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{"created":"2022-01-31T15:42:17.798555+00:00","id":"lit39465","links":{},"metadata":{"alternative":"Bericht \u00fcber den VII. Kongre\u00df f\u00fcr experimentelle Psychologie","contributors":[{"name":"Bielschowsky, A.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"In: Bericht \u00fcber den VII. Kongre\u00df f\u00fcr experimentelle Psychologie, edited by Karl B\u00fchler, 105-107. Jena: Verlag von Gustav Fischer","fulltext":[{"file":"p0105.txt","language":"de","ocr_de":"Uber St\u00f6rungen der Fusion.\t105\nbei einfachen Schulschl\u00fcssen erw\u00e4hnt (m\u00f6glichst einfachen, konkreten Beispielen des Modus barbara).\nDer Patient war solchen Aufgaben gegen\u00fcber auf das Benutzen von illustrierenden Gesten zur charakteristischen, anschaulichen Verdeutlichung des ihm wichtigsten Begriffs (P) angewiesen, um zur bestimmten, von der Aufgabe geforderten L\u00f6sung zu gelangen. Auch hier war das Vorw\u00e4rtskommen f\u00fcr den Patienten deutlich m\u00fchsamer als f\u00fcr den Normalen. (Parallelversuche an Normalen wurden ebenso wie bei der Analogie angestellt.)\nDie Beobachtung des Patienten in langdauernder, vielseitiger Untersuchung f\u00fchrte zu dem bestimmten Eindruck, da\u00df alle Ausfallserscheinungen auf eine einheitliche, gemeinsame Grundst\u00f6rung zur\u00fcckzuf\u00fchren sind. Die Annahme, da\u00df im Gebiet des Optischen und dem der Hautsinne Baumgestalten unter bestimmten Bedingungen, im Denken von quasir\u00e4umlichen Gestalten unter entsprechenden Bedingungen in hohem Grade gest\u00f6rt sind, w\u00fcrde dieser Auffassung als Erkl\u00e4rung entsprechen. Die Beeintr\u00e4chtigung der unmittelbaren Auffassung f\u00fcr das Zueinander der Glieder in der Analogie wie der Pr\u00e4missen im Schlu\u00df f\u00fcgt sich dieser Deutung ebenso wie die anderen experimentellen Befunde.\n\u00dcber St\u00f6rungen der Fusion.\nVon\nA. Bielsehowsky.\nBei normaler Korrespondenz der Netzh\u00e4ute erfolgt die Verschmelzung der auf Deckstellen gelegenen Bilder eines Objektes unmittelbar. Liegen die Bilder auf Stellen von erheblicher Disparation, so werden sie, ehe man sie noch als Doppelbilder bemerkt, durch eine Eusionsbewegung auf korrespondierende Stellen \u00fcberf\u00fchrt und verschmelzen. Unter der Voraussetzung, da\u00df jene Bilder die Aufmerksamkeit auf sich lenken und mit ann\u00e4hernd gleichem Gewicht ins Bewu\u00dftsein treten, wirken sie also auf den okulomotorischen Apparat wie ein Beflexreiz. Die auf diese Weise \u201eausgel\u00f6sten\u201c Bewegungen sind stets gegensinnige (oder einseitige, wenn sich mit dem gegensinnigen ein gleichsinniger Bewegungsimpuls verbindet). Die eigentlichen Fusionsbewegungen unterstehen dem Willen nicht oder nicht unmittelbar, sind aber auch keine echten Beflexe, weil die disparaten Erregungen erst durch das Hinzutreten der Aufmerksamkeit","page":105},{"file":"p0106.txt","language":"de","ocr_de":"106\nA. Bielschowsky.\nmotorisch wirksam werden. Eine der Hauptaufgaben des Eusions-apparates ist der Ausgleich der so \u00fcberaus h\u00e4ufigen anatomischen Anlage zum Schielen : diese Anlage bleibt latent, solange der Eusions-zwang die \u201eAusgleichsinnervationu unterh\u00e4lt 5 geht das binokulare Sehen verloren, so wird das Schielen manifest. St\u00f6rungen der Fusion k\u00f6nnen mehr oder minder pl\u00f6tzlich eintreten, entweder infolge hochgradig physischer Ersch\u00f6pfung oder eines psychischen Shoks. Die betreffenden Individuen sehen doppelt, weil eine vorher latente Gleichgewichtsst\u00f6rung der Augen infolge Versagens des motorischen Fusionsapparates manifest geworden ist. Der sensorische Apparat ist dabei intakt: wenn die zueinander geh\u00f6renden disparaten Netzhautbilder durch Prismen auf Deckstellen gebracht werden, tritt prompte Verschmelzung der Doppelbilder ein. Vom normalen bis zu diesem zweifellos pathologischen Verhalten bestehen flie\u00dfende \u00dcberg\u00e4nge. Denn auch hei der physiologischen Erm\u00fcdung sowie unter dem Einflu\u00df von Giften, die l\u00e4hmend auf die Rindenfunktion wirken, versagt der Fusionsmechanismus vor\u00fcbergehend, w\u00e4hrend die krankhafte St\u00f6rung sich in ihrer Hartn\u00e4ckigkeit und in der Erfolglosigkeit der therapeutischen Ma\u00dfnahmen zu erkennen gibt. Ein pathologischanatomisches Substrat d\u00fcrfte sich f\u00fcr die in der Hirnrinde zu lokalisierende St\u00f6rung ebensowenig finden lassen, wie f\u00fcr die anderen \u201efunktionellen\u201c Neurosen. \u2014 In einer zweiten Gruppe von St\u00f6rungen versagt der gesamte Fusionsapparat. Die beiden Augen gehorchen zwar dem Impuls zu gleichsinnigen Bewegungen ebenso gleichm\u00e4\u00dfig wie unter normalen Verh\u00e4ltnissen, aber in sensorischer Hinsicht fehlt die Einheit des Doppelauges. Die beiden Augen lokalisieren ihre Netzhautbilder ganz unabh\u00e4ngig voneinander. Eine Verschmelzung korrespondierend gelegener Bilder findet nicht statt, ja die Augen scheinen der gleichartigen Erregung korrespondierender Stellen geradezu auszuweichen. Wenn man durch optische Hilfsmittel eine Verschmelzung der Doppelbilder herbeizuf\u00fchren sucht, lassen sie sich bis dicht aneinander bringen, dann aber r\u00fcckt das eine Bild \u00fcber oder unter das andere oder erscheint davor, aber es kommt zu keiner Verschmelzung. Der \u201eEusions-mangel\u201c in reinster Form ist irreparabel und beruht auf einem organischen Defekt. Entweder fehlt die anatomische Grundlage der Netzhautkorrespondenz, oder sie ist in fr\u00fchester Kindheit durch einen Krankheitsproze\u00df gest\u00f6rt. In anderen F\u00e4llen ist zwar die Grundlage der Netzhautkorrespondenz vorhanden, aber au\u00dfer Funktion, wenn w\u00e4hrend einer langen Schieiperiode nur alternierend unokular gesehen wird, oder eine der Schielstellung angepa\u00dfte anomale Netzhautbeziehung","page":106},{"file":"p0107.txt","language":"de","ocr_de":"Die physischen Bedingungen des psychogalvanischen Ph\u00e4nomens. 107\nzur Ausbildung gekommen ist. In derartigen F\u00e4llen gelingt es h\u00e4ufig nach Beseitigung der Schielstellung durch geeignete Methoden, die schlummernde Netzhautkorrespondenz zu wecken und zur Entfaltung ihrer normalen Funktion zu bringen.\nDie physischen Bedingungen des psychogalvanischen Ph\u00e4nomens.\nVon\nDr. B. Bujas.\nDie Anordnung, von der ausgegangen wurde, bestand in einer einfachen Serienschaltung der Vp. mit Elektroden und Me\u00dfinstrument, also ohne \u00e4u\u00dfere Stromquelle. Der K\u00f6rper wurde gew\u00f6hnlich durch Vermittlung der physiologischen L\u00f6sung mit unpolarisierbaren Elektroden in Kontakt gebracht; sp\u00e4ter wurden die Finger direkt in die Elektrodenl\u00f6sung eingetaucht. Als Me\u00dfinstrument diente ein empfindliches Drehspul-Galvanometer. Bei den ersten Versuchen machte sich die St\u00f6rung durch den Eigenstrom der Elektroden stark bemerkbar, doch wurde diese Fehlerquelle schlie\u00dflich durch Konstruktion guter Elektroden beseitigt. Bei der Beobachtung der Buhekurven fand sich etwas, das bisher unbeachtet geblieben war: die variable K\u00f6rperw\u00e4rme, welche vermutlich nicht ganz symmetrisch verteilt ist.\nUm den Einflu\u00df der W\u00e4rme zu pr\u00fcfen, wurden die Finger der rechten Hand erw\u00e4rmt, w\u00e4hrend die Linke normal blieb. In Verbindung mit dem Galvanometer zeigte sich da ein starker Ausschlag nach einer Bichtung hin ; als dann die linke Hand erw\u00e4rmt wurde, w\u00e4hrend die Bechte normal blieb, erfolgte der Ausschlag in entgegengesetzter Bichtung. Jedesmal war die w\u00e4rmere Hand gegen\u00fcber der k\u00e4lteren elektropositiv. Um zu ermitteln, ob die W\u00e4rme erst durch Beeinflussung physiologischer Faktoren den Strom bewirkt oder ob man auch ohne diese auskommt, wurde der Versuch gemacht, unter Nachbildung der physikalischen Verh\u00e4ltnisse in einem Modelle, also ohne Organismus, durch Temperaturunterschied einen Strom zu erzeugen. Das Modell bestand aus einem Glasrohr, dessen Mittelteil mit in physiologischer L\u00f6sung angemachtem Kaolinteig ausgef\u00fcllt war, daran grenzte beiderseits physiologische L\u00f6sung, dann, durch einen Kaolinpfropfen getrennt, der Elektrodenelektrolyt ZnS04 mit Zinkst\u00e4bchen. Der Kaolinteig des Mittelst\u00fcckes vertrat die Gewebe-","page":107}],"identifier":"lit39465","issued":"1922","language":"de","pages":"105-107","startpages":"105","title":"\u00dcber St\u00f6rungen der Fusion","type":"Book Section"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T15:42:17.798561+00:00"}
