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{"created":"2022-01-31T16:00:38.756053+00:00","id":"lit39466","links":{},"metadata":{"alternative":"Bericht \u00fcber den VII. Kongre\u00df f\u00fcr experimentelle Psychologie","contributors":[{"name":"Bujas, R.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"In: Bericht \u00fcber den VII. Kongre\u00df f\u00fcr experimentelle Psychologie, edited by Karl B\u00fchler, 107-110. Jena: Verlag von Gustav Fischer","fulltext":[{"file":"p0107.txt","language":"de","ocr_de":"Die physischen Bedingungen des psychogalvanischen Ph\u00e4nomens. 107\nzur Ausbildung gekommen ist. In derartigen F\u00e4llen gelingt es h\u00e4ufig nach Beseitigung der Schielstellung durch geeignete Methoden, die schlummernde Netzhautkorrespondenz zu wecken und zur Entfaltung ihrer normalen Funktion zu bringen.\nDie physischen Bedingungen des psychogalvanischen Ph\u00e4nomens.\nVon\nDr. B. Bujas.\nDie Anordnung, von der ausgegangen wurde, bestand in einer einfachen Serienschaltung der Vp. mit Elektroden und Me\u00dfinstrument, also ohne \u00e4u\u00dfere Stromquelle. Der K\u00f6rper wurde gew\u00f6hnlich durch Vermittlung der physiologischen L\u00f6sung mit unpolarisierbaren Elektroden in Kontakt gebracht; sp\u00e4ter wurden die Finger direkt in die Elektrodenl\u00f6sung eingetaucht. Als Me\u00dfinstrument diente ein empfindliches Drehspul-Galvanometer. Bei den ersten Versuchen machte sich die St\u00f6rung durch den Eigenstrom der Elektroden stark bemerkbar, doch wurde diese Fehlerquelle schlie\u00dflich durch Konstruktion guter Elektroden beseitigt. Bei der Beobachtung der Buhekurven fand sich etwas, das bisher unbeachtet geblieben war: die variable K\u00f6rperw\u00e4rme, welche vermutlich nicht ganz symmetrisch verteilt ist.\nUm den Einflu\u00df der W\u00e4rme zu pr\u00fcfen, wurden die Finger der rechten Hand erw\u00e4rmt, w\u00e4hrend die Linke normal blieb. In Verbindung mit dem Galvanometer zeigte sich da ein starker Ausschlag nach einer Bichtung hin ; als dann die linke Hand erw\u00e4rmt wurde, w\u00e4hrend die Bechte normal blieb, erfolgte der Ausschlag in entgegengesetzter Bichtung. Jedesmal war die w\u00e4rmere Hand gegen\u00fcber der k\u00e4lteren elektropositiv. Um zu ermitteln, ob die W\u00e4rme erst durch Beeinflussung physiologischer Faktoren den Strom bewirkt oder ob man auch ohne diese auskommt, wurde der Versuch gemacht, unter Nachbildung der physikalischen Verh\u00e4ltnisse in einem Modelle, also ohne Organismus, durch Temperaturunterschied einen Strom zu erzeugen. Das Modell bestand aus einem Glasrohr, dessen Mittelteil mit in physiologischer L\u00f6sung angemachtem Kaolinteig ausgef\u00fcllt war, daran grenzte beiderseits physiologische L\u00f6sung, dann, durch einen Kaolinpfropfen getrennt, der Elektrodenelektrolyt ZnS04 mit Zinkst\u00e4bchen. Der Kaolinteig des Mittelst\u00fcckes vertrat die Gewebe-","page":107},{"file":"p0108.txt","language":"de","ocr_de":"108\nE. Bujas.\nmembranen und zugleich den K\u00f6rperwiderstand. Wurden die Zinkenden mit dem Galvanometer verbunden, so war die Anordnung mit eingeschaltetem K\u00f6rper nachgeahmt. Bei Erw\u00e4rmung des Bohres an einem Ende entstand ein Strom bestimmter Richtung, bei Erw\u00e4rmung des anderen Endes ein Strom umgekehrter Richtung. Bei Abk\u00fchlung zeigten sich ebenfalls Str\u00f6me, jedoch in der entgegengesetzten Richtung als beim Erw\u00e4rmen, so da\u00df sich stets auf der Seite der h\u00f6heren Temperatur die positive Elektrode befand.\nZur physikalischen Erkl\u00e4rung dieses Stromes konnte man annehmen, da\u00df es sich hier m\u00f6glicherweise um eine thermoelektrische Erscheinung handle, die bei Erw\u00e4rmung oder Abk\u00fchlung der Grenze zwischen zwei L\u00f6sungen auftritt, wie dies von Metallen bekannt ist. Allein diese Annahme wurde hinf\u00e4llig, als es sich zeigte, das unter sonst gleichen Umst\u00e4nden der Strom auch bei einer L\u00f6sung auftrat. Bei dem letzteren Versuche waren die K\u00f6rpermembranen durch ein Gipsdiaphragma dargestellt. Da sich nach gewissen Theorien an Membranen bedeutende Potentialdifferenzen zeigen, konnte man vermuten, da\u00df auch hier vielleicht eine solche Membranwirkung vorliege. Durch Beseitigung des Diaphragmas wurde auch diese Vermutung beseitigt, denn die Erscheinung blieb nach wie vor bestehen.\nSchlie\u00dflich verbleibt nur die Erkl\u00e4rung, da\u00df der Strom auf\nKonzentrationsverschiedenheiten im Elektrolyten beruht, da durch die \u2022 \u2022\nlokale \u00c4nderung der Temperatur der osmotische Druck und mithin die Konzentration der gel\u00f6sten Substanz ge\u00e4ndert wird. Die ungleiche Konzentration bewirkt nun eine Ausgleichungsbewegung, bei der die geschwinderen Ionen schneller an die Stelle der geringeren Konzentration ankommen und ihre elektrische Ladung an die n\u00e4here Elektrode abgeben, w\u00e4hrend die langsameren Ionen Zur\u00fcckbleiben, weshalb ihre Ladung an der anderen Elektrode \u00fcberwiegt. Zur Berechnung der Potentialdifferenz ist die Nernstsche Formel anwendbar. Da es sich hier um Salzl\u00f6sungen handelt, bei denen die negativen Anionen gr\u00f6\u00dfere Beweglichkeit als die positiven Kationen besitzen, mu\u00df die Stelle der kleineren Konzentration, also die k\u00e4ltere, sich negativ verhalten, die h\u00f6her konzentrierte, w\u00e4rmere Stelle dagegen positiv, was mit den Versuchsergebnissen \u00fcbereinstimmt. Entsprechend dieser Auffassung mu\u00df bei L\u00f6sungen von S\u00e4uren, wo das Kation an Geschwindigkeit dem Anion bedeutend \u00fcberlegen ist, die Stromrichtung in umgekehrtem Sinne verlaufen. Durch Versuche fand sich diese Folgerung best\u00e4tigt.\nDemnach ist eine physikalische Erkl\u00e4rung des pg. Ph\u00e4nomens","page":108},{"file":"p0109.txt","language":"de","ocr_de":"Die physischen Bedingungen des psychogalvanischen Ph\u00e4nomens. 109\nsehr naheliegend. Man kann den menschlichen K\u00f6rper als einen einheitlichen Salzelektrolyten zwischen zwei Elektroden betrachten; bei einer solchen Yorrichtnng mu\u00df aber, wie gezeigt, je nach dem Temperaturverh\u00e4ltnis der beiden Seiten ein Strom bestimmter Bichtung entstehen. Der elektrolytische Charakter des K\u00f6rpers und die thermische Ungleichheit gen\u00fcgen also vollauf, den pg. Ausschlag zu erkl\u00e4ren.\nDa aber die M\u00f6glichkeit einer thermischen Entstehung des Stroms noch nicht die Tats\u00e4chlichkeit eines solchen Vorgangs im lebenden Organismus verb\u00fcrgt, war es erw\u00fcnscht, dar\u00fcber Sicherheit zu erlangen. Es wurde der Versuch gemacht, ob man vielleicht ohne galvanischen Anschlu\u00df des Menschen von ihm eine echte Buhekurve und einen Beflexausschlag bei psychischer Erregung erhalten k\u00f6nne. Die Vorrichtung dazu bestand wesentlich aus zwei Eprouvetten mit ZnS04 und je zwei Zinkpl\u00e4ttchen, von denen je eine zum Galvanometer ableitete, w\u00e4hrend die beiden \u00fcbrigen untereinander durch einen Widerstand in Verbindung standen. Die Fingerspitzen der Vp. standen in Ber\u00fchrung mit den W\u00e4nden der Gef\u00e4\u00dfe, so da\u00df jede Hand ihre W\u00e4rme durch das Glas an die L\u00f6sung abgeben konnte. Es zeigte sich zun\u00e4chst der Buhestrom, dann aber auch, nach einem Beize, der Beflex-ausschlag.\nNach alledem stellt sich das pg. Ph\u00e4nomen als ein Konzentrationsstrom dar, welcher durch eine lokale Temperaturverschiedenheit in einem Elektrolyten entsteht, ob sich nun dieser Elektrolyt im K\u00f6rper oder an seiner Oberfl\u00e4che (Hautsekrete), oder auch weiter vom K\u00f6rper bei den Elektroden befindet. Damit ist nicht gesagt, da\u00df au\u00dfer der Temperatur \u2014 bei galvanischer Verbindung des Organismus mit dem Instrumente \u2014 nicht auch andere Faktoren mitwlrken k\u00f6nnten. Es gen\u00fcgt ja daran zu denken, da\u00df sich im K\u00f6rper verschiedenartige Elektrolyte befinden, da\u00df sich da auch S\u00e4uren bilden, das sich die Konzentration der K\u00f6rpers\u00e4fte auch unabh\u00e4ngig von der Temperatur ver\u00e4ndert usw. Jedenfalls aber kann man behaupten, das alle diese Faktoren sekund\u00e4ren Wert haben gegen\u00fcber dem W\u00e4rmefaktor, der beim pg. Ph\u00e4nomen, wie die Versuche erbrachten, im eigentlichen Sinne des Wortes ausschlaggebend ist.\n\u2022 \u2022\n\u00dcbersicht der Ergebnisse: 1. Der K\u00f6rper verh\u00e4lt sich bei dem * pg. Ph\u00e4nomen wie ein Elektrolyt, der entweder direkt oder durch \u00e4u\u00dfere Elektrolyte an das Elektrodenmetall angrenzt. \u2014 Der Gedanke, da\u00df die Haut wie ein Metall wirksam w\u00e4re, hat keine Erfahrungsgrundlage. 2. Wenn sich an irgendeinem Punkte des Gesamtelektrolyten zwischen den Elektrodenmetallen die Temperatur erh\u00f6ht oder herabsetzt, zeigt das Me\u00dfinstrument einen Strom an. Eine","page":109},{"file":"p0110.txt","language":"de","ocr_de":"110\nTh. Erismann.\nsolche thermische Ungleichheit ist die physische Hauptbedingung zum pg. Ph\u00e4nomen. \u2014 Die Frage, ob der Ursprung des Stromes endo-somatisch oder episomatisch sei, hat keine Bedeutung, denn es kann sowohl das eine als auch das andere der Fall sein. 3. Die Str\u00f6me der B-uhe und der Erregung sind echte Konzentrationsstr\u00f6me. Der Konzentrationsunterschied im Elektrolyt entsteht durch thermische St\u00f6rung, so da\u00df die w\u00e4rmere Stelle zugleich die der gr\u00f6\u00dferen Konzentration ist, die k\u00e4ltere umgekehrt. 4. Die Richtung des Stromes wird durch die Lage der Elektroden zu der Stelle der einen oder der anderen Temperatur im Elektrolyten bestimmt. Die der h\u00f6her temperierten Stelle n\u00e4here Elektrode ist elektropositiv, wenn die Fl\u00fcssigkeit zwischen dem K\u00f6rper und den Elektroden eine Salzl\u00f6sung ist. 5. Bei dem Zustandekommen des pg. Ph\u00e4nomens k\u00f6nnen auch andere physischen Faktoren mitwirken, aber nur die thermischen Verh\u00e4ltnisse sind entscheidend. \u2014 Die Erkl\u00e4rungen, die sich haupts\u00e4chlich auf die Aktion der Schwei\u00dfdr\u00fcsen oder auf den variablen K\u00f6rperwiderstand st\u00fctzen, sind demnach als auf Irrtum beruhend zu betrachten.\nBewegungs- und Lageauffassung durch das Auge\nund den Unterarm.\nVon\nTh. Erismann.\nDie Bewegung eines Objektes, aufgefa\u00dft durch das es verfolgende Auge, f\u00fchrte bei fr\u00fcheren Untersuchungen zu widersprechenden Resultaten, weil die vielf\u00e4ltigen Fehlerquellen noch nicht gen\u00fcgend ber\u00fccksichtigt wurden. Um diese auszuschalten ist notwendig: 1. Schaffung einfachster Bedingungen (z. B. Gleichm\u00e4\u00dfigkeit d. Bew., abs. Dunkelheit des Untersuchungsraumes usw.); 2. Anwendung ad\u00e4quater Geschwindigkeiten (bei zu langsamer Bew. \u2014 s. u. \u2014 entsteht leicht der Eindruck von Geschwindigkeitsschwankungen ; bei zu schneller entstehen leicht st\u00f6rende Spannungen und schie\u00dft das Auge \u00fcber das Ziel hinaus); 3. eine richtige Einstellung der Vp.: es darf der bewegte Lichtpunkt nicht scharf fixiert werden \u2014 passive Einstellung \u2014 sonst zahlreiche T\u00e4uschungen! 4. eine gro\u00dfe Uebung der Vp., da die Leistung sich manchmal um den zehnfachen Betrag steigert!\nErgebnisse bei Bewegung eines leuchtenden Punktes \u00fcber 20 cm L\u00e4nge in 3 m Abstand von der Vp. (4 \u00b0), nach der Methode der Minimal\u00e4nderung, Anzahl der Vp.: 14. Die rel. UE. betrug ab-","page":110}],"identifier":"lit39466","issued":"1922","language":"de","pages":"107-110","startpages":"107","title":"Die physischen Bedingungen des psychogalvanischen Ph\u00e4nomens","type":"Book Section"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:00:38.756059+00:00"}