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{"created":"2022-01-31T15:25:22.398375+00:00","id":"lit38516","links":{},"metadata":{"alternative":"Beitr\u00e4ge zur Akustik und Musikwissenschaft","contributors":[{"name":"K\u00f6hler, Wolfgang","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Beitr\u00e4ge zur Akustik und Musikwissenschaft 6: 1-82","fulltext":[{"file":"p0001.txt","language":"de","ocr_de":"[LVIII. 59]\n1\n(Ans dem psychologischen Institut der Universit\u00e4t Berlin.)\nAkustische Untersuchungen.\nII.\nVon\nWolfgang K\u00f6hler.\nDer Leser dieser Arbeit wird gebeten, eine kleine physikalische Voruntersuchung mit in den Kauf zu nehmen. Die objektiven Vorg\u00e4nge, welche Sinnesempfindungen hervorrufen, haben damit noch kein besonderes Interesse f\u00fcr die heutige Physik, die bem\u00fcht ist, den Anthropomorphismus \u00fcberkommener Problemstellungen soweit wie m\u00f6glich zu beseitigen, und zumal, seitdem jeder \u00fcberzeugt ist, dafs die f\u00fcr jene Vorg\u00e4nge geltenden Gesetze Spezialf\u00e4lle aus viel umfassenderen Zusammenh\u00e4ngen sind, hat sich der Physiker mit Recht von ihnen ab- und ganz anderen Fragen zugewandt, die eine entscheidende Bedeutung f\u00fcr sein System haben. \u2014 Inzwischen ist das Bed\u00fcrfnis des Psychologen nach Kenntnis der physikalischen Bedingungen, die bei seinen Versuchen in Frage kommen, die bei seinen Schl\u00fcssen benutzt werden, nur immer mehr gestiegen. Er mufs sich aus dem angegebenen Grunde oft genug selbst helfen, und um so eher kann er f\u00fcr Augenblicke Physiker werden, je mehr er zugleich von der \u00dcberzeugung durchdrungen ist, dafs nichts seine Wissenschaft so sehr aufh\u00e4lt, als wenn Bewufstseinsvorg\u00e4nge wie physikalische Gegenst\u00e4nde oder Photographien von solchen behandelt werden.\nI. Die Formantentheorie.\nBeobachtungen, \u00fcber die ich im ersten Teil dieser Untersuchungen berichtet habe, sind von mehreren Lesern als Best\u00e4ti-\nStumpf, Beitr\u00e4ge VI.\t1","page":1},{"file":"p0002.txt","language":"de","ocr_de":"2\nWolfgang Kohler.\n[LVIII. 60]\ngung einer gel\u00e4ufigen Vokaltheorie aufgefafst worden. Aus derselben Theorie liefsen sich, wenn sie den Tatsachen entspr\u00e4che, leicht Gr\u00fcnde entwickeln, die einen im folgenden gezogenen Schlufs hinf\u00e4llig machen w\u00fcrden. Beides hat mich veranlafst, diese Lehre durch einfache Versuche zu pr\u00fcfen, und wie ich hoffe, ist deren Resultat entscheidend. \u2014\nEine detaillierte Geschichte der Vokaltheorien zu geben, kann hier um so weniger meine Aufgabe sein, als es schon in mehreren zusammenfassenden Darstellungen1 gen\u00fcgend geschehen ist. Beit den grundlegenden Arbeiten yon Helmholtz besteht der gr\u00f6fste Fortschritt, der auf diesem Gebiete gemacht wurde, in den vor zwei Jahrzehnten etwa gleichzeitig begonnenen Untersuchungen von Hermann und Pipping, die mit verschiedenen Apparaten zum ersten Male wirklich brauchbare Kurven von gesungenen Vokalen aufnehmen und beide Helmholtz\u2019 Ansicht best\u00e4tigt finden, dafs starke Teilt\u00f6ne in ganz bestimmten absoluten H\u00f6hengebieten die verschiedenen Vokale charakterisieren.\nEin Zweifel an dieser Tatsache scheint mir nicht mehr m\u00f6glich, nachdem auf den verschiedensten Wegen gewonnene Kurven, zuletzt die vom Trommelfell, immer wieder dasselbe Resultat ergeben haben. Es kommen als Beweismittel hinzu : Der ber\u00fchmte Phonographenversuch (Hermann, Pfl\u00fcgers Archiv 47, 1890) und die g\u00fcnstigen Erfolge, die Hermann mit seinen Vokal-synthesen hatte (ebendaselbst und Pfl\u00fcgers Archiv 91, 1902), endlich die Eigenschaft einfacher T\u00f6ne aus eben jenen Gebieten, wie die entsprechenden Vokale zu klingen (Akustische Untersuchungen I, diese Beitr\u00e4ge IV, S. 134), wovon noch in extenso zu reden ist. Einige Forscher sehen noch ein Bedenken in der speziellen H\u00f6henlage, die f\u00fcr einzelne der charakteristischen Vokalgebiete angegeben wird: Wenn die Grundtonnote \u00fcber dieses Gebiet hinaussteigt, so sagen sie mit Recht, m\u00fcfste es nach der Theorie des \u201eabsoluten Momentes\u201c unm\u00f6glich sein, den betreffenden Vokal noch hervorzubringen; diese Folgerung aber widerspreche den Tatsachen. \u201eBei Anwendung der lauten Stimme kann man jeden Vokal in beliebiger Tonh\u00f6he hervor-\n1 Vgl. z. B. Asher und Spiro, Ergebnisse der Physiologie. 1, 2. S. 466 ff. : Stimme und Sprache, bearbeitet von Gr\u00fctzner. \u2014 Nagels Handbuch der Physiologie des Menschen. IV, 2. S. 772 ff. \u2014 Gutzmann, Physiologie der Stimme und Sprache. S. 72 ff.","page":2},{"file":"p0003.txt","language":"de","ocr_de":"[LVIIL 61]\nAkustische Untersuchungen. II.\n3\nbringen. Man singe das tiefste u; man wird in derselben H\u00f6he auch i singen k\u00f6nnen; man singe das h\u00f6chste i, in derselben H\u00f6he kann man auch u singen.\u201c (Kr\u00f6nig, Poggend. Annalen 157. 1876.) \u2014 \u201eMan wird doch nicht im Ernst behaupten wollen, dafs man in der oberen H\u00e4lfte der ersten Oktave, z. B. auf g\\ kein u mehr singen k\u00f6nne ; nicht einmal f\u00fcr g2 tr\u00e4fe das zu, und das liegt oberhalb der beiden HERMANNsehen Formanten.\u201c (Nagel, Handb. d. Physiol. IV, 2, S. 789.) Denselben Einwand habe ich oft genug im Gespr\u00e4ch zu h\u00f6ren bekommen. Aber ich mufs doch im Ernst behaupten, dafs tats\u00e4chlich f\u00fcr jeden Vokal eine Grenze besteht, oberhalb deren er auf keine Weise mehr hervorgebracht werden kann, wie \u00c4hnliches bereits von Helmholtz und von Hermann (Pfl\u00fcgers Archiv 91.\t1902) angegeben wurde,\nauch manchen Theoretikern und Lehrern des Gesanges schon l\u00e4nger bekannt gewesen sein mag. Dafs diese Grenze nicht v\u00f6llig scharf ist, wird sich in einem sp\u00e4teren Teil dieser Arbeit als eine Selbstverst\u00e4ndlichkeit erweisen. Vorl\u00e4ufig einige Daten aus unwissentlichen Versuchen:\nFr\u00e4ulein Gollmer, der ich daf\u00fcr wiederum zu Dank verpflichtet bin, gab sich die gr\u00f6fste M\u00fche, die chromatische Skala von wechselnden Tonh\u00f6hen aus auf m\u00f6glichst reines u und o zu singen.1 Ich unterbrach sie, sobald eine Ver\u00e4nderung des Vokalcharakters merklich wurde. Da ich kein absolutes Tonbewufst-sein besitze, waren die Versuche auch von meiner Seite unwissentlich. Es fanden sich in mehreren F\u00e4llen als Grenzen:\nf\u00fcr u:\nex (etwas nach o) f1 (deutlich nach o)\nf1 '\t\u00bb\t\u201e\t\u00bb\nf1\t\u00bb\t\u00bb\tn\nDabei ist charakteristisch, dafs die S\u00e4ngerin selbst die Ver\u00e4nderung nicht recht wahrhaben will. Die Vorstellung, u oder o zu singen, verbunden mit den kinetischen Empfindungen f\u00fcr u und o, die ja wirklich bestehen bleiben k\u00f6nnen, weil die Mund-\n1 Fri. G. ist ausgebildete S\u00e4ngerin.\n1*\nf\u00fcr o:\nc2 (etwas nach a) d2\n\u2122\tn\tii\tii\nf2 (deutlich nach d) c2 (etwas nach a) d2\nw\tii\tn\tii\ncis2\t\u201e\t\u201e\t\u201e","page":3},{"file":"p0004.txt","language":"de","ocr_de":"4\nWolfgang K\u00f6hler.\n[LVIIL 62]\nh\u00f6hle ihre charakteristische Form beh\u00e4lt, tr\u00e4gt mit Leichtigkeit \u00fcber den akustischen Wahrnehmungsbestand den Sieg davon. Die T\u00e4uschung wird noch beg\u00fcnstigt dadurch, dafs mit dem Ansteigen der Grundtonnote die Tendenz immer st\u00e4rker wird, eine Art von kurzem Vorschlag auf etwas tiefere Noten vorauszuschicken, so dafs f\u00fcr einen kurzen Moment die \u00c4hnlichkeit mit dem intendierten \u201etiefen\u201c Vokal wirklich gr\u00f6fser sein kann. Die notwendigen Abweichungen kommen deshalb am deutlichsten etwas nach dem Toneinsatz zur Beobachtung, und wenn Nagel ein auf g2 gesungenes oder vielmehr beabsichtigtes u so pr\u00fcfen wollte, so w\u00fcrde er finden, dafs es wie schwedisches oa klingt, da man nicht einmal das o in der genannten H\u00f6he rein hervorbringen kann.\nBeobachtungen wie die angegebenen sind \u00fcbrigens von einem Ge\u00fcbten zur ungef\u00e4hren Bestimmung charakteristischer Tonh\u00f6hen verwendbar. Donders gab z. B, fl als charakteristisch f\u00fcr u an, Helmholtz bemerkt dagegen (\u00fcbereinstimmend mit unseren obigen Versuchen): \u201eWenn ich einen auf fl ansprechenden Resonator an das Ohr setze, und auf f oder B als Grundton singend mir denjenigen u-\u00e4hnlichen Vokal suche, der die st\u00e4rkste Resonanz gibt, so entspricht dies nicht einem dumpfen u, sondern einem o-\u00e4hnlichen w.\u201c\t(L. v. d. Tonempf., 4. Auf!., S. 179.) Unzweifelhaft,\naber damit ist nicht bewiesen, dafs die gesuchte Tonh\u00f6he das von Helmholtz angegebene f ist. Nach den angef\u00fchrten Versuchen mufs sie vielmehr etwa in der Mitte zwischen f und /\u20191 liegen. \u2014 Ein anderer Fall: Nicht nur u und o gehen beim \u00dcberschreiten der oben bestimmten H\u00f6hen allm\u00e4hlich verloren; wer den Versuch mit \u00fc und \u00f6 macht, findet, dafs sie bei ungef\u00e4hr denselben Noten sich nach i (eventuell \u00f6) und e (oder \u00e4) verschieben. Woraus zu schliefsen, dafs das \u00fc eine charakteristische Note mit u, das \u00f6 eine mit o gemein hat.\nDamit ist wenigstens ein Ausgangspunkt f\u00fcr die physikalische Vokaltheorie gesichert. Gleich danach aber geraten wir in ein Gebiet, wo die gr\u00f6fste Uneinigkeit herrscht. Es handelt sich um die n\u00e4here Interpretation des \u201eabsoluten Momentes\u201c.\nDa wir die Entscheidung \u00fcber den Kernpunkt der ganzen Frage in H\u00e4nden zu haben glauben, wird man uns das Eingehen auf alle einzelnen Streitpunkte der ber\u00fchmten Polemik Hermann - Pipping erlassen. Wir entwickeln auch die Position beider Forscher der K\u00fcrze wegen nicht historisch, sondern so, wie wohl die Hauptmotive h\u00fcben und dr\u00fcben zu den beiden Theorien gedr\u00e4ngt haben.\n\u201eMit einiger \u00dcbung\u201c, sagt Pipping, \u201ek\u00f6nnen viele Menschen aus den Vokalkl\u00e4ngen harmonische Teilt\u00f6ne heraush\u00f6ren; unharmonische Teilt\u00f6ne hat meines Wissens niemand herausgeh\u00f6rt.\u201c","page":4},{"file":"p0005.txt","language":"de","ocr_de":"[LVIIL 63]\nAkustische Untersuchungen. II.\n5\n(Zeitschr. f. Biologie 81, S. 530. 1894.) Die Fourieranalyse liefert ihm nun, wie sie freilich nicht anders kann, aus empirisch gewonnenen Vokalkurven eine Reihe von Intensit\u00e4ten ebenfalls f\u00fcr harmonische Teilt\u00f6ne, und zwar sind bei jedem Vokal die Intensit\u00e4ten von Obert\u00f6nen, die in ein bestimmtes Gebiet fallen, besonders grofs. Nach allem, was wir durch Ohm-Helmholtz \u00fcber die Gesetze der Schallwahrnehmung wissen, sieht er sich berechtigt, die Intensit\u00e4ten, die das mathematische Verfahren ergibt, auf die wirklich geh\u00f6rten harmonischen Teilt\u00f6ne zu beziehen, und findet auf diesem Wege als Grunds\u00e4tze der Vokallehre :\n\u201e1. Gesungene Vokalkl\u00e4nge enthalten lauter harmonische Teilt\u00f6ne.\n2.\tDie Intensit\u00e4ten der einzelnen Teilt\u00f6ne h\u00e4ngen in keinem nennenswerten Grade von ihren bez\u00fcglichen Ordnungszahlen ab.\n3.\tDie verschiedenen Vokale unterscheiden sich untereinander\ndurch Verst\u00e4rkungsgebiete von verschiedener Anzahl, Breite und Lage in der Tonskala.\u201c {Zeitschr. f. Biologie 27, S. 77.\t1890.)\nDas ist, wie man sieht, in allem wesentlichen mit der Helm-HOLTzschen Vokaltheorie identisch, nach der aus dem obertonreichen Klang des Kehlkopfes je nach der Form der resonierenden Mundh\u00f6hle verschiedene Teile verst\u00e4rkt werden, und jedem Vokal eine feste Form der Mundh\u00f6hle, folglich ein Verst\u00e4rkungsgebiet von bestimmter H\u00f6he entspricht.\nDie Schlufsweise, durch welche Pippinu dazu gef\u00fchrt wird, diese Theorie aufs neue energisch zu vertreten, setzt, wie wir sahen, gewisse \u2014 und zwar scheinbar durch Helmholtz ganz gesicherte \u2014 Gesetze der Tonwahrnehmung voraus. Hier ist der Punkt, an dem Hermann angreift. Eine Schallkurve, so sagt er, gibt einen physikalischen Vorgang wieder, ihre Deutung darf nicht beeinflufst werden durch Hypothesen (so nennt er, doch wohl nicht ganz mit Recht, den OHMschen Satz \u00fcber einfache T\u00f6ne), welche die Tonwahrnehmung betreffen. Wer will beweisen, dafs die Teilt\u00f6ne, welche das vorliegende Kurvenbild ergeben haben, wirklich in der harmonischen Folge\nNach L. Hermann.\tVokal A, auf c gesungen.","page":5},{"file":"p0006.txt","language":"de","ocr_de":"6\nWolfgang Kohler.\n[LVIII. 64]\nn, 2n, 3n usf. liegen? Ein unbefangenes Auge wird ganz anderes sehen: Die Kurve hat grofse \u00c4hnlichkeit mit einer Darstellung von Schwebungen; starke Schwingungen nehmen allm\u00e4hlich ab, setzen schliefslich beinahe oder ganz aus (die Kurve f\u00e4llt einen Augenblick fast mit der Abszissenachse zusammen), um nach Ablauf der Grundperiode wieder zu der urspr\u00fcnglichen Amplitude anzuwachsen. Das hat ganz den Anschein, als schwanke fortw\u00e4hrend die Intensit\u00e4t eines Tones zwischen einem Maximum und einem Minimum auf und ab. Bestimmen wir, wof\u00fcr es verschiedene Wege gibt, die H\u00f6he dieses Tones aus verschiedenen Kurven desselben Vokals, so ergibt sich, dafs er bei \u00c4nderung der gesungenen Grundtonnote in einem bestimmten Gebiet der Skala verharrt. Wir erinnern uns, wie wesentlich f\u00fcr einen Vokal die Form der Mundh\u00f6hle ist, und sehen, dafs nurmehr ein St\u00fcck an der neuen Vokaltheorie fehlt: Die Hauptperiode, die Note des Grundtones, ist durch die Zeit gegeben, innerhalb deren die Stimmb\u00e4nder sich einmal vollst\u00e4ndig \u00f6ffnen und schliefsen. Jedesmal w\u00e4chst mit der \u00d6ffnung zwischen ihnen und nimmt ab mit ihrer Schliefsung die St\u00e4rke des Exspirationsstromes, den sie in die Mundh\u00f6hle eintreten lassen. Nehmen wir nun an, dafs wie eine Pfeife durch den anblasenden Luftstrom auch die Mundh\u00f6hle durch den Exspirationsstrom angeblasen wird, so kommt in ihr offenbar ein Ton von verschiedener H\u00f6he zustande, je nach ihrer Form und damit ihrer Abstimmung; und zwar mufs die Intensit\u00e4t dieses Tones genau so schwanken, wie die St\u00e4rke des erzeugenden Luftstromes oszilliert. So ist unser schwebungsartiges Kurvenbild erkl\u00e4rt und auf das einfachste abgeleitet, woher die Schwingung von nahezu konstanter H\u00f6he r\u00fchrt, die z. B. allen a gemeinsam ist. Bei allen a ist eben die Abstimmung der \u201eMundpfeife\u201c etwa die gleiche. \u2014 Vielleicht, dafs auch die harmonischen Teilt\u00f6ne des Kehlkopfklanges dasselbe Kurvenbild ergeben m\u00fcfsten, wenn \u2014 wie Helmholtz und Pipping lehren \u2014 diejenigen durch Resonanz der Mundh\u00f6hle verst\u00e4rkt w\u00fcrden, welche der Note unseres oszillierenden Mundtones nahe l\u00e4gen; aber eine Theorie, die sich an die harmonischen Obert\u00f6ne h\u00e4lt, wird kaum \u00fcber die Schwierigkeit wegkommen, dafs in vielen F\u00e4llen keiner von ihnen in den charakteristischen Resonanzbereich der Mundh\u00f6hle f\u00e4llt, vorausgesetzt, dafs dieser auch nur einigermafsen festliegt, Ganz anders unsere Theorie des oszillierenden Mundtones oder","page":6},{"file":"p0007.txt","language":"de","ocr_de":"[LVIII. 65]\nAkustische Untersuchungen. II.\n7\n\u201eFormanten\u201c : \u201eUnter solchen Umst\u00e4nden kommt es durchaus nicht darauf an, ob die Periode des Mundtones1 einen genauen Bruchteil der ganzen Periode ausmacht oder nicht, mit anderen Worten, ob der Mundton zum Kehlton harmonisch ist\u201c {Pfl\u00fcgers Archiv 47, S. 381), wir haben also das gegen Pipping angef\u00fchrte Bedenken nicht zu f\u00fcrchten. Ebenso fallen eine Reihe anderer fort, die wir nun (vgl. Pfl\u00fcgers Archiv 61, S. 188 ff.) gegen die Resonanztheorie von Helmholtz-Pipping ins Feld f\u00fchren m\u00fcssen.\nDie zun\u00e4chst nur in grofsen Z\u00fcgen geschilderte Lehre Hermanns wird in der Mehrzahl der mir bekannt gewordenen Bearbeitungen des Gebietes mit mehr oder weniger Nachdruck gut geheifsen. \u201eIch mufs sagen,\u201c schreibt Gr\u00fctzner (a. a. 0. S. 495), ,,dafs mir diese ganze Auffassung ... so bestrickend einfach vorkommt, dafs ich sie schon um deswillen f\u00fcr richtig halten m\u00f6chte.\u201c Sp\u00e4ter wird dies g\u00fcnstige Urteil etwas eingeschr\u00e4nkt (S. 501, 502), aber so, dafs der Leser nun alles und nichts f\u00fcr richtig halten mufs. \u00c4hnlich stellt sich wohl Nagel (a. a. 0.), der Vorwurf jedoch, in seinen abschliefsenden Bemerkungen (S. 788 f.) die Problemlage zu verwirren, kann ihm ebensowenig erspart bleiben. Um so deutlicher sprechen sich Wundt (Physiologische Psychologie, 6. Aufl., Bd. II, S. 395), Samojloee {Pfl\u00fcgers Archiv 78.\t1899) und vor allem Scripture\naus, dessen Darstellung {Zeitschr. f. Biol., N. F., 80.\t1906) in\nden S\u00e4tzen gipfelt:\t. . die Obertontheorie kann hiermit als\nabgetan gelten\u201c und: ,,Die Luftstofstheorie der Vokale steht einfach als eine Tatsache da, mit welcher jede H\u00f6rtheorie rechnen mufs.\u201c \u2014 Wenn sich nun zeigt, dafs gewisse Stimmgabeln wie Vokale klingen, und zwar gerade solche, deren Note den betreffenden HERMANNsehen Formanten nahe kommt \u2014 ist dann nicht scheinbar die Theorie aufs gl\u00e4nzendste best\u00e4tigt? Schwingungen von etwa diesen Frequenzen f\u00fcllen ja, wie die Hermann-schen Kurven zeigen, die Grundperiode der gesungenen Vokale aus, und so ist es durch unsere Beobachtung selbstverst\u00e4ndlich geworden, dafs das Ganze eben als Vokal von uns geh\u00f6rt wird. In der Tat haben alle Leser meiner Arbeit, mit denen ich \u00fcber diesen Punkt sprechen konnte, in der erw\u00e4hnten Feststellung zun\u00e4chst eine Art Verifikation der HERMANNsehen Theorie erblickt. Bei n\u00e4herer Pr\u00fcfung wird sich sp\u00e4ter zeigen, dafs sie das nicht ist.\n1 So ist a. a. 0. offenbar statt \u201eStimmtones\u201c zu lesen.","page":7},{"file":"p0008.txt","language":"de","ocr_de":"8\nWolfgang K\u00f6hler.\n[LVIIL 66]\nInzwischen haben wir Seiten der Formantenlehre zn betrachten, die ihr die Klarheit nnd Einfachheit wieder nehmen, welche nach der obigen Schilderung zun\u00e4chst f\u00fcr sie charakteristisch schien. Zwar den Einwurf, die Formantenschwingung m\u00fcsse sich, wenn unharmonisch, allm\u00e4hlich gegen die Stimmperioden verschieben, und davon sei in den Kurven nichts zu bemerken, kann Hermann leicht dahin beantworten, es handle sich um ein \u201eanaperiodisches\u201c Auftreten des Formanten, d. h. nach jeder Pause, die durch Kehlkopfverschlufs hervorgerufen wird, setze er nicht mit dem Phasenverh\u00e4ltnis zu den harmonischen Teilt\u00f6nen ein, das sich ergeben w\u00fcrde, wenn die Pause nicht eintr\u00e4te, sondern ganz von neuem mit demjenigen, das an der homologen Stelle der vorhergehenden Grundperiode bestand. Wesentlicher ist folgendes: Wir haben oben die Theorie so dargestellt, als sei der Formant ein Ton bestimmter H\u00f6he wie andere auch, nur von oszillierender Intensit\u00e4t, und sein Vorhandensein als Ton mache schon den Vokal zu dem, was er ist. Nach vielen \u00c4ufserungen des Autors ist das jedoch keineswegs der Fall, sondern auch das Intermittieren des Formanten und die Art, wie es geschieht, kommt in Betracht. Noch in einer neueren Ver\u00f6ffentlichung finden wir das betont, und zwar in einem Zusammenh\u00e4nge, der deutlich das Motiv f\u00fcr diese Komplikation der Theorie durchblicken l\u00e4fst: \u201eEine Sopranstimme kann bis g2, also bis an den Formanten selbst, heranreichen, und wenn auch in der h\u00f6chsten Stimmlage die Vokale nicht mehr sehr deutlich unterscheidbar sind, so kann doch noch eine Art a produziert werden. Hier f\u00fcllt also eine einzige Formant-schwingung die Periode ziemlich vollst\u00e4ndig aus, das Ohr nimmt aber doch wahr, dafs der Formant nicht periodisch fortl\u00e4uft, sondern in einer etwas l\u00e4ngeren Periode jedesmal von neuem mit selbst\u00e4ndiger Phase (anaperiodisch) auf tritt.\u201c (Pfl\u00fcgers Archiv 91, S. 155. 1902). Kein Zweifel, die hergebrachte Anschauung, dafs an einfachen T\u00f6nen nur St\u00e4rke und H\u00f6he zu unterscheiden ist, hat bei Hekmann den Gedanken nicht auf-kommen lassen, einfache T\u00f6ne k\u00f6nnten wie Vokale klingen: Daher der Nachdruck, der auf die angenommene Anaperio-dizit\u00e4t1 gelegt wird. Nachdem aber in dieser Weise Annahmen\n1 F\u00fcr die HELMHOi/rz-PiPPiNGsche Interpretation der Kurven besteht\nsie nat\u00fcrlich gar nicht.","page":8},{"file":"p0009.txt","language":"de","ocr_de":"[LVIII. 67]\nAkustische Untersuchungen. II.\n9\n\u00fcber unbekannte und schwer pr\u00fcfbare Vorg\u00e4nge in die Theorie eingedrungen waren, sah sich Heemann leider veranlafst, die doch immer wieder best\u00e4tigten klaren Grunds\u00e4tze der Lehre von den Tonempfindungen gegen wahre R\u00e4tsel einzuwechseln. \u201eMeine eigene Auffassung von der Natur der Vokale,\u201c so f\u00fchrt er aus,1 \u201eerblickt in den Vokalen eine ganz spezifische Art von Schall, deren Natur erst zu ergr\u00fcnden ist und nie ergr\u00fcndet werden wird, wenn man mit aller Gewalt ihr die gel\u00e4ufigen Begriffe der Instrumentalmusik oder gar die anscheinenden Erfordernisse einer H\u00f6rhypothese aufzwingen will. Ist es nicht bemerkenswert, dafs wir die n\u00e4chsten Analoga der Vokale nicht in der Musik, sondern in der Welt der Ger\u00e4usche finden, dafs zahlreiche Ger\u00e4usche, wie Knattern, Schmettern, Donnern, Klirren ihre Benennung von Ankl\u00e4ngen an Vokale erhalten haben, und zwar in allen Sprachen? Welches musikalische Instrument klingt dagegen ot-artig?2 Und doch sollte man dies wenigstens f\u00fcr gewisse Notenlagen bei irgendeinem erwarten, wenn es blofs auf Amplitudenverh\u00e4ltnisse der Partialt\u00f6ne ank\u00e4me.\u201c Die Bemerkung \u00fcber den Zusammenhang zwischen Vokalen und Ger\u00e4uschen kann ich nur unterschreiben, wir werden sie weiterhin noch in ganz anderer Richtung zu verwenden haben, aber auf die \u201eAmplitudenverh\u00e4ltnisse der Partialt\u00f6ne\u201c f\u00fchrt auch die Gegenpartei (Pipping) den Volkalcharakter nicht zur\u00fcck. Und dafs der Anfang der eben zitierten Stelle wirklich einen Sprung ins Dunkle vorschl\u00e4gt, beweist eine sp\u00e4tere Ausf\u00fchrung, wo es3 heifst: \u201eDie wahre Charakteristik des Vokals liegt eben in der anaperiodischen Erneuerung einer Formantschwingung; hierdurch entsteht ein spezifischer Geh\u00f6rseindruck ... Ob der Ton des Formanten dabei wirklich zur Wahrnehmung kommt, erscheint fraglich; die Zergliederung des Gesamteindrucks in tonartige Elemente ist kein Postulat, von dessen Erf\u00fcllung die Zul\u00e4ssigkeit der vorgetragenen Vorstellung irgendwie abh\u00e4ngen k\u00f6nnte.\u201c Kurz vorher wdrd noch betont, es sei\n1\tPfl\u00fcgers Archiv \u00d6l, S. 192.\n2\tDiese Frage setzt mich in Erstaunen. In gewissen H\u00f6hen nat\u00fcrlich die Trompete. Wird ihr Klang doch im Deutschen bisweilen durch ein \u201eTrara\u201c wiedergegeben, und eine ebenso deutliche Klangmalerei findet sich auch im Lateinischen:\n\u201eAt tuba terribili sonitu taratantara dixit.\u201c (Ennius).\n3\ta. a. O., S. 202.","page":9},{"file":"p0010.txt","language":"de","ocr_de":"10\nWolfgang K\u00f6hler.\n[LVIIL 68]\n\u201eau\u00dferordentlich schwer, wenn nicht unm\u00f6glich, die Vokalformanten unmittelbar oder mit Resonatoren herauszuh\u00f6ren.\u201c Schlimm genug f\u00fcr die Formanten! so sollte man denken \u2014 Hermann macht ein Argument gegen die Helmhoi/rZsche iheorie daraus. Das Merkw\u00fcrdigste dabei ist, dafs der Formant unter gewissen Umst\u00e4nden doch zur Wahrnehmung kommt, n\u00e4mlich wenn er allein auftritt,1 wie Hermann selbst berichtet: \u201eBeim \u00dcberlaufen mit dem Spiegelreproducer h\u00f6rt man meist nur den Formanten des a, d. h. ein sch\u00f6nes und wohlklingendes fis2 3 4 bis gis-.2 Dies ist wohl die sch\u00f6nste und \u00fcberraschendste Art, den Formanten eines Vokals unmittelbar zu demonstrieren.\u201c (.Pfl\u00fcgers Archiv 83.\t1900).\nIn der Tat \u00fcberraschend. Wenn man liest, dafs die Formanten, wenn sie allein erklingen, zu h\u00f6ren sind, dafs es aber vielleicht unm\u00f6glich ist, sie aus dem Gesamtvokal herauszuh\u00f6ren, dafs sie trotzdem die bei weitem st\u00e4rkste Komponente dann sind \u2014 denn darauf st\u00fctzt sich ja ihre Bestimmung mittels der Fourieranlyse \u2014, dafs sie endlich an ganz bestimmten Stellen der Skala liegen und bestimmte Schwingungszahlen haben, aber statt gew\u00f6hnliche T\u00f6ne zu sein, einen spezifischen Geh\u00f6iseindruck erregen, von dem es fraglich erscheint, ob sie selbst dann zur Wahrnehmung kommen - \u2014 wenn man das alles liest, dr\u00e4ngt sich einem die \u00dcberzeugung auf: es gibt gar keine Formanten.\nGr\u00fctzner 3 und Sauberschwarz 4 haben zuerst und, soviel ich weifs, bisher allein versucht, \u00fcber die Natur der Vokale dadurch ins klare zu kommen, dafs sie sie mit dem Interferenzapparat partiell zerst\u00f6rten. Wir kommen auf Gr\u00fctzners Re-\n1\tIch will nur nebenbei bemerken, dafs er dazu v\u00f6llig aufserstande sein sollte. Nach Hermann selbst m\u00fclste sein Intermittieren stets den Grundton als \u00fcnterbrechungston erzeugen. Das tut er nach dem obigen Zitat nicht. Angenommen aber, er intermittierte nicht, so kann er nicht anaperiodisch sein; ist er nicht anaperiodisch, so mufs in allen F\u00e4llen, wo er wenigstens unharmonisch ist, die Form der Vokalkurven von Periode zu Periode sich \u00e4ndern. Auch das ist nicht der Fall. Also -\n2\tEs ist leider nicht angegeben, in welchem Frequenz Verh\u00e4ltnis jedesmal der bei solchen Versuchen geh\u00f6rte Formant zum Grundton steht, den man ja m\u00fcfste feststellen k\u00f6nnen. Vielleicht bekommen wir auch auf diesem Wege eine Entscheidung.\n3\tVerhandl. d. Ges. Deutscher Naturforscher und \u00c4rzte. Halle 1892. S. 147.\n4\tPfl\u00fcgers Archiv 61. 1895.","page":10},{"file":"p0011.txt","language":"de","ocr_de":"[LVIIL 69]\nAkustische Untersuchungen. II.\n11\nsnltat in anderem Zusammenhang zur\u00fcck, haben dagegen auf die Arbeit von Sauberschwarz sogleich kurz einzugehen. Er hat auf die Noten c, e, g, c1, e1, g\\ c2, e2, g2 die f\u00fcnf Hauptvokale und die drei sog. Umlaute in das eine Ende einer Schalleitung singen lassen, in welche sechs Interferenzr\u00f6hren eingef\u00fcgt waren. Der Beobachter, der am anderen Ende safs, hatte anzugeben, was er h\u00f6rte. Es wurden ausgel\u00f6scht : in einer Reihe von Versuchen der Grundton (mit ihm nat\u00fcrlich auch alle \u00fcbrigen ungeradzahligen Teilschwingungen), in einer zweiten Grundton und Oktave (also 1. 3. 5. 7. . . . und 2. 6. 10. . . . Teilton); es wurde ferner eingestellt in einer dritten Reihe auf die Mitten der von Hermann angegebenen Bewegungszonen seiner Formanten, in einer vierten endlich auf die Schwingungszahlen der PiPPiNGschen Resonanzmaxima. Obwohl das letztgenannte Verfahren physikalisch keineswegs einwandfrei ist,1 hat es (weil die Interferenz wie die Resonanz immer eine solche f\u00fcr Zonen, nie f\u00fcr einzelne Schwingungszahlen ist) doch zu Resultaten gef\u00fchrt: in einer grofsen Anzahl von F\u00e4llen ist der Vokalcharakter zerst\u00f6rt. Leider aber ist dasselbe der Fall gewesen bei Ausl\u00f6schung der HEEMANNschen Formanten, und ebenso, wenn der Grundton mit den \u00fcbrigen ungeradzahligen Teilt\u00f6nen vernichtet wurde. So scheint es begreiflich, wenn der Autor zu keiner Entscheidung f\u00fcr oder gegen Pipping oder Hermann kommt, aber es ist bedauerlich, dafs er ein f\u00fcr Hermanns wie Pippings Theorie selbstverst\u00e4ndliches Ergebnis seiner Versuche gegen die Bedeutung des absoluten Momentes \u00fcberhaupt verwendet (S. 29 oben), und das allerwichtigste Resultat zwar ausdr\u00fccklich erw\u00e4hnt, aber gar nichts daraus schliefst: unzweifelhaft die gr\u00f6lsten Ver\u00e4nderungen an den Vokalen hat die Ausl\u00f6schung von Grundton und Oktave samt ihren ungeradzahligen Vielfachen hervorgerufen, und zwar kommen diese Ver\u00e4nderungen immer mehr der Vernichtung gleich, je h\u00f6her die Grundtonnote liegt. Es wurde dann im allgemeinen nur noch ein \u201ehohes Pfeifen\u201c geh\u00f6rt, und zwar, wie zu erwarten, auf der Note des vierten Teiltones. \u201eAus diesen Untersuchungen,\u201c meint der Autor, \u201egeht hervor, dafs wir imstande\n1 Dem Resonanzmaximum braucht ja gar kein wirklich vorhandener\nTon zu entsprechen. Auf diejenigen harmonischen Teilt\u00f6ne wT\u00e4re eiuzu-stellen gewesen, die m\u00f6glicherweise in den Resonanzbereich fallen.","page":11},{"file":"p0012.txt","language":"de","ocr_de":"12\nWolfgang Kohler.\n[LVIIL 70]\nsind, durch Ausl\u00f6schung einer Reihe harmonischer Teilt\u00f6ne aus einem Vokalklang diesen allm\u00e4hlich zu vernichten.\u201c Freilich \u2014 und daraus folgt? -\u2014\nAls ich meine ersten Vorversuche mit Interferenzr\u00f6hren machte (mir standen 10 zur Verf\u00fcgung) und fast aufs Geratewohl hier und da einen Teilton1 ausl\u00f6schte, wurde ich zuerst auf die Tatsache aufmerksam, dafs die eintretenden Ver\u00e4nderungen im allgemeinen den Vokal nicht in einen ganz fremden Klang verwandelten, sondern in einen anderen Vokal, eventuell aus fremden Sprachen. Auch in Saubeh schwarz\u2019 Protokollen finden sich einzelne solcher F\u00e4lle, und man kann sie sehr vermehren, wenn man nicht wie Sauberschwarz die Ausl\u00f6schung der Teilt\u00f6ne nur von den tiefsten her vornimmt, sondern auch in h\u00f6heren Lagen. Es ist nicht schwer, ein a in ein o oder \u00f6 zu verwandeln, aus einem o, i oder a ein u, aus dem u wieder ein a oder \u00f6 zu machen u. dgl. m., wofern nur gewisse Bedingungen \u00fcber die Grundtonh\u00f6he innegehalten werden, die sich aus dem S. 3f. Ausgef\u00fchrten von selbst ergeben. Das zeigt zun\u00e4chst, und nach Sauberschwaez\u2019 Versuchen war nichts anderes zu erwarten, dafs die charakteristischen Teilt\u00f6ne der in die Leitung hineingesungenen Vokale sich \u00fcberhaupt durch Interferenz vernichten lassen. Da v\u00f6llige Interferenz darin besteht, dafs um eine halbe Periode verschobene Schwingungszust\u00e4nde gleicher Amplitude sich aufheben, so steht man \u2014 wir sehen von der Anaperiodizit\u00e4t dabei ganz ab \u2014 schon vor einer Schwierigkeit: die Formantenamplitude soll ja fortw\u00e4hrend schwanken. Und helfen wir uns eben noch \u00fcber diesen Punkt hinweg, indem wir annehmen, in zwei unmittelbar aufeinanderfolgenden Halbschwingungen des Formanten seien die homologen Exkursionen der Gleichheit noch so nahe, dafs durch ihr Zusammentreffen eine sehr starke Reduktion der resultierenden Intensit\u00e4t erkl\u00e4rt werden k\u00f6nne, so sind wir um so weniger imstande, aus den Voraussetzungen der HEEMANNschen Theorie das Auftreten anderer Vokale an Stelle der zerst\u00f6rten zu erkl\u00e4ren. Einige Vokale haben freilich nach Hermann zwei Formanten, und der eine von ihnen liegt in diesen F\u00e4llen in demselben Gebiet wie der Formant eines anderen Vokals. H\u00e4tten wir oben\n1 So soll im folgenden kurz gesagt werden statt \u201eTeilton mit ungeradzahligen Vielfachen\u201c.","page":12},{"file":"p0013.txt","language":"de","ocr_de":"[LVIIL 71]\nAkustische Untersuchungen. II.\n13\nBeispiele angef\u00fchrt, die solchen F\u00e4llen entsprechen, so w\u00fcrden sich die mitgeteilten Beobachtungen ohne weiteres aus dem \u00dcbrigbleiben des einen Formanten erkl\u00e4ren; \u2014 die y on uns ausgew\u00e4hlten Vokalumwandlungen aber lassen sich auf diesem Wege nicht ableiten, und so scheinen wir gezwungen, latente Formanten zu hypostasieren, die sich mit ihren charakteristischen Oszillationen erst ausbilden, wenn man gewisse andere beseitigt hat. Aber da erinnern wir uns wieder, dafs Formanten Eigent\u00f6ne der Mundh\u00f6hle sein sollen,1 die unm\u00f6glich durch andere ersetzt werden k\u00f6nnen, sobald in der Schalleitung, 10- 20 m entfernt, die urspr\u00fcnglichen vernichtet sind.\nWir f\u00fcrchten, den Leser durch Detail zu erm\u00fcden. \u2014 Eine Eigenschaft wird den Formanten immer wieder zugeschrieben, durch die sie auf den ersten Blick viel geeigneter schienen, die Vokale zu bilden, als gew\u00f6hnliche Obert\u00f6ne. Sie sind \u201efast stets unharmonisch\u201c. (Pfl\u00fcgers Archiv 91. 1902.) \u00dcber die sonstigen Bestimmungen, die ihnen zukommen sollen, \u00e4ufsert sich Hermann in seinen sp\u00e4teren Arbeiten unbestimmter, aber auch in der letzten Darstellung1 wird ausdr\u00fccklich darauf hingewiesen, dafs der Formant \u201evon der Stimmnote unabh\u00e4ngig ist, und nicht etwa einen harmonischen Oberton des Stimmklanges darstellt, vielmehr meist zu demselben unharmonisch ist.\u201c Dafs oftmals in das HELMHOLTz-PippiNGsche Resonanzgebiet kein harmonischer Oberton hineinfallen und so zur dominierenden Komponente verst\u00e4rkt werden k\u00f6nnte, war ja ein Argument gegen die Resonanz-theorie, und eben, dafs ein Formant als selbst\u00e4ndiger Mundton an durch den Grundton festgelegte Schwingungszahlen nicht gebunden w\u00e4re, ist eine wesentliche St\u00fctze der Hermann sehen Lehre. Wie aber, wenn wir nachweisen k\u00f6nnten, dafs Vokale von unharmonischen Teilt\u00f6nen schlechterdings frei sind? Dann m\u00fcfsten die Formanten in jedem Fall mit gew\u00f6hnlichen Obert\u00f6nen zusammenfallen, und die neue Theorie w\u00e4re ihres Hauptvorzuges beraubt. Da sie ferner in diesem Falle erst eine weitere Hypothese w\u00fcrde zu Hilfe nehmen m\u00fcssen, die uns dieses merkw\u00fcrdige Zusammentreffen erkl\u00e4rte, so w\u00fcrden wir schon aus wissenschaftlicher Sparsamkeit fortan versuchen, ohne Formanten auszukommen.\n1 So noch neuerdings. Hermann, Lehrbuch d. Physiologie, 14. Aufl., S. 209. 1910.","page":13},{"file":"p0014.txt","language":"de","ocr_de":"14\nWolfgang Kohler.\n[LVIII. 72]\nDer geforderte Nachweis ist mit den einfachsten Mitteln zu erbringen. L\u00f6scht man s\u00e4mtliche harmonische Teilt\u00f6ne von Vokalen durch Interferenz aus, dann kann zweierlei eintreten: entweder sind nur harmonische Teilt\u00f6ne vorhanden gewesen, dann bleibt \u00fcberhaupt nichts \u00fcbrig, oder es gibt Formanten, dann m\u00fcssen sie jetzt \u2014 nach Beseitigung jedes Hindernisses \u2014 deutlich zum Vorschein kommen, und wir haben es weit leichter, ihre Frequenz und ihre sonstigen Eigenschaften zu pr\u00fcfen, als wenn wir auf das m\u00fchsame Studium von Kurven angewiesen sind. Dabei d\u00fcrfen wir uns freilich nicht auf die Untersuchung der Vokale in einer festen H\u00f6henlage beschr\u00e4nken, sondern m\u00fcssen den Versuch von Note zu Note wiederholen; denn selbstverst\u00e4ndlich k\u00f6nnte einmal der Formant wie zuf\u00e4llig mit einem Oberton Zusammentreffen. Man hat weiter zu beachten, dafs nur bei den Vokalen w, o und a das angegebene Verfahren zum Ziele f\u00fchren kann. Zwar lassen sich auch e und i durch Interferenz zerst\u00f6ren, aber wegen der hohen Lage der f\u00fcr sie wesentlich in Betracht kommenden Komponenten werden die am Interferenzapparat einzustellenden Viertel-Wellenl\u00e4ngen zu kleine und f\u00fcr benachbarte Teilt\u00f6ne zu wenig verschiedene Strecken, als dafs man sicher sein d\u00fcrfte, man habe nur harmonische Partialschwingungen ausgel\u00f6scht. Wir haben uns also auf die drei Vokale beschr\u00e4nkt, deren wichtige Komponenten nach allgemeiner \u00dcbereinstimmung der Vertreter des absoluten Momentes den Beginn der dreigestrichenen Oktave nicht \u00fcberschreiten. Die Schallgeschwindigkeit in der R\u00f6hrenleitung wurde zu- Beginn der Versuche mehrmals empirisch bestimmt und der Mittelwert der gewonnenen Zahlen bei der Berechnung der Wellenl\u00e4ngen zugrunde gelegt. Darauf wurde der Vokal, dessen Tonh\u00f6he nach Stimmgabeln festgelegt war, zun\u00e4chst ohne Interferenzeinstellung in die Leitung gesungen, und kontrolliert, ob er auf dem engen Wege nicht so schon von seinem Charakter verlor; dann erst schalteten wir die zehn vorhandenen R\u00f6hren auf die einzelnen harmonischen Teilt\u00f6ne in der Verteilung ein, von der nach den Erfahrungen einiger Vorversuche die gr\u00f6fste Wirkung zu erwarten war, und pr\u00fcften, was von dem Klange \u00fcbrig blieb. So sind wir oft genug verfahren; ich habe die meisten Versuche selbst angestellt, bisweilen aber auch andere Beobachter meine Angaben kontrollieren lassen, obwohl die Resultate derart waren, dafs ein Irrtum nicht gut im Spiel sein","page":14},{"file":"p0015.txt","language":"de","ocr_de":"[LVIII. 73]\nAkustische Untersuchungen. II.\n15\nkonnte: die Vokale werden vollst\u00e4ndig vernichtet. Bei der beschr\u00e4nkten Anzahl von Interferenzr\u00f6hren war es bisweilen nicht m\u00f6glich, einen Rest nur ganz dicht an der Leitungsm\u00fcndung eben h\u00f6rbarer h\u00f6chster Partialschwingungen zu beseitigen, die wie ein feines Knistern klangen. Sie lagen jedoch in allen F\u00e4llen oberhalb von c4, kamen also f\u00fcr die drei untersuchten Vokale gar nicht als Formanten in Betracht, und waren isoliert nur bei so angestrengtem Lauschen vernehmbar, dafs sie unzweifelhaft im Gesamtklange ohne jede Wirkung sind. In weitaus den meisten F\u00e4llen aber trat absolute Stille ein, und oft genug habe ich mich erst durch Verschiebung der Interferenzr\u00f6hren davon \u00fcberzeugen m\u00fcssen, dafs der Gehilfe am anderen Ende der Leitung noch mit lauter Stimme sang. Noch neuerdings wurde wieder das u von f bis g1 (wo es freilich schon nach o hinklingt), das a von c1 bis d2 durchgepr\u00fcft, und nie blieb auch nur eine Spur von den Kl\u00e4ngen \u00fcbrig.\nSchon diese Versuche w\u00e4ren beweisend, wenn nicht durch Einstellung von zwei oder drei Interferenzr\u00f6hren auf eine Schwingungszahl auch die benachbarten T\u00f6ne eine empfindliche Einbufse erlitten. Wird c2 durch zweimalige Interferenz zum Verschwinden gebracht, so h\u00f6rt man auch hl und cis2 deutlich abgeschw\u00e4cht, und wenn auch eine merkw\u00fcrdige Anziehungskraft der harmonischen Obert\u00f6ne auf die Formanten die Voraussetzung w\u00e4re \u2014 vorderhand k\u00f6nnte man noch einwenden, diese l\u00e4gen eben den Obert\u00f6nen so nahe, dafs sie nebenbei auch ausgel\u00f6scht werden. Wir berufen uns nicht auf die St\u00e4rke der Formanten, die doch wenigstens in verminderter Intensit\u00e4t \u00fcbrig bleiben m\u00fcfsten; denn ein einfaches Verfahren schneidet den angedeuteten Ausweg f\u00fcr die Formantenlehre vollst\u00e4ndig ab.\nEs besteht kein Zweifel, dafs man in der eingestrichenen Oktave noch recht wohl den Vokal o singen kann; da die charakteristische Tonh\u00f6he dieses Vokals (nach Helmholtz hl) am oberen Ende der eingestrichenen Oktave liegt, so kommt es z. B. bei fl (und \u00e4hnlich bei den benachbarten Noten) vor, dafs der erste Oberton p und der Grundton, die allein in Betracht zu ziehen w\u00e4ren, recht weit von jener Tonh\u00f6he entfernt sind, eine Schwierigkeit, die gerade in diesem Falle durch einen unharmonischen, auf die charakteristische Note fallenden Mundton leicht beseitigt w\u00fcrde. Wir schalteten also Interferenz auf alle harmonischen Teilt\u00f6ne des o ein bis auf denjenigen, der jedes-","page":15},{"file":"p0016.txt","language":"de","ocr_de":"16\nWolfgang K\u00f6hler.\n[LVIII. 74J\nmal der charakteristischen Note am n\u00e4chsten kam, und bestimmten, ob der \u00fcbrigbleibende Ton zur harmonischen Reihe geh\u00f6rte, ob er etwa ein unharmonischer Formant war, den wir in den zuerst geschilderten Versuchen versehentlich mit vernichtet hatten, oder ob gar nicht nur ein harmonischer Oberton, sondern neben ihm noch der Formant zu finden war. Solche Versuche am o haben wir, von c1 bis d'2 in Halbtonschritten aufsteigend, sorgf\u00e4ltig angestellt, jedesmal mit dem Erfolg, dafs nur ein einfacher Ton ohne Nachbarn und in genau der Hohe der betreffenden harmonischen Komponente zu h\u00f6ren war. Kein Wunder, dafs die v\u00f6llige Vernichtung s\u00e4mtlicher harmonischer Teilt\u00f6ne, die wir auch bei dieser Gelegenheit wieder versuchten, den besten Erfolg ergab.\nDieselben Kontrollversuche beim u, \u00e4hnliche beim a anzustellen, habe ich unterlassen und meine, man wird es mir nicht ver\u00fcbeln. Wenn einmal die Mundh\u00f6hle durch den Exspirationsstrom des Kehlkopfes angeblasen wird, so m\u00fcssen nach Hermann selbst (und wir k\u00f6nnen ihm nur beistimmen) in der Regel unharmonische Komponenten dabei entstehen; gr\u00fcndet er auf die genannte Pr\u00e4misse eine Vokaltheorie, so f\u00e4llt sie, wenn auch nur f\u00fcr einen Vokal nachgewiesen wird, dafs die Pr\u00e4misse nicht den Tatsachen entspricht.\nIndessen sollen der Klarheit und Vollst\u00e4ndigkeit halber noch einige Punkte er\u00f6rtert werden, wo wieder die Formantentheorie zun\u00e4chst im Vorteil zu sein scheint, w\u00e4hrend die betreffenden Tatsachen sich v\u00f6llig einwandsfrei erkl\u00e4ren, auch wenn man nur harmonische Teilt\u00f6ne als vorhanden voraussetzt.\nWir haben oben begr\u00fcndet, weshalb das f\u00fcr u, o und a angewandte Verfahren seine Beweiskraft bei den Vokalen e und i verliert. Gerade bei ihnen aber entsteht f\u00fcr jede Theorie, die harmonische Teilt\u00f6ne als die einzigen physikalischen Komponenten der Vokalkl\u00e4nge ansieht, eine scheinbar un\u00fcberwindliche, von Hermann mehrfach hervorgehobene Schwierigkeit insofern, als z. B. eine Bafsstimme auf die Note G sehr wohl noch ein i hervorzubringen vermag, w\u00e4hrend doch in die H\u00f6he des f\u00fcr i charakteristischen Gebietes (zum mindesten /*4) erst etwa der 28. bis 29. Partialton eines auf G aufgebauten Klanges fallen. Selbst f\u00fcr die Note g w\u00fcrde erst der 14. Partialton in Betracht kommen, und wenn, wie Nagel versichert, \u201edas Vorhandensein von Obert\u00f6nen solcher Ordnungszahlen \u00fcberhaupt im Stimm-","page":16},{"file":"p0017.txt","language":"de","ocr_de":"[LVIII. 75J\nAkustische Untersuchungen. 11.\n17\nkl\u00e4nge nicht mehr nachweisbar ist\u201c, so scheint es zun\u00e4chst, als m\u00fcfsten wir doch noch auf die HERMANNSchen Mundt\u00f6ne rekurrieren, deren H\u00f6he ja von der Grundtonnote v\u00f6llig unabh\u00e4ngig ist. Indessen haben wir gegen dieses Bedenken zweierlei ins Feld zu f\u00fchren. Man hat sich daran gew\u00f6hnt, von Obert\u00f6nen so zu sprechen, als handle es sich bei einem \u201ezusammengesetzten\u201c Klange physikalisch um eine Vielheit sozusagen von Tonindividuen, die isoliert erzeugt und durch die Luft fortgepflanzt w\u00fcrden, und nimmt deshalb Anstofs an der hohen Zahl von rund 30 Partialt\u00f6nen, die in dem angef\u00fchrten Falle zur Erzeugung eines i erforderlich w\u00e4ren. In Wirklichkeit bedeutet die Behauptung, in einem Klange seien 30 Teilt\u00f6ne enthalten, physikalisch doch nur, dafs eine Luftschwingung vorhanden ist, deren \u00e4ufserst komplizierter zeitlicher Verlauf nur durch 30 Glieder einer FouRiERschen Reihe befriedigend dargestellt werden kann. Dafs Resonatoren, deren Schwingungszahl mit derjenigen von einem der 30 Glieder \u00fcbereinstimmt, durch einen solchen Klang zum Mitschwingen gebracht werden, ist eine physikalische Tatsache f\u00fcr sich, und ferner eine psychische, nat\u00fcrlich physiologisch begr\u00fcndete Erscheinung f\u00fcr sich, dafs wir unter g\u00fcnstigen Umst\u00e4nden eine Art von Fourier analyse mit dem geh\u00f6rten Klange vornehmen k\u00f6nnen, d. h. bei einer Zerlegung unserer Wahrnehmung bis auf letzte konkrete Elemente eben auf 30 Komponenten kommen, die jenen aus der Fourieranalyse mathematisch gewonnenen entsprechen. Nicht genug kann betont werden, dafs dieser mathematischen Zerlegung einer Luftschwingung in sinusf\u00f6rmige Partialschwingungen physikalisch nicht mehr Realit\u00e4t zukommt, als der bei manchen optischen \u00dcberlegungen unentbehrlichen Zerf\u00e4llung eines nat\u00fcrlichen Lichtstrahls in zwei gleiche, senkrecht zueinander polarisierte Komponenten.\nIn diesem Sinne bitten wir uns nun auch zu verstehen, wenn wir zu der Behauptung \u00fcbergehen, dafs es tats\u00e4chlich Schallquellen gibt, von denen noch kompliziertere Wellen ausgehen, Wellen, die nur durch eine FouRiERsche Reihe von mindestens 40 Gliedern dargestellt werden k\u00f6nnen, die also, wenn man es einmal so nennen will, 40 Teilt\u00f6ne enthalten. Ich lege hier grofsen Wert auf die \u00dcbereinstimmung mit Herrn Geheimrat Stumpe, der am Klavier schon fr\u00fcher bis 20 Teilt\u00f6ne hat feststellen k\u00f6nnen und es sehr wohl f\u00fcr m\u00f6glich h\u00e4lt, dafs in gewissen F\u00e4llen auch noch eine Oktave h\u00f6her (und damit\nStumpf, Beitr\u00e4ge VJ.\t2","page":17},{"file":"p0018.txt","language":"de","ocr_de":"18\nWolfgang K\u00f6hler.\n[LVIII. 76]\nkommen wir zum 40. Teilton) merkliche Komponenten zn finden sind. Eine einfache Beobachtung bringt das zur Gewifsheit. Das Berliner Institut besitzt eine durchschlagende Zungenpfeife mit dem Grundton 50 y. d. Wenn man sie anbl\u00e4st, so h\u00f6rt man eine wahre Flut von T\u00f6nen, die mehrere Oktaven hindurch in den zu erwartenden H\u00f6hen einzeln festgestellt werden k\u00f6nnen. Schliefslich indessen r\u00fccken sie zu nahe aneinander, als dafs man ihre Tonh\u00f6he noch mit dem Ohr direkt bestimmen k\u00f6nnte. Aber leicht \u00fcberzeugt man sich davon, dafs in dem Klange Tongruppen vorhanden sind, die einen ausgepr\u00e4gten i- Charakter haben. Nun wird sp\u00e4ter gezeigt werden, dafs es schlechterdings keine T\u00f6ne unterhalb der Schwingungszahl 2000 gibt, die wie i klingen, es m\u00fcssen also Teilt\u00f6ne von mindestens dieser H\u00f6he in dem Klange, den die Zunge erzeugt, enthalten sein. Der Zunge aber ist kein Hohlraum vorgelagert, in welchem \u2014 wie nach Hermann in der Mundh\u00f6hle \u2014 ein Formant zustande kommen k\u00f6nnte, so dafs wir gezwungen sind, auf die Existenz von harmonischen Obert\u00f6nen mit mindestens der Frequenz 2000, also auf die des 40. Teiltones zum Beispiel, zu schliefsen. \u2014 Der Kehlkopf hat freilich mit einem Zungenmechanismus viel weniger \u00c4hnlichkeit als mit einer sogenannten Gegenschlagpfeife. Aber auch eine Gegenschlagpfeife mufs ihrer Natur nach sehr komplizierte Schwingungsformen des austretenden Luftstromes hervorbringen, so dafs wir ohne irgend welche Bedenken annehmen k\u00f6nnen, dafs auch die tiefsten Kl\u00e4nge, die ein m\u00e4nnlicher Kehlkopf erzeugt, noch Obert\u00f6ne in der viergestrichenen Oktave enthalten, da in anderen F\u00e4llen das Vorhandensein der damit gegebenen Komponentenzahl erwiesen ist.\nWir fassen endlich die Tatsache ins Auge, von der die ganze Formantenlehre ausgegangen ist, und zwar um den Nachweis zu f\u00fchren, dafs sie sich als eine notwendige Konsequenz der Helm-HOLTz-PippiNGschen Lehre zur Hauptposition f\u00fcr ihre Bek\u00e4mpfung nicht wohl eignet. Es handelt sich um die schwebungsartige Form, welche die Vokalkurven h\u00e4ufig zeigen, und welche Hermann, wie bereits zu schildern war, zuerst auf die Annahme eines Mundtones von oszillierender Intensit\u00e4t brachte. Das Wort \u201eSchwebungen\u201c ist nicht ganz eindeutig. Wir meinen mit Schwebungen einmal den bekannten Empfindungsverlauf, der durch die Superposition zweier Schallwellen von nicht zu grofsem Frequenzunterschied und etwa gleicher Intensit\u00e4t physikalisch","page":18},{"file":"p0019.txt","language":"de","ocr_de":"[LVIII. 77]\nAkustische Untersuchungen. II.\n19\nbedingt wird, dann aber anch das An- und Abschwellen der resultierenden Amplitude, welches objektive Registrierungen dieses Reizvorganges zeigen. Es ist wiederum ein verbreiteter Irrtum1, dafs beide Tatsachen, die psychische wie die physikalische, aneinander gebunden w\u00e4ren: wenn die psychische durch \u00dcberschreitung physiologischer Grenzen, die wir nicht bestimmt angeben k\u00f6nnen, zum Verschwinden gebracht ist, bleibt die physikalische mit Notwendigkeit bestehen; konkreter ausgedr\u00fcckt: wenn zwei etwa gleich starke T\u00f6ne so weit voneinander abweichen, dafs das subjektive Schwebungsph\u00e4nomen sich verliert, beh\u00e4lt die registrierende Kurve ihren oszillierenden Charakter unver\u00e4ndert bei. Angenommen nun, die HELMHOLTzsche Vokaltheorie w\u00e4re richtig, so wird im allgemeinen das Resonanzmaximum der Mundh\u00f6hle nicht mit der Frequenz eines Obertones zusammenfallen, sondern zwischen zwei Komponenten liegen, also beide zugleich, wenn auch in geringerem Grade, durch Resonanz verst\u00e4rken. Die \u00fcbrigen Teilt\u00f6ne, auch der Grundton (wTie Heemann selbst gezeigt hat und meine Trommelfellkurven best\u00e4tigen), sind im allgemeinen von geringer Intensit\u00e4t 2, und wir werden wenigstens im groben ein Bild der zu erwartenden Kurve bekommen, wenn wir vorl\u00e4ufig nur die beiden verst\u00e4rkten Partialt\u00f6ne zur Superposition bringen. Nach dem Gesagten mufs das Resultat eine Kurve von Schwebungscharakter sein, wenn nur die Intensit\u00e4ten der beiden Komponenten\n1\tMan vergleiche z. B. einen von Wundt (Phys. Psych., 6. AufL, Bd. II, S. 395/96) gezogenen Schlufs.\n2\tDas d\u00fcrfen wir wohl f\u00fcr gesichert halten, nachdem, hier so gut \u00fcbereinstimmend wie hinsichtlich des \u201eabsoluten Momentes\u201c, alle \u00fcberhaupt ernstlich in Betracht kommenden Methoden der Klangaufzeichnung zu dem Resultat gef\u00fchrt haben, dafs der Grundton in Vokalen erst dann mit gr\u00f6fserer Intensit\u00e4t auftritt, wenn seine Note sich dem charakteristischen Gebiet n\u00e4hert. Wir haben es vorl\u00e4ufig nur mit der physikalischen Konstitution der Vokale zu tun und deshalb nicht die Schwierigkeit zu er\u00f6rtern, welche aus der angegebenen Tatsache f\u00fcr die gegenw\u00e4rtige Lehre von den Tonempfindungen erw\u00e4chst. Ebensowenig sind vorl\u00e4ufig Er\u00f6rterungen dar\u00fcber am Platze, welche Bedeutung den in manchen F\u00e4llen vorhandenen zweiten Verst\u00e4rkungsgebieten in Vokalen zukommt. In einer physikalischen Untersuchung darf nur ihr Vorhandensein konstatiert und zugleich darauf hingewiesen werden, dafs sie naturgem\u00e4fs den Schwebungscharakter der Kurven, von dem oben die Rede ist, zur\u00fccktreten lassen. Um so bedeutungsvoller k\u00f6nnte ihre Existenz wie die Schw\u00e4che der Grundt\u00f6ne f\u00fcr die psychologische Akustik werden.\n2*","page":19},{"file":"p0020.txt","language":"de","ocr_de":"20\nWolfgang Kohler.\n[LVIII. 78]\nnicht gar zn verschieden sind, und es ist leicht anzugeben, welche Frequenz die Kurvenschwebungen haben werden. Da n\u00e4mlich je zwei benachbarte Obert\u00f6ne als Vielfache des Grundtones um soviel Schwingungen in der Sekunde differieren, wie der Grundton eben in einer Sekunde macht, so ist klar, dafs auf jede Grundtonperiode eine ganze Schwebung der beiden Obert\u00f6ne entf\u00e4llt. Eben eine Schwebung kommt in allen Vokalkurven, die \u00fcberhaupt den angegebenen Charakter zeigen, auf eine ganze Grundtonschwingung, und damit haben wir das Kurvenbild, welches zur Formantentheorie Anlafs gegeben hat, aus der Helmholtz-schen Lehre auf die einfachste Weise abgeleitet. Es ist nur noch zu bemerken, dafs die Schwebungen der Vokalkurven deshalb nicht von so gleichm\u00e4fsigem Ansteigen und Abfallen sind, wie zwei Stimmgabeln sie geben, weil sich schw\u00e4chere Komponenten modifizierend \u00fcber die Oszillationen der beiden Hauptt\u00f6ne hinlagern.\nWenn wir nach alledem die HELMHOLTZsche Vokaltheorie f\u00fcr die richtige halten, so hoffen wir den Leser auf unserer Seite zu haben, bleibt doch eine andere Interpretation alles dessen, was wir von den Vokalen wissen, gar nicht \u00fcbrig. Wir wollen nur noch bemerken, dafs man bei der etwaigen Nachpr\u00fcfung der geschilderten Versuche, in denen Vokale v\u00f6llig zum Verschwinden gebracht wurden, die Interferenzen f\u00fcr ganz bestimmte Obert\u00f6ne immer besonders sorgf\u00e4ltig einzustellen hat, weil sonst bei deren grofser Intensit\u00e4t noch Spuren \u00fcbrig bleiben, und dafs diese Obert\u00f6ne (von wechselnder Ordnungszahl) jedesmal in dem charakteristischen Gebiet des betreffenden Vokals liegen. Entsprechend zeigt sich bei den angegebenen Kontrollversuchen, dafs die freigelegten harmonischen Teilt\u00f6ne, wie es die Helm-HOLTzsche Lehre verlangt, von grofser St\u00e4rke sind, da sie ja jedesmal dem Resonanzmaximum am n\u00e4chsten liegen und unter Umst\u00e4nden mit ihm zusammenfallen.\nII. Die Qualit\u00e4ten einfacher Tonempfindungen.1\nIn dem ersten Teil dieser Untersuchungen erwies es sich als notwendig, Merkmale von Tonmehrheiten zu postulieren, die\n1 Das zweite lind dritte Kapitel enthalten den ausf\u00fchrlicheren Bericht \u00fcber Versuche, deren Ergebnisse der Verf. z. T. schon auf dem 4. Kongrefs f\u00fcr experimentelle Psychologie in Innsbruck mitgeteilt hat.","page":20},{"file":"p0021.txt","language":"de","ocr_de":"[LVIII. 79]\nAkustische Untersuchungen. II.\n21\nkeinen ersichtlichen Zusammenhang mit den Eigenschaften ihrer absoluten Komponenten aufweisen. Den \u201eIntervallfarben\u201c, wie wir sie nannten, war damals vor allem eingehende Bearbeitung zugedacht, da ja die Realit\u00e4t von Inhalten am besten immer dadurch nachgewiesen wird, dafs man die Gesetze, unter denen sie stehen, bis ins einzelne aufzeigt. Die zun\u00e4chst nur als vorl\u00e4ufig gedachte Nachpr\u00fcfung einer Behauptung \u00fcber einfache T\u00f6ne, die sich in derselben Abhandlung findet, f\u00fchrte indessen bald zu so unerwarteten Ergebnissen, dafs ein sofortiges Weiterarbeiten in dieser Richtung selbstverst\u00e4ndlich wurde, und das um so mehr, als eine Untersuchung der Eigenschaften von Komplexen sich leicht auf falsche Wege verirrt, solange an den Elementen, aus denen sie sich auf bauen, Wesentliches ungekl\u00e4rt oder gar v\u00f6llig unbemerkt geblieben ist.1 Im folgenden wird also fast ausschliefslich von einfachen T\u00f6nen die Rede sein, und zwar einmal in der psychologischen Bedeutung einfachster Inhalte des ph\u00e4nomenalen Tonsystems, die sich im Bewufstsein sondern lassen, dann aber auch in der physikalischen elastischer Schwingungen von Sinusverlauf, wobei als gesichert vorausgesetzt wird, dafs bis auf bekannte Ausnahmef\u00e4lle, die hier keine Rolle spielen und sich vielleicht noch unter die allgemeine Regel werden einordnen lassen, die letzteren die Reize sind, welche zu jenen Anlafs geben. \u2014\nIn der fr\u00fcheren Arbeit wird (a. a. O. S. 285) erstens behauptet, dafs gewisse einfache T\u00f6ne wie Vokale klingen. Diese Beobachtung wird dahin gedeutet, dafs es sich bei den betreffenden T\u00f6nen um Spezialf\u00e4lle aus der kontinuierlichen Reihe der Tonfarben im Sinne Stumpes handle, und darauf (a. a. O. S. 286) zweitens als selbstverst\u00e4ndlich supponiert, \u201edie Reihe der Tonfarben . . . (besitze) an sich keine ausgezeichneten Punkte.\u201c\n1 Schon in dieser Arbeit m\u00f6chte ich jedoch darauf hinweisen, dafs die polemische Bemerkung (d. Beitr\u00e4ge IV, S. 175), es sei \u00fcber Komplexqualit\u00e4ten etwas unvorsichtig geschrieben worden, nicht auf F. Krueger abzielte. Ich habe nicht bedacht, dafs der an jener Stelle von mir gebrauchte Terminus von dem genannten Forscher herr\u00fchrt, und bedaure, auf diese Weise vielleicht zu einer Mifsdeutung jenes Satzes Anlafs gegeben zu haben. Um aber damit nicht die neue T\u00e4uschung zu verursachen, als w\u00e4re ich mit allem einverstanden, was Krueger \u00fcber Komplexqualit\u00e4ten schreibt, mufs ich betonen, dafs mir der Nachweis von Mehrheitsmerkmalen so sinnf\u00e4lliger Art, wie es die Intervallfarben sind, auf visuellem Gebiet z. B. noch nicht erbracht scheint.","page":21},{"file":"p0022.txt","language":"de","ocr_de":"22\nWolfgang K\u00f6hler.\n[LVIIL 80]\nJene Behauptung ist unvollst\u00e4ndig; diese ist nicht selbstverst\u00e4ndlich, sondern falsch, sofern \u00fcberhaupt die angegebene Eigenschaft einfacher T\u00f6ne mit Tonfarben zu tun hat. Die Erweiterung des ersten Satzes ist Aufgabe dieses Abschnittes, die Widerlegung des zweiten bringt das letzte Kapitel.\nDie Versuche, \u00fcber die ich zun\u00e4chst zu berichten habe, wurden zur Beantwortung folgender Fragen angestellt: Wenn schon die beobachtete Eigent\u00fcmlichkeit bestimmter einfacher T\u00f6ne zur Erkl\u00e4rung der Vokale benutzt werden soll, mufs man dann nicht bei jeder beliebigen Versuchsperson, besonders auch bei unmusikalischen, die F\u00e4higkeit voraussetzen, aus vielen einfachen T\u00f6nen diejenigen herauszufinden, welche Vokalen \u00e4hnlich klingen, da doch auch diejenigen, denen Musik ein zweckloser L\u00e4rm zu sein scheint, keine Schwierigkeiten im Erkennen und Hervorbringen von Vokalen finden? Und aus demselben Grunde: Stimmen denn die T\u00f6ne, welche etwa als besonders vokal\u00e4hnlich bezeichnet werden, der Tonh\u00f6he nach \u00fcberall ungef\u00e4hr mit solchen \u00fcberein, die entweder von Helmholtz oder Pipping oder Hekmann als charakteristisch f\u00fcr die verschiedenen Vokale angegeben worden sind? Ferner: Mit welcher Genauigkeit ist jede einzelne Versuchsperson imstande, die betreffenden T\u00f6ne festzustellen, und wie grofs sind die Abweichungen, die sich aus dem Dialekt und aus anderen individuellen Verschiedenheiten der Beobachter ergeben? Wie endlich verhalten sie sich gegen\u00fcber T\u00f6nen, welche nicht Vokalen entsprechen, gegen\u00fcber denen also, welche zwischen je zwei der ausgew\u00e4hlten liegen? \u2014 Diese Gesichtspunkte haben als gemeinsame Voraussetzung ein Bild der Tonreihe, in welchem die Tonh\u00f6hen und die Tonfarben einander als gerade Linien parallel laufen, solange nur die unverf\u00e4lschte Empfindung ber\u00fccksichtigt wird. Auf diesen Geraden aber sollten sich f\u00fcr verschiedene Sprach- und Dialektgenossenschaften aus Gr\u00fcnden, \u00fcber welche ich noch keine \u00dcberlegungen anstellte, verschiedene kurze Strecken dadurch auszeichnen, dafs in ihrer Mitte die Tonfarben den Vokalen der betreffenden Sprache maximal \u00e4hnlich sind, w\u00e4hrend den Grenzen zu die \u00c4hnlichkeit sich mehr und mehr verliert; zwischen den \u201eVokalgebieten\u201c dagegen mochten irgendwelche Tonfarben liegen, die vielleicht den Vokalen anderer V\u00f6lker entsprachen oder \u00fcberhaupt f\u00fcr keines ausgezeichnet waren.\nVorversuche, in denen ich aus dem reichen Stimmgabel-","page":22},{"file":"p0023.txt","language":"de","ocr_de":"[LVIIL 81]\nAkustische Untersuchungen. II.\nmaterial des Berliner Institutes beliebige ausw\u00e4hlte, sie vorsichtig anzuschlagen suchte, damit ihre hohen Obert\u00f6ne nicht irref\u00fchrend wirkten, und Versuchspersonen vor das Ohr hielt, zeigten sehr bald, dafs ein jeder Beobachter Stimmgabeln fand, die ihm mit Vokalen \u00c4hnlichkeit zu besitzen schienen. Ich mufs freilich bemerken, und bitte es bei Nachpr\u00fcfung meiner Versuche zu beachten, dafs nicht ein jeder vom ersten Male an sicher ist. Zwar ein i und ein u findet ein jeder rasch heraus und ist sogar mit ihrer Vokalnatur sehr wohl zufrieden, aber bestimmte Urteile \u00fcber die \u00fcbrigen Vokale bekommt man bei vielen erst, nachdem vielleicht 10 bis 20 oder gar noch mehr Gabeln dargeboten wurden, wobei die tieferen zun\u00e4chst auch als w, die h\u00f6heren als i bezeichnet werden. Dann ist es meistens, als ob pl\u00f6tzlich die Ohren der Beobachter ge\u00f6ffnet w\u00fcrden, als ob sie jetzt eigentlich erst herausgefunden h\u00e4tten, was an den T\u00f6nen beurteilt werden soll, und in kurzem wird, sobald dieses Stadium erreicht ist, das Urteil fest und v\u00f6llig unbeirrbar durch das ganz willk\u00fcrliche Herausgreifen der dargebotenen Tonh\u00f6hen. Andere wieder gibt es, die vom ersten Versuch an ohne viel \u00dcberlegung ihre Entscheidung mit Sicherheit f\u00e4llen und sogar von den unharmonischen Obert\u00f6nen, die den Stimmgabelklang trotz aller Vorsicht oft entstellen und jene andere Kategorie von Anf\u00e4ngern zu h\u00e4ufigen i-Urteilen veranlassen, als einer sekund\u00e4ren Beimischung alsbald absehen. Gewisse Schwankungen des Urteils gegen\u00fcber einer und derselben Stimmgabel und ein Abweichen desselben von der Gesetzm\u00e4fsigkeit, die wir bald kennen lernen werden, traten gerade bei den sonst zuverl\u00e4ssigsten Beobachtern in F\u00e4llen auf, die zun\u00e4chst unerkl\u00e4rlich scheinen, sich sp\u00e4ter aber als eine nat\u00fcrliche Konsequenz des allzu primitiven Verfahrens entpuppen werden.\nVon den Vorversuchen sind zun\u00e4chst diejenigen bemerkenswert, die mit einer sehr unmusikalichen Beobachterin, Frau Dr. W., angestellt wurden. Die Besch\u00e4ftigung mit T\u00f6nen war ihr \u00fcberhaupt unangenehm, die Aufmerksamkeit intensiv auf sie zu richten, strengte sie sichtlich an, und nur mit M\u00fche konnte sie davon abgebracht werden, ihrem vorwiegend visuellen Typus folgend, jeden geh\u00f6rten Ton in optische Vorstellungsschemata einzutragen, durch die sie, wie sich zeigte, nur verwirrt wurde. Denn wenn sie auch u und i bald am Grunde und an der Spitze eines keilf\u00f6rmigen Gebildes unterbringen konnte, so geriet sie","page":23},{"file":"p0024.txt","language":"de","ocr_de":"24\nWolfgang K\u00f6hler.\n[LVIIL 82]\ndoch in Verlegenheit, weil die \u00fcbrigen Vokale (und die Stimmgabeln, deren T\u00f6ne denselben \u00e4hneln) nicht in diesen Plan pafsten, und m\u00fchte sich, sie eindeutig auf Kurven unterzubringen, welche ihr hier und da aus der w-i-Reihe abzubiegen schienen. So wurde sie nur langsam ihres Urteils sicherer, behauptete aber doch schliefslich, bei den Stimmgabeln, die sie f\u00fcr gute Vokale erkl\u00e4rte, sei eine Verwechslung unm\u00f6glich. Zu dieser Zeit stimmten ihre Angaben auch schon sehr gut mit denen der anderen Versuchspersonen \u00fcberein.1 Nur kurz erw\u00e4hnt sei an dieser Stelle, dafs man durch ein einfaches Mittel, dessen Wirkungsweise mir noch nicht ganz klar ist, sehr oft schon zuversichtliche Urteile erh\u00e4lt, wenn in der angegebenen Weise angeschlagene Stimmgabeln noch schwankende Aussagen hervorrufen : Man f\u00fcgt zu der fraglichen Gabel, die laut t\u00f6nt, ganz leise ihre tiefere Oktave, und die Angabe des Vokals erfolgt sofort, c2 (leise) und c3 (laut) zusammen werden sofort als a erkannt, c3 und e4 ebenso als e. Wir werden sp\u00e4ter sehen, dafs das a- und e-m\u00e4fsige in diesen beiden Kombinationen keineswegs st\u00e4rker ausgepr\u00e4gt ist als in den einfachen T\u00f6nen c3 bzw. c4, klingt doch c2 gewifs nicht wie a, c3 nicht wie e. Soviel ich sehe, gibt es zwei Wege, auf denen man eine Erkl\u00e4rung finden k\u00f6nnte. Entweder erschwert das Ungewohnte relativ einfacher T\u00f6ne, wie sie Stimmgabeln, mit den Vokalen der Sprache verglichen, doch jedenfalls geben, das \u00c4hnlichkeitsurteil: Das Fehlen von Merkmalen der Sprachlaute \u00fcberhaupt, also von Ger\u00e4uschen und alledem, was zusammengesetzte Kl\u00e4nge von einfacheren unterscheidet, st\u00f6rt den Beobachter, und umgekehrt, eine Bereicherung des Klanges innerhalb gewisser Grenzen macht ihn den Stimmlauten \u00e4hnlicher. Oder aber: Die H\u00f6he des c3 und c4, die sich f\u00fcr den Geschulten dem a und e sehr n\u00e4hern, wirkt befremdend, da doch gesprochene oder gesungene Vokale von dieser Tonh\u00f6he nicht Vorkommen; sobald nun, wie es gerade bei Oktaven leicht geschieht, der h\u00f6here Ton seinen H\u00f6henwert verliert, und seine Vokalf\u00e4rbung sozusagen auf den tieferen \u00fcbergeht, n\u00e4hert sich der Charakter des ganzen wiederum mehr dem nat\u00fcrlicher Sprachkl\u00e4nge.\n1 Als l\u00e4ngere Versuchsreihen begonnen werden sollten, mufste die\nVersuchsperson, die diese Untersuchungen trotz aller Abneigung dagegen\nstandhaft aushielt, leider verreisen.","page":24},{"file":"p0025.txt","language":"de","ocr_de":"[LYIII. 83]\nAkustische Untersuchungen. II.\n25\nWir haben auf die Schwierigkeiten, die der Anf\u00e4nger bei solchen Versuchen zu finden pflegt, einigen Nachdruck gelegt, nicht nur, weil sie ja bei einer Nachpr\u00fcfung dieser Untersuchungen sofort auffallen und uns entgegengehalten werden w\u00fcrden. Das Ziel, das wir uns vorl\u00e4ufig steckten, ist rein sinnespsychologischer Natur, allein die Eigenschaften des ph\u00e4nomenalen Tonsystems sind festzustellen. Aber wir verkennen keineswegs, dafs viele, vielleicht die meisten Arten h\u00f6herer psychischer Vorg\u00e4nge schon in diese Frage wie in alle \u00e4hnlichen hineinspielen und als eine noch ungekl\u00e4rte Vielheit notwendig vorausgesetzter Prozesse an den Einzelresultaten teilhaben m\u00fcssen, wennschon wir nicht in der Lage sind, diesen Einflufs genau zu verfolgen. Schon das ist eine Trivialit\u00e4t, und wir wollen ihr nicht weitere an die Seite stellen, indem wir die Gr\u00fcnde anf\u00fchren, welche uns bei Beachtung gewisser methodischer Sicherheitsmafsregeln dennoch erlauben, Gesamtresultate derartiger Versuche wirklich auf die Inhalte zu beziehen, f\u00fcr deren Untersuchung sie gewonnen wurden. Und so durften und mufsten auch Selbstbeobachtungen \u00fcber die Art und Weise, wie die zahlreichen Urteile zustande kamen, im allgemeinen zur\u00fccktreten hinter der n\u00e4chstliegenden Aufgabe einer genauen Beobachtung der Empfindungsinhalte. Sind einmal die Eigenschaften dieser bekannt, so l\u00e4fst sich \u2014 und der Verfasser w\u00fcfste kaum einen g\u00fcnstigeren Fall zu nennen \u2014 die ganze Untersuchung mit anderen Versuchspersonen wiederholen, nunmehr aber, um den Prozefs der Abstraktion zu studieren. Immer wieder beobachtet man die merkw\u00fcrdige Tatsache, dafs Beobachter, die vor kurzem noch unsichere und einander widersprechende Urteile abgaben, nach vier oder f\u00fcnf Versuchsreihen den Kopf sch\u00fctteln, wenn sie jetzt andere Anf\u00e4nger in derselben Lage sehen; sie k\u00f6nnen gar nicht mehr begreifen, wie da \u00fcberhaupt Zweifel m\u00f6glich sind: Die Abstraktion des vokal\u00e4hnlichen Momentes in den T\u00f6nen ist ihnen eben gel\u00e4ufig geworden.\nZu dem ersten Resultat der Vorversuche haben wir nunmehr das zweite zu f\u00fcgen, welches zuerst \u00fcber die oben wiedergegebenen Anschauungen, von denen aus die Untersuchung unternommen wurde, hinausf\u00fchrte. Zwar fand ich nur eine Erwartung best\u00e4tigt, als die T\u00f6ne, welche den maximal vokal\u00e4hnlichen (im folgenden auch kurz Vokale genannt) unmittelbar benachbart sind, mit denselben Namen bezeichnet wurden wie diese, mit der Einschr\u00e4nkung, sie seien ein weniger gutes oder deutliches u, o, a usf. Aber gerade diejenigen Beobachter, die am schnellsten oder sofort zu sicheren Angaben \u00fcber die optimalen Vokale gekommen waren, gingen auch hier sogleich zu pr\u00e4ziseren Urteilen insofern \u00fcber, als sie die Art der Abweichung durch Ausdr\u00fccke wie na nach o hin\u201c, oder \u201ei mit ein wenig e\u201c u. dgl. m. charakterisierten, und die weniger geschulten Versuchspersonen verfuhren genau so, nachdem wieder eine","page":25},{"file":"p0026.txt","language":"de","ocr_de":"26\nWolfgang K\u00f6hler.\n[LYIIL 84]\nPeriode der Unsicherheit \u00fcberwunden war. Nicht lange, so zeigte sich, dafs ganz spontan von allen die Tonreihen, die sich zwischen je zwei Vokalen erstrecken, in ihrer ganzen Ausdehnung als eine Art Zwischenvokale aufgefafst und beurteilt wurden, so dafs z. B. \u2014 ich zitiere aus einem Protokoll \u2014 nacheinander die Aussagen folgten :\n900 1 a nach o hin 400 u \u201e o \u201e\n2400 gutes e 450 zwischen u und o 3200 i\nusf.\nEs ist selbstverst\u00e4ndlich, dafs diese F\u00e4higkeit, die Richtung der Abweichung von den optimalen Vokalen anzugeben, nicht beliebig weit geht, aber sie findet ihre Grenze nur in der unmittelbarsten N\u00e4he jener, so dafs z. B. Unsicherheit dar\u00fcber herrschen kann, ob die Stimmgabel von 1100 Schwingungen, die im allgemeinen als gutes a bezeichnet wurde, vielleicht noch ein wenig nach o oder vielmehr schon etwas nach e klingt, wenn einmal der Eindruck entstanden ist, sie gebe kein v\u00f6llig reines a. Dagegen bei den Gabeln, deren Schwingungszahlen beiderseits etwa gleich weit von zwei optimalen Vokalen entfernt liegen, ist es gar nicht zweifelhaft, dafs sie beiden \u00e4hnlich sind, und nur dar\u00fcber sind die Versuchspersonen bisweilen im unklaren, ob etwa der Ton 750, den sie sofort zwischen a und o einordnen, dem ersten oder zweiten mehr \u00e4hnelt. Strecken aber, die mit den Vokalen \u00fcberhaupt keine Verwandtschaft gehabt h\u00e4tten, konnten in den Vorversuchen nicht gefunden werden.\nIndessen wurde es bald aufgegeben, die ganze Tonreihe in dieser Weise zu untersuchen. Denn f\u00fcr alle Versuchspersonen \u00fcbereinstimmend ergab sich, dais die optimalen Vokale s\u00e4mtlich in einem Bereich enthalten waren, der die T\u00f6ne von der kleinen bis zur f\u00fcnfgestrichenen Oktave umfafst. Ebenfalls f\u00fcr alle fand sich, dafs in dieser Strecke den niedrigsten Schwingungszahlen das u zugeordnet wurde und dafs die \u00fcbrigen in der Reihenfolge o a e und i folgten.\nDieselbe Reihenfolge auch der gesprochenen und gesungenen Vokale scheint f\u00fcr viele etwas Nat\u00fcrliches zu haben. Ich er-\n1 Die Zahlen geben die Frequenzen der Stimmgabeln an.","page":26},{"file":"p0027.txt","language":"de","ocr_de":"[LVIIL 85]\nAkustische Untersuchungen. II.\n27\ninnere mich noch sehr wohl, wie ich bei der ersten Lekt\u00fcre des klassischen Werkes yon Helmholtz zun\u00e4chst bem\u00fcht war, mir die Noten der Resonanzmaxima f\u00fcr die einzelnen Vokale (S. 177 f. der 4. Aufl.) mechanisch einzupr\u00e4gen, sie immer wieder vergafs und davon Abstand nahm, als ich pl\u00f6tzlich bemerkte, wenigstens ihre Reihenfolge in der Skala entspreche genau einer Vokalfolge, die mir mit einem Male irgendwie selbstverst\u00e4ndlich vorkam, n\u00e4mlich der eben angegebenen.1 Bisweilen habe ich Bekannten die Frage gestellt, ob ihnen irgend eine Anordnung der Vokale besonders nat\u00fcrlich vorkomme, und habe meistens gefunden, dafs entweder die Frage nicht verstanden oder aber nach einigem Besinnen eben jene Aufeinanderfolge als nat\u00fcrlich bezeichnet wird. In den F\u00e4llen, wo man keine Antwort bekommt, oder die Anordnung irgend abweicht, ist das gleiche Resultat oft dadurch zu erreichen, dafs man fortgesetzt Fragen von der Form stellt : Ist das a oder das e dem o \u00e4hnlicher? und so indirekt eine Vokalreihe konstruieren l\u00e4fst.\nWenigstens anzudeuten ist schon hier, auf welchen Wegen eine Erkl\u00e4rung der besprochenen Anordnungstendenz versucht werden k\u00f6nnte, weil sich dabei ein nicht ganz unm\u00f6glicher Einwand gegen unsere Versuche sogleich erledigen l\u00e4fst. Wenn, wie erw\u00e4hnt, die Reihenfolge der Resonanzmaxima mit der \u201enat\u00fcrlichen\u201c der Vokale zusammenf\u00e4llt, liegt dann nicht die Vermutung nahe, wir h\u00e4tten, wenn auch nicht bei absichtlicher Beobachtung und deutlich, irgendwie bemerkt, dafs die verst\u00e4rkten Komponenten in gesprochenen und gesungenen Vokalen vom u \u00fcber o, a und e bis zum i die Tonleiter emporsteigen? Sagt doch der alte Kempelen, den Willis (Poggend. Ann. d. Phys. *24. 1832) zitiert: \u201eII me semble, que lorsque je prononce des voyelles diff\u00e9rentes sur le m\u00eame ton, elles ont pourtant quelque chose qui donne de change \u00e0 mon oreille, et me fait penser qu\u2019il y a une certaine m\u00e9lodie, qui cependant comme je le sais tr\u00e8s-bien ne peut \u00eatre produite que par la variation des\ntons en aigus et en graves.........\u201c Aber wer den Versuch\nmacht, findet, dafs das \u201eMelodieartige\u201c nicht etwa vom u zum i immerfort auf-, sondern, wenn man vom u herkommt, nach dem. a wieder hinabsteigt, weil e und i aufser den hohen auch starke\n1 Wo f\u00fcr einen Vokal zwei Resonanzmaxima angegeben sind, gilt das Gesagte f\u00fcr das obere von ihnen.","page":27},{"file":"p0028.txt","language":"de","ocr_de":"28\nWolfgang Kohler.\n[LVIII. 86]\nResonanzt\u00f6ne unterhalb yon dem des $, identisch mit denen des o und u haben. Vielleicht aber wird er nicht einmal das finden ; denn immerhin geh\u00f6rt einige \u00dcbung dazu, \u00fcber die Richtung, welche die \u201eMelodie\u201c nimmt, ins klare zu kommen ; vollends die Obert\u00f6ne von e und i genau herauszuh\u00f6ren, welche in das bei diesen Vokalen verst\u00e4rkte Bereich fallen, ist mir noch heute unm\u00f6glich. Indessen w\u00fcrden wir uns nicht wundern, wenn man versuchen sollte, auf dem angedeuteten Wege noch viel mehr zu erkl\u00e4ren, und behauptete, die \u00c4hnlichkeit einfacher T\u00f6ne mit Vokalen \u00fcberhaupt sei daraus abzuleiten, dais z. B. im gesprochenen u starke T\u00f6ne um c1, im e solche um c4 mitklingen usf. Dabei habe sich die H\u00f6he c1 mit dem Namen u, c4 mit der Benennung e assoziiert und nunmehr reproduzierten die beiden H\u00f6hen die assoziierten Namen. \u2014 Hier scheint uns eine Verwechslung vorzuliegen: Wohl kann man kaum daran zweifeln, dafs unbemerkte Teile des jeweiligen Wahrnehmungsbestandes Vorstellungen zu reproduzieren verm\u00f6gen, mit denen sie fr\u00fcher in Assoziation traten; daf\u00fcr mufsten sie jedoch bei Stiftung der Assoziation offenbar bemerkt sein. Gerade umgekehrt aber w\u00fcrde sich der Sachverhalt in unserem Falle darstellen: bei der Entstehung der Assoziation w\u00e4ren die einfachen T\u00f6ne, die sp\u00e4ter als reproduzierende Momente dienen sollten, unbemerkt geblieben. Wir halten es f\u00fcr ganz unwahrscheinlich, dafs auf diesem Wege \u00fcberhaupt Assoziationen von nennenswerter St\u00e4rke zustande kommen sollten, ganz besonders aber in diesem Falle; denn meine Beobachter sind nicht einmal imstande, mit klar erfafsten Tonh\u00f6hen irgend etwas zu assoziieren, da sie ja kein absolutes Tonbewufstsein besitzen. Sollten sie etwa ein absolutes Tonunterbewufstsein haben? \u2014 Wir verzichten danach auf eine Angabe der weiteren Gr\u00fcnde, die einen derartigen Erkl\u00e4rungsversuch als verfehlt erscheinen lassen. Als einen Irrweg wird ihn ohnehin jeder erkennen, der die sp\u00e4ter folgenden Mitteilungen in eigener Beobachtung nachpr\u00fcft.\nEinen etwas besseren Weg zur Deutung unserer Anordnungstendenz schl\u00e4gt man durch den Hinweis darauf ein, dafs beim Singen die Vokale nur in der angegebenen \u201enat\u00fcrlichen\u201c Reihenfolge kontinuierlich ineinander \u00fcbergef\u00fchrt wrerden k\u00f6nnen. Wollte man z. B. mit a beginnen, so w\u00fcrde man bald gezwungen sein, die akustische Kontinuit\u00e4t durch einen Sprung zu unterbrechen und ebenso bei allen anderen Anf\u00e4ngen aufser denen","page":28},{"file":"p0029.txt","language":"de","ocr_de":"[LVIIL 87]\nAkustische Untersuchungen. II.\n29\nvon u oder i aus, die beide jene Reihenfolge, nur von entgegengesetzten Seiten her, aus sich entwickeln lassen. Aber man bemerkt nicht, dafs diejenigen, welche man zu'r Einordnung der Vokale in eine Reihe auffordert, den einfachen Versuch anstellen, sie singend durch stetige \u00dcberg\u00e4nge zu verbinden, und gegen die Annahme eines Schlusses aus unbemerkten Erfahrungen in dieser Richtung spricht diesmal, dafs die Befragten \u2014 es d\u00fcrfen nat\u00fcrlich keine Phonetiker sein \u2014 den Versuch hinterdrein als eine interessante Neuigkeit ausprobieren.\nDa endlich die kinetischen Empfindungen beim Aussprechen der Vokale, wenn man vom u allm\u00e4hlich bis zum i fortschreitet, eine Reihe bilden, die ungef\u00e4hr wie die \u201eMelodie\u201c Kempelens (und die Parallele liegt in der Natur der Sache) nach dem a wieder r\u00fcckw\u00e4rts l\u00e4uft,1 so bleibt nichts anderes \u00fcbrig als die Annahme, dafs die Vokale sich f\u00fcr gute Beobachter auf Grund der Tonfarbenverwandtschaft ihrer Hauptkomponenten einer nat\u00fcrlichen Anordnung einf\u00fcgen. Wie die Erkl\u00e4rung im einzelnen zu gestalten ist, davon k\u00f6nnen wir wieder deshalb noch nicht sprechen, weil die f\u00fcr Tonmehrheiten geltenden Gesetze uns noch nicht bekannt sind.\nAber die Urteile der Versuchspersonen ergaben merkw\u00fcrdigerweise nicht nur f\u00fcr alle die gleiche Reihenfolge der Vokale in ihrer Zuordnung zu den Tonh\u00f6hen, sondern nach anf\u00e4nglichen Abweichungen auch eine so gute \u00dcbereinstimmung in den absoluten Schwingungszahlen, denen gute Vokale entsprechen sollten, dafs ich schliefslieh unwillk\u00fcrlich die Gewohnheit annahm, in den Protokollen die Urteile neuer unge\u00fcbter Versuchspersonen in \u201erichtige\u201c und \u201efalsche\u201c zu scheiden, und jedesmal n\u00e4herten sich denn auch ihre Angaben, wo sie anf\u00e4nglich abweichend gewesen waren, sehr bald denen der \u00fcbrigen, den \u201erichtigen\u201c. Ganz unerkl\u00e4rlich aber war mir damals, weshalb in der ersten Zeit gewisse Urteilsverschiebungen bei den meisten Versuchspersonen \u00fcbereinstimmend erfolgten, so dafs z. B. die f\u00fcr gut erkl\u00e4rten o rasch etwas nach unten, dagegen die a im allgemeinen ein wenig und die i betr\u00e4chtlich nach oben r\u00fcckten. Von Suggestion seitens des Versuchsleiters konnte schon deshalb keine Rede sein, weil ich nur ganz indifferente Fragen an die Versuchspersonen richtete und vor allem, weil ich zu meiner\nWir bitten, nur die Probe zu machen ; sie wirkt sogleich \u00fcberzeugend.","page":29},{"file":"p0030.txt","language":"de","ocr_de":"30\nWolfgang K\u00f6hler.\n[LVIII. 88]\nVerwunderung dieselben Verschiebungen erst zu der gleichen Zeit an mir selbst erlebte, indem ich mich unwillk\u00fcrlich bei jedem Versuch fragte: Wie w\u00fcrdest du in diesem Falle urteilen?\nEndlich zeigte sich \u00dcbereinstimmung zwischen den Angaben der Beobachter auch insofern, als sie die sogenannten Umlaute \u00f6 und \u00fc in der Reihe einfacher T\u00f6ne nicht fanden. Zwar kam es bisweilen vor, dafs der Klang tieferer Gabeln aus dem tt-Gebiet, seltener der sehr hoher in der N\u00e4he des optimalen i als ^-\u00e4hnlich bezeichnet wurde, aber die Versuchspersonen fanden in beiden F\u00e4llen recht bald von selbst, dafs der Klang unrein war und dafs im ersten hohe Obert\u00f6ne durch ungewandtes Anschl\u00e4gen des Experimentators mitgeklungen hatten, und auch im zweiten eine Beimischung, und zwar ger\u00e4uschartigen Charakters vorhanden war, die \u00fcbrigens kein eigentliches \u00fc ergab. Wurden die betreffenden Gabeln durch andere von gleicher Fl\u00f6he ersetzt oder mit aller Vorsicht angeschlagen, so blieben auf \u00fc lautende Urteile schliefslich von selbst aus. Ebenso sind die wenigen Urteile zu erkl\u00e4ren, in denen T\u00f6ne aus dem o-Gebiet mit \u00f6 bezeichnet wurden. Auch sie unterblieben nach kurzer Zeit, weil die Versuchspersonen von den unharmonischen Obert\u00f6nen der Gabeln, wenigstens bis zu einem gewissen Grade, abstrahieren lernten. Ein einziger Beobachter hat T\u00f6ne eines ganz bestimmten anderen Gebietes wiederholt mit \u00f6 bezeichnet, worauf wir noch zu sprechen kommen.\nF\u00fcr die Hauptversuche wurden 30 Gabeln des angegebenen Bereiches ausgew\u00e4hlt, deren tiefste auf 163, deren h\u00f6chste auf 4000 Schwingungen abgestimmt war. Eine v\u00f6llig gleichm\u00e4fsige Verteilung der \u00fcbrigen auf das dazwischen liegende Gebiet verlangte das Ziel der Versuche, wie es meine damaligen Anschauungen bedingten, nicht, f\u00fcr manche Stellen der Skala be-safs das Institut auch nicht die erforderlichen Gabeln. So waren die kleine, die ein- und viergestrichene Oktave schw\u00e4cher vertreten als die beiden \u00fcbrigen, und im einzelnen kamen neben etwas grofsen Intervallen auch H\u00e4ufungen vor; f\u00fcr die Beweiskraft der Versuche ist das nur vorteilhaft. Jede der Gabeln wurde im ganzen 15mal dargeboten, in jeder Versuchsreihe, w\u00e4hrend deren nat\u00fcrlich die Reihenfolge der Darbietungen ganz ungeordnet und willk\u00fcrlich war, durchschnittlich einmal. Gelegentlich jedoch kam mehrere Tage hintereinander eine ganze Gruppe einander benachbarter Tonh\u00f6hen aus einem anzugebenden Grunde nicht vor. \u2014 Der Versuchsleiter safs hinter der Versuchsperson, schlug die Gabeln an und n\u00e4herte sie erst einige Zeit danach dem Ohr des Beobachters, weil sich in den Vorversuchen erwiesen hatte, dafs das Anschlageger\u00e4usch sehr st\u00f6rte und einige Augenblicke hinterher die hohen Obert\u00f6ne noch be-","page":30},{"file":"p0031.txt","language":"de","ocr_de":"[LVIII. 89]\nAkustische Untersuchungen. II.\n31\nsonders merklich waren. Es wurde nat\u00fcrlich darauf geachtet, dafs die Versuchspersonen die Gabeln nicht sahen, so dafs eine Beeinflussung durch deren Gestalt und die Gr\u00f6fse des Resonanzkastens vermieden wurde. Wenn das Urteil nicht sofort sicher war, wurde die Darbietung so oft wiederholt, wie die Beobachter es w\u00fcnschten. Als besonders vorteilhaft zeigte es sich, den Ton nur f\u00fcr eine kurze Zeit, nachdem die Gabel dem Ohr gen\u00e4hert war, erklingen zu lassen und dann schnell mit dem Finger zum Schweigen zu bringen, worauf wir bei Besprechung der Resultate noch zur\u00fcckkommen.\nDurchgef\u00fchrt wurden diese Reihen nur mit drei Beobachtern, den Verfasser eingerechnet. Das sind nat\u00fcrlich zu wenig Zeugen in einer wichtigen Verhandlung, zumal einer von ihnen parteiisch sein k\u00f6nnte. Es w\u00e4re aber t\u00f6richt gewesen, mit einer H\u00e4ufung solcher Versuche Zeit zu verlieren; Denn erstens zeigte sich, dafs sie mit Stimmgabeln gar nicht angestellt werden d\u00fcrften, weil deren Kl\u00e4nge gerade bei dieser Gelegenheit wieder als recht zusammengesetzt erkannt wurden, und die Obert\u00f6ne zu einer Streuung der Urteile f\u00fchrten, die offenbar nicht in der Natur der eigentlich zu beurteilenden Materie begr\u00fcndet war. Sodann beantworteten ihre Ergebnisse alle gr\u00f6beren Fragen genau entsprechend den Vorversuchen, welche demnach in dieser Hinsicht zu den Haupt versuchen ohne weiteres hinzugezogen werden k\u00f6nnten. Drittens ergaben sie trotz der primitiven Mittel bereits mit ausreichender Bestimmtheit ein Resultat, das wieder einen Schritt \u00fcber unsere bisherige Stellungnahme hinaus bedeutet ; und endlich legten sie die Vermutung nahe: Vielleicht haben wir \u00fcberhaupt bisher im Dunkeln getappt, viel wichtigere Dinge sind hier im Spiele, als der Klangcharakter der Vokale, und andere Versuche m\u00fcssen dar\u00fcber sofort entscheiden. So wurde denen, \u00fcber die wir zun\u00e4chst berichten, durch sie selbst ein Ende gemacht.\nVersuchspersonen waren aufser dem Verfasser Herr Dr. phil. v. Allesch und Herr cand. phil. Gothot. Der letztere war zur Zeit dieser Versuche Neuling in psychologischen Beobachtungen, Herr v. A. hat darin grofse, ich selbst habe einige \u00dcbung, aber Herr v. A. beteiligt sich zum erstenmal an akustischen Versuchen, da seine Begabung wie sein Interesse f\u00fcr musikalische Dinge gering und seine Aufmerksamkeit im ganzen stark visuell gerichtet ist, so dafs ihn diese Beobachtungen sehr anstrengen.","page":31},{"file":"p0032.txt","language":"de","ocr_de":"32\nWolfgang K\u00f6hler.\n[LVIIL 90]\nHerrn G. gelingt das Nachsingen von Stimmgabelt\u00f6nen im Anfang nicht recht, doch lernt er es bald, dokumentiert sich aber doch als wenig musikalisch, als er bei sp\u00e4teren Versuchen mehrmals Tonschritte ihrer Richtung nach nicht zu beurteilen vermag, obwohl die Distanzen mehrere Schwingungen betragen. Der Verfasser selbst ist zwar musikalisch interessiert, aber wenig geschult und nur etwa von der durchschnittlichen Begabung f\u00fcr eigentlich musikalische Leistungen, wie z. B. das Erkennen von Intervallen. Von absolutem Tonbewufstsein ist bei ihm zu jener Zeit so wenig die Rede wie bei den anderen Versuchspersonen dieser und der Vorversuche.\nDie folgenden Tabellen geben in ohne weiteres verst\u00e4ndlicher Weise die erhaltenen Resultate derart wieder, dafs hinter jeder Schwingungszahl (linke Randkolumne) die Anzahl der Urteile angegeben sind, in denen der betreffende Stimmgabelton mit den oben vermerkten Vokalen benannt wurde. Dabei bedeutet u\u2014o ein u, das etwas o enth\u00e4lt, o \u2014 u ein o, das nach u hin abweicht, und entsprechend sind die \u00fcbrigen zusammengesetzten Bezeichnungen aufzufassen. In F\u00e4llen, wo die Versuchsperson im Zweifel war, ob z. B. ein Ton mehr nach a oder nach e hin klang, wurde doch eines der Urteile a\u2014e oder e\u2014a verlangt, ebenso bei den ganz vereinzelten Urteilen vom Typus: mitten zwischen e und i. Bei wiederholter Darbietung der betreffenden T\u00f6ne wurden solche Angaben ohnehin nicht lange aufrechterhalten, und so darf dieser Fehler in der Methodik wohl bei den sonstigen M\u00e4ngeln der Versuche nicht hoch angerechnet werden, hatten doch \u00fcberdies die \u201eGleichheitsf\u00e4lle\u201c kein besonderes Interesse f\u00fcr die Fragen, die nach meinen damaligen Voraussetzungen zun\u00e4chst zu beantworten waren.\nZu den einzelnen Tabellen ist zun\u00e4chst folgendes zu bemerken: Der ersten Versuchsperson, Herrn Dr. v. A., die, wie gesagt, f\u00fcr das akustische Gebiet geringe Veranlagung und Neigung besitzt, erschwerte ich absichtlich ihre Aufgabe noch dadurch, dafs ich kaum einige Vorversuche mit ihr machte, bei denen sie \u00fcbrigens fast sogleich \u201erichtig\u201c urteilte, und ferner ihre Versuchsreihen dreimal f\u00fcr l\u00e4ngere Zeit (das zweite Mal f\u00fcr etwa 4 Wochen) unterbrach und ohne vorbereitende \u00dcbung wieder aufnahm. Herr G. dagegen hatte, als die mitgeteilten Reihen begonnen wurden, viele Vorversuche hinter sich, und bei ihnen schon lange \u201erichtig\u201c geurteilt. Ich beabsichtigte bei ihm,","page":32},{"file":"p0033.txt","language":"de","ocr_de":"[LVIIL 91]\nAkustische Untersuchungen. II.\n33\nTabelle I.\nVp. v. Allesch.\no\u2014u\no\u2014a\ne\u2014i\ni\u2014e\nu\u2014o\no\u2014u\nStumpf, Beitr\u00e4ge VI.\n3","page":33},{"file":"p0034.txt","language":"de","ocr_de":"34\nWolfgang K\u00f6hler.\n[LVIII. 92]\nTabelle IL\nVp. Gothot.\n\tu\tu\u20140\t0\u2014u\t0\to\u2014a\ta\u2014o\ta\ta\u2014e\te\u2014a\t\u00e4\te\u2014\u00e2\te\te\u2014i\ti-e|\ti\n163\t13\t2\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t!\t\n195\t13\t1\t1\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\n231\t15\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\n259\t15\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\n329\t13\t2\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\n350\t6\t8\t1\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\n400\t9\t5\t1\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\n435\t2\t2\t11\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\n480\t\t5\t8\t2\t\t\t\t\t\t1\t\t\t\t\t\n550\t\t\t5\t4\t6\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\n600\t\t\t\t10\t5\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\n650\t\t\t2\t3\t8\t2\t\t\t\t\t\t\t\t\t\n700\t\t\t\t3\t4\tB\t\t\t\t\t\t\t\t\t\n750\t1\t\t1\t1\t4\t9\t\t\t\t\t\t\t\t!\t\n800\t\t\t\t\t4\t11\t\t\t\t\t\t\t\t\t\n900\t\t\t\t\t1\t11\t3\t\t\t\t\t\t\t! j\t\n1000\t\t\t\t\t\t8\t7\t\t.\t\t\t\t\t\t\n1100\t\t\t\t\t\t1\t14\t\t\t\t\t\t\t\t\n1200\t\t\t\t\t\t\t13\t2\t\t\t\t\t\t\t\n1365\t\t\t\t\t\t\t4\t8\t\t3\t\t\t\t\t\n2800\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t4\t5\t3\t3\n3200\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t5\t1\t9\n3840\t\t\t\t\t\t\t\t\tj\t\t\t\t3\t! i-\t11\n4000\tI\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t1\t\t2\t1\t13\n\tII | u\t\t! ^\t\tn\tn\tn\tn\ti n\tn\tp p\tn\t\ta\t\u00df\u2014\u00a31\t\tc\u2014i\t! i\u2014c\ti %\n\t\tu\u20140\t|\t(Ar\tU\t!\ti\t\u2022 U/ u\tU/\t\t\t\t\t\t\t\t","page":34},{"file":"p0035.txt","language":"de","ocr_de":"[LVIIL 93]\nAkustische Untersuchungen. II.\n35\nTabelle III.\nVp. K\u00f6hlee.\n\tu\tu\u20140\to\u2014u\t0\to\u2014a\ta\u2014o\ta\ta\u2014e\te\u2014a\n163\t15\t\t\t\t\t\t\t\t\n195\t15\t\t\t\t\t\t\t\t\n231\t14\t\t\t1\t\t\t\t\t\n259\t15\t\t\t\t\t\t\t\t\n329\t2\t1\t3\t9\t\t\t\t\t\n350\t2\t10\t2\t1\t\t\t\t\t\n400\t1\t1\t7\t6\t\t\t\t\t\n435\t\t2\t4\t9\t\t\t\t\t\n480\t\t\t6\t8\t1\t\t\t\t\n550\t\t\t\t11\t4\t\t\t\t\n600\t\t\t\t5\t9\t1\t\t\t\n650\t\t\t\t3\t8\t4\t\t\t\n700\t\t\t\t\t3\t12\t\t\t1\n750\t\t\t\t\t2\t13\t\t\t\n800\t\t\t\t\t1\t13\t1\t\t\n900\t\t\t\t\t\t12\t3\t\t\n1000\t\t\t\t\t\t6\t7\t2\t\n1100\t\t\t\t\t\t2\t13\t\t\n1200\t\t\t\t\t\t\t10\t5\t\n1365\t\t\t\t\t\t\t4\t11\t\n1536\t\t\t\t\t\t\t\t13\t2\n1600\t\t\t\t\t\t\t\t7\t7\n1707\t\t\t\t\t\t\t\t1\t7\n1920\t\t\t\t\t\t\t\t\t1\n2000\t\t\t\t\t\t\t\t\t2\n2400\t\t\t\t\t\t\t\t\t\n2800\t\t\t\t\t\t\t\t\t\n3200\t\t\t\t\t\t\t\t\t\n3840\t\t\t\t\t\t\t\t\t\n4000\tI\t\t\t\t\t\t\t\t\n\tu\tu\u20140\to\u2014u\t0\to\u2014a\t1 a\u2014o|\ta\ta\u2014e\te\u2014a\n4\n10\n11\n1\n4\n14\n6\n1\ne\te\u2014i\n4\n12\n13\n3*","page":35},{"file":"p0036.txt","language":"de","ocr_de":"36\nWolfgang Kohler.\n[LVIIL 94]\nzu pr\u00fcfen, bis zu welcher Sicherheit die Angaben einer Versuchsperson von ebenfalls m\u00e4fsiger akustischer Veranlagung durch fortgesetzte \u00dcbung gebracht werden k\u00f6nnten. Die in seiner ersten Tabelle fehlenden Urteile \u00fcber 6 T\u00f6ne aus der oberen H\u00e4lfte der drei- und dem Anfang der viergestrichenen Oktave trage ich, um die \u00dcbersichtlichkeit der \u00fcbrigen nicht zu st\u00f6ren, in einer besonderen \u00dcbersicht nach.\nTabelle IIb.\nVp. Gothot.\n\ta\u2014e\ta\u2014\u00e4\t\u00e4\u2014\u00f6i 1\t\u00f6\tI \u00e4\t/\u00b07\tp\t\t\u00e4\u2014e\t\u00c0\tp\tn , - \u00c0\tp\tri\tp\tn\tg\tP\tp\t7,\ti\u2014c\n\t\t\t\t\t\til\to\tU\t\tU\to\tC\tU\tO\tLt'j\tO\tU\tv\to 1\tO\tv\t\n1536\t6\t\t3\t1\t3\t\t\t1\t1\t\t\t\t\t\n1600\t2\t1\t5\t2\t\t3\t\t\t1\t\t\t\t1\t\n1707\t\t\t! 3\t\t8\t\t1\t\t2\t\t\t1\t\t1 1\n1920\t\t\t\t\t\t\t\t1\t6\t1\t1\t6\t\tj\n2000\t\t\t\t\t\t\t\t3\t4\t1\t\t6\t1\t\n2400\t\t\t\t\t\t\t\t\t3\t\t\t2\t7\t3\n\t\ta\u2014\u00e4\t\u00e4\u2014o\t\u00f6\t\u00e4\tpi\tn\t\trt\tp\tf)\tp\tp\tn\tp\tri\te\u2014\u00f6\u2014i\tp\tp\t7*\t%\t\u00df\n\t(t\u20146\t\t\t\t\tU'\tv\tU\tLI\tO\tU\tC\to\tU\t6\tLI\t\to\t1\t\nDer Verfasser endlich war durch die unwillk\u00fcrlichen Urteile, die er als Versuchsleiter abgab, in guter \u00dcbung, als seine Reihen begannen. Eigentlich \u201efalsche\u201c Urteile in dem Sinne, dafs etwa ein a f\u00fcr ein u gehalten w\u00e4re u. dgl., hat er von Anfang an nicht abgegeben, seitdem er \u00fcberhaupt auf die behandelte Eigenschaft von Stimmgabelt\u00f6nen aufmerksam wurde.\n\u00dcber die Art und Weise, wie die Urteile zustande kamen, ist zweierlei zu bemerken. Alle drei Versuchspersonen und nicht nur sie, sondern auch alle, die an den Vorversuchen teilnahmen oder sp\u00e4ter gelegentlich in l\u00e4ngeren Reihen urteilten, stellten mit Entschiedenheit in Abrede, dafs sie irgendwie auf Grund einer Tonh\u00f6henerkenntnis zu ihren Aussagen k\u00e4men. Da indessen, wie ich damals glaubte, trotzdem der Ein wand gemacht werden k\u00f6nnte, die Versuchspersonen w\u00fcrden sich allm\u00e4hlich dar\u00fcber klar, in welcher Gegend des \u00fcberhaupt untersuchten Teiles der Tonreihe ein dargebotener Ton liege, verteilten nun sozusagen die Vokale auf die ganze Strecke und beurteilten demgem\u00e4fs die h\u00f6heren T\u00f6ne als i oder e, mittlere als o usf.,","page":36},{"file":"p0037.txt","language":"de","ocr_de":"[LVIII. 95]\nAkustische Untersuchungen. II.\n37\nhabe ich von Herrn Dr. v. A. und Herrn G. mehrere Tage hintereinander alle diejenigen T\u00f6ne nicht beurteilen lassen, die von ihnen bisher als u bezeichnet worden waren. Der Erfolg war nicht der, dafs die Versuchspersonen nun eine neue \u201eVerteilung\u201c der Vokale auf der Skala Vornahmen, also z. B. u nannten, was bisher als zwischen u und o liegend beurteilt worden war usf., sondern dafs die w-Urteile vollst\u00e4ndig ausblieben. Auch die durch dieses Verfahren erzwungene H\u00e4ufung der ^-Versuche an den folgenden Tagen brachte keine St\u00f6rung mit sich.\nNach kurzer Zeit waren ferner alle Versuchspersonen darin einig, dafs sie, um nach ihrem subjektiven Eindruck zu urteilen, nicht etwa \u2014 wie es vielleicht durch die Fragestellung nahegelegt war \u2014 den geh\u00f6rten Ton nacheinander mit den verschiedenen Vokalen vergleichen d\u00fcrften, weil sie sonst leicht durch die Vokalvorstellung den geh\u00f6rten Vokal \u201e\u00fcberdecken\u201c und etwas Fremdes in ihn hineinh\u00f6ren k\u00f6nnten. Eben um das Auftauchen akustischer und akustisch-motorischer Vergleichsvorstellungen zu verhindern, wurde jede einzelne Darbietung auf kurze Zeit eingeschr\u00e4nkt und in F\u00e4llen, wo ein sicheres Urteil nicht sofort zustande kam, der Versuch mehrmals wiederholt. Bei dem Verfasser ist ferner die Disposition, die Gesichtsmuskeln unwillk\u00fcrlich f\u00fcr die jeweilige Vokalstellung der Mundh\u00f6hle zu innervieren, ganz erstaunlich grofs. Nicht umsonst safs er als Versuchsleiter hinter dem Beobachter: Hunderte von Malen bemerkte er zu seinem Erstaunen, dafs sein Mund, w\u00e4hrend er ein f\u00fcr ihn sogleich feststehendes Urteil von der Versuchsperson zu h\u00f6ren erwartete, unter fester Anspannung der Muskeln die betreffende Resonanzstellung angenommen hatte. Nach und nach verliert sich \u00fcbrigens die Gefahr einer Beeinflussung durch jenen Vorstellungs-, diesen Empfindungsfaktor, weil das Urteil als eine unmittelbare Benennung immer rascher erfolgt und zumal \u00fcber die Hauptkomponente in einem Ton, ob er also vor allem a oder i usw. enth\u00e4lt, kaum jemals mehr ein Zweifel besteht. \u201eBei den besten Vokalen,\u201c sagte Herr v. A. bald nach Beginn der Versuche aus, \u201eh\u00f6re ich eben einfach, welcher es jedesmal ist.\u201c Eine irgendwie geartete \u00dcberlegung ist nicht mehr festzustellen, ebensowenig als wenn jemand die Vokale nachsprechen sollte, die ein anderer ihm vorsagt. Allein in den F\u00e4llen, wo es sich um die feinere Angabe handelt,","page":37},{"file":"p0038.txt","language":"de","ocr_de":"38\tWolfgang Kohler.\t[LVIII. 96]\nob z. B. ein Ton als o\u2014u oder u\u2014o zu beurteilen ist, spielen sich naturgem\u00e4fs kompliziertere Vorg\u00e4nge ab.\nWiederum alle Versuchspersonen geben bald an, dafs der Vokalcharakter einer angeschlagenen Stimmgabel w\u00e4hrend der Dauer des Tones nicht ganz konstant bleibt, und schliefsen von selbst aus der Art der am h\u00e4ufigsten vorkommenden \u00c4nderungen, dafs sie auf das Hervor- oder Zur\u00fccktreten von Obert\u00f6nen zur\u00fcckzuf\u00fchren sind; denn in der Regel handelt es sich um Vokalbeimischungen, die zu den sonstigen Erfahrungen der Beobachter nicht recht stimmen. Wenn z. B. ein zwischen u und o liegender Ton bei genauester Pr\u00fcfung auch noch eine Spur a zu enthalten scheint, w\u00e4hrend sonst im allgemeinen nur zwei \u201eKomponenten\u201c anzugeben waren, und wenn die geringe Beimischung von a sich zuweilen bald nach dem Anschl\u00e4gen verliert, so liegt die Meinung nahe, es handle sich um die Mitwirkung der Oktave und Duodezime. Leider ist es oft aufser-ordentlich schwer, sich dar\u00fcber klar zu werden, ob wirklich ein Oberton die schwache Nuancierung hervorbringt oder ob sie im Grundton schon enthalten ist; Herr Dr. v. A. und Herr G. ^wenigstens k\u00f6nnen der Tonh\u00f6he nach nur Obert\u00f6ne heraush\u00f6ren, die durch eine weite Distanz von dem Grundton getrennt sind. \u2014 Das auff\u00e4lligste Beispiel einer Obertonwirkung findet sich in meinen Urteilen \u00fcber den Ton 329, die ich wie die \u00fcbrigen nach dem un analysierten Eindruck abgab, obwohl ich die starke Oktave mehrmals sehr wohl als vorhanden erkannte ;1 weniger merklich d\u00fcrfte das Abweichen der Stimmgabelkl\u00e4nge von der Einfachheit reiner T\u00f6ne fast \u00fcberall mitgespielt haben, auch in dem Sinne, dafs die Versuchspersonen, gew\u00f6hnt, von gewissen Beimengungen der T\u00f6ne zu abstrahieren, gelegentlich eine \u201ehellere\u201c Vokalnuance des Grundtones f\u00e4lschlich auf dergleichen zur\u00fcckf\u00fchrten und infolgedessen nicht angaben. Ich habe nach Abschlufs der Versuche bei mehreren Gabeln, bei denen Grund zu Argwohn war, den Grundton durch Interferenz ausgel\u00f6scht und war aufs h\u00f6chste \u00fcberrascht, wie kr\u00e4ftige T\u00f6ne von der H\u00f6he und dem Vokalcharakter der jeweilig ersten Obert\u00f6ne zur\u00fcckblieben. \u2014 Neben der Beeinflussung der Urteile durch\n1 Eben diese Gabel, so \u00e4ufserte sich Herr v. A., kann sogar nach a klingen. \u2014 Vernichtet man \u00fcbrigens ihre Obert\u00f6ne durch Interferenz, so bleibt der Grundton als ein deutliches u\u2014o zur\u00fcck.","page":38},{"file":"p0039.txt","language":"de","ocr_de":"[LVIIL 97]\nAkustische Untersuchungen. II.\n39\nh\u00f6here Partialt\u00f6ne scheint noch, wie wiederholte Aussagen der Versuchspersonen vermuten lassen, eine Einwirkung von Intensit\u00e4tsunterschieden zu bestehen. Von der Gabel 2000 z. B., die bald nach dem Anschl\u00e4gen wie e\u2014a klingt, wird gelegentlich ausgesagt, ihr Ton gehe mit abnehmender Intensit\u00e4t allm\u00e4hlich fast in e \u00fcber, w\u00e4hrend doch \u2014 wenigstens glaubt es der Beobachter voraussetzen zu d\u00fcrfen \u2014 die Obert\u00f6ne zu Anfang relativ st\u00e4rker sein m\u00fcfsten, also die entgegengesetzte Ver\u00e4nderung zu erwarten w\u00e4re. Dieselbe Urteilsverschiebung tritt auch ein, wenn die Gabel vom Ohr des Beobachters entfernt wird : Zugleich mit dem kleinen Ansteigen der Tonh\u00f6he, das ebenfalls dabei bemerkt wird, tritt, wenn ich so sagen darf, eine \u201eAufhellung\u201c des Vokals, eine geringe Verschiebung nach h\u00f6heren Vokalen hin ein. Indessen ist der Einflufs der Intensit\u00e4t vollst\u00e4ndig zu vernachl\u00e4ssigen in einem Verfahren, das den gr\u00f6beren Mangel hat, an Stimmgabelkl\u00e4ngen die Eigenschaften einfacher T\u00f6ne zu untersuchen.\nDurch beiderlei Einfl\u00fcsse nicht zu erkl\u00e4ren ist meiner Meinung nach die Abweichung, die Herr G. in seinen Urteilen oberhalb des guten a zeigt und die haupts\u00e4chlich darin besteht, dafs er gewisse Schattierungen des \u00e4 \u2014 verschiedene Nuancen des \u00e4 h\u00f6ren alle Versuchspersonen, nicht nur die der eben zu besprechenden Reihen, in der oberen H\u00e4lfte der dreigestrichenen Oktave \u2014 als \u00f6, oder doch als mit \u00f6 verwandt bezeichnet, w\u00e4hrend kein anderer Beobachter \u00fcber die ersten Vorversuche hinaus das Urteil \u00f6 abgegeben hat. Wenn man die Mischlaute auszusprechen versucht, durch die er jene T\u00f6ne wiederzugeben bem\u00fcht war, so findet man sie s\u00e4mtlich einander und zugleich dem \u00e4 \u00e4hnlich, so dafs der Versuchsperson vielleicht nur die Einordnung zwischen a und e nicht wie den \u00fcbrigen gelungen ist, w\u00e4hrend doch bei ihr der gleiche Empfindungsbestand wie bei jenen vorliegt. Diese Erkl\u00e4rung wird noch wahrscheinlicher dadurch, dafs f\u00fcr die anderen Versuchspersonen eben die Vokalcharaktere dieser T\u00f6ne einen fremdartigen Eindruck machen, f\u00fcr den Verfasser besonders der Ton 1600, ohne dafs freilich \u00fcber das abzugebende Urteil ein Zweifel bleibt. Schlechthin \u00f6 wurde \u00fcbrigens, wie die Tabelle II b zeigt, von Herrn G. im ganzen nur dreimal geurteilt. \u2014 Das Studium von Vokalreihen, die sich aus je zwei T\u00f6nen hersteilen lassen, d\u00fcrfte uns \u00fcber","page":39},{"file":"p0040.txt","language":"de","ocr_de":"40\tWolfgang K\u00f6hler.\t[LVIII. 98]\ndie psychologische Natur der Umlaute und \u00fcber die er\u00f6rterte Abweichung leicht Aufkl\u00e4rung verschaffen.\nNoch eine vorl\u00e4ufige Bemerkung, die der Leser schon erwartet haben wird, schicken wir der Besprechung des Hauptresultates voraus. Es wurde oben bemerkt, dafs der Verfasser zu Beginn der Versuche kein absolutes Tonbewufstsein besafs. Als Versuchsleiter hat er jedoch, ganz abgesehen von den Vorversuchen, 30 mal den Ton jeder der 30 Gabeln unwillk\u00fcrlich selbst auf seinen Vokalcharakter hin beurteilt, w\u00e4hrend er nat\u00fcrlich zugleich die Schwingungszahl und damit ungef\u00e4hr die Note der Gabeln ablesen konnte. Die nat\u00fcrliche und ungewollte Folge war ein absolutes Tonbewufstsein f\u00fcr Stimmgabeln, derart, dafs z. B. der Ton 600 auf Grund seines Vokalcharakters als mit Sicherheit zwischen c2 und e2 liegend erkannt werden konnte. Ich betone: das Erkennen des Vokal Charakters ist notwendige Bedingung daf\u00fcr, dafs das Tonh\u00f6henurteil zustande kommt; absichtlich habe ich vermieden, eine Steigerung dieser F\u00e4higkeit \u00fcber den unabsichtlich erreichten Grad herbeizuf\u00fchren, obwohl ich nicht im geringsten bezweifle, dafs das Urteil, solange nicht Stimmgabeln mit starken Obert\u00f6nen in Frage kommen, zu einer vollen Sicherheit bis auf Halb- und Viertelt\u00f6ne zu bringen w\u00e4re. Ich behaupte noch nicht, dafs die bisher unter dem Namen des absoluten Tonbewufstseins bekannten F\u00e4higkeiten mit unserem Thema in Zusammenhang stehen.\nWir kommen zu den Hauptpunkten. Den Satz, dafs H\u00f6he und Intensit\u00e4t die einzigen abstrakten Momente einfacher Tonempfindungen seien, widerlegen diese Tabellen. Wie immer man die neue Eigenschaft der T\u00f6ne nennen mag \u2014 wir werden ihr sogleich einen Namen geben \u2014, dafs sie besteht, wird niemand leugnen wollen. \u2014 In \u00dcbereinstimmung mit den Vorversuchen finden wir ferner, dafs nicht nur f\u00fcr gewisse Gebiete der Tonreihe jenes Moment \u00c4hnlichkeit zwischen T\u00f6nen und Vokalen bedingt, dafs vielmehr \u2014 innerhalb des untersuchten Gebietes \u2014 jeder Ton, der nicht selbst wie einer unserer Vokale klingt, sich durch seine \u00c4hnlichkeit zu den beiden benachbarten \u201eVokalt\u00f6nen\u201c als Zwischenvokal charakterisieren l\u00e4fst.\nSchon aus diesem Grunde d\u00fcrfte wohl eine Ableitung der Vokal\u00e4hnlichkeit einfacher T\u00f6ne aus ihrem Vorkommen in den sozusagen empirischen Vokalen der Sprache unm\u00f6glich sein; ganz abgesehen von den psychologischen Konstruktionen, die wir als dazu erforderlich schon oben","page":40},{"file":"p0041.txt","language":"de","ocr_de":"[LVIIL 99]\nAkustische Untersuchungen. II.\n41\ngekennzeichnet haben, wird \u00fcberhaupt niemand, der nur einige Male Beobachtungen, wie die unsrigen, gemacht hat, von Kunstst\u00fccken etwas wissen wollen, in denen Eigenschaften von Teilen auf die v\u00f6llig unerkl\u00e4rten der Komplexe zur\u00fcckgef\u00fchrt werden sollten, da doch auf dem umgekehrten Wege, den wir gehen, ein bisher r\u00e4tselhaftes Landschaftsbild sich pl\u00f6tzlich aus den einfachsten Grundformationen klar auf gebaut zeigt. Diejenigen, deren Augen trotzdem von der bisherigen Anschauung noch allzu starke Nachbilder haben, werden doch nach Lekt\u00fcre des dritten Kapitels diese Dinge wohl ebenso ansehen wie wir.\nDen Standpunkt der Vorversuche aber haben wir wiederum zu verlassen, weil jene zwischen zwei Vokalen liegenden T\u00f6ne nicht eine unterschiedslose Menge ausmachen, sondern offenbar eine fein abgestufte Reihe bilden, die von gr\u00f6bster \u00c4hnlichkeit mit dem einen Vokal zu ebenso grofser mit dem anderen fortschreitet, w\u00e4hrend die mit dem ersten abnimmt. Wir begr\u00fcnden diese Behauptung vorl\u00e4ufig nur damit, dafs bei den T\u00f6nen, die Zwischen vokalen entsprechen, die Urteile fast ausnahmslos mit steigender Schwingungszahl allm\u00e4hlich nach rechts, also dem jeweilig \u201eh\u00f6heren\u201c Vokal zur\u00fccken. Wie fein diese Abstufung ist, kann erst das n\u00e4chste Kapitel lehren.\nNur vorsichtig aber wagt der Verfasser denjenigen Gedanken einzuf\u00fchren, der an diesem Punkte ihm selbst erst langsam aufd\u00e4mmerte, sogleich verworfen, sich immer von neuem auf dr\u00e4ngte und durch andere Ergebnisse, wie sie im letzten Kapitel mitzuteilen sind, endlich zu einer nicht l\u00e4nger zu bezweifelnden Wahrheit wurde.\nEin Vergleich der Eigenschaft reiner T\u00f6ne, von der hier die Rede ist, mit den Momenten anderer Empfindungsgebiete, die man deren Qualit\u00e4ten nennt, l\u00e4fst auch die Gesamtheit der \u201eEinzelwerte\u201c, die jene Variable des Tonsinngebietes annehmen kann, als ein qualitatives System erscheinen. Wir greifen das n\u00e4chstliegende Beispiel heraus: Wie im Farbengebiet eine Reihe psychischer Qualit\u00e4ten1 vom Rot durch die Nuancen des Orange zum Gelb, von diesem eine zweite zum Gr\u00fcn f\u00fchrt usf., so verl\u00e4uft eine \u00c4hnlichkeitsreihe im ph\u00e4nomenalen Tonsystem vom u \u00fcber die Abstufungen des\n1 Man vergleiche hier und zu den folgenden Ausf\u00fchrungen G. E. M\u00fcller, Zur Psychophysik der Gesichtsempfindungen. Zeitschr. f. Psychol. 10.","page":41},{"file":"p0042.txt","language":"de","ocr_de":"42\nWolfgang Kohler.\n[LV1IL 100]\nu \u2014 o und o\u2014u zum o, yon diesem eine neue zum a und weitere zum e und i. Auf diesem Wege kommen wir freilich nicht zum Ausgangspunkt zur\u00fcck wie im Farbensystem, aber dafs die ges\u00e4ttigten bunten Farben auf einer geschlossenen Kurve darzustellen sind, ist ja nicht f\u00fcr ihre Gesamtheit als qualitatives System charakteristisch. Wie die Analogie im einzelnen sich best\u00e4tigt, wie etwa ein o\u2014u ebensowenig wie ein Gr\u00fcn-Gelb durch Analyse in diejenigen beiden Elemente zerlegt werden kann, mit denen es doch schon die Benennung zeigt es \u2014 die gr\u00f6fste Verwandtschaft hat, wie eben die Sprache hier und dort bestimmte Stellen auszuzeichnen gefunden hat u. dgl. m., das sieht ein jeder ohne weiteres. Und dabei f\u00e4llt ihm sicher ein: Sollte man nicht hinsichtlich der Namen, die die Sprache f\u00fcr ein qualitatives System im Gebiet des Tonsinnes ausbildet, ganz bestimmte Erwartungen hegen d\u00fcrfen? Das Organ, aus Kehlkopf, Mundh\u00f6hle und Zunge zusammengesetzt, das \u00fcberhaupt Namen gibt, findet ja in diesem Falle eben die Qualit\u00e4ten zu benennen, die allein es selbst als akustisches Instrument hervorbringen kann, um dadurch die Gesamtheit der Qualit\u00e4ten in den verschiedenen Sinnesgebieten zu symbolisieren. Was hegt n\u00e4her, als dafs es in einem solchen Falle die Qualit\u00e4ten, die zu bezeichnen sind, selbst nachahmend hervorbringt? Und in der Tat, wenn die Reihe der einfachen Vokalt\u00f6ne (der Ausdruck bedarf wohl keiner Erl\u00e4uterung mehr) mit ihren Zwischenstufen ein qualitatives System ausmacht, so finden wir f\u00fcr dieses wirklich die zugeh\u00f6rigen Namen durch einfache Wiedererzeugung dessen, was gekennzeichnet werden soll, auf die nat\u00fcrlichste Weise gegeben.\nDiese Namen bezeichnen freilich zun\u00e4chst Komplexe, die gesprochenen Vokale, wie sie selbst Komplexe, selbst gesprochene Vokale sind. Aber man kann nichts anderes erwarten bei einem namengebenden Instrument, dessen Natur wie die aller anderen akustischen Instrumente nur die Erzeugung von zusammengesetzten Schallwellen erlaubt. Durch die Eigenart des Sprachmechanismus mit seinem Mundresonator von variabler Abstimmung wird immerhin eine starke Einschr\u00e4nkung in der Zahl und St\u00e4rke der notwendigerweise zugleich erzeugten Qualit\u00e4ten erreicht, und da die entstehenden Komplexe, was f\u00fcr sie charakteristisch ist, nur den durch Kesonanzwirkung dominierenden unter ihren einfachen Teilen zu verdanken haben, so wird unser Argument durch die zusammengesetzte Natur der \u201eempirischen\u201c Vokale nicht entwertet. Ein Beweis zu sein, kann es ohnehin nicht beanspruchen.","page":42},{"file":"p0043.txt","language":"de","ocr_de":"[LVIII. 101]\nAkustische Untersuchungen. II.\n43\nNoch ein Punkt ist als Beleg daf\u00fcr heranzuziehen, dafs wir es hier in der Tat mit einem qualitativen System zu tun haben : Es ist im allgemeinen eine Eigenschaft von Qualit\u00e4ten, nach der Empfindung, in der sie (mit den \u00fcbrigen abstrakten Momenten zu einem Konkretum vereinigt) dem Bewufstsein lebhaft gegeben sind, unbewufste Spuren zu hinterlassen, die schon nach wenigen Wiederholungen entsprechender Empfindungen, wir wissen noch nicht wie, ein Wiedererkennen der abermals gegebenen Qualit\u00e4ten, nach gesteigerter Wiederholungszahl eine Reproduktion ihnen \u00e4hnlicher Vorstellungen erm\u00f6glichen und schliefslich die Grundlage f\u00fcr abstrakte Allgemein Vorstellungen geben1, wobei nicht daran erinnert zu werden braucht, dafs ohne solche Spuren auch an eine Namengebung nicht zu denken w\u00e4re. Wir halten es f\u00fcr eine Best\u00e4tigung unserer Behauptung, dafs diese Erscheinungen s\u00e4mtlich in dem von uns als qualitativ bezeichneten System wiederkehren.\nDer Leser ist vielleicht zu der Bemerkung geneigt, solche Argumente, und zumal das letzte, k\u00f6nnten doch unm\u00f6glich als hinreichender Beweis f\u00fcr die qualitative Natur des betrachteten Systems ausgegeben werden. Wir sind ganz einer Meinung mit ihm. Eine Behauptung wie die unsrige kann man \u00fcberhaupt nicht beweisen, so wenig wie die Definition irgendeiner bestimmten Empfindungsqualit\u00e4t, z. B. eines Rot, m\u00f6glich ist, am Ende mufs man doch h\u00f6ren und sich dann selbst ein Urteil dar\u00fcber bilden, ob man nach Analogie anderer Sinnesgebiete die besprochene Eigenschaft Qualit\u00e4t oder ich weifs nicht wie sonst zu nennen hat. Nein, hinreichend sind die obigen Bedingungen f\u00fcr den qualitativen Charakter eines abstrakten Momentes nicht, auch nicht einmal notwendig; das zeigen z. B. die Geruchsempfindungen, die keine rechten Namen, die Gelenk- und Muskelempfindungen, die weder Namen, noch bei den meisten scharfe Erinnerungsbilder haben. Weshalb wir diese Argumente trotzdem gebracht haben, wird sich sogleich zeigen.\nDenn nun entsteht die Frage: Haben denn die einfachen T\u00f6ne zwei Qualit\u00e4ten, Tonh\u00f6he und was wir jetzt als qualitativ bezeichnet haben? Laufen durch die ganze Tonreihe beide,\n1 Die unbewufsten Spuren sind freilich zun\u00e4chst auch solche der konkreten Empfindungen, aber kein abstraktes Moment derselben wird so sicher wfiedererkannt, so genau reproduziert wie die Qualit\u00e4t.","page":43},{"file":"p0044.txt","language":"de","ocr_de":"44\nWolfgang Kohler.\n[LVIII. 102]\nunl\u00f6slich aneinander gebunden, nebeneinander hin? Das w\u00e4re an sich m\u00f6glich, da bei der grofsen Selbst\u00e4ndigkeit der ph\u00e4nomenalen Systeme, die in anderer Hinsicht durch Johannes M\u00fcller so eindringlich betont wurde, der Gedanke nichts befremdendes mehr hat, es k\u00f6nnten einer physikalischen Variablen (der Schwingungszahl) zwei ph\u00e4nomenale entsprechen.\nJedoch, wir glauben nicht daran. Es ist Zeit, zu behaupten: Nicht Qualit\u00e4ten des Tongebietes neben anderen sind es, die wir untersuchen, es sind die Qualit\u00e4ten, die es \u00fcberhaupt besitzt. Tonh\u00f6hen aber, was sie auch sein m\u00f6gen, geh\u00f6ren an die Stelle nicht, die ihnen bisher einger\u00e4umt wurde.\nWir haben die neuen Qualit\u00e4ten mit denen anderer Sinne verglichen und fanden reichliche Beziehungen; wir vergleichen die Tonh\u00f6hen und finden gar keine. Kein Zweifel, an dieser Stelle enth\u00e4lt die bisherige Lehre von den Tonempfindungen einen Fehler. Wo ist das qualitative System, das so einf\u00f6rmig zwischen seinen Grenzen verl\u00e4uft, mit dem ad\u00e4quaten physikalischen System in seiner Homogenit\u00e4t so merkw\u00fcrdige \u00c4hnlichkeit besitzt? Keines will sich finden. Wo sind die Namen, diese \u201eQualit\u00e4ten\u201c zu bezeichnen, das \u201eS\u00fcfs\u201c und \u201eSauer\u201c, \u201eGelb\u201c und \u201eRot\u201c in einem Gebiet, wo das Namengeben so leicht w\u00e4re? Ein k\u00fcnstliches System, das dem Naiven fremd ist, und Analogien aus anderen Sinnesgebieten, durch die man in mehrfacher Hinsicht noch bedenklicher wird, verm\u00f6gen ihr Fehlen nicht zu verbergen. Und damit in engstem Zusammenhang: Wo sind die Ged\u00e4chtnisspuren, die ein Wiedererkennen, ein Reproduzieren und Allgemeinvorstellungen bestimmter Stellen des ganzen Systems erm\u00f6glichen? Nur die wenigen, die im Besitz des absoluten Tonbewufstseins sind, scheinen dergleichen zu besitzen, und so merkw\u00fcrdig sind die Eigenschaften ihrer F\u00e4higkeit, dafs sie als ein Ged\u00e4chtnis f\u00fcr Tonh\u00f6hen nicht lange mehr wird auf-gefafst werden k\u00f6nnen.\nWir wollen wieder keinen Beweis versuchen. Der Leser ist erstaunt, befremdet, der Autor war es auch einmal, und weifs aus Erfahrung, wie allein er die ganz anders gerichteten Gedanken anderer in so ungewohnte Bahnen lenken kann: Alles, was \u00fcber den Begriff der Tonh\u00f6he in einer sp\u00e4teren Arbeit zu sagen ist, wird von der negativen, was jetzt und im dritten Kapitel \u00fcber die Eigenschaften unserer Qualit\u00e4ten berichtet","page":44},{"file":"p0045.txt","language":"de","ocr_de":"[LV1II. J 03]\nAkustische Untersuchungen. IL\n45\nwerden soll, wird von der positiven Seite her unsere Behauptung immer plausibler erscheinen lassen.\n\u00dcber einige Gegenargumente indessen haben wir uns schon jetzt zu \u00e4ufsern. F\u00fcr die Phonetik, so k\u00f6nnte man sagen, m\u00f6gen diese neuen Qualit\u00e4ten die gr\u00f6fste Bedeutung haben, f\u00fcr die Musik, das ist die Hauptsache, kommen sie nicht in Betracht; da ferner in der Musik Tonh\u00f6hen doch immer das Wesentliche bleiben werden, so sind sie es auch f\u00fcr die Psychologie der Tonempfindungen, und die neuen Qualit\u00e4ten werden f\u00fcr die psychologische Akustik ein nicht sehr wesentliches Merkmal einfacher T\u00f6ne. Nun, der Verfasser ist mit dieser Auffassung der Tonpsychologie, als sei sie nur Hilfswissenschaft und Vorbereitung f\u00fcr die Musiktheorie, ganz und gar nicht einverstanden und betont mit Nachdruck, dafs keine praktische Anwendbarkeit, und sei es in der h\u00f6chsten aller K\u00fcnste, dar\u00fcber zu entscheiden hat, welchen Begriffen eine zentrale Stellung in der Theorie des ph\u00e4nomenalen Tonsystems zukommt. \u00dcbrigens haben die absoluten Tonh\u00f6hen \u2014 und nur solche kommen in diesem Zusammenhang als Qualit\u00e4ten in Betracht \u2014 f\u00fcr die Musik genau ebensowenig oder ebensoviel Bedeutung, wie das, was der Verfasser Qualit\u00e4ten nennt.\nAber k\u00f6nnte man nicht zweitens Analogien mit Empfindungen anderer Sinne auch heranziehen, um gegen unsere Behauptung zu argumentieren? Das Rot und Gr\u00fcn, das Warm und Kalt usw., die die Qualit\u00e4ten anderer Sinne sind, finden wir doch in der Tat als das \u201eEmpfindbare\u201c eben dieser Sinne, wo immer die Organe Reizen von hinreichender St\u00e4rke ausgesetzt sind, m\u00f6gen sie nun \u00e4ufsere oder innere sein. Und die Qualit\u00e4ten des Tongebietes sollten sich aufser in den Vokalen der Sprache nur in Versuchen dokumentieren, bei denen mit k\u00fcnstlich hergestellten einfachen T\u00f6nen gearbeitet wird? \u2014 Zun\u00e4chst, wenn es so w\u00e4re, \u2014 wir w\u00fcrden ruhig bei unserer Behauptung bleiben, gerade da nur von den Elementen akustischer Wahrnehmungen bisher die Rede war und noch nicht abzusehen ist, welche Ergebnisse aus ihrer Kombination entstehen k\u00f6nnen, aufser \u00f6 und \u00fc; denn diese und ihre \u00dcberg\u00e4nge ineinander kennt unsere Sprache wohl nur deshalb als die einzigen Beispiele, weil der Resonanzmechanismus von Mundh\u00f6hle und Zunge nur sie und nicht die \u00fcbrigen m\u00f6glichen Kombinationen hervorzubringen erlaubt. Wenn wir also nur zeigen k\u00f6nnen,","page":45},{"file":"p0046.txt","language":"de","ocr_de":"46\nWolfgang Kohler.\n[LVIII. 104]\nclafs zusammengesetzte Klangwahrnehmungen in jedem Falle aus Elementen bestehen, deren qualitativ \u201eEmpfindbares\u201c unseren Qualit\u00e4tenreihen angeh\u00f6rt, so verkehrt sich der angef\u00fchrte Einwand sogleich in eine Best\u00e4tigung unserer Behauptung.1 * Und leicht ist dieser Nachweis zu erbringen: Wir haben im ersten Kapitel \u00fcber Versuche berichtet, in denen einzelne und zwar die dominierenden Komponenten von gesungenen Vokalkl\u00e4ngen durch Ausschaltung der \u00fcbrigen mit dem Interferenzapparat isoliert wurden. Regelm\u00e4fsig hatten dabei die freigelegten reinen T\u00f6ne denjenigen Vokalcharakter, der T\u00f6nen ihrer H\u00f6he nach den Tabellen der Stimmgabelversuche zukommen mufs. Deshalb ja eben glauben wir mit unseren Beobachtungen eine nahezu vollst\u00e4ndige Erkl\u00e4rung der gesprochenen und gesungenen Vokale gefunden zu haben. \u2014 Wir benutzten ferner gegen die Formantentheorie die Resultate von Versuchen, in denen, wiederum mit dem Interferenzapparat, gegebene Vokale in andere verwandelt wurden. Diese Versuche wurden zun\u00e4chst planlos gemacht. Sie wurden sp\u00e4ter wiederholt unter der Voraussetzung, dafs jeder einfache Ton, der in einem Klange enthalten ist, in diesem ebendenselben Vokalcharakter besitzt, der ihm nach den mitgeteilten Tabellen zukommt, wenn er isoliert geh\u00f6rt wird. Ein gesungener Vokal besteht ja nicht nur aus den Teilt\u00f6nen, die in das f\u00fcr ihn charakteristische Gebiet fallen und durch ihre St\u00e4rke dem ganzen Klang ihre eigene Qualit\u00e4t verleihen. Sind sie durch Interferenz entfernt, so h\u00f6rt man die \u00fcbrigbleibenden Teilt\u00f6ne als einen neuen Vokalklang, dessen Charakter mit dem der nunmehr st\u00e4rksten Komponente \u00fcbereinstimmt. Es braucht nicht n\u00e4her ausgef\u00fchrt zu werden, wie man so bei einiger Kenntnis der Intensit\u00e4ten von Teilt\u00f6nen verschiedener H\u00f6he Vokalverwandlungen vornehmen kann, deren Ergebnis man auf Grund jener Tabellen vorausgesagt hat. \u2014 Es gibt schlechterdings \u2014 wir beschr\u00e4nken uns nat\u00fcrlich vorl\u00e4ufig auf das untersuchte Gebiet \u2014 keinen einfachen Ton, der die von uns Qualit\u00e4t genannte Eigenschaft nicht bes\u00e4fse. Auch Differenzt\u00f6ne, das ist ja nicht ganz selbstverst\u00e4ndlich, bilden keine Ausnahme: Die Prim\u00e4rt\u00f6ne c4 und #4, um irgend ein Beispiel herauszugreifen, geben den Differenzton c3, und dieser klingt,\n1 Wir sehen dabei von den Intervallfarben ab, die, ebenfalls quali-\ntativer Natur, in eine ganz andere Sph\u00e4re geh\u00f6ren.","page":46},{"file":"p0047.txt","language":"de","ocr_de":"[LVIII. 105 J\nAkustische Untersuchungen. 11.\n47\nmit dem freien Ohr herausgeh\u00f6rt, deutlich nach a, wie es den obigen Tabellen entspricht.1\nWir haben uns eben verteidigt, indem wir vorl\u00e4ufig an-nahmen, nur angen\u00e4hert einfache T\u00f6ne liefsen die neue Qualit\u00e4t h\u00f6ren. Aber auch diese Voraussetzung ist ganz und gar nicht richtig. Wer J\u00e4ger ist, der sieht und h\u00f6rt im Walde Dinge, die sich andere nicht tr\u00e4umen lassen. Er braucht lange Schulung,, um so weit zu kommen. Nicht einmal die ist n\u00f6tig f\u00fcr solche, die nur gelegentlich ihre Aufmerksamkeit gewissen Beobachtungen zuwenden wollen. \u2014 Wir hatten schon im ersten Kapitel (Seite 9) eine Bemerkung Hermanns zu zitieren, in der er darauf hinweist, \u201edafs zahlreiche Ger\u00e4usche, wie Knattern, Schmettern, Donnern, Klirren ihre Benennung von Ankl\u00e4ngen an Vokale erhalten haben, und zwar in allen Sprachen.\u201c F\u00fcr ihn war diese Tatsache ein Hinweis darauf, dafs die Vokale mit den Ger\u00e4uschen in besonders innigem Zusammenhang stehen k\u00f6nnten, uns gibt sie jetzt die Gewifsheit, dafs die Ger\u00e4usche, deren Nachahmung jene Worte sind, dominierende Tougruppen aus der H\u00f6he der verschiedenen Vokale enthalten, w\u00e4hrend die Konsonanten allein zur Wiedergabe der eigentlich ger\u00e4uschartigen Bestandteile 2 dienen. Die Beispiele aber, die Hermann gibt, sind nur vier unter vielen. Bei Auerbach (Winkelmanns Handb. d. Phys. II. Teil: Akustik, 2. Aufl., S. 276), der in ihnen ebenfalls nur Nachahmungen von Ger\u00e4uschen sieht, findet sich schon eine Art W\u00f6rterbuch solcher Ausdr\u00fccke, und wenn man die Gesamtheit aller Worte aus den verschiedenen Sprachen sammeln wollte, welche akustische Wahrnehmungen wiedergeben, so w\u00fcrde man wohl nur einen geringen Bruchteil von solchen darunter finden, die nicht durch die in ihnen enthaltenen Vokale (und Konsonanten) offenbar ihren Gegenstand nachzuahmen suchen. Und was wollen doch alle diese F\u00e4lle gegen\u00fcber der Unzahl von akustischen Eindr\u00fccken bedeuten, in denen, wer darauf achtet, ohne weiteres Vokale oder den Vokalen wenigstens \u00e4hnliche Mischformen neben Ger\u00e4uschen h\u00f6rt, die aber nicht zu gel\u00e4ufigen Ausdr\u00fccken der nachahmenden Volkssprache geworden sind, so dafs wir \u2014 eigene Erfahrung des Lesers ist doch durch\n1\tc3 hat 1024 Schwingungen.\n2\tDiese Bezeichnung enth\u00e4lt ein St\u00fcck Theorie, das sicher nicht ganz\nrichtig ist. Wir werden im dritten Kapitel darauf zur\u00fcckkommen.","page":47},{"file":"p0048.txt","language":"de","ocr_de":"48\nWolfgang K\u00f6hler.\n[LVIIL 106]\neine H\u00e4ufung von nahe genug liegenden Beispielen nicht zu ersetzen \u2014 geradezu sagen k\u00f6nnen: Die Farben, in denen die nat\u00fcrliche 1 akustische Wahrnehmungswelt gemalt ist, sind aufser Ger\u00e4uschen2 Glieder unserer Qualit\u00e4tenreihen oder Kombinationen von solchen. Zumal wer sich ein wenig \u00fcbt, \u00fcber die ungef\u00e4hre Zusammensetzung der Mischvokale zu urteilen, die z. B. ein leichter Schlag mit irgend einem Gegenstand gegen einen anderen erzeugt, kann \u00fcber die Richtigkeit dieses Satzes nicht lange im Zweifel bleiben. Ein einziges Beispiel, durch das wir eine fr\u00fcher er\u00f6rterte Frage f\u00fcr einen Augenblick von ganz anderer Seite wieder aufnehmen, sei noch gestattet. Die von uns damals bek\u00e4mpfte Klangfarbentheorie, welche die Helm-HOLTZsche Theorie der Vokale auf Instrumente \u00fcbertr\u00e4gt, behauptet z. B. von der Trompete, dafs sie ein f\u00fcr deren Klangfarbe charakteristisches Resonanzgebiet am oberen Ende der dreigestrichenen Oktave besitze. Wir vergleichen unsere Tabellen; danach m\u00fcfste, falls jene Theorie richtig ist, die Trompete in jeder H\u00f6he wie \u00e4\u2014e klingen. L\u00e4fst man sich aber die Trompete Ton f\u00fcr Ton vielleicht durch zwei Oktaven Vorspielen, so findet man \u2014 ein Instrumentenmacher, der keine Ahnung von diesen Untersuchungen hat, machte auf meine Frage hin diese Angabe, und ich schrieb sie schon vorher nach eigener Beobachtung genau so nieder \u2014 dafs die Trompete allerdings in allen H\u00f6hen Kl\u00e4nge gibt, die ohne weiteres als bestimmten Vokalen \u00e4hnlich zu bezeichnen sind, dafs aber ihr Vokalcharakter von a\u2014o in der Tiefe \u00fcber a nach \u00e4, weiter nach e und e\u2014i sich verschiebt, weil eben die Intensit\u00e4tsverh\u00e4ltnisse der Partialt\u00f6ne ungef\u00e4hr die gleichen bleiben und die von vornherein st\u00e4rkste Obertongruppe allm\u00e4hlich immer weiter in der Skala hinaufsteigt.3 Das l\u00e4fst sich wohl als Argument verwenden sowohl f\u00fcr die Frage, die uns eben vor allem interessiert, wie f\u00fcr die Widerlegung jener Klangfarbentheorie.\nEin weiterer Einwand, den man uns machen k\u00f6nnte, st\u00fctzt sich darauf, dafs das Moment, welches wir als Qualit\u00e4t bezeichnen,\n1\tSo schr\u00e4nken wir wieder unsere Behauptung ein, weil in der Musik (in Kl\u00e4ngen und Zusammenkl\u00e4ngen also) neben den Qualit\u00e4ten, die schon einfache T\u00f6ne haben, unserer Meinung nach noch Intervallqualit\u00e4ten auf-treten.\n2\tVgl. Anm. 2 auf voriger Seite.\n3\tVgl. hierzu auch die Anmerkung 2, S. 9.","page":48},{"file":"p0049.txt","language":"de","ocr_de":"[LVIII. 107]\nAkustische Untersuchungen. II.\n49\nja nur von dem Anfang der kleinen bis zum Ende der vier-gestrichenen Oktave nachgewiesen sei, w\u00e4hrend doch die Tonreihe sich nach beiden Seiten noch erheblich weiter erstrecke. Was man Qualit\u00e4ten eines Sinnesgebietes nennt, so k\u00f6nnte man sagen, das m\u00fcfste doch in allen Empfindungen eben dieses Gebietes nachzuweisen sein. \u2014 Dieser Einwand ist wohl der beste, den man dem Verfasser nach seinen bisherigen Mitteilungen machen k\u00f6nnte. Urspr\u00fcnglich vermutete er, dafs sich vom u und vom i aus beiderseits Endstrecken ohne qualitative Ver\u00e4nderung anschliefsen, wie sie an den Grenzen des sichtbaren Farbenspektrums ja auch gegeben sind, dafs also die tiefen T\u00f6ne unterhalb der untersuchten s\u00e4mtlich in gleicher Weise wie w, die h\u00f6chsten bis zur oberen H\u00f6rgrenze wie i kl\u00e4ngen. Aber er wurde schon in den mitgeteilten Versuchsreihen eines besseren belehrt durch die wiederholte Angabe seiner Versuchspersonen, dafs die tiefsten dargebotenen T\u00f6ne zwar nach u kl\u00e4ngen, aber kein gutes, sondern ein \u201edumpfes\u201c u g\u00e4ben, und dafs andererseits eine Gabel von 4800 Schwingungen \u2014 sie kam nur gelegentlich zur Beurteilung \u2014 schon jenseits des guten i liege, ohne dafs man angeben k\u00f6nne, welcher Art die Abweichung sei. Wir erw\u00e4hnen diese Beobachtung vorl\u00e4ufig nur, um zu zeigen, dafs die h\u00f6chsten und tiefsten T\u00f6ne, die beurteilt wurden, zwar noch als verwandt mit den Vokalen i und u erkannt wurden, aber auch zugleich fremdartige Nuancen zeigten, die an die M\u00f6glichkeit von Qualit\u00e4ten aufserhalb des untersuchten Gebietes denken lassen. Im dritten Kapitel werden wir an Beispielen zeigen, dafs damit der besprochene Einwand, wie es bei einer richtigen Theorie sein mufs, in eine vollkommene Best\u00e4tigung unserer Meinung umschl\u00e4gt oder vielmehr Anlafs zu einer Verallgemeinerung derselben gibt, deren Bedeutung der Verfasser bisher nicht zu \u00fcbersehen vermag.\nEndlich k\u00f6nnte man sich noch aus folgendem Grunde gegen unsere Behauptung ablehnend verhalten: Die akustischen Wahrnehmungen sind einerseits seit Pythagoras und vor allem seit Aristoteles und seinen Sch\u00fclern so oft untersucht worden, haben zu verschiedenen Zeiten so sehr im Vordergr\u00fcnde des Interesses von Physikern, Physiologen und Psychologen ersten Ranges gestanden, andererseits sollen doch die behaupteten Tatsachen so allgemein durch das Gebiet des Tonsinnes verbreitet sein, dafs man geneigt sein kann, dieses Widerspruches wegen\nStumpf, Beitr\u00e4ge VI.\t4","page":49},{"file":"p0050.txt","language":"de","ocr_de":"50\nWolfgang K\u00f6hler.\n[LVIIL 108]\nihnen vorl\u00e4ufig die Anerkennung zu versagen. Seit Helmholtz vollends hat die Stimmgabel als akustisches Instrument allgemeine Verbreitung gefunden, v\u00f6llig reine T\u00f6ne sind des \u00f6fteren mit dem Interferenzapparat hergestellt worden, und eine so auff\u00e4llige Beobachtung wie die des Verfassers sollte den Forschem entgangen sein? \u2014 Einem solchen Argument gegen\u00fcber mufs ich zun\u00e4chst auf meine Tabellen und das folgende Kapitel verweisen: selbst wenn schon Aeistoxenos mit Stimmgabeln und Interferenzr\u00f6hren gearbeitet h\u00e4tte \u2014 ich mufs bei meiner Behauptung bleiben. Es ist aber daran zu erinnern, dafs der gleiche Einwand gegen die Beobachtung zu erheben w\u00e4re und erhoben worden ist, dafs Kl\u00e4nge von Instrumenten aus einer ganzen Reihe von z. T. sehr starken Teilt\u00f6nen zusammengesetzt sind, wie ebenso gegen die andere, dafs bei weitem die Mehrzahl aller Zusammenkl\u00e4nge von h\u00f6rbaren Differenzt\u00f6nen begleitet wird. Beide Erscheinungen sind darum nicht weniger real, haben keine geringere Bedeutung f\u00fcr die Tonpsychologie, weil sie erst vor wenigen Jahrhunderten entdeckt wurden. K\u00f6nnte es in unserem Falle nicht ebenso stehen, und nachdem einmal darauf aufmerksam gemacht wurde, bald eine allgemein bekannte Tatsache werden, was aus irgend welchen Gr\u00fcnden so lange nicht bemerkt wurde? \u2014 Aber wir haben wirklich keinen Grund, dem Einwand soweit nachzugeben, wie wir es in diesem Augenblick zu tun scheinen. Gut, die Forscher m\u00f6gen es nicht bemerkt haben, wie vokal\u00e4hnliche Momente \u00fcberall in den Wahrnehmungen des Tonsinnes enthalten sind. Beobachtet wurde es sicher und konnte seine Wirkungen zeigen in eben den tausend onomatopoetischen Wendungen, in denen die V\u00f6lker aller Rassen und aller Zeiten nachzuahmen bem\u00fcht waren, wie dieses oder jenes Tier ruft, singt und schreit, wie die Instrumente von den einfachsten bis zu denen des modernen Orchesters klingen, wie \u00fcberhaupt die Vorg\u00e4nge, welche sich dem Ohr mehr oder weniger deutlich zu erkennen geben, f\u00fcr das wahrnehmende Bewufstsein \u201elauten\u201c. Die Antwort haben wir auch auf diesen Einwand zu geben und haben sie absichtlich wiederholt, obwohl sie mit derjenigen \u00fcbereinstimmt, die wir auf das erste der angef\u00fchrten Bedenken gaben. \u2014 Endlich ist es gar nicht richtig, dafs unsere Beobachtung von anderen Akustikern nicht auch gemacht w\u00e4re ; die uns allen anhaftende Gewohnheit, Erscheinungen als \u201ezuf\u00e4llig\u201c unbeachtet zu lassen, die keinen Zusammenhang mit","page":50},{"file":"p0051.txt","language":"de","ocr_de":"[LVIIL 109]\nAkustische Untersuchungen. II.\n51\nunseren derzeitigen theoretischen \u00dcberzeugungen erkennen lassen, hat nur verhindert, dafs gelegentlich Bemerktes planm\u00e4fsig untersucht und zu dem allgemeinen Befund erweitert wurde, der der Natur der Sache nach m\u00f6glich gewesen w\u00e4re. Bereits im 1. Teil dieser Untersuchungen (diese Beitr\u00e4ge IV, S. 181) wurden aus einer bald 80 Jahre alten Arbeit von Willis Beobachtungen zitiert, die den Autor vielleicht heute zu denselben Folgerungen veranlafst h\u00e4tten, wie wir sie gezogen haben. \u2014 Der \u00c4sthetiker K\u00f6stlin, so entnehme ich der Arbeit v. Quantens \u00fcber Vokale (Poggend. Ann. 154. 1875), fand, dafs das Fagott dem \u00ab, das Waldhorn dem o, die Posaune dem a, die Oboe dem \u00e4, die Trompete endlich dem e \u00e4hnlich klinge, ja dafs bei allen Instrumenten in gewissen Tonlagen ein Vokallaut mehr oder weniger vorherrschend auf tritt: in den tiefen T\u00f6nen das a, in den mittleren das e und in den h\u00f6chsten das i. Nach Grassmann1 zeigen schon die einfachen T\u00f6ne (Stimmgabeln vor Resonatoren) \u201eaufs entschiedenste den Charakter dieser Reihe, n\u00e4mlich die tiefen T\u00f6ne bis etwa zu c3 hinauf den Charakter eines in der Tiefe dumpfen, dann immer heller werdenden, zuletzt dem \u00fc sich n\u00e4hernden u, von c3 bis etwa zu e4 den Charakter des \u00fc, von da ab bis zu beliebiger H\u00f6he den des i.u Diese z. T. unrichtigen Beobachtungen erinnern mich lebhaft an Protokolle aus den geschilderten Vorversuchen, die die ersten Urteile von Anf\u00e4ngern enthalten. Dafs eine Verwandtschaft zwischen dem Klang von Stimmgabeln und Vokalen besteht, ist zum wenigsten erkannt, aber Grassmann hatte mehr Achtung vor mathematischen Theorien als vor Beobachtungen, selbst wenn diese von ihm selbst gemacht waren, und so finden wir gegen Schlufs der Arbeit eine vollst\u00e4ndige Geometrie der Vokale entwickelt und daneben, im Widerspruch zu dem, was der Autor selbst geh\u00f6rt hat, den Satz, dafs man \u201ean den einfachen T\u00f6nen nur ihre Tonh\u00f6he und ihre Tonst\u00e4rke unterscheiden\u201c k\u00f6nne. \u2014 Die GRASSMANNsche Theorie wollte Lahr2 nachpr\u00fcfen, indem er Vokale aus Stimmgabelkl\u00e4ngen zusammensetzte. Dabei hatte es \u201ebeinahe den Anschein, als sei der Vokal u durch einen einfachen Ton darzustellen\u201c. Aber nicht durch einen beliebigen; denn \u201eder Klang einer auf einen hohen Ton abgestimmten Gabel (ist) dem i-Klang sehr \u00e4hnlich.\u201c\n1\tWiedemanns Annalen I. 1877.\n2\tAnnalen d. Physik n. Chemie. 1886.\n4*","page":51},{"file":"p0052.txt","language":"de","ocr_de":"52\nWolfgang Kohler.\n[LVIIL 110]\nEine Gabel von 1000 Schwingungen, mit mehreren tieferen zusammen angeschlagen, gibt ihm ein a, so dafs dieser Ton wirklich f\u00fcr a charakteristisch scheint. Leider \u201e\u00fcberzeugt man sich aber, dafs er nach Ausl\u00f6schen der \u00fcbrigen sofort wie u klingt\u201c. \u2014 Die z. T. schon fr\u00fcher zitierte Stelle einer gegen Hermann gerichteten Abhandlung von Hensen 1 lautet vollst\u00e4ndig: \u201eHermann sieht in den Vokalkl\u00e4ngen etwas ganz Besonderes, Exzeptionelles. F\u00fcr gesungene Vokale gebe ich das nicht zu. Oft h\u00f6re ich in den Kl\u00e4ngen eines Cello, einer Violine, dem Anschein nach eine menschliche Stimme Vokale singen, ja selbst gewisse Stimmgabeln singen ziemlich deutlich Vokale.\u201c \u2014 Aber was will das alles heifsen gegen die Beobachtungen, die v. Wesendonk2 im vergangenen Jahre mitgeteilt hat: um ein Haar, so h\u00e4tte ihn, was er h\u00f6rte, zu unseren Anschauungen geradezu zwingen m\u00fcssen. Er stellt Vokale mit angeblasenen Flaschen k\u00fcnstlich her und bemerkt dabei, dafs die Flaschent\u00f6ne bis b2 wie u, von b8 bis Z*4 * * wie % fs und d8 mehr wie \u00df, ass wie e klingen. Ganz wie es meinen Versuchspersonen zu gehen pflegte, entdeckt er, nachdem offenbar u und i von vornherein deutlich gewesen waren, zun\u00e4chst e und a unterhalb von i. Allein das o fehlt: Zusatz eines starken Tones aus der Gegend des b1 verleiht einer Tonmehrheit o-Charakter, \u201eobwohl doch die einzelnen T\u00f6ne nach u klingen\u201c. Alle Vokale bis auf einen also sind in nahezu einfachen T\u00f6nen aufgefunden worden, ft1, das nach Helmholtz Resonanznote f\u00fcr o ist, klingt noch nach u (in der Tat gibt es ein o\u2014m), \u2014 h\u00e4tte es nicht nahe gelegen, etwas h\u00f6her nach einem o zu suchen? Auch v. Wesendonk wird durch seine Beobachtungen an der \u00fcberlieferten Lehre nicht irre.\nWie kommt es aber, dafs sowohl Grassmann wie Lahr \u00fcbereinstimmend mit dem anf\u00e4nglichen Verhalten vieler meiner Versuchspersonen, solange sie noch unge\u00fcbt sind, die Stimmgabelt\u00f6ne bis etwa c3 hinauf f\u00fcr \u00ab-\u00e4hnlich erkl\u00e4ren? Vermutlich dadurch, dafs sie alle die \u00c4hnlichkeit zwischen Vokalen und Stimmgabelt\u00f6nen in einer Richtung suchen, auf die es gar nicht ankommt. Helmholtz bemerkt an einer Stelle, die von \u201eKl\u00e4ngen\n1\tZeitschr. f. Biologie 28. 1891.\n2\tPhys. Zeitschr. 10. 1909. Die Arbeit v. Wesendonks ist um einige\nMonate fr\u00fcher erschienen als die des Verfassers, aber erst 3/4 Jahre nach\nderen Abschlufs von ihm bemerkt worden. Die Priorit\u00e4t f\u00fcr die Angabe,\ndafs einfache T\u00f6ne gewisser H\u00f6hen wie a, andere wie e klingen, geb\u00fchrt\ndem genannten Forscher.","page":52},{"file":"p0053.txt","language":"de","ocr_de":"[LVIII. Ill]\nAkustische Untersuchungen. 11.\n53\nohne Obert\u00f6ne\u201c 1 2 3 4 handelt, dafs \u201eunter den menschlichen Stimmlauten das u diesen einfachen T\u00f6nen am n\u00e4chsten kommt\u201c, d. h., dafs es der einfachste Klang unter den menschlichen Vokalen ist. Der Verfasser h\u00e4lt es f\u00fcr sehr wahrscheinlich, dafs die Verwandtschaft in dieser Hinsicht es ist, die reine T\u00f6ne im Anfang als w-\u00e4hnlich bezeichnen l\u00e4fst, welche der Qualit\u00e4t nach o und a benannt werden m\u00fcfsten. Bei e und besonders i dagegen macht sich die qualitative Entfernung vom u von vornherein so stark geltend, dafs jener Irrtum nicht aufkommen kann.\nDrei andere Forscher haben zwar keine Beobachtungen \u00fcber die Vokal\u00e4hnlichkeit einfacher T\u00f6ne gemacht, aber offenbar von dem mageren Begriff der Tonh\u00f6he nicht befriedigt, den eigentlichen Inhalt, der T\u00f6ne gleichsam erf\u00fcllt, auf mancherlei Weise in das theoretische Tonsystem einzuf\u00fchren gesucht : Mach, 2 indem er die Tonh\u00f6hen aus etwas ganz anderem, dem \u201edumpf\u201c und \u201ehell\u201c zusammenzusetzen suchte, Stumpe, 3 als er den Begriff der Tonfarben einf\u00fchrte, Brentano, 4 indem er eine Anzahl von Analogien mit dem Farbensinn heranzog, die auf Tonh\u00f6hen gewifs nicht passen.\nIII. Die ausgezeichneten Punkte des ph\u00e4nomenalen Tonsystems.\n\u201eIst uns das reine A nicht eine ebenso scharf charakterisierte und einheitliche Empfindung wie das reine Weifs?\u201c v. Kkies. 1904.\nDer allgemeinste Satz \u00fcber Sinnesempfindungen, den wir haben, ist das Gesetz der spezifischen Energien. Wir k\u00f6nnen uns nicht entschliefsen, irgend Wesentliches an ihm aufzugeben, nachdem alle Angriffe, die man versucht hat, nebenbei getroffen und neuere Untersuchungen der niederen Sinne nur immer weitere Best\u00e4tigungen seines Hauptgehaltes gebracht haben. F\u00fcr unseren gegenw\u00e4rtigen Zweck fassen wir seinen Inhalt, den Joh. M\u00fcller in sieben Unters\u00e4tze teilte, dahin zusammen, dafs die Empfindungsinhalte der einzelnen Sinnesgebiete den Reizen, durch die sie veranlafst werden, v\u00f6llig heterogen und ihre physiologischen Korrelate so selbst\u00e4ndig und stabil sind, dafs sie auf beliebige Reizung, \u00e4ufsere wie innere, ad\u00e4quate wie\n1\tLehre v. d. Tonempf. S. 119 f.\n2\tAnalyse der Empfindungen.\n3\tRev. philos. 20. 1885 und Tonpsych.\n4\tUntersuchungen z. Sinnespsychologie. 1907.","page":53},{"file":"p0054.txt","language":"de","ocr_de":"54\nWolfgang Kohler.\n[LVIIL 112]\ninad\u00e4quate, entweder mit den ihnen ein f\u00fcr allemal eigent\u00fcmlichen Erregungen und den zugeh\u00f6rigen Inhalten oder \u00fcberhaupt nicht reagieren.1\nTatsachen, die einem jeden, zumal aus der Lehre vom Lichtsinn, gel\u00e4ufig sind, zwingen dazu, zu diesem ersten Satz einen zweiten hinzuzuf\u00fcgen, der, wie der vorige im wesentlichen negativen Inhalts, seine positive Seite nur in der Untersuchung-einzelner Sinnesgebiete zeigen kann. Negativ ist er, weil er wie der erste eine Abwehr gegen\u00fcber verbreiteten Vorurteilen bedeutet. Ausdr\u00fccklich formuliert mufs er werden, obwohl er implicite in fast jeder Untersuchung ph\u00e4nomenaler Systeme ausgesprochen ist, weil erst seine allgemeine Fassung zeigt, dafs sein Inhalt von einiger Tragweite ist. \u2014 Man k\u00f6nnte meinen, in dem ganz heterogenen Material von Inhalten, die ein Sinnesgebiet ausmachen, werde die Gesamtheit physikalischer Reize, die man die ad\u00e4quaten nennt, wenigstens insofern getreu abgebildet, als alle Eigenschaften des physikalischen Systems sich in denen des nur inhaltlich verschiedenen ph\u00e4nomenalen wiederf\u00e4nden. Das gerade ist nicht der Fall. Eben die Gesetze, die ein ph\u00e4nomenales System als System beherrschen, die ordinalen oder formalen Eigenschaften, die es besitzt, weichen so sehr von denen des ad\u00e4quaten Reizsystems ab, dafs, ganz abgesehen von der inhaltlichen Unvergleichbarkeit, im allgemeinen nur eine komplizierte Funktion die Beziehungen zwischen der Anordnungsweise hier und dort wiederzugeben vermag. Wir weisen, wie angedeutet, auf diese l\u00e4ngst bekannte Tatsache nur deshalb ausdr\u00fccklich hin, weil sie einmal von einer noch immer verbreiteten Erkenntnistheorie nicht gen\u00fcgend beachtet wird, und zweitens, weil die folgenden Mitteilungen uns als ein neuer Beitrag zu der alten Erkenntnis erscheinen.\nBisher wurde von dem Qualit\u00e4tensystem, das wir nachgewiesen haben, nur in dem Sinne gesprochen, wie etwa Wundt von der Farbengesamtheit spricht, als ob also durch nicht viel\n1 Der Verfasser verkennt nicht die Bedeutung, die entwicklungsgeschichtliche Betrachtungen bei der genetischen Erkl\u00e4rung f\u00fcr die zweite H\u00e4lfte dieses Satzes haben, sieht aber nicht ein, inwiefern er selbst dadurch minder richtig w\u00fcrde. \u00dcber seine Ausdehnung auf Einzelqualit\u00e4ten abschliefsend zu urteilen, ist wohl bei dem gegenw\u00e4rtigen Stand der eigentlichen Sinnesphysiologie, also der Lehre von den Sinnesorganen in weitestem Sinne, noch nicht m\u00f6glich.","page":54},{"file":"p0055.txt","language":"de","ocr_de":"[LVIIL 113]\nAkustische Untersuchungen. 11.\n55\nmehr als sprachliche Gewohnheiten bedingt w\u00e4re, an welcher Stelle der Tonreihe die Versuchspersonen ein reines u, ein reines o usf. finden. Nur gelegentlich bei Schilderung der Vorversuche wurde darauf hingewiesen, wie merkw\u00fcrdig gut die von verschiedenen Beobachtern als reine Vokale bezeichneten T\u00f6ne der Schwingungszahl nach \u00fcbereinstimmen. Wir haben unsere Tabellen noch nicht zu Ende gelesen : Wie steht es bei den Hauptversuchen mit dieser \u00dcbereinstimmung? Herr Hr. v. A. stammt aus K\u00e4rnten, Herr G. ist Rheinl\u00e4nder, der Verfasser kann, nachdem er als Kind sein Geburtsland verlassen und h\u00e4ufig den Wohnort gewechselt hat, h\u00f6chstens Spuren einer s\u00e4chsischen Mundart behalten haben, spricht aber im ganzen dialektfrei. Wenn schon die Sprache auch der beiden anderen Beobachter keine auffallenden Lokalf\u00e4rbungen zeigt, \u2014 sollte man nicht doch deren Herkunft in den Tabellen gewissermafsen fixiert finden? Wir entnehmen aus diesen f\u00fcr jeden Beobachter diejenigen beiden Tonh\u00f6hen, auf die am meisten Urteile \u201ereines o, au usf. entfallen sind, indem wir das u aus sp\u00e4ter anzugebenden Gr\u00fcnden vorl\u00e4ufig beiseite lassen. Hinter den Tonh\u00f6hen sind die zugeh\u00f6rigen Urteilszahlen angegeben.\n\tv. A.\tG.\tK.\n\t480 (11)\t550 (4)\t435 1 (9)\n0\t550 (7)\t600 (10)\t550 (11)\n\t1200 (7)\t1100 (14)\t1100 (13)\na\t1865 (9)\t1200 (13)\t1200 (10)\n\t1920 (2)\t1920 (6)\t2000 (10)\ne\t2400 (10)\t2000 (6)\t2400 (11)\n\t3840 (15)\t3840 (11)\t3840 (12)\ni\t4000 (14)\t4000 (13)\t4000 (13)\nDie Unterschiede sind gering, am meisten weicht noch das a des Herrn v. Allesch ab und das o des Herrn Gothot, w\u00e4hrend jedesmal die beiden anderen Beobachter besser \u00fcbereinstimmen; aber weniger auff\u00e4llig ist an diesen Zahlen, dafs sie f\u00fcr jeden Vokal bei den verschiedenen Beobachtern einander nahe liegen, als dals sie f\u00fcr verschiedene Vokale mit grober Ann\u00e4herung in Oktaven zueinander stehen; der Verfasser meinte, als er diesen\n1 \u00dcber 329, auf das ebensoviel Urteile entfallen sind, wie auf 435, vgl. S. 38. Auch das zwischen 435 und 550 liegende 480 ist nur um einmal weniger mit o bezeichnet worden.","page":55},{"file":"p0056.txt","language":"de","ocr_de":"56\nWolfgang K\u00f6hler.\n[LVIIL 114]\nUmstand bemerkte, es m\u00f6chte ihm vielleicht eine Gesetzm\u00e4fsig-keit zugrunde liegen, da die Abweichungen auf den argen Fehlern der bisherigen Versuche beruhen k\u00f6nnten, und entschlofs sich, der Sache auf den Grund zu gehen.\nVon vornherein war einleuchtend, dafs eine genaue Untersuchung nicht mit Stimmgabelkl\u00e4ngen, sondern nurmehr mit reinen T\u00f6nen angestellt werden konnte, schien es doch zun\u00e4chst, als m\u00fcfsten die Abweichungen der reinen Vokale vom Oktavenabstand, wenn diese Andeutung einer Gesetzm\u00e4fsigkeit \u00fcberhaupt in der Natur der Sache begr\u00fcndet und nicht zuf\u00e4llig war, allein auf die zusammengesetzte Natur der beurteilten Wahrnehmungen zur\u00fcckgef\u00fchrt werden. Und zweitens, da eine derartige Gesetzm\u00e4fsigkeit nur durch die Annahme verst\u00e4ndlich wurde, die reinen Vokale seien irgendwie in der Empfindung ausgezeichnete Punkte, so lag es nahe, die Versuche mit reinen T\u00f6nen nicht nach der bisher verwandten Konstanzmethode, sondern als Einstellungen nach der Methode der Minimal\u00e4nderungen vorzunehmen, ganz analog dem Verfahren, das im Gebiete des Lichtsinnes zur Auffindung der Urfarben schon mehrfach in Anwendung gekommen ist. Als Analogon f\u00fcr den Spektralapparat war in unserem Falle der STERNsche Tonvariator von selbst gegeben, um so mehr, als seine angeblasenen Flaschen von stetig zu variierender Tonh\u00f6he zwar keineswegs reine T\u00f6ne, aber doch wenigstens Kl\u00e4nge liefern, die schon wegen der Schw\u00e4che der geradzahligen Teilt\u00f6ne 1 zu den einfachsten geh\u00f6ren, die man bis auf weiteres hersteilen kann. V\u00f6llige Reinheit der T\u00f6ne mufste durch Interferenzen angestrebt werden. Nun w\u00e4ren die Versuche undurchf\u00fchrbar geworden, h\u00e4tten wir f\u00fcr jeden der vielen einander folgenden T\u00f6ne, unter denen die Versuchsperson den reinen Vokal suchen sollte, jedesmal die zugeh\u00f6rige Einstellung der Interferenzr\u00f6hren vornehmen wollen. Eben die Eigenschaft der Interferenzr\u00f6hren aber, die uns bei den Versuchen des ersten Kapitels so l\u00e4stig war, gab hier die bequemste L\u00f6sung an die Hand. Die Strecke der Skala, die durch ein und dieselbe Interferenzeinstellung zum Verschwinden gebracht wird, ist so grofs, dafs man leicht mit\n1 Sie sind immerhin vorhanden, trotzdem es sich um gedackte Pfeifen handelt; wird der Grundton durch Interferenz vernichtet, so springt der Klang um eine Oktave in die H\u00f6he, damit ist der zweite Teilton nachgewiesen.","page":56},{"file":"p0057.txt","language":"de","ocr_de":"[LVIIL 115]\nAkustische Untersuchungen. II.\n57\ndrei auf nicht ganz gleiche Schwingungszahlen eingestellten Interferenzen das Gebiet einer grofsen Terz obertonfrei machen kann; denn das Wirkungsgebiet der auf einen mittleren Wert eingestellten Interferenzr\u00f6hren greift in die nahe dar\u00fcber und darunter gelegenen Zonen \u00fcber, die von den beiden anderen R\u00f6hren obertonfrei gehalten werden. H\u00e4tten die h\u00f6heren Partialschwingungen der STEENschen Flaschen gr\u00f6fsere Intensit\u00e4t, als sie tats\u00e4chlich besitzen, so w\u00e4re freilich mit drei R\u00f6hren f\u00fcr jeden Oberton das Ziel nicht erreicht gewesen, da eine einzelne R\u00f6hre einen st\u00e4rkeren Ton nicht vollst\u00e4ndig zum Verschwinden bringt und an den R\u00e4ndern des angegebenen Gebietes doch nur die Wirkung je einer R\u00f6hre in Betracht kommt; bei den zun\u00e4chst zu schildernden Versuchen haben wir keine Beimischung von Obert\u00f6nen bemerken k\u00f6nnen, wiederholte Kontrolle durch Ausl\u00f6schen auch noch des Grundtones gab stets das zu erwartende Resultat, dafs \u00fcberhaupt nichts mehr von dem Klange \u00fcbrig blieb. Sollte indessen hier und da trotzdem ein Oberton im Spiele gewesen sein, so ist das f\u00fcr unsere Schl\u00fcsse gleichg\u00fcltig : Er kann die Resultate ja nicht wohl verbessert haben. Bei sp\u00e4teren Versuchen, in denen besonders grofse Vorsicht am Platze war, waren wir in der gl\u00fccklichen Lage, 24 Interferenzr\u00f6hren zu besitzen.\nIm \u00fcbrigen ist die Versuchsanordnung einfach genug: Die Schalleitung lief von der jeweils benutzten Flasche des Tonvariators durch die beiden W\u00e4nde eines Zwischenzimmers, das die Schallisolierung verbesserte, in den Beobachtungsraum; hier erst waren die Interferenzapparate angeschlossen, von deren zweiter M\u00fcndung ein Schlauch zum Ohr des Beobachters f\u00fchrte. W\u00e4hrend der ersten Versuchsreihen wurde der Ton im Beobachtungszimmer durch einen Resonator verst\u00e4rkt, dessen Eigenton selbstverst\u00e4ndlich nicht in das untersuchte Gebiet fiel, in den sp\u00e4teren wurde er jedoch fortgelassen, weil auf diesem Wege zwar die meisten T\u00f6ne ein wenig, aber auch alle ungleich verst\u00e4rkt wurden. Den Intensit\u00e4tsunterschied zwischen den Flaschen, die bei verschiedenen Vokalen benutzt wurden, zu beseitigen, haben wir gar nicht erst versucht, da ja jeder Mafsstab f\u00fcr eine Vergleichung der St\u00e4rken so verschiedener T\u00f6ne fehlt. Auch geringe Urteilsverschiebungen, die auf diesem Wege entstanden sein k\u00f6nnten, d\u00fcrften die Resultate nur verschlechtert haben. \u2014 Die weiterhin zu erw\u00e4hnenden Signale gab die Ver-","page":57},{"file":"p0058.txt","language":"de","ocr_de":"58\nWolfgang Kohler.\n[LVIIL 116J\nsuchsperson, indem sie den Stromschl\u00fcssel einer elektrischen Leitung schlofs, die vom Beobachtungszimmer in den Raum des Experimentators f\u00fchrte und hier durch den Elektromagneten einer Glocke, sp\u00e4terhin, weil die Signale dann deutlicher wurden, durch den eines Schallhammers ging.\nIn den ersten Vorversuchen war der Verfasser Beobachter, Versuchsleiterin, wie in allen F\u00e4llen, wo er Versuchsperson war, mit immer gleichem Interesse Fr\u00e4ulein v. Maltzewt. Es handelte sich um Einstellung eines reinen o. Nach den Versuchen, die im zweiten Kapitel mitgeteilt sind, war reines o in der N\u00e4he von c2 zu erwarten. Tatonnierende Versuche zeigten in der Tat, dafs v\u00f6llig reine T\u00f6ne in der N\u00e4he von a1 mit Sicherheit als zwischen o und u liegend erkannt werden konnten. Es wurde zun\u00e4chst so verfahren, dafs einer von diesen T\u00f6nen f\u00fcr wenige Sekunden angegeben, dann der anblasende Luftstrom unterbrochen und erst, nachdem die Flasche des Tonvariators ein wenig h\u00f6her gestimmt war, wieder zugeleitet wurde usf. Der Versuchsperson wurden also, durch ganz kurze Zeitstrecken voneinander getrennt, reine T\u00f6ne von allm\u00e4hlich wachsender Schwingungszahl vorgef\u00fchrt, und die Aufgabe war einfach, durch das Glockensignal Halt zu gebieten, wenn das reine o erreicht schien.\nSchon die ersten Vorversuche waren in gewissem Sinne entscheidend. Mit einer Deutlichkeit, die er gar nicht erwartet hatte, konnte der Verfasser verfolgen, wie die u- Nuance, die in den tiefsten der dargebotenen T\u00f6ne noch ganz betr\u00e4chtlich gewesen war, Schritt f\u00fcr Schritt zugunsten des o herausfiel, wie sie sich dann eben noch bemerken liefs, wie endlich ein o ohne jede Beimischung zu sein schien, und sogleich darauf unverkennbar die ersten Spuren einer Beimischung von a auftraten. \u2014 Dabei wurde auch schon deutlich, dafs selbst bei Verwendung v\u00f6llig reiner T\u00f6ne Versuche wie die des vorigen Kapitels \u00fcber die nunmehr aufgeworfene Frage schlechterdings nicht entscheiden k\u00f6nnen. Denn nicht durch eine isolierte Beurteilung jedes einzelnen der sukzessiv dargebotenen T\u00f6ne auf seine Vokal\u00e4hnlichkeit war die unerwartete subjektive Sicherheit zu erreichen, die den Verfasser an diesen neuen Versuchen \u00fcberraschte, sondern allein durch ein aufmerksames Verfolgen der ganzen Reihe, in der das Verschwinden einer \u201eKomponente\u201c (in unserem Falle des u) und das erste Auftauchen einer neuen","page":58},{"file":"p0059.txt","language":"de","ocr_de":"[LVIIL 117]\nAkustische Untersuchungen. II.\n59\n(des a) beobachtet werden mufs, w\u00e4hrend an eben der Stelle, wo beide sich treffen, eine dritte (das o), die w\u00e4hrend des ganzen Prozesses die st\u00e4rkste ist, ihr Maximum erreicht. Durch ein Schema etwa folgender Art hoffen wir den Vorgang veranschaulichen zu k\u00f6nnen.\nAls Funktion der Schwingungszahlen sind die \u201eValenzen\u201c, wenn ich so sagen darf, von u, o und a eingetragen, die nat\u00fcrlich vorl\u00e4ufig nicht numerisch zu bestimmen sind. Wenn wir an irgendeinem Punkte der Abszisse das Lot errichten, so schneiden wir im allgemeinen zwei Grade (vielleicht sind es in Wirklichkeit Kurven), die links den Valenzen verlauf f\u00fcr u und o, rechts f\u00fcr o und a angeben. Der Quotient der Abst\u00e4nde je zweier \u00fcbereinander liegender Schnittpunkte von der Abszisse gibt also das Verh\u00e4ltnis wieder, in dem bei der betreffenden Schwingungszahl (Abszissenpunkt) die Valenzen von u und o (links), von a und o (rechts) stehen. Bei Ann\u00e4herung an das\nreine o von unten her wird der Quotient ~ (in einem Einzel-\nfalle also\nAC>\nimmer kleiner und an einem Punkte Null, jen-\nseits w\u00e4chst \u2014 (wieder in einem Spezialfall jTjj\u00ef) von Null an\nst\u00e4ndig, solange wir uns in den Grenzen halten, \u00fcber die hinaus Versuche dieser Art nicht ausgedehnt zu werden brauchten. Ich wiederhole, es ist sehr schwer, mit einiger Sicherheit zu behaupten, ob ein isoliert gegebener reiner Ton von ganz ungef\u00e4hr der Schwingungszahl des reinen o wirklich das optimale o ist, nach weniger \u00dcbung dagegen recht leicht, den Punkt in einer Reihe sehr nahe benachbarter reiner T\u00f6ne anzugeben, an dem eben die u-Valenz verschwindet und ein ausgezeichneter Punkt dadurch erreicht ist, dafs gleich darauf eine neue, die des a, in schw\u00e4chster Andeutung zun\u00e4chst, aber stetig wachsend, auftritt. Es versteht sich von selbst, dafs es keinen wesentlichen","page":59},{"file":"p0060.txt","language":"de","ocr_de":"60\tWolfgang Kohler.\t[LVIII. 118]\nUnterschied macht, ob man gerade vom u oder ob man vom a ansgeht.\nWie aus dem Gesagten von selbst hervorgeht, mufste als die beste Modifikation des Versuchsverfahrens diejenige erscheinen, die auch das erste Auf tauchen der jenseits des reinen Vokals sich einstellenden neuen Qualit\u00e4t zu beobachten erlaubte. Es wurde deshalb ganz allgemein nach der Instruktion verfahren, es solle nach dem vollst\u00e4ndigen Ausfall der einen \u201eKomponente\u201c 1 der reine Vokal vor\u00fcbergelassen und das Signal f\u00fcr den Versuchsleiter erst dann gegeben werden, wenn in mehreren Darbietungen deutlich das Anwachsen der neuen Schattierung beobachtet sei. Es erwies sich als m\u00f6glich, wenn auch nicht ganz leicht, auf das Signal, das den Versuch abbrach, weitere folgen zu lassen, welche angaben, um wieviel vorher der \u201eWendepunkt\u201c gelegen hatte. Bei bekannter Gr\u00f6fse der Schritte konnte also die Flasche des Tonvariators hinterher entsprechend zur\u00fcckgestimmt und doch noch eine Messung derjenigen Tonh\u00f6he vorgenommen werden, auf die es eigentlich abgesehen war.\nFast ebenso erstaunt wie \u00fcber die Selbstverst\u00e4ndlichkeit, mit der sich das geschilderte Bild des Vorganges dem Beobachter darbot, war ich zugleich dadurch, dafs die zuerst gew\u00e4hlten Schritte \u2014 ihren damaligen Betrag haben wir zu notieren vers\u00e4umt \u2014 sich als viel zu grofs erwiesen: sofort kamen F\u00e4lle von Reihen vor, in denen auf ein o mit ganz geringer Beimischung von u ein n\u00e4chstes folgte, in dem unverkennbar schon a enthalten war. Wir verkleinerten die Distanz zwischen je zwei aufeinander folgenden T\u00f6nen immer mehr und fanden, dafs f\u00fcr die Tonh\u00f6he des o bei einer Verstimmung um je 10 Skalenteile (an der Kurbelskala des Tonvariators), d. h. um etwa IVa Schwingungen, die qualitative Ver\u00e4nderung von jeder Darbietung zur folgenden noch sehr deutlich merkbar war, mufsten aber auf die Verwendung so kleiner Schritte verzichten, weil einmal die Reihen sonst zu lange gedauert h\u00e4tten und zu erm\u00fcdend gewesen w\u00e4ren, und dann vor allen Dingen, weil der Variationsmechanismus an den Flaschen, nach dem wir uns richten mufsten, nicht so exakt gearbeitet ist, dafs bei Verstim-\n1 Ich. werde nicht mifsverstanden werden, wenn ich diesen Ausdruck gebrauche: vermutlich ist ein u\u2014o f\u00fcr sich allein genommen eine ebensowenig zusammengesetzte Qualit\u00e4t wie ein reines o.","page":60},{"file":"p0061.txt","language":"de","ocr_de":"[LVIIL 119]\nAkustische Untersuchungen. II.\n61\nmungen um diese Betr\u00e4ge gleiche Verschiebungen an der Skala noch angen\u00e4hert gleiche \u00c4nderung der Schwingungszahl zur Folge h\u00e4tten. Bei Distanzen von doppeltem Betrag, wie wir sie (f\u00fcr \u00f6) von da ab w\u00e4hlten, war wenigstens ganz ungef\u00e4hr Proportionalit\u00e4t vorhanden. Diese Tatsache, dafs Qualit\u00e4ten\u00e4nderungen noch merklich sind, deren Betrag die bisher als Unterschiedsschwelle f\u00fcr Tonh\u00f6hen angegebenen Werte nicht wesentlich \u00fcbersteigt, vielleicht sogar ihr gleichkommt,1 ist es, die wir nunmehr zur Best\u00e4tigung des im vorigen Kapitel (S. 41) \u00fcber die Feinheit der Qualit\u00e4tsabstufung Behaupteten nachzutragen haben, indem wir vorgreifend mitteilen, dafs, wie zu erwarten, sich bei keinem der anderen untersuchten Gebiete ein abweichendes Verhalten der Qualit\u00e4ten zeigte.\nZu jenem subjektiven Bild eines eigent\u00fcmlichen \u201eReihen-bewufstseins\u201c, das die Versuche dem Beobachter zeigen, f\u00fcgen wir einige objektive Daten. Die drei ersten Einstellungen auf reines o wurden gemessen durch Auf suchen derjenigen Zungen des AppuNschen Tonmessers, die die langsamsten Schwebungen mit den eingestellten T\u00f6nen machten. Es ergaben sich in Schwingungszahlen die Werte:\n523,9\n521,4\n521,4.\nDurch diese Resultate ermutigt, stellten wir mehrere Versuchsreihen an, in denen die dargebotenen T\u00f6ne sich bald von der Seite des u, bald von der des a dem reinen o n\u00e4herten. Da sie zwar nicht immer genau so gute \u00dcbereinstimmung ergaben, aber doch nicht daran zweifeln liefsen, dafs das reine o f\u00fcr mich in dem Bereich zwischen 520 und 530 Schwingungen liegt, so gingen wir bald zu Versuchen am reinen a \u00fcber, indem wir wieder zun\u00e4chst T\u00f6ne aufsuchten, die mit Sicherheit eine Abweichung nach e (oder nach o) erkennen liefsen; und wiederum zeigte sich, dafs unterhalb des reinen a und oberhalb T\u00f6ne, die etwa das Intervall einer kleinen bis grolsen Terz zwischen sich einschlossen, \u00fcber ihre Abweichung nach o und e keinen Zweifel\n1 Bis zu ebenmerklichen Ver\u00e4nderungen hinabzugehen, w\u00e4re nicht angebracht gewesen, selbst wenn die praktische M\u00f6glichkeit Vorgelegen h\u00e4tte. Der oben erw\u00e4hnte Betrag von l1/* Schwingungen aber ist jedenfalls f\u00fcr uns noch \u00fcbermerklich.","page":61},{"file":"p0062.txt","language":"de","ocr_de":"62\nWolfgang K\u00f6hler.\n[LVIII. 120]\nliefsen. Von diesen und ihnen benachbarten ausgehende Reihen wurden nun in eben der Weise beobachtet, wie die, welche das reine o enthielten, und wirklich zeigte sich, dafs nicht allein mit einer Genauigkeit (durch die mittlere Variation gemessen), die der der o-Einstellungen nicht viel nachgab, ein reines a getroffen werden konnte, sondern vor allem, dafs der Wert, um den die einzelnen Einstellungen sich gruppierten, ganz ungef\u00e4hr 1050 Schwingungen betrug, also eine Oktave \u00fcber dem f\u00fcr o gefundenen lag. Sogleich begann auch Frl. v. M. mit Vorversuchen \u00fcber o und a, wir beide mit solchen \u00fcber u. Auf das Resultat dieser letzteren waren wir besonders gespannt, weil sich bei ihnen sogleich zeigen mufste, ob unterhalb des u eine weitere Qualit\u00e4t auftritt oder nicht. Zun\u00e4chst fand sich f\u00fcr uns beide \u00fcbereinstimmend, dafs in einem u von etwa 280 Schwingungen noch eine merkliche o-Nuance enthalten war. Von diesem Punkte aus wurde der Ton schrittweise wie in den anderen Reihen vertieft, und beide Beobachter konnten sich leicht davon \u00fcberzeugen, dafs zwar durch Ausfall der o-Bei-mischung eine Anzahl der einander folgenden T\u00f6ne immer besseres und zuletzt ein von o freies u gaben, dafs aber auch gleich darauf eine neue Ver\u00e4nderung eintrat, bei der das u immer mehr verschleiert wurde, je weiter die T\u00f6ne hinabstiegen. Nach einiger Ratlosigkeit im Anfang fanden wir denn auch den Sprach-laut, mit dem die neue Qualit\u00e4t ebensosehr verwandt schien wie die schon bekannten mit den Vokalen: es war der sogenannte Halbvokal m.\nDamit war erkl\u00e4rt, weshalb die Beobachter der Stimmgabelversuche die tiefsten T\u00f6ne zwar u, aber mehrfach dumpfes, brummendes u genannt hatten. Es war eben neben dem u auch m in diesen T\u00f6nen enthalten; dafs die m-Nuance nicht als solche erkannt wurde, erkl\u00e4rt sich leicht durch die starke Einstellung auf Vokale, die durch die Fragestellung jener Versuche in den Beobachtern erzeugt werden mufste, und da eine Abweichung nach h\u00f6heren Vokalen hin nur, wenn Obert\u00f6ne im Spiele waren, geh\u00f6rt werden konnte, so wurden diese T\u00f6ne in der Regel mit u bezeichnet. Nach den Tabellen jener Versuche k\u00f6nnte es deshalb scheinen, als w\u00e4re das Bereich des guten u nach unten \u00fcberhaupt nicht abzugrenzen oder gar in der Gegend der beiden tiefsten beurteilten T\u00f6ne (163 und 195) zu suchen. Wir werden noch deutlicher erkennen, wie falsch beide Annahmen sind. \u2014 Nicht lange \u00fcbrigens, nachdem wir die \u00c4hnlichkeit der unterhalb von u gelegenen T\u00f6ne mit dem m erkannt hatten, fand der Verfasser wertvolle Best\u00e4tigungen einerseits bei Helmholtz und Hermaetn, andererseits bei Gr\u00fctzner und Sauberschwarz. In der \u201eLehre von den Tonempfindungen\u201c","page":62},{"file":"p0063.txt","language":"de","ocr_de":"[LVIIL 121]\nAkustische Untersuchungen. II.\n63\n(4. Aufl. S. 189) heilst es: \u201eAn das u schliefst sich noch der brummende Ton, der entsteht, wenn man mit geschlossenem Munde singt. Dieser brummende Ton wird beim Ansatz der Konsonanten m, n, ng gebraucht. Die Nasenh\u00f6hle, welche hierbei f\u00fcr den Ausgang des Luftstroms dient, hat im Verh\u00e4ltnis zur Gr\u00f6fse ihrer H\u00f6hlung eine noch engere \u00d6ffnung, als die Mundh\u00f6hle beim Vokal u.\u201c Der Resonanzmechanismus ist also bei m auf noch tiefere T\u00f6ne eingestellt als beim u, so dafs auch in diesem Falle die bei den Vokalen gefundene Analogie zwischen der Reihenordnung der Resonanzmaxima und der Qualit\u00e4ten einfacher T\u00f6ne wdederkehrt. Wirklich hat Hermann (Pfl\u00fcgers Archiv 88.\t1901) aus seinen Kurven des m einen\ncharakteristischen Ton bestimmt, der unterhalb des f\u00fcr u gefundenen liegt. \u2014 In dem Bericht \u00fcber die Naturforscherversammlung in Halle (1892) wird aus dem GR\u00dcTZNERSchen Vortrag \u00fcber Interferenzversuche an Vokalen berichtet: \u201eL\u00f6scht man bei den Vokalen a o und u den charakteristischen Ton aus (bzw. schw\u00e4cht man ihn ab), so verwandelt sich in bestimmten Tonh\u00f6hen a in o, o in u und u in ein brummendes m.\u201c In der Untersuchung von Sauberschwarz endlich ist von den Beobachtern ebenfalls der Rest eines auf c gesungenen Vokals, dessen Obert\u00f6ne vernichtet waren, gelegentlich als m geh\u00f6rt worden. \u2014 Es ist interessant, dafs Helmholtz und Gr\u00fctzner genau so wie meine Beobachter diese tiefen T\u00f6ne \u201ebrummend\u201c finden. Wir haben ausf\u00fchrlich davon gesprochen, wie die Volkssprache in ihren onomatopoetischen Ausdr\u00fccken zu erkennen gibt, dafs ein grofser Teil der akustischen Wahrnehmungen sich aus Vokalen zusammensetzt; auch das u in dem Worte \u201ebrummen\u201c dient offenbar der Nachahmung, aber nicht minder tut es das m, und so finden wir hier zuerst ein weiteres wesentliches Element der gew\u00f6hnlich als Ger\u00e4usche bezeichneten Geh\u00f6rseindr\u00fccke als Qualit\u00e4t bestimmter einfacher T\u00f6ne wieder.\nDa es uns schon nach einiger \u00dcbung gelang, ein reines u mit grofser Sicherheit einzustellen, ganz einerlei, ob die Ann\u00e4herung von unten oder von oben her erfolgte, und die Werte, die Frl. v. Maltzews 1 Versuche mit o und a ergaben, nach wenigen Reihen nur mehr geringe Streuung zeigten, so begannen wir die Hauptversuche \u00fcber die Vokale u o und a. \u2014 Beide Beobachter nahmen 40 Einstellungen f\u00fcr jeden der drei Vokalt\u00f6ne vor, je 20 unter Ann\u00e4herung von unten und ebensoviele von oben, und zwar folgten in einer Versuchsgruppe die einzelnen Bestimmungen so aufeinander, wie folgendes Beispiel angibt :\n1 Meine Mitarbeiterin stammt aus Rufsland, spricht aber deutsch ohne sehr auffallende fremde Schattierung. Sie ist musikalisch, besitzt aber nicht eine Spur von absolutem Tonbewufstsein.","page":63},{"file":"p0064.txt","language":"de","ocr_de":"64\nWolfgang Kohler.\n[LVIII. 122]\na von oben a yon unten\nu von unten u von oben\no von oben o von unten.\nDoch bildeten nicht sechs, sondern zw\u00f6lf Versuche eine vollst\u00e4ndige Gruppe, da wir immer zwei Versuche der gleichen Art nacheinander anstellten, so dafs je vier Versuche, zwei von oben und zwei von unten, sich in kurzen Intervallen folgten. Von solchen Versuchsgruppen wurden zwei an einem Tage, eine morgens und eine abends erledigt, so dafs nach f\u00fcnf Tagen von jedem der beiden Beobachter die beabsichtigten 120 Einstellungen Vorlagen.\nAn der Art der Reihen Vorf\u00fchrung hatten wir schon bei den Vorversuchen zweierlei \u00c4nderungen vorgenommen und behielten sie bei den Hauptversuchen bei: Jeder einzelne Ton der Reihe wurde kurz hintereinander zweimal angegeben, daf\u00fcr aber die einzelne Darbietung noch mehr verk\u00fcrzt, wieder, wie in den Versuchen des zweiten Kapitels, um die Einwirkung von \u201eempirischen\u201c Vokalvorstellungen m\u00f6glichst zu verhindern, und ferner wurde die Zeit und das Tempo der Darbietungen durch Metronomschl\u00e4ge festgelegt, die im Beobachtungsraum nur selten ganz leise geh\u00f6rt und niemals als St\u00f6rung empfunden wurden. Zur Entstehung eines deutlichen \u201eReihenbewufstseins\u201c in dem oben angegebenen Sinn ist n\u00e4mlich eine gewisse Schnelligkeit und Regelm\u00e4fsigkeit in der Aufeinanderfolge der einzelnen Schritte erforderlich.1 Die Gr\u00f6fse der Schritte betrug f\u00fcr u etwa 2, f\u00fcr o 3, f\u00fcr a 3V2 Schwingungen. Um ganze Anzahlen von Schwingungen zu verstellen, erwies sich als untunlich ; der Experimentator mufste, wenn die Verstimmungen schnell genug erfolgen sollten, in runden Betr\u00e4gen der Flaschenskala fortschreiten k\u00f6nnen. Wir w\u00e4hlten als Stufen f\u00fcr u 40 (eine Schwingung = 23,5 Skalenteilen), f\u00fcr o 20 (1 : 6), f\u00fcr a ebenfalls 20 (1 : 5,5)\n1 Sp\u00e4ter blieb das Metronom jedoch fort, da durch fortgesetzte \u00dcbung der Versuchsleiter von selbst ein bequemes und gleichm\u00e4fsiges Tempo inneh\u00e4lt.","page":64},{"file":"p0065.txt","language":"de","ocr_de":"[LVIII. 123]\nAkustische Untersuchungen. II.\n65\nSkalenteile. Dafs \u00fcbrigens die Ausgangspunkte der Reihen bald etwas h\u00f6her, bald tiefer waren, versteht sich von selbst.\nDie Messung der eingestellten T\u00f6ne wurde bei diesen Versuchen so vorgenommen, dafs der Experimentator nach jeder Einstellung notierte, welchem Punkt der Skala des Tonvariators das (in erw\u00e4hnter Weise zur\u00fcckdatierende) Signal entsprach und nach je vier zusammengeh\u00f6rigen Reihen aus ihnen das arithmetische Mittel bildete. Auf dieses wurde dann die betreffende Flasche abgestimmt und wie in den Vorversuchen am Tonmesser verglichen, welche seiner Zungen die langsamsten Schwebungen mit dem Flaschenton machte. Unser Tonmesser enth\u00e4lt nur T\u00f6ne von 400 bis 800 Schwingungen, es mufsten also bei Versuchen \u00fcber u und a Oktavenschwebungen beobachtet werden; niemals haben wir darin eine Schwierigkeit gefunden. Da in dem Gebiet, in welches s\u00e4mtliche Einstellungen fielen, etwa drei Schwingungen Differenz zwischen benachbarten Zungen liegen, so ist durch die Art der Messung nach dem Schwebungsminimum f\u00fcr die drei Vokale die M\u00f6glichkeit von Bestimmungsfehlem gegeben, die bei u den Wert \u00ae/4, bei o 1%, bei a drei Schwingungen nicht \u00fcbersteigen k\u00f6nnen. Mit einem Abz\u00e4hlen der Schwebungen und damit einer exakteren Messung der eingestellten T\u00f6ne h\u00e4tte nur tr\u00fcgerische Genauigkeit erzielt werden k\u00f6nnen, da schon die Druckschwankungen des Variatorgebl\u00e4ses Tonh\u00f6hen Ver\u00e4nderungen von etwa der Gr\u00f6fse der angegebenen Messungsfehler bedingen,1 und aus \u00e4ufseren Gr\u00fcnden nur f\u00fcnf Versuchstage zur Verf\u00fcgung standen, in denen unm\u00f6glich neben den im ganzen 240 Versuchen noch ebensoviel Schwebungsbestimmungen h\u00e4tten vorgenommen werden k\u00f6nnen. Der Verfasser hat die Schwingungszahlen der Einzelresultate aus dem gemessenen arithmetischen Mittel, den notierten Skalenbetr\u00e4gen der einzelnen Werte und dem besonders bestimmten Proportionalit\u00e4tsfaktor, der Distanzen der Variatorskala in Differenzen von Schwingungszahlen umzusetzen erlaubt, nachtr\u00e4glich berechnet. Ein f\u00fcr allemal die benutzten Flaschen nach Schwingungszahlen zu eichen, ist nicht m\u00f6glich, weil verschiedene Einfl\u00fcsse wie Temperaturschwankungen, Stellung der Anblase-r\u00f6hren u. dgl. schon von Tag zu Tag Verstimmungen herbei-\n1 Das ist wenigstens der Fall, wenn man, wie wir in diesen Versuchen, gezwungen ist, die ganze Bewegung der sinkenden \u201eGlocke\u201c auszunutzen. Stumpf, Beitr\u00e4ge Vf.\t5","page":65},{"file":"p0066.txt","language":"de","ocr_de":"66\nWolfgang K\u00f6hler.\n[LVIII. 124]\nf\u00fchren. In der Tabelle sind die Hauptdaten1 vereinigt, die in diesen \u2014 wie sich von selbst versteht, unwissentlichen \u2014 Versuchsreihen gewonnen wurden. Dabei bedeutet, wie \u00fcblich, A. M. das arithmetische Mittel, Z. W. den Zentralwert, M. Z. die Zahlen, welche die Mittelzone einschliefsen, m. V. die mittlere Variation.\n\t\tu\t\t\t\t\t0\t\nVp.\tA.M.\tZ. W.\tM. Z.\tm. V.\tA. M.\t! Z.W.\tM. Z.\tm.V.\nv. M.\t285,7\t266,4\t262,7\u2014 268,5\t1 3,3\t528\t527,6\t519,6\u2014 538,3\t10,2\nK.\t262,3\t262,7\t259\u2014 266,2\t3,9 1\t515 1\t512,9\t509,2\u2014 522,4\t7\n1 Die Einzelresultate dieser wie der sp\u00e4teren Beihen lassen wir am Schlufs der Arbeit folgen. \u2014 Man k\u00f6nnte fragen, weshalb wir die Werte bis auf Bruchteile von Schwingungen genau an geben, da doch nach dem Gesagten schon die Messungen nicht einmal bis auf ganze Schwingungen zuverl\u00e4ssig sind. Das geschieht aus folgendem Grunde: Die Frequenzen der Zungen am hiesigen Tonmesser sind bis auf Bruchteile von Schwingungen genau bestimmt, sie bilden bei dem obigen Messungsverfahren eigentlich die Skalenwerte, die bei sonstigen Messungen mit ganzen Zahlen bezeichnet werden. Angenommen z. B., es l\u00e4ge nun ein zu messender Ton derart zwischen denen zweier benachbarter Tonmesserzungen (etwa 521,4 und 523,9), dafs er mit beiden langsame, aber mit dem einen (etwa 521,4) noch langsamere Schwebungen machte als mit dem anderen, so w\u00fcrden wir den ersten (521,4) als Messungsresultat erhalten. W\u00fcrde hinterher auf ganze Zahlen (521 also) abgerundet, so entst\u00e4nde mit einiger Wahrscheinlichkeit ein Fehler, denn von den abgerundeten Zahlen k\u00f6nnte die andere (524) dem zu messenden Ton n\u00e4her liegen. In den Durchschnittsresultaten ferner handelt es sich ebenfalls nicht eigentlich um die Mittelwerte der eingestellten T\u00f6ne, sondern um das Mittel derjenigen Tonmessert\u00f6ne, die jedesmal den eingestellten am n\u00e4chsten liegen. Wenn es also \u00fcberhaupt geschehen sollte, m\u00fcfste man auf die Schwingungszahlen der Tonmesserzungen abrunden. Aber die Unterschiede gegen die oben mitgeteilten Werte w\u00e4ren so gering, dafs ich, weil wieder dagegen Einw\u00e4nde m\u00f6glich w\u00e4ren, bei den unver\u00e4nderten Zahlen geblieben bin, wie sie eben die Bechnung ergibt. Wer es f\u00fcr n\u00f6tig h\u00e4lt, mag sie abrunden; die Beweiskraft der Versuche wird durch diese Frage nicht tangiert. Es ist ferner zu bemerken, dafs die Zentralwerte und die ihnen verwandten, die Mittelzone begrenzenden Werte nicht nach dem genauen Verfahren von Fechner bestimmt sind. Die Verschiebung, die durch das genaue Verfahren resultieren w\u00fcrde, steigt zu Gr\u00f6fsenordnungen hinab, die f\u00fcr die ganze Untersuchung nicht in Betracht kommen.","page":66},{"file":"p0067.txt","language":"de","ocr_de":"[LVIII. 125]\nAkustische Untersuchungen. II.\n67\nVp.\t\ta\t\t\n\tA. M.\tZ.W.\tM. Z.\tm. V.\nv. M.\t1054,8\t1056,3\t1042,2\u2014 1066,9\t12,7\nK.\t1046,8\t1044,3\t1039,1\u2014 1055,6\t9,4\n\u00dcber e konnten damals nnr ungef\u00e4hr orientierende Einstellungen vorgenommen werden, genauere erst nach einer l\u00e4ngeren Unterbrechung der Versuche, aber nunmehr auch von zwei weiteren Beobachtern, die aufser e reines u o und a einzustellen hatten. Der eine ist Herr stud. jur. Sachs, musikalisch gut veranlagt und ge\u00fcbter Violin- und Klavierspieler, Berliner, aber ohne merklichen Dialekt; er hat an anderen akustischen Versuchen bereits teilgenommen; absolutes Tonbewufstsein hat fr\u00fcher f\u00fcr T\u00f6ne der eigenen Violine bestanden, seit er Klavier spielt, hat es sich verloren, von Klaviert\u00f6nen wird nur g1 und auch nur am eigenen Instrument erkannt, weil dasselbe bei dieser Note eine Klangfarbensingularit\u00e4t zeigt; \u00fcber die H\u00f6he einfacher T\u00f6ne ist Versuchsperson v\u00f6llig im unklaren, und ist sehr verbl\u00fcfft, als ihr zum Schlufs der Versuche gesagt wird, dafs von den dargebotenen T\u00f6nen keiner wesentlich unter Ji liegt. Die zweite Versuchsperson ist der im zweiten Kapitel bereits erw\u00e4hnte stud. phil. Gothot. Beide machen ihre s\u00e4mtlichen Versuche unwissentlich. \u2014 Sie finden sich schnell in die Aufgabe; nach der ersten Reihe, die ihm vorgef\u00fchrt wird, bemerkt Herr Gothot, \u201ees sei ein Knick darin gewesen, wo der reine Vokal (es war ein a) lag\u201c; bei tatonnierenden Versuchen dar\u00fcber, in welcher H\u00f6he das u f\u00fcr ihn l\u00e4ge \u2014 auch hierbei wurde selbstverst\u00e4ndlich auf vollst\u00e4ndige Un Wissentlichkeit geachtet \u2014, fand Herr Gothot sofort, dafs das u bei Ann\u00e4herung von o her nur bis zu einer gewissen Grenze besser wurde und dann mit einer neuen Nuance versetzt war, die er zuerst f\u00fcr g- artig hielt oder als \u201ebrummend\u201c bezeichnete, dann aber von selbst als m erkannte. Herr Sachs gelangte zu dieser Erkenntnis noch schneller : In T\u00f6nen bis d1 (288 Schwingungen) hinab fand er noch merklich o enthalten; bei einzeln angegebenem cis1 war er unsicher, ob noch eine Spur von o darin sei, bemerkte aber sofort, dafs eine absteigende Reihe, die ihm von hier aus in gleichm\u00e4fsigen","page":67},{"file":"p0068.txt","language":"de","ocr_de":"68\nWolfgang K\u00f6hler.\n[LVIII. 126]\nSchritten vorgef\u00fchrt wurde, \u201ezun\u00e4chst noch bessere u, dann aber etwas Neues brachte, das wie m klang\u201c. Ich mufs freilich hinzuf\u00fcgen, dafs Herr Sachs damals alle Versuche \u00fcber o a und e erledigt hatte, also in dergleichen Beobachtungen sehr ge\u00fcbt war. Eine Ausnahme gegen\u00fcber den anderen Versuchspersonen bildete er insofern, als ihm alle T\u00f6ne bis \u00fcber die wie o klingenden hinaus eine gewisse \u00c4hnlichkeit mit u nicht zu verlieren schienen, die auch f\u00fcr Herrn G. im Anfang bestanden hatte, allm\u00e4hlich aber spurlos verschwand. Nach kurzer Zeit jedoch begann Herr S. zu unterscheiden zwischen diesem u, das allen T\u00f6nen, die es \u00fcberhaupt enthielten, als konstanter Faktor beigegeben zu sein schien, und dem variablen u, dessen von Stufe zu Stufe erfolgendes Auftreten oder Ausfallen er bei o, dessen Ansteigen zum Optimum er bei Einstellung eben des u genau verfolgen konnte, wenn er jenem anderen u die Aufmerksamkeit nicht zuwandte. Auch in den Syn\u00e4sthesien \\ die Herr S. gelegentlich in geringerem Grade hat, aber auf Instruktion hin unterdr\u00fccken kann, unterschieden sich die beiden u; denn das variable \u201eist\u201c tiefblau, das konstante braun. \u2014 Zu den Versuchen des Herrn G. ist noch zu bemerken, dafs dieser Versuchsperson jedesmal vor Beginn einer Versuchsgruppe eine Reihe reiner T\u00f6ne mit dem betreffenden Vokal darin vorgef\u00fchrt wurde. Es hatte sich gezeigt, dafs die \u00dcbung bei Herrn G. von Tag zu Tag so schnell nachliefs, dafs die ersten Einstellungen jedes Tages etwas gr\u00f6fsere Streuung zeigten, die dann von Reihe zu Reihe abnahm. Wenn dagegen durch eine derartige Vorf\u00fchrung die Gesamtheit der Qualit\u00e4tenabstufungen gegenw\u00e4rtig geworden war, so urteilte er sicherer. Die Bedenken, die gegen dieses Verfahren zu sprechen scheinen, werden wir mit einem allgemeinen Einwand zusammen sp\u00e4ter entkr\u00e4ften.\nDie f\u00fcr e- Reihen erforderlichen Tonh\u00f6hen sind mit den STERNschen Flaschen nicht herzustellen. Einen ganz notd\u00fcrftigen Ersatz fanden wir an einer Pfeife der EuELMANNschen kontinuierlichen Tonreihe, die, \u00fcberblasen1 2, T\u00f6ne aus dem Gebiet um c4\n1\tSolange genauere Untersuchungen fehlen, m\u00f6chte der Verfasser die grofse H\u00e4ufigkeit von Syn\u00e4sthesien und Assoziationen, durch welche Vokale mit Farben verbunden scheinen, nicht als Argument f\u00fcr die Behauptungen des zweiten Kapitels verwenden. So wurden sie besser gar nicht erw\u00e4hnt.\n2\tAls Gebl\u00e4se wurde das des Tonvariators benutzt.","page":68},{"file":"p0069.txt","language":"de","ocr_de":"[LVIIL 127]\nAkustische Untersuchungen. II.\n69\ngibt. Die Verstellungen des Pfeifenstempels jedoch kann man nicht gleichm\u00e4lsig und kaum klein genug machen, mit dem Fehlen einer Skala und der Ungleichheit der Schritte ist die M\u00f6glichkeit abgeschnitten, den reinen Vokal zu \u00fcberschreiten und seine Stelle doch noch anzugeben, wie es bisher geschehen war, und endlich zeigte sich, dafs der schrille Ton, den das Instrument beim \u00dcberblasen gibt, durch noch so viel Interferenzen nicht v\u00f6llig zu reinigen war, nicht nur von Obert\u00f6nen, sondern auch von allerlei anderen Beimengungen. Alles das machte die Versuche \u00fcber e, wenigstens f\u00fcr Fri. v. M. und mich, h\u00f6chst unangenehm, die beiden anderen Beobachter zeigten sich anspruchsloser und waren eher geneigt, die e- Einstellungen besonders leicht zu finden. Beide gaben an, zwischen a und % deren Ausfall bei den Versuchen zu beobachten ist, sei ein so grofser Unterschied, dafs man das optimale e kaum ein wenig \u00fcberschreiten k\u00f6nne, ohne sofort die neue Qualit\u00e4t zu bemerken. Im allgemeinen jedoch wurde nicht abgewartet, bis diese auf trat, sondern, so gut es ging, einfach auf gutes e eingestellt; aber da die Versuchsperson bei der Ungleichheit der Schritte nie wissen konnte, ob ein eben geh\u00f6rtes gutes e wirklich das beste war, das in der Reihe vorkam, so z\u00f6gerte sie bisweilen mit dem Signal und konnte es erst geben, wenn schon Spuren der neuen Qualit\u00e4t bemerkt waren.\nDie Herren S. und G. machten zun\u00e4chst in f\u00fcnf Tagen je 20 Einstellungen f\u00fcr o und a, wobei wieder vier Reihen mit demselben Vokal (wie bei den vorigen Versuchen) einander folgten, an einem Tage also im ganzen acht Reihen erledigt wurden. Es schlossen sich an: je 18 Versuche \u00fcber e und u, derart, dafs an sechs Tagen je sechs Versuche gemacht wurden, an den ersten drei \u00fcber e, den letzten drei \u00fcber u. Innerhalb einer Gruppe von sechs Reihen wurde regelm\u00e4fsig mit der Ann\u00e4herungsrichtung gewechselt. Fri. v. M. und der Verfasser machten je 36 Versuche \u00fcber e, ebenfalls immer sechs an einem Tage. Die Resultate aller dieser Reihen sind in der folgenden Tabelle enthalten; in der Rubrik n sind die Anzahlen von Versuchen angegeben, aus denen die Daten berechnet wurden. Die Einzelwerte, die jetzt nach jedem einzelnen Versuch bestimmt wurden, finden sich am Schlufs der Arbeit.1\n1 Der Fehler, der von der Art der Messungen herr\u00fchrt, kann beim e bis zu sechs Schwingungen betragen.","page":69},{"file":"p0070.txt","language":"de","ocr_de":"70\nWolfgang Kohler.\n[LVIIL 128]\nYp.\tn\tA. M.\tu Z. W.\tM.Z.\tm. V.\tn\tA. M.\t0 Z. W.\tM.Z.\tm. V.\nS.\t18\t261,2\t261,4\t258,9\u2014 263,4\t2,3\t20\t521,7\t523,9\t516,1\u2014 526,7\t5,3\nG.\t18\t263,9\t264,9\t262\u2014 266,6\t2,6\t20\t521,5\t523,9\t514,5\u2014 529,7\t9,6\n\ta\t\t\t\t\te\t\t\t\t\nS.\t20\t1053\t1047,8\t1042,8\u2014 1059,4\t10,8\t18\t2085,6\t2085,6\t2070,8\u2014 2106,8\t27,4\nG.\t20\t1057,4\t1062,8\t1 1039,2\u2014 1070,8\t16\t18\t2094,8\t2095,6\t2085,6\u2014 2118,8\t25,5\nK.\t\t\t\t\t\t36\t2112,4\t2118,8\t2085,6\u2014 2141,6\t35,6\nv. M.\ti\t\t\t\t\t36\t2094,8\t2090,8\t2058\u2014 2132,4\t35,2\nIn seiner neueren Darstellung der Lehre von den Gesiehts-empfindungen1 \u00e4ufsert v. Kries folgendes Bedenken gegen die Annahme ausgezeichneter Empfindungen im Farbensystem: \u201eIch bin von jeher geneigt gewesen, die erw\u00e4hnten Empfindungen mit Aubert als physiologisch (?) direkt charakterisierte Prinzipalfarben anzusehen, mufs aber gestehen, dafs die Sicherheit meiner \u00dcberzeugung in dieser Hinsicht eher ab- als zugenommen hat. Zu einer gewissen Vorsicht d\u00fcrfen hier die Tatsachen der Akustik mahnen. Auf Grund rein psychologischer Beobachtung w\u00fcrde ich ohne Zweifel in h\u00f6chstem Mafse versucht sein, auch den reinen Vokalkl\u00e4ngen eine in der Empfindung fixierte Sonderstellung zuzuschreiben. Ist uns das reine a nicht eine ebenso scharf charakterisierte und einheitliche Empfindung, wie das reine Weifs?\u201c \u2014 Dieses Argument, f\u00fcrchte ich, verliert jetzt seine Beweiskraft ganz, wenn es nicht gar f\u00fcr die Behauptung spricht, gegen die es sich wenden soll. Das zeigt sich sogleich, wenn wir die beiden mitgeteilten Tabellen miteinander vergleichen und aus beiden die Folgerungen ziehen, zu denen sie hinreichenden Anlafs geben: Wenn wirklich in der Reihe einfacher Tonqualit\u00e4ten empfindungsm\u00e4fsig ausgezeichnete Punkte Vorkommen, so ist zu erwarten, dafs sich bei gr\u00f6fseren Anzahlen\n1 Nagels Handb. d. Phys. Ill (1), S. 138. 1904.","page":70},{"file":"p0071.txt","language":"de","ocr_de":"[LVIII. 129]\nAkustische Untersuchungen. II.\n71\nvon Versuchen, in denen sie aufgesucht werden, vor allem zwei Bedingungen erf\u00fcllt zeigen. Die erste, durch die sich allgemein \u201etypische Werte\u201c zu erkennen geben, ist ein nahes Zusammenfallen von arithmetischem Mittel und Zentralwert, die zweite ist geringe Streuung der Einzelbestimmungen, gemessen durch die Mittelzone und die mittlere Variation. Nicht notwendig wegen der individuellen Verschiedenheiten ph\u00e4nomenaler Systeme, aber, wenn einmal vorhanden, von um so gr\u00f6fserem Gewicht, ist nahe \u00dcbereinstimmung der Resultate verschiedener Beobachter. Kommt noch zu alledem eine klare Gesetzm\u00e4fsigkeit, die auf tieferliegende Zusammenh\u00e4nge hin weist, so bleibt ein Zweifel nicht mehr m\u00f6glich.\nIn physikalischer Messung hat c1 256, cts1 271,2 Schwingungen, einem Halbtonschritt entspricht also ein Frequenzunterschied von 15,2 Schwingungen in der Tonh\u00f6he der e<-Werte, f\u00fcr die \u00f6-Einstellungen ergibt sich entsprechend etwa 30, f\u00fcr a 60 und f\u00fcr e 120. Die Differenzen zwischen arithmetischem Mittel und Zentralwert1 sind:\nVp.\tu\t0\ta\te\ns.\t0,2\t2,2\t5,2\t0\nG.\t1\t2,4\t5,4\t0,8\nK,\t0,4\t2,1\t2,5\t6,4\nY. M.\t0,7\t0,4\t1,5\t4,0\nDie n\u00e4chste Tabelle gibt ganz ungef\u00e4hr an, welchen Bruchteil eines H a 1 b tonschrittes erstens die Mittelzone und zweitens die mittlere Variation ausmachen.\n\tu\tI\t\tc\t>\ta\t\t\te\nVp-\tM. Z.\tm. V.\tM.Z.\tm. V.\tM. Z.\tm.V.\tM. Z.\tm. V.\ns.\t73\t7?\t73\t7.\t74\t76\t7s\t74\nG.\t7s\t7e\t%\t1ls\t72\t74\t74\t7s\nK.\t7.\t74\tVs\t%\t74\ti/ / 6\t!\t72\t7s\nv. M.\tVs\tVs\t72\tVs\t7.\t7s\t72\t7s\n1 Diese Differenzen m\u00fcssen trotz der Ungenauigkeit der Messungen der Gr\u00f6fsenordnung nach ein richtiges Bild geben.","page":71},{"file":"p0072.txt","language":"de","ocr_de":"72\nWolfgang K\u00f6hler.\n[LVIII. 130}\nKeine Mittelzone reicht an das Intervall eines Halbtones, keine mittlere Variation an das eines Vierteltones heran.\nEine Subtraktion der gr\u00f6fsten und kleinsten arithmetischen Mittel, sowie der gr\u00f6fsten und kleinsten Zentralwerte zeigt, dafs die gr\u00f6fste vorhandene Abweichung der Beobachter voneinander in beiden F\u00e4llen unter einem Vierteltonschritt bleibt.\nDivision des arithmetischen Mittels von o durch 2, von a durch 4, von e durch 8 und Zusammenstellung der Quotienten mit den Mittelwerten von u ergibt die Tabelle:\nVp.\tu\tI 0\ti\ta\te\ns.\t261,2\t260,9\t263,3\t260,7\nG.\t263,9\t260,8\t264,4\t261,9\nK.\t262,3\t257,5\t261,7\t264,1\nT. M.\t265,7\t264\t263,7\t261,9\nDie Quotienten sind mit Abweichungen, die im Maximalfall einen Viertelton, sonst aber weit weniger betragen, einander und den w-Werten gleich: Die Punkte, auf welche eingestellt wurde, stehen in Oktaven.\nAus diesen Ergebnissen folgt1 : Die Qualit\u00e4ten reihen des ph\u00e4nomenalen Tonsystems erstrecken sich zwischen festen, empfindungsm\u00e4fsig ausgezeichneten Punkten und jede \u00fcber eine Oktave.\nWiederum sind wir in der Lage, wenigstens eine Art von Best\u00e4tigung durch andere anf\u00fchren zu k\u00f6nnen. R. K\u00f6nig2 fand, als er die HELMHOLTzschen Versuche \u00fcber die charakteristischen Tonh\u00f6hen der Vokale nachpr\u00fcfte, dafs in der Tat, wie von Helmholtz angegeben war, bei der Mundstellung f\u00fcr a die Stimmgabel &2, f\u00fcr oft1, f\u00fcr e bs vor der Mundh\u00f6hle verst\u00e4rkt wurde. F\u00fcr i hatte Helmholtz auf anderem Wege \u2014 so hohe Stimmgabeln besafs er nicht \u2014 d4 gefunden. K\u00f6nig \u00fcberzeugte sich bei Anwendung von Gabeln, dafs d* zu niedrig sei, ging h\u00f6her hinauf und fand erst in b4 den richtigen Wert. F\u00fcr u hatte Dondebs f1, Helmholtz f angegeben; unser Forscher aber\n1\tStreng genommen ist der Satz noch nicht f\u00fcr alle Qualit\u00e4tenreihen bewiesen ; einen Schritt in dieser Richtung und einen Ausblick auf weitere bringt der Schlufs des Kapitels.\n2\tQuelques exp\u00e9riences d\u2019acoustique. 1882. S. 42 ff.","page":72},{"file":"p0073.txt","language":"de","ocr_de":"[LVIII. 131]\nAkustische Untersuchungen. II.\n73\nvermutete, es m\u00f6chten alle Resonanzmaxima in Oktaven zueinander stehen, und bekam in der Tat nach der gleichen Methode b als charakteristische Note f\u00fcr u. \u201eII me para\u00eet plus que probable\u201c, so heilst es dann, \u201equ\u2019il faut chercher dans la simplicit\u00e9 de ces rapports la cause physiologique qui fait que nous retrouvons toujours \u00e0 peu pr\u00e8s les m\u00eames cinq voyelles dans les diff\u00e9rentes langues, quoique la voix humaine en puisse produire un nombre ind\u00e9fini . . .\u201c Aber die bestimmten Noten, welche sich gefunden haben, werden doch als charakteristisch nur f\u00fcr die Vokale der Norddeutschen angesehen. Sie liegen alle einen Ton niedriger als die ausgezeichneten Punkte der Tonreihe; dafs sie von diesen etwas abweichen, ist kein Wunder; dafs sie s\u00e4mtlich genau b w\u00e4ren, kann man wohl mit der \u00dcELMHOLTzschen Resonanzmethode und bei der Gefahr, die Form der Mundh\u00f6hle w\u00e4hrend der Versuche zu ver\u00e4ndern, gar nicht erweisen. \u2014 Tkebs hat bei einer Untersuchung \u00fcber \u201eDie Harmonie der Vokale\u201c 3, d. h. \u00fcber sprachliche Doppelbildungen (\u201eVariationen\u201c) von der Art des \u201eTicktack, Klippklapp\u201c usf. die von verschiedenen Forschern angegebenen charakteristischen Obert\u00f6ne zusammengestellt und findet, dafs \u201ezwischen den Schwingungszahlen der charakteristischen Obert\u00f6ne ... eine wichtige Beziehung (besteht) : die Resonanzt\u00f6ne der Vokale bilden Oktaven miteinander.\u201c (Dabei ist der Autor offenbar \u00fcber K\u00f6nigs Versuche nicht unterrichtet.) Die speziellen Angaben freilich zeigen, dafs es bei diesem Gesetz nicht nur auf reine Vokale ankommt; denn als Beweismittel wird neben u ... o auch \u00e0 ... a und \u00e4 ... i angef\u00fchrt u. dergl. \u2014 Immerhin sieht man, wie die psychische Gesetzm\u00e4fsigkeit sich deutlich in physikalischen Vorg\u00e4ngen zu erkennen gibt, auf die sie Einflufs hat; denn nicht die Vorg\u00e4nge im Sprachmechanismus sind, wie wohl Trebs und K\u00f6nig meinen, das Prim\u00e4re, sondern jene Eigenschaft des ph\u00e4nomenalen Tonsystems.\n\u00dcbrigens ist der Verfasser nicht irgendwie durch diese beiden Autoren beeinflufst -worden. Die betreffenden Abhandlungen hat er beide erst gelesen. als die oben mitgeteilten Resultate bereits feststanden.\nVielleicht aber ist doch jemand zu dem Gedanken geneigt, eine unbemerkte Tonh\u00f6he aus den \u201eempirischen\u201c Vokalen habe sich in unbemerkter Assoziation so fest mit der Vorstellung z. B. des \u00ab-Klanges assoziiert, dafs sie nun mit erstaunlicher Sicherheit\n1 Archiv f. d. ges. Psych. 14. 1909.","page":73},{"file":"p0074.txt","language":"de","ocr_de":"74\nWolfgang K\u00f6hler.\n[LVIIL 132]\neben die Vorstellung eines a reproduziere \u2014 nein doch! dafs sie (bei unbemerkten Assoziationen ist das ganz anders) selbst als a beurteilt werde. Aber es ist gar kein Grund ersichtlich, weshalb die Mundh\u00f6hle an Resonanzstellungen Gefallen finden sollte, die um Oktaven voneinander entfernt sind, und jeder, der nur oberfl\u00e4chlich hinh\u00f6ren will, wird finden, welche reiche Skala ganz verschiedener a er und seine Umgebung in buntem Wechsel hervor bringen. Ganz abgesehen \u00fcbrigens von den un\u00fcberwindlichen Schwierigkeiten, die sich auf diesem Wege sonst schon ergeben w\u00fcrden \u2014 er ist ja durch Ergebnisse des ersten Kapitels schlechterdings versperrt. Selbst wenn es Formanten geben sollte \u2014 und auch das wird kaum mehr jemand behaupten wollen \u2014, so m\u00fcfste ihre Tonh\u00f6he nach jenen Versuchen Schwankungen unterliegen, die ein hohes Vielfaches der mittleren Variationen bei unseren letzten Einstellungen w\u00e4ren. Denn anderenfalls w\u00e4ren sie notwendig bei Ausschaltung der harmonischen Teilt\u00f6ne, wie wir sie damals Vornahmen, und bei Freilegung der kritischen Gebiete, wie sie in den Kontrollversuchen angewendet wurde, zum Vorschein gekommen.\nVon ganz anderer Seite her k\u00f6nnte man zu einem Einwand kommen, wenn man die absoluten Schwingungszahlen der eingestellten T\u00f6ne betrachtet: sie fallen mit den c der gegenw\u00e4rtig \u00fcblichen musikalischen Stimmung ziemlich genau zusammen. Eben diese Noten, so k\u00f6nnte man sagen, sind uns durch die musikalische Kultur irgendwie ausgezeichnet geworden, und wenn schon die Vokal\u00e4hnlichkeit einfacher T\u00f6ne zugegeben werden mag, \u2014 die Genauigkeit der Resultate, die \u00dcbereinstimmung der Beobachter und der Oktavenabstand zwischen den Tonh\u00f6hen f\u00fcr verschiedene Vokale, lassen sich vielleicht hiermit in Zusammenhang bringen, so dafs diese drei Umst\u00e4nde ihre Beweiskraft f\u00fcr die Existenz empfindungsm\u00e4fsig ausgezeichneter Punkte verlieren. Aber wieder k\u00f6nnte nur f\u00fcr Herrn S., der fr\u00fcher absolutes Tonbewufstsein f\u00fcr die Violine besafs, eine derartige Einwirkung scheinbar in Betracht kommen, f\u00fcr die \u00fcbrigen Beobachter ist c gewifs keine ausgezeichnete Note, und Herr S. erkennt die H\u00f6hen reiner T\u00f6ne so wenig wie wir. Bei Herrn G. vor allem kann ich nicht ohne einige Heiterkeit an die ausgesprochene M\u00f6glichkeit denken ; auf ihn hat musikalische Kultur gewifs nicht sehr gewirkt. Wenn also kein Zufall vorliegt, so w\u00fcrde ich eher vermuten, (Mur sei irgendwie bevorzugte Tonart","page":74},{"file":"p0075.txt","language":"de","ocr_de":"[LVIII. 133]\nAkustische Untersuchungen. II.\n75\ngeworden, weil in den verschiedenen c der musikalischen Instrumente der Grundton und einige Obert\u00f6ne mit ausgezeichneten Punkten des akustischen Qualit\u00e4tensystems zusammenfallen.1\nMan k\u00f6nnte ferner das Ged\u00e4chtnis f\u00fcr Tonh\u00f6hen noch heranziehen, um wenigstens den Oktavenabstand der eingestellten T\u00f6ne zu erkl\u00e4ren. Es sei vielleicht bei o z. B. ein c aus irgend welchen anderen Gr\u00fcnden getroffen worden, aber dafs nun alle \u00fcbrigen Plauptqualit\u00e4ten gerade auf die c anderer Oktaven fielen, sei durch eine Nachwirkung der o-Versuche zu erkl\u00e4ren. Dagegen gen\u00fcgt das Argument, dafs alle Beobachter aufser mir Vorversuche mit o und a zugleich begonnen haben, so dafs ebensowohl die Tonh\u00f6he des a, wenn sie von der des o abwiche, zu jener Einwirkung h\u00e4tte Anlafs geben k\u00f6nnen.\nAber w\u00fcrde nicht das Ged\u00e4chtnis, entweder f\u00fcr Tonh\u00f6hen oder f\u00fcr die Eigenschaft der T\u00f6ne, die wir ihre Qualit\u00e4t genannt haben, wenigstens die Sicherheit der Einstellungen auf anderem Wege erkl\u00e4ren lassen? Man hat sich eben in den ersten Versuchen eine Tonh\u00f6he oder eine Qualit\u00e4t gemerkt und stellt immer wieder auf sie ein, \u2014 so w\u00e4re dieser Einwand zu formulieren. Aber wer Tonreihen wie die in unseren Versuchen vorgef\u00fchrten selbst einmal beobachtet hat, der mufs sich f\u00fcr aufser st\u00e4nde erkl\u00e4ren, w\u00e4hrend des angestrengten H\u00f6rens die H\u00f6he oder die Qualit\u00e4t fr\u00fcher eingestellter T\u00f6ne zu behalten, vielmehr wird die Nachwirkung vorausgegangener Versuche schon durch die ersten Glieder einer neuen Reihe in einer Weise ausgel\u00f6scht, die der am Tachistoskop verwendeten Methode der ausl\u00f6schenden Reize in manchem einigermafsen \u00e4hnlich ist. Aus diesem Grunde ist auch die vor den Versuchen stattfindende Vorf\u00fchrung einer Reihe, wie sie bei Herrn G. zur Anwendung kam, recht harmlos. Ich selbst habe mir vor Vorversuchen \u00fcber e gelegentlich e-Reihen vorf\u00fchren lassen und fand, dafs es v\u00f6llig unm\u00f6glich ist, die Tonh\u00f6he oder Qualit\u00e4t, die einem dabei als \u201eWendepunkt\u201c erschienen ist, w\u00e4hrend der folgenden Versuche zu behalten oder auch nur wiederzuerkennen, wenn sie von neuem vorkommt. Ein Punkt der Reihe ist es, den man treffen mufs, sollen die Versuche \u00fcberhaupt gute Resultate gehen, und das \u201eReihen-bewufstsein\u201c w\u00fcrde sofort unm\u00f6glich gemacht, wenn man nach der Tonh\u00f6he oder der Qualit\u00e4t fr\u00fcherer Einstellungen urteilen wollte.\n1 Dagegen spricht freilich, dafs die Toniken von (7-dur fr\u00fcher andere H\u00f6hen hatten.","page":75},{"file":"p0076.txt","language":"de","ocr_de":"76\nWolfgang Kohler.\n[LVIII. 134]\nWelchen Zweck \u00fcberhaupt die vorbereitende Reihe haben kann, sehen wir bei Besprechung eines weiteren Einwandes. Wir haben oben geschildert, wie deutlich dem Verfasser schon bei den Vorversuchen das allm\u00e4hliche Ausfallen der einen Nuance und das erste Auftreten der neuen beim Passieren des gesuchten Punktes gewesen war. Sollte man danach nicht erwarten, dafs \u00fcberhaupt keine Unterschiede zwischen den Einstellungen bestehen, aufser denen, die selbstverst\u00e4ndlich sind, weil im allgemeinen die Glieder der einen Reihe unter denen der n\u00e4chsten gar nicht Vorkommen, sondern zwischen diese fallen? Jeder, der die M\u00dcLLER-LYERsche T\u00e4uschung kennt, wird sich von vornherein sagen, dafs eine derartige Genauigkeit nicht erwartet werden kann. Es sind in diesen Versuchen wie bei jener T\u00e4uschung Momente wirksam, die den Beobachter, ohne dafs er es weifs, etwas ganz anderes beurteilen lassen, als beabsichtigt ist. Jeder starke Ton nach mehreren schw\u00e4cheren \u2014 und die T\u00f6ne der STERxschen Flaschen wie die der EDELMAxxschen Pfeife sind leider von sehr ungleicher Intensit\u00e4t \u2014, jeder Ton, zu dem von den vorhergehenden ein etwas gr\u00f6fserer Schritt f\u00fchrt \u2014 und die Proportionalit\u00e4t zwischen Skalenverschiebungen an den Flaschen und Frequenzver\u00e4nderungen der T\u00f6ne ist oftmals merklich gest\u00f6rt \u2014, kurz, jede auffallende Unregelm\u00e4fsig-keit in der Abfolge der T\u00f6ne hat gewisse Chancen, mit der einen Ver\u00e4nderung verwechselt zu werden, auf die es ankommt, zumal nat\u00fcrlich die Aufmerksamkeit w\u00e4hrend einer Reihe nicht immer maximal gespannt ist.1 H\u00e4tten wir ideale akustische Instrumente, so liefsen sich gewifs die mittleren Variationen der Einstellungen noch betr\u00e4chtlich verringern. Bei dem Beobachter, der den geschilderten Einfl\u00fcssen besonders zug\u00e4nglich war, glaubten wir durch eine Vorf\u00fchrung der in Betracht kommenden Qualit\u00e4ten vorl\u00e4ufig Abhilfe schaffen zu sollen. War das ein Fehler, so vermag er doch die \u00dcbereinstimmung dieser Versuchsperson mit den \u00fcbrigen, sowie das Oktavenverh\u00e4ltnis der von ihr eingestellten reinen Vokale nicht zu erkl\u00e4ren.\n1 Durch Einfl\u00fcsse dieser Art ist es vielleicht auch zu erkl\u00e4ren, dafs die o-Einstellungen des Verfassers, die in den Vorversuchen \u00e4hnliche Mittelwerte ergaben, wie die Hauptversuche der anderen Versuchspersonen, in seinen Hauptreihen merklich nach unten abweichen. Bei gelegentlichen Kontrollversuchen der letzten Zeit fanden sich Werte, die um die der anderen Beobachter gruppiert waren.","page":76},{"file":"p0077.txt","language":"de","ocr_de":"[LVIII. 135]\nAkustische Untersuchungen. 11.\n77\nIst es nicht endlich seltsam, dafs scheinbar gerade den deutschen Hauptvokalen ausgezeichnete Punkte entsprechen? Die Antwort liegt nahe: die reinen Vokale unter den einfachen T\u00f6nen haben mit den deutschen Vokalen wohl nicht mehr zu tun, als mit denen der englischen, japanischen oder Herero-Sprache. Bei den einfachen Hauptvokalen \u2014 darauf kommt es hier an 1 \u2014 weichen unsere Sprachgewohnheiten ungef\u00e4hr ebensosehr von der \u201eReinheit\u201c ab wie die anderer V\u00f6lker, und die Engl\u00e4nder z. B. haben mit ihrem \u00e0 etwa in dem Worte \u201ethaught\u201c nur einen Parallelfall ausgebildet zu dem deutschen \u00e4 etwa in dem Worte \u201eW\u00e4hrung\u201c. \u2014 Auch der Deutsche stellt bei Versuchen wie den mitgeteilten nicht etwa auf eine Qualit\u00e4t ein, die ihm ganz gel\u00e4ufig w\u00e4re, sondern lernt an Reihen von reinen T\u00f6nen allm\u00e4hlich den ausgezeichneten Punkt treffen, aus dessen qualitativer Umgebung diejenigen T\u00f6ne stammen, welche in den \u00ab-Schattierungen seiner Sprache dominieren. Im zweiten Kapitel wurde von einer recht allgemeinen Tendenz der Versuchspersonen gesprochen, statt tieferer Stimmgabeln, die ihnen im Anfang als gutes \u00ab erschienen, sp\u00e4ter etwas h\u00f6here anzugeben, die ihnen erst zu \u201ehell\u201c vorgekommen waren. Es ist zu vermuten, dafs in gewissen norddeutschen Dialekten das Durchschnitts-\u00ab etwas nach o hinneigt und die Beobachter \u2014 es waren in den Vorversuchen fast ausschliefslich Norddeutsche \u2014 allm\u00e4hlich von dieser Sprachgewohnheit abkamen.\nBesser jedoch als alle Er\u00f6rterungen d\u00fcrften die Versuche f\u00fcr unsere S\u00e4tze sprechen, die ganz zum Schlufs Fri. v. M. und der Verfasser \u00fcber einen weiteren ausgezeichneten Punkt anstellten. Das i zu untersuchen, war unm\u00f6glich, weil kein Instrument sich als brauchbar erwies; da jedoch die Gabel von 4000 Schwingungen von allen drei Beobachtern der Konstanzversuche gelegentlich als nach e abweichend, eine andere von 4800 als schon nicht mehr gutes i, als jenseits von i liegend bezeichnet worden war, und in der kleinen Terz zwischen beiden die Schwingungszahl liegt, die der Oktave der e- Einstellungen entspricht, so kann eine Best\u00e4tigung des Oktavengesetzes auch in diesem Falle von zuk\u00fcnftigen Versuchen wohl erwartet werden. \u2014 Wir wandten uns derjenigen Qualit\u00e4tenreihe zu, in der dicht unter dem reinen u die ersten Spuren von m auftreten. Wegen\n1 Die uns so fremden amerikanischen Vokale bestehen aus Nuancen, die sukzessiv ineinander \u00fcbergef\u00fchrt werden.","page":77},{"file":"p0078.txt","language":"de","ocr_de":"78\nWolfgang K\u00f6hler.\n[LVIII. 136\nder Wichtigkeit der Versuche will ich berichten, wie wir zun\u00e4chst ungef\u00e4hr die Tonh\u00f6he bestimmten, in der das u verschwindet, und die Aufzeichnungen mitteilen, die ich als Beobachter bei diesen Versuchen machte. Fri. v. M. stellte, von einer mir unbekannten Tonh\u00f6he ausgehend, am Tonvariator immer tiefere T\u00f6ne ein, zwischen denen willk\u00fcrliche Schritte lagen, und ich hatte die \u00c4nderung der Qualit\u00e4t zu beurteilen. Zwischen je zwei Urteilen verging l\u00e4ngere Zeit, weil das Stimmen, das Berechnen der Interferenzen und das Einstellen der R\u00f6hren von Fri. v. M. allein vorzunehmen war. W\u00e4hrend dieser Operationen verliefs ich den Beobachtungsraum und besch\u00e4ftigte mich mit wissenschaftlicher Lekt\u00fcre. So bin ich vollst\u00e4ndig sicher, dafs mir die H\u00f6he des vorher gegebenen Tones vollst\u00e4ndig entschwunden war, wenn der n\u00e4chste beurteilt wurde, so dafs durch die Vermeidung von Intervallurteilen und die Unbekanntheit des Ausgangspunktes jede Tonh\u00f6henerkenntnis ausgeschlossen war. Ich notierte:\n1.\tbei h ... u mit etwas m. Der Ton liegt unzweifelhaft unter\ndem u.\n2.\tbei g . . . etwa ebensoviel m wie u. Ein direktes Urteil \u00fcber\ndie Tonh\u00f6he ist unm\u00f6glich; die H\u00f6he des vorigen Tones ist ganz vergessen. Wenn ich nach dem scheinbaren \u201eValenzenVerh\u00e4ltnis\u201c der Qualit\u00e4t einen Analogieschlufs zu anderen Oktaven machen sollte, w\u00fcrde ich sagen, g oder gis (h\u00f6chstens a). Nach der Qualit\u00e4t k\u00f6nnte der erste Ton ein h gewesen sein.\n3.\tbei f . . . kein grofser Qualit\u00e4tenunterschied gegen das vorige\nMal. Ich m\u00f6chte fast \u201ea/8 m, x/3 uu und danach auf e oder f sch\u00e4tzen.1\n4.\tbei d . . . noch etwas u. Es d\u00fcrfen keine grofsen Schritte\nmehr kommen.\n5.\tbei c . . . vielleicht schon jenseits von m. Jedenfalls dem\nsehr nahe.\n1 Da nach, dem \u201eValenzenverh\u00e4ltnis\u201c unbekannter Qualit\u00e4ten die Tonh\u00f6he ann\u00e4hernd erkannt werden kann, liegt der Gedanke nahe, der Oktavensatz sei noch zu erweitern und etwa so zu formulieren: homologe Punkte von Qualit\u00e4ten reihen des ph\u00e4nomenalen Tonsystems liegen in Oktaven. Dieser Satz l\u00e4fst wohl experimentelle Pr\u00fcfung zu.","page":78},{"file":"p0079.txt","language":"de","ocr_de":"[LVIII. 137]\nAkustische Untersuchungen. II.\n79\nDasselbe Verfahren wurde noch dreimal (mit anderem Ausgangspunkt und anderen Schritten nat\u00fcrlich) angewendet, immer mit dem gleichen Resultat; und da einige Reihen sehr bald zu subjektiver Gewifsheit dar\u00fcber f\u00fchrten, dafs bei absteigendem Verfahren von einem gewissen Punkte an das m eine stetig wachsende neue Beimengung erhielt, f\u00fcr die ich freilich kein Analogon aus der Sprache wufste, so wurden nach einigen Vorversuchen die Hauptreihen begonnen. Ihre Resultate f\u00fcr Fri. v. M. (die sich beim ersten Auffinden des w-freien m ganz so verhielt wie ich) und f\u00fcr den Verfasser enth\u00e4lt die Tabelle; die Schritte von Ton zu Ton entsprachen einer Differenz von s/4 Schwingungen und folgten bei diesen Versuchen einer revidierten Skala. Die Fehler der Messung liegen unter % Schwingung.\nVp.\tn\tA.M.\tm Z. W.\tM. Z.\tm. V.\ny. M.\t36\t131,9\t132,4\t131\u2014133,3\t1,5\nK.\t36\t131,6\t131,7\t130,4\u2014132,4\t1,5\nWenn man die arithmetischen Mittel der Einstellungen mit 2 multipliziert, erh\u00e4lt man in \u00dcbereinstimmung mit der vorigen Tabelle (S. 72) die Werte 263,8 und 263,2: Die Qualit\u00e4tenreihe zwischen wund werstreckt sich wie die \u00fcbrigen \u00fcber eine Oktave. \u00dcber die unterhalb von m auftretende neue Qualit\u00e4t vermag Fri. v. M. ebensowenig ein sicheres Urteil abzugeben wie ich, ihr allm\u00e4hliches Auftreten wie ihr Verschwinden dagegen sind uns v\u00f6llig deutlich.\nOhne vorl\u00e4ufig zwingende Gr\u00fcnde anzugeben, darf zum Schlufs der Verfasser eine Vermutung \u00fcber diejenigen Qualit\u00e4ten \u00e4ufsern, die oberhalb des i liegen. Subjektive T\u00f6ne aus der f\u00fcnfgestrichenen Oktave sowie der Ton der erw\u00e4hnten Gabel von 4800 Schwingungen setzen sich f\u00fcr ihn genau so aus i und dem Konsonanten s zusammen, wie solche unterhalb von c1 aus u und m. Zu gleicher Zeit \u2014 bei Schlufs der Untersuchungen \u2014 und unabh\u00e4ngig ist Herr Sachs, der eine sehr interessierte Versuchsperson war, auf denselben Gedanken gekommen; er erinnerte sich an fr\u00fchere akustische Versuche mit h\u00f6chsten T\u00f6nen, bei denen er Beobachter war, und fand, dafs diese wie i\u2014s geklungen hatten. Endlich erscheint es Fri. v. M. wie dem Ver-","page":79},{"file":"p0080.txt","language":"de","ocr_de":"80\tWolfgang K\u00f6hler.\t[LVIII. 138]\n\t\tCO\t\tCD\t\t\tO\u00fc\t\tuu\tco\tCD\tCD.\tCD\tCD,\teq,\tuu,\tuu.\t\u00abj\tuu\n\t\tctT\t'dH\tCO\t00\t00\t0\tO\t0\"\tiO\"\t\u00bbO\"\t\u00bbO\u201c\t\u00bbO\"\t\u00bbO\"\tcd\"\tcd\"\tco\"\tco\"\t00\"\n\tW\tOS\t03\tCO\t30\t\u00bb0\tL-\tCr\tCr\t00\tCO\t00\t05\t05\tO\t0\t0\trH\trH\n\t\t05\to\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\tT\u20141\trH\trH\trH\trH\n\t\ttH\t03\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\n\t\t00\t00\t\tCD\tCD\tCD\tCD\t\t\t\t\tCO\tCD\tCD,\tCD\tCD,\tCD,\tCD\n\t\t(M\t03\ttH\tCO\tCO\t05\t05\tCO\t00\t00\t00\tO\"\t\u00bbO\"\t\u00bb0\"\t\u00bbO\"\t30\t\u00bbO\"\t30\"\n\t\trH\t\t03\tCO\tCO\tdH\tdH\t\u00bbo\t30\t30\t30\tCr\t00\t00\tCO\tco\tCO\tCO\n\t>\t0 01\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\n\t\tCD\t\t\t00\tCD\tCO\tCD\tCD\tCD.\tCD.\teq.\teq.\t00\tco\tCO\t-d,\tCD,\tCD,\n\t6\t05\t00\t00\t0\t30\t30 1\t\u00bbO\t\u00bbO\"\t30\"\tlO\"\tcd\"\tcd\"\tco\"\tco\"\tOO\"\tOl\"\trH\trH\n\t\t05\t30\t\u00bbo\t0-\t00\t00\t00\t00\t05\t05\tO\tCD\trH\trH\trH\tCO\td*\tdH\n\t\t05\to\t\t\t\t\t\t\t\t\trH\trH\trH\trH\trH\trH\trH\trH\n\t\t1\u20141\tOl\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\n\t\t00\t\tCD\t\t00\t00\t00\tCD,\tCD.\tCD.\tCD.\tCD\tCO\tco\t00\tdH,\tdH.\tCD^\n\tm\tof\t-dH\t05\tCO\t0'\tcP\to\u2018\txO\t.0\"\t30\"\tio\"\t\u00bbO\"\tcd\"\tcd\"\tco\"\t01\"\tOl\"\trH\n\t\trH\t03\t'dH\t10\tl>-\t0-\tLr\t00\t00\t00\t05\t05\t0\t0\trH\tco\tCO\tdH\n\t\t\u00a7\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\trH\trH\trH\trH\trH\tT\u2014i\n\t\t00\t\t00\t00\t\tdi\t00\t00\tdH\t00\tdH.\tdH.\teq,\t00,\tCO\tGO,\teq.\teq.\n\tM\t\u00bbcf\trr\to\tco*\"\t30\t\u00bbO\t\u00bb0\tcd\"\tCO\"\tco\"\tcP\tcP\tcP\t05\"\tO\"\trH\trH\t01\"\n\t\tOl\t03\tco\tCO\tco\tco\tCO\tco\tCO\tCO\tCO\tCO\tco\tco\tdH\tdH\td<\tdH\n\t\trH\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\n\t.\t00\t00\t00\t00\t00\tco\tco\t00\t\u00bbO\tdH\t05\t\u00bbq,\tco\tdH\t30,\teq\tdH\teq.\n\t\tio\"\tr-*\"\tCT)\"\tcP\tcP\tOl\"\t-hT\tcd\"\tCO\"\t0\"\tco\"\tCr\"\tco\"\t01\"\t03\"\tCT*'\tco\"\td<\"\n\t\tOl\t03\t03\tco\tco\tco\tCO\tCO\tco\tdH\tdH\tdH\tdH\t30\t\u00bbo\t\u00bbo\tXO\t30\n\t>\to rH\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\n\u00d6\t\t\t\t-dH\t\u25a0dH\tdH\t00\tco\td^\tdH\td<\t03\t03\t03,\t03\tCO\tCO\tco\tdH\n\t\t05\t05\tucT\t30\"\t\u00bbo'\toT\tof\tco\"\tco\"\tcP\tcd\"\tcd\"\tcd\"\tcd\"\tO\"\t0\"\t0\"\t05\"\n\t\u00d4\tOl o\t03\tCO\tco\tco\tdH\tdH\t\u00bbO\t30\t30\tCD\tCD\tCD\tco\t[r\tCr\tCr\tCr\n\t\tT\u2014(\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\n\t\td<\t-dH\t00\t00\t00\tCO\t00\t00.\teq.\teq.\teq.\tdH\tdH\tdH\td<\tdH\t03\t03,\n\tx6\tlO\t\u00bbd\t03\"\t03\t03'\t03\t03\t0\"\tCr\"\tCr\"\tO-\"\tco\"\tco\"\t05\"\t05\"\t05\"\tCD\"\tcd\"\n\t\tCO\tCO\t-dH\t-dH\tdH\tdH\tdH\tdH\tdH\tdH\tdH\t30\t30\t30\t30\t30\tCD\tco\n\t\tH\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\n\t\t\u00bbO\t\u00bbO\t\u25a0dH\t-dH\tdH\t30\tCr\t30.\tdH\t05\tdH\t05.\tdH\t30\t05\t\tdH,\tdH,\n\t\tCr\"\t1\u2014i\tco'\ttO\t30 \u2018\txO\tCD\tCr\"\t00\"\tOO\"\tof\tcP\tO\"\tO\"\tO\"\t03\t03\"\tof\n\t\t05\to\tO\t0\tO\tO\t0\t0\tO\tO\ts\t0\t\trH\trH\trH\t\trH\n\t\tdH\tlO\tiO\t10\t\u00bbO\t30\t30\t30\t\u00bbO\t30\t\t30\t30\t30\t30\t30\t30\t\u00bbo\n\tS\too.\txO\tC-\t03,\t03,\t\t05,\t03\t03\tdH\tCr\t03\t05\tN\t\u00bbq.\t30,\t\t30.\n\t\tcP\tcd'\t05\"\trH\tdH*'\t30\tLr\t00\"\tCO\"\t05\"\t05\"\tO\"\tO\"\trH\t01\"\tof\tco\tdf\n\t\t05\to\tO\trH\ttH\trH\trH\trH\trH\trH\trH\t03\t03\t03\t03\t03\t03\t03\n\t>\tdH\tiO\t\u00bb0\t30\t\u00bb0\t30\t30\t\u00bbO\t30\t30\t30\t30\t30\tiO\t30\t30\t30\t30\no\t\t05,\t05_\t05^\tdH\t\u00bbq.\t30\t\ttr^\t05.\t05.\t05\t05\tCT\tt>\tCr\tCr\trH\ttH\n\td\tcP\tof\t05\"\t03\"\tdH*\"\tdH*'\tl>\t[>\tco\"\tco\"\tCO\"\tco\"\tcd\"\tcd\"\t05\"\t05\"\tco\"\tco\"\n\t\t05\t05\t05\trH\trH\trH\trH\ttH\t03\t03\t03\t03\t03\t03\t03\t03\tCO\tco\n\t\tdH\t-dH\t'dH\t10\t\u00bb0\t\u00bbO\t30\t30\t\u00bbo\t\u00bbo\t30\t30\t\u00bbO\t30\t30\t30\tiO\t30\n\t\tdH\tdH,\t\u00bb.O\t30,\t\u00bb0\tC-\tC-^\td<\tdH.\t05\t05.\t05\tt>,\t[T\tCr\tt>.\ter\tCr\n\t1 ^\tco\"\tGo\"\t-dH*'\t-dH*'\tdH*'\tt>\tCr\"'\t\trH\tco\"\tco\"\tco\"\tcd\"\tcd\"\tco\"\tcd\"\t' co\"\tcd\"\n\t\to\to\tT\u2014i\trH\trH\trH\trH\t03\t03\t03\t03\t03\t03\t03\t03\t03\tOl\t03\n\t!\tiO\t\u00bbO\t30\t30\t\u00bb0\t30\t\u00bbo\t\u00bbO\t\u00bbo\t30\t30\tlO\t30\t30\t30\t\u00bbO\t>0\t30\n\t\t03\t03\t!>,\t05\t30.\t03\t00\t05\t05\t05\t\t03,\t[>\t05\t05.\t05,\t05,\t\n\tM\tco\"\to\"\trH\tiO\"\tC-\"\tcd'\tcd\"\tco\"\t00\"\tOO\"\t05\t05\"\t05\"\t0\"\trH\trH\tr-T\t03\n\t\t'dH\tio\tlO\txO\tiO\t30\t>0\t30\t30\t30\t30\t30\t\u00bbO\tCD\tco\tCD\tCD\tCD\n\t\t03\t03\t03\t03\t03\t03\t03\t03\t03\tOl\tOl\t03\t03\t03\t03\t03\t03\t03\n\tM.\t00\tco\t00\t00\tGO\t00\t00\teq.\t00.\tCO\t\tCO\teq\tGO.\tCO\t\t00\teq\n\t\t\u00bbo\"\tocf\t05\"\tof\taP\tcf\tcP\t\trH\t03\"\tCO\tco\"\tdn\"\tdn\"\t-d\"\t30\t30\"\tio\"\n\t\u2022\t\u00bbo\t30\tiO\tiO\txO\tCD\tCD\tCD\tCD\tCD\tCD\tCD\tCD\tCO\tCD\tCD\tto\tCD\n\t>\t03\t03\t03\t03\t03\t03\t03\t03\t03\t03\t03\t03\t03\t03\t03\t03\t03\t03\n\t\teq\t05\tt>\tC~\t\t\td<.\tdH\t05.\t05.\t05.\t05,\t05,\tCD\tCD\tCD,\tC-^\t05\n\td\tt>\"\tOO\"\tcT\to'\t03\t03\tco\"\tco\"\tdn\"\tdn\"\tdH\"\tdn\"\tdH\"\tcd\"\tcd\"\tco\"\tCr\"\t05\"\n\t\t\u00bbo\tlO\tCD\tCD\tCD\tCD\tCD\tCD\tCD\tCD\tCD\tCD\tCD\tCD\tCD\tCD\tCD\tCO\n\t\t03\t03\t03\t03\t03\t03\t03\t03\t03\t03\t03\t03\t03\t03\t03\t03\t03\t03\n\t\t03\tCO,\tCO\t05\t05\tC5\tCr\tt>\tCr\t\t\t\t\tdH,\t\tdH,\tCD\tCD\n\tOQ\tcd\u201c\tC-\"\tC'*'\tcd'\tcd\"\tcd'\to'\tO\"\t0\"\t03\t03\t03\t03\tco\"\tco\tco\"\tCD\"\tco\"\n\t\t30\t\u00bbO\tlO\t30\t\u00bb0\t30\tCD\tCD\tCD\tCD\tCD\tCD\tCD\tCD\tCD\tCD\tCD\tCD\n\t\t03\t03\t03\t03\t03\t03\t03\t03\t03\t03\t03\t03\t03\t03\t03\t03\tOl\t03\n\t\tT\u20141\tCD\tCD\tdH\tdH\tdH\ttH\tdH\tdH\tdH\tdH\t\t\t\t\t\t\ttr\n\tW\t00*'\tocf\t00\"\t05\"\tos'\tos'\toT\ts?\t0\"\t0\"\t0\"\trH\t-H\trH\trH\trH\trH\ttH\n\t\t03\tOl\t03\t03\t03\t03\t\t\tco\tCO\tco\tCO\tCO\tCO\tCO\tCO\tCO\tCO\n\t\t\ti->\trH\trH\trH\trH\ttH\trH\trH\trH\trH\tt-H\trH\trH\trH\trH\trH\trH\n\ta\trH\tCD\tCO,\td^\tdH,\tdH,\t\t\t\t\t\t\t\t\tt>^\t\t!>,\tdH\n\t\tC'*>\tOO\"\t00\"\t05*\"\t03\tos'\t\trH\trH\trH\trH\trH\t-H\trH\trH\trH\trH\t03\"\n\t\t|\t03\t03\t03\t03\t\t03\tco\tCO\tCO\tCO\tCO\tCO\tCO\tCO\tCO\tCO\tCO\tco\n\t>\ttH\trH\trH\trH\trH\trH\trH\trH\trH\trH\trH\trH\trH\trH\trH\trH\trH\trH","page":80},{"file":"p0081.txt","language":"de","ocr_de":"[LVIIL 139]\tAkustische Untersuchungen. II.\n118,8\t118,8\t118,8\t118,8\t132,4\t132,4\tTh <m\" CO tH\t132,4\t141,6\t141,6\t141,6\t158,8\t158,8\t166,8\t166,8\t166,8\t176,8\t228\n95,6\t106,8\t106,8\t106,8\t118,8\t118,8\t118,8\t132,4\t132,4\t132,4\t132,4\t132,4\t132,4\t141,6\t158,8\t158,8\t166,8\t176,8\n81\n00\t00\t00\t00\t00\t00\t00\t00\t00\t00\t00,\t00\tTU\t00\t00\t00,\tTh\tTU\tCO\tTh\tTt<\tTh\n\u00a9cP 'S#\tco\" Th\tTh\" Th\tccT Th\tcd' Th\tos\" Th\tT\u201cH xO\tof XO\tCO*' xQ\tcd xQ\tTh\" xO\ttiT xd\tco\" XQ\teo\" xQ\teo\" xQ\tcd' xQ\te>\" xQ\too\" xQ\tco\" CO\tTh\" CO\t\u20ac\tTh\" I>\nos.\t00,\tTh,\tTh,\tCO\t00\t00,\tTh,\tCO\tcq\t\tTh\tCO\txQ,\tTh,\tTh\tTh,\txQ,\txQ,\tcq\tcq,\t\nTh\"\t\tco\u201d\tE>\"\too\"\tOs\"\to\tT\u2014)\t<m\"\tTh\"\tCO\tcd1\tE>\"\te>\"\tos'\tcd\tr-1\tcm\"\tcm\"\txQ\"\t\tCO\nxo\txd\t\u00bbq\txQ\txQ\txQ\tCO\tCO\tCO\tCO\tCO\tCO\tCO\tco\tCO\tCO\t\t\tt>\tE>\t00\tco\nth, Th,\nTh\nCs\"\nV-\nTh,\tTh,\tTh\tTh,\tCS,\tCM\tTh\ncm\"\tcm\"\tco\"\tco\"\tco\"\tTh\"\tTh\"\ntH\tt-h\ttH\tT\u20141\trH\trH\tt-H\nxQ\txQ\txQ\txQ\txQ\txQ\txQ\nOS\tTh,\tD-\tOS\t(M\tr-\tCT\nco\"\to\"\tC-\"\too\"\tOs\"\tt-T\tcm\"\nCM\tCM\t<M\tCM\tCM\tCO\tco\nxQ\txQ\txQ\txQ\txQ\t\u2022Q\txQ\nTh,\t(M,\t\t\t\t\t\nXQ\"\tTjf\t\t\t\t\t\neo\tTh\t\t\t\t\t\nxQ\txQ\t\t\t\t\t\n!>*\tTh\t\t\t\t\t\nos'\tco\"\t\t\t\t\t\nCM\tco\t\t\t\t\t\nxQ\txQ\t\t\t\t\t\nxO\tTh,\txO\tTh\tTh,\tTh\txO,\tTh\nTh\"\txQ\"\too\"\to\"\ttH\tco\"\tco\"\tTh\"\ntH\t\u25a0H\trH\tCM\tCM\tCM\tCM\tCM\nxQ\txQ\txQ\txQ\txQ\txQ\txQ\txQ\nET^\t\t\tE>^\t\txQ,\tO-\tTh,\nco\"\t[T\t!>-\"\tCt\"\t00\too\"\tcs\"\to\"\n)\tCO\tCO\tCO\tCO\tco\tco\tTh\nxQ\txQ\txQ\txQ\txQ\txQ\txQ\txQ\nxQ,\t\tTh\tO\tTh,\txQ,\tCM,\nTh\"\tco\tos\"\tos\"\tf-~r\trH\tTlf\nCM\tCM\tCM\tQl\tCO\tCO\tco\nxQ\txQ\txQ\txQ\txQ\tXQ\txQ\nCM,\tCM,\tiQ,\t\tTh\tCM\txQ^\nTh\ttH\tcm\"\tTh\txQ\"\tCO\"\tco\"\ns\tTh xQ\tTh XQ\tTh xQ\tTh XQ\tTh xQ\t3\n<M\nco\ntM\nIQ\neo\n\u00c7M\nxcq\tOS\tCM,\tCM\tTh,\tCO\tcs\tCM\txQ,\tos\n\u25a0\tcm\"\tcd\tCO\"\tco\"\tTh\"\tTh\"\txQ\"\txQ\"\txQ\"\n\tco\tco\tCO\tco\tco\tco\tCO\tCO\tCO\nCM\tCM\tCM\tCM\tCM\tCM\tCM\tCM\tCM\tCM\nCO\txQ\tE>,\t\t00\t00\tCM,\tcq.\t00,\t\nco\"\tco\"\tco\"\tco\"\tco\"\tco\"\tEt\"\tCr\"\tet\"\t00\nD\tCO\tco\tCO\tCO\tco\tco\tCO\tco\tco\nCM\tCM\tCM\tCM\tCM\tCM\tCM\tCM\tCM\tCM\n1\u20141\tCO\tCO\tCO\t00,\ttH,\t(M,\tCr\t\t\t\nco\"\tco\"\tco\"\tco\"\tco\"\tEt\"\tCr\"\tCr\"\tOS\t\u00a9\"\t!M\n\u00a3\tCD\tco\tco\tco\tCO\tco\tco\tCD\tEt\tEr\nCM\t<M\t(M\tCM\t(M\tCM\tCM\tCM\t<M\tCM\t<M\nxQ oo\"\txQ oo\"\t00 oo\"\txQ os\"\t00 cs\"\tCO o\"\txQ o\"\tE> \u00a9\"\t00, tH\t\u00b0Q. CM\t00 co\"\n\tCO\tco\tCO\tCO\tEt\tET\tCT\tCT\tCr\tCT\nCM\tCM\tCM\ttM\tCM\tCM\tCM\tCM\tCM\tCM\t<M\nET,\tIT\tTh,\tTh,\tTh\tTh\tTh,\tTh,\tTh\tTh\tcq.\tcq.\tOS,\tOS,\tos,\tOS\tOS,\tOS,\n\ttH\tcm\"\tcm\"\tcm\"\tcm\"\t<m\"\tcm\"\tcm\"\tcm\"\tco\"\tco\"\tcd\tco\"\tco\"\tco\"\tco\"\tTh\nCO\tCO\tCO\tCO\tco\tco\tCO\tCO\tCO\tCO\tco\tCO\tco\teo\tCO\tco\tco\tco\nr\u201c1\tH\trH\tTH\tTh\tT-X\tTH\ttH\ttH\trH\trh\ttH\ttH\ttH\ttH\ttH\tTH\trH\nTh,\tTh,\tTh\tTh\tTh\tTh\tTh\tCO\tcq\tcq\tCO\tCO\tOS,\tOS\tOS\tOS\tOS,\tTh\ncm\"\tcm\"\tcm\"\tcm\"\tcm\"\tcm\"\tcm\"\tco\"\tco\"\tco\"\tco\"\tco\"\t\tco\"\tco\"\tco\"\tTh\"\txq\"\nCO\tco\tco\tCO\tCO\tCO\tCO\tCO\tco\tco\tCO\tco\tCO\tco\tco\tco\tco\tco\nrH\trH\tt-H\tTh\ttH\trH\trH\ttH\ttH\trH\ttH\tt\u2014i\ttH\ttH\trH\trh\trh\trH\nStumpf, Beitr\u00e4ge YI.\n6","page":81},{"file":"p0082.txt","language":"de","ocr_de":"Wolfgang K\u00f6hler.\n[LVIIL 140]\nfasser so, als schl\u00f6sse sich an das s noch weiter aufw\u00e4rts das sogenannte \u201evordere\u201c ch (z. B. in \u201el\u00e4cheln\u201c) an. Die Konsonanten s und ch werden bisher, wenn sie bei hohen Pfeifen Vorkommen, nicht als solche wiedererkannt und kurzweg als Blaseger\u00e4usche behandelt. Dieses merkw\u00fcrdige Blaseger\u00e4usch ist aber an bestimmte H\u00f6hengebiete durchaus gebunden und zeigt deutlich qualitative Abstufungen noch bei Schwingungszahlen, wo man l\u00e4ngst in jeden Ton jede Tonh\u00f6he hineinh\u00f6ren kann. Sind die ausgesprochenen Vermutungen richtig \u2014 und die Erfahrungen Hermanns bei Aufnahmen von Konsonanten mit dem Phonographen sprechen zu ihren Gunsten \u2014, so haben wir zwei weitere Hauptkomponenten aller \u201eGer\u00e4usche\u201c als Qualit\u00e4ten einfacher Tonempfindungen anzusehen; denn wie die der Vokale ist die Erzeugung der Konsonanten nicht ein akustisches Privileg des Menschen; f\u00fcr den, der h\u00f6ren will, klingen sie \u00fcberall, und wieder haben wir einen ausreichenden Beleg in den klangmalenden Worten aller Sprachen.\nDafs die mitgeteilten Tatsachen nicht einfach an das angereiht werden k\u00f6nnen, was bisher gel\u00e4ufige Anschauung \u00fcber den Tonsinn war, haben w\u2019ir sogleich zu erkennen gegeben, indem wir den Begriff der Tonh\u00f6he, der den Platz der Tonqualit\u00e4t widerrechtlich eingenommen hat, aus seiner Stellung zu verdr\u00e4ngen suchten. In dieser Hinsicht viele schon jetzt \u00fcberzeugt zu haben, darauf rechnen wir nicht; doch zweifeln wir nicht daran, dafs man uns sp\u00e4ter beistimmen wird, wenn weitere Argumente hinzukommen. \u2014 Die Frage nach den physiologischen Grundlagen der angegebenen Tatsachen wurde absichtlich nicht ber\u00fchrt; noch ist die Zeit nicht dazu. Sehen wir recht, so hat jetzt die Pathologie das Wort: Ausfallserscheinungen k\u00f6nnten uns wreiter f\u00fchren.\nMeinen Versuchspersonen sage ich f\u00fcr ihre freundliche Mitwirkung, meiner Mitarbeiterin Frl. v. Maltzew f\u00fcr ihre immer hilfsbereite G\u00fcte, Herrn Geheimrat Stumpe f\u00fcr die unbeschr\u00e4nkte \u00dcberlassung der Hilfsmittel des Psychologischen Instituts und ihre Erg\u00e4nzung f\u00fcr die Zwecke der Arbeit herzlichen Dank.","page":82}],"identifier":"lit38516","issued":"1911","language":"de","pages":"1-82","startpages":"1","title":"Akustische Untersuchungen. 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