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Das fortlaufende Rechnen nach Kraepelin

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{"created":"2022-01-31T12:55:13.621466+00:00","id":"lit39663","links":{},"metadata":{"alternative":"Handbuch der biologischen Arbeitsmethoden, Abt. VI: Methoden der experimentellen Physiologie. Teil B (2): Methoden der reinen Psychologie","contributors":[{"name":"Gregor, Adalbert","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"In: Handbuch der biologischen Arbeitsmethoden, Abt. VI: Methoden der experimentellen Physiologie. Teil B (2): Methoden der reinen Psychologie, edited by Emil Abderhalden, 1647-1659. Berlin, Wien: Urban & Schwarzenberg","fulltext":[{"file":"p1647.txt","language":"de","ocr_de":"Das fortlaufende Rechnen nach Kraepelin.\nYon Adalbert Gregor, Fle hingen.\nUnter den Methoden, welche nns f\u00fcr das Studium fortlaufender Arbeit zu Gebote stehen, nimmt das fortlaufende Addieren den ersten Eang ein. Diese Methode \u00fcbertrifft alle anderen dadurch, da\u00df sie an eine besonders gel\u00e4ufige Leistung ankn\u00fcpft und hat speziell vor dem Auswendiglernen den Vorzug einer beliebigen und zeitlich scharfen Begrenzung einzelner Arbeits-abschnitte. Daher erkl\u00e4rt es sich, da\u00df sie am h\u00e4ufigsten zu psychologischen und psychopathologischen Untersuchungen der Arbeitsleistung herangezogen wurde und man ihr die genauesten Aufschl\u00fcsse \u00fcber den Mechanismus kontinuierlicher intellektueller Arbeit verdankt. Wie bei allen fortlaufenden Arbeitsmethoden hat hier die psychische Zeitmessung eine besondere Gestaltung gefunden; dabei werden nicht einzelne abgegrenzte Akte, sondern reihenweise sich aneinander schlie\u00dfende, gleichartige Leistungen gemessen. Die Zahl derartiger Aufgaben, welche die Versuchsperson in einem bestimmten Zeitabschnitt l\u00f6st, ergibt ein Ma\u00df f\u00fcr ihre Arbeitsf\u00e4higkeit auf dem untersuchten Gebiet.\nAls Material verwendet man allgemein die von Kraepelin eingef\u00fchrten Rechenhefte, welche reihenweise untereinander gedruckte, einstellige Zahlen enthalten. Die Durchf\u00fchrung der Versuche kann auf mehrere Arten erfolgen. Sie unterscheiden sich wesentlich dadurch, da\u00df in einem Fall die Richtigkeit der Leistung gepr\u00fcft werden kann, im anderen von m\u00f6glichen Additionsfehlern ganz abgesehen wird. Die genaueste Ber\u00fccksichtigung von Irr-t\u00fcmern erm\u00f6glicht das zuerst von Amberg verwendete Verfahren, bei dem immer zwei aufeinanderfolgende Zahlen addiert und die Summe unter Vernachl\u00e4ssigung der Zehner seitlich zwischen den beiden Summanden mit Bleistift notiert wird. Die mechanische Arbeit des Schreibens erfordert dabei im Verh\u00e4ltnis zur Additions-leistung so wenig Zeit und \u00fcberdeckt sich, wie Versuche erwiesen haben, derart mit der Ausf\u00fchrung der n\u00e4chsten Addition, da\u00df sie die Gesamtdauer des einzelnen Aktes nicht verl\u00e4ngert. Dadurch ist man auch beim schriftlichen Verfahren berechtigt, die Arbeitszeiten ausschlie\u00dflich auf den Ablauf des Assoziationsvorganges\nAbderhalden, Handbuch der biologischen Arbeitsmethoden. Abt. VI, Teil B/II. 107","page":1647},{"file":"p1648.txt","language":"de","ocr_de":"1648\nAdalbert Gregor\nzu beziehen. Einen Gegensatz zn dem beschriebenen Verfahren bildet jenes, bei dem lediglich die Zeiten notiert, im \u00fcbrigen der Versuchsperson keine schriftlichen Aufzeichnungen der Eesultate aufgegeben werden, w\u00e4hrend eine Mittelstellung jene Versuche einnehmen, bei denen jedesmal blo\u00df bis 100 gerechnet wird und die Versuchsperson die die Summe von 100 \u00fcberschreitenden Einer zu notieren hat. Welches dieser Verfahren gew\u00e4hlt wird, ergibt sich aus der Fragestellung der Untersuchung. Bei ungebildeten oder psychisch abnormen Versuchspersonen d\u00fcrfte im allgemeinen eine genauere Kontrolle der Biehtigkeit angebracht sein. In allen Versuchen geht die der Versuchsperson gegebene Instruktion dahin, m\u00f6glichst rasch zu addieren, stets nur die n\u00e4chstfolgende Zahl zu ber\u00fccksichtigen, also nie mehrere gleichzeitig aufzufassen; zur Abgrenzung von Arbeitsabsehnitten hat sie auf ein vom Versuchsleiter gegebenes Signal die zuletzt addierte Zahl zu bezeichnen. Es empfiehlt sich, dabei verh\u00e4ltnism\u00e4\u00dfig kurze Zeiten, etwa 5 Minuten, zu w\u00e4hlen, um das Verhalten der geistigen Leistungsf\u00e4higkeit in eingehender Weise verfolgen zu k\u00f6nnen. Zur Ausschaltung der Wirkung zuf\u00e4lliger \u00e4u\u00dferer und innerer St\u00f6rungen, sowie um ein genaueres Bild der Leistungsf\u00e4higkeit der Versuchsperson zu gewinnen, ist die Fortsetzung der Versuche \u00fcber mehrere Tage n\u00f6tig. Dabei sind die allgemeinen Bedingungen psychologischer Versuche, n\u00e4mlich Ausschaltung \u00e4u\u00dferer St\u00f6rungen, Protokollierung der Angaben der Versuchsperson \u00fcber ihre jedesmalige Disposition sowie \u00fcber jene Momente erforderlich, die ihrem Ermessen nach Einflu\u00df auf die Leistung haben konnten. Zu den Versuchsbedingungen geh\u00f6rt ferner gleichm\u00e4\u00dfige Lebensweise und, wenn die Fragestellung keinen anderen Vorgang vorschreibt, Durchf\u00fchrung der Versuche zur gleichen Tageszeit. Ebenso ist die Dauer des Versuches nach der Fragestellung zu bemessen, desgleichen Zahl und L\u00e4nge der einzuschaltenden Pausen.\nDie Merkmale, die von sachgem\u00e4\u00df durchgef\u00fchrten Versuchen beurteilt und eventuell auch quantitativ festgestellt werden k\u00f6nnen, lauten nach Untersuchungen der Kraepelin&chen Schule wie folgt:\nQuantit\u00e4t der Leistung\n\u00dcbungsf\u00e4higkeit\n\u00dcbungs Verlust\nErm\u00fcdung\nGew\u00f6hnung\nAnregung\nAntrieb\nFehler und Verbesserungen Disposition\nIndividuelle Differenzen.","page":1648},{"file":"p1649.txt","language":"de","ocr_de":"Das fortlaufende Kechnen nach Kraepelin\n1649\nEine genaue Analyse dieser Momente nnd eine znm Teil scharfe quantitative Bewertung derselben ist der Kraepelin-Schule in ausgedehnten Untersuchungen durch Einschaltung von Pausen gelungen. Dabei hat sich zugleich die Einsicht ergeben, da\u00df die genannten Momente im allgemeinen charakteristische Z\u00fcge individueller Arbeitsweise vorstellen.\nHinsichtlich der Quantit\u00e4t derProduktion haben, wie zu erwarten, die Versuche selbst zwischen gebildeten Versuchspersonen betr\u00e4chtliche Differenzen ergeben. Als Beispiel seien die von Oehrn1) in einst\u00fcndigen Versuchen bei 10 Personen gewonnenen Besultate erw\u00e4hnt.\nVersuchs-\tIn einer Stunde wurden addiert:\tAdditionszeit pro zwei Zahlen\tMittlere Variation\t\nperson\tZahlenpaare\tG\tG\t%\nI\t4769\t754\t24\t(3-1)\nII\t3990\t902\t32\t(3-5)\nIII\t3591\t1003\t19\t(1-8)\nIV\t2933\t1227\t65\t(5-28)\nV\t2833\t1270\t58\t(4-5)\nVI\t2774\t1297\t45\t(3-4)\nVII\t2489\t1446\t82\t(5-6)\nVIII\t2393\t1504\t79\t(5-2)\nIX\t2378\t1513\t51\t(33)\nX\t2347\t1533\t126\t(8-2)\nDie\t\u00dcbungsf\u00e4higkeit bedingt eine stete\t\t\tund geradezu\nunbegrenzte Zunahme der Leistung. Sie findet\t\t\tihren augenf\u00e4lligen\t\nAusdruck\tin der meist von\teinem Abschnitt\tzum\tanderen der\nTagesarbeit zunehmenden Zahl von Additionen, sowie in den von Tag zu Tag in gleichen korrespondierenden Arbeitsabschnitten erh\u00f6hten Leistungen. In beiden F\u00e4llen ist die Gr\u00f6\u00dfe des \u00dcbungsfortschrittes aber nicht durch eine einfache Subtraktion zu berechnen, da im ersten Falle neben sp\u00e4ter noch zu besprechenden Faktoren fr\u00fchzeitig Erm\u00fcdungseinfl\u00fcsse das Bild tr\u00fcben, im zweiten Falle dem \u00dcbungsfortschritt ein \u00dcbungsVerlust gegen\u00fcbersteht.\nUm in m\u00f6glichst einwandfreier Weise den mittleren Arbeitszuwachs f\u00fcr eine \u00fcber mehrere Tage sich erstreckende Versuchsperiode zu gewinnen, hat Arnberg2) eine Berechnungsmethode eingef\u00fchrt, die von dem Prinzip ausgeht, alle f\u00fcr diesen Wert in Betracht kommenden Zahlen zu ber\u00fccksichtigen, wobei jede Leistung in ihrer Eigent\u00fcmlichkeit zu ihrem Becht gelangt, ohne da\u00df sie einen zu gro\u00dfen Wert bei ihrer Berechnung erreicht. Geht\nx) Oehrn Axel: Psycholog. Arbeiten. 1. 92 (1896).\n2) E. Amberg: Psycholog. Arbeiten. 1. 300 (1896).\n107*","page":1649},{"file":"p1650.txt","language":"de","ocr_de":"1650\nAdalbert Gregor\nman vom ersten Tage einer etwa achtt\u00e4gigen Arbeitsperiode aus, so erh\u00e4lt man durch Subtraktion von den Leistungen der folgenden Tage eine Eeihe von Differenzen, welche den Arbeitszuwachs des 2., 3., 4. und 8. Tages anzeigen. In gleicher Weise kann der \u00dcbungsfortschritt gegen\u00fcber jeden auf den ersten folgenden Tag ermittelt werden. Man erh\u00e4lt so f\u00fcr den Vergleich der 1., 2., 3. usw. Arbeitsstunde mit allen folgenden Arbeitsstunden Eeihen von 7, 6, 5, 4, 3, 2, 1 Werten, in denen sich ausdr\u00fcckt, wie gro\u00df der \u00dcbungszuwachs in jedem Arbeitsabschnitt der Versuchsperiode gegen\u00fcber jedem fr\u00fcheren Abschnitt durchschnittlich in der Arbeitsstunde gewusen ist. Zur weiteren Vergleichung werden die sieben ersten Werte, welche also den \u00dcbungszuwachs des 2. bis 8. Tages gegen\u00fcber dem 1. angeben, zu einem Durchschnitt vereinigt und dieser Durchschnitt in Prozenten der Arbeitsleistung des 1. Tages ausgedr\u00fcckt. Gerade so wird der durchschnittliche prozentische \u00dcbungseffekt f\u00fcr die weiteren Tage festgelegt; dadurch entstehen sieben verschiedene prozentische Werte f\u00fcr den durchschnittlichen \u00dcbungszuwachs in den einzelnen Arbeitsabschnitten der Versuchsperiode. Um daraus ein Gesamtmittel zu bilden, ist es notwendig, jeden dieser Werte mit seinem nat\u00fcrlichen Gewicht in Eechnung zu ziehen. Deshalb wird der erste mit 7, der zweite mit 6 usw. multipliziert, aus den erhaltenen Produkten eine Summe gebildet und diese durch 28 dividiert. Die so erhaltene Zahl gibt den mittleren prozentischen \u00dcbungszuwachs der ganzen Versuchsperiode wieder.\nAuf diese Weise hat Arnberg f\u00fcr eine achtt\u00e4gige Versuchsperiode mit einst\u00fcndiger Arbeitszeit f\u00fcr die erste halbe Stunde-aller Versuche einen durchschnittlichen \u00dcbungszuwachs von 4% berechnet. In Versuchen von Lindley1), in denen drei Versuchspersonen in drei durch je einen Tag unterbrochenen Perioden von je 10, 10 und 8 Tagen arbeiteten, wurden nach der beschriebenen Methode die in der folgenden Tabelle erhaltenen Werte f\u00fcr die durchschnittliche Zunahme der Leistung gewonnen. Die Tabelle zeigt einen auffallenden Gegensatz der durchschnittlichen Wertzunahme in der ersten und in den folgenden Perioden. Es findet anfangs ein verh\u00e4ltnism\u00e4\u00dfig starkes, sp\u00e4ter nur langsames Anwachsen der Leistung statt. Wir d\u00fcrfen die Erkl\u00e4rung darin suchen, da\u00df es sich bei der anf\u00e4nglichen Steigerung der Werte nicht lediglich um \u00dcbung, sondern auch um Gew\u00f6hnung handelt; denn eine Zunahme der Leistung mu\u00df auch dadurch erfolgen, da\u00df die Versuchsperson sich den Bedingungen des Versuches immer besser anpa\u00dft und von inneren und \u00e4u\u00dferen st\u00f6renden Einfl\u00fcssen unabh\u00e4ngig macht.\nL E. H. Lindleg : Psycholog. Arbeiten. 3. 482 (1901).","page":1650},{"file":"p1651.txt","language":"de","ocr_de":"Das fortlaufende Rechnen nach Kraepelin\n1651\nT\u00e4glicher \u00dcbung s Zuwachs.\n\tGruppe\tI\tGruppe\tII\tGruppe\tIII\n\tZahlen\t%\tZahlen\tO/ /o\tZahlen\to/ /o\nA\t145-2\t10-0\t18-0\t0-7\t31-8\t1-1\nB\t150-2\t12-2\t55-8\t2-6\t42*2\t1-9\nC\t43-6\t3-6\t12-8\t0-8\t10-8\t0*6\nWie erw\u00e4hnt, zeigte die Differenz der Leistungen aufeinanderfolgender Tage den \u00dcbungsfortschritt vermindert um den inzwischen erfolgten \u00dcbungsverlust an. Um diesen quantitativ zu bemessen, hat man Pausenversuche durchgef\u00fchrt. Schaltet man im Verlaufe einer Tagesarbeit etwa nach einer halben Stunde eine Pause ein, so findet durch sie je nach ihrer L\u00e4nge ein mehr oder weniger gro\u00dfer Ausgleich der Erm\u00fc dungs Wirkung statt. Als g\u00fcnstigste Pause gilt dabei jene, in welcher der durch den teilweisen Ausgleich der Erm\u00fcdung bewirkte Zuwachs gegen\u00fcber dem Verlust der Anregung und der Einbu\u00dfe an \u00dcbung verh\u00e4ltnism\u00e4\u00dfig am gr\u00f6\u00dften ist. Berechnet man nun aus der Zunahme der Leistung nach der g\u00fcnstigsten Pause die Leistung f\u00fcr den folgenden Tag, so ergibt die Differenz gegen\u00fcber dem tats\u00e4chlich erhaltenen Wert ein Ma\u00df f\u00fcr den innerhalb von 24 Stunden erfolgten \u00dcbungsverlust. Lindley hat f\u00fcr zwei seiner Versuchspersonen nach der g\u00fcnstigsten Pause einen \u00dcbungsgewinn von 4*8 und 3\u20181% berechnet und darnach die in der umstehenden Tabelle enthaltenen Werte f\u00fcr den t\u00e4glichen \u00dcbungsverlust gewonnen.\nVersuchs-\nperson\nD urchschnitt sleist ung\nDurchschnittsleistung der ersten halben Stunde der zweiten halben am folgenden Tag Stunde\nBerechnet Gefunden\nA\t2916\t3055\t2868\nB\t2376\t2449\t2399\nT\u00e4glicher\n\u00dcbungsverlust\n187\n50\nEine Verfolgung des \u00dcbungsverlustes \u00fcber weitere Zeitstrecken ergibt, da\u00df die Gr\u00f6\u00dfenwerte in einer \u00e4hnlichen Kurve zu denken sind wie sie Ebbinghaus f\u00fcr das Schwinden der Erinnerungsbilder entworfen hat. Amberg stellte fest, da\u00df der Verlust einmal erworbener \u00dcbung verh\u00e4ltnism\u00e4\u00dfig sehr langsam, in l\u00e4ngeren Zeitstrecken erfolgt und im Gegensatz zu dem anfangs au\u00dferordentlich rasch stattfindenden Abfalle steht.\nDie Erm\u00fcdung beeintr\u00e4chtigt die Arbeitsleistung in individuell verschiedener Weise. Ein Ma\u00df f\u00fcr diese Wirkung ist in der Schnelligkeit und Ausgiebigkeit zu suchen, mit der die Leistungsf\u00e4higkeit einer Versuchsperson nach dem Aussetzen der Arbeit sich wieder herstellt. E\u00fcr die quantitative Berechnung ist der Ausgangspunkt von der g\u00fcnstigsten Pause zu nehmen. Vergleicht","page":1651},{"file":"p1652.txt","language":"de","ocr_de":"1652\nAdalbert Gregor\nman die nach einer solchen erhaltenen Werte mit den entsprechenden Werten bei fortlanfender Arbeit, dann ergibt die Differenz der Leistungen ein Ma\u00df f\u00fcr die Erm\u00fcdungs Wirkung. Als Vergleichs -werte, zu den mit g\u00fcnstigster Pause angestellten Versuchen sind jedoch solche zu w\u00e4hlen, bei denen die beiden etwa halbst\u00fcndigen Arbeitszeiten durch eine kurze, etwa f\u00fcnf Minuten lange Pause getrennt sind, weil bei kontinuierlicher Arbeit auch der zweite Abschnitt noch unter Einflu\u00df der Anregung steht und dadurch eine gewisse Steigerung erf\u00e4hrt, w\u00e4hrend eine f\u00fcnf Minuten lange Pause erfahrungsgem\u00e4\u00df ohne wesentliche ErholungsWirkung ist, dabei jedoch den Anregungseffekt beseitigt.\nIn derartigen Versuchen hat Lindley die Erm\u00fcdungs Wirkung zahlenm\u00e4\u00dfig berechnet und als Bezeichnung f\u00fcr die prozentuelle Arbeitseinbu\u00dfe den Ausdruck Erm\u00fcdungs koeffizient eingef\u00fchrt. Allerdings mu\u00df man dabei ber\u00fccksichtigen, da\u00df die Methode nicht als fehlerfrei gelten darf, denn einerseits ist anzunehmen, da\u00df auch \u00fcber die g\u00fcnstigste Pause hinaus ein gewisser, wenn auch leichter Grad von Erm\u00fcdung fortbesteht, andrerseits hat auch die F\u00fcnf-Minuten-Pause, wie erw\u00e4hnt, einen erholenden Einflu\u00df. Beide Momente sind bei verschiedenen Personen in verschiedener Weise wirksam, so hebt Lindley selbst hervor da\u00df bei seiner Versuchsperson G die Erholung von der Erm\u00fcdung innerhalb von f\u00fcnf Minuten augenscheinlich weit gr\u00f6\u00dfer war als der Verlust der Anregung, und er h\u00e4lt es darum f\u00fcr zweckm\u00e4\u00dfiger, in diesem Falle die Leihe mit g\u00fcnstigster Pause der ununterbrochenen Arbeitsleistung gegen\u00fcberzustellen.\nAuch die Besultate der Bechenmethode haben \u00e4hnlich wie die Ged\u00e4chtnis versuche zu der Einsicht gef\u00fchrt, da\u00df \u00dcbung und Erm\u00fcdung in besonders enger Beziehung stehen. Auf der einen Seite hatten Rivers und Kraepelin1) durch Versuche, die an verschiedenen Tagen verschieden lang dauerten, ermittelt, da\u00df der Erm\u00fcdungsarbeit ein geringerer \u00dcbungswert zukommt, auf der anderen Seite hat Kraepelin festgestellt, da\u00df die Erm\u00fcdungswirkung der Arbeit im allgemeinen mit fortschreitender \u00dcbung abnimmt. Aber auch beim einzelnen Individuum scheint sich die Gr\u00f6\u00dfe der \u00dcbungsf\u00e4higkeit und der Erm\u00fcdbarkeit ann\u00e4hernd zu entsprechen, derart, da\u00df gro\u00dfe \u00dcbungsf\u00e4higkeit mit gro\u00dfer Erm\u00fcdbarkeit einhergeht.\nDie Gew\u00f6hnung hat zur Folge, da\u00df die t\u00e4gliche Zunahme des geleisteten Quantums allm\u00e4hlich geringer wird. Zur quantitativen Bewertung der Art, wie sich dieser Abfall vollzieht, hat die Untersuchung von Lindley Aufschlu\u00df gegeben. Dieser Autor fand, da\u00df der durchschnittliche \u00dcbungsfortschritt im Ver-\nx) Rivers W. H. R. und E. Kraepelin : Psycholog. Arbeiten. 1. 627 (1896).","page":1652},{"file":"p1653.txt","language":"de","ocr_de":"D as fortlaufende Rechnen nach Kraepelin\n1653\nlaufe einer zehnt\u00e4gigen Arbeitsperiode bei einer Versuchsperson 10% betrug; in zwei weiteren, die durch je einen Pausentag getrennt waren, machte dagegen der \u00dcbungszuwachs durchschnittlich nur 0*7 bzw. 1*1% aus.\nBei der quantitativen Berechnung der Gew\u00f6hnung geht Kraepelin1) von der \u00dcberlegung aus, da\u00df bei einem nur gleichm\u00e4\u00dfigen Abfall die prozentuelle Zunahme der Leistung vom ersten zum zweiten Tage mindestens 19% betragen habe, da sonst in den oben erw\u00e4hnten Versuchen von Lin\u00e4ley f\u00fcr eine zehnt\u00e4gige Periode mit dem Durchschnitt von 10% der Endpunkt von 1% nicht zustande gekommen w\u00e4re. Da nach allgemeiner Erfahrung die \u00dcbung im Anf\u00e4nge weit rascher sinkt als sp\u00e4ter, d\u00fcrfte der Wert von 19% noch zu niedrig gegriffen sein; ebenso unsicher ist man zur Zeit aber auch dar\u00fcber, wie der Verlauf der Kurve zu denken ist, welche diese beiden als Anfang und Ende ermittelten Punkte verbindet.\nGleich die ersten Autoren, welche mit der Kr aepelins eben Bechenmethode unter Einschaltung von Pausen arbeiteten, sind auf die Tatsache gesto\u00dfen, da\u00df durch die Arbeit selbst eine Erleichterung derselben geschaffen wird, welche sich von der \u00dcbung wesentlich dadurch unterscheidet, da\u00df sie bei Unterbrechung der Arbeit verschwindet. Diese von Amberg als Anregung bezeichnete Erscheinung bedingt ein rasches Anwachsen der Arbeitsleistung in ihrem Beginn. Das Schwinden der Anregung nach einer Pause von mehreren Minuten hat zur Folge, da\u00df die Leistung darnach mit niedrigeren Werten wieder einsetzt. Besonders klar tritt die Erscheinung in Versuchen mit Einschaltung von verschieden langen Pausen nach der ersten halben Stunde hervor. Man sieht, da\u00df z. B. f\u00fcr Lindleys Versuchsperson A bei kontinuierlicher Arbeit eine Zunahme der Leistung \u00fcber die erste halbe Stunde hinaus und ebenso nach Einschaltung einer Pause von 15 bis 60 Minuten stattfand, w\u00e4hrend nach einer an dieser Stelle angebrachten Pause von f\u00fcnf Minuten L\u00e4nge ein deutliches Absinken der addierten Ziffern erfolgte. Individuelle Verh\u00e4ltnisse bringen allerdings wechselnde Bilder zustande. In dem erw\u00e4hnten Falle handelt es sich um eine m\u00e4\u00dfig erm\u00fcdbare Versuchsperson, bei extremer Erm\u00fcdbarkeit kann der Fortfall der Anregung durch die Erholungswirkung einer wenn auch nur kleinen Pause \u00fcberkompensiert werden.\nZur quantitativen Berechnung der Anregung k\u00f6nnen Versuche dienen, bei denen nach dem Vorgang Lindleys zwischen sechstem und siebentem Abschnitt einer nach je f\u00fcnf Minuten\n1) E. Kraepelin: Die Arbeitskurve. Engelmann. Leipzig 1902.","page":1653},{"file":"p1654.txt","language":"de","ocr_de":"1654\nAdalbert Gregor\nabgegrenzten Arbeitsperiode von im ganzen einst\u00fcndiger Dauer eine f\u00fcnf Minuten lange Pause eingeschaltet wird. Allerdings ist diese Berechnung aus den angef\u00fchrten Gr\u00fcnden nur bei weniger erm\u00fcdbaren Versuchspersonen durchf\u00fchrbar. Berechnet man dabei nach der g\u00fcnstigsten Pause aus den Werten der ersten halben Stunde jene der zweiten und subtrahiert davon die tats\u00e4chlich gefundene Zah.1 von Additionen, so erh\u00e4lt man einen Wert, in dem Anregung und Erm\u00fcdung enthalten sind. F\u00fchrt man dieselbe Operation mit dem Werte aus, welchen man nach Einschaltung einer Pause von f\u00fcnf Minuten erh\u00e4lt, so ist in der zweiten Differenz noch die Erm\u00fcdung, aber die Anregung gr\u00f6\u00dftenteils nicht mehr erhalten. Subtrahiert man daher den zweiten Ausdruck vom ersten, so erh\u00e4lt man einen Wert f\u00fcr die Gr\u00f6\u00dfe der Anregung. Allerdings ist derselbe selbst f\u00fcr Personen von geringer Erm\u00fcdbarkeit nicht ganz fehlerfrei und vollends, wie bereits \u00f6fter erw\u00e4hnt, f\u00fcr stark erm\u00fcdbare Versuchspersonen ung\u00fcltig.\nEs geh\u00f6rt zu den Instruktionen der Versuchspersonen, die Arbeit mit anhaltender Willensspannung zu vollziehen. Tats\u00e4chlich ergibt aber die Analyse der Leistung und die Selbstbeobachtung der Versuchspersonen, da\u00df es nicht allen Individuen gelingt, eine auch nur gleichm\u00e4\u00dfige Anspannung des Willens einzuhalten. Vielmehr findet an einzelnen Punkten der Arbeit eine st\u00e4rkere Aufbietung des Willens statt, die von Rivers und Kraepelin als Antrieb bezeichnet wurde. Am h\u00e4ufigsten tritt eine solche vermehrte Willensanspannung zu Beginn der Arbeitsleistung ein. Demzufolge kann man zwei Arbeitstypen unterscheiden. Bei einer Beihe von Versuchspersonen beginnt die in kleinere Perioden aufgeteilte Arbeitsleistung mit einem verh\u00e4ltnism\u00e4\u00dfig niedrigen Wert und steigt sp\u00e4ter an. Eine andere Beihe zeigt einen verh\u00e4ltnism\u00e4\u00dfig hohen Anfangswert, darauf einen Abfall und erst sp\u00e4ter allm\u00e4hliches Ansteigen. Versuche von He\u00fcman1), bei denen die Zahl der ausgef\u00fchrten Bechnungen von Minute zu Minute bestimmt wurde, lassen erkennen, da\u00df die gr\u00f6\u00dfte Bechengeschwindigkeit h\u00f6chstens eine Almute lang eingehalten Avird, worauf ein Abfall erfolgt; nach weiteren zwei Minuten aber wird das Sinken der Kurve durch das Anwachsen der arbeitsf\u00f6rdernden Einfl\u00fcsse zur Umkehr gebracht. Auf das Einsetzen verf\u00fcgbarer Willensanspannung gegen Ende der Arbeitsperiode geht die als Wirkung des Schlu\u00dfantriebes bezeichnete Erh\u00f6hung der Werte zur\u00fcck. Ebenso bieten auch ausgedehnte Pausen Gelegenheit zu vermehrter Willensanspannung bei Wiederaufnahme der Arbeit. Doch ist in diesem Falle die Wirkung infolge Ann Erm\u00fcdung wesentlich geringer.\nx) G. He\u00fcman: Psychoiog. Arbeiten. 4. 538 (1901).","page":1654},{"file":"p1655.txt","language":"de","ocr_de":"Das fortlaufende Rechnen nach Kraepelin\n1655\nDie quantitative Bestimmung des durch den Antrieb zu Beginn der Arbeit erzielten Effektes geht von der Erfahrung aus, da\u00df eine so extreme Willensspannung, wie sie der Antrieb vorstellt, nur kurze Zeit aufrechterhalten werden kann; jedenfalls ist er in den zweiten f\u00fcnf Minuten der Arbeitsleistung bereits geschwunden. Aus dem Vergleich der in den ersten und zweiten f\u00fcnf Minuten produzierten Arbeit ist ein Ausdruck f\u00fcr die Gr\u00f6\u00dfe des Antriebes zu gewinnen. JSTur mu\u00df dabei ber\u00fccksichtigt werden, da\u00df im zweiten Arbeitsabschnitt bereits \u00dcbung, Anregung, Gew\u00f6hnung und Erm\u00fcdung wirksam sind. Man mu\u00df also die Leistung des zweiten Abschnittes erst um den Betrag der \u00dcbung, Gew\u00f6hnung und Anregung f\u00fcr die ersten f\u00fcnf Minuten herabsetzen und um denjenigen der Erm\u00fcdung erh\u00f6hen, um durch Subtraktion von der Leistung des ersten Abschnittes die Gr\u00f6\u00dfe des Antriebes zu bestimmen.\nDa nur ein Teil der Autoren neben der Quantit\u00e4t auch die Qualit\u00e4t der Produktion ber\u00fccksichtigt hat, stehen uns \u00fcber Fehlleistungen beim Addieren heute noch verh\u00e4ltnism\u00e4\u00dfig wenig Erfahrungen zur Verf\u00fcgung. Schon jetzt treten aber wesentliche individuelle Differenzen sowohl hinsichtlich der Zahl von EehlernundVerbesserungen als im Verh\u00e4ltnis beider hervor. So fand Amberg eine Eehlerzahl von 0*0697 bis 0*0917% und bei zwei Versuchspersonen 3*98 und 5*38% Verbesserungen, w\u00e4hrend Rivers 0*085 bis 0*104% Fehler, dabei aber nur 0*92 bis 0*98% Verbesserungen beobachtete.\nDie Versuche von Rivers ergaben, da\u00df zwischen Geschwindigkeit der Arbeitsleistung und Zahl der Verbesserungen ein Parallelismus besteht, indem mit der Zunahme oder Abnahme der Leistung die Zahl der Verbesserungen steigt oder f\u00e4llt. Doch erfolgt bei letzteren sowohl das Steigen als das Sinken regelm\u00e4\u00dfig in st\u00e4rkerem Ma\u00dfe als die Leistung selbst. Rivers hat aber in anderen Versuchsreihen auch ein gegenteiliges Verh\u00e4ltnis gefunden, n\u00e4mlich Zunahme der Verbesserungen trotz abnehmender Arbeitsleistung. Bei der Deutung dieses Widerspruches ist zu ber\u00fccksichtigen, da\u00df wir es mit verschiedenen Qualit\u00e4ten von Fehlern und Verbesserungen zu tun haben, denen auch verschiedene psychische Bedingungen zugrunde liegen. In dieser Hinsicht hat Rivers besonders zwei Mechanismen unterschieden: 1. Hast in der Produktion, wodurch eine vorzeitige Ausl\u00f6sung von Schreibbewegungen erfolgt. Es handelt sich dabei um eine Steigerung der motorischen Erregbarkeit, wobei unwillk\u00fcrlich falsche Zahlen niedergeschrieben werden, ehe noch eine zuverl\u00e4ssige Bechnung durchgef\u00fchrt ist. Diese Irrt\u00fcmer haben die Bedeutung von Schreibfehlern und sind motorischen Fehlreaktionen im Beaktionsversuche gleichzustellen.","page":1655},{"file":"p1656.txt","language":"de","ocr_de":"1656\nAdalbert Gregor\n2. Unaufmerksamkeit und Zerstreutheit, wobei Fehler aus unrichtiger Assoziation hervorgehen, die als Denkfehler aufzufassen sind. In diesem Falle, d. h. im Zustande herabgesetzter Aufmerksamkeit findet bei geringer Leistung eine Zunahme der Fehler, insbesondere der Denkfehler statt. Im Gegensatz dazu steht der Zustand der Erm\u00fcdung, indem bei geringer und abnehmender Leistung eine Abnahme der Fehler erfolgt.\n\u00dcber Qualit\u00e4t und H\u00e4ufigkeit von Fehlern und Verbesserungen kann die im folgenden wiedergegebene Tabelle aus der Arbeit\nvon Rivers und Kraepelin orientieren:\nArt der Fehler\tBegangen Verbessert\nSubtraktion statt Addition............... 59\t44\t(75*2%)\nAbschreiben eines folgenden Summanden\t.\t.\t42\t33\t(79*5%)\nAddieren der fr\u00fcheren Summe mit den ersten\nSummanden............................ 29\t24\t(82*8%)\nMederschreiben der folgenden Summe ...\t60\t53\t(88*2%)\nAbschreiben eines Summanden............. 127\t118\t(93*3%)\nWiederholen der letzten Summe............ 32\t30\t(95*2%)\nRivers und Kraepelin haben sich auch mit der Analyse der unter ung\u00fcnstiger Tagesdisposition geleisteten Beehen-urbeit besch\u00e4ftigt. Sie beobachteten als Wirkung derselben eine Arbeitserschwerung, welche im Laufe der Arbeit selbst bemerkbar wurde und setzen sie der verminderten Arbeitsleistung gleich, welche bei einzelnen Personen mit g\u00fcnstigerer Abenddisposition bei Morgenarbeit stattfindet. Vach der Form, in welcher diese Einbu\u00dfe an Leistung entgegentritt, kamen die Autoren zu der Annahme, da\u00df es sich dabei wesentlich um eine Herabsetzung der Anregbarkeit handelt. Amberg hat den Wert von Tages- und Uachtpausen f\u00fcr die Arbeitsleistung gepr\u00fcft und dabei eine wesentlich gr\u00f6\u00dfere erholende Wirkung der mit Schlaf erf\u00fcllten Vacht-pause festgestellt, welche im Vergleich mit einer Tagespause eine deutliche Mehrleistung ergab. Es liegt nahe, der hier ber\u00fchrten Frage weiter nachzugehen und die Wirkung verschieden erf\u00fcllter Tagespausen zu untersuchen. Derartige Differenzen sind nat\u00fcrlich zu erwarten und zum Teil auch bereits methodisch festgestellt worden. Doch gehen wir hier auf diese Ergebnisse nicht n\u00e4her ein, da ein gleichm\u00e4\u00dfiges Verhalten der Versuchsperson w\u00e4hrend der Pause zu den Bedingungen geh\u00f6rt, unter denen Bechenversuche anzustellen sind.\nDie bisherigen Untersuchungen haben allerorts weitgehende individuelleDifferenzen ergeben, welche dazu zwingen, in der Bewertung der gewonnenen Ergebnisse und in der Ableitung allgemeiner S\u00e4tze \u00fcber den Mechanismus geistiger Arbeit","page":1656},{"file":"p1657.txt","language":"de","ocr_de":"Das fortlaufende Rechnen nach Kraepelin\n1657\nsich noch Beschr\u00e4nkung anfzuerlegen. Nachdem nun die von vielen Seiten durchgef\u00fchrten Untersuchungen tats\u00e4chlich bereits vielfach allgemeine Prinzipien aufgezeigt haben, gewann die Pr\u00e4ge nach individuellen Differenzen in der geistigen Arbeit erneute Bedeutung. Leider gestattet das bisher gesammelte Material nach dieser Seite keine allzu reiche Ausbeute, da die einzelnen Untersuchungen von verschiedenen Fragestellungen ausgingen und dementsprechend die Versuche verschieden angelegt wurden, wodurch ihre Vergleichbarkeit beeintr\u00e4chtigt ist. Infolgedessen sind wir heute noch nicht \u00fcberall in der Lage, die beobachteten Unterschiede in n\u00e4here Beziehung zueinander zu bringen und daraus Schl\u00fcsse \u00fcber die Kennzeichen der einzelnen Pers\u00f6nlichkeiten zu ziehen oder gesetzm\u00e4\u00dfige Abh\u00e4ngigkeiten bestimmter Eigenschaften voneinander festzustellen.\nHinsichtlich der Differenz an Leistungsf\u00e4higkeit hat es Lin\u00e4ley wahrscheinlich gemacht, da\u00df dabei tiefgreifende individuelle Mechanismen in Frage kommen, indem es sich hier um Unterschiede handelt, welche durch fortschreitende \u00dcbung nicht verwischt werden. \u00dcbungsf\u00e4higkeit und \u00dcbungsfestigkeit stehen wahrscheinlich im Zusammenhang, und zwar derart, da\u00df mit gro\u00dfer \u00dcbungsf\u00e4higkeit geringe \u00dcbungsfestigkeit einhergeht. Nur tritt dieser Zusammenhang nicht ohne weiteres klar zutage, er ist vielmehr in den nackten Werten durch den erst zu eliminierenden Faktor des \u00dcbungsVerlustes verdeckt. F\u00fcr die Erm\u00fcdbarkeit haben die Versuche von Lin\u00e4ley in \u00dcbereinstimmung mit den Anschauungen von Hoch und Kraepelin1) es wahrscheinlich gemacht, da\u00df mit gr\u00f6\u00dferem \u00dcbungsfortschritt st\u00e4rkere Erm\u00fcdung einhergeht und umgekehrt.\nDie Unterschiede im \u00dcbungsfortschritt lassen keinen direkten Zusammenhang mit der Leistungsf\u00e4higkeit erkennen. Ferner besteht auch eine ungleichm\u00e4\u00dfige Verteilung in dem Sinne, da\u00df bei einzelnen Versuchspersonen ein gro\u00dfer, bei anderen ein kleiner Teil des gesamten \u00dcbungszuwachses in den Beginn der Arbeitsperiode f\u00e4llt. Es handelt sich dabei um Unterschiede in der Anfangsgeschwindigkeit des \u00dcbungszuwachses. Es ist von vornherein klar, da\u00df individuelle Differenzen besonders stark in jener Seite der Arbeitsleistung hervortreten m\u00fcssen, die vom Willen der Versuchsperson abh\u00e4ngt; dementsprechend war auch die Analyse von Anregung und Antrieb ohne Ber\u00fccksichtigung des individuellen Momentes nicht durchf\u00fchrbar. Zu einer systematischen Bearbeitung dieses Gebietes und zur Aufstellung von Beziehungen zu den anderen Seiten der Arbeitsleistung haben die bisherigen Untersuchungen jedoch noch nicht gef\u00fchrt.\nx) A. Hoch und E. Kraepelin: Psycholog. Arbeiten. 1. 378 (1896).","page":1657},{"file":"p1658.txt","language":"de","ocr_de":"1658\nAdalbert Gregor\nF\u00fcr die Frage nach einer exakten Charakteristik der individuellen Arbeitsweise scheint im Vorg\u00e4nge Kraepelins eine wichtige Direktive gegeben. Kraepelin hat die schwierige Aufgabe zu l\u00f6sen unternommen, nach einer Versuchsserie mit verschieden langen Pausen die von Lindley bei einer Person festgestellte Arbeitskurve in ihre Komponenten zu zerlegen und die verschiedenen Komponenten dieser einst\u00fcndigen Arbeitsleistung kurvenm\u00e4\u00dfig darzustellen. Freilich mu\u00df er selbst immer wieder das Problematische dieser L\u00f6sung betonen und manche Kurvenstrecke nur sch\u00e4tzungsweise einzeichnen. Allerdings waren die Bedingungen dazu auch insofern ung\u00fcnstig, als die zugrunde liegenden Versuche unter anderen Gesichtspunkten unternommen wurden. Es geht schon \u00fcber die unmittelbaren Forderungen der differenziellen Psychologie f\u00fcr individuelle Charakteristik hinaus, an jedem Zeitteil einer Arbeitsperiode die Bestandteile der Arbeitskurve quantitativ zu ermitteln; vielmehr handelt es sich dabei tats\u00e4chlich um zwei Fragen, deren eine ins Gebiet der allgemeinen, deren andere in das der differentiellen Psychologie f\u00e4llt; im letzteren Falle kommt es darauf an, die geringste Zahl von Merkmalen aufzustellen, durch welche die individuelle Arbeitsweise eindeutig charakterisiert ist und eine Versuchsanordnung zu ermitteln, durch welche diese Merkmale quantitativ zu bestimmen sind. Die bisherigen Versuche der Kraepelin- Schule haben mindestens die L\u00f6sbarkeit der aufgeworfenen Fragen dargetan.\nZum Schl\u00fcsse sei nochmals betont, da\u00df das fortlaufende Addieren nur eine der uns zur Untersuchung der geistigen Arbeit verf\u00fcgbaren Methoden vorstellt, deren Auswahl nach der besonderen Fragestellung einer Untersuchung zu treffen ist. Die Bechenversuche werden kaum als die gegebene Methode erscheinen, wenn es auf die Feststellung der Gr\u00f6\u00dfe geistiger Leistungsf\u00e4higkeit ankommt, da beim Addieren das absolute Quantum zu stark durch individuelle Momente beeinflu\u00dft ist. Die Bedingungen unter welchen die angewandte Psychologie und die experimentelle Psychopathologie arbeitet, gestalten sich wesentlich verschiedener als f\u00fcr die allgemeine Psychologie, da sie ihre Versuchspersonen meist nicht w\u00e4hlen d\u00fcrfen, sondern diese ihnen durch die Fragestellung gegeben werden. Dann macht sich aber ein weitgehender Gegensatz zwischen gebildeten und ungebildeten, durch Beruf und Lebens Verh\u00e4ltnisse im Addieren gewandten und schwerf\u00e4lligen und unge\u00fcbten Individuen geltend. Man wird also, wenn es darauf ankommt, bei einer Beihe von Individuen verschiedener Kategorie die intellektuelle Leistungsf\u00e4higkeit an sich, d. h. die Gr\u00f6\u00dfe der Produktion, \u00dcbungsf\u00e4higkeit, \u00dcbungsfestigkeit und Erm\u00fcdung zu pr\u00fcfen, lieber zu einer anderen Form psychischer Arbeit, n\u00e4mlich zum Auswendiglernen greifen, wobei Methoden zur Verf\u00fcgung","page":1658},{"file":"p1659.txt","language":"de","ocr_de":"Adalbert Gregor: Das fortlaufende Rechnen nach Kraepelin 1659\nstehen, die von Ranschburg nnd von mir f\u00fcr die Praxis der angewandten Psychologie nnd experimentellen Psychopathologie bearbeitet wurden. Dagegen ist kaum ein anderes Verfahren au\u00dfer dem fortlaufenden Addieren nach Kraepelin imstande, uns so exakte, zahlenm\u00e4\u00dfige Belege f\u00fcr die einzelnen Merkmale intellektueller Arbeit zu liefern. Sie wird also namentlich als scharfes Beagenz f\u00fcr die experimentelle Untersuchung von \u00e4u\u00dferen Einfl\u00fcssen auf die geistige Leistung dienen k\u00f6nnen und hat in dieser Hinsicht auch schon ausgedehnte Verwendung gefunden. In erster Linie von seiten der Kraepelin - Schule, die mit ihrer Hilfe die experimentelle Pharmakopsychologie begr\u00fcndet und zuerst die Einwirkung von Alkohol, Teebestandteilen und von Schlafmitteln auf die psychische Leistungsf\u00e4higkeit untersucht hat.\nDie weitere Entwicklung der Arbeitsforschung wurde wesentlich durch die von seiten der Hirnverletztenf\u00fcrsorge und der Psychotechnik gestellten Aufgaben beeinflu\u00dft. Es ist namentlich Koppelt enterb) Verdienst, eine Methode und ein Instrumentarium geschaffen zu haben, welche psychologisch-medizinischen, aber auch industriellen Interessen entsprechen. Indem Poppelreuter die Zifferreihen, welche addiert werden sollen, auf Karten anbringt, hat er die Arbeit in Abschnitte gegliedert. Damit ist nicht nur ein Anschlu\u00df an den Vorgang bei Untersuchung von Ged\u00e4chtnisleistungen gegeben, sondern namentlich die Br\u00fccke zur Untersuchung von technischen Arbeiten geschlagen, bei denen es sich ebenfalls um die Erledigung von St\u00fcckzahlen handelt. Die von ihm entworfene Schauuhr liefert in kontinuierlicher Begistrierung ein anschauliches Bild der zeitlichen Verh\u00e4ltnisse, welche f\u00fcr die Beurteilung der Arbeitsleistung in Frage kommen.\n1) W. Poppelreuter: Die Arbeitsschauuhr. Langensalza 1918.","page":1659}],"identifier":"lit39663","issued":"1935","language":"de","pages":"1647-1659","startpages":"1647","title":"Das fortlaufende Rechnen nach Kraepelin","type":"Book Section"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T12:55:13.621471+00:00"}

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