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Vasomotorische Methodik der psychologischen Ermüdungsmessung

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{"created":"2022-01-31T12:54:59.092104+00:00","id":"lit39664","links":{},"metadata":{"alternative":"Handbuch der biologischen Arbeitsmethoden, Abt. VI: Methoden der experimentellen Physiologie. Teil B (2): Methoden der reinen Psychologie","contributors":[{"name":"Zondek, Bernhard","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"In: Handbuch der biologischen Arbeitsmethoden, Abt. VI: Methoden der experimentellen Physiologie. Teil B (2): Methoden der reinen Psychologie, edited by Emil Abderhalden, 1661-1701. Berlin, Wien: Urban & Schwarzenberg","fulltext":[{"file":"p1661.txt","language":"de","ocr_de":"Vasomotorische Methodik der psychologischen Erm\u00fcdungsmessung.\nVon Dr. Bernhard Zondek, Stockholm.\n(Mit 30 Figuren.)\nDas Vasomotorenzentrnm in der Medulla oblongata ist die bedeutsamste St\u00e4tte, yon der aus die Gef\u00e4\u00dfe beeinflu\u00dft werden. Die h\u00f6heren Hirnteile wirken nur indirekt auf den Gef\u00e4\u00dftonus, und zwar auf dem Wege des Reflexes \u00fcber das Gef\u00e4\u00dfnervenzentrum. Die Vasomotoren befinden sich in einem vom Zentralorgan aus geleiteten, dauernden, lebhaften Spiel, welches den physikalischen und psychologischen Einwirkungen auf den K\u00f6rper in zweckm\u00e4\u00dfiger Weise entspricht. Um in diesen komplizierten Mechanismus einzudringen, stehen uns verschiedenartige Methoden zur Verf\u00fcgung, unter denen die Plethysmographie als wichtigste zuerst zu nennen ist.\nI. Die Plethysmographie.\nDie Plethysmographie (von izkrfr6veiv f\u00fcllen) gibt das beste direkte Ma\u00df \u00fcber die Volumschwankungen eines Organs oder K\u00f6rperteiles, da jede \u00c4nderung der Blutmenge des gemessenen Abschnittes graphisch registriert werden kann. Die Versuche, die Volumschwankungen der Glieder zu beobachten, reichen schon weit zur\u00fcck. Eine geschichtliche Darstellung der Methoden hier zu geben, entspricht nicht dem Zweck dieser Arbeit. Bez\u00fcglich der historischen Tatsachen sei auf die Abhandlung von 0. Frankl) verwiesen. Das Prinzip der Plethysmographie ist folgendes : Der zu messende K\u00f6rperteil mu\u00df von einer starren Kapsel umgeben werden, ohne da\u00df die Blutzirkulation irgendwie gest\u00f6rt wird. Von der Kapsel mu\u00df ein Gummischlauch an einen Schreibhebel f\u00fchren, so da\u00df jede Volumenzunahme des in der Kapsel eingeschlossenen Gliedes die zwischen ihm und der Kapsel befindliche Luft verdr\u00e4ngen mu\u00df; hiedurch wird der an der Registrierkapsel befindliche Schreibhebel\nb O. Frank: Tigersiedls Handb. d. phys. Arbeitsmeth. 273 (1913).","page":1661},{"file":"p1662.txt","language":"de","ocr_de":"1662\nBernhard Zondek\ngehoben, und an der rotierenden Trommel des Kymographions eine \u00fcber die Anfangsordinate sich erhebende Kurve gezeichnet (aufsteigende, positive Kurve). Bei einer Volumverminderung tritt der entgegengesetzte Effekt ein. Der Druck in dem Apparat wird vermindert, wodurch die Kurve sich unter die Anfangsh\u00f6he senkt (abfallende, negative Kurve).\nStatt der reinen Luft \u00dcbertragung kann man sich einer gemischten Wasserluft \u00dcbertragung bedienen. Die dicht um das Glied befestigte Kapsel mu\u00df mit Wasser gef\u00fcllt werden, das \u00fcber die Kapsel hinaus in eine Ableitungsrohre reicht, wobei sich die Volumver\u00e4nderung an der Bewegung des Wasserspiegels kundtut, die\n\nFig. 260.\nihrerseits durch die zwischen dem Wasser und dem Registrierhebel eingeschlossene Luft auf den Schreibhebel \u00fcbertragen wird.\nF\u00fcr die hier in Betracht kommenden Untersuchungen der vasomotorischen Ver\u00e4nderungen wird am besten der von Lehmann verbesserte Mos solche Plethysmograph (Fig. 260) ben\u00fctzt, mit dem man die ZirknlationsVerh\u00e4ltnisse eines Armes studieren kann. (Die Beschreibung der Methodik entspricht der von Prof. Ernst Weber angegebenen. Die Abbildungen sind meist den Weberschen Arbeiten entnommen.)\nHierbei kommt der Arm selbst mit dem Wasser gar nicht in Ber\u00fchrung, da am Rand der Kapsel ein d\u00fcnner Gnmmisack P befestigt und in die Kapsel hineingest\u00fclpt ist. In diesen Gnmmisack wird der Arm hineingelegt, der durch Festlegen des recht-winkelig gebogenen Ellenbogens in der gepolsterten und verstellbaren St\u00fctze S in seiner Lage festgehalten wird. Hach Einf\u00fchrung des Armes wird durch den Gummischlauch G der zwischen der Kapsel und dem Gnmmisack befindliche Raum mit Wasser gef\u00fcllt.","page":1662},{"file":"p1663.txt","language":"de","ocr_de":"Methodik der psychologischen Erm\u00fcdungsmessung\t1663\ndas in dem Steigrohr bis zur angegebenen H\u00f6be C steigt. Luftblasen m\u00fcssen vermieden werden, bzw. der Apparat so lange gesch\u00fcttelt werden, bis sie nicht mehr anfsteigen. Das Steigrohr G darf nur bis znr angegebenen H\u00f6he gef\u00fcllt werden, damit noch eine gen\u00fcgende Menge Luft vorhanden ist, die die direkte \u00dcbertragung auf die Eegistrierkapsel bewirken soll. Von der H\u00f6he dieses Wasserspiegels h\u00e4ngt der auf den Arm ausge\u00fcbte Druck ab, der nicht zu gro\u00df sein darf, da sonst die vasomotorischen Feinheiten nicht zum graphischen Ausdruck kommen k\u00f6nnen. Es ist zweckm\u00e4\u00dfig, bei jeder Untersuchungsperson festzustellen, welche Wasserh\u00f6he bei ihr zur Erzielung der deutlichsten Kurven notwendig ist, denn bei zu gro\u00dfem Druck wird der Puls zu sehr verkleinert, bei zu kleinem Druck wird der Gummisack eventuell nicht fest genug an den Arm gedr\u00fcckt, so da\u00df sich dann zwischen ihm und dem Gummisack P noch Luft befinden kann, was f\u00fcr die Versuche st\u00f6rend ist und vermieden werden mu\u00df.\nDer Mosso&che Plethysmograph ist nur f\u00fcr den Arm verwendbar, jedoch kann man einen \u00e4hnlichen Apparat auch f\u00fcr den Fu\u00df des Menschen konstruieren. Die Versuche mit der Bein-plethysmographie haben jedoch wegen der F\u00fclle der Fehlerquellen nicht zu einwandfreien Ergebnissen gef\u00fchrt.\nUm auch andere Gef\u00e4\u00dfgebiete untersuchen zu k\u00f6nnen, insbesondere die vasomotorischen Verh\u00e4ltnisse des Gesichtes, die ja bekanntlich vasomotorisch am feinsten reagieren, sei noch eines Apparates f\u00fcr die Eegistrierung der \u00e4u\u00dferen Kopfteile Erw\u00e4hnung getan. Weber1) konstruierte hief\u00fcr ein Onkometer f\u00fcr das Ohr, das aus einer flachen ohrf\u00f6rmigen, aus biegsamem Blech gefertigten Kapsel besteht; diese wird so \u00fcber das Ohr gelegt, da\u00df die E\u00e4nder der Kapsel an die umgebenden Sch\u00e4delknochen angedr\u00fcckt werden, nachdem sowohl die Haare als auch die Kapselh\u00fclle mit Vaselinanhydrit intensiv angefettet sind, wodurch ein luftdichtes Anliegen des Apparates gesichert wird. Der Apparat wird dann noch besonders durch mehrere Bindentouren am Kopf befestigt. Ein von der Kapsel ausgehender Schlauch f\u00fchrt zur Marey&chen Eegistrierkapsel.\nBei dieser Volummessung wird also das Prinzip der reinen Lnft\u00fcbertragung ben\u00fctzt. Zu beachten ist noch, da\u00df das Ohronkometer fest an den Sch\u00e4delknochen angedr\u00fcckt wird, da sonst eventuell die Pulsation der Arteria temporalis Hebungen des Kapselrandes verursachen k\u00f6nnte. Dadurch m\u00fc\u00dfte eine Erweiterung des Innenraumes zwischen Ohr und Kapsel entstehen, das zu einer Senkung der Volumkurve f\u00fchren mu\u00df. Es ist ratsam, bei jeder\nq E. Weber: Arch. f. Anat. u. Physiol. Physiol. Abt. 189 (1908).\nAbderhalden, Handbuch der biologischen Arbeitsmethoden. Abt. VI, Teil B/II. 108","page":1663},{"file":"p1664.txt","language":"de","ocr_de":"1664\nBernhard Zondek\nderartigen sich senkenden Ohrkurve anf diese Fehlerstelle besonders zn achten. Erh\u00e4lt man eine Yolnmznnahme des Ohres, so ist die Fehlerstelle eo ipso ausgeschlossen.\nWas die Messung der inneren Organe betrifft, so sei besonders auf die der Bauchorgane hingewiesen. Allerdings bestehen hief\u00fcr nicht unerhebliche Schwierigkeiten, da man ihre direkte plethysmographische Messung, wie das beim Tierversuch m\u00f6glich ist, selbstverst\u00e4ndlich nicht ausf\u00fchren kann. Es gelang E. Weber1) zur Darstellung der vasomotorischen Ver\u00e4nderungen der Bauchorgane einen Apparat zu konstruieren, der bei Beobachtung der n\u00f6tigen Kautelen gute Resultate ergibt.\nHierbei sind folgende Gesichtspunkte ma\u00dfgebend: Legt man in ein Onkometer au\u00dfer dem zu messenden Organ noch einen kleinen Gummisack, welcher an der einen Seite in einen Schlauch verl\u00e4ngert ist, wodurch er die Verbindung des Onkometers mit der Registrierkapsel darstellt, dann w\u00fcrde, nachdem der kleine Gummisack von au\u00dfen mit Luft leicht aufgeblasen ist und sich dem zu messenden Organ dicht anlegt, die Volumenzunahme des Organs dieses aufgeblasene Gummis\u00e4ckchen zusammendr\u00fccken und die in ihm enthaltene Luft durch den Schlauch nach der Registrierkapsel dr\u00e4ngen. Das gleiche Resultat m\u00fc\u00dfte man erhalten, wenn man die Onkometerkapsel fortl\u00e4\u00dft, so da\u00df sich die Zirkulationsver\u00e4nderungen direkt auf den Gummisack \u00fcbertragen k\u00f6nnen. Dieses Prinzip wird f\u00fcr den inneren Bauchplethysmographen angewandt, der nur aus einem Gummisack und einer aufgebundenen Hohlsonde besteht. Der Gummisack (seine L\u00e4nge betr\u00e4gt 15 cm, sein Durchmesser 8 cm) wird durch den Anus der Versuchsperson eingef\u00fchrt, nachdem die Spitze etwas eingefettet ist. An der Sonde wird ein Gummischlauch befestigt, durch den die Gummikapsel etwas aufgeblasen wird Der Schlauch f\u00fchrt zur Registrierkapsel und wird durch die Zwischenr\u00e4ume eines Rohrstuhles, auf dem der Patient bei den Versuchen sitzt, hindurchgeleitet. Da\u00df es mit diesem Apparat wirklich m\u00f6glich ist, in einwandfreier Weise das Blutvolumen des Darmes zu registrieren, geht am besten aus Kontrollversuchen beim Tier hervor, bei denen die Volummessung im Darm sowohl mit dem \u201einneren\u201c Plethysmographen als auch gleichzeitig mit der Onkometerkapsel gemessen wurden.\nDie beiden abgebildeten Kurven (Fig. 261 und 262) zeigen die Kontr oll versuche, wobei die obere Kurve jedesmal den Blutdruck darstellt, w\u00e4hrend die untere das Blutvolumen des Darmes registriert Vom Zeichen + bis \u2014 wird das Stirnhirn einer Katze, und zwar die Rinde des Stirnlappens, der vor dem Gyrus cruciatus anterior liegt, elektrisch gereizt; hiebei tritt, wie Weber nachgewiesen hat*\n1) E. Weber: Arch. f. Anat. u. Physiol. Physiol. Abt. 293 (1907).","page":1664},{"file":"p1665.txt","language":"de","ocr_de":"Methodik der psychologischen Erm\u00fcdungsmessung\n1665\nnebst einer starken Blutdruckerh\u00f6hung und einer Volnmenzunahme der Extremit\u00e4ten eine starke Verminderung der Blntzufuhr der Eingeweide infolge aktiver Kontraktion der Darmgef\u00e4\u00dfe ein. In beiden Kurven sieht man diesen Erfolg. Die Volumensenkung,\nBlutdruck\nKurve des Druckes in der Bauchh\u00f6hle registriert durch Gummiballon im Darm\nFig. 261. Von -f- bis \u2014 wird die Rinde des Stirnhirnes einer knrarisierten\nKatze elektrisch gereizt.\nVolumen des Darmes, registriert mit Onkometerkapsel\nBlutdruck\nFig. 262. Von -f- bis \u2014 wird die Rinde des Stirnhirnes einer knrarisierten\nKatze elektrisch gereizt.\ndie mit dem inneren Plethysmographen registriert wird, ist hierbei noch wesentlich deutlicher als die mit der Onkometerkapsel.\nDie Methodik der inneren Plethysmographie ist aber schwierig, und es m\u00fcssen erst alle m\u00f6glichen Fehlerquellen ausgeschaltet werden, um zu brauchbaren Besultaten zu gelangen. Jede Druckver\u00e4nderung im Bauch mu\u00df sich an der Kurve auspr\u00e4gen, was einerseits durch\n108*","page":1665},{"file":"p1666.txt","language":"de","ocr_de":"1666\nBernhard Zondek\nSchwankung der Atmung, andererseits durch den Druck der Peristaltik und der Bauch presse hervorgerufen werden kann. Durch verst\u00e4rkte Inspiration flacht sich das Zwerchfell nach der Bauchh\u00f6hle zu ab, der Baum im Abdomen wird verkleinert und dadurch der Druck auf den in den Mastdarm eingef\u00fchrten Gummiballon vergr\u00f6\u00dfert. Der Einflu\u00df der Atmung kann, wie sp\u00e4ter noch ausf\u00fchrlich beschrieben werden wird, genau durch die gleichzeitig aufgenommene Atmungs kurve kontrolliert werden. Erh\u00e4lt man eine aufs teigende Kurve des inneren Plethysmographen und gleichzeitig eine durch vertiefte Atmungsz\u00fcge ver\u00e4nderte Atmungs kurve, die synchron der aufsteigenden plethysmographischen Kurve verl\u00e4uft, so wird man eine solche Kurve f\u00fcr den Versuch nicht gebrauchen k\u00f6nnen, wenn sich auch gleichzeitig die vasomotorischen Ver\u00e4nderungen an ihr ausdr\u00fccken sollten, da man dann die Atmung als ausschlaggebenden Faktor wird betrachten m\u00fcssen. Begistriert der Plethysmograph trotz verst\u00e4rkter Atmung eine abfallende negative Kurve (Verminderung des Blutvolumens des Bauches), so mu\u00df ein vasomotorischer Effekt vorbegen, da die vertiefte Atmung allein ja eine aufsteigende Kurve ergeben mu\u00df. Umgekehrt ist es bei pl\u00f6tzlich einsetzender zu flacher Atmung, was allerdings bei den Versuchen selten beobachtet wird. Ferner kann bei verst\u00e4rkter Exspiration eine Erh\u00f6hung des Bauchdruckes durch Kontraktion der Bauchmuskeln bewirkt werden, trotzdem sich durch den Hochstand des Zwerchfelles der Bauchinhalt vergr\u00f6\u00dfert. Hierbei ist es von wesentlicher Bedeutung, in welchem Luftf\u00fcllungszustand sich der ein-gef\u00fchrte Gummiballon befindet. Ist er prall aufgeblasen, so gleicht die aufgenommene Kurve fast der Atmungs kurve, weil sich jede Druckschwankung im Bauch an dem aufgef\u00fcllten Ballon wiedergibt, so da\u00df die vasomotorischen Feinheiten nicht zur Darstellung gelangen. Durch zahlreiche Untersuchungen hat Weber1) festgestellt, da\u00df es am zweckm\u00e4\u00dfigsten ist, so wenig Luft wie m\u00f6glich in den inneren Plethysmographen einzublasen, so da\u00df sie gerade noch gen\u00fcgt, um den Schreibhebel in Bewegung zu setzen. Au\u00dferdem legt sich der Apparat bei geringer Lufteinblasung besonders gut den Darmfalten an. Die Tiefe der Einf\u00fchrung des Ballons in den Mastdarm ist von untergeordneter Bedeutung. Um die durch Bewegung der F\u00e4zes bedingten Druckverh\u00e4ltnisse auszuschalten, ist es notwendig, den Mastdarm der Versuchsperson vor Beginn der Untersuchung durch einen Einlauf zu entleeren, wodurch auch gleichzeitig eine Herabsetzung der Peristaltik bewirkt wird. Durch Zuf\u00fchrung von Opium (per os oder durch Klistier) kann man, wenn es n\u00f6tig erscheint, die Peristaltik noch weiter hintanhalten.\nx) E. Weber: Springer 1910. S. 122.","page":1666},{"file":"p1667.txt","language":"de","ocr_de":"Methodik der psychologischen Erni\u00fcdungsmessung\n1667\nAls letzte Fehlerquelle bleibt die Kontraktion der Bauch -muskulatur. Durch die Atmungskurve, bei welcher der Pneumograph am Bauch befestigt werden kann, kann man an sich B\u00fcck-schl\u00fcsse auf die Kontraktion der Bauchmuskeln machen, da die ruhige Atmungskurve durch Kontraktion der Bauchmuskeln eine \u00c4nderung erfahren mu\u00df. Nun wird man ja bei den gew\u00f6hnlichen psychologischen Untersuchungen eine unwillk\u00fcrliche Kontraktion der Bauchmuskeln im wesentlichen ausschlie\u00dfen k\u00f6nnen, da eine solche bei Abwicklung eines ruhigen Versuches h\u00f6chstens bei pl\u00f6tzlicher gest\u00f6rter Ablenkung, insbesondere bei Erschrecken, in Frage kommt. Durch Kontraktion der Bauchmuskeln mu\u00df eine Drucksteigerung in der Bauchh\u00f6hle und damit in dem eingeschobenen Gummiballon entstehen, wodurch sich plethysmographisch eine aufsteigende Kurve ergeben mu\u00df. Erh\u00e4lt man dagegen eine absteigende (negative) Kurve, so kann man eine Einwirkung der Bauch muskulatur als ausschlaggebenden Faktor auf jeden Fall ausschlie\u00dfen. Liegt also eine normale Atmungskurve vor und ist die Druckerh\u00f6hung infolge Kontraktion der Bauehmuskulatur und der Peristaltik auszuschlie\u00dfen, dann erst kann die plethysmographische Kurve in einwandfreier Weise die vasomotorischen Ver\u00e4nderungen wiedergeben. Au\u00dferdem empfiehlt es sich, gleichzeitig die plethysmographische Armkurve aufzunehmen, bei der ja die Fehlerquellen wesentlich geringer sind, um auf diesem Wege \u00fcber die allgemeinen Verschiebungen der Blutverh\u00e4ltnisse orientiert zu werden. Nat\u00fcrlich mu\u00df man hierbei beachten, da\u00df die Gummischl\u00e4uche, welche die verschiedenen Apparate f\u00fcr die Volummessung mit den Begistrierkapseln in Verbindung setzen, gleich lang sind, da\u00df man gleichartige Mareysche Kapseln verwendet, und da\u00df die Schreibhebel in derselben Ordinate auf der registrierenden Trommel zeichnen.\nZum Schlu\u00df seien noch die Methoden zur Erforschung der Ver\u00e4nderungen an den Gehirngef\u00e4\u00dfen mitgete\u00fct. Da das Gehirn von dem Sch\u00e4del als einer kn\u00f6chernen, unnachgiebigen Masse umh\u00fcllt ist, so ist eine direkte plethysmographische Volummessung nur m\u00f6glich, wenn einem durch Zufall eine Versuchsperson mit einem Defekt des Sch\u00e4deldaches zur Verf\u00fcgung steht. Bei Kindern im ersten und zweiten Lebensjahr k\u00f6nnte man an den weichen Fontanellen direkte Gehirnkurven auf nehmen, jedoch eignen sich Kinder nicht f\u00fcr psychologische Untersuchungen; wohl k\u00f6nnte man an ihnen vasomotorische Gehirnuntersuchungen beim Eintreten des Schlafes usw. machen, jedoch sind derartige Versuche bisher noch nicht ausgef\u00fchrt worden.\nDurch die Kriegsverh\u00e4ltnisse wird man Versuchspersonen mit Sch\u00e4deldefekt vielleicht h\u00e4ufiger finden. Bei den meisten Kopfschutz Verletzungen wurde im Felde sofort nach der Verwundung","page":1667},{"file":"p1668.txt","language":"de","ocr_de":"1668\nBernhard Zondek\ndie Trepanation vorgenommen, teils nm durch Wund toilette die Infektion der Gehirnh\u00e4ute hintanzusetzen, teils um deprimierte Knochenst\u00fccke der Tabula interna zu eie vieren, bezw aus der Gehirnsubstanz selbst zu entfernen. Der Sch\u00e4deldefekt regeneriert sich nicht, wohl aber bildet sich vom Periost und der Kopfs eh warte ausgehend eine Karbe \u00fcber dem Defekt, so da\u00df das Gehirn vollkommen abgeschlossen ist. Der aufgelegte Finger kann dann \u00fcber dem Defekt deutlich die Gehirnpulsation f\u00fchlen, zum Teil ist sie direkt sichtbar. Man wird bei der Auswahl solcher Versuchspersonen nat\u00fcrlich in erster Keihe darauf achten m\u00fcssen, da\u00df die Hirn-funktion in keiner Weise gelitten hat und da\u00df es sich um psychisch vollkommen normale Personen handelt. Ist das Gehirn in irgendeiner Weise besch\u00e4digt, so ist es auch m\u00f6glich, da\u00df das Vasomotorenzentrum nicht mehr in der normalen Weise reagiert, soda\u00df die untersuchten psychologischen Impulse atypische Wirkungen hervor-rufen.\nDie Entscheidung, ob die Hirngef\u00e4\u00dfe normal reagieren, wird man dadurch herbeif\u00fchren k\u00f6nnen, da\u00df man gleichzeitig neben der Gehirnkurve ein Plethysmogramm der Extremit\u00e4ten oder der \u00e4u\u00dferen Kopfteile an der nicht erm\u00fcdeten Versuchsperson aufnimmt und dann die vasomotorische Beaktionsf\u00e4higkeit auf einen in seiner Wirkung bekannten psychologischen Beiz erforscht. Anwenden k\u00f6nnte man hierbei, wie sp\u00e4ter auseinandergesetzt werden wird, die Wirkung einer psychischen Arbeit, die sich dann darin \u00e4u\u00dfern mu\u00df, da\u00df man an der Arm- und Ohrkurve eine Verminderung des Blutvolumens (negative Kurve), am Gehirn dagegen eine Vermehrung des Blut volumens (positive Kurve) erh\u00e4lt. Am besten sind f\u00fcr diese Versuche solche Verwundeten zu gebrauchen, bei denen die Dura und damit das Gehirn selbst nicht verletzt gewesen ist, sondern nur eine Splitterfraktur der Sch\u00e4deldecke Vorgelegen hat.\nEinen Plethysmographen f\u00fcr die Hirnmessung stellt man sich am zweckm\u00e4\u00dfigsten selbst dar, indem man sieh nach der Gr\u00f6\u00dfe des Sch\u00e4deldefektes richtet. Man nimmt eine gew\u00f6lbte Guttaperchaplatte mit durehf\u00fchrendem Glasr\u00f6hrchen und befestigt diese \u00fcber dem Defekt, nachdem man das Glasr\u00f6hrchen durch einen Gummischlauch mit der Begistrierkapsel verbunden hat. Hierbei ist darauf zu achten, da\u00df der Plethysmograph absolut dicht der Kopfschwarte ansitzt, was man dadurch erreichen kann, da\u00df man die Umgebung und den Apparat mit Vaseline einfettet und dann der Kopfhaut andr\u00fcckt. Eventuell kann der Apparat durch einen Kopf verband weiter befestigt werden. Dem Einwand, da\u00df man neben den Gehirnpulsen auch etwa die der umgebenden Kopfschwarte registriert, kann man einmal dadurch begegnen, da\u00df man den Plethysmographen in seiner Gr\u00f6\u00dfe m\u00f6glichst dem Sch\u00e4deldefekt anpa\u00dft; andererseits kann man durch gleichzeitige Aufnahme der Ohrkurve","page":1668},{"file":"p1669.txt","language":"de","ocr_de":"Methodik der psychologischen Erm\u00fcdungsmessung\t1669\ndas Verhalten der \u00e4u\u00dferen Kopf teile kontrollieren. Im allgemeinen verhalten sich diese beiden Gef\u00e4\u00dfkomplexe (Gehirn und \u00e4u\u00dfere Kopfteile) umgekehrt proportional zueinander, so da\u00df schon dadurch allein eine eventuell gegenseitige Beeinflussung der Kurve meist auszuschlie\u00dfen ist.\nEs ist nat\u00fcrlich bei den Untersuchungen der vasomotorischen Begleiterscheinungen psychologischer Beize von gro\u00dfem Interesse, gerade \u00fcber das Verhalten der Gef\u00e4\u00dfe der Gehirnrinde orientiert zu werden. Es ist daher auch verst\u00e4ndlich, da\u00df man nach anderen Methoden gesucht hat, ohne von dem Zufall abh\u00e4ngig zu sein, eine geeignete Versuchsperson mit einem Sch\u00e4deldefekt zu finden. Es sei hier der Methode von Lehmann und Berger1) Erw\u00e4hnung getan. Bei dieser Methode wird die Zeit gemessen, die verstreicht, bis die Pulswelle vom Herzen zu den peripheren Arterien gelangt (Pulsversp\u00e4tung). Die Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Pulswelle wird schneller und damit die Puls Versp\u00e4tung kleiner, wenn entweder der allgemeine Blutdruck steigt oder der Tonus der Gef\u00e4\u00dfwand in dem betreffenden gemessenen Gef\u00e4\u00dfgebiet w\u00e4chst.\nWenn man eine kardiographische Registrierung des Herzschlages mit der plethysmographischen Armkurve kombiniert, so kann man durch Vergleich der beiden Kurven die Puls Versp\u00e4tungen am Arm feststellen und damit weitere Schl\u00fcsse \u00fcber das vasomotorische Verhalten der Armgef\u00e4\u00dfe ziehen. Wenn man z. B. eine positive plethysmographische Armkurve mit Vergr\u00f6\u00dferung der einzelnen Pulse erh\u00e4lt, die kardiographische Kurve aber keine Ver\u00e4nderung der Herzt\u00e4tigkeit auf weist, hingegen die Puls Versp\u00e4tung zwischen Radialpuls und Herzsto\u00df gr\u00f6\u00dfer wird (die Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Puls wellen ist dann kleiner), so mu\u00df als Ursache dieser Erscheinung eine aktive Vasodilatation der Armgef\u00e4\u00dfe vorliegen. Es w\u00fcrde zu weit f\u00fchren, die genauen physiologischen Einzelheiten der Methode zu besprechen. Erw\u00e4hnt sei nur noch, da\u00df die Technik der Methode schwierig ist, wenn man bedenkt, da\u00df die Puls Versp\u00e4tung zwischen Karotis und Radialis nur 0'07\" betr\u00e4gt.\nZur Darstellung der vasomotorischen Erscheinungen der Hirngef\u00e4\u00dfe hat Berger die Methode dahin erweitert, da\u00df er au\u00dfer der kardiographischen Kurve und der plethysmographischen Armkurve noch eine sphygmographische Pulskurve der Karotis auf-nimmt Dadurch ist es m\u00f6glich, sich \u00fcber die Puls Versp\u00e4tung an der Karotis und Radialis zu unterrichten ; die lediglich an der Karotis beobachteten Ver\u00e4nderungen sollen \u00fcber die von der Karotis versorgten Gebiete, insbesondere das Gehirn, Aufschlu\u00df geben. Diese komplizierte Methode wird man, wie eben gesagt, nur als Aushilfe\n1) Berger, Jena 1907.","page":1669},{"file":"p1670.txt","language":"de","ocr_de":"1670\nBernhard Zondek\nbetrachten m\u00fcssen, wenn eine geeignete Versuchsperson nicht zur Verf\u00fcgung steht. Es ist Mar, da\u00df die einfachste Untersuchungs-methode die beste ist, und gerade bei dem komplizierten Ablauf psychischer Vorg\u00e4nge wird man derjenigen Methode den Vorzug geben, die auf den einfachsten physiologischen Prinzipien beruht.\nKoch einer Fehlerquelle sei bei der Methode Lehmann-Berger Erw\u00e4hnung getan. Man kann nur eine sphygmogr aphis che Kurve der Carotis communis aufnehmen, nicht aber der Carotis interna. An der sphygmographischen Karotiskurve pr\u00e4gen sich dann die im ganzen Karotisgebiet bestehenden vasomotorischen Druck\u00e4nderungen aus, also sowohl die der \u00e4u\u00dferen Kopfteile als die des Gehirnes. Um das vasomotorische Verhalten dieser beiden Gef\u00e4\u00dfgebiete auseinander halten zu k\u00f6nnen, m\u00fc\u00dfte man dann noch eine plethysmographische Ohrkurve aufnehmen, wodurch die Methodik noch komplizierter w\u00fcrde.\nAber gerade das Gehirn nimmt physiologisch bez\u00fcglich der Gef\u00e4\u00dfinnervation einen besonderen Platz ein, da, wie Weber durch Tierversuche nachgewiesen hat, die Gef\u00e4\u00dfnerven des Gehirnes von dem allgemeinen Vasomotorenzentrum unabh\u00e4ngig sind und von einem Zentrum versorgt werden, das mehr hirnw\u00e4rts als das allgemeine Vasomotorenzentrum gelegen sein mu\u00df. Da aber das Gef\u00e4\u00dfsystem der Hirnrinde und der \u00e4u\u00dferen Kopf teile auf psychologische Eeize h\u00e4ufig verschieden reagiert, m\u00fcssen die aus dem Verhalten der Karotiskurve gezogenen physiologischen Schl\u00fcsse mit besonderer Vorsicht gewertet werden. Die Methode der Puls Versp\u00e4tung wird man also nur dann anwenden, wenn eine geeignete Versuchsperson f\u00fcr direkte plethysmographische Untersuchungen des Gehirnes nicht zur Verf\u00fcgung steht.\nDie plethysmographische Kurve l\u00e4\u00dft h\u00e4ufig nicht alle physiologischen Einzelheiten erkennen, weshalb man auch auf andere Untersuchungsmethoden zur\u00fcckgreifen mu\u00df. Als solche sind zu nennen: Die Kardio- und Sphygmogr a phie und die Blutdruckmessung.\nII. Die Kardio- und Sphygmographie; Blutdruckmessung.\nDie greifbarsten k\u00f6rperlichen \u00c4u\u00dferungen psychischer Vorg\u00e4nge sind \u2014 wie jeder aus eigener Erfahrung wei\u00df \u2014 die ver\u00e4nderte Schlagzahl des Herzens, vasomotorische Erscheinungen des Gesichtes (Err\u00f6ten, Erblassen) und ver\u00e4nderter Rhythmus der Atmung. Mittels des Kardiographen (Fig. 263) kann man graphischen Ausdruck \u00fcber die Frequenz und Art des Herzschlages gewinnen.\nDer Apparat wird mit Gurten am Thorax befestigt, so da\u00df der Knopf des Kardiographen P auf die Herzspitze (in der Ma miliar-","page":1670},{"file":"p1671.txt","language":"de","ocr_de":"Methodik der psychologischen Erm\u00fcdungsmessung\n1671\nlinie des linken f\u00fcnften Interkostalraumes) zu liegen kommt. Bei jeder Systole wird der Knopf P eingedr\u00fcckt. Hierdurch wird der Druck in dem gummiumh\u00fcllten Kardiographen gesteigert (er ist durch einen Gummischlauch mit einer Mareyschen Kapsel verbunden) und mittels des Schreibhebels auf der Trommel des Kymo-graphen der auf steigende Schenkel der Herzschlagkurve verzeichnet. Bei der Diastole sinkt der Druck im Kardiographen wieder, der Schreibhebel f\u00e4llt und zeichnet dadurch den absteigenden Teil der Herzschlagkurve. Auf diese einfache Weise kann man sich sowohl \u00fcber die Schlagzahl wie den Ablauf des Kardiogramms orientieren, eine Untersuchungsmethode, die allerdings f\u00fcr unsere Zwecke von untergeordneter Bedeutung ist.\nP\nEig. 263.\nAuf demselben Prinzip beruht die Sphygmographie, worunter die Darstellung der Arterienkurve durch Begistrierung von Druckpulsen zu verstehen ist. Bei jeder Systole des Herzens pflanzt sich die pl\u00f6tzliche Ausdehnung des Aortenbogens in dem aus elastischen B\u00f6hren bestehenden arteriellen Gef\u00e4\u00dfgebiet als Pulswelle fort, die man mittels eines dem Kardiographen \u00e4hnlichen Apparates (Sphygmo-graph) aufnimmt. Man hat lange Zeit der Sphygmographie beim Menschen eine ganz ungerechtfertigte Bedeutung beigelegt und sie in \u00fcbertriebener Weise zu diagnostischen Zwecken verwendet. Die Sphygmographie wird immer eine unexakte Methode bleiben, mit der man an derselben Versuchsperson an derselben K\u00f6rperstelle auch bei Verwendung der besten Apparate kurz hintereinander ganz verschiedenartige Puls kurvenformen erh\u00e4lt, ohne da\u00df eine \u00c4nderung in der Zirkulation eingetreten ist. Einwandfrei","page":1671},{"file":"p1672.txt","language":"de","ocr_de":"1672\nBernhard Zondek\nkann man an der sphygmographischen Kurve nur die Frequenz und den Bythmus des Pulses erkennen. Bez\u00fcglich der technischen Einzelheiten der Methodik, auf die einzugehen hier zu weit f\u00fchren w\u00fcrde, sei auf die Abhandlung von Straub in diesem Handbuch (Abt. 5, Teil 4 b) hingewiesen. Kur in vereinzelten F\u00e4llen wird f\u00fcr unsere Untersuchungen die Kenntnis des Blutdruckes erforderlich sein. Um sich \u00fcber den augenblicklichen Stand des in den gro\u00dfen Gef\u00e4\u00dfen herrschenden Druckes zu vergewissern, bedient man sich am zweckm\u00e4\u00dfigsten des in der Klinik allgemein gebr\u00e4uchlichen Apparates von Riva- Rocci, auf dessen Methodik ich nicht weiter einzugehen brauche. Um eine fortlaufende Blutdruckkurve zu erhalten \u2014 und das ist f\u00fcr unsere Untersuchungen von gr\u00f6\u00dferer\n--L \u2014\nFig. 264.\nBedeutung \u2014, kann man sich des ihossoschen1) Sphygmomanometers bedienen. Hiebei wird allerdings nicht die absolute Druckh\u00f6he bestimmt, sondern es werden nur qualitative \u00c4nderungen registriert (Fig. 264).\nWie aus der Figur ersichtlich ist, wird der Druck in zwei Fingern gemessen, die in die mit Gummischl\u00e4uchen versehenen B\u00f6hren A und B eingef\u00fchrt werden, in welche das Quecksilber gef\u00fcllt werden kann. Eine Stellvorrichtung am Handr\u00fccken sorgt f\u00fcr die Unbeweglichkeit der Hand. Das Quecksilber in den B\u00f6hren A und B steht mit dem in dem U-f\u00f6rmigen Bohr L befindlichen in Verbindung, so da\u00df die hier vorhandene Hg-S\u00e4ule die in den Fingern vor sich gehenden Druckschwankungen anzeigt, die vermittelst\nb Mosso: Arch. Ital. de biol. 1895.","page":1672},{"file":"p1673.txt","language":"de","ocr_de":"Methodik der psycho logischen Erm\u00fcdnngsmessung\t1673\neines Schwimmers in der R\u00f6hre L registriert werden k\u00f6nnen. Man kann die Blntdrnck\u00e4ndernngen nun direkt ablesen oder eine fortlaufende Kurve auf nehmen, wozu man die R\u00f6hre L mittels eines Gummischlauches mit einer M are eschen Kapsel verbindet, die mit einer rotierenden Trommel in Verbindung steht. Der Druck der Quecksilbers\u00e4ule kann durch Ver\u00e4nderung der H\u00f6he der R\u00f6hre L oder durch die besondere Schraubenvorrichtung K beliebig ver\u00e4ndert werden. Es ist klar, da\u00df der Druck der Quecksilbers\u00e4ule nur eine bestimmte H\u00f6he haben darf, da bei zu gro\u00dfem Druck die Gef\u00e4\u00dfe der Finger vollkommen komprimiert werden, so da\u00df \u00fcberhaupt keine Ausschl\u00e4ge erzielt werden. Bei zu geringem Druck wiederum legt sich das Quecksilber nicht dicht genug an die Finger an, so da\u00df eine einwandfreie Druck\u00fcbertragung nicht m\u00f6glich ist. Es ist daher bei jedem Experiment ein Versuch notwendig, um sich \u00fcber diejenige Druckh\u00f6he der Quecksilbers\u00e4ule zu orientieren, bei der man die gr\u00f6\u00dften Ausschl\u00e4ge erh\u00e4lt. Die Blutdruckkurve wird am deutlichsten, wenn der Druck so reguliert ist, da\u00df die einzelnen Puls be wegungen etwa die H\u00e4lfte der maximalen H\u00f6he haben. Ein Gr\u00f6\u00dfer werden der Pulse bedeutet eine Blutdrucksteigerung, das Kleiner wer den bedeutet Blutdrucksenkung. Auf diese Weise kann man sich fortlaufend jedoch nur bis zu einem gewissen Grade \u00fcber die Blutdruckschwankungen orientieren, da die Methode bei starken Druck\u00e4nderungen h\u00e4ufig undeutliche Resultate ergibt.\nUm gleichzeitig Aufschlu\u00df \u00fcber den Blutdruck und das Blutvolumen zu erhalten, kann man sich des von Lewin1) modifizierten Sphygmomanometers bedienen. Er besteht aus zwei \u00fcbereinander angeordneten Fingergef\u00e4\u00dfen A und B, an denen sich die f\u00fcr plethysmographische Messungen notwendigen Zubeh\u00f6rte\u00fce befinden (Zuflu\u00dfbahn, Steigrohr, Skala). Das Gef\u00e4\u00df A, in dem sich ein d\u00fcnner Gummisack befindet, wird mit Wasser gef\u00fcllt, w\u00e4hrend R, welches einen dicken Gummisack enth\u00e4lt, mit Quecksilber gef\u00fcllt wird. Im ersteren wird das Blutvolumen, im letzteren der Blutdruck bestimmt.\nIII. Vergleich der sphygmographischen und plethysmographischen\nKurve.\nVergleicht man die f\u00fcr die vasomotorischen Untersuchungen zur Verf\u00fcgung stehenden Methoden, insbesondere die plethysmographische und die sphygmographische, so wird man f\u00fcr unsere Untersuchungen der ersteren den Vorzug geben m\u00fcssen.\nDie sphygmographische Kurve l\u00e4\u00dft erstens die Geschwindigkeit des Pulses und damit der Herzt\u00e4tigkeit und zweitens die Puls-\n!) H. Lewin: Zentralbl. f. Physiol. 325 (1913).","page":1673},{"file":"p1674.txt","language":"de","ocr_de":"1674\nBernhard Zondek\nform erkennen. \u00dcber den Blutdruck kann sie nur ungewisse Resultate ergeben. Nehmen wir z. B. an, da\u00df die kleinen Gef\u00e4\u00dfe der Oberfl\u00e4che des Armes sich kontrahieren, so nimmt dadurch das Volumen des Armes ab, w\u00e4hrend der Blutdruck in den gro\u00dfen Gef\u00e4\u00dfen infolge der gr\u00f6\u00dferen aus den oberfl\u00e4chlichen in die tiefer liegenden Gef\u00e4\u00dfe abstr\u00f6menden Blutmenge steigt. Jetzt m\u00fc\u00dfte der Sphygmograph in seiner Eigenschaft als Druckmesser gr\u00f6\u00dfere Pulse schreiben; da der Apparat jedoch infolge der gleichzeitigen Volumenabnahme des Armes jetzt lockerer den Arm umspannt, wrird der Knopf des Apparates weniger fest an die Arterie angedr\u00fcckt, so da\u00df die Kurve trotz der Blutdruckerh\u00f6hung kleinere Pulse registriert. Es erhellt daraus, da\u00df ein sicherer physiologischer Schlu\u00df aus der sphygmographischen Kurve infolge technischer Schwierigkeiten nicht m\u00f6glich ist.\nIm Gegensatz dazu zeigt die plethysmographische Volumenkurve nicht nur die Ver\u00e4nderungen in den arteriellen Gef\u00e4\u00dfgebieten, sondern auch das Verhalten des ven\u00f6sen Abflusses, w\u00e4hrend sich die Blutdruckh\u00f6he aus ihr nicht feststellen l\u00e4\u00dft. Trotz verst\u00e4rkter Blutzufuhr unter Steigerung des arteriellen Druckes infolge vermehrter Herzarbeit kann die Volumenkurve sinken, wenn in der gleichen Zeit ein erh\u00f6hter ven\u00f6ser Abflu\u00df stattfindet. Ist dagegen der ven\u00f6se Abflu\u00df stark gehindert, so kann trotz Sinkens des Blutdruckes und verminderten arteriellen Zuflusses eine ansteigende Kurve zustande kommen. Demnach k\u00f6nnen sich die Blutdruck-und Volumenkurve zuweilen entgegengesetzt verhalten, in der Regel entspricht aber bei den vasomotorischen Untersuchungen unseres Themas einer Steigerung des Blutdruckes auch eine Volumenzunahme und einer Blutdrucksenkung eine Volumenabnahme.\nBei jeder Ver\u00e4nderung der plethysmographischen Kurve spielen eben verschiedene physiologische Momente eine Rolle: 1. die Herzt\u00e4tigkeit, 2. der Innerventionszustand der Gef\u00e4\u00dfe, 3. die Atmung, 4. die ruhige Lage des Gliedes.\nDie Ver\u00e4nderung der Herzt\u00e4tigkeit gibt die Volumenkurve selbst an. Vergr\u00f6\u00dfern sich die einzelnen Volumpulse, so liegt in der Regel eine verst\u00e4rkte Herzkontraktion zugrunde, die beim Gleichbleiben der Schlagzahl zu einer positiven Kurve f\u00fchren mu\u00df. Andererseits kann eine Vergr\u00f6\u00dferung der Volumpulse unabh\u00e4ngig von der Herzt\u00e4tigkeit durch eine aktive Gef\u00e4\u00dfdilatation infolge Erregung der vas o dilatorischen Nerven her vor gerufen werden. Will man sich dar\u00fcber orientieren, welche von beiden Ursachen als \u00e4tiologisches Moment in Betracht kommt, so mu\u00df man nebenbei eine Blutdruckkurve schreiben. Ist n\u00e4mlich die Vergr\u00f6\u00dferung der Volumpulse und die ansteigende Kurve durch verst\u00e4rkte Herzt\u00e4tigkeit bedingt, so wird der Druck in den gro\u00dfen Gef\u00e4\u00dfen dabei steigen, w\u00e4hrend eine Blutdruckerniedrigung durch eine Er-","page":1674},{"file":"p1675.txt","language":"de","ocr_de":"Methodik der psychologischen Erm\u00fcdungsmessung\n1675\nschlaff ung der Gef\u00e4\u00dfe (Vasodilatation) verursacht ist. So wird man zuweilen nur durch Kombination der verschiedenen Methoden sicheren Aufschlu\u00df \u00fcber die einzelnen physiologischen Komponenten erhalten. Da die fortlaufende Blutdruckkurve technische Schwierigkeiten bereitet, kann man sich damit helfen, da\u00df man von mehreren K\u00f6rperteilen gleichzeitig plethysmographische Kurven aufnimmt. Hiebei mu\u00df eine Verst\u00e4rkung der Herzt\u00e4tigkeit an allen Kurven sich in gleichm\u00e4\u00dfiger Weise auspr\u00e4gen, w\u00e4hrend eine aktive Gef\u00e4\u00dferweiterung meist nur auf ein bestimmtes Gef\u00e4\u00dfgebiet beschr\u00e4nkt ist, so da\u00df man also an den verschiedenen Kurven verschiedenartige Volumpulse wird registrieren k\u00f6nnen. Kun kann allerdings noch eine Blutdruckerh\u00f6hung in den gemessenen Gebieten dadurch bedingt werden, da\u00df es durch aktive Kontraktion in einem anderen gro\u00dfen Gef\u00e4\u00dfgebiet zu einem passiven Hineindr\u00e4ngen einer gr\u00f6\u00dferen Blut menge in das gemessene Glied kommt, wodurch eine Vergr\u00f6\u00dferung der Volumpulse, eine Blutdrucksteigerung und eine Volumzunahme des gemessenen Gliedes eintreten mu\u00df. Zur Entscheidung dieser letzteren M\u00f6glichkeit ist es wieder notwendig, sich \u00fcber die Blutverteilung in den verschiedenen K\u00f6rperabschnitten zu orientieren. Praktisch gen\u00fcgt die Untersuchung der Bauchorgane und einer Extremit\u00e4t, da die Extremit\u00e4ten in ihrem vasomotorischen Verhalten gleichm\u00e4\u00dfig bleiben. Zeichnet die plethysmographische Kurve verkleinerte Volumpulse, so ist das auf schw\u00e4chere Herzt\u00e4tigkeit, Vasokonstriktion der kleineren Gef\u00e4\u00dfe des gemessenen Gliedes oder auf Vasodilatation in einem anderen gr\u00f6\u00dferen Gef\u00e4\u00dfgebiet zur\u00fcckzuf\u00fchren. Die Differenzierung gleicht bez\u00fcglich der Methodik der eben beschriebenen Vergr\u00f6\u00dferung der Volumpulse. Die Ver\u00e4nderung in der Zahl der Pulsschl\u00e4ge in der Kurve r\u00fchrt in der Pegel von der ver\u00e4nderten Herzt\u00e4tigkeit her. Es k\u00f6nnen auch ver\u00e4nderte Innervationszust\u00e4nde der Gef\u00e4\u00dfmuskulatur die Schlagfolge und St\u00e4rke der Pulskurve ver\u00e4ndern. Derartige sekund\u00e4re Ver\u00e4nderungen der Herzt\u00e4tigkeit sind jedoch als solche durch ihr versp\u00e4tetes Eintreten leicht zu erkennen. Pulsbeschleunigung ohne Ver\u00e4nderung der St\u00e4rke des Herzschlages bewirkt eine steigende, Pulsverlangsamung eine abfallende Volumkurve. In der Pegel kombinieren sich die qualitativen und die quantitativen Ver\u00e4nderungen in der Weise, da\u00df Bradykardie mit Pulsverst\u00e4rkung und Tachykardie mit abgeschw\u00e4chter Herzt\u00e4tigkeit einhergeht. Sehen wir auf einer Kurve weder eine Ver\u00e4nderung der einzelnen Pulsh\u00f6he, noch eine Ver\u00e4nderung in der Entfernung der Volumpulse trotz steigender oder abfallender Kurve, so kann nach den erw\u00e4hnten M\u00f6glichkeiten als urs\u00e4chliches Moment weder das Herz, noch der ver\u00e4nderte Kontraktionszustand in Betracht kommen, sondern das Blutvolumen des gemessenen Gliedes mu\u00df in sekund\u00e4rer Weise dadurch beeinflu\u00dft sein, da\u00df eine durch das Vasomotoren-","page":1675},{"file":"p1676.txt","language":"de","ocr_de":"1676\nBernhard Zondek\nZentrum bedingte Ver\u00e4nderung in dem F\u00fcllungszustand eines anderen Gef\u00e4\u00dfgebietes vorliegt, wodurch das gemessene Glied mit einer gr\u00f6\u00dferen bezw. kleineren Blutmenge versorgt wird. Wo der prim\u00e4re Herd liegt, l\u00e4\u00dft sich mit der beschriebenen Methodik ermitteln, indem man sich systematisch \u00fcber die vasomotorischen Verh\u00e4ltnisse der verschiedenen Gef\u00e4\u00dfgebiete orientiert. Nat\u00fcrlich mu\u00df dann das wirksame Gef\u00e4\u00dfgebiet sich in der Kurve umgekehrt verhalten wie an den anderen K\u00f6rperteilen. Aktive Vasokonstriktion der Bauchgef\u00e4\u00dfe wird \u2014 um ein Beispiel anzuf\u00fchren \u2014 durch passives Hineindr\u00e4ngen einer gr\u00f6\u00dferen Blutmenge zu einer Volumvermehrung der Arme f\u00fchren, aktive Vasodilatation kann durch Ansaugung eine Volumverminderung der Arme bedingen. Erh\u00e4lt man dann eine positive Bauchkurve, so ist die Armkurve negativ und umgekehrt. Es erhellt daraus, da\u00df man, um richtige Vorstellungen \u00fcber die feineren vasomotorischen Vorg\u00e4nge zu erlangen und die gewonnene plethysmographische Kurve richtig deuten zu k\u00f6nnen, gleichzeitig oder hintereinander verschiedenartige Volumkurven aufnehmen und sich auch \u00fcber den Blutdruck vergewissern mu\u00df. Ha\u00df die Versuchsbedingungen bei den verschiedenen Experimenten genau die gleichen bleiben m\u00fcssen, versteht sich von selbst.\nIV. Die Atmtmgskurve.\nBei Untersuchungen \u00fcber psychische Vorg\u00e4nge ist eine fortlaufende Registrierung der Atmung erforderlich. Durch den psychischen Einflu\u00df kann die Atmung beschleunigt oder verlangsamt, verst\u00e4rkt oder abgeschw\u00e4cht werden bezw. ganz aussetzen. Andererseits wird durch die ver\u00e4nderten physiologischen Vorg\u00e4nge bei unregelm\u00e4\u00dfiger Atmung ein wesentlicher Einflu\u00df auf die vasomotorischen Erscheinungen ausge\u00fcbt, dessen genaue Kenntnis notwendig ist, um nicht zu falschen Schl\u00fcssen bei der Deutung .der gewonnenen plethysmographischen Kurve zu kommen. Bindet man einen starkwandigen Gummiballon, der mittels eines Schlauches mit einer Marey&chen Kapsel verbunden ist, mit festen Binden an den Brustkorb, so kann man auf diese einfache Weise eine Atmungskurve schreiben. Am gebr\u00e4uchlichsten ist der Pneumograph von Brondegest (Pig. 265), der aus einer flachen Metallschale besteht, die mit einer doppelten Gummimembran JE und D \u00fcberspannt ist.\nDurch die verschlie\u00dfbare Bohre F wird der Baum zwischen JE und JD mit Luft aufgeblasen, so da\u00df die Wand JD, die dem Brustkorb anliegt, dauernd etwas vorgew\u00f6lbt ist.\nJede Atmungs\u00e4nderung wird auf diesen inneren Luftraum (JD\u2014B) \u00fcbertragen und durch die \u00d6ffnung A auf die JMAreysche","page":1676},{"file":"p1677.txt","language":"de","ocr_de":"Methodik der psychologischen Erm\u00fcdungsinessnng\n1677\nKapsel weitergef\u00fchrt. Das Aufblasen des Raumes zwischen E und D mu\u00df in gewisser Weise beschr\u00e4nkt werden, da durch zu starke Luftf\u00fcllung die \u00dcbertragung der Atmungsschwankungen behindert ist. Diese technische Schwierigkeit f\u00e4llt bei dem vom Mechaniker Oehmke (Berlin, Luisenstra\u00dfe 21) konstruierten Pneumographen fort, mit dem wir seit langer Zeit Atmungskurven schreiben. Der Apparat besteht aus einer mit Leder \u00fcberspannten Messingkapsel, in der sich eine Feder befindet, die bei der \"Inspiration sieh verkleinert, um bei der Exspiration sich wieder zu verl\u00e4ngern. Hiedurch\nFig. 265.\nentstehen in dem mit der Marey&chen Kapsel verbundenen Pneumographen Druck\u00e4nderungen, die ihrerseits auf der Trommel verzeichnet werden. Dieser Pneumograph kann bestens empfohlen werden.\nDie Untersuchungen \u00fcber den Einflu\u00df von psychischen Vorg\u00e4ngen auf die Atmung [Lehmannx), Zoneff und Neumann* 2), Mosso3) u. a.] haben nicht zu eindeutigen- Resultaten gef\u00fchrt, was\nx) A. Lehmann: Hauptgesetze des menschlichen Gef\u00fchlslebens. 1892.\n2)\tZoneff und Neumann: Wundts Philos. Studien 18. 1913.\n3)\tMosso: Der Kreislauf des Blutes im Gehirn. 1881.","page":1677},{"file":"p1678.txt","language":"de","ocr_de":"1678\nBernhard Zondek\nim wesentlichen daranf zur\u00fcckzuf\u00fchren ist, da\u00df die Atmungsver\u00e4nderungen vom Willen der Versuchsperson abh\u00e4ngig sind, so da\u00df man nie die Sicherheit hat, ob die ver\u00e4nderte Atmungs-kurve eine Folgeerscheinung des psychischen Vorganges ist. Wei\u00df oder merkt die Versuchsperson, da\u00df ihre Atmungs\u00e4nderungen untersucht werden sollen, so ist durch Autosuggestion eine ver\u00e4nderte Atmungskurve zu bef\u00fcrchten.\nDie Eegistrierung der Atmung durch Aufnahme einer Atmungs-kurve ist bei allen vasomotorischen Untersuchungen durchaus zu fordern, da die ver\u00e4nderte Atmung von erheblichem Einflu\u00df auf den Ablauf der plethysmographischen Kurve sein kann. Bei der Inspiration wird durch die Erweiterung des Brustkorbes das ven\u00f6se Blut in verst\u00e4rktem Ma\u00dfe nach dem Thorax hingesaugt, der Blutdruck in den peripheren Gef\u00e4\u00dfen f\u00e4llt, der Puls wird kleiner und schneller, das Blutvolumen der Extremit\u00e4ten nimmt ab; bei der Exspiration tritt das Gegenteil ein. Kompliziert werden diese physiologischen Erscheinungen durch die Frage der Brust- und Bauchatmung. Bei letzterer flacht sich das kuppelf\u00f6rmig gew\u00f6lbte Zwerchfell ab, wodurch neben der Erweiterung des Brustraumes ein Druck auf die Bauchorgane ausge\u00fcbt wird, was f\u00fcr sich allein zu einer passiven Vermehrung des Blutvolumens der Arme f\u00fchrt, w\u00e4hrend die Erweiterung des Thorax an sich zur Verminderung des Blutvolumens am Arm f\u00fchrt. Wenn auch verschiedene Komponenten bei der Atmung mitspielen, so wird doch in der Pegel bei verst\u00e4rkter Einatmung eine Volumsenkung, bei verst\u00e4rkter Exspiration eine Volumzunahme an den Extremit\u00e4ten eintreten. Bei der Bewertung der gewonnenen Kurven wird man eine Volumver\u00e4nderung, die einer Atmungsver\u00e4nderung synchron geht, vorsichtigerweise immer auf den Einflu\u00df der Atmung zur\u00fcckf\u00fchren und im allgemeinen nur solche plethysmographischen Versuche als beweiskr\u00e4ftig ansehen, bei denen eine normale Atmungskurve vorliegt. Man wird allerdings auch eine plethysmographische Kurve verwerten k\u00f6nnen, wenn eine oder mehrere unregelm\u00e4\u00dfige Atmungszacken vorhanden sind, wenn durch einen Kontrollversuch bei der betreffenden Versuchsperson nachgewiesen wird, da\u00df die ver\u00e4nderte Atmung an sich den entgegengesetzten Effekt hervorruft wie den an der Kurve registrierten.\nV. Die plethysmographische Arnikurve. (Aufnahmetechnik.)\nBei den Untersuchungen der psychischen Erm\u00fcdungs-messung spielt die plethysmographische Kurve der oberen Extremit\u00e4t eine Hauptrolle, weshalb deren Methodik und Fehlerquellen besonders erw\u00e4hnt seien. (Fig. 266 demonstriert die Versuchsanordnung.)","page":1678},{"file":"p1679.txt","language":"de","ocr_de":"Methodik der psychologischen Erm\u00fcdungsmessung\t1679\nYor Beginn des Versuches f\u00fcllt man die Flasche mit Wasser von 37\u00b0. Wenn das Wasser w\u00e4hrend des Experimentes nm einige Grade abk\u00fchlt, ist das nicht weiter bedenklich, da die Hauttemperatur des Armes bei etwa 33\u00b0 liegt. Weitere Temperaturdifferenzen d\u00fcrfen aber nicht vor liegen, da die Hautgef\u00e4\u00dfe durch thermische Einfl\u00fcsse in typischer Weise ver\u00e4ndert werden. Der Arm der Versuchsperson wird vorsichtig in die Gummimanschette eingef\u00fchrt, bis er vorn anst\u00f6\u00dft; dann wird eine Faust gebildet. FT un l\u00e4\u00dft man das Wasser durch den Schlauch in den Plethysmographen einstr\u00f6men; erscheint es im Steigrohr, so schlie\u00dft man zun\u00e4chst den Zuflu\u00dfhahn. Jetzt wird der Apparat gesch\u00fcttelt, damit etwa vorhandene Luftblasen aufsteigen k\u00f6nnen. Im all-\nFig. 266. Versuchsanordming.\ngemeinen l\u00e4\u00dft man das Wasser so weit steigen, da\u00df es zwei Drittel des Steigrohres f\u00fcllt, jedoch ist es zweckm\u00e4\u00dfig, vor Beginn des Versuches je eine kleine Probekurve aufzunehmen mit verschieden hoher Wasserf\u00fcllung, um die Gr\u00f6\u00dfe der Volumpulse festzustellen. Die notwendige Wassermenge h\u00e4ngt zum Teil vom Volumen des Armes der Versuchsperson ab, so da\u00df sie jeweils verschieden gro\u00df sein kann. Vorher war der Ellbogen in der verstellbaren St\u00fctze 8 festgelegt. Sehr achten ' mu\u00df man darauf, da\u00df sich der Arm im Plethysmographen nicht verschiebt, insbesondere nicht aus ihm herausgleitet, da derartige Bewegungen selbstverst\u00e4ndlich zu \u00c4nderungen der plethysmographischen Kurve f\u00fchren m\u00fcssen. Der Ellenknorren mu\u00df genau in die Kante der St\u00fctze gelegt werden. Der Arm mu\u00df recht winkelig im Plethysmographen ruhen. Wichtig ist, da\u00df die H\u00f6he des Stuhles, auf dem die Versuchsperson sitzt, zu der des Versuchstisches pa\u00dft, damit der Arm bequem im Apparat\nAbderhalden, Handbuch der biologischen Arbeitsmethoden. Abt. VI, Teil B/II.\t109","page":1679},{"file":"p1680.txt","language":"de","ocr_de":"1680\nBernhard Zondek\nliegen kann nnd nicht zu ihm heranfznreichen braucht. Nun wird der Pneumograph am Brustkorb befestigt, dieser und der Plethysmograph durch Gummischl\u00e4uche mit den Mareyschen Kapseln verbunden. Zun\u00e4chst beginnt man mit einem kurzdauernden Probeversuch. Man orientiert sich: Welche H\u00f6he haben die einzelnen Volumpulse ? Sind sie durch die Wasserf\u00fcllung vielleicht zu klein oder zu gro\u00df ? Verkleinern sie sich allm\u00e4hlich durch Herausgleiten des Armes aus der Gummimanschette ? Ist die St\u00fctze fest angeschraubt ? Liegen die Finger ruhig ? Wie ist die Atmung ? Sind die einzelnen Exkursionen regelm\u00e4\u00dfig ? Haben beide Kurven gen\u00fcgenden Abstand voneinander ? Erkennt man an der Atmungs-kurve vielleicht auch den Herzschlag ? Dann ist der Pneumograph nach rechts zu verschieben. Auf Fehlerquellen, die in der Versuchsperson selbst liegen, wird im n\u00e4chsten Kapitel verwiesen werden. Das absolut ruhige Liegen des Armes in der Gummikapsel ist,\nVolamen des Arms\nAtmung\nFig. 267.\nwie gesagt, die erste Vorbedingung, was ja durch Festlegen des Ellenbogens in der St\u00fctze des Plethysmographen bewirkt wird. Nun k\u00f6nnen aber, insbesondere bei pl\u00f6tzlich einsetzenden Gef\u00fchlsreizen, unwillk\u00fcrliche Bewegungen der Finger entstehen, die ihrerseits zu Volumschwankungen des umgebenden Wassers f\u00fchren und dadurch eine fehlerhafte Kurve bedingen k\u00f6nnen. Jedoch sind die hierbei entstehenden Ausschl\u00e4ge auf der Kurve derartig verschieden von den vasomotorischen Ausschl\u00e4gen, da\u00df sie als solche sofort erkannt werden k\u00f6nnen.\nDie Kurve (Fig. 267), bei der vom Zeichen -j- bis \u2014 willk\u00fcrliche Finger be wegungen innerhalb des Plethysmographen von der Versuchsperson ausgef\u00fchrt werden, zeigt so zackige und unregelm\u00e4\u00dfige Ausschl\u00e4ge des Schreibhebels, da\u00df sie als nicht zu dem normalen Versuch geh\u00f6rig sofort kenntlich sind. Um ganz sicher zu gehen, da\u00df der Arm w\u00e4hrend der Untersuchung wirklich absolut ruhig gelegen hat, kann man sich nach dem Vorschlag von Weber durch einen Ko ntr oll versuch \u00fcberzeugen. Zu diesem Zweck befestigt man","page":1680},{"file":"p1681.txt","language":"de","ocr_de":"Methodik der psychologischen Erm\u00fcdungsmessung\n1681\nden Knopf eines Kardiographen (Fig. 263 ) an dem ans dem Plethysmographen noch herausragenden Teil des Unterarmes, nachdem der Kardiograph selbst mit Gurten an die Unterlage des Armes fixiert ist. L\u00e4\u00dft man durch den Kardiographen ebenfalls eine Kurve auf der rotierenden Trommel schreiben, so mu\u00df sich jede Bewegung des Armes bezw. der Fingermuskeln an der Kurve auspr\u00e4gen. An den so aufgenommenen Kurven (Fig. 268 und 269) wird vom Zeichen -f bis \u2014 eine willk\u00fcrliche Bewegung an der untersuchten Hand im Plethysmographen ausgef\u00fchrt. Solange Arm und Hand\nArra-\nvolumen\nKontroll-kurve der Muskel-beweguug\nFig. 268.\nArm-\nvolumen\nKontroll-kurve der Muskel-bewegung\nFig. 269.\nv\u00f6llig ruhig liegen, zeichnet der Kontrollapparat eine gerade Linie* bei Bewegungen der Finger treten sowohl an der Kurve des Armvolumens wie an der Kontrollkurve die entsprechenden Zacken auf, die mit Deutlichkeit eine St\u00f6rung des Versuches durch motorische Unruhen beweisen. \u00dcber die Exaktheit des Kontrollapparates gibt uns die untere Kurve (Fig. 268) ein sch\u00f6nes Beispiel. Hiebei wird experimentell (wie sp\u00e4ter ausgef\u00fchrt werden wird) durch einen psychischen Vorgang eine Vermehrung des Blutvolumens des Armes vom Zeichen -f bis \u2014 herbeigef\u00fchrt, wobei bei der allm\u00e4hlichen Entstehung der Volumenzunahme sowohl die einzelnen\n109*","page":1681},{"file":"p1682.txt","language":"de","ocr_de":"1682\nBernhard Zondek\nPulse wie auch die Respirations wellen deutlich erkenntlich bleiben, ohne da\u00df so unregelm\u00e4\u00dfige Zacken wie bei der vorhergehenden Kurve auftreten. Schon aus der normalen Kurve kann man schlie\u00dfen, da\u00df der Arm in absoluter K\u00fche bei den Versuchen gelegen hat. Die Kontrollkurve zeichnet hierbei eine gerade verlaufende Linie, die aber infolge der allm\u00e4hlichen Volumenzunahme des Armes und des dadurch bedingten Druckes auf den Knopf des Kontrollapparates ein allm\u00e4hliches Ansteigen der Kurve zeigt, die, und das ist ganz charakteristisch, nach dem Aufh\u00f6ren der durch den psychischen Einflu\u00df bewirkten Volumenzunahme wieder auf die Anfangsh\u00f6he zur\u00fccksinkt.\nDurch diesen Kontrollapparat ist es also m\u00f6glich, sich jederzeit \u00fcber die erste Voraussetzung der Versuche, die absolut ruhige Lagerung des Armes, in einwandfreier Weise zu orientieren. Durch Einhaltung der geschilderten Kautelen kann man mit der plethysmographischen Untersuchung sichere Resultate \u00fcber das vasomotorische Verhalten der Extremit\u00e4ten erzielen.\nVolumen des Armes\nAtmung\n(A =\nspiration)\nBei der normalen Volumkurve des Armes (Eig. 270) unterscheidet man drei verschiedene Wellen. Unter den sogenannten Wellen erster Ordnung versteht man die steilen, kurzdauernden, den einzelnen Herzschl\u00e4gen entsprechenden Erhebungen, die durch die Herzkontraktion und dadurch bedingte vor\u00fcbergehende Volumzunahme im Arm eintreten m\u00fcssen.\nDie Wellen zweiter Ordnung haben eine Dauer von drei bis sechs Pulsschl\u00e4gen und sind physiologisch auf die Atmung zur\u00fcckzuf\u00fchren, da bekanntlich bei der Inspiration eine Senkung des Blutdruckes und Volumabnahme im Arm stattfindet, w\u00e4hrend die Exspiration das umgekehrte Verhalten hervorruft.\nDie eben beschriebenen respiratorischen Wellen bestehen auch bei pl\u00f6tzlich ausgesetzter oder k\u00fcnstlich unterbrochener Atmung fort, was auf rhythmische, nerv\u00f6se Einfl\u00fcsse vom Atmungszentrum zur\u00fcckzuf\u00fchren ist ( Traube-Heringsche* Wellen1).\nVon der Atmung unabh\u00e4ngig sind die sogenannten Wellen dritter Ordnung. In Eig. 270 sind zwei derartige Wellen abgebildet,\nFig. 270.\n1) Hering: Sitzungsber. d. Akad. d. Wiss. Wien. 40. II. 837 (1869).","page":1682},{"file":"p1683.txt","language":"de","ocr_de":"Methodik der psychologischen Erm\u00fcdungsmessung\n1683\ndie zuerst von S. Mayer1) beobachtet sind. Sie treten unregelm\u00e4\u00dfig auf und sind bez\u00fcglich ihrer Ausdehnung l\u00e4nger als die Atmungs-wellen. Sie sind durch Erregungszust\u00e4nde des Yasomotorenzentrums und dadurch bedingter \u00c4nderung im Kontraktionszustand der Gef\u00e4\u00dfe hervorgerufen. \u00c4hnliche unregelm\u00e4\u00dfige Schwankungen kommen au\u00dferdem noch an der Volumkurve der ruhenden unt\u00e4tigen Versuchsperson vor, die sich durch das schnellere Abfallen der Volumver\u00e4nderung von der oben genannten unterscheidet. Sie sind, wie durch zahlreiche Untersuchungen bewiesen, durch das willk\u00fcrliche Eintreten irgendeiner psychischen, zum Teil unbewu\u00dften T\u00e4tigkeit bei der Versuchsperson bedingt (Auftreten eines lebhaften Gedankens). Ist jede psychische T\u00e4tigkeit ausgeschlossen, so fehlen, wie Lehmann2) durch Experimente in der Hypnose naehgewiesen hat, diese Schwankungen in der normalen Kurve. Au\u00dferdem kann noch zum Beweis angef\u00fchrt werden, da\u00df man jederzeit durch eine bewu\u00dfte psychische Arbeit eine starke Volumverminderung herbeif\u00fchren kann.\nBei allen vasomotorischen Untersuchungen kommt es nur auf den qualitativen Effekt an, w\u00e4hrend eine genaue Messung der quantitativen nicht m\u00f6glich ist.\nVI. Der Einflu\u00df der psychischen Arbeit auf die Blutverteilung.\nIm folgenden sollen die vasomotorischen Begleiterscheinungen bei psychischer Arbeit und Erm\u00fcdung dar gestellt werden. Aus dem Verhalten der typischen Ver\u00e4nderungen kann man dann auf die Bichtigkeit der angewandten Methodik schlie\u00dfen. Da\u00df Menschen gerade auf vasomotorische Beize verschieden reagieren, ist ja gen\u00fcgend bekannt ; die einen err\u00f6ten oder erbleichen leicht, die anderen nur unter dem Einflu\u00df starker psychischer Einwirkungen. Infolgedessen wird man auch bei unseren Untersuchungen die besten Besultate erhalten, wenn man sich vasomotorisch empfindliche Versuchspersonen aus w\u00e4hlen kann. Eine gewisse Anzahl wird man zu den Experimenten \u00fcberhaupt nicht gebrauchen k\u00f6nnen, weil sie zu nerv\u00f6s und aufgeregt sind, um die f\u00fcr das Schreiben der Volumkurve notwendige Buhe des Armes zu bewahren.\nInsbesondere wird man Frauen im Klimakterium von den Versuchen ausschlie\u00dfen m\u00fcssen, da ihr Vasomotorenzentrum sieh in einem dauernden Beizzustand befindet, das zu eklatanten vasomotorischen Blutverschiebungen Anla\u00df gibt. Sie zeigen, wie ich nachweisen konnte, atypische Armkurven, die auch bei spezifischen physikalischen und psychologischen Einfl\u00fcssen in eigenartiger Weise ver\u00e4ndert sind3).\n1)\tS. Mayer: Sitzungsber. #>d. Akad. d. Wiss. Wien. 74. VII. 281 (1876).\n2)\tLehmann: K\u00f6rperliche \u00c4u\u00dferungen psychischer Zust\u00e4nde. 41 (1899).\n3)\tB. Zondek: Zeitschr. f. Geburtsh. u. Gyn\u00e4kol. 1920.","page":1683},{"file":"p1684.txt","language":"de","ocr_de":"1684\nBernhard Zondek\nWeber hat alle einschl\u00e4gigen Versuche auch in der Hypnose ausgef\u00fchrt, wobei man sicher geht, da\u00df nur der dem Hypnotisierten gegebene Heiz zur Entfaltung gelangt, so da\u00df die erhaltene Kurve ein eindeutiges Spiegelbild der auf psychischer Basis beruhenden vasomotorischen Erscheinung bietet. Die psychische Arbeit kann man in verschiedener Weise ausf\u00fchren lassen : Kopfrechnen, Z\u00e4hlen von unregelm\u00e4\u00dfig auf einem Blatt zerstreuten Punkten, Z\u00e4hlen gewisser Buchstaben, Lesen eines deutschen oder eines fremdl\u00e4ndischen Textes. Um nicht neben der psychischen Arbeit ein Unlustgef\u00fchl zu erwecken, soll man beim Kopfrechnen nicht zu schwere Aufgaben stellen. Bei der Schwierigkeit der angewandten\nY olumen des Ohres\nVolumen\ndes\nArmes\nFig. 271.\nAufgabe wird man sich selbstverst\u00e4ndlich nach dem Bildungsgrad und der beruflichen T\u00e4tigkeit der Versuchspersonen richten m\u00fcssen. Da das Aussprechen der Resultate durch die Versuchspersonen oder das Melden der gel\u00f6sten Aufgaben durch Ablenkung der Aufmerksamkeit st\u00f6rend wirkt, wartet Weber nie die Beendigung der Aufgabe ab, sondern gibt eine neue Rechenaufgabe, wenn die vorhergehende noch nicht vollst\u00e4ndig gel\u00f6st ist. Oder man f\u00fchrt eine l\u00e4nger dauernde Arbeit dadurch herbei, da\u00df der Versuchsperson einige kleinere Multiplikationsaufgaben auf einer Tafel vorgelegt werden, die sie hintereinander schnell l\u00f6sen mu\u00df.\nW\u00e4hrend der psychischen Arbeit tritt an der Volumkurve des Armes nach einer oft kaum merklichen Steigerung eine starke","page":1684},{"file":"p1685.txt","language":"de","ocr_de":"Methodik der psychologischen Erm\u00fcdungsmessung\n1685\nSenkung ein (negative Kurve), die nach Beendigung der psychischen Arbeit wieder zur Norm zur\u00fcckgeht. Die Atmung wird bei psychischer Arbeit oft etwas oberfl\u00e4chlicher und beschleunigter, aber die \u00c4nderungen sind in der Kegel so gering, da\u00df sie keine \u00c4nderung der plethysmographischen Kurve her vorruf en.\nMit Absicht sind Kurven mitgeteilt, die an verschiedenen Versuchspersonen aufgenommen sind (Big. 271 bis 273); man sieht\nVolumen des Armes\nFig. 272. Vom Zeichen + bis \u2014 wird geistige Arbeit geleistet.\nVolumen des Armes\nEig. 273. Vom Zeichen + bis \u2014 wird geistige Arbeit geleistet.\nan ihnen, da\u00df der durch die psychische T\u00e4tigkeit bedingte Effekt sich sowohl in der Volumen Verminderung wie in den einzelnen Volumpulsen in ganz verschiedener St\u00e4rke auspr\u00e4gt. Es sei deshalb noch einmal darauf hingewiesen, da\u00df man mehr die qualitativen als die quantitativen Ver\u00e4nderungen ber\u00fccksichtigen mu\u00df, und da\u00df es nicht ang\u00e4ngig ist, die Kurven verschiedener Versuchspersonen miteinander zu vergleichen, um daraus vergleichende R\u00fcckschl\u00fcsse auf die Gr\u00f6\u00dfe des psychologischen Vorganges zu machen. Die vasomotorische Reaktionsf\u00e4higkeit ist eben bei den einzelnen Menschen verschieden.","page":1685},{"file":"p1686.txt","language":"de","ocr_de":"1686\nBernhard Zondek\nMan darf nicht erstaunt sein, wenn es nicht gleich beim erstenmal gelingt, so deutliche Kurven zu erhalten wie die hier mitgeteilten.. Die Ursache kann neben den bisher beschriebenen Fehlerquellen der Methode in der Versuchsperson selbst liegen. Bei der experimentellen Untersuchung psychologischer Fragen mag die Versuchsanordnung auf den ersten Blick einfach erscheinen, die Fehler liegen aber versteckt, und der Versuch ist nur dann exakt, wenn man die absolute Gewi\u00dfheit hat, da\u00df man nur den zu pr\u00fcfenden psychologischen Vorgang, -nicht eine Mischung solcher untersucht. Die Versuchsperson, die zum ersten Mal ins Laboratorium kommt, steht unter einem zum Teil unbewu\u00dften Gef\u00fchl der Erwartung und Spannung; sie verfolgt jeden Vorgang der Untersuchung und der Apparate mit gesteigerter Aufmerksamkeit, was selbstverst\u00e4ndlich nicht ohne Einflu\u00df auf die vasomotorischen Begleiterscheinungen sein kann. Lehmann1) hat darauf hingewiesen, da\u00df das bisweilen unbewu\u00dfte Bestehen eines Spannungszustandes vor und w\u00e4hrend der Versuche zur fehlerhaften Deutung der plethysmographischen Kurven f\u00fchren kann, worauf auch nach seiner Meinung die verschiedenen Ergebnisse der einzelnen Forscher zur\u00fcckzuf\u00fchren sind. Spannung und Erwartung dr\u00fccken sich auf der plethysmographischen Armkurve in einer Verminderung des Blutvolumens und der Volumpulse aus, so da\u00df damit schon bei Beginn des Versuches nicht die normale, sondern die durch einen psychologischen Vorgang bereits ver\u00e4nderte Kurve erh\u00e4lt. L\u00e4\u00dft man nunmehr einen spezifischen Beiz auf die Versuchsperson einwirken, so stellt die gewonnene Kurve die Besultante der verschiedenen psychologischen Vorg\u00e4nge dar. Lassen wir z. B. die unter Spannung stehende Versuchsperson eine geistige Arbeit ausf\u00fchren, so wird bei Beginn der psychischen T\u00e4tigkeit der Spannungszustand aufgehoben. Dadurch m\u00fc\u00dfte die plethysmographische Armkurve infolge L\u00f6sung der Spannung eine Volumvermehrung zeigen (positive Kurve), andererseits aber infolge der psychischen Arbeit eine Volum Verminderung (negative Kurve). Es kommt dann darauf an, welcher psychologische Vorgang von beiden der st\u00e4rkere ist; man wird sich nach dem Gesagten den Fall denken k\u00f6nnen, da\u00df die psychische Arbeit sich in der plethysmographischen Kurve \u00fcberhaupt nicht auszudr\u00fccken braucht, wenn der durch die L\u00f6sung der Spannung und die psychische Arbeit bedingte Einflu\u00df auf die vasomotorischen Begleiterscheinungen sich die Waage halten, ja da\u00df man sogar eine entgegengesetzte, d. h. positive Kurve bei psychischer Arbeit erhalten kann, wenn die L\u00f6sung des Spannungszustandes den psychischen Vorgang \u00fcberwiegt. E& ist \u00fcberaus wichtig, an diese Fehlerquelle zu denken und sich vor Beginn der Versuche jedesmal \u00fcber die Kor malkurve der Versuchs-\nx) Lehmann: 1. 76 (1899).","page":1686},{"file":"p1687.txt","language":"de","ocr_de":"Methodik der psychologischen Erm\u00fcdungsmessung\n1687\nperson zu orientieren. Erh\u00e4lt man eine unregelm\u00e4\u00dfige Kurve, so ist es zweckm\u00e4\u00dfig, die Versuchsperson nach beendeter Versuchsanordnung eine Zeitlang warten zu lassen (der Kymograph ist dabei abzustellen), damit sie sieh an das Milieu gew\u00f6hnt und der Spannungs- und Erwartungszustand sich l\u00f6st. Erreicht man auch damit nicht den gew\u00fcnschten Erfolg, so bricht man am besten die Versuche ab, um sie am n\u00e4chsten Tage an der frischen Versuchsperson zu wiederholen. Mit Sicherheit kann man diese st\u00f6rende Nebenerscheinung ausschlie\u00dfen, wenn man nach, dem Vorschl\u00e4ge von E. Weher die Versuche in Hypnose ausf\u00fchrt, wobei man durch entsprechende Suggestion jeden Spannungszustand beseitigen kann. Die Hypnose f\u00fchrt man nach der Bernheimschen Methode\nVolumen des Ohres\nVolumen des Armes\nFig. 274.\nder Verbalsuggestion aus, wobei als Beweis des eingetretenen tiefen hypnotischen Zustandes die An\u00e4sthesie gegen Nadelstiche angesehen wird. Es ist zweckm\u00e4\u00dfig, nach Eintritt der Hypnose einige Zeit zu warten, damit die durch die Hypnose eventuell bedingten vasomotorischen Erscheinungen auf der Kurve nicht zum Ausdruck kommen.\nIn der Regel wird man ja an gesunden nicht erm\u00fcdeten Versuchspersonen die normale plethysmographische Kurve mit den typischen Ver\u00e4nderungen bei psychologischen Vorg\u00e4ngen erhalten; es ist aber notwendig, auf alle versteckten Fehlerquellen der Methode zu achten, um nicht zu falschen Resultaten zu gelangen.\n\u00dcber das vasomotorische Verhalten der \u00e4u\u00dferen Kopfteile kann man sich durch die vorher beschriebene Methode","page":1687},{"file":"p1688.txt","language":"de","ocr_de":"1688\nBernhard Zondek\nleicht orientieren. Es zeigt sich hierbei, da\u00df der Effekt an diesen Gef\u00e4\u00dfgebieten derselbe ist wie am Arm, d. h. es tritt bei geistiger Arbeit eine Verminderung der Blutf\u00fclle der \u00e4u\u00dferen Kopfteile und damit eine negative Kurve auf (Eig. 274).\nDie Wirkung ist, wie aus der Kurve ersichtlich, eine absolut prompte. Sie tritt sofort mit dem Beginn der psychischen Arbeit (beim Zeichen -f) auf, um nach dem Aufh\u00f6ren derselben sofort auf die Kormalh\u00f6he zur\u00fcckzugehen. Hierin unterscheidet sich die Ohr kurve wesentlich von der des Armes, bei der das Sinken der Kurve bei psychischer Arbeit allm\u00e4hlich und langsam vor sich geht, um in dem gleichen Ma\u00dfe wieder anzusteigen. Da\u00df die \u00e4u\u00dferen Kopf teile vasomotorisch so fein reagieren, und dies in exakterer Weise als die anderen Gef\u00e4\u00dfgebiete, geht ja aus der t\u00e4glichen Erfahrung hervor, da\u00df psychische Effekte gerade im Gesicht sich in eklatanter Weise auspr\u00e4gen. Ohr- und Armkurve unter-\nYolumen des Armes\nKurve des Volumens der Bauchorgane (des Druckes in der Bauchh\u00f6hle)\nFig. 275.\nrichten uns \u00fcber die vom Vasomotorenzentrum ausgehenden Beize und \u00fcber Ver\u00e4nderungen an den gro\u00dfen Gef\u00e4\u00dfkomplexen der \u00e4u\u00dferen K\u00f6rperteile (Gesicht und Extremit\u00e4ten); sie geben aber nur ein unvollst\u00e4ndiges Bild, wenn die inneren Organe nicht ber\u00fccksichtigt werden. Mit dem inneren Plethysmographen (Kapitel I) kann man sich \u00fcber vasomotorische Verh\u00e4ltnisse der Bauchorgane orientieren. Es ist zweckm\u00e4\u00dfig, gleichzeitig eine Armkurve aufzunehmen, deren Methode wesentlich leichter ist, und an der sich die vasomotorischen Effekte pr\u00e4gnanter auspr\u00e4gen, um daraus schlie\u00dfen zu k\u00f6nnen, ob die durch den inneren Plethysmographen geschriebene Kurvenver\u00e4nderungen wirklich auf den psychischen Einflu\u00df zur\u00fcckzuf\u00fchren sind. (Vgl. Kapitel I.)\nEine bei solchen Versuchen gewonnene Kurve ist in Eig. 275 dargestellt; es zeigt sieh, da\u00df Arm- und Bauchkurve sich umgekehrt proportional verhalten, d. h., da\u00df mit dem Einsetzen der psychischen Arbeit bei dem Zeichen -f die Armkurve in gleicher Weise f\u00e4llt, wie die Bauchkurve steigt, um ungef\u00e4hr im gleichen Zeitraum","page":1688},{"file":"p1689.txt","language":"de","ocr_de":"Methodik der psychologischen Erm\u00fcdungsmessung\n1689\nwieder auf der Kormalh\u00f6he anzulangen. Es geht daraus hervor, da\u00df die Ver\u00e4nderung der Bauchkurve denselben Grund haben mu\u00df wie die der Armkurve, d. h. da\u00df es sich bei beiden um die durch den psychologischen Vorgang bedingte Beizung der Vasomotoren handelt, die an den Extremit\u00e4ten zu einer Verminderung, an. den Bauchorganen zur Vermehrung des Blutvolumens f\u00fchrt.\nGesichert werden die Ergebnisse durch die Kontrolle eines gleichartigen Versuches in Hypnose (Fig. 276). Vom Zeichen + bis \u2014 werden der hypnotisierten Person Bechenaufgaben gegeben. Auch hier haben wir den gleichen Effekt, eine abfallende Armkurve bei einer auf steigenden Bauchkurve.\nVolumen der Bauchorgane (Druck in der Bauchh\u00f6hle)\nVolumen des Armes\nAtmung\nFig. 276.\nVergleicht man die aufgenommenen Bauchkurven, so ist beiden die positive Kurve infolge Erh\u00f6hung des Blutvolumens des Bauches gemeinsam, sie unterscheiden sich jedoch in dem Ausdruck der Atmungsschwankungen in der Bauchkurve. W\u00e4hrend bei der ersteren die einzelnen Atmungsschwankungen nur angedeutet sind, sind sie bei der letzteren deutlich als solche zu erkennen, so da\u00df wir in dieser Bauchkurve die Kombination der Atmungs- und vasomotorischen Kurve erhalten. Es ist zweckm\u00e4\u00dfig, da\u00df sich die Atmungsschwankungen, wie vorher in der Darstellung der Methodik erw\u00e4hnt ist, m\u00f6glichst klein auf der vasomotorischen Kurve auspr\u00e4gen, da dadurch die vasomotorischen Effekte besser zur Anschauung kommen und durch die groben Ausschl\u00e4ge der Atmung nicht verdeckt werden. Da\u00df wirklich das Blutvolumen","page":1689},{"file":"p1690.txt","language":"de","ocr_de":"1690\nBernhard Zondek\ndes Bauches an der Kurve zur Darstellung kommt, und nicht eine der vielen vorher mitgeteilten Fehlerquellen vor liegt, erkennt man im wesentlichen an dem ruhigen und m\u00e4\u00dfigen Abl\u00e4ufen der Kurve, in der die einzelnen Erhebungen und Senkungen einander gleich bzw. \u00e4hnlich sind. Ver\u00e4ndert sich die ruhige Atmung im Augenblick des Eintretens eines lebhaften psychischen Vorganges pl\u00f6tzlich, so mu\u00df dadurch auch die plethysmographische Armkurve ver\u00e4ndert werden.\nIn Fig. 277 ist ein solcher Versuch abgebildet, bei der in der Mitte der Kurve eine absichtliche starke Kontraktion der Bauchmuskeln veranla\u00dft wurde. An der plethysmographischen Bauchkurve pr\u00e4gt sich diese willk\u00fcrliche Kontraktion zun\u00e4chst in einer kleinen, steilen, dann in einer weit gr\u00f6\u00dferen, j\u00e4hen, grotesken Erhebung aus, um bald wieder beim Einsetzen der ruhigen Atmung zur Anfangsh\u00f6he der Kurve zur\u00fcckzusinken. Man kann einen solchen pl\u00f6tzlichen, auf ver\u00e4nderter Atmung beruhenden Kurvenausschlag schon durch Beobachtung an der rotierenden Trommel feststellen. W\u00e4hrend bei den vasomotorisch bedingten Druckver\u00e4nderungen der Schreibhebel sich allm\u00e4hlich senkt bezw. aufsteigt, wird er bei einer fehlerhaften Versuchsanordnung gleichsam nach oben oder nach unten geworfen. Schon aus dieser Beobachtung kann man schlie\u00dfen, da\u00df nicht die vasomotorischen Begleiterscheinungen, sondern ein \u00e4u\u00dferer Einflu\u00df die Kurven Ver\u00e4nderung bedingt.\nAuf der Armkurve sieht man in Fig. 277 synchron den anormalen Atmungsschwankungen atypische, zackige Ver\u00e4nderungen, die auf die motorische Dnruhe der Finger im Plethysmographen zur\u00fcckzuf\u00fchren sind, die in ihrer unregelm\u00e4\u00dfigen Art als zu dem normalen Versuch nicht geh\u00f6rig leicht erkennbar sind.\nDerartige pl\u00f6tzliche Druck\u00e4nderungen sind im allgemeinen bei unseren Versuchen gar nicht zu f\u00fcrchten, wo es sich um einfache psychologische Vorg\u00e4nge handelt. Bedeutsamer wird die Frage, wenn es sich um Untersuchungen von Affekten handelt. Jedenfalls ist es m\u00f6glich, Fehler der Versuchsanordnung an der Kurve abzulesen, nebenbei aber die vasomotorischen Ver\u00e4nderungen genau zu erkennen. Nat\u00fcrlich ist es zweckm\u00e4\u00dfig, wenn man nur solche Kurven als beweiskr\u00e4ftig ansieht, die in normaler, ruhiger Weise ablaufen.\nWir haben bisher den Einflu\u00df der psychischen Arbeit auf die gro\u00dfen Gef\u00e4\u00dfgebiete der \u00e4u\u00dferen K\u00f6rperteile und der Bauchorgane kennen gelernt. Es fehlt noch die Einwirkung auf die Gehirngef\u00e4\u00dfe selber, die ja am interessantesten und wichtigsten sind. Leider ist ja die Begistrierung der Zirkulationsverh\u00e4ltnisse des Gehirns, wie im erstenKapitel auseinandergesetzt, am schwierigsten, weil die einwandfreie Methode nur an Versuchspersonen mit Sch\u00e4deldefekten m\u00f6glich ist, die man ja nur durch Zufall bekommen kann.","page":1690},{"file":"p1691.txt","language":"de","ocr_de":"Methodik der psychologischen Erm\u00fcdungsmessnng\n1691\nDie andere angegebene Methode der Puls Versp\u00e4tung ist aber zu kompliziert, um daraus physiologische Schl\u00fcsse ziehen zu k\u00f6nnen. Es ist sicher und von allen Autoren \u00fcbereinstimmend festgestellt: Bei jeder psychischen Arbeit tritt eine Vermehrung des Blutvolumens im Gehirn ein. In Fig. 278 ist ein solcher Versuch dargestellt.\nDie Kurve wurde von Weber an einem Knaben aufgenommen, der einen traumatischen, v\u00f6llig vernarbten Sch\u00e4deldefekt an der linken Stirnseite hatte.\nFassen wir die Ergebnisse zusammen: Durch jede psychische Arbeit wird ein bestimmter Beiz auf das Vasomotorenzentrum ausge\u00fcbt, das seine Impulse in der Art weitergibt, da\u00df es in den\nKurve cles Druckes in der Bauchh\u00f6hle\nVolumen des Armes\nFig. 277.\nHirn-\nvolumen\nFig. 278.\ngro\u00dfen Gef\u00e4\u00dfgebieten des Bauches und in den kleineren des Gehirnes zu einer Vermehrung des Blutvolumens kommt, auf Kosten einer Verminderung der Blutf\u00fclle aller \u00e4u\u00dferen K\u00f6rperteile. (Vgl. Schema ! )\nBei psychischer Arbeit tritt ein:\nGehirn\t\u00c4u\u00dfere Kopf teile Bauchorgane Extremit\u00e4ten\n+ - + -\n+ bedeutet Vermehrung,\n\u2014\t,, Verminderung des Blutvolumens.\nDiese zentral bedingten vasomotorischen Blut Verschiebungen haben eine physiologische Zweckm\u00e4\u00dfigkeit, die wohl darin zu suchen ist, da\u00df die Gehirngef\u00e4\u00dfe sich aktiv erweitern und die Blutf\u00fclle des gesamten Gehirnes zunimmt, so da\u00df eine bessere Durchblutung und Versorgung des Gehirnes mit Sauerstoff gew\u00e4hrleistet wird. Durch die dauernde Vermehrung der Blutzufuhr k\u00f6nnen die bei psychischer","page":1691},{"file":"p1692.txt","language":"de","ocr_de":"1692\nBernhard Zondek\nArbeit auftretenden Erm\u00fcdungsstoffe weggesp\u00fclt werden; durch die Vergr\u00f6\u00dferung der Sauerstoffzufuhr znr Hirnrinde wird gleichzeitig die Zersetzbarkeit der zentralen Biogene gesteigert. Die vasomotorischen Begleiterscheinnngen der psychischen Vorg\u00e4nge beim Gehirn sorgen also f\u00fcr eine Erleichternng der psychischen Vorg\u00e4nge. Durch die aktive Vasodilatation der Banehgef\u00e4\u00dfe wird die gr\u00f6\u00dfte Blntmenge in die Banchorgane gesaugt und dadurch, wie wir gesehen haben, die \u00e4u\u00dferen K\u00f6rperteile in ihrer Blutversorgung geschm\u00e4lert. Vom teleologischen Standpunkt aus m\u00fcssen diese vasomotorischen Begleiterscheinungen dahin gedeutet werden : Durch die schlechte Durchblutung der \u00e4u\u00dferen K\u00f6rperteile wird die Beizbarkeit der sensiblen Aufnahmeorgane in der Haut herabgesetzt, wodurch die M\u00f6glichkeit der Ablenkung der Aufmerksamkeit bei psychischer T\u00e4tigkeit durch \u00e4u\u00dfere Beize stark vermindert wird ; dies ist um so wertvoller, als jeder \u00e4u\u00dfere Beiz bei psychischer T\u00e4tigkeit in dem gut durchgebluteten Gehirn besonders leicht zur Aufnahme gelangen kann und dadurch den psychologischen Vorgang st\u00f6ren mu\u00df.\nAuf weitere Ergebnisse der Forschung einzugehen, erscheint mir \u00fcberfl\u00fcssig, da es ja in der Hauptsache auf die Darstellung der Methoden ankommt. Ich \u00fcbergehe daher die Darstellung der vasomotorischen Begleiterscheinungen bei Lust- und Unlustgef\u00fchlen sowie bei Affekten, insbesondere da diese psychologischen Vorg\u00e4nge vom Standpunkte der Erm\u00fcdung aus bisher noch wenig erforscht sind. Hingegen sei noch kurz auf die Begleiterscheinungen des psychologischen Vorganges der Bewegungsvorstellung eingegangen, wobei auch gleichzeitig noch Angaben \u00fcber Methodik gemacht werden sollen.\nVII. Der Einflu\u00df der Bewegungsvorstellung auf die Blutverteilung.\nDie Ausf\u00fchrung jeder k\u00f6rperlichen Bewegung ist von einem komplizierten zentralen physiologischen Vorgang abh\u00e4ngig, der seinerseits Impulse auf das Vasomotorenzentrum abgibt, das die Blutversorgung im K\u00f6rper in einer f\u00fcr den Ablauf der Bewegung nutzbringenden Weise regelt. Wie sich diese vasomotorische Begleiterscheinung bei oder gerade durch k\u00f6rperliche Erm\u00fcdung \u00e4ndern, und wie man aus den dargestellten plethysmographischen Kurven auf funktionelle Beeintr\u00e4chtigung des Vasomotorenzentrums schlie\u00dfen kann, wird sp\u00e4ter dargestellt werden. Was die Methodik anbetrifft, so ist es selbstverst\u00e4ndlich notwendig, da\u00df man bei Untersuchungen von Bewegungsvorstellungen die Sicherheit haben mu\u00df, jede reale Bewegung ausschlie\u00dfen zu k\u00f6nnen. Es ist zwar, wie im Kapitel I beschrieben, durch Kontrollapparate m\u00f6glich, sich von der absoluten Buhe des untersuchten Gliedes zu \u00fcberzeugen. Aber trotzdem wird man dem Vorschl\u00e4ge Webers","page":1692},{"file":"p1693.txt","language":"de","ocr_de":"Methodik der psychologischen Ermiidungsmessung\n1693\nFolge leisten und diese Versuche auch in der Hypnose ausf\u00fchren, nachdem man der Versuchsperson die Suggestion gegeben hat, da\u00df sie vollkommen unbeweglich bleiben und dauernd gleichm\u00e4\u00dfig atmen m\u00fcsse. Es ist zweckm\u00e4\u00dfig, der Versuchsperson zu suggerieren, da\u00df sie zur Bew\u00e4ltigung der vorzustellenden Arbeit ausreichende Kr\u00e4fte habe, damit nicht ein st\u00f6render Einflu\u00df des Unlustgef\u00fchls auf tritt. Die Art der Be wegungs vor Stellung an sich ist gleichg\u00fcltig, jedoch ist es ratsam, wenn sie dem Verst\u00e4ndnis der Versuchsperson m\u00f6glichst nahe liegt. So wird man z. B. einem Schlosser den Befehl geben k\u00f6nnen, einen in der Mauer sitzenden Kagel mit aller Kraft herauszuziehen, einen Sportsmann wird man Kraft\u00fcbungen am Beck machen oder rudern lassen. Durch die Hypnose ist bei dieser Versuchsanordnung die f\u00fcr die Aufnahme der plethysmographischen Kurven notwendige Buhe gesichert. Man kann aber auch bei gen\u00fcgenden Vorsichtsma\u00dfregeln bei der normalen Versuchsperson durch das Hervorrufen einer Bewegungsvorstellung die vasomotorischen Begleiterscheinungen herbeif\u00fchren. Allerdings wird sich der Effekt hier nicht mit so absoluter Begelm\u00e4\u00dfigkeit einstellen, was man darauf zur\u00fcckf\u00fchren mu\u00df, da\u00df nicht jede Versuchsperson intelligent genug ist, ihren Gedankenkreis schnell und intensiv genug zu konzentrieren, und da\u00df es nicht bei jedem gelingt, die Vorstellung der Bewegung allein so lebhaft zu gestalten, als wenn die Bewegung dabei ausgef\u00fchrt w\u00fcrde. Es empfiehlt sich hierbei, Vorstellungen einer m\u00f6glichst einfachen, aber anstrengenden Bewegung zu geben. Die Vorstellung wird leichter fallen, wenn die Versuchsperson vorher diese Bewegungen ausgef\u00fchrt hat. Um ein Beispiel anzuf\u00fchren: Man l\u00e4\u00dft die Versuchsperson ein schweres Gewicht heben, l\u00e4\u00dft sie dann eine Zeitlang ausruhen, damit die vasomotorischen Begleiterscheinungen der Muskelarbeit auf den normalen Zustand zur\u00fcckgehen ; dann gibt man die Bewegungsvorstellung, w\u00e4hrend man der Versuchsperson das Gewicht zeigt, so da\u00df die Erinnerung an diese Bewegung noch frisch im Ged\u00e4chtnis lebt. Die vasomotorischen Begleiterscheinungen bei diesem psychischen Vorgang der Be wegungs Vorstellung seien kurz erw\u00e4hnt ; im \u00fcbrigen sind sie durch die nachfolgenden Kurven illustriert. In Eig. 279 wird der tief hypnotisierten und bewegungslos bleibenden Versuchsperson vom Zeichen -f- bis \u2014 eine lebhafte Bewegungsvorstellung suggeriert; wir sehen, da\u00df sich dies an der plethysmographischen Kurve (die nach den vorher beschriebenen Methoden aufgenommen worden ist) darin \u00e4u\u00dfert, da\u00df das Blutvolumen des Armes zunimmt, w\u00e4hrend das der \u00e4u\u00dferen Kopf teile abnimmt (positive Armkurve, negative Ohr kurve).\nDie Untersuchung der Bauchorgane mit dem Weberschen Plethysmographen ergibt bei Be wegungs vor Stellung eine Volumen-Verminderung, wie aus Eig. 280 zu ersehen ist.","page":1693},{"file":"p1694.txt","language":"de","ocr_de":"1694\nBernhard Zondek\nNat\u00fcrlich kann man diese Resultate auch erreichen, wenn man wirklich eine Bewegung ausf\u00fchren l\u00e4\u00dft, nur mu\u00df man hierbei sicher sein, da\u00df durch die Bewegung keine Ersch\u00fctterung des K\u00f6rpers und der Apparate m\u00f6glich ist. Es l\u00e4\u00dft sich dies dadurch erreichen da\u00df man das Armvolumen mi\u00dft, w\u00e4hrend man eine\nVolumen des des Ohres\nVolumen des Armes\nBig. 279.\nVolumen der Bauchorgane\nVolumen des Armes\nFig. 280.\ndosierte kr\u00e4ftige Bewegung des Fu\u00dfes (abwechselnd Dorsal- und Plantarflexion) ausf\u00fchren l\u00e4\u00dft. Zu diesem Zwecke mu\u00df der Oberschenkel der sitzenden Versuchsperson auf eine vor dem Stuhl stehende rechtwinkelige St\u00fctze gelegt werden, so da\u00df der Fu\u00df den Boden nicht ber\u00fchrt. Am besten wird das Volumen des linken Armes gemessen, wenn man am rechten Fu\u00df Bewegungen ausf\u00fchren l\u00e4\u00dft. Ob der Arm im Plethysmographen absolut ruhig gelegen","page":1694},{"file":"p1695.txt","language":"de","ocr_de":"Methodik der psychologischen Erm\u00fcdnngsmessung\n1695\nhat, kann man einerseits, wie vorher beschrieben, an den Knrven erkennen, andererseits dnreh Kontrollapparate pr\u00fcfen. Die Ergebnisse der vasomotorischen Begleiterscheinnngen sind bei wirklicher aktiver Bewegung die gleichen wie bei reiner Bewegungs-vorStellung. Das Blut str\u00f6mt in vermehrter Menge zu den \u00e4u\u00dferen K\u00f6rperteilen und auch, was durch besondere Kurven hier nicht dargestellt ist, zum Gehirn, w\u00e4hrend die Bauchgef\u00e4\u00dfe sich kontrahieren. Der Zweck dieser Blut Verschiebungen ist leicht einzusehen. Die vermehrte Zufuhr zu den Extremit\u00e4ten mu\u00df die Funktion der Muskulatur verbessern und daf\u00fcr Sorge tragen, da\u00df die durch die Bewegung sich bildenden Erm\u00fcdungsstoffe m\u00f6glichst schnell fortgesp\u00fclt werden. Da\u00df die oben erw\u00e4hnten vasomotorischen Erscheinungen bei passiver Bewegung nicht auftreten, beweist am besten, da\u00df durch den psychologischen Vorgang der Bewegungsvorstellung erst der Beiz auf das Vasomotorenzentrum gelangt, um von dort aus seine Impulse auf die Gef\u00e4\u00dfnerven zu verteilen.\nVIII. Die psychologische Erm\u00fcdungsmessung.\nIn den vorhergehenden Kapiteln sind die Apparate, Technik und Methodik f\u00fcr vasomotorische Untersuchungen beschrieben worden. Die Fehlerquellen sind auseinandergesetzt und die Ergebnisse bei psychischer Einwirkung mitgeteilt. Will man die vasomotorischen Begleiterscheinungen der psychischen Erm\u00fcdung studieren, so wird man selbstverst\u00e4ndlich immer wieder auf die Kormalkurve zur\u00fcckkommen m\u00fcssen. Der Untersucher kann sich durch Vergleich seiner gewonnenen Kurve mit den hier mitgeteilten dar\u00fcber orientieren, ob er seine Versuche in richtiger Weise angestellt hat, oder ob nicht eine der beschriebenen Fehlerquellen vorliegt, die sowohl in den Apparaten, wie in der Versuchsperson liegen kann. Es sei deshalb nochmals der Gang der Untersuchungen samt den Fehlerquellen dar gestellt.\nDie Versuchsperson mu\u00df frisch und ausgeruht sein; Spannungsund Erwartungszust\u00e4nde d\u00fcrfen nicht bestehen oder m\u00fcssen vorher beseitigt werden; sie darf nicht nerv\u00f6s sein, bei den Versuchen nicht zittern. Die zu untersuchenden K\u00f6rperteile m\u00fcssen absolut ruhig in den Apparaten liegen, was durch Kontrollapparat extra festgestellt werden kann. Die Versuchsperson mu\u00df bequem sitzen k\u00f6nnen ; der Arm darf sich in der Gummimanschette nicht bewegen ; der Ellenbogen mu\u00df fest in der St\u00fctze liegen. Ober- und Unterarm m\u00fcssen einen rechten Winkel bilden; die Apparate, besonders der Plethysmograph, m\u00fcssen dicht sein (jeder Apparat ist auf seine Festigkeit und Wasserundurchl\u00e4ssigkeit vorher zu pr\u00fcfen). Das Wasser im Plethysmographen mu\u00df k\u00f6rperwarm und frei von Luftblasen sein; die Gummi Schl\u00e4uche m\u00fcssen gleich lang und dick sein;\nAbderhalden, Handbuch der biologischen Arbeitsmethoden. Abt. VI, Teil B/II.\t110","page":1695},{"file":"p1696.txt","language":"de","ocr_de":"1696\nBernhard Zondek\nes m\u00fcssen gleichartige Mnreysche Kapseln verwendet werden. Bei der Untersuchnng der Erm\u00fcdungszust\u00e4nde fragt es sich, anf welche Weise man die Erm\u00fcdung herbeif\u00fchren soll. Es ist klar, da\u00df die Summe der geleisteten psychischen Arbeit kein direktes Ma\u00df f\u00fcr einen Erm\u00fcdungszustand darstellen kann, weil intellektuelle F\u00e4higkeiten und Interessen bei den meisten Menschen zu verschieden ausgepr\u00e4gt sind. Man wird also individualisieren m\u00fcssen und tut gut, zur Herbeif\u00fchrung des psychischen Erm\u00fcdungs-zustandes solche geistige Arbeit leisten zu lassen, die dem Interessenkreis der Versuchsperson entspricht. Auch mu\u00df man hierbei vermeiden, zu schwere Aufgaben zu stellen, da man sonst durch die Arbeit das Gef\u00fchl der Unlust erwecken kann, wodurch man eine Mischung psychischer Vorg\u00e4nge erh\u00e4lt. Um Beispiele anzuf\u00fchren: man wird Sch\u00fcler und Studenten untersuchen k\u00f6nnen, nachdem sie einige Stunden Unterrricht gehabt haben; andere wird man lesen oder fremdl\u00e4ndische Texte \u00fcbersetzen lassen. Ich habe bei Versuchen1) an Studenten, die sich f\u00fcr Mathematik interessierten, arithmetische Aufgaben gegeben (L\u00f6sung von Gleichungen zweiten Grades oder Wortgleichungen), wodurch ich nachweisbar eine psychische Erm\u00fcdung herbeif\u00fchren konnte. Leichter ist es, eine Erm\u00fcdung durch k\u00f6rperliche Arbeit hervorzurufen. Kach den fr\u00fcheren Mitteilungen ist es ja sicher, da\u00df man auch dadurch einen zentral psychischen Vorgang bewerkstelligen kann, so da\u00df man auch von der k\u00f6rperlichen Erm\u00fcdung R\u00fcckschl\u00fcsse auf die psychische Erm\u00fcdung machen kann. Durch ergographische Untersuchungen konnte ich nachweisen, da\u00df durch rein psychische affektlose Arbeit ein erm\u00fcdender Einflu\u00df auf die peripheren Teile der Muskulatur aus-ge\u00fcbt wird, und da\u00df die bei psychischer Arbeit im Hirn gebildeten Erm\u00fcdungsstoffe auf dem Wege der Zirkulation zur peripheren Muskulatur gelangen, um dort ihre erm\u00fcdende Wirkung auszu\u00fcben. K\u00f6rperliche und geistige Erm\u00fcdung m\u00fcssen sich also in ihrer Wirkung auf das Vasomotorenzentrum \u00e4hnlich verhalten. Man wird die psychische Erm\u00fcdung am besten durch psychische Arbeit herbeif\u00fchren. Es ist interessant, daneben auch die Wirkung k\u00f6rperlicher Arbeit zu untersuchen. Es war notwendig, sowohl die Methodik wie die Ergebnisse normaler psychischer Vorg\u00e4nge genau darzustellen, weil die Erm\u00fcdung einen anormalen Zustand darstellt mit anormalen Reizwirkungen auf das Vasomotorenzentrum. Es kommt nun auf den Grad der Erm\u00fcdung und auf die Aufspeicherung von Erm\u00fcdungsstoffen im Gehirn an, so da\u00df das Vasomotorenzentrum je nach dem Erm\u00fcdungsgrad in seiner Funktion beeintr\u00e4chtigt sein kann, und die vasomotorischen Begleiterscheinungen an den verschiedenen Gef\u00e4\u00dfgebieten in verschiedenartiger Weise beeinflu\u00dft werden. Hierbei hat sich gezeigt, da\u00df die \u00e4u\u00dferen Kopf teile, die ja\n1) B. Zondek: Arch. f. Anat. u. Physiol. Physiol. Abt. 360 (1916).","page":1696},{"file":"p1697.txt","language":"de","ocr_de":"Methodik der psychologischen Erznndnngsmessung\n1697\nvasomotorisch am feinsten reagieren, anch am fr\u00fchesten eine dnrch die Erm\u00fcdung bedingte pathologische Kurve auf weisen. Man erh\u00e4lt nicht die normale negative, sondern eine positive Ohr kurve, w\u00e4hrend alle anderen Gef\u00e4\u00dfgebiete noch in normaler Weise reagieren. Ein umgekehrtes Verhalten beobachtet man nicht. Es geht daraus hervor, da\u00df gerade die Aufnahme der Ohr kurve sich besonders eignet, um den Beginn des psychischen Erm\u00fcdungszustandes festzustellen.\nIn Eig. 281 ist ein solcher Versuch dargestellt, wo der vorher \u25a0stark erm\u00fcdeten und nachher hypnotisierten Versuchsperson eine lebhafte Bewegungsvorstellung suggeriert wird. Vom Zeichen +\nYolumen des Armes\nY olumen des Ohres\nEig. 281.\nbis \u2014 haben wir eine normale Armkurve, hingegen bereits eine Erm\u00fcdungskurve des Ohres. Nat\u00fcrlich mu\u00df man gerade bei diesen Versuchen auf die vollkommene Gesundheit der Versuchsperson achten, da man an Patienten mit nerv\u00f6sen oder psychischen Leiden auch in normalem Zustande schon Erm\u00fcdungskurven bekommen kann, weil eben in dem erkrankten Gehirn pathologische Beize ausgel\u00f6st werden. Durch systematische Untersuchungen wird es gelingen, den Augenblick der beginnenden psychologischen Erm\u00fcdung festzustellen; das Fortschreiten von der normalen zur pathologischen Kurve, d. h. von der positiven zur negativen oder umgekehrt wird auch als Gradmesser der Erm\u00fcdung verwertet werden k\u00f6nnen.\n110*","page":1697},{"file":"p1698.txt","language":"de","ocr_de":"1698\nBernhard Zondek\nIn den folgenden Kurven (Fig. 282 bis 284) ist von Weber das Blutvolumen des Gehirnes bei einem Knaben mit traumatischem Sch\u00e4deldefekt aufgenommen worden.\nHierbei kann man sehen, wie infolge der fortschreitenden Erm\u00fcdung durch psychische Arbeit die zun\u00e4chst normale positive Gehirnkurve nach einer halbst\u00fcndigen Besch\u00e4ftigung mit Lesen\nHirn-\nvolumen\nFig. 282.\nsich etwas zur negativen Seite neigt, w\u00e4hrend sie nach einst\u00fcndiger psychischer Arbeit deutlich negativ geworden ist. Dabei sieht man auch, da\u00df die Yolumpulse allm\u00e4hlich an H\u00f6he abnehmen. Es tritt also an Stelle der normalen aktiven Vasodilatation der Hirngef\u00e4\u00dfe bei psychischer Arbeit infolge der Erm\u00fcdung eine aktive Vaso-\nFig. 283.\nkonstriktion auf. Da\u00df auch die k\u00f6rperliche Erm\u00fcdung in gleicher Weise Erm\u00fcdungsstoffe anh\u00e4uft* zeigen die folgenden Figuren, wobei die erste Kulrve (Fig. 285) an der normalen, die zweite (Fig. 286) an der durch vierst\u00fcndigen Eislauf erm\u00fcdeten Versuchsperson aufgenommen ist. |\nFig. 284.\nVom Zeichen + bis \u2014 wird dann der vasomotorische Effekt einer psychischen Arbeit gepr\u00fcft, und wir sehen bei der frischen Versuchsperson die normale negative Kurve, bei der durch Eislauf erm\u00fcdeten Versuchsperson die pathologisch positive Kurve. Koch sch\u00f6ner wird der \u00dcbergang der normalen zur pathologischen Gef\u00e4\u00dfinnervation in den folgenden Kurven illustriert, wobei die erste Kurve (Fig. 287) im frischen Zustand, die zweite (Fig. 288) nach dreist\u00fcndigem Marschieren und die dritte (Fig. 289) nach dreist\u00fcndigem","page":1698},{"file":"p1699.txt","language":"de","ocr_de":"Methodik der psychologischen Erm\u00fcdungsmessung\n1699\nMarschieren und halbst\u00fcndiger geistiger Arbeit anfgenommen ist. Zun\u00e4chst haben wir die normale Armkurve. Mach | der k\u00f6rperlichen Erm\u00fcdung, die aber noch nicht gen\u00fcgt hat, um\nVolumen des Armes\nPig. 285. Yor einem vierst\u00fcndigen Eisl\u00e4ufe.\nVolumen des Armes\nFig. 286. Nach einem 4st\u00fcndigen Eisl\u00e4ufe.\nFig. 287. In frischem Zustand.\ndas Vasomotorenzentrum funktionell vollkommen zu st\u00f6ren, sinkt das Volumen, als wolle der normale vasomotorische Vorgang sich einstellen; bald aber [steigt die Kurve wieder \u00fcber die Anfangsh\u00f6he, weil eine gewisse Lab\u00fcit\u00e4t im Vasomotorenzentrum eingetreten ist und eine gewisse Sch\u00e4digung vorliegt, so da\u00df normale und patho-","page":1699},{"file":"p1700.txt","language":"de","ocr_de":"1700\nBernhard Zondek\nlogische Impulse zusammen zu den Armgef\u00e4\u00dfen gelangen und eine unregelm\u00e4\u00dfige Kurve bedingen. Wird die Erm\u00fcdung weiter -getrieben, so bekommt man, wie Fig. 289 zeigt, eine deutlichere Schwankung der Kurve nach der negativen Seite.\nMan sieht, da\u00df man sowohl durch k\u00f6rperliche wie psychische Erm\u00fcdung dieselben vasomotorischen Begleiterscheinungen hervor-rufen kann, was darauf hinweisen mu\u00df, da\u00df gleichartige Erm\u00fcdungsstoffe gebildet werden. Dies ist insofern erkl\u00e4rlich, als ja jede Be-\nFig. 288. Nach dreist\u00fcndigem Marschieren.\nFig. 289. Nach dreist\u00fcndigem Marschieren nnd halbst\u00fcndiger geistiger Arbeit.\nVom Zeichen + bis \u2014 wird jedesmal eine gleichwertige geistige Arbeit\nansge\u00fcbt.\nwegung auf einem psychischen Vorgang beruht (Aufmerksamkeit, Bewegungsvorstellung). Als Beweis sei noch angef\u00fchrt, da\u00df, wie ich an ergographischen Untersuchungen nach weisen konnte1), durch rein psychische affektlose Arbeit ein erm\u00fcdender Einflu\u00df auf den peripheren Teil der Muskelarbeit ausge\u00fcbt wird, und da\u00df die durch psychische Erm\u00fcdung zentral gebildeten Erm\u00fcdungsstoffe auf dem Wege der Zirkulation in die periphere Muskulatur gelangen, um\n0 B. Zondek: 1. c.","page":1700},{"file":"p1701.txt","language":"de","ocr_de":"Methodik der psychologischen Erznndnngsnaessnng\n1701\ndort ihre ern\u00e4hrungsst\u00f6rende und erm\u00fcdende Wirkung zu entfalten.\nMan kann nach dem Gesagten ans den vasomotorischen Reaktionen ein direktes Bild der psychischen Erm\u00fcdung gewinnen, und dies noch fr\u00fcher, als subjektiv ein Erm\u00fcdungsgef\u00fchl besteht. Am geeignetesten ist die plethysmographische Untersuchung, da sie die beste \u00dcbersicht \u00fcber gro\u00dfe Gef\u00e4\u00dfkomplexe gibt. Kardio-graphische und sphygmographische Blutdruckmessungen bei psychischer Erm\u00fcdung sind bisher noch wenig oder gar nicht ausgef\u00fchrt worden, doch d\u00fcrfte es auch von Interesse sein, diese physiologischen Begleiterscheinungen n\u00e4her zu studieren. Da die \u00e4u\u00dferen Kopf-teile vasomotorisch am feinsten reagieren, kann man, wie gesagt, an der Ohrkurve am fr\u00fchesten den Eintritt der Erm\u00fcdung feststellen. Wegen der Labilit\u00e4t der Kopfgef\u00e4\u00dfe ist es aber zweckm\u00e4\u00dfig und sicherer, eine Armkurve aufzunehmen bezw. beide zu kombinieren. Die psychische Erm\u00fcdung ist in ihren vasomotorischen Begleiterscheinungen noch nicht bis in die Einzelheiten erforscht, und es er\u00f6ffnet sich gerade in dieser Fragestellung noch ein weites Gebiet.","page":1701}],"identifier":"lit39664","issued":"1935","language":"de","pages":"1661-1701","startpages":"1661","title":"Vasomotorische Methodik der psychologischen Erm\u00fcdungsmessung","type":"Book Section"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T12:54:59.092110+00:00"}

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