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{"created":"2022-01-31T17:01:11.538220+00:00","id":"lit38517","links":{},"metadata":{"alternative":"Beitr\u00e4ge zur Akustik und Musikwissenschaft","contributors":[{"name":"Hornbostel, E. v.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Beitr\u00e4ge zur Akustik und Musikwissenschaft 7: 1-20","fulltext":[{"file":"p0001.txt","language":"de","ocr_de":"[Z. f. Ethnol. 48, 601/2]\n1\n\u00dcber ein\nakustisches Kriterium f\u00fcr Kulturzusammenh\u00e4nge.1\nVon\nE. y. Hoenbostel.\n\u201eNichts ist unsinniger als eine Kontroverse ,Entlehnung oder V\u00f6-lkergedankeb Eine solche Kontroverse \u2014 ich habe es hundertmal gesagt \u2014 existiert gar nicht.\u201c Der Ausspruch Adobe Bastians \u2014 zitiert von K. von den Steinen in seiner Ged\u00e4chtnisrede auf den Altmeister (11. M\u00e4rz 1905)2 \u2014 mufs heute in einer etwas anderen Bedeutungsnuance verstanden werden, als er urspr\u00fcnglich wohl gemeint war. Dafs der V\u00f6lkerkundige \u00e4hnliche Erscheinungen antrifft, die unabh\u00e4ngig voneinander aus analogen psychischen, physiologischen oder psychophysischen Wurzeln entspringen; dafs es andere Kulturelemente gibt, die \u00fcber weite Strecken mit ihren Tr\u00e4gern oder ohne diese gewandert sind oder lange Zeiten und vielfache Kulturwandlungen \u00fcberdauert haben, wird kaum jemand mehr leugnen. Der Streit, der heute lebendiger ist, denn je3, geht auch kaum noch um das Entweder-Oder, vielmehr um die Methoden, nach denen die einzelnen ethnographischen Parallelen zu beurteilen und die analogen Elemente in Kulturzusammen-h\u00e4nge einzuordnen sind. Die Diskussion \u00fcber die Methoden der ethnologischen Arbeit ist keineswegs \u00fcberfl\u00fcssig, vielmehr\n1\tVortrag, gehalten in der Anthropologischen Gesellschaft zu Berlin am 17. Juni 1911. Zeitschrift f\u00fcr Ethnologie 43 (1911).\n2\tZeitschr. f. Ethnol. 37, S. 245,\n8 Zum Folgenden vergleiche man Graebners \u201eMethode der Ethnologie\u201c (Heidelberg, 0. Winter, 1911) und die Polemik zwischen Haber-landt, Graebner und Foy in Petermanns Mitteilungen 57, 1911, S. 113 bis 118, 228\u2014234.\nStumpf, Beitr\u00e4ge VII.\n1","page":1},{"file":"p0002.txt","language":"de","ocr_de":"2\nE. v. Hornbostel.\nZ. f. Ethnol. 43,602]\neine unumg\u00e4ngliche Vorbedingung fruchtbringender Forschung und gesicherter, weiter verwertbarer Resultate. Ohne zureichende und allseitig anerkannte methodische Grundlagen werden dieselben Erscheinungen, je nach pers\u00f6nlicher Neigung des Beurteilers, bald in der einen, bald in der anderen Weise gedeutet und bald diesem, bald jenem Zusammenhang eingeordnet werden; und die einen werden ebenso hypothetische Entwicklungsgeschichten wie die anderen hypothetische Kulturkomplexe konstruieren. Es ist dann ebenso einfach wie unberechtigt, sich gegenseitig die Beweislast zuzuschieben. Denn eine Annahme wird weder dadurch widerlegt, dafs eine andere a priori plausibler erscheint, noch dadurch bewiesen, dafs auch die andere nur Vermutung ist.\nWer sich also mit der einfachen Registrierung von Einzeltatsachen nicht begn\u00fcgen mag, sondern sie in ordnende Zusammenh\u00e4nge bringen will, wird sich nach einwandfreien Kriterien umsehen m\u00fcssen, nach denen dies geschehen kann. Die Auffindung, Bewertung und Benutzung solcher Kriterien setzt nat\u00fcrlich eine genaue Bekanntschaft mit dem betreffenden Gegenstand voraus, da auch die sogenannten Kultur eie mente meistens hochkomplexe Tatsachen mit vielf\u00e4ltigen und verwickelten Abh\u00e4ngigkeiten darstellen. Gewisse Teile oder Seiten der verglichenen Erscheinungen k\u00f6nnen auf Kulturzusammenh\u00e4nge hinweisen, w\u00e4hrend andere psychologisch oder physiologisch erkl\u00e4rt werden m\u00fcssen. Letzteres wird immer der Fall sein, wenn man auf die allgemeineren oder gar die allgemeinsten Kategorien einer Erscheinung zur\u00fcckgeht, die dann nur noch f\u00fcr die ganze Menschheit, etwa als tierpsychologische Spezies, charakteristisch sind (z. B. Gebrauch von Sprache oder Gesang oder Waffen). Als eine allgemeine \u2014 und darum notwendig unbestimmte \u2014 Forderung ergibt sich die Forderung gen\u00fcgender Determination der verglichenen Erscheinungen; welche Genauigkeit und welche Art der Determination gen\u00fcgt, mufs von Fall zu Fall nach der Eigenart der betreffenden Erscheinung entschieden werden. So w\u00fcrde ausschliefslich (oder vorwiegend) absteigende Melodiebewegung unter gleichzeitiger Abnahme der Tonst\u00e4rke und Verlangsamung des Tempos einen Gesangstil ganz ungen\u00fcgend determinieren, da alle drei Momente Funktionen physiologischer","page":2},{"file":"p0003.txt","language":"de","ocr_de":"[Z. f. Ethnol. 43, 602/3] Akustisches Kriterium f. Kulturzusammenh\u00e4nge. 3\nVorg\u00e4nge sind (und \u00fcberdies nicht unabh\u00e4ngig voneinander). Die meisten solcher naturbedingten Merkmale machen sich schon unmittelbar durch ihre weite Verbreitung verd\u00e4chtig; aber nicht alle. Manche werden im Laufe kultureller Entwicklungen zur\u00fcckgedr\u00e4ngt und erscheinen dann zun\u00e4chst vereinzelt, \u201eausgefallen\u201c, erweisen sich aber nachtr\u00e4glich ebenfalls als ganz \u201enat\u00fcrlich\u201c und universell; wie z. B. der Gebrauch \u201edistanzgleicher\u201c an Stelle von \u201ekonsonanten\u201c Tonschritten.1 Andere kennzeichnen sich dadurch als wirklich primitiv, dafs sie auch in fr\u00fchen Stadien verfolgbarer individueller Entwicklungen allemal oder wenigstens sehr h\u00e4ufig auftreten (bei Kindern, Unbegabten und absolut Unge\u00fcbten, und zwar Angeh\u00f6rigen der verschiedensten Rassen und Kulturen), wie etwa das Singen in Quintenparallelen oder das deskriptive Zeichnen.2 Solche Merkmale finden sich h\u00e4ufig als \u00dcberlebsel auch in hochentwickelten Kulturen \u2014 man denke z. B. an die bildlichen Darstellungen der altamerikanischen Kulturv\u00f6lker \u2014 und k\u00f6nnen dann mit zur Gesamtcharakteristik einer komplexen Erscheinung geh\u00f6ren und mit dieser \u00fcbernommen werden. Aber die \u00dcbertragung l\u00e4fst sich gerade aus diesen Merkmalen nicht erschliefsen. F\u00fcr die Analyse und Beurteilung von Erscheinungen der sogenannten geistigen Kultur sind also psychologische Versuche und Beobachtungen durchaus nicht nutzlos; und die Ergebnisse der Kinderpsychologie verdienen auch dann Ber\u00fccksichtigung, wenn man einer unbedingten \u00dcbertragung des biogenetischen Grundgesetzes auf geistige Entwicklungen nicht zustimmen kann.\n1\tHierher geh\u00f6ren auch die oft mit Verwunderung beobachteten Sinnesleistungen sog. Naturv\u00f6lker, die aber nicht, wie man fr\u00fcher meinte, auf \u00dcberlegenheit der Sinnesorgane, sondern auf besonderer, durch biologische Bedingungen geforderter Einstellung und \u00dcbung der Aufmerksamkeit beruhen und eben deshalb als Rassenmerkmale unbrauchbar sind.\n2\tSelbstverst\u00e4ndlich ist \u201eprimitiv\u201c nur als \u201erelativ anf\u00e4nglich\u201c zu verstehen: ein fr\u00fcher Abschnitt einer Entwicklungsreihe kann, mitsamt dieser Reihe, ein sp\u00e4tes Stadium einer umfassenderen Entwicklung darstellen : so bilden die Quintenparallelen eine primitive Form der Mehrstimmigkeit, aber diese selbst, wenigstens als Kunstform eine sehr sp\u00e4te Art gemeinsamen Musizierens.\n1*","page":3},{"file":"p0004.txt","language":"de","ocr_de":"4\nE. v. Hornbostel.\n[Z. f. Ethnol. 43, 603/4]\nBei Vergleichsgegenst\u00e4nden aus dem Gebiet der materiellen Kultur \u2014 die ja im allgemeinen leichter genau zu determinieren sind und deshalb h\u00e4ufiger zu vergleichenden Untersuchungen verwendet werden \u2014 ist es notwendig, konstitutive und akzessorische Merkmale zu unterscheiden ; d. h. solche, ohne die das Objekt seinen Zweck nicht erf\u00fcllen kann, und solche, die f\u00fcr den Zweck irrelevant oder mindestens nebens\u00e4chlich sind. Auch hier l\u00e4fst sich allgemein nur sagen, dafs die zweiten als Kriterien f\u00fcr Kulturzusammenh\u00e4nge besser sind als die ersten, und dafs die Beweiskraft eines Merkmals mit seiner Ver\u00e4nderlichkeit w\u00e4chst. Dagegen kann wieder nur von Fall zu Fall und auf Grund genauer Kenntnis der technischen Einzelheiten, der Herstellungs- und Anwendungsweise des Objekts entschieden werden, welche Merkmale ihrem Wesen nach st\u00e4rker, welche minder variabel; welche hinsichtlich der Zweckm\u00e4fsigkeit des Ganzen freier, welche gebundener sind; ja selbst die Grundfrage, welche Eigenschaften konstitutiv und welche akzessorisch sind, ist oft nicht ohne weiteres zu beantworten. Die Anordnung der Fingerl\u00f6cher an Fl\u00f6ten oder Pfeifen z. B. kann in erster Linie (oder lediglich) der optischen Wohlgef\u00e4lligkeit wegen \u2014 gleicher Abstand, symmetrische Verteilung \u2014 getroffen worden sein \\ wodurch die auf dem Instrument vorgebildete Tonreihe akzessorisch, also das, was man a priori f\u00fcr die Hauptsache halten m\u00f6chte, zuf\u00e4llig wird. \u00c4ufserlich ganz gleiche Bildungen k\u00f6nnen sehr verschiedene Zwecke haben : so wird das zweitoberste Loch einer chinesischen Querfl\u00f6te zur Modifikation der Klangfarbe mit einer d\u00fcnnen Membran \u00fcberklebt und durch die beiden untersten L\u00f6cher wird eine Aufh\u00e4ngeschnur gezogen, w\u00e4hrend das oberste als Anblaseloch und die \u00fcbrigen als Fingerl\u00f6cher dienen.1 2\nDie Variabilit\u00e4t der Merkmale, und damit ihre Beweiskraft\n1\tVgl. Ch. K. Wead, Contributions to the History of Musical Scales, mithsonian Institution Reports 1900 (Washington 1902).\n2\tEs ist deshalb ebenso irref\u00fchrend, wenn man bei der Beschreibung des Instruments blofs die absolute Lochzahl, wie wenn man die \u00e4ufsere L\u00e4nge (die nicht mit der akustisch wirksamen zusammenf\u00e4llt) angibt, wie dies in Sammlungskatalogen und auf Museumszetteln noch h\u00e4ufig geschieht.","page":4},{"file":"p0005.txt","language":"de","ocr_de":"[Z. f. Ethnol. 48, 604] Akustisches Kriterium f. Kultur Zusammenh\u00e4nge. 5\nals Verwandtschaftskriterien, wird vermindert und unter Umst\u00e4nden sogar aufgehoben durch gegenseitige Abh\u00e4ngigkeiten. So kann der \u00fcberhaupt m\u00f6gliche Formenkreis eingeschr\u00e4nkt sein durch die Technik (z. B. bei Flechtornamenten) oder das Material (z. B. bei Blasinstrumenten aus Tierh\u00f6rnern).1\nDie allgemeinen Bedingungen, denen ein Merkmal gen\u00fcgen mufs, um als Zusammenhangskriterium brauchbar zu sein, w\u00e4ren demnach diese drei: genaue Determination, Zweckfreiheit, Variabilit\u00e4t; als entsprechende praktische Vorz\u00fcge h\u00e4tten zu gelten : leichte und genaue Bestimmbarkeit und Durchsichtigkeit der kausalen und funktionalen Beziehungen.2 \u2014\nDas Merkmal, dessen Verwendung als Kriterium f\u00fcr Kulturzusammenh\u00e4nge ich hier bef\u00fcrworten m\u00f6chte, ist ein physikalisch-akustisches. Einer physikalischen Methode, n\u00e4mlich der Messung von Tonh\u00f6hen, bedient man sich in der vergleichenden Musikwissenschaft schon lange. Zun\u00e4chst hatte man dabei nur die Ermittlung der Intervalle und Tonleitern im Auge, die als spezifisch musikalische Faktoren den Musikwissenschaftler und Psychologen in erster Linie interessieren. Die weitverbreitete \u00dcberzeugung von der Universalit\u00e4t der sog. \u201enat\u00fcrlichen\u201c Leiter erwies sich alsbald als hinf\u00e4llig, namentlich durch die Entdeckung der merkw\u00fcrdigen siamesischen\n1\t\u00dcbrigens k\u00f6nnen, wenn sie nur selbst gen\u00fcgend variabel sind, auch, die Technik \u2014 Weberei! \u2014 und das Material \u2014 Saiten aus Pflanzenfasern, Darm, Rofshaar, Metall, Seide \u2014 als Kriterien benutzt werden.\n2\tDie hier versuchte kurze Zusammenstellung der haupts\u00e4chlichsten methodologischen Gesichtspunkte d\u00fcrfte f\u00fcr den Zweck der vorliegenden Mitteilung gen\u00fcgen. Sie treffen zum Teil \u2014 wrenn auch in etwas anderer Formulierung \u2014 mit Graebners Bemerkungen \u00fcber das \u201eFormkriterium\u201c zusammen (Methode d. Ethnol., besonders IV, 2 B, \u00a7 5; IV, 3 A, \u00a7 8, 9). es schien mir aber notwendig, die Ungleichwertigkeit der verschiedenen Merkmale sch\u00e4rfer zu betonen. Je weniger Erscheinungen zur Begr\u00fcndung eines Kulturzusammenhangs herangezogen werden, um so h\u00f6here Anforderungen sind nat\u00fcrlich an die Beweiskraft jeder einzelnen Parallele zu stellen; aber auch sonst sollte diese immer mit erwogen werden. Die Plandhabung des sog. \u201eQuantit\u00e4tskriteriums\u201c liefse sich vielleicht durch Einf\u00fchrung der Korrelationsrechnung, die sich ja auch der somatischen Anthropologie n\u00fctzlich erwiesen hat (Czekanowski), exakter gestalten.","page":5},{"file":"p0006.txt","language":"de","ocr_de":"6\nE. v. Hornbostel.\n[Z. f. Ethnol. 43, 604/5J\nund javanischen Tonsysteme.1 Damit war zugleich im Prinzip die M\u00f6glichkeit gegeben, neben den melodischen und rhythmischen Formen auch die Ergebnisse der Tonmessung als ethnologisches Material zu verwenden, \u00e4hnlich wie die grammatischen Strukturen der Sprachen. Die musikwissenschaftlichen Daten sind aber auch darin den linguistischen vergleichbar, dafs ihre Behandlung spezielle Vorkenntnisse verlangt und daher f\u00fcr manchen der vollen Durchsichtigkeit entbehrt.\nDagegen ist die absolute Tonh\u00f6he eine einfache, rein physikalische Angabe, die leicht zu ermitteln ist und deren Eigenschaften auch ohne musikalische Begabung und theoretische Vorbildung zu \u00fcbersehen sind. Man erh\u00e4lt die absoluten Tonh\u00f6hen unmittelbar durch Vergleichung der zu bestimmenden T\u00f6ne mit den T\u00f6nen eines geeichten Mefsinstru-ments 2, und zwar ausgedr\u00fcckt in Schwingungszahlen. Durch die Schwingungszahl ist jeder Ton (seiner Tonh\u00f6he nach) theoretisch absolut eindeutig bestimmt. In praxi wird die vollkommene Genauigkeit zwar durch die Messungsfehler3 eingeschr\u00e4nkt, die aber bei sorgf\u00e4ltiger Arbeit allerh\u00f6ehstens 0,5 \u00b0/0 betragen d\u00fcrften.4 Man kann also wohl sagen, dafs das\n1\tVgl. C. Stumpf, Tonsystem und Musik der Siamesen, diese Beitr\u00e4ge 3, 1901; A. J. Ellis, On the musical scales of various nations, Journ. Soc. Arts 33, 1885.\n2\tAm zweckm\u00e4fsigsten sind kontinuierlich ver\u00e4nderliche Lippenpfeifen oder Zungen. Die zu vergleichenden T\u00f6ne sollten in der Regel nacheinander angegeben werden, zugleich nur dann, wenn man zur genauesten Abstimmung Schwebungen benutzen will. (N\u00e4heres siehe: Abraham und v. Hornbostel, Vorschl\u00e4ge f\u00fcr die Transkription exotischer Melodien. Sammelb. d. Intern. Mus. Ges. XI, 1910, S. 18.)\n3\tAls Fehlerquellen kommen in Betracht: 1. Falsche oder ungenaue Eichung des Mefsinstruments ; 2. ungenaue Einstellung (namentlich bei grofser Klangfarben- oder St\u00e4rkedifferenz oder verschiedener Oktavlage von Versuchs- und Meisten); 3. ungenaue Ablesung. Alle drei lassen sich durch entsprechend h\u00e4ufige Kontrollbestimmungen auf ein Minimum herabdr\u00fccken. Bei Fehlerberechnungen m\u00fcfsten die sub 2 genannten Fehlerquellen ber\u00fccksichtigt werden.\n.\t4 ^80 m mittlerer Tonlage, etwa bei 600 Schwingungen, etwa\n3 Schwingungen. Halbe Schwingungen haben folglich noch praktische Bedeutung, w\u00e4hrend die zweite Dezimale der Schwingungszahlen h\u00f6chstens noch rechnerisch in Betracht kommt.","page":6},{"file":"p0007.txt","language":"de","ocr_de":"[Z.f. Ethnol. 43,605/6] Akustisches Kriterium f. Kulturzusammenli\u00e4nge. 7\nKriterium der absoluten Tonh\u00f6hen den strengsten Anforderungen an Genauigkeit der Determination gen\u00fcgt.\nWie steht es nun mit der Variabilit\u00e4t? Von den \u00fcberhaupt h\u00f6rbaren T\u00f6nen, deren Gebiet etwa zwischen 16 und 20000 Schwingungen liegt, sind musikalisch brauchbar nur die T\u00f6ne einer engeren Region, etwa zwischen 30 und 3000. Nehmen wir als mittlere Fehlergrenze (Fehler bei der Abstimmung des Instrumentes durch den eingebornen Verfertiger Fehler unserer Messung) 6 Schwingungen 1 an, so ergibt sich die Anzahl der m\u00f6glichen (praktisch verschiedenen) Werte absoluter Tonh\u00f6hen zu rund 500. Diese Zahl erf\u00e4hrt eine erhebliche Einschr\u00e4nkung in den F\u00e4llen, in denen man die Oktavlage unber\u00fccksichtigt l\u00e4fst, d. h. T\u00f6ne, die um eine oder mehrere Oktaven auseinander liegen, oder Schwingungszahlen, die im. Verh\u00e4ltnis von 1 : n. 2 stehen, einander gleichsetzt. Hierzu ist man berechtigt, weil die Oktaven\u00e4hnlichkeit ein universelles psychisches Ph\u00e4nomen ist : \u00fcberall gehen M\u00e4nnerund Frauen- oder Kinderstimmen im Chor (unwissentlich) in Oktaven, ebenso Gesang- und Instrumentalbegleitung; auf Instrumenten mit gr\u00f6fserem Tonumfang werden fast immer die ganzen Tonreihen oder wenigstens einzelne T\u00f6ne in mehreren Oktaven \u201ewiederholt\u201c.2 Bringt man alle Schwingungszahlen durch Multiplikation mit oder Division durch 2 in dieselbe Oktavlage, etwa zwischen 400 und 800, so betr\u00e4gt die Anzahl m\u00f6glicher Werte (unter Voraussetzung derselben Fehlergrenze\nwie oben)\toder rund 70. Die Variabilit\u00e4t ist also auch\nin diesem Fall noch ziemlich hoch, und es ist jedenfalls ein Vorzug, dafs sie sich wenigstens approximativ zahlenm\u00e4fsig veranschlagen l\u00e4fst.\nDas Kriterium der absoluten Tonh\u00f6hen wird selten ganz isoliert zur Anwendung kommen, vielmehr meist in Verbindung mit \u00dcbereinstimmungen von Tonleitern, deren Be-\n1\tDiese Zahl ist zun\u00e4chst willk\u00fc-lieh, aber sicher eher zu hoch, als zu klein angenommen; bei gen\u00fcgendem Material d\u00fcrfte sie sich (f\u00fcr spezielle F\u00e4lle) auch empirisch berechnen lassen.\n2\tOft ist dabei die Gesamttonreihe auf mehrere, gr\u00f6fsere (Bafs-) und kleinere (Diskant-) Instrumente verteilt, z. B. bei den javanischen Metallo-phonen.","page":7},{"file":"p0008.txt","language":"de","ocr_de":"8\nE. v. Hornbostel.\n[Z. f. Ethnol. 48, 606]\nweiskraft f\u00fcr Kulturzusammenh\u00e4nge dann freilich sehr erheblich1 gesteigert, ja eigentlich erst gesichert wird. Die beiden Kriterien sind n\u00e4mlich durchaus nicht gleichwertig; bez\u00fcglich des einen der drei oben aufgestellten Wertmafsst\u00e4be \u2014 und vielleicht des wichtigsten \u2014 der Zweckfreiheit, verhalten sie sich geradezu gegens\u00e4tzlich.\nDie absolute Tonh\u00f6he hat in der Musik nur eine ganz nebens\u00e4chliche, f\u00fcr das naive musikalische Bewufstsein \u00fcberhaupt keine Bedeutung. Es macht f\u00fcr den musikalischen Eindruck keinen Unterschied, ob eine Melodie mit c oder mit fis anhebt, selbst unter europ\u00e4ischen Musikbeflissenen w\u00fcrden die wenigsten dies bemerken. Unge\u00fcbte S\u00e4nger brechen h\u00e4ufig ein eben begonnenes Lied ab, weil der Umfang der Melodie \u00fcber ihre Stimmgrenzen hinausgeht und fangen auf einer anderen Tonh\u00f6he von neuem an ; oft wird ein zuf\u00e4llig getroffener Anfangs- oder Hauptton f\u00fcr eine lange Reihe verschiedener Lieder beibehalten; oder man richtet sich nach irgendeinem Ton, den man eben geh\u00f6rt hat.2 3 Solche Beobachtungen kann man allt\u00e4glich und \u00fcberall machen. Die \u201eF\u00e4higkeit des Transponierens\u201c ist eben eine allgemeine und, wie Stumpe 3 gezeigt hat, eine der wesentlichsten Grundlagen der Musik \u00fcberhaupt; oder, was genau dasselbe besagt: die absolute Tonh\u00f6he ist f\u00fcr die Musik (nahezu4) irrelevant.\n1\tN\u00e4mlich, nach den oben gemachten Annahmen, um das 500- bzw. 70-faehe.\n2\tViele Gesangaufnahmen des Berliner Phonogramm-Archivs beginnen mit a, dem Ton eines Stimmpfeifchens, das zur Festlegung der Originalgeschwindigkeit stets mitphonographiert werden soll.\n3\tDie Anf\u00e4nge der Musik (Leipzig, J. A. Barth, 1911), S. 10 ff.\n4\tBei dieser Einschr\u00e4nkung denke ich an die beiden folgenden Tatsachen: Grobe Unterschiede der absoluten Tonh\u00f6he (der Tonlage) machen sich als Klangfarbenunterschiede auch dem naiven H\u00f6rer bemerkbar, namentlich beim Gesang. Aber bei unserem Kriterium handelt es sich immer um feinere Differenzen. \u2014 Zweitens werden Transpositionen von Personen mit sog. absolutem Tonbewufstsein nicht nur bemerkt, sondern unter Umst\u00e4nden auch als Modifikation des musikalischen Eindrucks gef\u00fchlt. Das absolute Tonbewufstsein kann sich aber erst ausbilden, wenn eine bestimmte Normalstimmung auf Instrumenten bereits festgelegt ist, ist also nur als Folgeerscheinung des Gebrauches der absoluten Tonh\u00f6hen, die uns als Kriterium dienen,","page":8},{"file":"p0009.txt","language":"de","ocr_de":"[Z. f. Ethnol. 48, 607] Akustisches Kriterium f. Kulturzusammenh\u00e4nge. 9\nF\u00fcr den Melodieneindruck wesentlich sind dagegen die Intervalle. Rechnerisch sind sie durch Verh\u00e4ltnisse von Schwingungszahlen gegeben. \u00c4nderungen dieser Verh\u00e4ltnisse erscheinen als \u00c4nderungen der Melodiegestalt, sobald sie eine gewisse Grenze \u00fcberschreiten, die meist nicht sehr weit ist. Im allgemeinen m\u00fcssen also Intervalle \u2014 und, da Tonleitern nichts anderes sind, als \u00fcbersichtlich angeordnete Intervallsysteme, auch diese \u2014 als konstitutive Faktoren angesehen werden.\nIm einzelnen freilich ist die Sachlage hier nicht so einfach, wie bei den absoluten Tonh\u00f6hen. Man kann von ganz verschiedenen Ausgangspunkten zu sehr \u00e4hnlichen und praktisch eventuell sogar gleichwertigen Tonleitern gelangen. Ob ein (einstimmiges) Musikst\u00fcck in reiner, temperierter oder pythagoreischer Stimmung ausgef\u00fchrt wird, kann nur ein sehr gewiegter und in allen drei Tonsystemen erfahrener Musiker entscheiden ; der Durchschnittsh\u00f6rer w\u00fcrde keinen Unterschied bemerken. Da also Tonleitern h\u00e4ufig typische Beispiele von Konvergenzerscheinungen sind, so ist es notwendig, \u00fcber die einfachen physikalischen Befunde hinaus und wom\u00f6glich auf ihre Bildungsprinzipien zur\u00fcckzugehen. Diese lassen sich zwar aus den Messungsdaten manchmal mit grofser Sicherheit erschliefsen, bleiben aber, solange sie nicht durch direkte Beobachtung der Abstimmungsweise der Instrumente best\u00e4tigt werden, immerhin hypothetisch. Ferner ist zu bedenken, dafs auch in ihrer Entstehungsweise wohl charakterisierte Tonsysteme von psychologischen und mechanischen Bedingungen abh\u00e4ngig sind, die wiederholt zu sehr \u00e4hnlichen Resultaten f\u00fchren k\u00f6nnen. So sind die Chinesen mehr als ein Jahrhundert vor uns zu einer Temperatur der zw\u00f6lfstufigen Leiter gelangt* 1, fast genau demselben k\u00fcnstlichen Tonsystem, ohne das die Entwicklung unserer Musik seit Bach undenkbar ist.\nEs folgt aus alledem, dafs Tonleitern (bzw. Intervalle) als\nm\u00f6glich. Sollte sich also wirklich einmal nachweisen lassen, dafs bei einem Volk das absolute Tonbewufstsein nicht blofs auf einzelne Individuen beschr\u00e4nkt ist und die absolute Tonh\u00f6he in der Musik mehr Beachtung findet, so k\u00f6nnte dieser Tatbestand doch die Beweiskraft unseres Kriteriums in keiner Weise ber\u00fchren.\n1 Siehe L. Laloy, La musique chinoise, Paris s. d. (1910), S. 48 ff.","page":9},{"file":"p0010.txt","language":"de","ocr_de":"10\nE. v. Hornbostel.\n[Z. f. Ethnol. 48, 607/8]\nKriterium f\u00fcr Kulturzusammenh\u00e4nge nur mit grofser Vorsicht und niemals f\u00fcr sich allein verwendet wTerden k\u00f6nnen.1\nBei der Kombination dieses Kriteriums mit dem der absoluten Tonh\u00f6hen ist noch folgendes zu beachten: Die \u00dcbereinstimmung s\u00e4mtlicher homologer T\u00f6ne zweier Instrumente der absoluten Tonh\u00f6he nach impliziert selbstverst\u00e4ndlicherweise die Identit\u00e4t der beiden Tonsysteme. In diesem Fall w\u00fcrde also die Tonleiter keinen neuen Beweisgrund hinzubringen. Aber scheinbar w\u00fcrde der Wahrscheinlichkeitsschlufs durch die Vervielf\u00e4ltigung der \u00dcbereinstimmungen enorm verst\u00e4rkt. Gleichwohl w\u00e4re dies eine ganz schiefe Auffassung des Tatbestandes. Denn es m\u00fcfsten alle einzelnen absoluten Tonh\u00f6hen als solche \u00fcbernommen worden sein, ohne Beachtung des Tonsystems: es w\u00e4ren also, allen Erfahrungen entgegen, jene die konstitutiven Merkmale, dieses ein akzessorisches. Die v\u00f6llige \u00dcbereinstimmung zweier Tonreihen ist aber auch gegeben durch Identit\u00e4t des Ton systems und der absoluten Tonh\u00f6he eines einzigen, in beiden Reihen bez\u00fcglich des Systems homolog gestellten Tones, etwa des Ausgangstones der Reihenbildung ; und man hat korrekterweise nur zwei Beweismomente anzunehmen: die Gleichheit des Tonsystems und die der absoluten Tonh\u00f6he der Tonreihe en bloc.2\n(Zum Beispiel: Entsprechen beide Reihen unserer temperierten Durtonleiter \u2014 cdefgahc' \u2014 und ist der Ausgangston bei beiden c \u2014 256 v. d., so sind auch die beiden d, e, f usw. identisch.)\n1\tIch kann daher auch Haberlandt nicht zustimmen, wenn er (1. c. S. 115) \u00fcbereinstimmende Tonleitern als Beweis f\u00fcr kulturhistorische Abh\u00e4ngigkeit ansieht. (Allerdings nur \u201ein einem Verbreitungsgebiet\u201c ! Aber ich kann, so wenig wie Graebner, einsehen, warum scheinbare Ver* kehrshindernisse die Beweiskraft eines Kriteriums aufheben sollten.) Ich habe auch an der von H. angezogenen Stelle (in : Stephan u. Graebner, Neumecklenburg, S. 1341) und auch sonst (in: Hagen: Die Orang-Kubu auf Sumatra, S. 249 und in Koch-Gr\u00fcnber\u00f6: Zwei Jahre unter den Indianern, II, S. 390) den wesentlichen Unterschied zwischen absoluten Tonh\u00f6hen und Verh\u00e4ltnissen ausdr\u00fccklich betont (Sperrdruck!), so dafs ein Mifsverst\u00e4ndnis wohl ausgeschlossen ist.\n2\tIn F\u00e4llen, wo das Konstruktionsprinzip der Tonreihe mehrere Ausgangspunkte erfordert, wo also eigentlich mehrere voneinander unabh\u00e4ngige Systeme kombiniert erscheinen, k\u00f6nnen auch ebenso viele absolute Tonh\u00f6hen als Beweismomente herangezogen werden.","page":10},{"file":"p0011.txt","language":"de","ocr_de":"[Z. f. Ethnol. 48, 608/9J Akustisches Kriterium f. Kulturzusammenh\u00e4nge. H\nStimmen nicht alle, sondern nur mehrere T\u00f6ne (eventuell nur ein Ton) zweier Instrumentalleitern \u00fcberein, so kann oft auf Grund des Tonsystems entschieden werden, ob ein Zusammenhang vorliegt. Ist das Tonsystem gleich, aber die Stellung der T\u00f6ne von gleicher absoluter Tonh\u00f6he im System verschieden, so hat man entweder eine Tonleiter und ihre Transposition, oder zwei verschiedene Ausschnitte aus einer Leiter gr\u00f6fseren Umfanges (dem Gesamtsystem) vor sich.1\n(Zum Beispiel:\nedefg ah e ) beide : temperierte Tonleitern ; des es f ges as h c des / die f und c identisch.\nOder :\nedefg\t\\ beide : Teile der temperierten diatonischen\nf g a h c J Leiter; die /'und g identisch, c und c' Oktaven.)\nSind die Tonsysteme nicht gleich, aber \u00e4hnlich, so k\u00f6nnen doch eine Anzahl homologer T\u00f6ne auch in der absoluten Tonh\u00f6he \u00fcbereinstimmen.\n(Zum Beispiel:\nrein: edefga h e ) beide: diatonische (Dur-) pythagoreisch: edefga h e /Leitern; c, d, f, g, F identisch.)\nEs ist nur ein Grenzfall des vorigen, wenn die Tonsysteme ganz verschieden sind, die Leiterbildung aber von der gleichen absoluten Tonh\u00f6he ausgegangen ist. Es w\u00fcrde dann ein einziger Ton gen\u00fcgen, um einen Zusammenhang wahrscheinlich zu machen, aber dieser Ton m\u00fcfste als Angelpunkt beider Systeme, bzw. als Ausgangston beider Reihen erwiesen sein.2\nDafs in diesem Fall der Normalton allein entlehnt worden w\u00e4re, ist wieder nicht wahrscheinlich ; eher, dafs ein urspr\u00fcnglich mitsamt den absoluten Tonh\u00f6hen \u00fcbernommenes System mehr und mehr modifiziert oder durch ein neues ersetzt worden ist.\nAber auch Tonsysteme d\u00fcrften kaum je ohne ihre Tr\u00e4ger,\n1\tBei gleichstufigen Leitern, d. h. solchen, bei denen das Schwingungszahlenverh\u00e4ltnis je zweier Nachbart\u00f6ne konstant ist, fallen die beiden M\u00f6glichkeiten in eine zusammen.\n2\tIn umfangreicheren Tonreihen k\u00f6nnen sich einzelne T\u00f6ne auch dadurch vor anderen auszeichnen, dafs sie in mehreren Oktaven vertreten sind.","page":11},{"file":"p0012.txt","language":"de","ocr_de":"12\nE. v. Hornbostel.\n[Z. f. Ethnol. 48, 609]\ndie Instrumente, wandern.1 Man wird vielmehr ein Musikinstrument zun\u00e4chst und auf lange hinaus, wegen seiner Klangf\u00fclle und Klangfarbe, der leichten Spieltechnik und bequemen Herstellungsweise sch\u00e4tzen und, je weniger man die wahren Ursachen der ersten beiden Eigenschaften kennt, das Modell um so sklavischer kopieren und um so treuer in allen Einzelheiten bewahren. Mit dem Ganzen \u00fcbernimmt und perpetuiert man so ohne besondere Absicht das Tonsystem2, die absoluten Tonh\u00f6hen und wohl auch manche handwerklichen Details. Mit der allm\u00e4hlichen Lockerung der Tradition und der zunehmenden zeitlichen und r\u00e4umlichen Entfernung von den urspr\u00fcnglichen Vorlagen werden die \u00dcbereinstimmungen mehr und mehr an Genauigkeit verlieren. Infolgedessen ist auch das Material in unseren Sammlungen sehr ungleichwertig, und man kann nicht erwarten, an einem beliebig herausgegriffenen Objekt ein wohl definiertes Tonsystem oder eine in einem ganzen Kulturkreis g\u00fcltige Normalstimmung zu finden. Nur die Tonreihen der besten3 Exemplare k\u00f6nnen zun\u00e4chst der Hypothesenbildung als Krystallisations-punkte dienen, an die sich die \u00fcbrigen dann eventuell an-schliefsen lassen. Dabei k\u00f6nnte man unter Umst\u00e4nden auf Grund der zunehmenden Abweichungen der Leitern von der Norm und ihrer r\u00e4umlichen Verteilung zu einer relativen Chronologie und zur Rekonstruktion der Ausbreitungswege gelangen.4 Dagegen ist die Forderung, eine genaue \u00dcbereinstimmung s\u00e4mtlicher zu einer Gruppe geh\u00f6riger Typen nachzuweisen, unberechtigt und selbst f\u00fcr ein beschr\u00e4nktes Verbreitungsgebiet unerf\u00fcllbar.\n1\tPrinzipiell ist es allerdings m\u00f6glich, dafs einfache Konstruktionsverfahren, wie der p3dhagoreische Quintenzirkel, auch ohne konkrete Modelle \u00fcbertragen werden.\n2\tIn diesem beschr\u00e4nkten Sinne k\u00f6nnen denn auch Instrumentalleitern als akzessorische Merkmale gelten.\n3\tDie \u201eguten\u201c St\u00fccke zeichnen sich meist schon durch die sorgf\u00e4ltigere Faktur und die sichtbaren Spuren langen Gebrauchs aus; vor allem aber durch die innere Gesetzm\u00e4fsigkeit der Tonreihen selbst: konstante Intervallgr\u00f6fsen, reine Oktaven, genaue \u00dcbereinstimmung von paarweise zusammengeh\u00f6rigen Instrumenten usw. Dies alles sind objektive. hypothesenfreie Qualit\u00e4tskriterien.\n4\tVgl. Gkaebner \u201eKriterium des Verwandtschaftsgrades\u201c (Methode, IV, 3 A, \u00a7 13).","page":12},{"file":"p0013.txt","language":"de","ocr_de":"[Z. f. Ethnol. 43,609/10] Akustisches Kriterium f. Kulturzusammenh\u00e4nge. 13\nEndlich ist noch ein naheliegender Einwand gegen unser Kriterium abzuweisen : Die absolute Tonh\u00f6he ist abh\u00e4ngig von den Ausmafsen des Klangk\u00f6rpers, und diese Abh\u00e4ngigkeit, k\u00f6nnte man sagen, beschr\u00e4nke \u2014 nach dem oben (S. 5) auf-gestellten Grundsatz \u2014 die Variabilit\u00e4t des Merkmals. Man w\u00fcrde die Dimensionen etwa so w\u00e4hlen, wie sie f\u00fcr die Herstellung und Handhabung des Instrumentes am bequemsten sind, und so w\u00fcrden sich immer wieder ungef\u00e4hr dieselben Gr\u00f6fsen (und Tonh\u00f6hen) ergeben. Abgesehen davon, dafs innerhalb der Bequemlichkeitszone den Mafsen immer noch ein weiter Spielraum bliebe, ist diese Ansicht schon dadurch widerlegt, dafs tats\u00e4chlich die meisten Instrumente in allen m\u00f6glichen Gr\u00f6fsen Vorkommen, z. B. mannshohe Panpfeifen-rohre neben kaum zollangen. W\u00fcrden anstatt der absoluten Tonh\u00f6hen die Mafse festgelegt und nachgebildet, so h\u00e4tte man an ihnen ein ebenso gutes Verwandtschaftskriterium: auch sie sind genau (zahlenm\u00e4fsig) determinierbar, fast unbegrenzt variabel und unabh\u00e4ngig vom Zweck des Instruments. Wenn \u00fcberdies die Funktionsbeziehung zwischen den Schwingungszahlen und den Dimensionen des Klangk\u00f6rpers bekannt ist, so lassen sich die einen auf die anderen zur\u00fcckf\u00fchren, und man h\u00e4tte nur zwei Ausdr\u00fccke f\u00fcr eine Sache.1 Auch diesen Umstand kann man sich gelegentlich zunutze machen, z. B. um die Tonh\u00f6he eines zerbrochenen Pfeifenrohrs zu ermitteln.\nMafse, die mit der Tonh\u00f6he nichts zu tun haben, k\u00f6nnen ebenso (und besser) als Verwandtschaftskriterien benutzt werden, wde andere ergologische Merkmale. Die letzteren wird man immer mitber\u00fccksichtigen, und in vielen F\u00e4llen ist man auf sie allein angewiesen; es sei aber nochmals betont, dafs\n1 Bei Pfeifenrohren ist die Tonh\u00f6he ann\u00e4hernd eine lineare Funktion der Bohrl\u00e4nge. Tats\u00e4chlich werden in Melanesien \u2014 nach Ermittlungen von Herrn Prof. Aug. Kr\u00e4mer und Herrn Dr. Thurnwald \u2014 beim Schnitzen von Panpfeifen zun\u00e4chst die (inneren) Rohrl\u00e4ngen durch Ausloten mit einem St\u00e4bchen bestimmt; die Feinabstimmung erfolgt dann aber doch nach dem Geh\u00f6r. Umgekehrt leiten die Chinesen ihr ganzes Mafssystem von Pfeifenrohren von bestimmter Tonh\u00f6he ab, wobei aufser der L\u00e4nge auch der Querschnitt ber\u00fccksichtigt wird (Laloy, 1. c. S. 51). Instrumente mit komplizierteren Abh\u00e4ngigkeiten (St\u00e4be, Glocken) wrerden auch bei Kulturv\u00f6lkern nur nach dem Geh\u00f6r ab-gestimmt. (Vgl. Stumpf, Anf\u00e4nge d. Musik, S. 94 f.)","page":13},{"file":"p0014.txt","language":"de","ocr_de":"14\nE. v. Hornbostel.\n[Z. f. Ethnol. 48, 610/11]\nsie im allgemeinen zwar sinnf\u00e4lliger, aber keineswegs beweiskr\u00e4ftiger sind als das akustische Kriterium.\nUnter den Instrumenten mit fester Stimmung, die ja allein f\u00fcr Tonmessungen in Betracht kommen, verdienen das Xylophon und die Panpfeife den Vorzug, weil ihre T\u00f6ne von der Spielweise (Art und St\u00e4rke des Anschlagens bzw. Anblasens) und klimatischen Faktoren (Temperatur, Luftfeuchtigkeit) kaum beeinflufst werden. Auch sind diese Instrumente besonders leicht abstimmbar und werden daher die Intention der Verfertiger sehr genau repr\u00e4sentieren.1\nAn zwei Beispielen, die den beiden eben erw\u00e4hnten Typen angeh\u00f6ren, sei noch die Anwendung des Kriteriums der absoluten Tonh\u00f6he erl\u00e4utert.\n1. Die Frage, ob das afrikanische Xylophon autochthon oder aus S\u00fcdostasien importiert ist, ist schon vielfach diskutiert, aber bisher nicht entschieden worden. Gegen diesen Zusammenhang ist vor allem geltend gemacht worden, dafs die afrikanischen Repr\u00e4sentanten K\u00fcrbisresonatoren haben, die sowohl den hinterindischen, als den javanischen fehlen ; und dafs das Instrument in Madagaskar nicht vorkommt.2 Das erste Argument scheint mir deshalb nicht ausschlaggebend, weil es auch in Afrika vielfach einfache Xylophone ohne Resonanzeinrichtung gibt und es leicht m\u00f6glich ist, dafs ein importiertes Instrument nachtr\u00e4glich vervollkommnet wird. Auch in Java besitzen manche Metallophone \u2014 die doch sicher eine sp\u00e4te Abart der Klangstabserien darstellen \u2014- Resonatoren aus Bambus. Das Fehlen des Xylophons in Madagaskar andererseits- kann\n1\tMetallophone k\u00f6nnen durch (starke) Temperaturdifferenzen in ihrer Stimmung beeinflufst werden, ebenso Glocken, die auch schwerer abzustimmen sind. Flageoletts sind schon bei der Herstellung manchen Zuf\u00e4lligkeiten ausgesetzt und durch die Anblasest\u00e4rke sehr ver\u00e4nderlich; mehr noch andere Blasinstrumente (Fl\u00f6ten, Klarinetten, Oboen). Bei Saiteninstrumenten mit B\u00fcnden oder dergleichen ist die Spannung nicht ganz ohne Einflufs auch auf die Intervalle. Mit der n\u00f6tigen Vorsicht sind aber auch diese Instrumente alle f\u00fcr akustische Untersuchungen brauchbar. Bei Museumsexemplaren mufs man nat\u00fcrlich auch auf den Erhaltungszustand achten, der namentlich bei den afrikanischen Lamellenserien (Sansas) selten vertrauenerweckend ist.\n2\tVgl. Ankermann, Die afrikan. Musikinstrumente, Ethnol. Notizblatt, Mus. f. V\u00f6lkerk. Berlin, III (1901), S. 131 f.","page":14},{"file":"p0015.txt","language":"de","ocr_de":"[Z. f. Ethnol. 43, 611] Akustisches Kriterium f. Kultur Zusammenh\u00e4nge. 15\nh\u00f6chstens beweisen, dafs es nicht zn den indonesischen Kultur-schichten geh\u00f6rt, die heute noch auf dieser Insel anzutreffen sind ; es k\u00f6nnte von dort nach dem Kontinent zur\u00fcckgedr\u00e4ngt sein1, oder diesen von einer anderen Einbruchsstelle aus erobert haben.\nEs ist nun auffallend, dafs manche afrikanischen Xylophonleitern dem System aus sieben gleichen Stufen sehr nahekommen, das f\u00fcr die Musik der hinterindischen Kulturv\u00f6lker charakteristisch ist. Aber dies w\u00fcrde, wie oben (S. 9, 10) ausgef\u00fchrt, einen Zusammenhang noch nicht beweisen. In der folgenden Tabelle I (S. 17) sind dagegen die absoluten Tonh\u00f6hen (Schwingungszahlen) zusammengestellt, die auf einigen birmanischen und zwei afrikanischen Xylophonen gefunden wurden. Das erste Exemplar wurde von A. J. Ellis im South-Kensington-Museum in London2, das zweite von mir im National-Museum in Washington, das letzte im Hamburger und die \u00fcbrigen im Berliner V\u00f6lkerkundemuseum gemessen.3 Die gute \u00dcbereinstimmung der vier birmanischen Patalas gestattet, die Mittel zu nehmen (V. Horizontalrubrik), die denn auch mit der (von 408 aus) berechneten temperierten siebenstufigen Leiter (VI. Rubrik) fast absolut genau zusammenfallen. Man darf also wohl die letztere Reihe als die birmanische Normalstimmung betrachten. Diese findet sich nun, wie ein Blick auf die beiden letzten Rubriken zeigt, sowohl auf dem sehr sch\u00f6nen Bavenda-Xylo-phon der Berliner, als auf dem Mandingo-Exemplar der Hamburger Sammlung wieder, ist also f\u00fcr die \u00e4ufsersten Grenzen des afrikanischen Verbreitungsgebietes gesichert. Es soll damit nat\u00fcrlich nicht behauptet werden, dafs alle afrikanischen Xylophone birmanischen Mustern nachgebildet sind; auch\n1\tAuch nach Java d\u00fcrfte das Xylophon aus Hinterindien gekommen sein, trotzdem es auf Sumatra fehlt. [Anmerkung beim Wiederabdruck : Herr Direktor J. F. Snelleman hatte die Liebensw\u00fcrdigkeit, mich auf zwei Literaturstellen aufmerksam zu machen, nach denen die L\u00fccke im Verbreitungsweg des Xylophons ausgef\u00fcllt erscheint: Modigliani, Un viaggio a Nias, S. 565 und Encyclopedic van Nederl. lndi\u00eb II, S. 633 (Battakl\u00e4nder).]\n2\tL. c. S. 506.\n3\tDen Verwaltungen der genannten Museen bin ich f\u00fcr ihr liebensw\u00fcrdiges Entgegenkommen sehr zu Dank verpflichtet.","page":15},{"file":"p0016.txt","language":"de","ocr_de":"16\nE. v. Hornbostel.\n[Z. f. Ethnol. 43, 611/12]\nsiamesische \u2014 die sich von den birmanischen nicht im Tonsystem, wohl aber in den absoluten Tonh\u00f6hen unterscheiden \u2014 und selbst javanische k\u00f6nnten nach Afrika gelangt sein.\nAuch der Umfang der Leitern \u2014 von denen in die Tabelle nur die im oben (S. 12) definierten Sinn \u201ebesten\u201c Oktavenausschnitte aufgenommen sind1 \u2014 spricht f\u00fcr ihre Zusammengeh\u00f6rigkeit. Das zweite und dritte Patala (mit 25 bzw. 23 St\u00e4ben) beginnen beide mit (theoretisch) 606, das erste birmanische (25 St\u00e4be) und das Bavenda-Instrument (22 St\u00e4be) beide mit 669 ; der zweite Typus erscheint also gegen\u00fcber dem ersten nach unten um eine Stufe verk\u00fcrzt. Die h\u00f6chsten T\u00f6ne sind identisch beim zweiten und vierten (20 St\u00e4be) birmanischen und dem Mandingo-Xylophon (16 St\u00e4be), und zwar alle drei = (theoretisch) 408.2 Nimmt man hiernach als Normaltypus ein Instrument mit 25 St\u00e4ben an, dessen Umfang sich \u00fcber 3 Oktaven -f- 1 Quart, von 606 bis 408 erstreckt \u2014 also das Washingtoner Patala \u2014, so lassen sich die \u00fcbrigen leicht als Verk\u00fcrzungen dieser Tonreihe verstehen; nur dem Londoner Exemplar ist an Stelle des fehlenden tiefsten noch ein Stab in der H\u00f6he zugef\u00fcgt.\n2. \u00dcberblickt man die mannigfachen Formen der Pan-pfeife und ihre Verbreitung \u00fcber den Erdball, so kann einem die merkw\u00fcrdige Tatsache nicht entgehen, dafs doppelreihige Typen \u2014 d. h. solche, die neben jedem geschlossenen Rohr ein offenes (ungef\u00e4hr gleich langes3) besitzen, das die h\u00f6here Oktave gibt \u2014 nur in zwei beschr\u00e4nkten, aber voneinander weit getrennten Gebieten Vorkommen: auf den Salomoinseln und im westlichen Polynesien (Fiji, Samoa) einerseits, andererseits in Peru (auch pr\u00e4kolumbianisch) und Bolivien. Auch die f\u00fcr die Salomonen - Panpfeifen charakteristische\n1\tManche Xylophont\u00f6ne, namentlich die tiefsten, sind auch wegen ihres ger\u00e4uschverh\u00fcllten Klanges schwer zu messen und wrnhl auch schwer genau abzustimmen. Unsichere Werte sind in der Tabelle eingeklammert. \u2014 Die Leitern werden in gr\u00f6fserem Zusammenhang ausf\u00fchrlicher mitgeteilt werden.\n2\tDie r\u00f6mischen Ziffern der Tabelle bezeichnen die Ordnungszahlen der St\u00e4be; aus ihnen und der Gesamtzahl kann man die Einrichtung leicht ersehen.\n3\tNur die Panpfeifen der Aymara haben als Oktavpfeifen geschlossene Rohre von halber L\u00e4nge.","page":16},{"file":"p0017.txt","language":"de","ocr_de":"Tabelle I. Birma-Afrika (Xylophone).\n[Z. f. Ethnol. 43, 613] Akustisches Kriterium f. Kultur Zusammenh\u00e4nge. 17\nSS\to\t05\tCO\t,_p\n\t1\u2014(\tO\trH\ttH\nco co\tCO\tCO\tCO\tco\nt-i *> i\u2014i to\tX\thH 1\u2014I\tt\u2014i 1\u20141\t\n\tX\t(\u20141 X\t1\u20141\t\n\u25a0i\u2014i\tkO\tT\u20141\trH\tCM\nkO\tkO\tkO\tkO\tkO\nkO\tkO\tkO\tkO\tkO\nXIII.\tXIV.\tIIA\tM\t\nTU\tt\u2014i\tOl CM\t\to\no io\t8\t8 8\t3\to kO\n(\u2014i\ti\u2014!\t1\u20145 (\u20145\t\u2022\t\n1\u20141 X\thH hH X\tX\tVII\t\ni\u20141\t\tiC\t\to\nkO\t\to\t'rH\tkO\nTh\t\t\t\tTtl\nH-i\tHH\thH\thH\t\nX\tHH X\tX\tHH X\t\n00\tc-\tkO\ttH\t00\n\to\to\ttH\to\n\tTh\tTtt\t\tTt<\nX\th-5 X\tXI.\tVI.\tkO\nTh\tco S'\tTh\to\too\"\nco\tCO CO\tTh\tTh\tco\nCT\tC\u2014 D-\tLt\t\to\nX HH\tXH X\tX\tX\t\nTh\nCO\nco\nX\no\n05\nCO\nX\nXi\nX\n05 C> O \u00a7 CO 8\nfcsl I\u2014\u00ee I\u2014i\n\u00a3x X\nXX\nH \u2014I 00 r-j >o o Th ko kO \u00bbO lOlO\n\n\nrM o 05 05 Th Th\nX\nt'- D-\nxt\ni x x\nx\nX\nkO CO coT\n\u2022-O T^|\nX\u00ef\n05 05 Th tM Th Th\nI\u2014! 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IV.\t\t\tIA \u2022I\n\tX\t\t\t\n\tkO^\tTh^\t\t\n\tCO\"kO\tco\"\t\tco\n\t05 05\t05\t\t05\n\tkOkO\tkO\t\tkO\n\tM M t-i t\u20141\t\t\tX\n\t1\u20141 1\u2014I\t\t\t\n\t>M\tkO\t\t\n\tCO\to\"\t\tO CT\n.\trH kO\trH kO\t\ti-t Q k\u00a35 kO\n'pT\tt\u20145 i\u2014i\t\t\tXX\n<x> \u2022kW\tX\t\t\tM f\u2014i\n\u2022 1\u20141\t\t\t\t\n\tkO^\t<M^\t\tkiO\n=+\u2014t\tOi\"\t05\"\to\tOs\" kfl\n\u00a34 .\u2014(\tCO\tCO\t\tCO co\n\tTh\tTh\tTh\tTh Th\nn\tHt\u2019\t\tt-5\t1-4 l-i\nc3\tX\t\tX\tt\u201411\u2014t t\u2014( t\u2014t X\n\u00d6\tkO_ Th\"\tCO\tco 05\"\tkO co\"co\no\tc-\tD-\tEt\tCT CT\n\u2022 iH\tco\tCO\tCO\tCO CC\n(\u2014j\t\t\t\t\n\u2022 rH m c3\tX\t\tX\tIIA II\nrH\teo^\tTh\t\t\npq\trH\to\"\tH t>.\t\n\tkO\tkO\tkO -*h\t\n1\tco\tco\tCO co\t\nd\t\t\t\t\n<D\tX\t\t>x\t\nd\tt\u20141\t\t\t\no d\tkO\tco\tkO\t\nH\to'\t05\"\tl> co\"\t\no\tco\tkO\tkO O\t\n\tkO\tkO\tkO kO\t\nc3\tt\u20145\t\tt-i t-5\t\n02\tkH\t\tt\u2014( t\u2014(\t\n\tt\u20141\t\t1\u201411\u2014i\t\n\t\t\tX\t\nt\u20145 H\u20141\tkC^kO_ t-TccT\tco^\tCO kO\t\n\tCO O*\t00\tCT CT\t\n<D\tTh T^\tTh\tTh Th\t\nr\u2014i\t\t\t\t\n\tt-5 i-i\t\tt-i t-i\t\nCD 4P\tt\u2014i t-i\t\tHH hH\t\n\tX X\t\tX\t\nEh\tkO\tkO\t\t\n\tTh\"\tTh\"\tkO\t\n\trH\tH\t1\u20141\t\n\t\t\tTh\t\n\trH\t\t1\u2014i\t\n\t\u2022\trd\t\t;\n\t\t\u00a9 DQ\t0\tX\n\t\t\"-+J\t\t\n\t\t\u00a9\tcS\tfl\n\t\u00f6\tu o\ti\td fl\n\t\u00a9\t\u00a9\t\t-M\n\t* rH\t.fl\tcS\tfl\n\t\u2019S\tEH\t\u00f6\t42 d\n\tQ\u00a7\t\tfl\tfl\n\tH\t\tfl\tfl\n\tm\t\tM\tpp\n2","page":17},{"file":"p0018.txt","language":"de","ocr_de":"18\nE. v. Hornbostel [Z. f. Ethnol. 48, 612/14]\nLigatur \u2014 flache St\u00e4be mit kreuzweis aufliegenden F\u00e4den1 \u2014 findet sich in S\u00fcdamerika (Peru, Brasilien) wieder.2 Die Untersuchung einiger nordwestbrasilischer Panpfeifen hatte ein sehr eigenartiges Tonsystem ergeben, das durch eine Art Quartenzirkel unter Orientierung an den \u00dcber-blasungst\u00f6nen zustande kommt.3 Dieselbe, nicht zu verkennende Intervallreihe weist nun eine Panpfeifenserie auf, die Plerr Dr. Thuenwald aus Bambatana (an der Westk\u00fcste von Choiseul) mitbrachte.4 So k\u00fcnstlich die Bildungsweise dieses Tonsystems und so unwahrscheinlich seine mehrmalige Erfindung auch ist \u2014 denn auch mit Hilfe der Uberblasungs-t\u00f6ne kann man zu verschiedenen Systemen gelangen \u2014, so wird der Beweis eines Zusammenhangs doch erst durch \u00dcbereinstimmung der absoluten Tonh\u00f6hen gefestigt.\nTabelle II (S. 17) enth\u00e4lt in der ersten Rubrik die Schwingungszahlen zweier vollkommen gleichgestimmter Panpfeifen der Uanana, eines Indianerstammes am Rio Caiary-Uaup\u00e9s (V. B. 6322/23), soweit sie hier in Betracht kommen; in der zweiten Rubrik stehen die auf Grund der Quartenzirkelhypothese (von 481,5 aus) berechneten Werte; in den beiden letzten die Tonh\u00f6hen der Salomonen-Instrumente. Namentlich die h\u00f6heren T\u00f6ne der letzteren entsprechen, wie man sieht, der Theorie noch genauer als die brasilische Leiter, aus der sie abgeleitet ist, selbst.5 Dies ist vielleicht mehr als eine Best\u00e4tigung der Hypothese \u00fcber die Leiterbildung: n\u00e4m-\n1\tBuka scheint ein \u00dcbergangsgebiet zu bilden: die Panpfeifen sind noch doppelreihig (auf Nissan schon nicht mehr!), aber mit der f\u00fcr den Bismarckarchipel charakteristischen \u201eStufenligatur\u201c gebunden. (Vgl. die Abb. bei Schnee, Bilder aus der S\u00fcdsee 1904 und Meyer u. Parkinson, Album von Papuatypen I.)\n2\tAllerdings \u00e4hnlich auch anderw\u00e4rts, z. B. in Ober\u00e4gypten.\n3\tBetreffs der Einzelheiten mufs ich auf meine Notiz bei Koch-Gr\u00fcnberg, Zwei Jahre unter den Indianern II. (1910) verweisen.\n4\tJetzt im K. Museum f\u00fcr V\u00f6lkerkunde in Berlin (noch nicht inventarisiert). Ich mufs mich hier wieder auf eine vorl\u00e4ufige Besprechung zweier (von mir mit G und K bezeichneter) Exemplare beschr\u00e4nken und deren genauere Behandlung unter Ber\u00fccksichtigung eines dritten einer sp\u00e4ter erscheinenden Mitteilung Vorbehalten.\n5\t\u00dcbrigens sind auch die Abweichungen der Instrumente voneinander \u2014 aufser bei II \u2014 so gering, dafs sie bei direkter Konfrontation nur bei sehr aufmerksamem Hinh\u00f6ren merklich sind.","page":18},{"file":"p0019.txt","language":"de","ocr_de":"[Z. f. Ethnol. 43,614/15] Akustisches Kriterium f. Kulturzusammenh\u00e4nge. 19\nlieh auch ein Anzeichen daf\u00fcr, dafs die Bambatanapanpfeifen der urspr\u00fcnglichen Tradition n\u00e4herstehen als die brasilischen, F\u00fcr letztere glaube ich die Abstammung von altperuanischen Modellen wahrscheinlich gemacht zu haben. Man mufs also, gleichen Ursprung f\u00fcr beide vorausgesetzt, auch f\u00fcr die Choiseul-Stimmung eine sehr weit zur\u00fcckreichende und treu gepflegte Tradition annehmen. Eine solche ist auch, wenigstens in dem benachbarten S\u00fcd-Bougainville, von Herrn Dr. Thuenwald tats\u00e4chlich beobachtet worden: von den alten Modellinstrumenten, die sich in den H\u00e4nden der 0 berh\u00e4upt-linge befinden, wird bei besonders festlichen Gelegenheiten \u2014 n\u00e4mlich vor einer gr\u00f6fseren Aufnahme* feier in den Blutracheverband (unu) \u2014 in einem zeremoniellen Tanz die Stimmung auf die neugefertigten Instrumente \u00fcbertragen.1\nObwohl die brasilischen Panpfeifen nicht doppelreihig sind, so ist ihre Einrichtung doch der der melanesischen nahe verwandt. Auf jenen ist der Quartenzirkel \u00fcber zw\u00f6lf Rohre fortgef\u00fchrt und nur die f\u00fcnf letzten geben Oktaven tieferer T\u00f6ne. Von den neun Rohren der Bambatanapfeifen bilden VII\u2014IX beide Male die Oktaven von II\u2014IV ; V und VI auf G sind identisch mit II und III auf K, wodurch die Tonreihen der beiden Instrumente aneinandergeschlossen werden. W\u00fcrde auf dieselbe Weise noch eine dritte Panpfeife gleicher Kon* struktion angef\u00fcgt, so w\u00e4re das zw\u00f6lf stufige Gesamtsystem, wie es die brasilischen Exemplare auf weisen, vollst\u00e4ndig.2 Der st\u00e4rkste Beweis der Zusammengeh\u00f6rigkeit liegt aber darin, dafs der tiefste Ton des Salomonensystems, Gl, nicht, wie der analoge der kleineren Panpfeife (K I), die tiefere Oktave von VI bildet, sondern mit dem tiefsten Ton des brasilischen Systems3 identisch ist (vgl. oben S. 11),\n1\tGerade bei Musikinstrumenten d\u00fcrfte h\u00e4ufig ein religi\u00f6ses, oder doch ethisches Moment lange unver\u00e4nderte Erhaltung beg\u00fcnstigen.\n2\tDie S. 18 Anmerk. 3 erw\u00e4hnte dritte Bambatana-Panpfeife repr\u00e4sentiert diese Erg\u00e4nzung ann\u00e4herungsweise, bringt aber zugleich eine Komplikation in das System, deren Erl\u00e4uterung hier zu weit f\u00fchren w\u00fcrde. Dagegen scheint ein Exemplar im Besitz des Chicagoer Eield-Museum (98547, \u201eNeu-Irland\u201c [!??]) das missing link darzustellen.\n3\t414,5 ist ein Mittelwert aus mehreren Messungen.\n2*","page":19},{"file":"p0020.txt","language":"de","ocr_de":"20\njE. v. Hornbostel.\n[Z. f. Ethnol. 48, 615]\nDie \u00dcbereinstimmung ist also so vollst\u00e4ndig und so genau, wie in keinem der bisher beobachteten \u00e4hnlichen F\u00e4lle, und es ist zu hoffen, dafs der hier konstatierte Kulturzusammen-hang durch die Auffindung weiterer Parallelerscheinungen best\u00e4tigt werde. \u2014\nZusammenfassend m\u00f6chte ich noch einmal den Unterschied zwischen Ton Verh\u00e4ltnissen (Intervallen) und absoluten Tonh\u00f6hen betonen. Sie verhalten sich zueinander so, wie Mafssystem und Mafseinheit. Ein und dasselbe Mafssystem, etwa das Dezimalsystem, das durch die Zahl der Finger, oder das Duodezimalsystem, das durch die Mondphasen nahegelegt ist, mag da und dort unabh\u00e4ngig gefunden werden ; die Mafseinheit aber, der Zentimeter oder Inch, ist g\u00e4nzlich willk\u00fcrlich und in h\u00f6chstem Grade variabel, ohne den Zweck zu verfehlen. So unterliegt das Tonsystem h\u00e4ufig psychologischen oder mechanischen Bedingungen, die Intervalle sind ein durchaus wesentlicher Faktor in der Musik ; die absolute Tonh\u00f6he dagegen ist, wie man a priori vermuten kann, und wie alle bisherigen Erfahrungen best\u00e4tigt haben, f\u00fcr den Musiker irrelevant.\nDas Kriterium der absoluten Tonh\u00f6hen erf\u00fcllt also aufs beste alle Anforderungen, die man an ein Kriterium f\u00fcr Kulturzusammenh\u00e4nge stellen kann. Es ist unabh\u00e4ngig vom Zweck des Objekts und seiner Handhabung: es ist aufsermusikalisch, wie die Einheit aufsermathematisch ist. Die absolute Tonh\u00f6he ist ferner in so weiten Grenzen variabel, dafs zuf\u00e4llige Koinzidenzen einen sehr hohen Grad von Unwahrscheinlichkeit h\u00e4tten. Es l\u00e4fst sich endlich die Genauigkeit der \u00dcbereinstimmung zahlenm\u00e4fsig angeben und daher die Anwendung des Kriteriums und die Bewertung seiner Beweiskraft in jedem einzelnen Falle der subjektiven Willk\u00fcr entziehen.","page":20}],"identifier":"lit38517","issued":"1913","language":"de","pages":"1-20","startpages":"1","title":"\u00dcber ein akustisches Kriterium f\u00fcr Kulturzusammenh\u00e4nge","type":"Journal Article","volume":"7"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T17:01:11.538226+00:00"}