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{"created":"2022-01-31T14:56:49.782530+00:00","id":"lit38624","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Bardach, Bruno","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 54: 355-358","fulltext":[{"file":"p0355.txt","language":"de","ocr_de":"Eine neue Reaktion des Eiwei\u00dfes.\nVon\nDr. Bruno Bardach.\nAus dem chemisch-mikroskopischen Laboratorium von Dr. B. Bardach in Wien. (Vorgelegt der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien am 19. Dez. 1907.)\n(Der Redaktion zugegangen am 24. Dezember 1907.)\nL\u00e4\u00dft man Jod auf Albuminl\u00f6sungen in Gegenwart geringer Mengen Aceton einwirken, so tritt wohl auch das Jod in das Albumin substituierend ein, aber man kann gleichzeitig beobachten, da\u00df die Bildung von Jodoform, welches doch bei der Einwirkung von Jodjodkalium auf alkalische acetonhaltige Fl\u00fcssigkeiten entsteht, durch das Albumin verhindert wird und an Stelle der charakteristischen hexagonalen Jodoformpl\u00e4ttchen und Sterne je nach dem Verh\u00e4ltnis des Albumins zum Aceton nach k\u00fcrzerer oder l\u00e4ngerer Zeit ein Niederschlag von gelben N\u00e4delchen auftritt.\t*\nIn weiterer Verfolgung dieser Erscheinung untersuchte ich das diesbez\u00fcgliche Verhalten anderer Eiwei\u00dfk\u00f6rper und wurden der Reihe nach Repr\u00e4sentanten aus den verschiedenen Eiwei\u00dfgruppen herangezogen* Hierbei wurde sowohl der wasserl\u00f6sliche Eiwei\u00dfanteil als auch der erst nach Zusatz von Alkali oder Ammoniak l\u00f6sliche Anteil der Jodbehandlung unterworfen. Untersucht wurden :\nVon eigentlichen Eiwei\u00dfk\u00f6rpern:\nAcidalbuminat pur. (aus Fleisch). Protalbumosen puriss. (in w\u00e4sseriger L\u00f6sung).\nPepton\nVitellin (aus Pflanzen, w\u00e4sseriger Auszug).\nCasein nach Hammarsten (von Merck, von Gr\u00fcbler, und selbst dargestelltes.)\nVon Proteiden.\nNuclein aus Hefe (w\u00e4sserige L\u00f6sung).\nPankreatin.\nH\u00e4moglobin in Pl\u00e4ttchen (Handelsprodukt).\nMucin (aus der Sehne des Rindes dargestellt nach L\u00f6bisch1))\n*) M F. L\u00f6bisch, Diese Zeitschr., Bd. X, S. 40 (1885).","page":355},{"file":"p0356.txt","language":"de","ocr_de":"356\nBruno Bardach,\nVon Albuminoiden.\nLeim (Gelatine).\nBei allen diesen Substanzen konnte ich in alkalischer, bei manchen auch in w\u00e4sseriger L\u00f6sung das Eintreten des Niederschlages konstatieren.\nIm Anschlu\u00df an die reinen Eiwei\u00dfk\u00f6rper wurden ferner untersucht :\nSperma.\nBlut.\nSputum.\nEiwei\u00dfhaltiger Harn.\nW\u00e4hrend die ersteren drei die Krystalle gaben, unterblieb bei eiwei\u00dfhaltigem Harn innerhalb ca. dreiviertelst\u00e4ndiger Einwirkungsdauer die Reaktion meist vollst\u00e4ndig. Wurde hingegen das Harneiwei\u00df durch Erhitzen unter Essigs\u00e4urezusatz gef\u00e4llt, filtriert, gewaschen und durch Alkali wieder in L\u00f6sung gebracht, so trat die Reaktion mit der der Eiwei\u00dfmenge entsprechenden Intensit\u00e4t ein.\nEbenso konnte durch Zusatz von Natronlauge vor dein Zuf\u00fcgen der Reagenzien in eiwei\u00dfhaltigem Harn eine sehr intensive Reaktion in k\u00fcrzerer Zeit hervorgerufen werden. Der im Harneiwei\u00df enthaltene reagierende Bestandteil mu\u00df also ebenso wie bei den andern in Wasser unl\u00f6slichen Eiwei\u00dfk\u00f6rpern zun\u00e4chst durch Alkali abgespalten werden, um reagieren zu k\u00f6nnen.\nGelegentlich der Untersuchung eiwei\u00dfhaltiger Harne hatte ich auch enteiwei\u00dfte und normale Harne auf ihr Verhalten gegen diese Reaktion gepr\u00fcft und konnte auch bei letzteren feststellen, da\u00df (allerdings erst nach l\u00e4ngerer Zeit und in sehr wechselnder Menge) die Krystalle auftraten. Der reagierende K\u00f6rper ist also auch im normalen Harne vorhanden, und bin ich gegenw\u00e4rtig mit der Darstellung der reagierenden Substanz behufs weiterer Untersuchung derselben besch\u00e4ftigt.\nAusf\u00fchrung und Anwendung der Reaktion.\nWas die Reaktion selbst betrifft, so sind die g\u00fcnstigsten Bedingungen zur Hervorrufung der Krystalle die folgenden:\nAuf 5 ccm der nicht zu konzentrierten Fl\u00fcssigkeit setzt man 2\u20143 Tropfen einer ca. \u2018/s^/\u00f6igen Acetonl\u00f6sung zu, hierauf soviel Lugolsche L\u00f6sung,1) da\u00df Jod in m\u00e4\u00dfigem \u00dcberschu\u00df vorhanden, so da\u00df eben eine rotbraune F\u00e4rbung eintritt, die nicht mehr verschwindet, wozu je nach dem Gehalt an Eiwei\u00df sehr verschiedene Mengen* 8) (ein Tropfen bis ca. 2 ccm) erforderlich. Dann wird Ammoniak im \u00dcberschu\u00df (meist ca. 3 ccm) zugef\u00fcgt und durchgemischt.\nIst Jod in m\u00e4\u00dfigem \u00dcberschu\u00df vorhanden, so setzt sich nun ein leichter schwarzer Niederschlag von Jodstickstoffverbindungen ab, auf\n*) 4 g Jod, 6 g Jodkalium, 100 ccm Wasser.\n8) Bei Gegenwart von Zucker ist wesentlich mehr Jod n\u00f6tig.","page":356},{"file":"p0357.txt","language":"de","ocr_de":"Eine neue Reaktion des Eiwei\u00dfes.\n357\nwelchem sich nach einiger Zeit die N\u00e4delchen ablagern. Ist nur die eben erforderliche Menge Jod vorhanden, so hellt sich die auf Ammoniakzusatz eintretende Schwarzf\u00e4rbung langsam auf, die Fl\u00fcssigkeit wird allm\u00e4hlich gelb und bilden sich fast ausschlie\u00dflich die gelben Krystalle.\nIn beiden F\u00e4llen tritt die Reaktion stets prompt ein. Anders verh\u00e4lt es sich jedoch, wenn die zugesetzten Jodmengen allzu stark vom richtigen Verh\u00e4ltnis ab weichen.\nBei allzu gro\u00dfer Jodmenge tritt dann der schwarze Niederschlag von Jodstickstoffverbindungen au\u00dferordentlich reichlich ein, die Reaktion wird stark verz\u00f6gert, beeintr\u00e4chtigt, oder kann sogar ganz verhindert werden. Ebenso kann die Reaktion infolge Jodmangels, welcher durch sofortige Aufhellung respektive vollst\u00e4ndige Entf\u00e4rbung bei dem Ammoniakzusatz kenntlich wird, versagen.\nIm letzteren Fall kann man allerdings, wenn jiur eine geringe Menge Jod fehlt, eine Korrektur durch nachtr\u00e4glichen tropfenweisen Zusatz der Jodl\u00f6sung vornehmen, wobei der eintretende schwarze Niederschlag sich nur allm\u00e4hlich verlieren darf. Gen\u00fcgt dieser nachtr\u00e4gliche Zusatz jedoch nicht, hellt sich die Fl\u00fcssigkeit also sofort wieder ganz auf, so ist eine neue Probe anzusetzen. Die Probe kann auch mit wesentlich weniger als 5 ccm angestellt werden. Der Eintritt der Reaktion erfolgt je nach dem Gehalt der L\u00f6sung und dem Verh\u00e4ltnis der Reagenzien zu verschiedenen Zeiten. Die Beobachtung erfolgt mikroskopisch nach ca. drei viertel- bis einst\u00fcndiger Einwirkung.\nBei positivem Ausfall erscheinen zahlreiche feine gelbe N\u00e4delchen *) oder auch zu B\u00fcscheln gelagerte verschieden lange F\u00e4den im Gesichtsfeld. Enthalten die zu untersuchenden Fl\u00fcssigkeiten auch Phosphate, so kann man behufs leichterer Untersuchung letztere mit Salzs\u00e4ure zur L\u00f6sung bringen und eine eventuell hierbei vom \u00fcbersch\u00fcssigen Jod entstehende Braunf\u00e4rbung mit Natriumhyposulfit entfernen.\nDie Empfindlichkeit der Reaktion zeigt bei den verschiedenen Eiwei\u00dfk\u00f6rpern, offenbar je nach dem Gehalt an fraglicher Gruppe, verschiedene Grenzen.\n*) Die charakteristischen gelben nach Jodoform riechenden Krystalle r\u00fchren von einer bisher nicht beschriebenen Jodverbindung her. Dieselben werden durch verd\u00fcnnte Salzs\u00e4ure, Schwefels\u00e4ure, Alkali und Ammoniak in der K\u00e4lte nicht angegriffen, in kaltem Wasser sind sie etwas l\u00f6slich und werden durch Kochen unter Entweichen von Jodoform zersetzt. Ihre Reinigung durch Umkristallisieren aus Alkohol, \u00c4ther, Chloroform, Toluol, etc. gelingt nicht, da sich die Krystalle hierbei fast vollst\u00e4ndig in Jodoform umsetzen. Ich habe deshalb Versuche in Angriff genommen, um zu m\u00f6glichst reinem Ausgangsmaterial zu gelangen und aus diesem die Jodverbindung direkt im reinen Zustand herzustellen.","page":357},{"file":"p0358.txt","language":"de","ocr_de":"358\nBruno Bardach, Beaktion des Eiwei\u00dfes.\nSo reagierte :\nAcidalbuminat (aus Fleisch) noch\tin ca.\t0,01 \u00b0/o iger schwach alkal. L\u00f6sung\nProtalbumosen (puriss.)\t\u00bb\t\u00bb\t\u00bb\t0,007 \u00b0/o iger\t\u00bb\t\u00bb\t\u00bb\nPepton (puriss. sicc.)\t\u00bb\t\u00bb\t\u00bb\t0,03\u00b0/oiger\t\u00bb\t\u00bb\t\u00bb\nVitellin (aus Pflanzen)\t\u00bb\t\u00bb\t\u00bb\t0,01 \u00b0/o iger\t\u00bb\t\u00bb\t\u00bb\nCasein (nach Hamm ar st en)\t\u00bb\t\u00bb\t\u00bb\t0.005 \u00b0/o iger\t\u00bb\t\u00bb\t\u00bb\nLeim (Gelatine)\t\u00bb\t\u00bb\t\u00bb 0,003 \u00b0/o iger w\u00e4sseriger >\nIn eiwei\u00dfreichen *) L\u00f6sungen tritt der graugr\u00fcn gef\u00e4rbte Niederschlag schon nach einigen Minuten und sehr reichlich ein, so da\u00df er mit freiem Auge leicht zu erkennen ist. Bei Gegenwart von viel Alkali tritt die Reaktion viel rascher ein und werden die N\u00fcdelchen ganz kurz und etwas breiter. Da die Reaktion allen Eiwei\u00dfk\u00f6rpern zuzukommen scheint, kann sie auch zum Nachweis von Eiwei\u00df herangezogen werden. Der reagierende Anteil des Eiwei\u00dfes widersteht sehr lange der F\u00e4ulnis, was namentlich bei forensischen Untersuchungen in Betracht kommen kann, doch ist nicht au\u00dfer acht zu lassen, da\u00df auch Harn und eventuell noch andere Substanzen reagieren. Vorerst, solange die im Gange befindlichen Untersuchungen nicht abgeschlossen, ist die Probe daher derart zu verwenden, da\u00df ein negativer Befund bei l\u00e4ngstens dreiviertel- bis einst\u00fcndiger Einwirkung die Abwesenheit von Eiwei\u00df beweist. Die Reaktion hat aber nicht blo\u00df den Zweck, die Zahl der ganz allgemein zum Nachweis von Eiwei\u00df dienenden Proben zu vergr\u00f6\u00dfern, sondern soll \u2014 verm\u00f6ge ihrer Reaktionsf\u00e4higkeit auch mit au\u00dferhalb der Eiwei\u00dfgruppe stehenden Substanzen bekannter oder leicht eruierbarer Konstitution \u2014 zun\u00e4chst einen Aufschlu\u00df \u00fcber den reagierenden Komplex im Eiwei\u00df erm\u00f6glichen.\n\u2018) Die L\u00f6sungen sollen nicht \u00fcber 5\u00b0/o Eiwei\u00df enthalten.","page":358}],"identifier":"lit38624","issued":"1907-1908","language":"de","pages":"355-358","startpages":"355","title":"Eine neue Reaktion des Eiwei\u00dfes","type":"Journal Article","volume":"54"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:56:49.782536+00:00"}