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{"created":"2022-01-31T15:33:29.374347+00:00","id":"lit39470","links":{},"metadata":{"alternative":"Bericht \u00fcber den VII. Kongre\u00df f\u00fcr experimentelle Psychologie","contributors":[{"name":"Gelb, Adh\u00e9mar","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"In: Bericht \u00fcber den VII. Kongre\u00df f\u00fcr experimentelle Psychologie, edited by Karl B\u00fchler, 114-116. Jena: Verlag von Gustav Fischer","fulltext":[{"file":"p0114.txt","language":"de","ocr_de":"114\nAdh\u00e9mar Gelb.\nAngleichung findet auch bei Nachbildern statt, und zwar 1. als gegenseitige Angleichung von zwei (oder mehr) Nachbildfarben und 2. als Angleichung einer Nachbildfarbe an die Farbe der Umgebung. Dasselbe gilt von Kontrastfarben.\nAuf Angleichung unter der Wirkung der Gesamtgestalt ist es zur\u00fcckzuf\u00fchren, da\u00df unter bestimmten Umst\u00e4nden in der Umgebung einer irgendwie erregten Stelle nicht eine antagonistische Erregung eintritt, wie man sie nach den Kontrastgesetzen erwarten sollte, sondern eine gleichsinnige Erregung. Kontrastwirkung tritt erst auf, wenn die gestaltliche Bindung zwischen der dem erregten Gebiet entsprechenden Sehfeldstelle und deren Umgebung gel\u00f6st ist.\nGrundfragen der Wahrnehmungspsychologie1).\nVon\nAdh\u00e9mar Gelb.\nMit 3 Abbildungen im Text.\nEin schwarzer Doppelring auf wei\u00dfem Grunde (Fig. la, Durchmesser =36 cm; Breite jedes Binges = 8 mm; Zwischenraum = 5 mm), dessen Mitte von einem Beobachter dauernd fixiert wird, dient als Pr\u00fcfungsobjekt zur Bestimmung des Aufl\u00f6sungsverm\u00f6gens im indirekten Sehen. Es soll abwechselnd einmal nur ein kleines St\u00fcck des Doppelringes sichtbar gemacht werden, dann der ganze. (F\u00fcr die Sichtbarmachung eines einzelnen St\u00fcckes verdeckt man den Doppelring mit einer aus wei\u00dfer Pappe geschnittenen Maske (Fig. lb); dann sieht man von ihm nur ein kleines St\u00fcck im Ausschnitt A).\nFig. lb.\nFig. 2.\nUnter solchen Umst\u00e4nden zeigt sich bei geeigneter Entfernung des Beobachters vom Doppelring folgendes, leicht zu beobachtendes\n*) Ausf\u00fchrliche Publikation erscheint demn\u00e4chst in Gemeinschaft mit Herrn Dr. G. Skubich.","page":114},{"file":"p0115.txt","language":"de","ocr_de":"Grundfragen der Wahrnehmungspsychologie.\n115\nPh\u00e4nomen: W\u00e4hrend bei der Darbietung eines St\u00fcckes der helle Zwischenraum zwischen den Kreisb\u00f6gen gar nicht oder nur sehr undeutlich gesehen wird, erscheint der helle Zwischenraum bei der Sichtbarmachung des ganzen Doppelringes \u00fcberall sehr deutlich; man sieht eine helle Kreislinie zwischen zwei schwarzen. Die Sehleistung einer bestimmten peripheren Stelle des Sehorgans wird hier also trotz gleicher lokaler Erregungsverh\u00e4ltnisse bei der Darbietung der ganzen Figur feiner als bei der eines St\u00fcckes.\nDient dagegen als Pr\u00fcfungsobjekt z. B. eine ca. 20\u201430 cm lange Doppellinie (Fig. 2), deren eines Ende fixiert wird, und macht man abwechselnd einmal (durch Verdeckung) nur ein kleines St\u00fcckchen am anderen Ende, dann die ganze Doppellinie sichtbar, so zeigt sich das Entgegengesetzte wie bei dem ersten Versuch: bei der isolierten Darbietung des kleinen St\u00fcckes kommt Aufl\u00f6sung zustande, w\u00e4hrend bei der Sichtbarmachung der ganzen Doppellinie die Aufl\u00f6sung sich kaum bis zur H\u00e4lfte der Doppellinie vom Fixationspunkt aus erstreckt.\nSolche und viele \u00e4hnliche Versuche lehren, da\u00df die Sehleistung einer peripheren Stelle des Sehorgans nicht allein von den lokalen Erregungsverh\u00e4ltnissen abh\u00e4ngt, sondern in hohem Ma\u00dfe auch davon, wie die Reizbedingungen f\u00fcr den ganzen \u00fcbrigen Sehapparat liegen.\nErkl\u00e4rungen dieser Tatsache durch Bekanntheit (Gel\u00e4ufigkeit) der Figuren, verschiedene Aufmerksamkeitsverh\u00e4ltnise usw. lassen sich experimentell ausschlie\u00dfen. Es zeigt sich vielmehr: die gr\u00f6\u00dfere oder geringere Feinheit der indirekten Sehleistung h\u00e4ngt davon ab, ob die indirekt zu betrachtenden Partien unerl\u00e4\u00dflich sind f\u00fcr den charakteristischen Eindruck des Ganzen (wie beim Doppelring), oder ob ein derartiger sachlich unbedingt geforderter Zusammenhang der peripheren Partien mit den \u00fcbrigen nicht besteht (wie bei der Doppellinie, deren L\u00e4nge als solche innerhalb weiter Grenzen recht belanglos ist f\u00fcr den charakteristischen Eindruck: \u201eDoppellinie\u201c).\nEine analoge Gesetzm\u00e4\u00dfigkeit gilt f\u00fcr andere Erscheinungen des indirekten Sehens, z. B. f\u00fcr die Reizschwelle und die Farbenperzeption.\nNur unter Ber\u00fccksichtigung der erw\u00e4hnten Gesetzm\u00e4\u00dfigkeit erf\u00e4hrt auch das sog. Aubert-F\u00f6rstersche Ph\u00e4nomen eine wirkliche Erkl\u00e4rung. Das A.-F.-Ph. ist kein Grundph\u00e4nomen, sondern das Produkt einer bestimmten Untersuchungsmethode, welches eine specielle Wirkung der genannten Gesetzm\u00e4\u00dfigkeit darstellt. \u2014 Unter abge\u00e4nderten Strukturyerh\u00e4ltnissen des Sehfeldes tritt das A.-F.-Ph. \u00fcberhaupt nicht zutage.\n8*","page":115},{"file":"p0116.txt","language":"de","ocr_de":"116\nF. Gie\u00dfe.\nAuch verschiedene Erscheinungen aus der Hirnpathologie erhalten so ihre Erkl\u00e4rung, vor allem die sog. R\u00f6hrenf\u00f6rmigkeit des Gesichtsfeldes.\nZum Schlu\u00df berichtet der Vortragende \u00fcber merkw\u00fcrdige \u201eVerzerrungen\u201c, die manche Patienten mit (organisch bedingten) Gesichtsfeldeinengungen an den Sehdingen beobachten, wenn man durch besondere Versuche eine weitere Einengung des Gesichtsfeldes hervorruft.\nZur Psychologie der Arbeitshand.\nVon\nF. Giese.\nDie Arbeitshand \u2014 durchaus auf gef a\u00dft als komplexes Arbeits-glied, also einschlie\u00dflich des Arms und des gesamten K\u00f6rpers \u2014 hat praktische Bedeutung z. B. im System der Arbeitsschule, des Prothesenbaues, der psychotechnischen Berentung nach L\u00e4hmung, Kopfschu\u00df usw., in den Taylor-Gilbrethschen Bewegungsstudien, der Regelung von Lohntarifen. Es sind rein physiologische und rein psychologische Komponenten in der Arbeitst\u00e4tigkeit der Hand gemischt zu beobachten. Zu den physiologischen rechnen insbesondere die verschiedenen Ausgangsstellungen der Ruhehand (stabiles Prinzip; dargestellt im Lichtbild) und der sog. Fingerschlu\u00df. Hiervon werden die wichtigsten Modifikationen erl\u00e4utert. Ferner treten die durch die sog. \u201eBahnkugeln\u201c festzulegenden Bewegungsformen der Arbeitshand nebst Arm in Rechnung. Die phoronometrischen Ergebnisse des Kunstarmbaus haben einige psychologisch wichtige Tatsachen erwiesen, so insbesondere den erheblichen Einflu\u00df der Mitbewegungen des gesamten K\u00f6rpers (Hals, Schulter, Becken, Wirbels\u00e4ule) bei Greif-, B\u00fcck-, Hubbewegungen der Hand und des zugeordneten Arms. Ais labile Grundbewegungsfolgen der \u2014 isoliert aufgefa\u00dften \u2014 Arbeitshand kommen psycho-technisch vor allem in Betracht: Druck, Zug \u2014 Sto\u00df, Schub, Wurf \u2014 Schleudern, Greifen, Halten, Drehen und F\u00fchltasten. Eine Schwierigkeits- und zugleich Wertigkeitsskala derartiger Grundbewegungsfolgen wird kurz entwickelt, auf die Beziehungen zum sog. Tastsinn verwiesen, die Drehbewegungen in ihren Modifikationen Umrissen. Bilder mit praktischen Beispielen erl\u00e4utern das Gesagte. \u2014 Die rein psychologischen Elemente der Arbeitshand umfassen teils singul\u00e4re, teils komplexere Funktionsbestandteile. Zu den singul\u00e4ren rechnet alles, was popul\u00e4r \u201eHandgeschicklichkeit\u201c genannt wird.","page":116}],"identifier":"lit39470","issued":"1922","language":"de","pages":"114-116","startpages":"114","title":"Grundfragen der Wahrnehmungspsychologie","type":"Book Section"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T15:33:29.374352+00:00"}
