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{"created":"2022-01-31T15:12:09.363356+00:00","id":"lit39464","links":{},"metadata":{"alternative":"Bericht \u00fcber den VII. Kongre\u00df f\u00fcr experimentelle Psychologie","contributors":[{"name":"Benary, W.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"In: Bericht \u00fcber den VII. Kongre\u00df f\u00fcr experimentelle Psychologie, edited by Karl B\u00fchler, 104-105. Jena: Verlag von Gustav Fischer","fulltext":[{"file":"p0104.txt","language":"de","ocr_de":"104\nW. Benary.\nDenkpsychologische Untersuchungen an einem\nSeelenblinden.\nVon\nW. Benary.\nVon Gelb und Goldstein sind an einem Fall von schwerer Seelenblindheit die pathologischen Ver\u00e4nderungen im Gebiet des optischen und taktilen Wahrnehmens und Erkennens beschrieben und untersucht worden.1) Bei diesem theoretisch h\u00f6chst interessierenden Fall zeigte sich auch eine schwere Bechenst\u00f6rung und eine deutliche Verlangsamung von Intelligenzleistungen, w\u00e4hrend der Patient andererseits durch verst\u00e4ndige, oft treffende und \u00fcberlegte Aussagen zweifellos Einsicht bewies und beim Erlernen eines neuen Berufes sehr t\u00fcchtig war. So wurde der Versuch einer Kl\u00e4rung und Abgrenzung der im Intelligenzgebiet konkret und bestimmt fa\u00dfbaren Vorg\u00e4nge w\u00fcnschenswert. Aus der zu diesem Zweck unternommenen experimentellen Untersuchung k\u00f6nnen hier zur Illustration der charakteristischen Befunde nur Stichproben gegeben werden; sie sind aus der Zeit des Beginns der Pr\u00fcfungen entnommen.\nEs war nicht m\u00f6glich, dem in vielen Angelegenheiten so gescheuten Patienten eine Analogie vom Proportionstyp verst\u00e4ndlich zu machen, ganz gleich, welche sprachliche Form man f\u00fcr die Aufgabe w\u00e4hlte. (Parallelversuche an Normalen desselben Bildungsgrades zeigten keine \u00e4hnlichen Schwierigkeiten.) Es wurde darauf das Verst\u00e4ndnis des Patienten f\u00fcr Vergleiche an konkretem Material und in bezug auf bekannte Dinge und Begriffe gepr\u00fcft. Er kam dabei nur m\u00fchevoll durch Schl\u00fcsse \u00fcber das Tertium comparationis zu einer Art \u201eL\u00f6sung\u201c, der das Unmittelbare, Charakteristische, Pr\u00e4gnante der normalen Bildauffassung fehlte.\nDa\u00df f\u00fcr diesen Ausfall nicht Intelligenzst\u00f6rungen im herk\u00f6mmlichen Sinne heranzuziehen sind, wie: Graduelle Herabsetzung einer \u201eallgemeinen Intelligenz\u201c, St\u00f6rung der Abstraktion, St\u00f6rung der Generalisation, St\u00f6rung der Auffassung des Gleichen, St\u00f6rung des Beichtums oder der Bereitschaft von \u201eAssoziationen\u201c lie\u00df sich experimentell nachweisen.\nUm f\u00fcr die positive Leistung bei der \u201eL\u00f6sung\u201c auf dem Wege des Schlie\u00dfens Anhaltspunkte zu geben, sei das Vorgehen des Patienten\nl) Vgl. Psychologische Analysen hirnpathologischer F\u00e4lle. Abhdlg. I u. III. Leipzig, Barth 1920.","page":104},{"file":"p0105.txt","language":"de","ocr_de":"Uber St\u00f6rungen der Fusion.\t105\nbei einfachen Schulschl\u00fcssen erw\u00e4hnt (m\u00f6glichst einfachen, konkreten Beispielen des Modus barbara).\nDer Patient war solchen Aufgaben gegen\u00fcber auf das Benutzen von illustrierenden Gesten zur charakteristischen, anschaulichen Verdeutlichung des ihm wichtigsten Begriffs (P) angewiesen, um zur bestimmten, von der Aufgabe geforderten L\u00f6sung zu gelangen. Auch hier war das Vorw\u00e4rtskommen f\u00fcr den Patienten deutlich m\u00fchsamer als f\u00fcr den Normalen. (Parallelversuche an Normalen wurden ebenso wie bei der Analogie angestellt.)\nDie Beobachtung des Patienten in langdauernder, vielseitiger Untersuchung f\u00fchrte zu dem bestimmten Eindruck, da\u00df alle Ausfallserscheinungen auf eine einheitliche, gemeinsame Grundst\u00f6rung zur\u00fcckzuf\u00fchren sind. Die Annahme, da\u00df im Gebiet des Optischen und dem der Hautsinne Baumgestalten unter bestimmten Bedingungen, im Denken von quasir\u00e4umlichen Gestalten unter entsprechenden Bedingungen in hohem Grade gest\u00f6rt sind, w\u00fcrde dieser Auffassung als Erkl\u00e4rung entsprechen. Die Beeintr\u00e4chtigung der unmittelbaren Auffassung f\u00fcr das Zueinander der Glieder in der Analogie wie der Pr\u00e4missen im Schlu\u00df f\u00fcgt sich dieser Deutung ebenso wie die anderen experimentellen Befunde.\n\u00dcber St\u00f6rungen der Fusion.\nVon\nA. Bielsehowsky.\nBei normaler Korrespondenz der Netzh\u00e4ute erfolgt die Verschmelzung der auf Deckstellen gelegenen Bilder eines Objektes unmittelbar. Liegen die Bilder auf Stellen von erheblicher Disparation, so werden sie, ehe man sie noch als Doppelbilder bemerkt, durch eine Eusionsbewegung auf korrespondierende Stellen \u00fcberf\u00fchrt und verschmelzen. Unter der Voraussetzung, da\u00df jene Bilder die Aufmerksamkeit auf sich lenken und mit ann\u00e4hernd gleichem Gewicht ins Bewu\u00dftsein treten, wirken sie also auf den okulomotorischen Apparat wie ein Beflexreiz. Die auf diese Weise \u201eausgel\u00f6sten\u201c Bewegungen sind stets gegensinnige (oder einseitige, wenn sich mit dem gegensinnigen ein gleichsinniger Bewegungsimpuls verbindet). Die eigentlichen Fusionsbewegungen unterstehen dem Willen nicht oder nicht unmittelbar, sind aber auch keine echten Beflexe, weil die disparaten Erregungen erst durch das Hinzutreten der Aufmerksamkeit","page":105}],"identifier":"lit39464","issued":"1922","language":"de","pages":"104-105","startpages":"104","title":"Denkpsychologische Untersuchungen an einem Seelenblinden","type":"Book Section"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T15:12:09.363362+00:00"}