch deutlich kund, obgleich sie noch schw\u00e4cher waren als im vorigen Fall und nur bei ganz bestimmtem St\u00e4rkeverh\u00e4ltnis der P. T. und der Hilfsgabel w\u00e4hrend ihres Ausschwingens vor\u00fcbergehend auftraten. Als 2 h ausgeschaltet wurde, war das Ergebnis wie bei 3 :5, die Schwebungen des S. T. schienen mir in derselben Weise bestehen zu bleiben.\nSonach glaube ich die Unabh\u00e4ngigkeit des subjektiven S. T. von 2 h und von Obert\u00f6nen \u00fcberhaupt vertreten zu d\u00fcrfen.\nIn dieser Frage freue ich mich mit Krueger \u00fcbereinzustimmen. Er hat zwar die Interferenzprobe nur in bezug auf die h\u00f6heren Obert\u00f6ne, nicht f\u00fcr 27z, angestellt, erkl\u00e4rte jedoch die Existenz von selbst\u00e4ndigen S. T. f\u00fcr sehr wahrscheinlich (C, 279 f.) und gab dieser Anschauung in einer brieflichen Mitteilung auf Grund erneuter Durchsicht seiner Protokolle noch bestimmteren Ausdruck. Neuerdings ist auch J. Petersox in einer\n1 Dafs dieses wie das vorige Intervall nicht ganz rein genommen wurde, geschah nur mit R\u00fccksicht auf die zuf\u00e4llige Stimmung der f\u00fcr den S. T. besonders geeigneten Hilfsgabeln. Die Intervalle der P. T. als solche gaben nicht die geringsten Schwebungen. Auch \u00e4nderten sich die wirklich auftretenden Schwebungen des S. T., sobald die Abstimmung der Hilfsgabel ver\u00e4ndert wurde, was nicht der Fall h\u00e4tte sein k\u00f6nnen, wenn sie von der Unreinheit des Intervalles selbst (bzw. von Obert\u00f6nen oder D. T.) herr\u00fchrten. In dieser Hinsicht ist jede T\u00e4uschung ausgeschlossen. Ebenso konnten die Schwebungen nicht von einem durch die Hilfsgabel selbst mit dem h gebildeten D. T. herr\u00fchren, der rechnungsgem\u00e4fs freilich mit t schweben mufs. Denn selbstverst\u00e4ndlich beobachtete ich die Vorsicht, die Hilfsgabel nur ganz minimal anzuschlagen.","page":95},{"file":"p0096.txt","language":"de","ocr_de":"96\tc. Stumpf.\t[LV. 96]\neingehenden Untersuchung ohne Ben\u00fctzung der Interferenz-methode zu dem gleichen Schl\u00fcsse gekommen.1\nDieser echte und zugleich subjektive S. T. ist aber, wie betont werden mufs, bei Intervallen innerhalb der Oktave sehr schwach. Jenseits der Oktave scheint er mir merklich st\u00e4rker zu werden, sowie auch innerhalb der Oktave an St\u00e4rke im allgemeinen mit wachsendem Intervall zuzunehmen. Kbuegee gibt gleichfalls an, dafs bei Intervallen mit den Grundt\u00f6nen 256 oder 512 der S. T. mit Erweiterung des Intervalls bis zur Septime im grofsen und ganzen an Merklichkeit zunahm2 ; w\u00e4hrend bei Intervallen mit den Grundton 1024 (solche habe ich nicht daraufhin untersucht) der S. T. engster Intervalle am deutlichsten war ( A, 369). Bei Intervallen, die die Oktave \u00fcberschreiten, wurden nach Krueg-er die S. T. f\u00fcr den Grundton 256 absolut schw\u00e4cher, aber gegen\u00fcber den D. T. nahmen sie an St\u00e4rke zu, so dafs sie nicht selten einem mittelstarken D. T. an St\u00e4rke gleich gefunden wurden und an Deutlichkeit hinter dem deutlichsten D. T. nicht zur\u00fcckstanden (\u00a3>, 572). Durchg\u00e4ngig wurde der S. T. erst gegen Ende des Klanges, beim Ausschwingen der Gabeln, nicht selten ganz zuletzt deutlicher; auch war einige Entfernung, etwa 1 Meter, von der Tonquelle vorteilhaft (A, 334, 379). Solche St\u00e4rkeurteile behalten freilich in gewissen Grenzen immer etwas Individuelles. Ich selbst hatte den Eindruck, dafs auch bei Intervallen \u00fcber eine Oktave hinaus die St\u00e4rke des S.T. zun\u00e4chst noch absolut zunimmt, dafs er z. B. bei 5 :18 gut h\u00f6rbar ist (s. unter IV, 2). Aber ich m\u00f6chte mich eines abschliefsenden Urteils hier\u00fcber enthalten.\nDie relativ starken S. T., die Helmholtz, G. und A. Appunn und ich selbst fr\u00fcher bei scharfen Kl\u00e4ngen beobachteten, waren\n1\ts. die oben S. 5 erw\u00e4hnte Abhandlung, S. 106 f., besonders 116 f. Die Wahrnehmbarkeit der D. T. von Obert\u00f6nen m\u00f6chte ich allerdings nicht so allgemein in Abrede stellen, wie es Peterson nach seinen Beobachtungen S. 124 tut.\n2\tA, 335, 358. Doch h\u00f6rte auch Kruegers Beobachter Moebius bei den Gabeln 512 : 648, einer erh\u00f6hten grofsen Terz, einen S. T. der in 1 Meter Entfernung vom H\u00f6rrohre sogar st\u00e4rker war als die Prim\u00e4rt\u00f6ne (B 636). Vgl. auch den starken S.T. bei 8:11, einer erh\u00f6hten Quarte, oben S. 92 Anm. Die Wellensirene ist allerdings nichts weniger als obertonfrei. Aufserdem handelte es sich wahrscheinlich in diesen beiden F\u00e4llen wieder um objektive S. T.","page":96},{"file":"p0097.txt","language":"de","ocr_de":"[LY. 97]\nBeobachtungen \u00fcber Kombination stone.\n97\nwahrscheinlich nicht reine S. T., sondern durch unechte, besonders durch den D. T. h \u2022 h \u2014 t \u2022 t, oder gar direkt durch Obert\u00f6ne von t verst\u00e4rkt. \u00dcberdies waren es zumeist objektive S. T., da sie am Harmonium oder an \u00e4hnlichen Instrumenten beobachtet wurden. A. Appunn gibt f\u00fcr sie gleichfalls die Regel, dafs sie bei sehr grofsen Intervallen st\u00e4rker seien.1\nDas Vorhandensein anderer S. T. aufser h -j-1 hat Helmholtz aus seinen Formeln erschlossen und hat auch in mehreren Fallen an der Doppelsirene 2 h -f- t oder 2t-\\-h beobachtet. Aber die Klangquelle war nichts weniger als obertonfrei, und die T\u00f6ne konnten sowohl D. T. von Teilt\u00f6nen wie auch gew\u00f6hnliche S, T. eines Obertons und eines P. T. sein. Bei dem oben erw\u00e4hnten Falle von 4:5 mit starkem objektiven S. T. konnte ich auch 2 h -f- t direkt und mit Schwebungen feststellen, er blieb auch bei Ausschlufs von 2 h, aber er zeigte sich ebenso wie der erste S. T. als objektiv (es blieb nur s. z. s. ein Schatten davon \u00fcbrig, wenn die Interferenzr\u00f6hren auf ihn selbst eingestellt wurden), und so beweist auch hier seine Unabh\u00e4ngigkeit von 2 h im Beobachtungszimmer nichts : er konnte ein S. T. des Obertons 2 h mit t sein.\nDaher m\u00f6chte ich nicht behaupten, dafs ein anderer S. T. als h -j- t bis jetzt als vorhanden erwiesen w\u00e4re.\n11. Inten si t\u00e4tsfragen bez\u00fcglich der />, und 1)2 und der zugeh\u00f6rigen Prim\u00e4rt\u00f6ne.\nHier\u00fcber ist bereits in fr\u00fcheren Darstellungen vieles beigebracht, aber es l\u00e4fst sich so lange nichts ganz Exaktes sagen, als wir f\u00fcr die subjektive St\u00e4rke eines Tones kein Mafs besitzen. Ich beschr\u00e4nke mich daher hier auf einige Punkte, in denen sich mit Hilfe der allgemeinen Begriffe : st\u00e4rker, schw\u00e4cher, sehr stark, sehr schwach u. dgl. nach fremden und eigenen Beobachtungen etwas Bestimmtes aussagen l\u00e4fst, da auch solche Angaben immerhin f\u00fcr die Theorie einmal wertvoll werden k\u00f6nnen. Ferner beschr\u00e4nken wir uns hier auf D\u00b1 und D2 bei Intervallen innerhalb der Oktave, da \u00fcber die St\u00e4rke der \u00fcbrigen D. T. und der Summationst\u00f6ne bereits unter Nr. 9 und 10 das N\u00f6tige gesagt\n1 Ann. d. Physik 42, N. F., S. 338. Stumpf, Beitr\u00e4ge V.\n7","page":97},{"file":"p0098.txt","language":"de","ocr_de":"C. Stumpf.\n98\n|LV. 98]\nist und \u00fcber die K. T. bei erweiterten Intervallen im IV. Abschnitt gehandelt werden soll.\nDie \u00e4ufseren Bedingungen, von denen die St\u00e4rke eines K. T. abh\u00e4ngt, sind offenbar aufserordentlich zahlreich, wenn sie sich auch in letzter Instanz, d. h. im Ohr und in der Hirnrinde, auf wenige oder eine reduzieren werden. Wenn ich die in der Literatur vorliegenden Angaben sowie die im Laufe der gegenw\u00e4rtigen Untersuchung hinzugekommenen zusammennehme, so stimmt nicht alles \u00fcberein, es liegen sogar manche direkte Widerspr\u00fcche vor. Aber diese w\u00fcrden sich, von blofsen Urteilst\u00e4uschungen abgesehen, aufkl\u00e4ren und die bez\u00fcglichen Angaben sich rechtfertigen, wenn die Umst\u00e4nde, die Beschaffenheit der Tonquellen, die Stellung und Entfernung des Ohres gegen\u00fcber den beiden Schallquellen usf. genau genug beschrieben w\u00e4ren, was f\u00fcr jeden einzelnen Fall eine ziemlich umst\u00e4ndliche Sache sein w\u00fcrde. Es macht sich dabei aber auch die vage Natur der obigen Allgemeinbegriffe geltend. Sage ich z. B. : \u201ebei st\u00e4rkerem t oder in dessen N\u00e4he h\u00f6rt man diesen, bei st\u00e4rkerem h jenen D. T. besser\u201c, so l\u00e4fst eben \u201est\u00e4rker\u201c und \u201ein der N\u00e4he\u201c noch sehr viele Gradunterschiede zu. Ganz dicht an einer der beiden Schallquellen oder bei St\u00e4rkstm\u00f6glicher Tongebung k\u00f6nnen die D. T. \u00fcberhaupt verschwinden; das Ohr wird dann \u201ephysiologisch taub\u201c f\u00fcr alles andere als den betreffenden P. T. Wenn wir daher im folgenden von sehr starken P. T. oder von der N\u00e4he des Ohres an einem P. T. sprechen, so ist dies nicht von den \u00e4ufsersten Graden zu verstehen.\nDie Tonquellen betreffend liegt bei gestrichenen oder geschlagenen Stimmgabeln die Schwierigkeit vor, dafs ihre St\u00e4rke stetig abnimmt und selbst das St\u00e4rkeverh\u00e4ltnis der beiden Gabeln im allgemeinen nicht genau gleich bleibt, ja sich bei erheblich verschiedenem Tempo des Abklingens umkehren kann. Bei elektrischen Gabeln kommen wieder zu viele Obert\u00f6ne hinzu, weshalb ich sie gar nicht verwendete, obgleich durch Schieber an den Pesonanzk\u00e4sten eine feine Abstufung der St\u00e4rkeverh\u00e4ltnisse m\u00f6glich w\u00e4re. Labialpfeifen mit gleichm\u00e4fsigem Winddruck sind als konstant t\u00f6nende Klangquellen auch hierf\u00fcr gut zu brauchen. Man hat nur das Ohr n\u00e4her oder ferner von beiden Pfeifen oder von einer zu bringen, um die absolute und relative St\u00e4rke beliebig zu variieren. Hierbei ist aber wieder zu beachten, dafs bei zu starker Ann\u00e4herung des Kopfes der Ton einer Pfeife physi-","page":98},{"file":"p0099.txt","language":"de","ocr_de":"[LY. 99]\nBeobachtungen \u00fcber Kombinationst\u00f6ne.\n99\nkalisch beeinflusst, n\u00e4mlich vertieft, wird. Die Zone, innerhalb deren dies geschieht, kann man durch schwebende Hilfsgabeln feststellen.\nEs hat sich aber f\u00fcr mich und meine Mitbeobachter ganz allgemein herausgestellt, dafs nicht blofs die Entfernung sondern auch die Stellung des Ohres zu den Schallquellen von entscheidendem Einflufs ist. Wenn man einen D. T. sucht, ist es nicht gut, unver\u00e4ndert dieselbe Stellung des Kopfes beizubehalten, vielmehr zweckm\u00e4fsig, den Kopf zu drehen und auch sonst den Raum abzusuchen. Bei einer geringen Drehung tritt oft pl\u00f6tzlich ein D. T. hervor, der bei weiterer Drehung wieder verschwindet. Und zwar an gewissen Stellen des Raumes der D1? an anderen der D2 und wieder an anderen die \u00fcber den P. T. hegenden K. T. Dies h\u00e4ngt wohl haupts\u00e4chlich mit der verschiedenen St\u00e4rke der P. T. an verschiedenen Raumpunkten (durch Reflexion usf.) zusammen. Aber diesen Unterschieden und ihren Ursachen sind wir nicht systematisch nachgegangen.\nManche Differenzen der Angaben \u00fcber die St\u00e4rkeverh\u00e4ltnisse m\u00f6gen auch dadurch entstehen, dafs das n\u00e4mliche Intervall sich in verschiedenen Tonregionen in dieser Hinsicht verschieden verh\u00e4lt. Die folgenden Angaben beziehen sich, soweit nicht anderes bemerkt ist, auf die mittlere Lage der P. T., etwa von 300 bis 1500 Schwingungen.\nEndlich scheint auch bei ganz gleichen Versuchsumst\u00e4nden noch ein Rest subjektiver, individueller Verschiedenheiten \u00fcbrig zu bleiben, der in der Organisation des Beobachters seine Wurzeln haben wird.\nDie folgenden Beobachtungen sind zumeist an dem Stebn-schen Apparat und der Flaschenorgel gemacht, es sind aber auch vielfach Resonanzgabeln herangezogen, namentlich um Angaben fr\u00fcherer Beobachter, die sich auf Gabeln beziehen, zu vergleichen. Die Beobachtungen sind insofern nicht ganz rein, als die Obert\u00f6ne der Pfeifen und der Gabeln hier nicht ausgeschlossen wurden (aufser in den F\u00e4llen, wo gelegentlich anderer Feststellungen eine Interferenzeinrichtung gebraucht und dabei auch auf die St\u00e4rkeverh\u00e4ltnisse geachtet wurde). Ich glaubte vorl\u00e4ufig, solange nicht bestimmte theoretische Fragen dazu dr\u00e4ngen und ganz exakte Angaben ohnedies nicht m\u00f6glich sind, auf das m\u00fchsame Ausschalten aller Obert\u00f6ne in diesem besonderen Falle verzichten zu d\u00fcrfen.\n7*","page":99},{"file":"p0100.txt","language":"de","ocr_de":"100\nC. Stumpf.\n[LY. 100]\na)\tD1 und I)2 besitzen bei Intervallen innerhalb der Oktave bis zu etwa 3 : 5 eine nicht unbedeutende St\u00e4rke. Sie k\u00f6nnen sich geradezu aufdr\u00e4ngen. Ja sie erscheinen unter gewissen Umst\u00e4nden gleich stark wie die P. T. So bei P. T. der viergestrichenen Oktave unserer Zinnpfeifenserie. E. Waetzmann gibt an, dafs er bei K\u00f6nig sehen Gabeln der drei- und viergestrichenen Oktave sogar M\u00fche hatte, die P. T. gegen\u00fcber dein D1 herauszuh\u00f6ren, und zwar gerade wenn die P. T. sehr stark waren.1 Bei T\u00f6nen, die jenseits der oberen H\u00f6rgrenze eines Individuums liegen, hat R. K\u00f6nig nachgewiesen, dafs ihre D. T. gleichwohl noch h\u00f6rbar sein k\u00f6nnen.2\nSelbst in der mittleren Region kann man bei grofsen und kleinen Terzen der eingestrichenen Oktave an der Flaschenorgel den I>i ebenso stark wie die P. T. h\u00f6ren, wenn die beiden Pfeifen derselben Reihe angeh\u00f6ren, also r\u00e4umlich einander nahe sind, und das Ohr nahe an einer von ihnen gehalten wird.\nUnter gew\u00f6hnlichen Umst\u00e4nden sind die D. T. nat\u00fcrlich schw\u00e4cher, sonst w\u00e4ren sie schon fr\u00fcher als im 18. Jahrhundert entdeckt worden.\nb)\tDie Intervalle von der verstimmten Prime bis zur Quinte geben im allgemeinen st\u00e4rkere D. T. als die jenseits der Quinte; wie schon Krueger (M, 355) hervorgehoben hat.\nc)\tIn bezug auf die erforderliche absolute St\u00e4rke der P. T. habe ich schon fr\u00fcher (Tonpsych. II, 248) erw\u00e4hnt, dafs zur Erzeugung merklicher K. T. nicht notwendig eine grofse St\u00e4rke der P. T. erforderlich ist. Ich finde mit Krueger eine \u00fcberm\u00e4fsige St\u00e4rke sogar hinderlich. Aber andererseits kommen bei ganz leisen P. T. eben doch auch nur unter besonderen Voraussetzungen, wie pathologischer Reizbarkeit und habitueller Aufmerksamkeitsrichtung, D. T. zum Vorschein (s. Tonpsych. II, 248, 250 Anm.). Man k\u00f6nnte, soweit solche Mafsbestimmungen zul\u00e4ssig sind, mit Krueger sagen: am g\u00fcnstigsten seien \u201eeben \u00fcbermittelstarke\u201c P. T.\n1\tZur Theorie der K. T. Ann. d. Physik, 4. Folge, 24, 73.\n2\tH\u00f6chste h\u00f6rbare und unh\u00f6rbare T\u00f6ne usf. Ann. d. Physik, N. F., 69, S. 636. Es handelte sich dabei allerdings um P. T., die von normalen j\u00fcngeren Individuen noch geh\u00f6rt werden k\u00f6nnen, die aber f\u00fcr K\u00f6nig selbst mit zunehmendem Alter und f\u00fcr einen Musiker nach einer schweren Krankheit unh\u00f6rbar geworden waren.","page":100},{"file":"p0101.txt","language":"de","ocr_de":"[LV. 101]\nBeobachtungen \u00fcber Kombinationst\u00f6ne.\n101\nd) Was das St\u00e4rke Verh\u00e4ltnis der P. T. angeht, so ist es wiederum bekannt, dafs sie nicht eine allzu ungleiche St\u00e4rke f\u00fcr das Ohr haben d\u00fcrfen, wenn gute K. T., ja wenn \u00fcberhaupt wahrnehmbare K. T. entstehen sollen. Aber die Ungleichheit kann doch unter Umst\u00e4nden sehr weit gehen und ist in gewissem Grade sogar f\u00fcr bestimmte D. T. vorteilhaft (s. unter f)).\nBei einem scharfh\u00f6rigen Beobachter (Dr. K\u00f6hler) fand sich, dafs der eine P. T. soweit abgeschw\u00e4cht werden konnte, dafs er im Zusammenklange nur eben noch h\u00f6rbar war, ohne dafs doch ein D. T. verschwand. Der Versuch betraf die kleine Sexte a1 f2, wobei f'2 durch den SrEExschen Apparat erzeugt wurde und das Ohr des Beobachters sich nahe an der Pfeife befand, w\u00e4hrend eine Stimmgabel a1 ihm bald n\u00e4her bald ferner gehalten wurde. Dabei blieb ihm D1 (= e1) solange h\u00f6rbar, als die Gabel h\u00f6rbar war. Um Illusionen auszuschliefsen, schaltete ich Vexierversuche ein, bei denen die gerade im Fernpunkte befindliche Gabel pl\u00f6tzlich unbemerkt mit der Hand am Schwingen verhindert wurde. Der Beobachter gab regelm\u00e4fsig sogleich an, dafs der D. T. weggefallen sei.\nEine hierhergeh\u00f6rige Beobachtung bei dem n\u00e4mlichen Intervall findet sich auch bei M. Meyer (16, 6). Er nahm den P. T. 8 so schwach, dafs er im Zusammenklange mit 5 nicht herauszuh\u00f6ren war. Hier handelte sichs um den Z)2. Meyer bezeichnet ihn mit 1 -f- 2, weil er meint, dafs auch der Ton 1 beteiligt sei. Aber es gelang ihm nicht, diesen vereinigten D. T. 1 \u2014)\u2014 2 wahrzunehmen. Er bemerkte nur eine Klangver\u00e4nderung des Gesamtklanges beim Hinzutritt des schwachen h, indem der Klang einen \u201etiefen, brummenden Charakter\u201c annahm.\nE. Waetzmann hat bei demselben Intervall 5 : 8 sogar angegeben, dafs ihm der Dl = 3 noch h\u00f6rbar blieb, als h ganz unh\u00f6rbar geworden war.1 Ich kann dies unter Ben\u00fctzung gleicher Tonquellen (Gabeln 500 und 800) nicht finden; auch f\u00fcr meine Mitbeobachter verschwindet der K. T. 3C0 immer fr\u00fcher als der P. T. 800 aus der Klangmasse. Hier w\u00fcrde sich nun aber fragen, welches St\u00e4rke Verh\u00e4ltnis der P. T. bei Waetzmann Vorgelegen hat, Da hier\u00fcber vorl\u00e4ufig keine Mafsbestimmungen zu geben sind, beh\u00e4lt die Angabe etwas Mehrdeutiges. Es ist zu bedenken, dafs es sich nicht eigentlich um das H\u00f6ren, sondern um das Her aus h\u00f6ren handelt. Nun ist zweierlei m\u00f6glich. Es ist gewifs m\u00f6glich, dafs wir Hiesigen bei dem n\u00e4mlichen St\u00e4rkeverh\u00e4ltnis, bei welchem Waetzmann den D. T. noch heraush\u00f6rte, ihn nicht mehr heraush\u00f6ren. Es ist aber auch m\u00f6glich, dals wir bei diesem n\u00e4mlichen St\u00e4rkeverh\u00e4ltnis den D. T. noch ebensogut her-\n1 Kritisches zur Theorie der Kombinationst\u00f6ne. Ann. d. Physik, N.\n28, 1075.","page":101},{"file":"p0102.txt","language":"de","ocr_de":"102\nC. Stumpf.\n[LY. 102]\naush\u00f6ren, wie Waetzmann und seine Mitbeobachter, dafs diese Beobachter aber nicht mehr imstande sind, den P. T. h herauszuh\u00f6ren, w\u00e4hrend wir ihn noch ganz deutlich unterscheiden. Hier\u00fcber miifsten gemeinsame Versuche entscheiden. Es scheint mir daher vorl\u00e4ufig kein zwingender Grund zu der Annahme vorzuliegen, dafs zwei P. T. von mittlerer Tonh\u00f6he noch vernehmbare K. T. geben k\u00f6nnten, wenn einer von ihnen so schwach ist, dafs er f\u00fcr ein Ohr von maximaler F\u00e4higkeit im Heraush\u00f6ren gleichzeitiger Prim\u00e4rt\u00f6ne nicht mehr gesondert wahrnehmbar ist.\nIch kann eben noch bei der Korrektur dieser Abhandlung nachtragen, dafs bei inzwischen gemeinschaftlich angestellten Versuchen der P. T. 800 tats\u00e4chlich f\u00fcr Hrn. Dr. Waetzmann betr\u00e4chtlich fr\u00fcher verschwand als f\u00fcr mich und meine Mitbeobachter. Der Zeitpunkt f\u00fcr das Verschwinden des A war nat\u00fcrlich schon wegen der ungleichen Stellung f\u00fcr jeden Beobachter ein anderer, hier\u00fcber ist bei dieser Versuchseinrichtung \u00fcberhaupt nichts Genaues auszumachen. Exaktere Versuche \u00fcber diesen Punkt m\u00fcssen mit konstanten Klangquellen und \u00fcberhaupt anderer Einrichtung angestellt werden.\nAber selbst wenn sich F\u00e4lle aus der mittleren Region ergeben sollten, wo maximal unterscheidungsf\u00e4hige Ohren einen K. T. wahrnehmen, w\u00e4hrend einer der P. T. unwahrnehmbar w\u00e4re, so w\u00e4re noch zu untersuchen, ob der bez\u00fcgliche P. T. nicht wenigstens durch Schwebungen mit Hilfsgabeln sich kundg\u00e4be. In dem ebenerw\u00e4hnten Beispiel w\u00fcrde die f\u00fcr Herrn Waetzmann nicht mehr wahrnehmbare Gabel 800 sicher noch lange mit einer Plilfsgabel geschwebt haben. Das Vorkommen von D. T., bei denen die P. T. nicht einmal durch Schwebungen zu konstatieren w\u00e4ren, d\u00fcrfte wohl von Niemanden vertreten werden.\nUm aber auch diese Frage noch besonders zu pr\u00fcfen, bediente ich mich folgender Versuchseinrichtung. Der Ton 500 wurde durch unsere Orgel angegeben, der Ton 800 durch den STERNSchen Apparat, der in einem Nebenraum auf gestellt war. Bei offener T\u00fcre -war der D. T. 300 gut zu h\u00f6ren. Bei geschlossener T\u00fcre aber vernahm man ihn im Orgelraume nur in der unmittelbaren N\u00e4he der T\u00fcre. Ein wenig weiter, wo er nicht mehr wahrnehmbar wer, gab er doch noch leise Schwebungen mit einer Hilfsgabel. Die Entfernung von der T\u00fcre betrug hier 0,90 m. Dagegen den P. T. 800 h\u00f6rten wir direkt noch bis 1,90 m, ja an gewissen Stellen des Zimmers bis 2,80 m, und seine Schwebungen mit einer Hilfsgabel werden bis 2,80 m, an jenen g\u00fcnstigen Stellen sogar bei 3,60 m geh\u00f6rt; in welcher Entfernung von Differenzt\u00f6nen und D. T.- Schwebungen l\u00e4ngst keine Spur mehr vorhanden war.\nEs scheint mir daher zweifellos, dafs wahrnehmbare oder durch Schwebungen feststellbare K. T. nur von wahrnehmbaren oder durch Schwebungen feststellbaren P. T. gebildet werden (immer vorausgesetzt, dafs diese nicht der h\u00f6chsten Region, etw7a von c5 an, angeh\u00f6ren oder gar jenseits der H\u00f6rgrenze liegen).\nIch lege darauf aus dem Grunde Gewicht, weil wdr ja in dieser Abhandlung uns stets der Schlufsweise bedienen, dafs ein P. T. (speziell Oberton), der weder direkt noch durch Schwebungen aufgewiesen werden","page":102},{"file":"p0103.txt","language":"de","ocr_de":"[LV. 103]\nBeobachtungen \u00fcber Kombinationst\u00f6ne.\n303\nkann, an der Bildung eines wahrgenommenen oder aus Schwebungen erschlossenen K. T. unbeteiligt ist.\ne) Bei gleicher St\u00e4rke der P. T. scheint es besonders von der absoluten St\u00e4rke der P. T. abzuh\u00e4ngen, welcher D. T. besser hervortritt. Halte ich mich in der Mitte zwischen zwei gleich stark t\u00f6nenden Pfeifen, aber in einiger Entfernung davon, so pflege ich den h\u00f6heren D. T. erheblich deutlicher, oft allein, zu h\u00f6ren. Ist dagegen das Ohr n\u00e4her, aber wieder gleich nah, an beiden Schallquellen, so kehrt sich das Verh\u00e4ltnis im allgemeinen zugunsten des tieferen D. T. um. Ebenso wird man beim Ausklingen zweier Stimmgabeln bemerken, dafs der h\u00f6here D. T. deutlicher hervortritt, w\u00e4hrend im Anfang bei starker Schwingung der tiefere \u00fcberwiegt. Dies gilt f\u00fcr die Intervalle bis zur grofsen Sexte. Bei den Septimen wird man es auch zuweilen best\u00e4tigt finden, aber hier darf man sich \u00fcberhaupt nicht weit von den Klangquellen entfernen, wenn man noch D. T. h\u00f6ren will.\nIch will \u00fcbrigens nicht behaupten, dafs der h\u00f6here D. T. mit gleichm\u00e4fsiger Ann\u00e4herung an die beiden Klangquellen absolut schw\u00e4cher w\u00fcrde, sondern nur, dafs er jedenfalls nicht in gleichem Mafse zunimmt wie der tiefere, dafs er von diesem \u00fcbert\u00f6nt wird.\nM. Meyer sagt (11, 188), dafs bei gleicher St\u00e4rke der P. T. der Di st\u00e4rker geh\u00f6rt werde, und zwar bei einer Anzahl von Intervallen diesseits und jenseits der Quinte. Dies kann ich nach dem Obigen nur sehr bedingt unterschreiben. In der sp\u00e4teren Abhandlung findet sich (16, 2) die Regel, dafs bei den Intervallen unter der Quinte Du bei denen \u00fcber der Quinte D2, also jedesmal der tiefere von beiden, st\u00e4rker hervortrete. Auch diese Regel w\u00fcrde ich, wenn sie sich auf die Voraussetzung gleicher St\u00e4rke der P. T. bezieht, nicht anerkennen. Aber sie l\u00e4fst sich noch in einer anderen Weise auffassen und dann auch rechtfertigen ; worauf wir unter g) zu sprechen kommen.\nSpeziell f\u00fcr das Intervall 5:8, dem Meyer besondere Aufmerksamkeit geschenkt hat, gibt er an, dafs bei gleicher St\u00e4rke der P. T. (oder etwas \u00fcberwiegendem i) Dx =3 sehr schwach und nur bei grofser \u00dcbung, in den meisten F\u00e4llen so gut wie gar nicht, dagegen D2 = 2 sehr stark geh\u00f6rt werde (11, 187, 193, 221). Dies w\u00fcrde nun eine seltsame Anomalie gegen\u00fcber Meyers erster ebenerw\u00e4hnter Regel bedeuten. Denn 5:8 liegt in der Mitte zwischen den Intervallen 7:11 und 8:13, f\u00fcr welche jene Regel gelten soll, ganz dicht an jedem von ihnen. Bei der durchg\u00e4ngigen Stetigkeit des Verhaltens der D. T. bei kleinen H\u00f6hen\u00e4nderungen der P. T. kann sich doch 5:8 nicht wohl entgegengesetzt wie diese seine Nachbarn verhalten. Ich kann denn auch tats\u00e4chlich die Angaben Meyers bez\u00fcglich","page":103},{"file":"p0104.txt","language":"de","ocr_de":"104\nC. Stumpf,\n[LV. 104]\n5:8 in dieser Hinsicht durchaus nicht best\u00e4tigen. Es gilt f\u00fcr dieses Intervall das n\u00e4mliche, was f\u00fcr alle Intervalle bis zur grofsen Sexte oben gesagt ist.\nf) Bei ungleicher St\u00e4rke derP. T. gilt nach Meyer (11, 188) f\u00fcr eine Anzahl von ihm untersuchter Intervalle diesseits und jenseits der Quinte die Regel, dafs bei gr\u00f6fserer St\u00e4rke des h Dx, bei gr\u00f6fserer St\u00e4rke des t D2 relativ hervortrete. Meyek spricht die Regel so aus: Bei den Intervallen unterhalb der Quinte h\u00f6re man den tieferen \u00fc. T. besser, wenn A, den h\u00f6heren, wenn t verst\u00e4rkt wird ; bei den homologen Intervallen jenseits der Quinte sei es umgekehrt (homolog sind die mit vertauschten Verh\u00e4ltniszahlen der beiden D. T., z. B. 8 : 11 und 8 : 13. Vgl. die durch die gleichen Buchstaben bezeichneten Intervalle o. S. 46). Da die Lage des D. und des D2 gegeneinander sich bei der Quinte umkehrt, kann man diese Regel offenbar auch in der obigen Form aussprechen.\nDie Regel scheint mir Richtiges zu enthalten, erleidet aber mancherlei Modifikationen. Ich pr\u00fcfte sie k\u00fcrzlich systematisch durch, und zwar f\u00fcr die Intervalle 5:6, 4:5, 3:4, 5:7 und die homologen jenseits der Quinte 5:8, 3:5, 4:7, 5:9. Diese Intervalle stehen nicht unter den von Meyer untersuchten, sind aber als die musikalisch gebr\u00e4uchlicheren gew\u00e4hlt. \u00dcbrigens wird sich das Verhalten der D. T. von einem Intervall zum benachbarten nicht sprungweise \u00e4ndern, wie dies auch in anderen Beziehungen bei den K. T. nicht der Fall ist. Ich habe dann auch noch mit stetiger Ver\u00e4nderung selbst operiert, indem ich am STERNschen Apparate das Intervall vom Einklang langsam bis zur Oktave \u00fcbergehen liefs und an jeder der beiden Pfeifen die eintretenden Ver\u00e4nderungen in der St\u00e4rke der D. T. beobachtete.\nBei den Intervallen bis zur Quarte findet sich, dafs I)1 sowohl in der N\u00e4he des t wie des h an St\u00e4rke zunimmt, w\u00e4hrend D2, welcher hier durch die grofse St\u00e4rke des D1 offenbar \u00fcbert\u00f6nt wird (wenn er auch an sich gleichfalls stark sein mag), erst in einiger Entfernung gut, und zwar besser als Dl5 h\u00f6rbar wird. Die MEYERsche Regel scheint sich mir hier nur insofern zu best\u00e4tigen, als in gewissen F\u00e4llen die Verst\u00e4rkung des D1 in der N\u00e4he des h noch gr\u00f6fser ist wie in der N\u00e4he des t.1\n1 Tonpsych. II, 249 habe ich bereits eine Beobachtung an den Fl\u00f6tenpfeifen e1 und g1 sowie c1 und e1 angegeben, wonach Dl besonders stark an der \u00d6ffnung einer der beiden Pfeifen hervortritt, und zwar am st\u00e4rksten","page":104},{"file":"p0105.txt","language":"de","ocr_de":"[LV. 105J\nBeobachtungen \u00fcber Kombinationst\u00f6ne.\n105\nDie beiden Intervalle 5 : 7 und 7 : 10, die zwischen Quarte und Quinte liegen, weichen in ihrem Verhalten schon wesentlich von den vorigen ab. Man h\u00f6rt bei t sowohl als D2 mit grofser St\u00e4rke; bei h dagegen nur einen schwachen Dl7 manchmal \u00fcberhaupt keinen. R\u00fcckt man mit dem Ohr langsam von der h- zur GPfeife, so treten beide D. T. immer st\u00e4rker hervor. Bei 7 : 10 sind sie etwas schw\u00e4cher als bei 5 : 7, aber immer noch in der N\u00e4he des t recht kr\u00e4ftig. Die MEYEKsche Regel best\u00e4tigt sich hier also nur insofern, als man bei wenn \u00fcberhaupt einen D. T., den D3 vernimmt.\nJenseits der Quinte ist es zun\u00e4chst bei 7 :11 (dem homologen Intervall von 7:10) noch \u00e4hnlich: bei t beide D. T. gut, bei h entweder nur D1 oder dieser wenigstens viel st\u00e4rker als D2.\nEin ausgezeichnetes Beispiel der MEYEEschen Regel geben dann aber die beiden Sexten. Hier findet in der Tat bei abwechselnder Hinbewegung des Ohres zu t und h ein f\u00f6rmliches L\u00e4uten statt, wie es Meyee f\u00fcr die benachbarten Intervalle (7 :11, 8 :13) beschreibt. Jedesmal tritt der betreffende D. T. hervor, bei i der tiefere D2, bei h der h\u00f6here Dx. Dieser ist nicht ganz so stark, wfie der D2 bei t. Und so bleibt er auch weiterhin bis zur Oktave ung\u00fcnstiger gestellt als\nBei 4: 7 ist in der N\u00e4he von t D2 schwach, I)1 noch schw\u00e4cher,\nbei der h\u00f6heren Pfeife. Ich habe diese F\u00e4lle an unserer Orgel nachgepr\u00fcft und auch jetzt dasselbe gefunden. Wenn man aber die absolute H\u00f6he der P. T. um eine Quinte h\u00f6her nimmt, ist der Unterschied schon nicht mehr zu beobachten.\n1 Waetzmann erw\u00e4hnt in dem unter d) besprochenen Falle bei 5 : 8, wo 500 viel st\u00e4rker als 800 genommen wurde, nur Dx als geh\u00f6rten D. T., w\u00e4hrend H2 nach dem Obigen gerade hier entschieden st\u00e4rker auftreten mufste. Ich bat daher den Verfasser um eine Nachpr\u00fcfung in dieser Hinsicht. Er teilt mir mit: \u201eWenn ich 500 so stark mache, dafs er 800 gerade \u00fcberdeckt, h\u00f6re ich (sowie auch eine ganze Anzahl, teilweise in derartigen Beobachtungen leidlich ge\u00fcbter Herren) 300 auf das Deutlichste, daneben auch 200. Ob, wenn 800 nun noch weiter geschw\u00e4cht oder 500 ganz \u00fcber-m\u00e4fsig stark gemacht wird, 300 eher verschw\u00e4ndet als 200, kann ich f\u00fcr meine Person nicht mit Sicherheit sagen, es scheint mir aber im allgemeinen der Fall zu sein; namentlich wenn 500 bis zur Grenze der Schwingungsf\u00e4higkeit erregt wird (dann kann auch 800 verh\u00e4ltnism\u00e4fsig stark sein).\u201c\nHiernach wurden also mit Sicherheit unter den angegebenen Bedingungen tats\u00e4chlich beide D. T. geh\u00f6rt. Wenn 300 deutlicher hervortrat, so mag dies an subjektiver Dichtung der Aufmerksamkeit gelegen haben.","page":105},{"file":"p0106.txt","language":"de","ocr_de":"106\nC. Stumpf.\n[LY. 106]\nin der N\u00e4he von h nur D1 schwach zu h\u00f6ren. Bei 5 :9 war in n\u00e4chster N\u00e4he von t J)2 zu h\u00f6ren, weiter weg trat Dx an die Stelle, bei h aber h\u00f6rte ich keinen von beiden.\nDiese Versuche haben mehrere junge Mitarbeiter gleichfalls angestellt und im ganzen dasselbe gefunden. Aber es kommen doch immer gelegentlich gerade an diesem Punkte, hinsichtlich der St\u00e4rke der D. T., auffallende Abweichungen im einzelnen vor.\nZu beachten ist \u00fcbrigens in bezug auf das Hervortreten des D2 bei Verst\u00e4rkung von t, wo und soweit es stattfindet, also namentlich bei den Sexten, dafs die Obert\u00f6ne nicht ausgeschlossen waren. Es mufs bei der Verst\u00e4rkung von t notwendig auch der Oberton 2 t verst\u00e4rkt werden, infolge dessen wird der unechte D2 2t \u2014 h zu dem echten hinzutreten, und so mag die Verst\u00e4rkung des D2 und das L\u00e4uten zum Teil wenigstens auch auf dieser Ursache beruhen. Auch in Stimmgabelkl\u00e4ngen, wie sie Meyee benutzte, ist der erste Oberton enthalten und bei diesen Versuchen wohl nicht ausgeschaltet gewesen.\ng)\tAus vorstehenden Beobachtungen geht auch hervor und verdient besondere Erw\u00e4hnung, dafs der jeweilig tiefere D. T., also unterhalb der Quinte Dl5 oberhalb der Quinte Z)2, unter gleich g\u00fcnstigen Umst\u00e4nden (was aber nicht heifsen soll: bei gleicher St\u00e4rke der P. T.) im Vorteil ist. Auch diese Regel hat in allgemeinerer, nur eben der Erl\u00e4uterung bed\u00fcrftiger, Form bereits M. Meyee aufgestellt (s. o. S. 103), Man kann \u2014 so mufs sie verstanden werden \u2014 den jeweilig-tieferen D. T. durch Ausprobieren des g\u00fcnstigsten St\u00e4rke Verh\u00e4ltnisses und der g\u00fcnstigsten Lage des Ohres \u00fcberall zu einer gr\u00f6fseren St\u00e4rke bringen wie den jeweiligen h\u00f6heren D. T., auch wenn man f\u00fcr diesen gleichfalls die g\u00fcnstigsten Bedingungen herstellt. Der tiefere D. T. erscheint darum auch fr\u00fcher und verschwindet sp\u00e4ter als der h\u00f6here, wenn man von der Prime stetig bis zur Oktave \u00fcbergeht. Dem steht aber nicht entgegen, dafs unter bestimmten, im Vorherigen angegebenen Umst\u00e4nden der h\u00f6here D. T. st\u00e4rker oder allein zu h\u00f6ren ist.\nh)\tHier sei noch eine f\u00fcr die Theorie der K. T. wichtige Tatsache erw\u00e4hnt: die Unabh\u00e4ngigkeit der D. T. von subjektiven Ver\u00e4nderungen der H\u00f6he derP. T. Wie mehrmals erw\u00e4hnt, ver\u00e4ndert sich die subjektive H\u00f6he eines Tones merklich durch blofse Schw\u00e4chung oder Verst\u00e4rkung; und zwar ist die Vertiefung durch Verst\u00e4rkung, die Erh\u00f6hung durch","page":106},{"file":"p0107.txt","language":"de","ocr_de":"[LY. 107]\nBeobachtungen \u00fcber Kombinationst\u00f6ne.\n107\nSchw\u00e4chung eine tats\u00e4chliche Ver\u00e4nderung der Tonempfindung, nicht eine blofse Urteilst\u00e4uschung. Wenn wir daher einen der beiden P. T. bedeutend schw\u00e4chen und den anderen etwa auch noch verst\u00e4rken, so kann dadurch f\u00fcr unser Geh\u00f6r das Intervall tats\u00e4chlich in ein anderes \u00fcbergehen. Es entsteht nun die Frage: bleiben dabei die K. T. unge\u00e4ndert, entsprechend den unge-\u00e4nderten objektiven Schwingungszahlen, oder ver\u00e4ndern sie sich mit? sind sie vom objektiven oder vom empfundenen Intervall abh\u00e4ngig?\nDas erste ist der Fall. Man kann dies sowohl durch die direkte Wahrnehmung der unver\u00e4nderten K. T. als auch dadurch feststellen, dafs die Frequenz der Schwebungen mit einer Hilfsgabel unge\u00e4ndert bleibt. Die Beobachtung ist sehr leicht zu best\u00e4tigen. Besonders auffallend war uns folgender Versuch. Der Ton a1 wurde durch die Orgel erzeugt, der Ton f2 in einem an-stofsenden Zimmer durch eine Steens che Pfeife. Befand man sich in diesem Nebenraum (bei offener T\u00fcre), so h\u00f6rte man eine kleine Sexte, entsprechend der objektiven Abstimmung. Ging man aber in den Hauptraum und lehnte die T\u00fcre an oder schlofs sie, so verwandelte sich uns allen das Intervall f\u00fcr das Geh\u00f6r in eine grofse Sexte. Und zwar schien nicht ci1 herunter sondern f- hinaufzugehen (tats\u00e4chlich fand jedenfalls beides statt, denn a1 mufste st\u00e4rker und damit tiefer, f2 schw\u00e4cher und damit h\u00f6her werden. Aber die Ver\u00e4nderung wurde nur auf f2 gedeutet). Der D2 jedoch, der jedesmal gut h\u00f6rbar war, blieb genau derselbe, und die Schwebungen mit einer Hilfsgabel ver\u00e4nderten ihre Frequenz nicht. Man kann \u00e4hnliche Beobachtungen auch mit Stimmgabeln leicht anstellen ; man braucht nur das Ohr dicht an einen der Resonanzk\u00e4sten zu halten.\nDieses Verhalten weist darauf hin, dafs die subjektive Erh\u00f6hung und Vertiefung eines Tons durch Schw\u00e4chung und Verst\u00e4rkung ihre Wurzel an einer Stelle des Nervensystems haben mufs, die entweder im Zentrum selbst oder wenigstens weiter gegen das Zentrum hin liegt, als der Ort, an dem die Bildung (bzw. subjektive Verst\u00e4rkung) der K. T. erfolgt.\nIch habe bereits fr\u00fcher (Tonpsych. II, 457, 459) darauf hingewiesen, dafs auch die Schwebungen von dem subjektiven Tonunterschied unabh\u00e4ngig und nur von dem objektiven Schwingungsunterschied abh\u00e4ngig sind. Ihre Frequenz \u00e4ndert sich nicht, \"wenn z. B. eine Gabel einmal ferner, einmal n\u00e4her gehalten wird,","page":107},{"file":"p0108.txt","language":"de","ocr_de":"108\nC. Stumpf.\n[LY. 108]\nw\u00e4hrend die andere in gleicher Entfernung vom Ohr bleibt. Ebensowenig, wenn zwei Gabeln einmal an das n\u00e4mliche Ohr gehalten, das andere Mal an beide Ohren verteilt und ein drittes Mal umgekehrt verteilt werden, wobei wegen der Differenz beider Ohren recht merkliche Verschiedenheiten des subjektiven Ton-intervalls herauskommen k\u00f6nnen. In dieser Beziehung ist also das Verhalten der K. T. und das der Schwebungen das n\u00e4mliche, und es gilt auch der n\u00e4mliche Schlufs: dafs die Schwebungen weiter peripherisch zustande kommen m\u00fcssen, wie die subjektive Tonver\u00e4nderung durch St\u00e4rke\u00e4nderung, bzw. die subjektiven Verschiedenheiten der von beiden Ohren zugeleiteten T\u00f6ne. Nat\u00fcrlich braucht aber darum der Sitz der K. T. und der der Schwebungen noch nicht identisch zu sein.\ni) Eine wichtige Frage betrifft endlich die Verst\u00e4rkung der D. T. bei reinen konsonanten Intervallen.\nDafs ganz reine Konsonanzen st\u00e4rkere D. T. geben als verstimmte, habe ich Tonps. II, 2451 hervorgehoben, auch Bemerkungen fr\u00fcherer Beobachter daf\u00fcr angef\u00fchrt. M. Meyer bestreitet es, wenigstens in dieser allgemeinen Formulierung.1 Krueger stimmt dagegen bei (C, 2501), ja er f\u00fcgt noch die weitere These hinzu, dafs harmonische Intervalle st\u00e4rkere D. T. geben als nichtharmonische ; wonach also nicht nur Verstimmungen, sondern auch die eigentlichen dissonanten Intervalle, wie c\u2014d oder c\u2014fia, schw\u00e4chere D. T. g\u00e4ben wie die konsonanten c\u2014c oder c\u2014a.\nMan mufs hier vor allem die Verh\u00e4ltnisse bei einfachen und bei obertonhaltigen Kl\u00e4ngen scharf trennen, was Meyer tat, was ich aber an jener Stelle der Tonpsychologie nicht getan hatte. Bei obertonhaltigen Kl\u00e4ngen ist die positive These in der von mir ausgesprochenen Fassung ebenso wie in Kruegers Erweiterung zweifellos richtig. Die D. T. verstimmter Konsonanzen sind da schw\u00e4cher als die von reinen, einfach darum, weil sie bei den reinen durch konzidierende D. T. der Obert\u00f6ne verst\u00e4rkt werden. Z. B. bei 2:3 wird D. T. 1 durch 2-2 \u2014 3, 3-3 \u2014 4-2, 5-2 \u2014 3-3 verst\u00e4rkt. Bei der Verstimmung f\u00e4llt diese Verst\u00e4rkung hinweg. Ebenso sieht man leicht, dafs bei den dissonanten Intervallen D.-T\u00f6ne von Obert\u00f6nen, die mit denen der Grundt\u00f6ne zusammen-\n1 Zeitschr. f. Psychol. 16, 10. Kurz vorher, S. 5, ist allerdings gesagt, dafs bei 5: 8 der D2, der der st\u00e4rkste sei, nur noch mit M\u00fche geh\u00f6rt werde, sobald man den h\u00f6heren P. T. um 8 Schwingungen verstimme.","page":108},{"file":"p0109.txt","language":"de","ocr_de":"[LV. 109]\nBeobachtungen \u00fcber Kombinationst\u00f6ne.\n109\nfallen, nicht oder nur ausnahmsweise und durch sehr hoch liegende Obert\u00f6ne zustande kommen.\nBei einfachen T\u00f6nen kann ich aber im allgemeinen keinen Unterschied reiner und verstimmter Konsonanzen in der St\u00e4rke ihrer D. T. finden, mufs also hierin Meyer Recht geben. Wenn man ein Intervall wie die Quarte oder grofse Terz verstimmt, so erfolgt keine irgend merkliche Schw\u00e4chung der D. T. Nur die Quinte d\u00fcrfte innerhalb des Oktavenbezirks eine Ausnahme bilden, da der einheitliche D. T. der reinen Quinte sich bei Verstimmung in zwei spaltet. Aber es ist wegen der zun\u00e4chst eintretenden st\u00f6renden Schwebungen dieser beiden D. T. nicht leicht, zu sagen, ob jeder von ihnen von dem Punkt an, wo sie ruhig genug nebeneinander h\u00f6rbar sind, dem fr\u00fcheren einheitlichen D. T. an St\u00e4rke gleich ist oder nicht, Immerhin scheint mir das letztere der Fall, der einheitliche scheint merklich st\u00e4rker wie jeder der getrennten, und so halte ich die Regel f\u00fcr dieses einzige Intervall auch bei einfachen T\u00f6nen f\u00fcr g\u00fcltig. (Meyer dr\u00fcckt sich hier\u00fcber reservierter aus.)\nDie Frage ist unter anderem (abgesehen von Konsequenzen nach musiktheoretischer, ja auch praktisch-musikalischer Seite) deshalb wichtig, weil hier wieder ein Kriterium f\u00fcr die Krueger-schen h\u00f6heren D. T. liegt. Gibt es solche Ds I)4 D5 allgemein, dann mufs Verst\u00e4rkung auch bei Intervallen einfacher T\u00f6ne ein-treten, und zwar f\u00fcr reine gegen\u00fcber unreinen Konsonanzen und f\u00fcr Konsonanzen gegen\u00fcber Dissonanzen, ganz wie Krueger es vertritt; indem die koinzidierenden unter den 5 D. T. sich verst\u00e4rken.1 Besteht nun aber die Tatsache der Verst\u00e4rkung nicht, so folgt umgekehrt, dafs auch die h\u00f6heren D. T. nicht bestehen.2\n1\tAllerdings ergibt sich die Verst\u00e4rkung nur dann, wenn man, Kbuegebs Berechnungsweise folgend, die identischen Werte, die bei fortgesetzter 5 maliger Subtraktion herauskommen, als ebensoviele selbst\u00e4ndige D.-T\u00f6ne z\u00e4hlt. Bei der Quinte 2:3 rechnet Ke.: 1, 0, 1, 1, 1 ; indem er also bei 0 nicht etwa Schlufs macht, sondern dieses 0 noch dreimal von 1 subtrahiert (vgl. C 188, 252, E 12 usf.). Aber diese Kegel ist nun einmal f\u00fcr seine gesamte Theorie, auch f\u00fcr die der Konsonanz, durchaus unentbehrlich.\n2\tIch f\u00fchrte selbst a. a. O. die Verst\u00e4rkung der D. T. reiner Konsonanzen hypothetisch auf solche D. T. h\u00f6herer Ordnung zur\u00fcck ; indem ich annahm, dafs Di und D2 durch unter der Schwelle bleibende (\u201enicht wohl h\u00f6rbare\u201c), damit koinzidierende h\u00f6here D. T. verst\u00e4rkt w\u00fcrden. Die Erkl\u00e4rung ist aber f\u00fcr die Intervalle einfacher T\u00f6ne gegenstandslos, weil die Verst\u00e4rkung hier nicht stattfindet (aufser bei 2:3, wo Dt und D2 dazu","page":109},{"file":"p0110.txt","language":"de","ocr_de":"110\nC. Stumpf.\n[LV. 110]\nIII. Erscheinungen bei der verstimmten Oktave.\n1. Schwebungen auf dem tieferen Prim\u00e4rton.\nIn meiner Abhandlung \u00fcber Ermittlung von Obert\u00f6nen ist nachgewiesen, dafs bei Verstimmung der Oktave nach oben oder unten die sog. hohen Schwebungen, d. h. die auf dem h\u00f6heren Ton lokalisierten, hinwegfallen, sobald der tiefere Ton durch Interferenz seines ersten Obertons beraubt wird. (Hierbei mufs nat\u00fcrlich h erst im Beobachtungszimmer hinzugef\u00fcgt werden, sonst wird er mit 2 t zugleich beseitigt.) Ich f\u00fcgte aber bei, man werde die tiefen Schwebungen, die durch Kollision des I)1 mit t entstehen m\u00fcssen, immer h\u00f6ren.* 1 M. Meyer fand dagegen, dafs auch diese verschwinden, und ich konnte damals unter der von ihm angewandten Versuchseinrichtung selbst nichts von ihnen bemerken.2 Ter Kuile ist dann wieder bei seinen im hiesigen Psychologischen Institut ausgef\u00fchrten Versuchen auf meine'Behauptung zur\u00fcckgekommen.3 Desgleichen nunmehr Krueger (C 232 f.).\nIch habe auch diese Frage neu gepr\u00fcft, und glaube die Diskrepanz der Angaben auf eine sehr einfache, auch schon von Ter Kuile angedeutete, Weise erkl\u00e4ren zu k\u00f6nnen. Man h\u00f6rt die tiefen Schwebungen tats\u00e4chlich immer, solange der Ton t stark genug ist. Die Ausschaltung des Obertons 2t hat tats\u00e4chlich keinen Einflufs darauf; nur der Grundton selbst darf nicht unter eine gewisse St\u00e4rke sinken. Ich zweifle nicht, dafs dies bei Meyers Versuchseinrichtung der Fall war, und dafs die tiefen Schwebungen wiedergekommen w\u00e4ren, h\u00e4tte er t verst\u00e4rkt. Es ist auch den Herren Abraham und v. Hornbostel ganz regel-m\u00e4fsig aufgefallen, dafs bei verstimmten Oktaven an der Flaschenorgel oder am STERNschen Apparat die tiefen Schwebungen hinwegfielen, sobald man das Ohr nahe an die h\u00f6here Pfeife brachte. Auch schon R. K\u00f6nig hat angegeben, dafs das Schweben des t bei verstimmten Konsonanzen von der Form n : a \u2022 n eine\ngen\u00fcgen) ; und f\u00fcr die Intervalle obertonhaltiger Kl\u00e4nge tritt die Koinzidenz mit D. \u00cf. der Obert\u00f6ne an die Stelle.\n1\tAnn. d. Phys. u. G hem., N. F., 57, S. 669.\n2\tZeitschr. f. Psychol. 16, 9.\n3\tE. ter Kuile, Einflufs der Phasen auf die Klangfarbe. Pfl\u00fcgers Arch. f. d. g es. Physiol. 89, S. 420 Anm.","page":110},{"file":"p0111.txt","language":"de","ocr_de":"[LV. Ill]\nBeobachtungen \u00fcber Kombinationst\u00f6ne.\n111\ngr\u00f6fsere St\u00e4rke des i zur Voraussetzung habe (ygl. m. Tonpsych. II, 493 f.) Doch kann man namentlich in der tiefen Region auch hei bedeutend \u00fcberwiegendem h noch Schwebungen, und zwar auf t lokalisierte, vernehmen. Daf\u00fcr habe ich a. a. 0. Versuche angef\u00fchrt, die ich auch jetzt best\u00e4tigt finde.\nAuch die hohen Schwebungen, die zweifellos auf der Kollision des h mit dem Oberton 2 t beruhen, kann man zum Verschwinden bringen, w\u00e4hrend der Oberton noch vorhanden ist: wenn man n\u00e4mlich h zu stark nimmt, Diese Schwebungen kommen nat\u00fcrlich am besten, wenn h ann\u00e4hernd so schwach ist wie der Oberton 2 t.\nDagegen ist es nicht ohne weiteres klar, warum die tiefen Schwebungen besonders kr\u00e4ftig in der N\u00e4he der tieferen Klangquelle auf treten. Denn da Dx in der Umgebung der Oktave (selbst da-, wo er der H\u00f6he nach schon unterscheidbar sein m\u00fcfste, wie bei der kleinen None und der grofsen Septime) \u00fcberhaupt nicht wahrzunehmen ist, so k\u00f6nnte man erwarten, clafs die Schwebungen mit ihm gerade bei schwachem t besser herausk\u00e4men. Wahrscheinlich mufs t deshalb st\u00e4rker sein, weil dadurch die Entstehung des D1 selbst beg\u00fcnstigt wird. Bei den Intervallen jenseits der Quinte fanden wir ja \u00fcberwiegende St\u00e4rke des t f\u00fcr D1 f\u00f6rderlich, und so mag es auch bei der verstimmten Oktave zutreffen. Aber ich kann nicht leugnen, dafs mir der Fall nicht ganz durchsichtig erscheint, Wir kommen am Schl\u00fcsse der Abhandlung darauf zur\u00fcck.\n2. Die Schwebungen des tieferen Prim\u00e4rtons gehen bei Erh\u00f6hung der Oktave nicht in einen Bifferenzton (IX,) \u00fcber.\nWenn man bei gleichbleibendem t den h stetig von dem Werte 2 t aus erh\u00f6ht, so nehmen nat\u00fcrlich die soeben beschriebenen tiefen Schwebungen an Frequenz zu. Die Grenze, wo sie verschwinden, wird verschieden sein, je nach der Tonlage. F\u00fcr ^ = 150 oder 200 scheint sie etwa bei 80 Schwebungen in der Sekunde zu liegen, wo h die grofse oder kleine Dezime erreicht hat. Die Grenze f\u00fcr die Wahrnehmbarkeit der Schwebungen von Prim\u00e4rt\u00f6nen liegt f\u00fcr diese Tonregion (also f\u00fcr den Grundton 150 oder 200) etwas h\u00f6her als 80 ; aber es begreift sich, dafs sie unter diesen Versuchsumst\u00e4nden, namentlich bei der ungleichen St\u00e4rke des t und des D. T. h \u2014 t, nicht ganz erreicht wird.","page":111},{"file":"p0112.txt","language":"de","ocr_de":"112\nC. Stumpf.\n[LV. 112]\nMan k\u00f6nnte nun erwarten, clafs, wenn die Schwebungen immer schneller werden, ebenso wie bei der Vertiefung der Oktave, auch bei ihrer Erh\u00f6hung zugleich ein D. T. aus der tiefen Tongrenze heraufkommen werde. Die Formel w\u00fcrde zwar nicht wie dort 2 t \u2014 h sein, da dieser Wert f\u00fcr hf>2t negativ wird. Aber es w\u00fcrde jetzt die Formel 2 h\u2014t an die Stelle treten, Dies w\u00e4re denn auch Kruegers D2.\nAber der D. T. bleibt hier aus. Wir haben niemals bei der Erh\u00f6hung der Oktave einen D. T. von unten herauf steigen h\u00f6ren (ganz obertonfreie Kl\u00e4nge vorausgesetzt). Es ist vielmehr analog wie bei der verstimmten Quinte. Wie dort durch die Kollision der beiden D. T. untereinander zwar Schwebungen, aber kein dritter D. T. kommt, so kommt hier schon bei der Kollision des D1 mit i kein zweiter D. T.\n3. H\u00f6henver\u00e4nderimgen der Prim\u00e4rt\u00f6ne.\nBei der Verstimmung der Oktave, nach oben oder unten, liegt nach Krueger wieder ein Fall von Zwischentonbildung durch D. T. vor; jedoch bilden nicht zwei D. T. untereinander einen Zwischenton, sondern der D. T. und der tiefere P. T., wie diese ja auch untereinander schweben. Dadurch werde der Grundton bei der erh\u00f6hten Oktave in die H\u00f6he gezogen, bei der vertieften vertieft (A 342, 350, B 571, 576, G 214). Namentlich die Erh\u00f6hung wird von Krueger sehr hervorgehoben : sie wurde von allen 7 Beobachtern durchg\u00e4ngig und unabh\u00e4ngig voneinander bemerkt.\nEiner solchen \u00dcbereinstimmung gegen\u00fcber scheint jeder Widerspruch verstummen zu m\u00fcssen. Gleichwohl darf man daran erinnern, dafs es sehr \u00fcberredende Urteilst\u00e4uschungen gibt, die bei vielen Beobachtern gleichm\u00e4fsig auftreten und doch blolse Urteilst\u00e4uschungen sind. Die PoGGENDOBEEsche, die M\u00fclleb-LYERsche T\u00e4uschung und unz\u00e4hlige andere im Gebiete der Raumwahrnehmung geben Belege. Selbst Mafsbestimmungen f\u00fcr solche blofse Urteilst\u00e4uschungen sind in gewissen Grenzen m\u00f6glich gefunden worden. Dafs trotzdem nicht die Raumempfindung selbst ver\u00e4ndert ist, ergibt sich aus der M\u00f6glichkeit, durch hinreichende Konzentration der Aufmerksamkeit auf die zu vergleichenden Linien selbst und durch Abstraktion von den","page":112},{"file":"p0113.txt","language":"de","ocr_de":"[LV. 113]\nBeobachtungen \u00fcber Kombinationst\u00f6ne.\n113\ndas Urteil st\u00f6renden Nebenlinien (Isolierung im Bewufstsein nach. F. Schumann1) die T\u00e4uschung zu \u00fcberwinden.\nEs werden von Krueger keine Mafsbestimmungen \u00fcber den Betrag der Verstimmung angegeben. Wir k\u00f6nnen aber einiger-mafsen aus seinen Angaben entnehmen, wie weit sie gehen rn\u00fcfste, und es zeigt sich, dafs es sich um ganz erhebliche Verschiebungen der Tonh\u00f6he handeln w\u00fcrde. Als bei dem konstanten Grundton 256 (c1) die Oktave von 512 ab sukzessive erh\u00f6ht wurde, schien der Grundton selbst h\u00f6her zu werden, bis die Verstimmung des h\u00f6heren P. T. die Schwingungszahl 556 (einen zwischen des2 * * * * und d- liegenden Ton) erreicht hatte. Hier h\u00f6rte man zum erstenmal unsicher einen gesonderten D. T., der sich jetzt vom Grundton i abgesch\u00e4lt hatte (i>, 571). Nach dieser Abspaltung mufste also der bis dahin in die H\u00f6he gezogene Grundton erst wieder auf seine urspr\u00fcngliche H\u00f6he zur\u00fcckgehen und die objektiv unver\u00e4nderte Gabel c1 auch subjektiv wie fr\u00fcher geh\u00f6rt werden.\nWelche H\u00f6he hatte nun die rein subjektive Ton Verschiebung des t erreicht? Der D. T. h \u2014 t, der einem ln \u2014 556 entspricht, ist 300. Kurz vorher also \u2022 war nur der Zwischenton von t und h \u2014 t zu h\u00f6ren. Sagen wTir: bei h\u2014 t = 290. Der geh\u00f6rte Zwischenton lag also zwischen der Tonh\u00f6he, die wir normalerweise bei 256, und derjenigen, die w7ir normalerweise bei etwa 290 empfinden. Nun l\u00e4fst sich \u00fcber die Lage des behaupteten Zwischentons zu den ihn bildenden T\u00f6nen zwar kein bestimmteres Gesetz aus Kruegers Protokollen entnehmen (o. S. 9) ; aber setzen wir auch den Fall, er liege dem t doppelt so nah wie dem D. T. h \u2014 t, so w\u00fcrde seine H\u00f6he immer noch etwm 267 betragen. Das heilst: er w\u00e4re von c1 auf cis1 hinaufgegangen.2\nEhe ich nun \u00fcber die Ergebnisse eigener Versuche berichte, will ich eine \u00dcbersicht der Faktoren geben, die unter den vorliegenden Umst\u00e4nden eine wirkliche oder eine scheinbare Ver-\n1\tZeitschr. f. Psych. 24, S. 7f., 80, S. 263 f. Psychol. Studien, lierausg. von Schumann, 1. Abteil. 1. Heft, S. 39 f., 88 f.\n2\t\u00c4hnliche Folgerungen fliefsen aus den Angaben f\u00fcr den Grundton 512,\nS. 576, wo es heifst: \u201eDie Erh\u00f6hung des Grundtons im Zusammenklange,\ndurch sein Verschmelzen mit DL hervorgerufen, fiel nahe der Oktave allen\nBeobachtern auf, am meisten in der Gegend von -f- 1060 [d. h. bei Er-\nh\u00f6hung des h von 1024 auf 1060]; sie w\u2019ar bis -(- 1104 sicher festzustellen, also relativ weniger weit als in der tieferen Oktave.\u201c\nStumpf, Beitr\u00e4ge V.\n8","page":113},{"file":"p0114.txt","language":"de","ocr_de":"114\nC. Stumpf.\n[LY. 114]\n\u00e4nderung des t, d. h. eine EmpfindungsVer\u00e4nderung oder eine blofse Urteils\u00e4nderung, in einer bestimmten Richtung hervorrufen k\u00f6nnen. Wir werden dann durch Vergleichung der Versuchsergebnisse mit dem, was man als Folge der einzelnen Faktoren zu erwarten h\u00e4tte, die tats\u00e4chlich ausschlaggebenden Faktoren leichter finden.\n1.\tErstens ist es gewifs denkbar, dafs in der von Krueger behaupteten Weise der t durch Bildung eines Zwischentones mit D.-T\u00f6nen ver\u00e4ndert w\u00fcrde. Wenn Kruegers 5 D. T. dabei wirksam sind, ist bei vertiefter Oktave eine entschiedene Vertiefung des t zu erwarten, da alle D. T. unter dem t hegen. Bei erh\u00f6hter Oktave liegt I)1 \u00fcber ty w\u00fcrde ihn also hinaufziehen. Die \u00fcbrigen liegen aber wieder unter t, und zwar D2 bis D4 dicht unter ihm, w\u00fcrden ihn also hinunterziehen. Da nun D2, Z)3, X>4 nach Krueger keineswegs schw\u00e4cher zu sein brauchen als D1, so w\u00e4re das Wahrscheinlichste, dafs der Grundton auch bei erh\u00f6hter Oktave vertieft w\u00fcrde. Es k\u00f6nnte aber auch eine Spaltung in einen vertieften und einen erh\u00f6hten t eintreten, wovon der erste, als durch drei D. T. veranlafst, mutmafslich der st\u00e4rkere sein w\u00fcrde.\n2.\tNehmen wir statt der 5 D. T. Kruegers nur die zwei ersten und allgemein anerkannten, halten aber das Prinzip der Zwischentonbildung fest, so ergibt sich unzweideutig, dafs t bei vertiefter Oktave tiefer, bei erh\u00f6hter h\u00f6her werden mufs. Denn nur der I)1 liegt dann nahe genug an t, um einen Zwischenton mit ihm zu bilden, w\u00e4hrend J)2 an der unteren Tongrenze liegt. D1 liegt aber bei vertiefter Oktave unter, bei erh\u00f6hter \u00fcber t.\n3.\tEs w\u00e4re aber auch denkbar, dafs K. T. keinen Zwischenton mit P. T. bildeten (hier\u00fcber ist ja deduktiv einstweilen nicht das geringste zu sagen), sondern dafs nur Schwebungen des t mit den ihm nahe liegenden D. T. entst\u00e4nden, diese D.T. selbst aber entweder in ihrer richtigen Fl\u00f6he oder \u00fcberhaupt nicht herausgeh\u00f6rt w\u00fcrden. In diesem Falle kann gleichwohl eine Ver\u00e4nderung des t eintreten. Denn beim Maximum jeder Schwebung haben wir eine Verst\u00e4rkung des Tones, beim Minimum eine Schw\u00e4chung. Die Folge einer erheblichen Tonverst\u00e4rkung ist aber die bekannte subjektive Vertiefung des Tones, so dafs also Vertiefung und Erh\u00f6hung rasch abwechseln w\u00fcrden. Die Erh\u00f6hung wird man wegen der Schw\u00e4che des Tones nicht bemerken,.","page":114},{"file":"p0115.txt","language":"de","ocr_de":"[LY. 115]\nBeobachtungen \u00fcber Kombinationst\u00f6ne.\n115\ndagegen k\u00f6nnte die Vertiefung bei den Maximis' sehr wohl merkbar sein, wenn die Schwebungen selbst stark ausgepr\u00e4gt sind. Wir haben also, wenn und soweit dieser Faktor ausschlaggebend ist, sowohl bei vertiefter wie bei erh\u00f6hter Oktave eine Vertiefung des t zu erwarten, und zwar eine wirklich empfundene. In diesem Falle mufs mit fortschreitender Verstimmung die Abweichung geringer werden, weil die Schwebungen allm\u00e4hlich schw\u00e4cher werden.\n4.\tBei der reinen Oktave erscheint bekanntlich t, solange nicht eine sorgf\u00e4ltige Analyse im Bewufstsein stattfindet, leicht h\u00f6her als im isolierten Zustande, weil die Klangfarbe des Ganzen heller ist, und diese Erhellung mit Erh\u00f6hung verwechselt wird. Dasselbe kann auch bei der verstimmten Oktave eintreten, da das Hinzukommen eines nicht hinreichend unterschiedenen h\u00f6heren Tones, auch wenn er nicht im Oktavenverh\u00e4ltnis steht, immer eine Erhellung bewirkt. Sowuit dieses Motiv wirkt, wird also sowohl bei vertiefter als erh\u00f6hter Oktave eine scheinbare Erh\u00f6hung eintreten, sobald wir das h zum t hinzuf\u00fcgen. Diese Urteilst\u00e4uschung m\u00fcfste freilich bei der reinen Oktave ebenso oder noch mehr eintreten wie bei der verstimmten. Auch bei der Quinte und Duodezime, deren T\u00f6ne sich gleichfalls nicht so scharf wde die anderer Intervalle voneinander abheben, m\u00fcfste sie zu beobachten sein. Durch genauere Aufmerksamkeit und \u00dcbung m\u00fcfste sie aber in allen F\u00e4llen zum Verschwinden gebracht werden k\u00f6nnen.\n5.\tAuch bei gut analysierten Zusammenkl\u00e4ngen kommt es vor, dafs eine scheinbare Verschiebung eines Tones in der Richtung eines hinzukommenden stattfindet (Tonps. II, S. 396; oben S. 79). Soweit diese T\u00e4uschungsquelle wirkt, wird wiederum der tiefere Ton der Oktave, einerlei ob rein oder erh\u00f6ht oder vertieft, beim Hinzutreten des h\u00f6heren scheinbar erh\u00f6ht werden.\n6.\tDer Empfindungskontrast spielt zwar bei T\u00f6nen gar keine, der Urteilskontrast nur eine geringe Rolle. Wenn wir aber annehmen, dafs der Urteilskontrast gleichwohl ins Spiel trete, so m\u00fcfste t schon bei der reinen Oktave durch den Hinzutritt von h scheinbar vertieft werden. Und dann liefse sich auch f\u00fcr die nach oben oder unten verstimmte Oktave wieder das gleiche erwarten, da auch dann zu t ein Ton von ann\u00e4hernd gleichem\nH\u00f6henunterschied wie bei der reinen Oktave hinzukommt. Wir\n8*","page":115},{"file":"p0116.txt","language":"de","ocr_de":"116\nC. Stumpf.\n[LY. 116]\nw\u00fcrden also in beiden F\u00e4llen eine Vertiefung, allerdings wieder nur eine scheinbare Vertiefung, zu erwarten haben. Nat\u00fcrlich w\u00fcrde diese aber nicht blofs bei der Oktave, sondern bei jedem gr\u00f6fseren Intervall eintreten.\n7.\tSehr in Betracht zu ziehen ist die M\u00f6glichkeit, dafs durch eine Urteils\u00fcbertragung, wie wir sie so vielfach in anderen Gebieten beobachten, die Vertiefung oder Erh\u00f6hung des Intervalls als Vertiefung oder Erh\u00f6hung seines Grund ton es auf-gefafst w\u00fcrde. Das, was bei solchen Verstimmungen vor allem die Aufmerksamkeit fesselt, ist ohne Zweifel der Eindruck des verstimmten Intervalles selbst. An die Erh\u00f6hung und die Vertiefung konsonanter Intervalle ist eine Gef\u00fchlsempfindung gekn\u00fcpft, an die Erh\u00f6hung eine andere wie an die Vertiefung. Wie nun bei der M\u00dcLLEE-LYEKschen und \u00e4hnlichen optischen T\u00e4uschungen eine Linie durch kurze Querlinien von verschiedener Richtung in eine kleinere oder gr\u00f6fsere Fl\u00e4che verwandelt und der Unterschied dieser Fl\u00e4chen als Unterschied in der Gr\u00f6fse der Linie selbst aufgefafst wird, so k\u00f6nnte hier die Modifikation des Intervalles als Modifikation des Grundtones aufgefafst werden. Man soll einen Teil eines Ganzen f\u00fcr sich beurteilen, und man beurteilt, ohne es zu bemerken, das Ganze. Sobald es gelingt, den Teil gen\u00fcgend im Bewufstsein zu isolieren und den Fragepunkt genau festzuhalten, verschwindet die T\u00e4uschung. Soweit dieser Faktor mafsgebend ist, ist also bei vertiefter Oktave Vertiefung, bei erh\u00f6hter Erh\u00f6hung des t zu erwarten. Aber wiederum w\u00e4ren es blofs scheinbare Ver\u00e4nderungen und w\u00fcrden bei scharfer und wiederholter Konzentration der Aufmerksamkeit auf t selbst verschwinden.\n8.\tBei besonderen Tonquellen k\u00f6nnen noch besondere Umst\u00e4nde Einflufs gewinnen. Operiert man mit Stimmgabeln, so wird sowohl t als h mit dem Ausschwingen wirklich subjektiv h\u00f6her. Dann kann man also bei vertiefter und erh\u00f6hter Oktave, aber auch bei der reinen, ein H\u00f6h er werden des t beobachten. Bei Pfeifen mit gemeinsamer Windzufuhr w\u00e4re es m\u00f6glich, dafs mit dem Hinzutritt des h zu t der Winddruck vermindert und dadurch t etwas tiefer w\u00fcrde, und zwar nat\u00fcrlich wieder bei vertiefter wie erh\u00f6hter Oktave. Dergleichen Umst\u00e4nde m\u00fcssen eben beim Experimentieren beachtet und kontrolliert werden.\nEs liefse sich noch an verschiedene Faktoren denken. Aber man sieht schon: Erkl\u00e4rungsgr\u00fcnde sind f\u00fcr jeden beliebigen","page":116},{"file":"p0117.txt","language":"de","ocr_de":"[LY. 117]\nBeobachtungen \u00fcber Kombinationst\u00f6ne.\n117\nErfolg wohlfeil wie Brombeeren, und auch f\u00fcr die Beobachtungen der K\u00fcUEGEEschen Personen fehlt es nicht an Erkl\u00e4rungen, die ebenso oder besser damit \u00fcbereinstimmen, als die Hypothese der Zwischen-D. T. Wenden wir uns nun zu den Erscheinungen selbst, wie sie sich nach unseren Beobachtungen darstellen.\nMan kann hier verschiedene Methoden der Untersuchung anwenden. Die n\u00e4chstliegende ist die, den Grundton abwechselnd mit seiner verstimmten Oktave und ohne sie anzugeben. Auf dieses Verfahren scheinen sich die Angaben bei Krueger zu beziehen (\u201eerh\u00f6ht im Vergleich mit der Tonh\u00f6he der allein schwingenden 256-Gabel\u201c B 571). Die Gr\u00f6fse der Verstimmung wird in diesem Falle nur gesch\u00e4tzt, nicht gemessen. Eine zweite Methode w\u00e4re die : nachdem man den Grundton im Zusammenklange geh\u00f6rt hat, sofort eine bereitstehende Vergleichsgabel mit Laufgewicht oder eine ver\u00e4nderliche Pfeife auf die geh\u00f6rte Tonh\u00f6he des t einzustimmen; was nat\u00fcrlich nicht auf den ersten Plieb, aber nach und nach bei h\u00e4ufiger Wiederholung gelingen kann. Ebenso stimmt man dann einen zweiten Vergleichston auf den isolierten tieferen P. T. durch Sukzessivvergleichung ab. Hierauf vergleicht man die beiden Hilfst\u00f6ne untereinander und kann nun auch durch Z\u00e4hlung ihrer Schwebungen ein Mafs ihres Unterschiedes gewinnen. Oder k\u00fcrzer: man l\u00e4fst den ersten Hilfston nach seiner Einstimmung direkt mit t zusammenklingen und z\u00e4hlt die Schwebungen. Sind sie nicht mehr z\u00e4hlbar, so kann man jeden der beiden T\u00f6ne am Tonmesser bestimmen und die Differenz berechnen, oder man kann die H\u00f6he ihres D1 bestimmen.\nWenn es sich um ganz minimale, an der Unterschiedsschwelle liegende Verschiedenheiten handelte, w\u00e4ren beide Methoden unzuverl\u00e4ssig, da solche Differenzen ja auch schon durch jeden einzelnen Sukzessivvergleich entstehen k\u00f6nnen. Aber H\u00f6henunterschiede bis zu einem Halbton in mittlerer Tonlage \u2014 und so grofs w\u00e4re ja ungef\u00e4hr die Verstimmung nach Krueger \u2014 k\u00f6nnen einem ge\u00fcbten Ohre selbst unter erschwerenden Umst\u00e4nden nicht entgehen.\nIch habe nun in Verbindung mit den Herren Abrai-iam und v. Hornbostel alle Aufmerksamkeit auf diesen, wegen seines Zusammenhanges mit Kruegers Konsonanzlehre nicht unwichtigen, Punkt verwandt. Wir haben aber unter Anwendung der ersten Methode niemals eine Verstimmung, weder nach der Tiefe","page":117},{"file":"p0118.txt","language":"de","ocr_de":"118\nC Stumpf.\n[LV. 118]\nnoch nach der H\u00f6he, beobachten k\u00f6nnen, die \u00fcber ein Minimum hinausging und die nicht als eine blofse Urteilst\u00e4uschung auf-gefafst werden konnte ; zumal da selbst diese geringf\u00fcgigen Ver\u00e4nderungen uns immer zweifelhafter wurden, je l\u00e4nger und konzentrierter wir beobachteten. Eine wirkliche Empfindungs\u00e4nderung, die den Betrag eines Halbtons oder auch nur Vierteltons erreichte, erschien uns absolut ausgeschlossen. Wir sind daher zu Messungen nicht \u00fcbergegangen.\nNeuerdings (1909) bin ich jedoch in Verbindung mit anderen gleichfalls sehr genau h\u00f6renden Beobachtern der Sache noch einmal n\u00e4her getreten, da doch auch eventuelle kleinere Verstimmungen des t, ja selbst blofse Urteilst\u00e4uschungen, wenn sie eine gewisse Begehn\u00e4fsigkeit zeigen sollten, nicht bedeutungslos w\u00e4ren. Bei Anwendung der ersten Methode schien uns auch diesmal das Urteil sehr schwer und die Ver\u00e4nderungen jedenfalls sehr gering. Die Schwierigkeit schien (nach einer Bemerkung von Dr. Bupp) besonders darin zu wurzeln, dafs der tiefe Ton weniger leicht im Bewufstsein zu isolieren ist als der hohe. Aufserdem haben milde einfache T\u00f6ne, besonders wenn sie der unteren H\u00e4lfte des Tonreiches angeh\u00f6ren, leicht etwas Mehrdeutiges. So war denn auch eine volle \u00dcbereinstimmung in bezug auf die Bichtung der Ver\u00e4nderungen nicht zu erzielen. Dennoch wurde in einer sehr erheblichen \u00dcberzahl von F\u00e4llen auf eine Vertiefung des i beim Zusammenklange mit h erkannt, sowohl bei Erh\u00f6hung wie Vertiefung der Oktave. Ich ging daher zu Messungsversuchen \u00fcber, an denen sich die Herren Dr. Bupp und Dr. K\u00f6hler beteiligten.\nWir bedienten uns der oben geschilderten zweiten Methode. Als Klangquellen dienten unsere Orgelpfeifen. Bei der Oktave b : b1 wurde der h\u00f6here Ton um Betr\u00e4ge von 8,6 bis zu 38 Schwingungen (einem Ganzton) erh\u00f6ht und vertieft, und jedesmal wurde die Tonh\u00f6he des t im Zusammenklange und die bei isolierter Angabe an einer E\u00fcELMANN-Gabel mit Laufgewichten so genau wie m\u00f6glich fixiert, dann die objektive Differenz der beiden Vergleichsgabeln unter sich festgestellt. Es zeigte sich bei f\u00fcnf Versuchen, die eine geraume Zeit in Anspruch nahmen, dafs die Gabel f\u00fcr das t im Zusammenklange in der Tat bei kleinen Verstimmungen des Intervalls 1 bis 2 Schwingungen tiefer war als die Gabel f\u00fcr das isolierte #, bei gr\u00f6fseren Verstimmungen da-","page":118},{"file":"p0119.txt","language":"de","ocr_de":"[LY. 119]\nBeobachtungen \u00fcber Kombinationsi\u00f6ne.\n119\no\u2019egen so gut wie gleich. Dies w\u00fcrde auf die Erkl\u00e4rung Nr/ 3 hinweisen.\nAber die Methode war noch nicht einwandfrei. Denn die Hilfsgabeln waren, um die bei starkem Erklingen unvermeidliche subjektive Vertiefung auszuschliefsen, sehr leise angegeben, und es war gerade dadurch eine Fehlerquelle hineingebracht worden, da die Orgelpfeife st\u00e4rker klang. Aufserdem sind die Klangfarben der Pfeife und der Gabeln doch noch zu verschieden. Es zeigte sich, dafs bei der Vergleichung Fehler bis zu 3 Schwingungen begangen wurden, wodurch der Wert dieser Feststellungen \u00e4ufserst fraglich wird. Sie sind hier nur gewissermafsen zur Warnung-angef\u00fchrt.\nWir nahmen dann statt der EDBLMANN-Gabeln als Vergleichston den einer Orgelpfeife selbst. Die Pfeifen lassen sich leicht durch Ankleben von Wachs an ihre \u00d6ffnung vertiefen. Wenn also eine Pfeife gew\u00e4hlt wird, die um einen Halbton h\u00f6her ist alt fl so kann man sie mit der H\u00f6he des fl wie es im Zusammenklange mit h erscheint, in Einklang bringen, und dann die Schwebungen, die sie mit t macht, feststellen. Auch dies war aber keineswegs leicht, weil feinere Klangfarbenunterschiede fast immer selbst zwischen benachbarten Orgelpfeifen stattfinden, Unterschiede, die dann schon wieder das H\u00f6henurteil beeinflussen k\u00f6nnen. Bei diesen Versuchen urteilte Di. Kupp allein. Es wurden aufser den verstimmten auch reine Oktaven vorgelegt.\nEs zeigte sich nun bald, dafs weder da noch dort, und weder bei erh\u00f6hter noch vertiefter Oktave, irgend welche deutliche Ver\u00e4nderungen des t beim Hinzukommen oder Hinwegfallen des h mehr stattfanden. Auch Dr. Abraham, der sp\u00e4ter hinzukam, urteilte in gleicher Wise. Gelegentlich schien beiden Beobachtein bei der vertieften Oktave t eine Idee tiefer, bei der erh\u00f6hten ein klein wenig h\u00f6her, aber immer mit dem Beif\u00fcgen, die Ver\u00e4nderung erscheine unsicher und sei wahrscheinlich zur\u00fcckzuf\u00fchren auf eine durch die Vertiefung und Erh\u00f6hung des Intervalls entstehende Urteilst\u00e4uschung. Dr. Abraham fand bei einer erh\u00f6hten Oktave, dafs er sich t auch wohl willk\u00fcrlich ein wenig nach der H\u00f6he oder Piefe ver\u00e4ndert vorstellen k\u00f6nne, leichter aber nach der H\u00f6he, und zwar besonders dann, wenn er nicht scharf analysiere, wenn mehr der Eindruck des Ganzen wirke. Ebenso fand Dr. Rupp, dafs die F\u00e4lle anscheinender","page":119},{"file":"p0120.txt","language":"de","ocr_de":"120\tC. Stumpf.\t[LY. 120]\nminimaler Ver\u00e4nderungen mit den F\u00e4llen nicht hinreichender Isolierung des t im Bewufstsein zusammentrafen.\nWir untersuchten endlich die Sache noch einmal am Stern-schen Apparat mit stetiger Ver\u00e4nderung des h. Wieder glaubten wir alle drei zu beobachten \u2014 und um so deutlicher, je sch\u00e4rfer wir t im Bewufstsein fixierten \u2014, dafs in Wahrheit keine Ver\u00e4nderung des t stattfindet.\nHiernach glaube ich auf Grund so vieler Versuche mit so guten Beobachtern dieses Verhalten als das tats\u00e4chliche an-sjDrechen zu d\u00fcrfen.\nWas die Zwischentonbildung des D. T. in diesen F\u00e4llen betrifft, so folgt hieraus, dafs entweder D.-T\u00f6ne \u00fcberhaupt keine Zwischent\u00f6ne mit P. T. bilden, oder dafs die dadurch an dem P. T. t bewirkte Ver\u00e4nderung schlechterdings unmerklich ist. Die merklichen Ver\u00e4nderungen sind nicht Empfindungs\u00e4nderungen, und die Empfindungs\u00e4nderung, wenn eine solche \u00fcberhaupt stattfindet, ist nicht merklich.\nWoher kommt nun die doch in so vielen F\u00e4llen mit einer gewissen Regelm\u00e4fsigkeit eintretende Urteilst\u00e4uschung, dafs bei vertiefter wie erh\u00f6hter Oktave t sich zu vertiefen scheint? Nach der obigen \u00dcbersicht w\u00fcrde hierf\u00fcr Nr. 6, der Urteilskontrast, in Betracht kommen. In anderen F\u00e4llen k\u00f6nnen aber sehr wohl andere Motive, namentlich Nr. 7, wirken und dann eine der Intervallver\u00e4nderung parallele scheinbare Tonver\u00e4nderung hervorrufen. Auch bei den KRUEGERschen Beobachtern d\u00fcrfte dieser Faktor von Einflufs gewesen sein. Auf die von zwei Beobachtern angegebene Spaltung bei erh\u00f6hter Oktave (B 576), die allerdings auf Nr. 1 hinweisen w\u00fcrde, k\u00f6nnen wir um so weniger ein ausschlaggebendes Gewicht legen, als der vertiefte Ton als viel leiser gegen\u00fcber dem erh\u00f6hten bezeichnet wurde, und als er bei weiterer Erh\u00f6hung des Intervalls in einen Ds und einen 1)4 \u00fcberging, deren Existenz wir durchaus in Abrede stellen m\u00fcssen (IV, 3).\nWenn nun also der tiefere Ton einer verstimmten Oktave keine wirkliche Ver\u00e4nderung durch das Zusammenklingen mit dem h\u00f6heren erleidet : wie verh\u00e4lt es sich mit dem h\u00f6heren? \u2014 Die Frage ist nicht so prinzipiell wichtig, weil nicht eine Theorie der Konsonanz darauf gebaut ist. Wir haben ihr darum auch weniger Aufmerksamkeit zugewandt. Aber soweit meine eigene Beobachtung reicht, glaube ich hier in der Tat eine Ver\u00e4nderung immer dann zu beobachten, wTenn der tiefere Ton","page":120},{"file":"p0121.txt","language":"de","ocr_de":"[LY. 121]\nBeobachtungen \u00fcber Kombinationst\u00f6ne.\n121\nseinen ersten Oberton mit sich f\u00fchrt, und zwar eine Vertiefung des h bei erh\u00f6hter, eine Erh\u00f6hung bei vertiefter Oktave. Der Oberton gibt eben mit h bei geringen Verstimmungen des Grundtons in der Tat einen Zwdschenton, und die Folge mufs diese sein. Auch bei einer verstimmten Duodezime ist mir ein solcher Einflufs aufgefallen. Es war zu dem Klange 300 einer Steen-sehen Pfeife eine Gabel 900 gef\u00fcgt worden. Wurde 300 ein wenig verstimmt, so verstimmte sich auch der Gabelton deutlich in gleicher Dichtung und um einen durchaus merklichen Betrag. Der Oberton 900 -}- d schwebte eben mit dem Gabelton 900 und bewirkte durch Zwischentonbildung die Tonverschiebung.\nBei v\u00f6llig einfachen Kl\u00e4ngen ist dagegen eine Ver\u00e4nderung des h durch ein verstimmtes t ausgeschlossen.\n4. Lokalisierung der Oktavenscliwebmigen auf Zwischenteilen.\nUnharmonische zentrale Koinbinationst\u00f6ne ?\nEine \u00fcberaus seltsame Erscheinung kann ich hier nicht verschweigen, die sich Dr. Abbaham, Dr. v. Hob/nbostel und mir unabh\u00e4ngig voneinander aufgedr\u00e4ngt hat, f\u00fcr die ich aber keine Erkl\u00e4rung weifs. Die tiefen Schwebungen bei der verstimmten (erh\u00f6hten oder vertieften) Oktave, d. h. die auch bei obertonfreien Kl\u00e4ngen auftretenden Schwebungen des tieferen P. T., wurden h\u00e4ufig mit \u00fcberredender Deutlichkeit auf der Oberquarte des t statt auf ihm selbst vernommen, auch wohl auf beiden T\u00f6nen zugleich. Dies fiel uns zuerst auf bei Versuchen mit Ausschlufs des Obertons 2t, und es lag nahe, zu vermuten, dafs in der R\u00f6hrenleitung ein solcher Ton t \u2022 % zuf\u00e4llig irgendwie objektiv entstanden war. Aber wir bemerkten das N\u00e4mliche dann auch unter anderen Umst\u00e4nden, auch bei anderen Klangquellen (Stimmgabeln statt Pfeifen), auch direkt an den Klangquellen ohne Zwischenleitung, sowie bei Ver\u00e4nderung der absoluten Tonh\u00f6hen (2 = 250, 300, 400). So klar schien die jeweilige Quarte zu schweben, dafs wir unabh\u00e4ngig voneinander den Ton seiner absoluten H\u00f6he nach zu bestimmen vermochten. Die Messungen durch Vergleichung mit einer Laufgewichtstimmgabel stimmten sowohl unter sich als mit der berechneten Tonh\u00f6he der reinen Quarte so genau als man es nur verlangen kann, auf eine halbe Schwingung.","page":121},{"file":"p0122.txt","language":"de","ocr_de":"122\nC. Stumpf.\n[LY. 122]\nDie H\u00f6he dieses Schwebungstones \u00e4nderte sich aber nicht etwa mit Zunahme oder Abnahme der Verstimmung des /?, obgleich die entstehenden Schwebungen dabei nat\u00fcrlich an Frequenz zu- und abnahmen. Sie blieben, solange sie \u00fcberhaupt vernehmbar waren, auf der reinen Quarte von t haften. Beim \u00dcbergang zur reinen Oktave war es uns zweifelhaft, ob wir auch bei vollst\u00e4ndiger Reinheit noch etwas von der Quarte h\u00f6rten oder sie nur noch hineindachten. Wurde eine Hilfsgabel nahezu auf die Quarte abgestimmt, so ergab sie unter diesen Umst\u00e4nden keine Schwebungen: ein Beweis, dafs der Ton weder objektiv noch auch im Ohr vorhanden war.\nIch glaube daher schliefsen zu m\u00fcssen, dafs bei einer unreinen Oktave die Quarte als ein zentral entstehender unharmonischer K. T. auftritt oder auftreten kann. Unharmonisch in dem S. 38 erl\u00e4uterten Sinne : nicht durch die Formel -f ah -j- \u00dft ausdr\u00fcckbar. Vielleicht tritt er schon bei der reinen Oktave auf und wird nur durch das Pulsieren der Schwebungen verst\u00e4rkt. Also eine eigent\u00fcmliche Art zentraler Mitempfindungen. Man kann allenfalls auch sagen: eine Vorstellung, die so lebhaft sich aufdr\u00e4ngt, dafs sie einer Empfindung gleich wird und ihrer H\u00f6he nach bis auf 0,5 Schwingungen bestimmt werden kann. Letzteres ist vielleicht auch bei blofsen Vorstellungen m\u00f6glich. Jedenfalls aber ist es nicht m\u00f6glich, plausible Gr\u00fcnde aus den musikalischen Erfahrungen anzugeben, warum man gerade die Quarte und nicht vielmehr die Quinte hineinphantasieren sollte. Es d\u00fcrfte sich also nicht um eine Assoziation, sondern um eine durch die einwirkenden Reize zentral mitbedingte Sinneserscheinung handeln.\nEs mufs aber hinzugef\u00fcgt werden, erstlich dafs hierin offenbar individuelle Unterschiede bestehen, wie z. B. der mit ausgezeichnetem Geh\u00f6r begabte Dr. A. Guttmann nichts von dieser Quarte wahrnehmen konnte, zweitens, dafs sie auch f\u00fcr uns nicht immer in gleicher Weise zu beobachten war. So trat gelegentlich eine reine oder verstimmte Terz, eine Quinte, Sexte an die Stelle, vielfach war aber auch nur t selbst schwebend zu h\u00f6ren. Vielleicht war das St\u00e4rkeverh\u00e4ltnis der P. T. von Einflufs. Ferner kam auch bei einer verstimmten Duodezime (Grundton 200) eine solche perverse Lokalisation der Schwebungen vor, indem sie von uns dreien gleichm\u00e4fsig auf einer neutralen Dezime geh\u00f6rt wurden. K\u00fcrzlich haben Dr. Rupp und ich bei der ver-","page":122},{"file":"p0123.txt","language":"de","ocr_de":"[LV. 123]\nBeobachtungen \u00fcber Kombinationst\u00f6ne.\n123\nstimmten Duodezime c-\\- g1 unabh\u00e4ngig voneinander den Ton b1 schweben h\u00f6ren.\nDas sind zun\u00e4chst alles nur Kuriosa, von denen man Notiz nehmen mufs, mit denen aber nicht viel zu machen ist, \u00e4hnlich den subjektiven T\u00f6nen des Ohrenklingens u. clgl. Sp\u00e4ter lassen sie sich vielleicht einmal in den Zusammenhang einer Theorie einordnen. Auch wo keine Schwebungen stattfanden, schienen uns hier und da, wenngleich selten, unharmonische K. T. aufzutreten, die auch ihrerseits keine Schwebungen mit Hilfsgabeln lieferten, also zentral sein mufsten. Aber die Grenze zwischen blofser Vorstellung und Empfindung ist eben da schwer zu ziehen. Vgl. auch die Beobachtungen o. S. 78 Anm. 2.\nVielleicht ist die Vermutung nicht zu k\u00fchn, clafs bei unmusikalischen Personen solche akustische Mitempfindungen, die wir doch nur unter ganz besonderen Umst\u00e4nden beobachtbar fanden, sehr h\u00e4ufig und zahlreich auftreten k\u00f6nnten, und dafs ihnen gerade dadurch sowohl die Unterscheidung gleichzeitiger T\u00f6ne als der Genufs an der Musik beeintr\u00e4chtigt w\u00fcrde. Auch halte ich es nicht f\u00fcr ausgeschlossen, dafs manche der von Keuegebs Beobachtern angegebenen K. T., der sog. \u201eZwischendifferenzt\u00f6ne\u201c, unter diese Kategorie geh\u00f6ren k\u00f6nnten. Namentlich m\u00f6gen solche zentrale Mitempfindungen auftreten, wenn ein Beobachter ein und dasselbe Tonpaar eine ganze Stunde lang angestrengt analysiert, wie dies bei Kegegees Versuchen nicht selten der Fall war (0, 214). Ich leugne nicht, habe vielmehr selbst fr\u00fcher hervorgehoben, dafs die Disposition f\u00fcr die Wahrnehmung von K. T. bei l\u00e4ngerer Besch\u00e4ftigung damit und bei l\u00e4nger andauernden Zusammenkl\u00e4ngen erheblich zu wachsen pflegt. Aber wenn das n\u00e4mliche Intervall eine Stunde lang immer wieder dem Ohre dargeboten wird, k\u00f6nnten doch auch Nebenempfindungen auftreten, die unter gew\u00f6hnlichen Umst\u00e4nden nicht vorhanden sind.\nIV. Intervalle, die die Oktave \u00fcberschreiten.\n1. Rechnerische Voranschl\u00e4ge.\nEs ist auch hier n\u00fctzlich, sich zuerst zu vergegenw\u00e4rtigen, welche D. T. etwa rechnerisch resultieren k\u00f6nnen, und welchen Lauf sie bei fortschreitender Erweiterung des Intervalls nehmen.","page":123},{"file":"p0124.txt","language":"de","ocr_de":"124\nG. Stumpf.\n[LY. 124]\nWir halten uns zun\u00e4chst an den Raum zwischen Oktave und Doppeloktave und werden bald sehen, dafs weitere Berechnungen sich er\u00fcbrigen.\nMan wird zuerst nach D. T. mit m\u00f6glichst kleinen Koeffizienten\nsuchen. Besonders kommen in Betracht: h\u2014 t, h \u2014 2 t, 31____h (bis\nzur Duodezime), 3h \u2014t (von da an), 4 t \u2014 h. Den D. T. h \u2014 t, der hier. stets zwischen den P. T. liegt, k\u00f6nnen wir wieder als Dx bezeichnen, h \u2014 2 t deckt sich mit Krruegers Ah (w\u00e4hrend der fr\u00fchere I)2=2t -~J% jetzt als negativ hinwegf\u00e4llt). 3t \u2014h und h \u2014 3 t sind hier Kruegers D3.\nDas folgende Notenschema gibt ein anschauliches Bild von dem zu berechnenden 4 erlaufe der genannten T\u00f6ne, die man sich nat\u00fcrlich bei stetiger Ver\u00e4nderung des h\u00f6heren P. T. gleichfalls von Station zu Station stetig \u00fcbergehend zu denken hat. In der ersten Abteilung der Oktave, bis zur Duodezime, geben infolge aei Kreuzung bei 2 : 5 immer je 2 Intervalle die n\u00e4m-iichen D. T. In der 2. Abteilung verlaufen nur die beiden unteren D. T. in dieser Weise symmetrisch.\n2 u 15 23 5\n19\t13\t1J>\t2\n\u00ce u 6\n3\nh-3 t: LV\n5^4 t - li\nAufser diesen k\u00e4men, wenn man mit den Koeffizienten bis 4 gehen will, alle Formeln ah \u2014 \u00dft f\u00fcr a = 2 bis g = 4 und \u00df \u2014 1 bis \u00df=4z in Betracht. Sie liefern K. T., die teils von vornherein \u00fcber den P. T. liegen, teils mit h\u00f6hersteigendem h \u00fcber sie hinaufgehen. Die done a (h \u2014 t) gehen nat\u00fcrlich in entsprechenden Intervallen mit h \u2014 t aufw\u00e4rts, in der Oktave, Duodezime usw. Als absteigender K. T. w\u00e4re noch 51 \u2014 h zu beachten, der, w\u00e4hrend h von 2 t auf 41 steigt, von 3 t auf t heruntergeht. Ferner ist nat\u00fcrlich auf den Summationston zu achten.\nNach Kruegers Berechnungsprinzip der fortgesetzten Subtraktion ergeben sich als D\u00b1 D2 JD3 die oben bezeichneten Formeln. Dagegen ist sein Z)4 nur in der zweiten Abteilung","page":124},{"file":"p0125.txt","language":"de","ocr_de":"[LV. 125]\nBeobachtungen \u00fcber Kombinationst\u00f6ne.\n125\nidentisch mit 4t\u2014h. In der ersten Abteilung ist er \u2014 ht \u20142h, bzw. (von 2 : 5 an) =2 h \u2014 5t. Sein Dh endlich erh\u00e4lt infolge des Ableitungsprinzips wieder noch h\u00f6here Koeffizienten, wie 5/z, 3h 8t. Die graphische Darstellung m\u00f6ge man in Kruegers Abhandlung D 273 nachsehen. Wenn seine f\u00fcnf D.-T\u00f6ne von der Oktave ab vorhanden sind, so mufs von 1 : 2 bis 1 : 3 einer davon zwischen den P. T. liegen, von 1:3 bis 1 : 4 zwei, dann bis 1:5 drei, bis 1 : 6 vier, endlich bei noch weiteren Intervallen alle f\u00fcnf.\nDas w\u00e4ren die Voranschl\u00e4ge.\nZu dieser F\u00fclle der Gesichte steht nun aber der tats\u00e4chliche Befund in starkem Kontrast. Ich spreche ihn sogleich in der allgemeinsten Form aus, auch f\u00fcr Intervalle, die die obigen Grenzen noch \u00fcberschreiten:\n2. Bei Intervallen \u00fcber 1:2 sind nur li \u2014 t und h -f1 zu\nbeobachten.\nSoviel bemerkt jeder sogleich, dafs die Auffindung von K. T. jenseits der Oktave weit gr\u00f6fsere Schwierigkeiten bietet als die des D\u00b1 und D2 diesseits. Zun\u00e4chst wird selbst der Ge\u00fcbte \u00fcberhaupt nichts von K. T. beobachten. Und hat man dann einen schwachen Ion gefunden, so erweist sich meistens, dafs Obert\u00f6ne schuld waren oder schuld sein konnten, die mit einem P. T. ein Intervall diesseits der Oktave bilden; etwa wenn man bei 2:5 den Ton 1=5\u2014V-2 h\u00f6rt. Es w\u00e4re zwecklos, den Leser hier mit vielf\u00e4ltigen weniger sicheren und eindeutigen Versuchen aufzuhalten. Ich will nur darlegen, welche Einrichtung sich als die beste erwies, um die beiden in der These genannten echten K. T. herauszupr\u00e4parieren. Sodann, durch welche Art von Versuchen f\u00fcr mich die Nichtexistenz anderer K. T. so gut wie feststeht, und welche besonderen T\u00e4uschungsquellen hier zu entgegengesetzten Ansichten f\u00fchren k\u00f6nnen.\nUnter den durchgepr\u00fcften Tonverh\u00e4ltnissen befanden sich alle im Notenschema angegebenen, aufser 6 :13 und 6 : 23 ; ferner eine Eeihe dazwischenliegender Verh\u00e4ltnisse; endlich verschiedene die Doppeloktave noch \u00fcberschreitende Verh\u00e4ltnisse, bis zu 1 :13. Viele, wie 4:9, 3 : 7, 4:11, 2:7, 13:18 sind nicht einmal, sondern oft und unter verschiedenen Umst\u00e4nden untersucht worden.","page":125},{"file":"p0126.txt","language":"de","ocr_de":"126\nC. Stumpf.\n[LV. 126]\na) Feststellung von h \u2014 t und h -f- t.\nAuf der Flaschenorgel wurde die Flasche f\u00fcr d auf genau 150 gestimmt und als unver\u00e4nderlicher Grundton t ben\u00fctzt (die Taste kann w\u00e4hrend eines Versuches eingeklemmt werden). Vor die Flasche wurde ein auf denselben Ton gestimmter zylindrischer Resonator gesetzt (dessen g\u00fcnstigste Stellung ausprobiert wurde) und aus seiner schmalen \u00d6ffnung der Ton durch Schlauch- und R\u00f6hrenleitung ins H\u00f6rzimmer gef\u00fchrt. Der Ton mufs kr\u00e4ftig hin\u00fcberkommen, sonst gelingen diese Versuche nicht. Im H\u00f6rzimmer wurde die Interferenzvorrichtung auf die zwei Obert\u00f6ne 300 und 450 eingestellt, deren Ausschaltung unbedingt erforderlich ist, weil ja der h\u00f6here P. T., der von 300 aufw\u00e4rts gehen soll, mit diesen kollidieren, Schwebungen und neue K. T. geben w\u00fcrde. Den h\u00f6heren P. T. selbst fand ich aber diesmal zweck-m\u00e4fsig nicht im Schallraum sondern erst im H\u00f6rraum hinzuzuf\u00fcgen. Und zwar durch eine Resonanzgabel, die vor der \u00d6ffnung der R\u00f6hrenleitung gehalten oder aufgestellt wurde. Ihre Stellung zur R\u00f6hren\u00f6ffnung wie zum Ohre des Beobachters (der nat\u00fcrlich nur einohrig beobachtet) wird von diesem selbst so reguliert, wde er es f\u00fcr den augenblicklichen Zweck am g\u00fcnstigsten findet. Ich ben\u00fctzte AppuNNsche und K\u00f6uiosche Resonanzgabeln von der Abstimmung 300, 350, 400, 450, 480, 500, 512, 542, 575, 601, 606.5, 645, 724, 767, 861, 966.5, 1152.\nUm zun\u00e4chst das Hilfsmittel der Schwebungen anzuwenden, wurde eine Hilfsgabel (meist gleichfalls Resonanzgabel) gebraucht, die nahezu auf h \u2014 t abgestimmt war und weiter ab vom Ohr gehalten wurde. Auf diese Weise w7ar der D. T. h \u2014 t von h = 350 an bis h = 966,5 regelm\u00e4fsig zu konstatieren; bei 1152 waren die Schwebungen nicht mehr sicher.\nNun zeigte sich aber weiter folgendes. Wenn man die Hilfsgabel h \u2014 t \u00f4 statt schwach vielmehr stark ins Ohr klingen liefs, so stark wie den Grundton t, dagegen die Gabel h nur leise dazuf\u00fcgte, so schwebte nicht die Hilfsgabel sondern die Gabel h. Also z. B. 150 und 350 stark, 512 schwach angegeben, liefert Schwebungen auf 512. Dies mufsten Schwebungen des Summationstons von 150 und 350 sein. Also kann der S. T. auf demselben Wege durch eine leichte Ver\u00e4nderung in der Entfernung der beiden Gabeln vom Ohre nachgewiesen werden. Dies best\u00e4tigte sich bei allen weiteren Versuchen.","page":126},{"file":"p0127.txt","language":"de","ocr_de":"[LY. 127 J\nBeobachtungen \u00fcber Kombinationst\u00f6ne.\n127\nWenn man endlich die beiden Gabeln h und h \u2014 t stark ins Ohr dringen l\u00e4fst, dagegen den Grundton t schwach, indem man das Ohr von der R\u00f6hren\u00f6ffnung weiter entfernt, so h\u00f6rt man Schwebungen auf t. Dies ist dann eben der DA der P. T. h und h \u2014 t.\nEs gilt also f\u00fcr diese Versuche die allgemeine Pegel: derjenige von den drei T\u00f6nen, der sehr schwach ist gegen die beiden anderen, schwebt infolge der Bildung des bez\u00fcglichen ihm naheliegenden K. T.1\nDie beiden K. T. h \u2014 t und h -j- l k\u00f6nnen aber nicht blofs auf diese Art durch Schwebungen als vorhanden erwiesen werden, sondern man kann sie auch vielfach bei hinreichender \u00dcbung und Aufmerksamkeit wtahmehmen. Allerdings ist h \u2014 t gegen die D1 und D2 bei Intervallen diesseits der Oktave aufserordent-lich schwach, und es erkl\u00e4rt sich daher, dafs selbst Beobachtern wie R, K\u00f6nig und K. L. Schaefer bei ausdr\u00fccklich darauf gerichteten Veruchsreihen dieser Ton entgehen konnte, obgleich keiner von beiden dessen Vorkommen geradezu geleugnet hat.'2 Auch ich habe ihn lange Zeit nicht finden k\u00f6nnen3 und kann\n1\tDafs die Schwebungen auf der Tonh\u00f6he des betreffenden minimal schwachen Gabeltones stattfanden, stand mir in diesen F\u00e4llen und bei dieser Versuchseinrichtung aufser Zweifel. Peterson, der neuerdings \u00fcber analoge Versuche berichtet (s. die S. 5 erw\u00e4hnte Arbeit S. 113) und gleichfalls immer Schwebungen auf der schw\u00e4chsten Gabel fand, dr\u00fcckt sich nicht so zuversichtlich aus. Ich darf mich aber wohl hier auf die in dieser langausgedehnten Versuchsreihe mit Ausprobierung verschiedenster Einrichtungen erworbene besondere \u00dcbung verlassen.\n2\tSchaefer schliefst: \u201eEs gibt sowohl objektive als subjektive zwischenliegende D. T. entweder \u00fcberhaupt nicht oder sie sind wenigstens im Gegensatz zu den \u00fcbrigen D. T. zu schwach, um unter den \u00fcblichen Bedingungen des H\u00f6rens wahrgenommen zu werden\u201c. Pfl\u00fcgers Arch. f. d. ges. Physiol. 78, S. 521.\n3\tAusgenommen einige F\u00e4lle, auf die sich die von M. Meyer (Zeitschr. f. Psychol., 11, S. 186) berichtete \u00c4ufserung bezieht, die ich aber f\u00fcr sich allein noch nicht als beweisend ansehen m\u00f6chte. Ich beobachtete n\u00e4mlich mehrmals zu verschiedenen Zeiten bei 3:8 (g : c2) auf der Violine den Ton 5 (e1). Nun k\u00f6nnte man diesen zun\u00e4chst doch aus 71 \u2014 2h herleiten, da der 7. Teilton bei tieferen T\u00f6nen der Violine noch vorhanden ist. Doch ist diese Herleitung nicht befriedigend, wTeil dieser Teilton doch selbst \u00e4ufserst schwach ist, und besonders weil man den Ton 4 = 41 \u2014 h = 2h \u2014 ^t (\u00fcberdies noch mehrfach ais X>2 von Teilt\u00f6nen resultierend) doch st\u00e4rker als den Ton 5 h\u00f6ren m\u00fcfste, w\u00e4hrend ich 4 gar nicht wahrgenommen habe. Daher","page":127},{"file":"p0128.txt","language":"de","ocr_de":"128\nC. Stumpf.\n[LV. 128]\nihn jetzt auch keineswegs immer und bei allen Intervallen \u00fcber 1 : 2 heraush\u00f6ren. Er scheint an St\u00e4rke von 1:2 bis zu etwa 2:7 zuzunehmen, von da wieder abzunehmen. Vielleicht bestehen hier auch individuelle Unterschiede (wie f\u00fcr das Heraush\u00f6ren von Teilt\u00f6nen \u00fcberhaupt); am besten vermochte den Ton unter uns Herr v. Hornbostel zu h\u00f6ren, der zuerst bei 5 :18 (nahe 2 : 7) darauf aufmerksam wurde. Gelegentlich hat ihn aber selbst Prof. Schumann unmusikalisch und nicht ausdr\u00fccklich darauf einge\u00fcbt, wahrgenommen.\nBei Versuchen mit der vorhin beschriebenen Einrichtung ist es ein gutes Unterst\u00fctzungsmittel, die Gabel h aus der Ferne zum Ohr heranzubewTegen, w\u00e4hrend t unver\u00e4ndert zum Ohre dringt. Wenn man dies mehrmals wiederholt, wird man vielleicht bemerken, dafs der fragliche wie \u201eherangewehV kommt. Es tritt eben w\u00e4hrend der Bewegung das g\u00fcnstigste St\u00e4rkeverh\u00e4ltnis ein und wird der schwache Ton in statu nascendi leichter bemerkt.\nIn diesem Punkte, in der Behauptung eines zwischenliegenden D. T. h \u2014 t bei Intervallen jenseits der Oktave, hat Krueger vollkommen Recht. Er hat das Verdienst, auf Grund eigener Beobachtungen die Existenz dieses Tons mit Bestimmtheit behauptet zu haben (B 570 f., C 264 f.).1\nist allerdings zu schliefsen, dafs 5 durch einen echten zwischenliegenden D. T. verst\u00e4rkt war.\nBei 4:9 konnte ich auf der Violine 5 nicht bemerken, dagegen statt seiner 6. Dies erkl\u00e4rt sich vielleicht daraus, dafs der echte D. T. 5 hier keine Verst\u00e4rkung durch den unechten erfuhr (ein solcher w\u00e4re 81\u2014-3 h, w\u00fcrde also den 8. Teilton voraussetzen) ; w\u00e4hrend der Ton 6 durch zwei tieferliegende Teilt\u00f6ne zugleich hervorgebracht werden mufs, durch h\u201431 und 6 t \u2014 h. Bei 3:10 beobachtete ich auf der Violine den Ton 4, wieder einen unechten (durch h \u2014 2 t und 2 h \u2014 3f).\nMeyers Angabe (ebenda), dafs auch K\u00f6nig in seinen Gabelversuchen bei 3:8 den Ton 5 herausgeh\u00f6rt habe, beruht auf einem Versehen. K\u00f6nig hat nur aus Schwebungen von Hilfsgabeln auf die Existenz schwacher D. T. in solchen F\u00e4llen geschlossen (vgl. Krueger C 208, 244).\nAn seiner eigenen Beobachtung des Tones 5 bei 3:8 ist Meyer sp\u00e4ter irre geworden (\u201eIch selbst habe in einem einzigen Falle einen schwachen derartigen D. T. zu h\u00f6ren geglaubt, mag aber einer T\u00e4uschung unterworfen gewesen sein\u201c, Arch. f. d. ges. Physiol. 81, S. 55f.). Aber seine Beobachtung war tats\u00e4chlich richtig.\n1 Dafs das N\u00e4mliche auch aus den Beobachtungen seiner Versuchs-teilnehmer folge, kann ich wieder nicht zu geben. Denn sie glaubten auch","page":128},{"file":"p0129.txt","language":"de","ocr_de":"[LY. 129]\nBeobachtungen \u00fcber Kombinationst\u00f6ne.\n129\nNicht \u00fcbereinstimmen kann ich mit Krueger nur hinsichtlich der Angabe, dafs D1 zwischen Duodezime und Doppeloktave besonders schwach und schwer bemerklich sei. Vielmehr fanden wir ihn gerade in dieser Gegend bei 5 :18 am deutlichsten.\nDie Grenze f\u00fcr die Wahrnehmbarkeit eines h \u2014 t scheint mir ungef\u00e4hr bei 1 : 8 zu liegen. Er r\u00fcckt dann dem h immer n\u00e4her und ist bei seiner Schw\u00e4che nicht mehr davon zu unterscheiden.\nWas den Summationston h-\\-t bei den Intervallen jenseits der Oktave betrifft, so ist er gleichfalls nicht blofs durch Schwebungen feststellbar, sondern im allgemeinen auch direkt h\u00f6rbar. Bei der reinen Oktave ist er aufserordentlich schwach. Ich konnte seine Anwesenheit nur aus leisesten Schwebungen mit einer gleichfalls ganz schwacht\u00f6nenden Hilfsgabel 32+<5 erschliefsen (wobei nat\u00fcrlich der Oberton 31 ausgeschlossen werden mufs). Von der grofsen None an scheint seine Merklichkeit mit Erweiterung des Intervalles so lange zuzunehmen, als er \u00fcberhaupt noch vom h\u00f6heren P. T. unterschieden werden kann, dem er ja ebenso wie h \u2014 t immer n\u00e4her r\u00fcckt. Ich fand ihn unter gew\u00f6hnlichen Umst\u00e4nden noch bei 1:6 deutlich. Meyer hat noch bei 1:8 9 vernommen, wenn Gabeln sehr stark gestrichen wurden, und am besten, wenn das Ohr an den Resonanzraum der tieferen\nviele andere T\u00f6ne mindestens eben so sicher zu bemerken, die sicher nicht da sind, wie bereits bei den Intervallen diesseits der Oktave gezeigt ist. Bei denen jenseits der Oktave leitet Krueger aus ihren Angaben auch nicht blofs J>1? sondern ebenso die h\u00f6heren D. T. ab. Vom U2 sagt er, es m\u00fcsse durchaus als Kegel gelten, dafs er in der ganzen Doppeloktave wahrgenommen und im Lauf einer eindringlichen Analyse sicher bestimmt werden k\u00f6nne; w\u00e4hrend meines Erachtens vielmehr seine Nichtexistenz mit Sicherheit nachgewiesen werden kann. Und wenn man die mit anerkennenswerter Ausf\u00fchrlichkeit wiedergegebenen w\u00f6rtlichen Aussagen \u00fcber den vorhandenen B1 zwischen 1 :3 und 1:4 liest, wo es z. B. heifst (0 211); \u201eZwischen c2 und d2 ein leiser Ton, schwer bestimmbar, vielleicht 542\" (w\u00e4hrend es 572 h\u00e4tte sein m\u00fcssen), oder: \u201eNoch Schwebungen vorhanden, aber nicht diskret. Eine Menge von T\u00f6nen und Ger\u00e4uschen ; leise stechender Wirrwarr. Cca 304. Bestimmung unsicher\u201c (es mufste 604 sein): so k\u00f6nnen einzelne bestimmtere, ja \u00fcberraschend genaue Angaben, wie \u00fcber den Ton 612 bei 256 :868, kaum mehr hinreichen, darauf einen sicheren Schlufs zu gr\u00fcnden und die Zweifel fr\u00fcherer ausgezeichneter Beobachter als unberechtigt zu erweisen.\nStumpf, Beitr\u00e4ge V.\n9","page":129},{"file":"p0130.txt","language":"de","ocr_de":"130\nC. Stumpf.\n[LV. 130]\nGabel gehalten wurde.1 Ich fand dies best\u00e4tigt und h\u00f6rte unter gleichen Umst\u00e4nden sogar noch bei 1 : 10 den Ton 11 ganz deutlich, wenn die h\u00f6here Gabel, w\u00e4hrend das Ohr am Kasten der tieferen lag, stark angeschlagen wurde. Allerdings verschwand er mit dem Ausschwingen der h\u00f6heren Gabel ziemlich rasch; aber zun\u00e4chst war er von dem Tone 10 deutlich unterscheidbar und beide gaben scharfe Schwebungen miteinander. An diesen Schwebungen schien mir auch der I)x = 9 beteiligt zu sein. Doch konnte ich diesen nicht so klar f\u00fcr sich wahrnehmen. Er ist bei so weitem Intervall entschieden schw\u00e4cher als der S. T. Bei 1 : 12 h\u00f6rte ich unter gleicher Versuchseinrichtung auch noch scharfes Schwirren auf 12, aber der S. T. 13 war nicht mehr deutlich f\u00fcr sich zu h\u00f6ren.\nAuch hier habe ich \u00f6fters Interferenz auf 2 h angewandt, um die Entstehung auf dem Wege 2 h \u2014 (h \u2014 t) auszuschliefsen, wenngleich eine solche schon durch die allgemeine Regel unter II, 3 ausgeschlossen erscheint. Auch daf\u00fcr war gesorgt, dafs er nicht als B1 zweier Obert\u00f6ne untereinander entstehen konnte; z. B. bei 4 : 11 m\u00fcfste ja dazu noch der 10. Teilton vorhanden sein.\nEs stellte sich \u00fcbrigens auch hier heraus, dafs bei Her\u00fcberleitung beider P. T. ins Beobachtungszimmer ein objektiver S. T. zustande kommt, der sehr gut zu h\u00f6ren ist, durch einen auf ihn abgestimmten Resonator verst\u00e4rkt wird, bei Ausschlufs eines P. T., ja beider P. T., durch Interferenz bestehen bleibt und sogar deutlicher wird, dagegen selbst durch Interferenz ausgeschlossen werden kann. Man mufs daher, um den subjektiven S. T., der viel schw\u00e4cher ist, zu bekommen, einen der P. T. erst im Beobachtungszimmer hinzuf\u00fcgen. Will man den Interferenzversuch hinsichtlich des Obertons 2 h machen, so mufs nat\u00fcrlich h im Schallzimmer gegeben und t im Beobachtungszimmer beigef\u00fcgt werden. Es zeigte sich hierbei, dafs der subjektive S. T. des Intervalls d : c2 noch 10 cm weit von der R\u00f6hre bestehen blieb, w\u00e4hrend von dem Oberton 2h bei gen\u00fcgend ausprobierter Interferenzwirkung h\u00f6chstens unmittelbar vor der R\u00f6hre noch Spuren vorhanden waren, 2 cm weiter schon nichts mehr.\n1 Zeitschr. f. Psych. 11, S. 188. JDie daselbst zitierten Beobachtungen Appunns \u00fcber S. T. bei 1:10 und 1:12 sind mir (wenn anders A. Appunn, Ann. d. Phys. N. F. 62, 338 gemeint ist) nicht ganz unverd\u00e4chtig, da sie an\nseinem Obertonapparat gewonnen zu sein scheinen, wobei unechte S. T. auftreten.","page":130},{"file":"p0131.txt","language":"de","ocr_de":"[LV. 131]\nBeobachtungen \u00fcber Kombinationst\u00f6ne.\n131\nAuch messende Bestimmungen f\u00fcr h \u2014 t und h-\\-t habe ich gelegentlich ausgef\u00fchrt und wiederum exakte \u00dcbereinstimmung mit den berechneten H\u00f6hen gefunden. So stimmte h \u2014 t bei 4 : 11, 4 : 13, 5 : 18 bis auf 1, bzw. 0,5 und 0,3 Schwingung genau.\njjf' Keine K. T. aufser ii \u2014 t und Ti -f- \u00a3.\nF\u00fcr das Nichtvorhandensein eines gesuchten K. T. ist, wie wir wissen, das Fehlen aller Schwebungen mit einer Hilfsgabel ohne weiteres entscheidend ; aber nicht umgekehrt entscheidet das Vorhandensein von Schwebungen ohne weiteres f\u00fcr das des K. T. Bei Intervallen jenseits der Oktave scheint sich nun ein D2, hier = h \u2014 2 t, zun\u00e4chst \u00f6fters durch Schwebungen der Hilfsgabel zu verraten, ja man h\u00f6rt auch direkt einen D. T. von dieser H\u00f6he, Z: B. bei 3:7 den Ton 1, \u2014 solange man nicht den Oberton 2 t vollst\u00e4ndig ausschliefst. Sorgt man f\u00fcr vollst\u00e4ndige Interferenz auf 21 (wiederum mit Hilfe von Schwebungen), und kann h \u20142t auch nicht etwa als D. T. von Obert\u00f6nen untereinander zustande kommen, so verschwindet er, und die Hilfsgabel gibt bei leisestem Erklingen keine Schwebungen mehr. Immer wieder fand ich dies best\u00e4tigt. Auch bei der Hauptversuchsreihe, wodurch h \u2014 t und h -j- t festgestellt wurden, habe ich des \u00f6fteren die besonders g\u00fcnstigen Umst\u00e4nde zum Suchen nach Z)2 ben\u00fctzt, mit demselben Ergebnis.\nMan kann, w7ie innerhalb der Oktave, auch hier seine Aufmerksamkeit speziell darauf richten, ob bei stetiger Intervallver\u00e4nderung irgend einmal aus der tiefen Tongrenze ein D. T, herauf steigt. Wir erw\u00e4hnten schon, dafs dieses so charakteristische Ph\u00e4nomen bei der erh\u00f6hten Oktave ausbleibt, w\u00e4hrend die Schwebungen so merklich sind. Man d\u00fcrfte aber auch weiterhin, wenn h die ganze zweite Oktave 2 t bis 4 t durchl\u00e4uft, keine solche Neubildung beobachten; ausgenommen immer, wenn Obert\u00f6ne mitspielen. Ich habe wenigstens nichts derartiges bei meinen Versuchen beobachtet.\nBez\u00fcglich der D, usw. wandte ich auch mehrfach die Methode an, Dreikl\u00e4nge aus P. T. herzustellen, durch welche diese T\u00f6ne doppelt und dreifach h\u00e4tten erzeugt werden m\u00fcssen, teils durch Intervalle unter der Oktave, teils durch erweiterte. So 5:7 : 12, wo nach Kr\u00fcegers Voraussetzungen der Ton 1 nicht weniger als sechsmal herauskommen m\u00fcfste, n\u00e4mlich als Ds von 5:7, als","page":131},{"file":"p0132.txt","language":"de","ocr_de":"132\nC. Stumpf.\n[LV. 132]\nD4 von 5:7, 5:12 und 7 : 12, als D5 von 5 : 12 und 7 : 12. Trotzdem war keine Spur von Schwebungen mit der Gabel 1 zu bekommen. Bei 5:9:14 m\u00fcfsten die beiden T\u00f6ne 2 und 3 j e dreimal herauskommen, bei 7:10:17 der Ton 1 viermal, der Ton 2 zweimal. Wiederum blieb aber die Gabel vollkommen schwebungsfrei.\nNirgends, wo ich auch suchte, habe ich bei Intervallen \u00fcber der Oktave einen D. T. unterhalb der P. T. entdecken k\u00f6nnen, der nicht seinen Ursprung in Obert\u00f6nen gehabt h\u00e4tte.\nMan kann auch wieder die Schwebungen der K. T. untereinander als Kriterium mit benutzen. So m\u00fcfsten bei einer Verstimmung von 2:5 Schwebungen zwischen 4t \u2014 h und h\u2014 \u00a3, sowie zwischen 3 t \u2014 h und h \u2014 21 eintreten. Bei den D. T., die \u00fcber den P. T. liegen oder mit Erweiterung des Intervalls rasch \u00fcber sie steigen m\u00fcssen (und dies sind hier die meisten), kann man auch ihre Kreuzung mit dem S. T. benutzen.\nEine negative These, wie die obige, ganz unbedingt und allgemein aufzustellen, also D. T. aller m\u00f6glichen Formen aufser h\u2014 t und h-\\-t von 1 : 2 an zu leugnen, will ich gleichwohl, solange nicht deduktive Gr\u00fcnde f\u00fcr ihre Unm\u00f6glichkeit vorliegen, nicht gerade unternehmen. Vielleicht ist irgend ein 3h\u2014-At oder dgl. noch irgendwo aufzutreiben, analog jenen schwachen D. T. diesseits der kleinen Terz. Aber f\u00fcr wahrscheinlich kann ich es nicht halten, und jedenfalls scheint mir die Nichtexistenz aller KauEGEEschen D. T. aufser JD1 hier ganz sicher, Auch die Angabe M. Meyebs (.Zeitschr. f. Psychol. 6, S. 222f.), dafs er bei 3 : 8 aufser 5 noch 2 und 1, ferner bei 4 : 9 zwar nicht 5, aber 1 geh\u00f6rt habe, l\u00e4fst sich darauf zur\u00fcckf\u00fchren, dafs die Obert\u00f6ne nicht ausgeschlossen waren. Im letzten Fall erh\u00e4lt man ja schon durch 9 \u2014 2-4 den Ton 1, im ersten Fall entstehen die T\u00f6ne 2 und 1 durch 8 \u2014 2-3 und 3-3 \u2014 8. Auf demselben Umstande d\u00fcrften auch K\u00f6nigs zahlreiche Angaben \u00fcber derartige T\u00f6ne beruhen.1 Wahrscheinlich auch die von Meyer und mir selbst \u00fcber D. T. bei sehr hohen Pfeifchen, wo bei Intervallen jenseits der Oktave noch h \u2014 2t, h \u2014 3t, 31 \u2014 h, 41 \u2014 h als geh\u00f6rt an-\n1 Poggendorffs Ann. d. Phys. 157, S. 192 f., 213 f. Dafs elektrische Gabeln, wie er sie benutzte, zahlreiche Obert\u00f6ne enthalten, habe ich in den Ann. d. Phys., N. F., 57, S. 675f. nachgewiesen.","page":132},{"file":"p0133.txt","language":"de","ocr_de":"[LY. 133]\nBeobachtungen \u00fcber Kombinationst\u00f6ne.\n133\ngegeben sind.1 In den h\u00f6chsten Regionen des Tonreiches k\u00f6nnten zwar die Dinge anders liegen als in den mittleren, wie wir dies in gewissen Beziehungen bereits gesehen haben (II, 3). Aber der Umstand, dafs die Multipla in den angegebenen Formeln s\u00e4mtlich Multipla von t sind, deutet entschieden darauf hin, dafs auch hier die Obert\u00f6ne beteiligt waren, t war bei diesen Versuchen teils = 4000, teils =4800, und der 4. Teilton dieser P. T. liegt noch innerhalb des Bereichs der h\u00f6rbaren T\u00f6ne. Ob er freilich in diesen hohen Pfeifchen noch vorhanden ist, wird sich schwer entscheiden lassen, wie auch die Interferenzprobe hier versagt.\nV. Zusammenfassung der beobachteten K. T. und Bemerkungen zur Theorie.\n1. \u00dcberblickt man die Formeln, die allen von uns festgestellten direkten K. T. der P. T. zugeh\u00f6ren und denen sie genau entsprechen, so sind es, nach Koeffizienten geordnet, die folgend eh :\n1.\th \u2014 #,\n2.\t21 \u2014 U 2h \u2014 f,\n3.\t3t\u2014 2\u00e4-, Sh \u2014 21,\n4.\t(wahrscheinlich) 41 \u2014 3 \u00c4, 4 h \u2014 31.\nErhebliche St\u00e4rke besitzen nur die beiden : h \u201411 und zwar dieser nur bei Intervallen innhalb der Oktave, und 21 \u2014 h, der seiner Definition nach ohnedies nur bis zur Oktave vorhanden ist. Von diesen beiden sind alle \u00fcbrigen ihrer St\u00e4rke nach durch eine grofse Kluft getrennt.\nDie meisten K. T. finden sich bei den kleinen Intervallen unterhalb der kleinen Terz (mittlere Tonlage vorausgesetzt). Von dieser an sind keine D. T. unter den P. T. aufser I)1 und D2 mehr zu finden, nach der grofsen Sexte f\u00e4llt auch der obere D. T. 2 h\u2014 t hinweg, nach der Oktave sind nur noch h \u2014 t und h-f-f, beide sehr schwach, wahrnehmbar, jenseits 1:8 nur noch jenseits 1 : 12 \u00fcberhaupt keiner mehr.\n1 S. die oben S. 43 zitierten Arbeiten. Die Tabelle S. 107 der zweiten Abhandlung ist nur ein Schema der m\u00f6glicherweise hier in Betracht kommenden D. T. Von diesen sind aber tats\u00e4chlich die obigen geh\u00f6rt worden. Jedoch wies ich bereits damals ausdr\u00fccklich daraufhin, dafs es \u201eauf die Beschaffenheit der Klangquelle, ihren Bestand an Teilt\u00f6nen, ankomme\".","page":133},{"file":"p0134.txt","language":"de","ocr_de":"134\nC. Stumpf.\n[LV. 134]\nMan kann diese Formeln, zusammen mit den Ausdr\u00fccken f\u00fcr die P. T. selbst, auch in folgende zwei Reihen ordnen :\n1.\t... 2 h \u2014 3 t, 2 t Jl, ll \u2014 t, tj h, h-\\-t, 2h + t . . .\n2.\t.. At \u2014 3h, 3t \u2014 2/?, 2t \u2014 h, t, h, 2h \u2014t, 3h- 2t, ih \u2014 3t... Mit kleinen Buchstaben sind die n\u00e4chsten Glieder angegeben, die sich nach dem Gesetz der ersten Reihe rechts und links ergeben w\u00fcrden. In dieser Reihe entsteht jedes Glied rechnerisch durch Addition der beiden links vorausgehenden, oder es ist gleich der Differenz seines linken von seinem rechten Nachbarglied. In der zweiten Reihe entsteht jedes Glied durch Addition des links vorausgehenden zur Differenz der beiden links vorausgehenden, oder es ist gleich dem arithmetischen Mittel des linken und des rechten Nachbargliedes. Diese arithmetische Abh\u00e4ngigkeit darf nicht mit einer realen verwechselt oder auf eine solche gedeutet werden. Aber vielleicht h\u00e4ngt die analoge Stellung des h \u2014 t und des 2 t \u2014 h, auch das Vorkommen des letzteren in beiden Reihen, irgendwie mit der besonderen St\u00e4rke dieser T\u00f6ne zusammen. Auch begreift sich nach dieser Darstellung, warum der Ton h \u2014 2 t, der bei Intervallen \u00fcber eine Oktave arithmetisch sonst nahel\u00e4ge und Keuegees D2 entspr\u00e4che, tats\u00e4chlich dort nicht beobachtet wird : er kann in beiden Reihen ihren Gesetzen nach nicht Vorkommen. Aber diese Anordnung der Werte beansprucht nichts weiter, als eine Zusammenfassung der Beobachtungen zu sein. Ob die mathematisch-physikalische Theorie der K. T. etwas damit anfangen k\u00f6nnte, soll v\u00f6llig dahingestellt bleiben.\nDie angegebenen K. T. sind s\u00e4mtlich unabh\u00e4ngig von Ober-t\u00f6nen der P. T., d. h. sie k\u00f6nnen als subjektive K. T. auftreten in F\u00e4llen, wo die in ihren Formeln mathematisch enthaltenen Teilt\u00f6ne objektiv nicht vorhanden sind (wie dies auch Kritegee f\u00fcr die von ihm angegebenen K. T. behauptet).\nBei Kl\u00e4ngen mit hinreichend kr\u00e4ftigen Obert\u00f6nen kommen nun zu diesen K. T. noch die D1 und D.2 und die fe.T, der Obert\u00f6ne untereinander und mit den Grnndt\u00f6nen hinzu. Aber diese von Obert\u00f6nen stammenden D. T. sind nat\u00fcrlich entsprechend schw\u00e4cher. Theoretisch kann auf diesem Wege in der Tat die vollst\u00e4ndige Reihe der den ganzen Zahlen entsprechenden T\u00f6ne bis zu einer gewissen Grenze herauskommen. Z. B. erh\u00e4lt man bei 5 : 8, wenn auch nur 4 Teilt\u00f6ne in Betracht gezogen werden, alle T\u00f6ne bis zum Ton 24 l\u00fcckenlos. W\u00e4ren diese T\u00f6ne nicht zum gr\u00f6fsten Teil \u00fcberaus schwach, so w\u00fcrden bei diesem, vom","page":134},{"file":"p0135.txt","language":"de","ocr_de":"[LV. 135]\nBeobachtungen \u00fcber Kombinationst\u00f6ne.\n135\n\u00e4sthetischen Standpunkte besonders harmlosen und sanften, Intervall die \u00e4rgsten Kollisionen herauskommen. Tats\u00e4chlich h\u00f6rt man auch bei hinreichender Aufmerksamkeit ein vielfaches Schwirren \u00fcber den P. T., w\u00e4hrend unter ihnen alles ruhig bleibt. Aber dafs dieses leise Schwirren einen erheblichen, wesentlichen Einflufs auf unser Intervallgef\u00fchl h\u00e4tte, m\u00f6chte ich bezweifeln. Und soweit es ihn h\u00e4tte, w\u00fcrde er sich der HELMHOLTZschen, nicht aber der KauEGERschen Konsonanzlehre unterordnen ; welch letztere mit unseren Befunden \u00fcberhaupt ganz unvereinbar ist.\nWenn wir die gefundenen K. T. graphisch \u00fcbersichtlich zu-sammenstellen, so ergibt sich folgende Zeichnung.\n(Tonh\u00f6hen)","page":135},{"file":"p0136.txt","language":"de","ocr_de":"136\nC. Stumpf.\n[LV. 136]\nDie Abszissenachse bedeutet die Ver\u00e4nderung des Verh\u00e4ltnisses h : t von 1:1 bis 3:1. Die Ordinatenaehse gibt die Schwingungszahlen von 0 bis 41 Der P. T. h erhebt sich stetig \u00fcber t, und zwar ist sein Verlauf als gerade Linie gezeichnet, indem f\u00fcr die Erhebung \u00fcber die Abszissenachse die Schwingungszahlendifferenz als Mafs genommen ist. Die Zeichnung veranschaulicht, dafs I)l ~h \u2014 t, von der unteren Tongrenze aufsteigend, bei der Oktave der P. T. mit t zusammenf\u00e4llt, dagegen D2 = 2t \u2014 h von t herabsteigend bei der Oktave Null wird, dafs sie sich bei der Quinte kreuzen, dafs der S. T. h -f- t bei der Oktave die Duodezime 1 : 3 erreicht usf.\nDie den einzelnen K. T. entsprechenden Linien sind soweit gef\u00fchrt, als sie sich haben feststellen lassen, die Linien f\u00fcr 41 \u2014 3h und 4h \u2014 31 nicht ausgezogen, weil sie als unabh\u00e4ngige D. T. nicht so sicher wie die \u00fcbrigen in Anspruch zu nehmen sind. Der zwischen den beiden Haupt-D. T. und den \u00fcbrigen K. T. bestehende gewaltige St\u00e4rkeunterschied ist durch die verschiedene Dicke der Linien ausgedr\u00fcckt. Von den feineren St\u00e4rkeunterschieden, die im Verlaufe der einzelnen K. T. eintreten (II, 11 usf.), ist in der Zeichnung abgesehen.\nF\u00fcr unsere Empfindung bedeutet bekanntlich eine doppelte Schwingungszahlendifferenz nicht einen doppelten Abstand der T\u00f6ne, sondern einen geringeren. Um den Verlauf der T\u00f6ne f\u00fcr unsere Empfindung graphisch richtig darzustellen, m\u00fcfsten daher die Geraden in Kurven verwandelt werden. Speziell h \u2014 t und h -f- t w\u00fcrden dann nicht parallel zueinander verlaufen, sondern sich von beiden Seiten her der A-Linie n\u00e4hern; ungef\u00e4hr in Form logarithmischer Kurven. Dieser Tatbestand liefs sich aber ohne Willk\u00fcrlichkeiten in der Zeichnung nicht wdedergeben, da f\u00fcr den genaueren Verlauf der Empfindungskurven bei ver\u00e4nderlichem Tonverh\u00e4ltnis noch die zureichenden Daten fehlen. Es schien daher zweckm\u00e4fsiger, die objektiven Unterschiede der Schwingungszahlen f\u00fcr die Ordinatenkonstruktion zugrunde zu legen. Aber die wirklichen Empfindungsverh\u00e4ltnisse mufs man dabei nicht aus der Erinnerung verlieren, um sich den Sachverhalt, wie er dem Beobachter erscheint, zu vergegenw\u00e4rtigen.\n2. Wenngleich mit der Inventarisierung der beobachtbaren K. T. des menschlichen Ohres unsere ph\u00e4nomenologische Aufgabe erledigt ist, sei es doch gestattet, einige Bemerkungen anzuf\u00fcgen, die sich bei der Vergleichung der Beobachtungen mit der immer","page":136},{"file":"p0137.txt","language":"de","ocr_de":"[LV. 137]\nBeobachtungen \u00fcber Kombinationst\u00f6ne.\n137\nnoch lebenskr\u00e4ftigsten unter den vorliegenden Theorien, der HELMHOLTzschen, aufdr\u00e4ngen.\nDafs Helmholtz die \u00e4ltere Lehre von der Entstehung der K. T. aus Schwebungen, bzw. aus den gleichen Bedingungen wie diese, mit Recht verwarf, ergibt sich, abgesehen von aller Diskussion \u00fcber seine theoretischen Prinzipien:\na)\taus der nunmehr wohl aufser Zweifel gestellten Existenz des Summationstones,\nb)\taber auch schon aus der Existenz aller D. T. aufser h \u2014 da doch nur dieser aus Schwebungen herzuleiten w\u00e4re und die \u00fcbrigen nachweislich nicht aus ihm entstehen k\u00f6nnen,\nc)\taus der Existenz des h \u2014 t bei h:tfp> 2:1, w\u00e4hrend die Schwebungen (bzw. die relativ h\u00f6chsten Schwingungsmaxima) von 2:1 an mathematisch nicht die Frequenz h -\u2014t sondern die Frequenz t annehmen \\\nd)\taus der Tatsache, dafs bei der Quintenverstimmung und bei der Verstimmung der Oktave nach oben Schwebungen eintreten und an Frequenz mit steigender Verstimmung zu-nehmen, ohne dafs ein neuer D. T. daraus entsteht (S. 64 und 112).\n\u00dcbrigens ist ja auch PlnLMHOLTzens Voraussetzung, dafs das Ohr nur diejenigen T\u00f6ne empfinde, die einfachen pendelf\u00f6rmigen Bewegungen der Luft entsprechen, in neuerer Zeit wieder immer mehr experimentell best\u00e4tigt worden. Besonders haben die Beobachtungen von K. L. Schaefer und Abraham gezeigt, dafs die sog. Unterbrechungst\u00f6ne durchweg auf objektiv entstehende pendelf\u00f6rmige Erregungen zur\u00fcckgef\u00fchrt werden m\u00fcssen.1 2\n1\tS. m. Abhandlung \u201e\u00dcber zusammengesetzte Wellenformen\u201c, diese Zeitschr., 89, S. 257 f.\n2\tStudien \u00fcber Unterbrechungst\u00f6ne. Pfl\u00fcgers Arch. f. d. ges. Physiologie 83, S. 207; 85, S. 536; 88, S. 475. Annalen d. Physik, 4. Folge, 13 (1904), S. 996. Hierzu F. A. Schulze, Die \u00dcbereinstimmung der als Unterbrechungs-t\u00f6ne bezeichneten Klangerscheinungen mit der FlELMHOLTZschen Resonanztheorie, Ann. d. Physik, 4. F., 26 (1908), S. 217 f.\nR. K\u00f6nigs Annahme von \u201eStofst\u00f6nen\u201c, die Krueger einer ausf\u00fchrlichen Kritik unterzieht, habe ich immer f\u00fcr einen Fehlgriff gehalten (s. Ton-psych. II, 464) und nur darum nicht eingehender besprochen, weil ich die Apparate und Versuchseinrichtungen K\u00f6nigs nicht aus eigener Anschauung kannte, um die Ursachen seiner Ergebnisse zu beurteilen. Nachdem mich aber Studien \u00fcber die Ermittelung von Obert\u00f6nen lehrten, dafs elektrische Gabeln eine ganze Anzahl von Obert\u00f6nen zu besitzen pflegen (Annalen d.","page":137},{"file":"p0138.txt","language":"de","ocr_de":"138\nG. Stumpf.\n[LY. 138]\nAuch die Voraussetzung, dafs T\u00f6ne verschiedener H\u00f6he durch verschiedene, r\u00e4umlich auseinanderliegende Gebilde aufgenommen werden, best\u00e4tigt sich doch nur immer mehr, wenn auch der Vorgang dieser physiologischen Analyse kaum als akustische Resonanz im gew\u00f6hnlichen Sinne aufgefafst werden kann. Da nun die Schwebungen zweier T\u00f6ne innerhalb des ihnen gemeinschaftlichen Erregungsbezirkes stattlinden m\u00fcssen, w\u00e4hrend die K. T. wegen ihrer von den P. T. weit verschiedenen Tonh\u00f6he an entsprechend weit davon liegenden Stellen des perzipierenden Gebildes (sagen wir: der Basilarmembran) auftreten m\u00fcssen, so folgt auch hieraus, dafs die Entstehung von Schwebungen und die von K. T. zwei real getrennte Prozesse sind.\nVon Helmholtz\u2019 positiver Erkl\u00e4rung der K. T. ist aber nur der allgemeine Grundgedanke als v\u00f6llig erwiesen zu betrachten : dafs n\u00e4mlich f\u00fcr die Bildung solcher T\u00f6ne im Ohr irgendwie besonders g\u00fcnstige Bedingungen vorliegen m\u00fcssen. Dies folgt daraus, dafs objektive K. T. getrennter Klangquellen so schwach sind, dafs sie sich bis auf die neueste Zeit nicht nachweisen liefsen. Bei st\u00e4rkster Erregung zweier Gabeln h und t blieb die Resonanz-gabel li-\u2014t unger\u00fchrt; auch erfolgte keine Verst\u00e4rkung des K. T., wenn man einen entsprechenden Resonator vors Ohr setzte. Dabei kann die St\u00e4rke des geh\u00f6rten D. T. fast der der P. T. gleichkommen.\nHelmholtz\u2019 spezieller Annahme jedoch, dafs K. T. entstehen, wenn und weil bei starker Einwirkung auf ein schwingendes Teilchen das Quadrat der Elongation auf seine Bewegungen Ein-flufs gewinnt, was dann weiter eine asymmetrische Elastizit\u00e4t des schwingenden Mediums voraussetzt, stehen noch Bedenken gegen\u00fcber. Dafs man K. T. auch gelegentlich bei sehr schwachen P. T. h\u00f6rt, w\u00fcrde ich zwar nicht f\u00fcr durchschlagend halten, da solche\nPhys., N. F., 57, S. 676, 679), konnte ich nicht zweifeln, dafs auch K\u00f6nigs Gabeln solche enthielten und dafs seine Stofst\u00f6ne D. T. von Obert\u00f6nen waren, wie denn auch die Formeln ganz mit dieser Voraussetzung \u00fcbereinstimmen. Man begreift nur das eine schwer, wie einem so vorz\u00fcglichen Akustiker diese Sachlage entgehen konnte, und m\u00f6chte eine Nachpr\u00fcfung der individuellen von ihm gebrauchten Klangquellen dringend w\u00fcnschen.\nDer ablehnenden Stellung Kruegers stimme ich daher vollkommen bei; seiner Motivierung aber nur insoweit, als sie nicht von den h\u00f6heren D. T. (D3 usw.) Gebrauch macht, die mir nicht viel weniger illusorisch erscheinen wie die Stofst\u00f6ne.","page":138},{"file":"p0139.txt","language":"de","ocr_de":"Beobachtungen \u00fcber Kombinationst\u00f6ne.\n139\n[LV. 139]\nsubjektiv als \u201eschwach\u201c bezeichnete T\u00f6ne physikalisch stark genug sein k\u00f6nnen, um diese Betrachtung anzuwenden. Was man da schwach und stark nennen will, ist ja zun\u00e4chst willk\u00fcrlich. Dafs das Trommelfell f\u00fcr die Bildung der K. T. nicht unentbehrlich ist, wie aus der sch\u00f6nen Untersuchung Binghams meines Erachtens zwingend hervorgeht1, ber\u00fchrt gleichfalls nicht das Wesentliche. Es k\u00f6nnte statt des Trommelfells immer noch eine andere asymmetrische Membran oder es k\u00f6nnten asymmetrische kn\u00f6cherne Teile herangezogen werden.2\nDas Gewicht anderer Einwendungen vermag ich nicht hinreichend zu beurteilen. Aber nach der eigenen vorstehenden Untersuchung scheint mir folgendes bedenklich. Aus Helmholtz\u2019 Gleichungen ergibt sich, dafs nicht blofs h t und h -j- t, sondern auch, in demselben Glied der Reihe, 2h und 2t Vorkommen. Man m\u00fcfste also, wenn h und t zusammen angegeben werden, auch bei Ausschlufs der Obert\u00f6ne 2 h und 2 t durch Interferenz diese beiden T\u00f6ne als subjektive Folge der einfachen T\u00f6ne h und t vernehmen. D. h. die Interferenz m\u00fcfste wirkungslos bleiben. Dies ist aber nicht der Fall; man h\u00f6rt unter solchen Umst\u00e4nden tats\u00e4chlich 2h und 2t nicht mehr, sie geben auch keine Schwebungen mit entsprechenden Hilfsgabeln. Jedenfalls h\u00f6rt man, auch wenn die Ausschliefsung nicht absolut vollst\u00e4ndig gelingt, D-, und D., vollkommen gut noch in Entfernungen, wo von 2h und 2 t keine Spur zu h\u00f6ren ist.\nNach Helmholtz sind verschiedene Theorien \u00fcber die Entstehung der K. T. aufgestellt worden, meistens in A erbindung mit \u00fcberhaupt neuen H\u00f6rtheorien. Darauf soll hier nicht ein-\n1\tPreyer fand in Verbindung mit dem Ohrenarzt Irautmann, dafs Patienten ohne Trommelfell D. T. nicht h\u00f6rten (Ann. cl. Phys., N. F., 38, S. 1311). Der Ohrenarzt Dennert dagegen fand, dafs sie sie h\u00f6ren (Arch. f. Ohrenheilkunde 2t, S. 173). Positive F\u00e4lle wiegen hier nat\u00fcrlich schwerer. [Jnd neuerdings hat Bingham einen Fall ausf\u00fchrlich beschrieben (Psychological Revieio 14, 1907, S. 2291, bes. 2371), in dem eine Patientin, die beide Trommelfelle eingeb\u00fcfst hatte, bei Resonanzgabeln sowohl Dl als I)2 (den Helmholtz selbst sonderbarerweise nicht wahrgenommen, s. o. S. 44), regel-m\u00e4tsig beobachtet und ihrer H\u00f6he nach bestimmt hat. Der Verf. scheint fast geneigt, anzunehmen, dafs man ohne Trommelfell die D. T. besser h\u00f6re.\n2\tE. Waetzmann, Zur HELMHOLTZSchen Resonanztheorie. Breslauer Habil.-Schrift. 1907. S. 39. Weitere Abhandlungen des Verfassers zur Theorie der Kombinationst\u00f6ne: Ann. d. Physik, 4. Folge, 24, S. 68, 28, S. 1067, Beitr\u00e4ge z. Anatomie usw. von Passow u. K. L. Schaefer 1, 216. Hinsichtlich kn\u00f6cherner Medien s. die oben S. 1 erw\u00e4hnten Schriften L. Hermanns.","page":139},{"file":"p0140.txt","language":"de","ocr_de":"140\nC. Stumpf.\n[LV. 140]\ngegangen werden. Wichtiger f\u00fcr clen Fortschritt in dieser Sache d\u00fcrften jene Experimente der letzten Jahre sein, wodurch es gelang, die Existenz der K. T. aufserhalb des Ohres auch bei ganz getrennten Schallwellen nachzuweisen. Man mufste ja schon nach Helmholtz erwarten, dafs irgendwelche Bedingungen herzustellen sein m\u00fcfsten, unter denen solche T\u00f6ne auch physikalisch zum Vorschein k\u00e4men. N. Schmidt hat nun 1902, Baebett und Belas haben 1904\u201405 an empfindlichen Flammen K. T. r\u00e4umlich getrennter Klangquellen sichtbar und durch Resonatoren verst\u00e4rkbar dargestellt, Belas hat auch ihre Einwirkung auf die Abst\u00e4nde der Tropfen eines Wasserstrahles gezeigt.1 K. L. Schaeeer ist sodann im hiesigen Psychologischen Institut mittels eines Stentortelephons und -mikrophons der Nachweis gelungen, dafs Resonanzgabeln durch K. T. getrennter Klangquellen in kr\u00e4ftige Mitschwingungen versetzt und die K. T. auch durch Resonatoren deutlich verst\u00e4rkt geh\u00f6rt werden.2 Ferner hat Waetzmann den Beweis durch die Schwebungsmethode erbracht : indem er eine \u00fcber einen Resonator gespannte Glyzerinseifenlamelle unter die Einwirkung zweier Prim\u00e4rt\u00f6ne setzte und nun eine mit dem K. T. nahe gleich gestimmte Hilfsgabel hinzu-\n1\tDiese Daten entnehme ich den vorher erw\u00e4hnten Schriften von Waetzmann und F. Auerbachs Akustik.\n2\t\u00dcber die Erzeugung physikalischer K. T. mittels des Stentortelephons. Ann. d. Phys., 4. Folge, 17 (1905) S. 572f. Lummer hat 1886 auch schon das Mikrophon benutzt, indem er die \u00d6ffnung eines Resonators mit einer d\u00fcnnen Kautschukmembran verschlofs und den Resonator \u2018durch ein Mikrophon mit einem Telephon verband. Aber er wandte seine Methode nur auf K. T. von Kl\u00e4ngen aus gemeinsamem Windraum (Harmonium) an, deren Objektivit\u00e4t schon durch gew\u00f6hnliche Resonatoren erwiesen werden kann und nicht bezweifelt wurde.\nDurch Schaefers Verfahren wird auch der Summationston h-\\-t stark objektiv hervorgebracht. Man findet ferner, wie ich mich \u00fcberzeugte, aufser den von mir angegebenen K. T. noch andere, Avie den KRUEGERschen Do \u2014 h \u2014 2 t bei Intervallen jenseits 1:2, den Ton 3 t\u2014 k u. dgl. Aber es sind leider kr\u00e4ftige Obert\u00f6ne beteiligt. Als urspr\u00fcngliche Klangquellen wurden Resonanzgabeln benutzt, die schon nicht gen\u00fcgend obertonfrei sind, aus dem Telephon aber kommen vollends durch die Telephonplatten-schwdngungen obertonreiche Kl\u00e4nge heraus. Diese Obert\u00f6ne sind bis jetzt in der Versuchseinrichtung nicht zu beseitigen gewmsen. Daher kann man aus dem Befunde dieser Experimente die erw\u00e4hnten K. T. nicht als echte K. T. erschliefsen. Auch f\u00fcr die Existenz der S. T. unabh\u00e4ngig von Obert\u00f6nen w\u00fcrde der Beweis dadurch nicht geliefert sein.","page":140},{"file":"p0141.txt","language":"de","ocr_de":"[LV. 141]\nBeobachtungen \u00fcber Kombinationst\u00f6ne.\n141\nbrachte. Es wurden so sichtbare Schwebungen der Lamelle erzeugt. Also das n\u00e4mliche Mittel schwebender Hilfsgabeln, das auch f\u00fcr die subjektive Untersuchung als feinstes Reagens dient. Waetzmann hat auch im Flammenbogen einer singenden Bogenlampe objektive K. T. nachgewiesen.1 Die Objektivit\u00e4t von S. T. haben wir oben S. 93 und 130 selbst unter den gew\u00f6hnlichen bisherigen Beobachtungsumst\u00e4nden nachweisen k\u00f6nnen.\nDie prinzipielle Frage, wie \u00fcberhaupt K. T. getrennter Klangquellen zustande kommen, d\u00fcrfte voraussichtlich bei den zahlreichen feinen Untersuchungsmitteln, die der gegenw\u00e4rtigen Physik zu Gebote stehen, in nicht zu langer Zeit gel\u00f6st sein. Aber die grofse St\u00e4rke des Dr und des D2 bei Intervallen diesseits der Oktave kann nur Ursachen innerhalb des Kopfes haben. Den D.2 haben selbst R\u00fccker und Edser mit ihrer \u00fcberaus feinen Methode (MiciiELsoNschen Interferenzstreifen) bei der Doppelsirene, die zweifellos einen objektiven gibt, nicht als objektiv nachweisen k\u00f6nnen.2\nAufer den Prozessen im peripherischen Organ (und vielleicht der Mitwirkung des Sch\u00e4dels) sind aber wahrscheinlich zentrale Prozesse f\u00fcr die Erkl\u00e4rung der St\u00e4rkeunterschiede heranzuziehen. Diese aber nicht in Hinsicht der Verst\u00e4rkung, sondern der Schw\u00e4chung und Verdr\u00e4ngung von K. T. Wir fanden in dieser Beziehung, dafs in unmittelbarer N\u00e4he der Quinte I)2 durch D3 verdr\u00e4ngt wird, w\u00e4hrend er doch mit ihm schwebt (S. 80f.), ferner dafs in der N\u00e4he der Oktave, bei Verstimmungen nach oben oder unten, vom tieferen P. T. verdr\u00e4ngt wird, w\u00e4hrend wiederum die tiefen Oktavenschwebungen seine Anwesenheit in der Schnecke bezeugen. Und zwar mufs er da ziemlich stark sein, weil sonst die Schwebungen besser herausk\u00e4men, wenn auch t schwach genommen w\u00fcrde, w\u00e4hrend das Umgekehrte der Fall ist (S. 111). Es mufs also wohl geschlossen werden, dafs im Gehirn noch eine Wechselwirkung der bez\u00fcglichen Nerven Vorg\u00e4nge stattfindet, bei welcher \u00a3>1 gegen\u00fcber dem P. T. und I)2 gegen\u00fcber Dl den K\u00fcrzeren ziehen.\nEine andere Erscheinung, die zentralen Ursprungs sein durfte,\n1\tZur Frage nach der Objektivit\u00e4t der K. T. Ann. d. Physik, 4. Folge, 20, (1906), S. 837f. Zur IiELMiioLTzschen Resonanztheorie S. 42. \u00dcber K. T. an der singenden Bogenlampe. Physikal. Zeitschrift, 8. Jahrg., S. 346.\n2\tPhilosophical Magazine 39 (1895), S. 341 f. Der Dy war auch bei Intervallen jenseits der Oktave noch nachweisbar, wenn auch schw\u00e4cher.","page":141},{"file":"p0142.txt","language":"de","ocr_de":"142\nC. Stumpf.\n[LV. 142]\nist die aufserordentliche Schw\u00e4che des I)1 h \u2014 t bei allen Intervallen jenseits der Oktave, wo der D. T. zwischen die P. T. zu liegen kommt. Hier\u00fcber hat bereits Keuegee \u00e4hnliche Be-merkungen ausgesprochen (U, 244). T\u00f6ne, die, f\u00fcr sich allein geh\u00f6rt, ann\u00e4hernd gleiche Empfindungsst\u00e4rke zu besitzen scheinen, beeintr\u00e4chtigen sich in verschiedener Weise, wenn sie zugleich geh\u00f6rt werden : der tiefe scheint dem hohen mehr an St\u00e4rke abzuziehen als umgekehrt (Tonpsych. II, S. 228, 418 f.). Neuere eigene Beobachtungen scheinen mir nun zu lehren, dafs ein schwacher Ton durch zwTei st\u00e4rkere T\u00f6ne am wenigsten leidet, wenn sie beide \u00fcber ihm liegen, mehr, wenn sie beide unter ihm liegen, am meisten aber, wenn einer dar\u00fcber und der andere darunter liegt. Ich m\u00f6chte dies nicht mit Keuegee blofs auf ein mehr oder minder schwieriges Bemerken beziehen, sondern auf eine wirkliche Beeinflussung der Empfindungsst\u00e4rke. Waetzmann zieht das gegenseitige \u00dcberdecken der Mitschwingungszonen der Schneckenfasern zur Erkl\u00e4rung heran.1 Die P. T. w\u00fcrden danach dem zwischenliegenden D. T. Schneckenfasern entziehen, die sie in ihre eigenen Schwingungen hineinzwingen. Aber die Schw\u00e4chung tritt auch ein, wenn die \u00e4ufseren T\u00f6ne, zwischen denen der geschw\u00e4chte liegt, so weit in der Tonreihe auseinanderliegen, dals sicher keine \u00dcberdeckung ihrer Mitschwingungszonen stattfindet. Man kann nicht annehmen, dafs z. B. bei 4 : 11 die Schwingungszonen der P. T. in die des D. T. 7 \u00fcbergreifen. Die Ursachen dieses besonderen Verhaltens d\u00fcrften daher meines Erachtens in den letzten physischen Prozessen in der Hirnrinde liegen. Die physiologische Theorie wird in diesem Falle noch lang auf sich warten lassen. Aber genauere und umfassendere Beobachtungen \u00fcber die gegenseitige Beeinflussung der T\u00f6ne in Hinsicht ihrer St\u00e4rke w\u00e4ren schon jetzt sehr wohl m\u00f6glich,\n1 In der oben erw\u00e4hnten Habilitationsschrift S. 25, ebenso in sp\u00e4teren Abhandlungen.","page":142}],"identifier":"lit38515","issued":"1910","language":"de","pages":"1-142","startpages":"1","title":"Beobachtungen \u00fcber Kombinationst\u00f6ne","type":"Journal Article","volume":"5"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T15:47:38.844249+00:00"}