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{"created":"2022-01-31T14:24:57.265816+00:00","id":"lit4122","links":{},"metadata":{"alternative":"Philosophische Studien","contributors":[{"name":"Trautscholdt, Martin","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Philosophische Studien 1: 213-250","fulltext":[{"file":"p0213.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Untersuchungen Uber die Association der Vorstellungen.\nVon\nDr. Martin Trautscholdt.\nDie vorliegende Arbeit handelt \u00fcber Versuche, welche w\u00e4hrend des Sommersemesters 1880 im psychophysischen Laboratorium des Herrn Professor Wundt angestellt wurden, und deren Hauptzweck die Ermittlung der Associationsdauer, d. h. derjenigen Zeit war, welche die Reproduction eines Erinnerungsbildes durch eine beliebige appercipirte Vorstellung erfordert. Sie beabsichtigt, einen, wenn schon kleinen und mit manchen M\u00e4ngeln behafteten, so doch vielleicht nicht uninteressanten und zu weiteren Beobachtungen anregenden Beitrag zum Capitel der \u00bbPsychometrie\u00ab zu liefern, welche die Anwendung von Ma\u00df und Zahl bei der Untersuchung psychischer Pro-cesse zum Zwecke hat.\nNennt man, indem man das Bewusstsein mit dem Sehen in Parallele stellt (was allerdings nur mit geh\u00f6riger Vorsicht geschehen darf), Perception den Eintritt einer Vorstellung in das Blickfeld, Apperception den Eintritt einer Vorstellung in den Blickpunkt des Bewusstseins 4), so ist damit schon die Eigenschaft der Apperception angedeutet, sich auf einen bestimmten, eng begrenzten Inhalt des Bewusstseins, etwa nur auf eine Vorstellung, zu beschr\u00e4nken. Nur diejenigen der gleichzeitig im Bewusstsein befindlichen Vorstellungen, \u25a0welche klar appercipirt werden, auf welche also gerade der Blickpunkt des Bewusstseins, sei es willk\u00fcrlich oder unwillk\u00fcrlich, gerichtet ist,\n1) Wundt, Grundz\u00fcge der physiologischen Psychologie, 2. Aufl., II, pag. 206. Wundt, Philos. Studien. I.\t15","page":213},{"file":"p0214.txt","language":"de","ocr_de":"214\nMartin Trautseholdt.\nsind unmittelbar der inneren Beobachtung zug\u00e4nglich, und haupt-s\u00e4chUdpgtiFttuf sie kann sich eine Untersuchung der Association erstrecken. Der Natur der gestellten Aufgabe gem\u00e4\u00df soll ferner lediglich die successive Association der Vorstellungen (die oft schlechthin so genannte Ideenassociation in Betracht gezogen werden >), bei welcher es sich, im Gegens\u00e4tze zu der simultanen Association , um Verbindungen fertiger, mehr oder weniger zusammengesetzter Vorstellungen handelt, die derart erfolgen, dass die associirte Vorstellung von der associirenden merklich unterschieden und durch ein Zeitintervall getrennt ist. Weil also die successive Association in einer Reihe zeitlich getrennter Apperceptionsacte besteht , so werden die so associirten Vorstellungen keineswegs ver\u00e4ndernd auf einander einwirken oder etwa ganz oder theilweise mit einander verschmelzen, wie dies bei der simultanen Association infolge eben der Simultaneit\u00e4t der Apperception der Fall ist. Bei der successiven Association beh\u00e4lt vielmehr, falls nicht simultane Associationen hinzu treten, jede Vor-\n'\tt\nStellung die Beschaffenheit, die ihr f\u00fcr sich allein zukommen w\u00fcrde. Endlich ist zu bemerken, dass das Folgende sich zun\u00e4chst nur auf associative VorstellungsVerbindungen im engeren Sinne, d. h. auf solche bezieht, die verm\u00f6ge irgend welcher Beziehungen der Vorstellungen zu einander, ohne Mitwirkung der activen Apperception (welche ihrerseits die apperceptiven Vorstellungsverbindungen vermittelt) zu Stande kommen -,. bei denen also aus den anwesenden Vorstellungen unmittelbar die Motive der in diesem Falle als passiv zu bezeichnenden Apperception abzuleiten sind. Um die Erschei-nunaen der successiven Association zu beobachten und ihre Gesetze zu erforschen, ist es daher nothwendig. die active Aufmerksamkeit thun-lichst zu unterdr\u00fccken, den Willen von der Beherrschung des Gedankenverlaufs abzuziehen und sich m\u00f6glichst passiv dem Wechsel der aufsteigenden Vorstellungen hinzugeben.\nDie Reproduction einer Vorstellung, das Wiederliervortreten derselben ins Bewusstsein, erfolgt durch die Association, welche jene Vorstellung entweder mit einer durch einen unmittelbaren Sinneseindruck gegebenen oder mit einer gleichfalls nur als Erinnerungsbild\n1)\tWundt, a. a. O., pag. 291 ff.\n2)\tWundt, Logik Bd. I: Erkenntnisalehre, pag. 10.","page":214},{"file":"p0215.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Untersuchungen \u00fcber die Association der Vorstellungen. 215\nvorhandenen Vorstellung verkn\u00fcpft. Es spricht kein Grund daf\u00fcr, diese beiden Arten der Association gesondert zu betrachten ; vielmehr ist anzunehmen, dass sie im Allgemeinen denselben Regeln unterworfen sind. Bei den Associationsversuchen, welche gemeinschaftlich von den Herren Professor Wundt (TV.), Dr. Stanley Hall (H.). R. Besser (B.) und mir (T.) angestellt wurden, handelte es sich darum, zu der durch ein zugerufenes Wort producirten Vorstellung irgend eine andere zu associiren, welche, sobald sie appercipirt war, festgehalten und notirt wurde.\nDer ausf\u00fchrlichen Darlegung der Methode jener Versuche und ihrer Resultate, insoweit sie sich auf die Dauer der Reproduction beziehen, m\u00f6ge eine kurze Untersuchung der gebildeten Associationen hinsichtlich des qualitativen Inhalts der in Betracht kommenden Vorstellungen vorausgeschickt werden.\nI. Qualit\u00e4t der gebildeten Associationen.\nA. Classification und relative H\u00e4ufigkeit der Associationsformen.\nDie Reproduction oder Association soll eine innere oder directe dann genannt werden, wenn sie durch Eigenschaften oder Beziehungen der Vorstellungen selbst hervorgerufen wird, wenn also die in Verbindung tretenden Vorstellungen irgend welche Elemente mit einander gemein haben, in gewisser Art mit einander verwandt sind. Dementgegen findet \u00e4u\u00dfere oder indirecte Association statt zwischen Vorstellungen, die einmal oder \u00f6fter in Raum oder Zeit neben einander oder unmittelbar nach einander existirt haben, deren Verbindung also nicht durch innere Beziehungen der Vorstellungen, sondern nur durch Gewohnheit und Uebung veranlasst und durch die H\u00fclfe der Zeit- und Raumanschauung vermittelt wird. Im Wesentlichen stimmt hiermit die von Herbart, Drobisch1) und Andern gemachte Unterscheidung zwischen unmittelbarer und mittelbarer Reproduction \u00fcberein, wie denn auch z. B. Taine2) Aehnlichkeit und Contiguit\u00e4t (diese Worte in weiterem Sinne genommen) als Hauptprincipien der Ideenassociation nennt. Herr Professor Wundt\n1)\tDrobisch, Empirische Psychologie, pag. 86.\n2)\tTaine, De l\u2019intelligence, II, pag. 164.\n15*","page":215},{"file":"p0216.txt","language":"de","ocr_de":"216\nMartin Trautscholdt,\nweist nach, wie diese beiden Formen der Association den Erscheinungen der psychologischen und physiologischen Uebung entsprechen und sich durch sie erkl\u00e4ren lassen. *)\t.\nDie herk\u00f6mmlichen 4 Associationsgesetze, welche, von Aristote 1 e s aufgestellt, ganz oder zum Theil bis auf den heutigen Tag vielfach als solche in Geltung gehlieben sind, lauten bekanntlich dahin, dass die Verbindung der Vorstellungen stattfinden k\u00f6nne nach Aehnlichkeit, nach Contrast, nach r\u00e4umlicher Coexistenz oder nach zeitlicher Folge. Man erkennt unmittelbar, dass die Associationen nach r\u00e4umlicher Coexistenz und zeitlicher Succession den \u00e4u\u00dferen, die Associationen nach Aehnlichkeit und Contrast den inneren Associationen zuzurechnen sind. Bei den letzteren k\u00f6nnen aber nicht blo\u00df coordinirte, wie \u00e4hnliche und contrastirende Vorstellungen, sondern auch in anderer Art verwandte, so suhordinirte und in gewissen Abh\u00e4ngigkeitsbeziehungen zu einander stehende, associirt werden. Ferner muss die urspr\u00fcngliche Simultaneit\u00e4t der Vorstellungen, von denen die eine die andere durch successive Association reproducirt, nicht gerade eine r\u00e4umliche sein ; so kann von den T\u00f6nen eines Accords, von den Bestandtheilen einer Complication aus Gesichtsund Tastempfindungen der eine mit dem andern durch successive Association verbunden werden. Der Versuch einer weitergehenden Classification der Associationen, zum Theil gest\u00fctzt auf eigene Beobachtungen , lieferte nach Anleitung des Herrn Professor Wundt die nachstehende Tabelle :\nI. Aeu\u00dfere Association.\nA. Association simultaner Vorstellungen.\n1. Association der Theile einer einzigen simultanen Vorstellung :\nb. Ass. des Theils zum Ganzen.\na. das Ganze e. einheitliche Vorstellung,\na. Ass. des Ganzen zum Theile.\na. das Ganze e. einheitliche Vorstellung,\n\u00df. das Ganze e. Complexion.\n\u00df. das Ganze e. Complexion.\nc. Ass.vonThei-len\nu. einer einheitlichen Vorstellung, \u00df. einer Complexion.\n1) Wundt, Grundz\u00fcge, II, pag. 307.","page":216},{"file":"p0217.txt","language":"de","ocr_de":"217\nExperimentelle Untersuchungen \u00fcber die Association der Vorstellungen.\n2. Association unabh\u00e4ngig coexistirender Vorstellungen.\nB. Association successive! Vorstellungen.\n1. Association succ\u00e8s si v er Schalleindr\u00fccke: a. Ass. in der urspr\u00fcnglichen b. in ver\u00e4nderter Reihenfolge. Reihenfolge.\nHierzu insbesondere : Wortassociationen :\na. Erg\u00e4nzung eines einfachen zum zusammengesetzten Worte. a. Hinzuf\u00fcgung hinten, \u00df. Hinzuf\u00fcgung vorn, y. Hinzuf\u00fcgung beiderseits.\nb. Erg\u00e4nzung eines Satzes oder Complexes von W\u00f6rtern.\n\u00ab. Hinzuf\u00fcgung hinten, \u00df. Hinzuf\u00fcgung vorn, y. Hinzuf\u00fcgung beiderseits.\n2. Association successiver Gesichts- und anderer Sinnesvorstellungen :\na. Ass. in der urspr\u00fcnglichen b. in ver\u00e4nderter Reihenfolge. Reihenfolge,\nII. Innere Association.\n1.\tAssociation nach Ueber-und a. Ass. einer \u00fcbergeordneten\nVorstellung,\n\u00df. des zugeh\u00f6rigen Gattungsbegriffs,\n\u00df. einer verwandten Vorstellung von allgemeinerem Umfange.\n2.\tAssociation nach Beziehunge: a. Ass. einer \u00e4hnlichen Vorstellung.\nUnterordnung: b. Ass. einer untergeordneten Vorstellung\n\u00ab. zum zugeh\u00f6rigen Gattungsbegriffe,\n\u00df. zu einer verwandten Vorstellung von allgemeinerem Umfange.\nn der Coordination: b. Ass. einer contrastirenden Vorstellung.\n3. Association nach Abh\u00e4ngigkeitsbeziehungen:\n\u00ab. Ass. nach Causalbeziehung. b. Ass. nach Zweckbeziehung. Unsere Versuche, bei denen, wie bereits erw\u00e4hnt, die Association stets an eine Wortvorstellung anzukn\u00fcpfen hatte, ergaben folgende Verh\u00e4ltnisse in der H\u00e4ufigkeit des Vorkommens der haupts\u00e4chlichsten ''ron den oben unterschiedenen Associationsformen :","page":217},{"file":"p0218.txt","language":"de","ocr_de":"218\nMarti\u00ab Trautscholdt.\nGesammtzahl der beobachteten Associatio-\tW.\tB.\tH.\tT:\nnen : Von 100 waren\t44\t128\t58\t125\nI. Aeu\u00dfere Associationen:\t48\t64\t31\t73\nA. Ass. simultaner Eindr\u00fccke : t. Ass. der Theile einer einzelnen Vor-\t20\t23\t16\t33\nStellung : 2. Ass. unabh\u00e4ngig coexistirender Vor-\t9\t8\t2\ti\nStellungen : B. Ass. successiver Eindr\u00fccke (Wortassocia-\t11\t15\t14\t26\ntionen, andere nicht beobachtet) 1. Erg\u00e4nzung eines einfachen zum zusam-\t28\t41\t15\t40\nmengesetzten Worte : 2. Erg\u00e4nzung eines Satzes oder Complexes\t19\t20,5\t12\t21\nvon W\u00f6rtern :\t9\t20,5\t3\t19\nII. Innere Associationen:\t52\t36\t69\t27\n1. Ass. nach Ueber- und Unterordnung:\t14\t10\t26\t15\n2. Ass. nach Coordination:\t38\t24\t37\t8\n3. Ass. nach Abh\u00e4ngigkeit :\t0\t2\t6\t2\nDa die statistische Sammlung der Associationsarten nicht der Hauptzweck dieser Versuche war, so wurde hei der Auswahl der zugerufenen Worte, \u2014 die \u00fcberdies aus sp\u00e4ter erhellenden Gr\u00fcnden einsilbig sein mussten, was indessen, infolge des uns seihst \u00fcberraschenden Reichthums der deutschen Sprache an einsilbigen Worten von der verschiedenartigsten Bedeutung, kaum als eine Beschr\u00e4nkung aufzufassen ist, \u2014 weder auf die Bedeutung derselben , noch darauf geachtet, oh dieselben oder \u00e4hnliche oder verwandte Worte wiederholt vorkamen ; deshalb ist der letzten Tabelle nur ein sehr bedingter Werth zuzumessen. Die nachtr\u00e4gliche Classification, welche jeder der Beobachter mit den von ihm selbst gebildeten Associationen (Herr Professor W un dt auch mit denen des Dr. Hall) vornahm, war nicht ganz leicht und involvirte eine gewisse Willk\u00fcr haupts\u00e4chlich deshalb, weil oft kaum zu entscheiden war, oh eine Association eine aus inneren Beziehungen der Vorstellungen hervorgehende oder aber lediglich eine W ortassocia tion sei. Meinem subjectiven Gef\u00fchle nach war die letztere Annahme h\u00e4ufig zu bevorzugen, da in vielen F\u00e4llen die","page":218},{"file":"p0219.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Unter,suchungen \u00fcber die Association der Vorstellungen.\t219\nWortvorstellung der associirten Idee eher zum Bewusstsein kam, als man sich \u00fcber einen eventuellen inneren Zusammenhang klar geworden war. Ich rechne hierher die gel\u00e4ufigen Verbindungen :\nKant \u2014 Kritik ( TV. ),\tB\u00e4um \u2014 Zeit (T. und B.),\nHerz \u2014 Kopf ( TV. ),\tHund \u2014 Katze (B.),\nKraft \u2014 Stoff (T.)\nund andere. Beine Wortassociationen sind, neben der sehr h\u00e4ufig vorkommenden Vervollst\u00e4ndigung zusammengesetzter Worte, z. B. die folgenden :\nZopf\u2014Schwert (TV. ), Lenz \u2014 hold (B.), Karl,\u2014 August (T.).\nDie relativ geringe Anzahl der Wortassociationen bei Hall ist auf den Einfluss der mangelnden Vertrautheit mit der deutschen Sprache zu schieben ; deutsche Bedensarten oder zusammengesetzte Worte waren diesem Beobachter eben nicht gel\u00e4ufig. Herr Hall allein bildete ferner 3 Associationen, bei denen ein Wort ein \u00e4hnlich klingendes oder sich darauf reimendes producirte :\nBild \u2014 mild, Muth \u2014 Demuth, Schreck \u2014 Fleck ; jedenfalls war dies eine Folge davon, dass wegen langsameren Verst\u00e4ndnisses der deutschen Worte die Aufmerksamkeit sich zun\u00e4chst auf den \u00e4u\u00dferen Klang richtete. Bei Herrn Professor Wundt \u00fcberwiegen aus andern unschwer erfindlichen Gr\u00fcnden die inneren Associationen an Zahl bei Weitem die Wortassociationen; bei Besser und mir ist es umgekehrt.\nBez\u00fcglich der inneren Associationen ist noch zu bemerken , dass 56 dergl. nach Aehnlichkeit gebildeten 25 Contrastassociationengegen\u00fcberstehen (TV. 16 : 2, B. 21 : 10, H. 12 : 9, T. 7:4), und dass von Abh\u00e4ngigkeitsbeziehungen lediglich causale (nass \u2014 Begen B., u. s. w.) beobachtet wurden.\nDie Wichtigkeit der Wortassociationen f\u00fcr das Bewusstsein, auf welche auch deren zum guten Theile in den Versuchsbedingungen begr\u00fcndete numerische Pr\u00e4ponderanz bei der oben gegebenen Statistik hinweist, besteht vornehmlich darin, dass sie diejenigen Vorstellungsverbindungen, welche Besultate des logischen Denkens sind, zu mechanischen, schlie\u00dflich ohne active Mitwirkung des letzteren erfolgenden machen und so daf\u00fcr sorgen, dass der intellectuelle Erwerb des Bewusstseins dem Ged\u00e4chtnisse zu fortw\u00e4hrendem bequemen Gebrauche disponibel bleibt.","page":219},{"file":"p0220.txt","language":"de","ocr_de":"220\nMartin Trautscholdt.\nZu dieser nachtr\u00e4glichen H\u00fclfe, welche die Association dem Denken dadurch gew\u00e4hrt, dass alle successiven Apperceptionsverbin-dungen, je \u00f6fter sie vollzogen worden sind, um so mehr zu Objecten zeitlicher Associationen werden und sich als solche im Ged\u00e4chtnisse befestigen, kommt aber noch der bedeutsame Umstand, dass die oben unterschiedenen Formen der inneren Association bereits den haupts\u00e4chlichsten logischen Begriffsverh\u00e4ltnissen, dem der Identit\u00e4t (oder partiellen Identit\u00e4t], der Ueber- und Unterordnung, der Coordination und der Abh\u00e4ngigkeit entsprechen. Wenn ') z. B. \u00bbder Anblick eines Baumes eine fr\u00fchere Vorstellung desselben Gegenstandes erweckt, begleitet von dem Bewusstsein, dass dieser einen Vorstellung zahlreiche andere \u00e4hnlich sind, so ist eine derartige Association noch keine logische Subsumtion, aber die Vorbereitung zu einer solchen, und die innere Association ist v\u00f6llig in das logische Subsumtionsurtheil \u00fcbergegangen, sobald die associirte Vorstellung den Werth einer begrifflichen Vorstellung gewonnen hat.\u00ab Unter manchen andern kamen bei unsern Versuchen folgende einfachste Subsumtionen vor :\nSchlund \u2014 Oeffnung (TU.), Mops \u2014 Hund \u00dcB.), Kalk \u2014 Oxyd (T.),\nLuft \u2014 4 Elemente,\nBemerkens werth ist insbesondere die von Besser gebildete Association :\nBlei \u2014 Zink und andere schwere Metalle * 2), welche die soeben angef\u00fchrte, den Uebergang der Association nach Aehnliclikeit in ein logisches Subsumtionsurtheil betreffende Bemerkung in schlagender Weise best\u00e4tigt und illustrirt.\nB. Mitwirkung subjectiver Factoren bei der Association.\nBei der Bildung einer bestimmten unter den vielen m\u00f6glichen Associationen oder bei der Auswahl unter verschiedenen, gleichzeitig in die dunkleren Regionen des Bewusstseins eingetretenen Vorstellungen wirken, auch abgesehen von dem Eingreifen der activen Apperception, mancherlei Factoren von merklich subjectiver Natur mit; es soll wenigstens der Versuch einer kurzen Analyse derselben, so-\nll Wundt, Grundz\u00fcge, II, pag. 303.\n2) Diese, wie alle \u00fcbrigen Associationen sind hier w\u00f6rtlich so wiedergegeben, wie sie nach Angabe des Associirenden unmittelbar nach dem Versuche notirt wurden.","page":220},{"file":"p0221.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Untersuchungen \u00fcber die Association der Vorstellungen.\n221\n\u25a0weit sie bei unsern Experimenten zu Tage treten und der Untersuchung einigerma\u00dfen bequem zug\u00e4nglich sind, gemacht werden.\nAn erster und herrschender Stelle steht in jener Beziehung die Uebung oder Gewohnheit, welche gewisse Associationen so gel\u00e4ufig macht, dass sie zuletzt ganz mechanisch vollzogen werden, und dass andere neben ihnen gar nicht in Frage kommen. Bereits die Besprechung des H\u00e4ufigkeitsverh\u00e4ltnisses der verschiedenen Associationsformen gab Gelegenheit zu einigen diesbez\u00fcglichen Bemerkungen. Im Speciellen \u00e4u\u00dfert sich der Einfluss der Uehung auf die Associationen dahin, dass die Reproduction durch letztere meist in der urspr\u00fcnglichen Reihenfolge der Vorstellungen geschieht, eine Regel, die wir mit Liebmann als das \u00bbPrincip der identischen Reihenfolge\u00ab bezeichnen k\u00f6nnen, die indess , wie jede Regel, ihre Ausnahmen erleidet. Auch James Mill1) statuirt als allgemeines Gesetz der Ideenassociation, dass unsere Ideen in derselben Anordnung wieder auftauchen, in der sie urspr\u00fcnglich entstanden waren. Die nat\u00fcrliche Reihenfolge wurde in unsern Versuchen bei solchen im Verh\u00e4ltnisse einer regelm\u00e4\u00dfigen Succession stehenden Vorstellungen, wie\nM\u00e4rz \u2014 April (IF.), 2\u20143 (-B.), Blitz\u2014\u25a0 Donner (T.),\n5\u20146,\nx\u2014y,\nju\u2014v,\nSchlaf \u2014 Aufstehen,\nstets innegehalten ; von vornherein w\u00e4re die Vermuthung nicht ausgeschlossen gewesen, dass der M\u00e4rz auch an den Februar, mit dem er ebensogut in Contingenz steht wie mit dem April, oder der Schlaf an das Zubettgehen statt an das Aufstehen h\u00e4tte erinnern k\u00f6nnen. Bei der Association der Bestandtheile zusammengesetzter Worte erfolgte die Hinzuf\u00fcgung hinten (Schluss \u2014 Schlussfigur, Band \u2014 Bandwurm, IF.; Frosch \u2014 Froschschenkel, B. ; Pech \u2014 Pechvogel, Zeit \u2014 Zeitmessapparat, T., u. s. w.) in 53 F\u00e4llen, die Hinzuf\u00fcgung vom (Strahl \u2014 Lichtstrahl, Stift \u2014 Bleistift, B. ; Kitt \u2014 Glaserkitt, Stern \u2022\u2014 Polarstern, T.) in 12 F\u00e4llen, Hinzuf\u00fcgung vorn und hinten (Drang \u2022\u2014 Sturm und Drang-Periode, T., und allenfalls Lech \u2014 Schlacht auf dem Lechfelde, B.) in h\u00f6chstens 2 F\u00e4llen.\n1) JamesMill, Analysis of the phenomena of the human mind, I, pag. 80.","page":221},{"file":"p0222.txt","language":"de","ocr_de":"222\nMartin Trautseholdt.\nAuf Uebung und Gewohnheit kommt es auch haupts\u00e4chlich att' oh eine Vorstellung A leichter und sicherer eine andere B, mit di sie associirt ist, reproducirt, als umgekehrt B an A erinnert. Jedenfalls wird eine Vorstellung um so eher eine andere reproduciren, je vertrauter die letztere ist und je mehr Bedeutung und Selbst\u00e4ndigkeit sie f\u00fcr das vorstellende Subject besitzt. Steinthal1) constatirt in Bezug auf diese Verh\u00e4ltnisse das Bestehen eines \u00abpsychischen Tr\u00e4gheitsgesetzes\u00ab von rein subjectiver Natur, demzufolge bei der Associ\u00e2t tion die Seele der Ruhe, d. h. einer Vorstellung, auf welcher sie gewisserma\u00dfen ausruhen kann, zustrebt. Lediglich von der Gewohnheit h\u00e4ngt es nunmehr ab , was der Seele als geeigneter Buhepunkt giltt Nach Steinthal manifestirt sich dieses Gesetz besonders durch folgende 3 Erscheinungen :\n1.\tDie Seele kehrt leichter aus dem ungewohnten Zustande in den gewohnten zur\u00fcck als umgekehrt.\n2.\tDie Seele folgt leichter dem Gange der wirklichen Bewegung1, als sie die r\u00fcckl\u00e4ufige Bewegung vollzieht. Au\u00dfer bei der bereits erw\u00e4hnten \u00e4u\u00dferen (resp. Wort-) Association regelm\u00e4\u00dfig succedirender Vorstellungen tritt dies auch darin zu Tage, dass Werkzeuge und Mittel oder Materialien leichter an den Zweck, als dieser an jene, z. B. ein Baustein leichter an ein Geb\u00e4ude, als umgekehrt, erinnert. \u00bbIm Zwecke kommt die Seele zur Ruhe, in der sie gern verharrt, w\u00e4hrend sie durch die Mittel angereizt wird, die Bewegung, welche durch letztere angeregt wird, zu verfolgen.\u00ab\n3.\tDas selbst\u00e4ndige Object reproducirt schwerer das unselbst\u00e4ndige, z. B. das Ganze schwerer die Theile, als umgekehrt; denn \u00bbim Gedanken des Ganzen ruht die Seele, w\u00e4hrend die Vorstellung des Theils sie zum Ganzen treibt, ohne welches er gar nicht zu denken ist.\u00ab\nBetrachtet man die bei unseren Versuchen erhaltenen Associationen unter diesem Gesichtspunkte, so finden jene Regeln zwar weniger in der H\u00e4ufigkeit des Vorkommens der so unterschiedenen Associationsarten, wohl aber in den Zeiten, die ihre Bildung in Anspruch nahm, eine bemerkenswerthe Best\u00e4tigung (s. unten pag. 240f.). Das bedeutet also, dass jene weniger bevorzugten Associationen zwar oft genug vollzogen werden, wobei nat\u00fcrlich die Beschaffenheit der reproduci-\n1) Steinthal, Einleitung in die Psychologie und Sprachwissenschaft, pag. 161.","page":222},{"file":"p0223.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Untersuchungen \u00fcber die Association der Vorstellungen. 223\nrenden Vorstellung, besonders aber die momentane Disposition des Bewusstseins, die augenblickliche, wenn auch nicht klar bewusste Gedankenrichtung eine bedeutende und nicht controlirbare Rolle spielt, dass sie aber in den meisten F\u00e4llen einen langsameren Verlauf nehmen, als die, denen jenes Gesetz ein Uebergewicht zuspricht.\nDie h\u00e4ufige Wiederholung einer Association und die daraus her-yorgehende Uebung in der Bildung derselben kann in vielen F\u00e4llen ersetzt werden durch die Intensit\u00e4t der Vorstellungen beim erstmaligen Auftreten der betreffenden Verbindung. Ueberhaupt wirdeine Vorstellung um so eher vor v\u00f6lligem Vergessen gesch\u00fctzt bleiben und die F\u00e4higkeit der leichten Reproducirbarkeit behalten, je intensiver die sie hervorbringenden und begleitenden Eindr\u00fccke bei ihrem ersten Auftreten auf das Bewusstsein wirkten. Hierdurch erkl\u00e4rt sich die Thatsache, dass die in der Kindheit, wo die Seele in Bezug auf in ihr vorhandene Vorstellungen doch mehr oder weniger als tabula rasa zu betrachten ist, empfangenen Eindr\u00fccke die am meisten beharrenden sind.\nGal ton, der Versuche anstellte, bei denen er an ein geschriebenes und nach Verlauf einiger Zeit unvermuthet in das Gesichtsfeld gebrachtes Wort eine oder mehrere Vorstellungen durch m\u00f6glichst passive Association sich ankn\u00fcpfen lie\u00df, fand1), dass von den durch 75 verschiedene Worte, deren jedes in gro\u00dfen Zwischenr\u00e4umen 4 Mal benutzt wurde, hervorgerufenen 289 verschiedenen Associationen 10 p. c. 4 Mal, 12 p. c. 3 Mal, 20 p. c. 2 Mal und nur 58 p. c. blo\u00df 1 Mal vorkamen, und ferner, dass von 124 associirten Vorstellungen, bei denen sich die Zeit des erstmaligen Auftretens mit gen\u00fcgender Sicherheit bestimmen lie\u00df, 39 p. c. der Kindheit und Jugend, 46 p. c. dem Mannesalter und nur 15 p. c. der j\u00fcngst vergangenen Zeit angeh\u00f6rten.\nVon den 4 Mai\t3 Mai\t2 Mai\t1 Mai\tvorkommenden Associationen\n\t\t\tft\tgeh\u00f6rten an :\n10 p.c.\t9 p.c.\t7 p.c.\t13 p.c.\tder Kindheit und Jugend,\n8 p.c.\t7 p.c.\t5 p.c.\t26 p.c.\tdem Mannesalter,\n\u2014\t3 p.c.\t1 p.c.\t11 p.c.\tder j\u00fcngsten Zeit.\nGalton musste, als er die associationserregenden W\u00f6rter aufschrieb, bereits, wenn auch unbewusst, eine Art von Auswahl unter\n1) Galton in: Brain, Ajournai of neurology, July 1879, pag. 154 und 157-,","page":223},{"file":"p0224.txt","language":"de","ocr_de":"224\nMartin Trautsoholdt.\nden ihm zu Gebote stehenden Vorstellungen treffen und wird hierbei jedenfalls ihm gerade gel\u00e4ufige, naheliegende und der j\u00fcngst vergangenen Zeit angeh\u00f6rige bevorzugt haben ; um so bemerkenswerther ist das Ueberwiegen der aus einem fr\u00fcheren Lebensalter stammenden Vorstellungen bei der Bildung der Associationen. Bei unseren Versuchen kommt jene eventuelle Bevorzugung unl\u00e4ngst erst erworbener und deshalb vielleicht gerade im Vordergr\u00fcnde des Bewusstseins befindlicher Vorstellungen dadurch in Wegfall, dass dem Associirenden die erregenden W\u00f6rter von einem Anderen zugerufen wurden. Au\u00dferdem wurde bei uns das Auftreten von Vorstellungsverbindungen aus fr\u00fcherer Zeit m\u00f6glicherweise dadurch etwas beg\u00fcnstigt, dass, dem Hauptzwecke der angestellten Untersuchung entsprechend, ausschlie\u00dflich einsilbige W\u00f6rter verwendet wurden, welche in der Regel doch einem primitiveren Stadium der Sprachbildung angeh\u00f6ren, einfachere , urspr\u00fcnglichere Vorstellungen bezeichnen und daher auch leichter zur Association von solchen Veranlassung geben. Herr Professor W u n d t theilt seine Associationen ihrer Entstehungszeit nach in 3 Gruppen : die associirten Vorstellungen der ersten Gruppe entstammen der Kindheit und dem beginnenden J\u00fcnglingsalter bis zum 16. oder 17. Lebensjahre ; die der zweiten der Periode vom 17. bis zum 25. Jahre, die der dritten der \u00fcbrigen Lebenszeit. In der zweiten Gruppe \u00fcberwiegen Associationen naturwissenschaftlicher Begriffe, in der dritten solche von allgemeinerem wissenschaftlichen und philosophischen Inhalte. Von 44 Associationen kommen mit Wahrscheinlichkeit 25 auf die erste, 14 auf die zweite und nur 5 auf die dritte Gruppe. In Procenten ausgedr\u00fcckt, geh\u00f6ren demnach 5 7 \u00b0/0 der ersten, 32 % der zweiten und nur 11 \u00b0/0 der dritten Gruppe an. Besser theilt mir mit, dass unter den von ihm gebildeten 128 Associationen 52 (= 40y2%) der Kindheit, 57 (= 44'/2\u00b0/o) der Schulzeit und 19 (= 15 \u00b0/0) der Universit\u00e4tszeit ihre Entstehung verdanken ; ials Beispiele f\u00fchrt er an f\u00fcr die erste Classe : Nass \u2014 Regen, Mai \u2014 Maigl\u00f6ckchen ; f\u00fcr die zweite : Reis \u2014 Lehrbuch der Physik, Maul \u2014 Margarethe Maultasch ; f\u00fcr die dritte : Cis \u2014 Cis-moll-Sonate, Gauss \u2014 theoria motus etc. Bez\u00fcglich der von mir selbst gebildeten Associationen kann ich constatiren, dass von 114 derselben 56 (= 49\u00b0/0) der Kindheit und Knabenzeit bis zum 13. Jahre, 38 (= 35*/2 \u00b0/o) der Gymnasialzeit und 20 (= 1772%) der Zeit nach","page":224},{"file":"p0225.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Untersuchungen \u00fcber die Association der Vorstellungen. 225\ndem Verlassen des Gymnasiums entstammen; bei 11 anderen bleibt die Zeit des erstmaligen Auftretens zweifelhaft ; jedenfalls aber geh\u00f6ren diese nicht der letzten Gruppe an. W\u00e4hrend viele Associationen der ersten und zweiten Periode durch h\u00e4ufige Wiederkehr gel\u00e4ufig geworden sind, haben, wie ich ziemlich genau nachweisen kann, 13 aus der ersten Periode (= X l\u2018/2\u00b0/o der Gesammtheit) und 30 aus der zweiten Periode (=261/\u00ee% der Gesammtheit) inzwischen keine nennenswerthe Bolle in meinem Bewusstsein gespielt. Zu den ersteren rechne ich z. B. Mohr\u2014Struwelpeter (ein bekanntes Kinder-Bilderbuch), Korb\u2014 bestimmter rothlackirter Brotkorb, Garn-\u2014Garnwinde (ein bestimmtes kunstvolles Exemplar einer solchen) ; zu den letzteren Karl\u2014August, Streu\u2014Sennh\u00fctte (veranlasst durch eine Beise in die Schweiz) u. dgl. mehr. Aus meiner Milit\u00e4r- und Universit\u00e4tszeit datiren Associationen, wie: Helm\u2014eigner Freiwilligen-Dienst, Herz\u2014Section, Joule\u2014Erw\u00e4rmung eines Stromleiters u. s. f.\nDiese Erfahrungen best\u00e4tigen die mehrfach ausgesprochene Meinung1), dass einerseits der Vorrath derjenigen Ideen, welche dem Bewusstsein zu fortw\u00e4hrendem Gebrauche verf\u00fcgbar bleiben, ein ver-h\u00e4ltnissm\u00e4\u00dfig beschr\u00e4nkter ist, und dass andererseits dieBildung einer relativ gro\u00dfen Anzahl der gel\u00e4ufigen Vorstellungen und Vorstellungsverbindungen in der Kindheit und Jugend erfolgt.\nWelche von den mit einer im Bewusstsein befindlichen Vorstellung associativ verbundenen Vorstellungen im gegebenen Falle wirklich appercipirt wird, h\u00e4ngt, wie der fortw\u00e4hrende Wechsel der stattfindenden Associationen beweist, weder von der gr\u00f6\u00dferen Verwandtschaft noch von der gr\u00f6\u00dferen Gel\u00e4ufigkeit allein ab. Entscheidend hierf\u00fcr ist vielmehr schlie\u00dflich die augenblickliche Disposition des Bewusstseins, welche zun\u00e4chst in der gerade vorwaltenden Gef\u00fchlsrichtung ihren Ausdruck findet, welche aber namentlich auch durch den dem vorstellenden S\u00fcbjecte eigenth\u00fcmlichen Ideenkreis mitbestimmt wird, wie er sich infolge der vorangegangenen Erlebnisse, der t\u00e4glichen Besch\u00e4ftigung und der damit verkn\u00fcpften vorwaltenden Interessen herangebildet hat, wie er z. B. vorzugsweise von der Lebensstellung oder dem Berufe des Betreffenden abh\u00e4ngig ist, sodass bei ihm Uebung, Intensit\u00e4t der Vorstellungen, Gef\u00fchle und Gedanken-\n1) S. u. A. Galton, a. a. O., pag. 155; Steinthal, Einleitung etc., pag. 100 ; Taine, De l\u2019intelligence (2. Aufl.), II,,pag. 147 und 151.","page":225},{"file":"p0226.txt","language":"de","ocr_de":"226\nMartin Trautscholdt.\nrichtung Zusammenwirken. Der weitgehende Einfluss des Beruf\u00bb auf die Art der gew\u00f6hnlich gebildeten Associationen l\u00e4sst sich noch verh\u00e4ltnissm\u00e4\u00dfig einfach \u00fcberschauen und leicht durch Beispiele illu-t striren *). So d\u00fcrften hei unsern Associationsversuchen folgende Ver-* bindungen gen\u00fcgen, um einen zuverl\u00e4ssigen Schluss auf das Feld der Hauptth\u00e4tigkeit jedes Einzelnen zu erlauben :\nSinn\u2014Sinnesorgan ( W. Schluss\u2014Schlussfigur,\nKant\u2014Kritik, blau \u2014 Spectrum (B.),\nOhm\u2014Ohms Gesetz,\nNull\u2014Unendlich,\nReis\u2014Lehrbuch der Physik P. Reis),\nBruch\u2014Z\u00e4hler und Nenner;\nvon\nHaut\u2014Muskel [H. ), Schleim\u2014Bathybius, Blut\u2014Lymphe :\nZeit\u2014Zeitmessapparat Staub\u2014Staubfiguren. Blech\u2014Platinblech, Keil\u2014schiefe Ebene, Grad\u2014Kreis.\nPunkt\u2014Gerade.\nX),\nWie man sieht, sind die reproducirenden Worte fast durchweg so beschaffen, dass sie leicht als Ausgangspunkt ganz anderer Vorstellungsreihen h\u00e4tten dienen k\u00f6nnen und bei Menschen anderer Berufsarten wohl auch gedient haben w\u00fcrden. Solchen Associationen, die als spe-cifisch f\u00fcr den Beruf des Associirenden gelten k\u00f6nnen, lie\u00dfen sich: gewiss andere an die Seite stellen, die etwa f\u00fcr die Nationalit\u00e4t be-zeichnend w\u00e4ren (wie denn Galton die H\u00e4lfte seiner Associationen als specifisch englische auffasst; oder die einer bestimmten Altersclasse entspr\u00e4chen u. dergl. mehr.\nSoweit man aber auch den Motiven, welche f\u00fcr die Bildung einer bestimmten Association entscheidend sind, nachgehen mag, stets findet man , dass die im engern Sinne so genannten Associationsgesetze immer nur die m\u00f6glichen Verbindungen bezeichnen, die dem Bewusstsein zu Gebote stehen, dass aber auch die andern namhaft gemachten Factoren, wie Uebung, Intensit\u00e4t der Vorstellungen im Momente der Vereinigung, Mitwirkung der Gef\u00fchle, vorherrschender Ideenkreis, bei Weitern noch nicht ausreichen, um die ausserordentliche Mannigfaltigkeit und \u00dcnberechenbarkeit der wirklich stattfindenden Associationen zu erkl\u00e4ren. Der ausschlaggebende Grund bei der Auswahl\n1) S. u. A. Steinthal, Einleitung etc., pag. 168 und 225; Bain, The senses and the intellect, pag. 561.","page":226},{"file":"p0227.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Untersuchungen \u00fcber die Association der Vorstellungen.\t227\neiner der sich darbietenden Associationen ist vielmehr in den meisten F\u00e4llen rein subjectiver und individueller Natur und entzieht sich im Allgemeinen der psychologischen Analyse ; er ist in letzter Instanz die auf die Vorstellungen bezogene innere Willensth\u00e4tigkeit, die Apperception.\nII. Zeitlicher Verlauf der Association.\nA. Galton\u2019s Versuche.\nAbgesehen von einigen mehr oder weniger vagen Andeutungen und Vermuthungen finden sich meines Wissens Angaben \u00fcber die Associationsdauernurbei Francis Galton, der also wohl die ersten Versuche behufs Sch\u00e4tzung derselben anstellte und ver\u00f6ffentlichte4). Er schrieb 75 Worte auf Papierstreifen, deren einen er dann nach Verlauf mehrerer Tage theilweise unter ein Buch legte, sodass er, wenn^ er sich vorlehnte, das Wort erblickte; sobald letzteres geschah, setzte er einen kleinen Chronometer in Gang und hielt ihn wieder an, wenn \u00e9ine, 2, B auch 4 Ideen durch directe Association mit jenem Worte reproducirt worden waren ; dann, \u00bbw\u00e4hrend die Spuren oder Echos dieser Ideen noch im Gehirne verweilten, wandte er die Aufmerksamkeit mit pl\u00f6tzlichem und v\u00f6lligem Erwachen auf sie, hielt sie fest, untersuchte sie und zeichnete genau ihre Erscheinungsweise auf\u00ab. Dies geschah in geeigneten Zwischenr\u00e4umen mit allen 75 Worten, die insgesammt 4 Mal, je nach Verlauf eines Monats, durchgen\u00f6mmen wurden ; zwischen den Versuchen wurde jeder Gedanke an die Worte sorgf\u00e4ltig vermieden ; in keinem Falle wurde eine Association durch die Erinnerung an eine bereits gebildete merkbar beeinflusst. G a 1 -ton erhielt auf diese bez\u00fcglich der Zeitmessung etwas primitive Weise 505 Associationen (davon 289 verschiedene; \u00fcber deren Beschaffenheit s. N\u00e4heres pag. 223), deren Bildung 660 Secunden in Anspruch genommen hatte; dies gibt 46 (Galton sagt 50) Associationen in 1 Minute, sodass die durchschnittliche Associationsdauer\n1,3 Secunden\nbetr\u00fcge. Nach Galton\u2019s eigner Aussage \u00bbging viel Zeit verloren bei der geistigen Auffassung (der Apperception) des Wortes, gem\u00e4\u00df der ruhigen Weise , in welcher es in Sicht gebracht wurde, um die Ge-\n1) In: Brain, Ajournai of neurology, July 1879, pag. 149 ff.","page":227},{"file":"p0228.txt","language":"de","ocr_de":"228\nMartin Trautscholdt.\ndanken nicht zu zerstreuen\u00ab. Das Anhalten des Chronometers rechten Zeit interferirte, bei streng gehandhabter Selbstcontrole, keiner Weise mit der freien Th\u00e4tigkeit des Geistes. Ein gewdsjjj Widerspruch scheint mir aber darin zu liegen, wenn Galton sagt*),*' \u00bbich erlaubte heim Erblicken des betr.Worts dem Geiste, f\u00fcr einen sei kurzen Zeitraum frei zu spielen, bis ein paar Ideen ihn passirt hatten\u00ab, und gleich darauf : \u00bbdie zweite der reproducirten Ideen ist nie von der ersten abgeleitet, sondern immer direct vom Original-Objecte, da aller Versuchung zur Tr\u00e4umerei absolut widerstanden wurde .... und die Aufmerksamkeit immer fest auf das Wort gerichtet blieb\u00ab. Jedenfalls sind also diese Versuche, insofern sie sich auf associative Verhindunj gen im engsten Sinne beziehen, nicht ganz rein, da eben nicht eine Vorstellung successiv an die andere gekn\u00fcpft, sondern jede von der urspr\u00fcnglich gegebenen abgeleitet wurde, zu welcher also doch im Bewusstsein wieder zur\u00fcckgekehrt werden musste. Diese Einmischung innerer Willensth\u00e4tigkeit, die Complication, die durch das Ingangsetzen und Anhalten des Chronometers geschaffen wurde, welche Operationen, wenn auch schlie\u00dflich vielleicht mechanisch zur rechten Zeit, vollzogen, doch einen gewissen Grad von Aufmerksamkeit erforderten, verbunden mit der in jedem Falle vorhandenen Schwierigkeit, \u00fcberhau])! auf psychische Th\u00e4tigkeiten zu achten, ohne deren Freiheit zu, beeintr\u00e4chtigen, l\u00e4sst Gal ton\u2019s Verfahren geeignet erscheinen, leicht zu gro\u00dfe Werthe f\u00fcr die gesuchte Zeit zu ergehen, um so mehr, da in diese Werthe auch die Zeit eingeht, welche das reproducirende Wort zu seiner Apperception beansprucht.\nbi\nB. Eigene Versuche \u00fcber die Associationsdauer.\n1. Anordnung der Versuche.\nDie zuletzt ausgesprochene Behauptung wird best\u00e4tigt durch die Ergebnisse der nunmehr zu beschreibenden Versuche , bei denen folgende Gesichtspunkte ma\u00dfgebend waren.\nIn der bereits bef\u00fcrworteten Voraussetzung, dass es f\u00fcr den Vorgang der Association im Allgemeinen gleichg\u00fcltig sein werde, oh die reproducirende Vorstellung als Erinnerungsbild oder durch einen\n1) Galton, a. a. 0., pag. 150,","page":228},{"file":"p0229.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Untersuchungen \u00fcber die Association der Vorstellungen.\n229\n\u00e4u\u00dferen Sinneseindruck gegeben sei, und in Erw\u00e4gung der Umst\u00e4nde, dass nur im letzteren Falle der Zeitpunkt der Apperception jener Vorstellung sich verh\u00e4ltnissm\u00e4\u00dfig bequem und genau feststellen l\u00e4sst, und dass f\u00fcr die Freiheit der psychischen Action ein m\u00f6glichst passives Verhalten der Versuchsperson g\u00fcnstig sein muss , wurde die Vorstellung, die als Ausgangspunkt der Association dienen sollte, durch ein zugerufenes Wort erweckt. Um der durch die K\u00fcrze des Eindrucks gef\u00f6rderten Genauigkeit der Zeitbestimmung willen wurden ausschlie\u00dflich einsilbige Worte verwendet. Der Zurufende registrirte telegraphisch den Moment, in dem er das erregende Wort laut aussprach ; der Associirende seinerseits signalisirte durch eine einfache Handbewegung, welche die Unterbrechung eines galvanischen Sromes bewirkte, den Augenblick, in dem die erste beste, durch Association mit der gegebenen reproducirte Vorstellung in den Blickpunkt des Bewusstseins eintrat.\nUnter der einfachen Reactions zeit [II.) sei diejenige Zeit verstanden, welche von der Einwirkung eines einfachen Schalleindrucks bis zum Vollz\u00fcge einer willk\u00fcrlichen Reactionshewegung verflie\u00dft , wenn keine weiteren Complicationen (Erleichterung oder Erschwerung der Apperception, Wahl und dgl.) ins Spiel kommen; unter der Zeit der Wortreaction (Wr) diejenige Zeit, welche sich vom Momente des stattfindenden Worteindrucks bis zu der nach Apperception des Wortes erfolgenden Willk\u00fcrbewegung erstreckt. Wenn beide Zeiten unter im Uebrigen m\u00f6glichst gleichen Bedingungen bez\u00fcglich der Spannung der Aufmerksamkeit u. s. w. bestimmt wurden, so ergibt alsdann die Differenz Wr\u2014R die f\u00fcr die Apperception des Wortes verbrauchte Zeit, die Wortunterscheidungszeit, da anzunehmen ist, dass die physiologischen Vorg\u00e4nge der Leitung des Eindrucks vom Sinnesorgan ins Gehirn und nachher der Leitung der motorischen Erregung bis zu den Muskeln und des Anwachsens der Energie in denselben, ebenso die psychophysischen Vorg\u00e4nge der Perception und der Willenserregung1) in beiden F\u00e4llen der Zeitdauer nach \u00fcbereinstimmen. Wird endlich als Zeit der Associations-r\u00e9action (Ar) diejenige bezeichnet, welche vom Worteindrucke bis zu der Reaction verstreicht, die auf die Apperception einer durch\n1) Vergl. Wundt, Grundz\u00fcge, II, pag. 221. Wundt, Philos. Studien. I.\n16","page":229},{"file":"p0230.txt","language":"de","ocr_de":"230\nMartin Trautscholdt.\nAssociation hervorgerufenen Vorstellung erfolgt, so repr\u00e4sentirt Ar\u2014 Wr die Zeit, um deren Untersuchung haupts\u00e4chlich es sich im vorliegenden Falle handelt, n\u00e4mlich die Dauer des die Association vermittelnden Reproductionsprocesses, die Associationszeit. Wie man sieht macht sich behufs Ermittelung derselben eine m\u00f6glichst genaue Bestimmung der einfachen Reactionszeit und insbesondere der Zeit der Wortreaction noting, und zwar muss die Bestimmung dieser H\u00fclfs-zeiten unter Verh\u00e4ltnissen erfolgen, die den hei den eigentlichen Associationsversuchen vorhandenen m\u00f6glichst entsprechen. Um dies zu erreichen, wurden im Allgemeinen jeder Versuchsreihe 5 Gruppen von Beobachtungen zugetheilt, n\u00e4mlich 2 solche der einfachen Schall-reaction, 2 der Wortreaction und 1 der Associationsreaction, und zwar in der Art. dass zuerst 4 Mal R. dann 4 Mal Wr. dann 4 Mal Ar, dann wieder 4 Mal Wr und 4 Mal R bestimmt wurde, sodass also die Associations versuche von Wortreactions versuchen und schlie\u00dflich von einfachen Schallreactionen eingeschlossen waren : auf diese Weise konnten wir hoffen, wirklich zusammengeh\u00f6rige und vergleichbare Zeiten zu erhalten.\nDa \u00fcber die Reactionszeit bei einfachen Schalleindr\u00fccken bereits zahlreiche Versuche und Zahlenangaben vorliegen, sich auch im Laufe unserer Versuche ein gen\u00fcgendes Constantbleiben derselben bei den einzelnen Beobachtern ergab, so wurde ihre jedesmalige Mitbestimmung nur eine Zeitlang durchgef\u00fchrt.\nDie von Herrn Professor Wundt ersonnene Technik der Versuche war eine verh\u00e4ltnissm\u00e4\u00dfig einfache und \u00fcbersichtliche. Der constante Strom zweier Daniel Ischen Elemente D 's. die umstehende Zeichnung) theilte sich bei dem Commutator v dergestalt in 2 Zweige, dass die (punktirte) Leitung \u00fcber si und re einen sehr geringen Widerstand bildete gegen\u00fcber der (gestrichelten) Hauptleitung, welche durch den Rheostaten Rh, die Boussole b und das Hi pp\u2019sehe Chro-noskop1) Ch gef\u00fchrt war und immer geschlossen blieb, si und re sind 2 gew\u00f6hnliche Morse\u2019sehe Schl\u00fcssel, bei denen Niederdr\u00fccken eines Hebels den Stromschluss herstellt : beim Nachlassen des Drucks hebt eine kr\u00e4ftige Feder den Hebel empor und unterbricht den Schluss sehr rasch. Die Widerst\u00e4nde der beiden Stromkreise wurden durch den\n1) Ueber dessen Einrichtung s. Wundt, Grundz\u00fcge, II., pag. 230 ff.","page":230},{"file":"p0231.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Untersuchungen \u00fcber die Association der Vorstellungen.\n231\nRheostaten so regulirt, dass bei geschlossener Nebenleitung (\u00fcber si und re) der Strom in der Hauptleitung so schwach war, dass er den Elektromagneten des Chronoskops nicht in Th\u00e4tigkeit zu setzen ver-\nmochte , dass letzteres vielmehr nur dann geschah, wenn bei si oder bei re die Nebenleitung unterbrochen wurde. Die Zeiger des Chr\u00f6-noskops spielen nur, solange der Elektromagnet nicht erregt ist, vorausgesetzt, dass das Uhrwerk durch Ziehen an dem Kn\u00f6pfchen a ausgel\u00f6st worden ist. Der Werth, der den angestellten Beobachtungen beizulegen ist, h\u00e4ngt nat\u00fcrlich wesentlich von der Zuverl\u00e4ssigkeit des Chronoskops ab ; bei unseren Versuchen wurde mit m\u00f6glichster Sorgfalt darauf geachtet, dass das Loslassen und Anziehen des Ankers durch den Elektromagneten momentan dem Schlie\u00dfen und Oeffnen des Stromes in der Nebenleitung folgte. F\u00fcr den gleichm\u00e4\u00dfigen Gang des Uhrwerks zeugte die constante H\u00f6he des Tones einer in dem Apparate angebrachten Regulirfeder ; \u00fcberdies ergab sich bei mehrfach angestellten Proben nur eine Abweichung von 0,005\" auf 10'', was den verschwindenden Fehler von 0,0005\" f\u00fcr 1\" gibt.\n16*","page":231},{"file":"p0232.txt","language":"de","ocr_de":"232\nMartin Trautscholdt.\nUm nun zun\u00e4chst die einfache Reactionszeit zu ermitteln, wurde folgenderma\u00dfen verfahren. Der Reagirende hielt den Schl\u00fcssel re niedergedr\u00fcckt ; der Signalisirende setzte durch Ziehen an a dag Uhrwerk in Gang; der Strom, der vorl\u00e4ufig in der Hauptleitung circulate , gestattete noch keine Bewegung der Zeiger. Diese erfolgte aber, sobald der Signalisirende den Hebel des Schl\u00fcssels si niederdr\u00fcckte und dadurch die Nebenleitung schloss (wodurch die Intensit\u00e4t des Stromes in der Hauptleitung verschwindend klein wurde), und h\u00f6rte auf, sobald der Reagirende den Handgriff seines Schl\u00fcssels loslie\u00df, was er in dem Momente that, wo er den Schall des niederfallenden Stiftes bei si vernahm. Der Signalisirende setzte das Uhrwerk durch einen Zug an \u00df au\u00dfer Th\u00e4tigkeit und constatirte vermittelst der Differenz der Zeigerstellungen vor und nach dem Versuche unmittelbar die Dauer desselben.\nBei den Versuchen \u00fcber die Wortreaction sprach der Signalisirende gleichzeitig mit dem Niederdr\u00fccken seines Schl\u00fcssels das betreffende Wort laut aus ; der Reagirende unterbrach bei re, sobald er das Wort appercipirt hatte. Da das Aussprechen des Worts eine gewisse Dauer beansprucht, so konnte es sich eigentlich nur darum handeln, das Ende des Worts mit dem Auftreffen des Stiftes bei si zusammenfallen zu lassen. Daf\u00fcr, dass dies wirklich geschah, entwickelte der Reagirende bald genug eine gro\u00dfe Empfindlichkeit, die eine ziemlich strenge Contr\u00f4le erlaubte ; \u00fcberdies ist die mittlere Abweichung bei den f\u00fcr die Wortreactionszeit erhaltenen Zahlen relativ so klein, dass jene Fehlerquelle wohl vernachl\u00e4ssigt werden kann.\nWenn es sich endlich um die Associationsdauer handelte, so \u00f6ffnete der Reagirende seinen Schl\u00fcssel erst in dem Augenblicke, wo sich in ihm die Reproduction einer Vorstellung im associativen Anschl\u00fcsse an das zugerufene Wort vollzogen hatte, d. h. thunlichst im Augenblicke der Apperception der reproducirten Vorstellung; nachtr\u00e4glich erst wurde letztere m\u00fcndlich mitgetheilt und notirt. Die eigene Ausf\u00fchrung weniger Versuchsreihen reichte hin, um mir das Gef\u00fchl zu verschaffen, dass sich bei jedem Versuche der Geist in einem durchaus ruhigen, normalen und vor Allem auch passiven Zustande befinde, und dass namentlich die Nothw'endigkeit der Ausf\u00fchrung einer Reactionsbew'egung diesen Zustand in keiner bemerkbaren Weise irritire ; einfach, wie sie war, wurde dieselbe vielmehr schlie\u00df-","page":232},{"file":"p0233.txt","language":"de","ocr_de":"233\n' Experimentelle Untersuchungen \u00fcber die Association der Vorstellungen.\nlieh rein mechanisch vollzogen, sodass der bedenkliche Zustand einer willk\u00fcrlichen \u00bbSelbstbeobachtung\u00ab hier \u00fcberhaupt gar nicht in Frage kam. Ich befinde mich in dieser Beziehung in v\u00f6lliger Ueberein-stimmung mit meinem Freunde Besser, dem ich bei dieser Gelegenheit f\u00fcr seine gewissenhafte Unterst\u00fctzung bei meiner Arbeit meinen besten Dank auszusprechen mir erlaube.\nNoch sei bemerkt, dass das Klirren der Eegulirfeder beim Ingangsetzen des Chi-onoskops als nicht unwillkommnes Avertissement diente, welches den Associirenden zu einer m\u00e4\u00dfig hohen und jedenfalls als normal zu bezeichnenden Spannung der Aufmerksamkeit ver-anlasste ; die Zeit vom Beginne dieses Ger\u00e4usches bis zur Hervorbringung des erregenden Eindrucks blieb g\u00e4nzlich der Willk\u00fcr des Signalisirenden \u00fcberlassen und \u00e4nderte sich von Fall zu Fall.\nAn den Beobachtungen, welche an 2 Nachmittagen jeder Woche angestellt wurden, waren als Reagirende betheiligt Herr Professor W undt (W.), Herr Dr. Hall [H.), Herr cand. math. R. B esser IR.) und ich (T.), die beiden ersteren nicht regelm\u00e4\u00dfig die ganze Zeit hindurch.\nEs sei mir gestattet, der Anschaulichkeit halber und um der im Folgenden anzuwendenden bequemeren Bezeichnungsweise willen eine Versuchsreihe, wie wir deren 33 erhielten (die also 264 einfache Reactionen, ebensoviele Wortreactionen und 132 Associationsreac-tionen umfassen), hier in der Form zu reproduciren, wie sie der Signalisirende [Si) notirte ; der Reagirende ist durch Re bezeichnet ; die Buchstaben R, Wr, Ar haben die pag. 229 angegebene Bedeutung.\n22. VI. 80. Re. Besser, Si. Trautscholdt.\nRI\tWri '\tAr\t\tWr H\tRH\n0,107\tWuth 0,290\tNull\u2014Unendlich\t0,832\tWeib 0,395\t0,110\n0,106\tLoch 0,293\tKork\u2014Korkholz\t0,977\tBlut 0,406\t0,099\n0,105\tZiel 0,201\tMarkt \u2014 Marktplatz\t1,486\tSchnee 0,200\t0,124\n0,120\tWolf 0,325\tBrief\u2014 Brieftasche\t0,850\tOhr 0,415\t0,124\nMittel :\t\t\t\t\t\n0,109 Daraus :\t0,277 R R1+R11\t= 0,1U5,\t1,036\t0,354\t0,114\nW=\nW1, wn\n= 0,3155\n2","page":233},{"file":"p0234.txt","language":"de","ocr_de":"234\nMartin Trautscholdt.\nWOrtunterscheidungszeit : Wr\u2014R = 0,214\",\nAssociationsdauer: Ar\u2014 Wr\u2014 0,7206\".\nAu\u00dferdem wurden noch 53 derartige Reihen erhalten, bei denen die Beobachtung der Reactionszeiten \\Ii) und Ru ) wegfiel (die also noch 424 Wortreactionen und 212 Associationsreactionen umfassen). 104 Wortreactionszeiten und 11 Associationen kamen sp\u00e4ter noch hinzu (bei Gelegenheit der pag. 245 ff. geschilderten Versuche \u00fcber die Dauer eines Subsumtionsurtheils).\n2. Versuchsresultate.\nWas nun zun\u00e4chst die einfachen Reactionszeiten betrifft, so ergaben sich f\u00fcr dieselben folgende Mittelwerthe bei den einzelnen Versuchspersonen :\nW. B.\tH. T.\nReactionszeit R\\ 0,196\t0,108\t0,143\t0,116\nmittlere Variation : 0,009\t0,012\t0,017\t0,010\nZahl der Versuche :\t40\t104\t32\t88.\nDas Mittel aus den obigen 4 Zahlen ist 0,141\";\ndiese Zeit stimmt sehr gut \u00fcberein mit folgenden von anderen Beobachtern erhaltenen *) :\nWundt (bei anderer Gelegenheit) Hankel Hirsch Exner 0,16 7\t0,15 05\t0,14 9\t0,1360.\nDie mittlere Variation ergibt sich, wenn man das arithmetische Mittel aus n Versuchen von jedem Einzel versuche subtrahirt und aus den so erhaltenen, positiv genommenen Differenzen wiederum das arithmetische Mittel bildet. R\u00fccksichtlich der Gr\u00fcnde, um derentwillen bei der Berechnung dieser und der \u00fcbrigen Versuche von der Anwendung der Methode der kleinsten Quadrate abgesehen wurde, erlaube ich mir, auf die Abhandlung von Friedrich: \u00fcber die Apperceptionsdauer bei einfachen und zusammengesetzten Vorstellungen (Philos. Studien, Heft 1, pag. 69 ff.) zu verweisen.\nVom Einfl\u00fcsse der Uebung auf die Verk\u00fcrzung der Reactionszeit ist im Verlaufe einiger Wochen wenig zu sp\u00fcren, wie Aehnliches auch andere Beobachter gefunden haben* 2). Wohl aber zeigt sich die\n1) S. b. Wundt, Grundz\u00fcge, II., pag. 223.\n2 Wundt, a. a. O., pag. 228.","page":234},{"file":"p0235.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Untersuchungen \u00fcber die Association der Vorstellungen.\n235\nals Versuchs\u00fcbung zu bezeichnende Erscheinung, dass h\u00e4ufig die erste Reactionszeit einer Beobachtungsgruppe R,1 und h\u00e4ufiger noch die erste Reactionszeit einer Gruppe R11 die l\u00e4ngste in der betreffenden Gruppe ist ; das erstere fand statt\nbei\tw.\tB.\tH.\tT.\nin\t40\t32\t50\t18\nVon 100 Versuchen; das letztere\t\t\t\t\nbei\tW.\tB.\tH.\tT.\nin\t80\t16\t25\t36\nvon 100 Versuchen.\nAuffallender ist, wenigstens bei 3 Versuchspersonen, der Einfluss der Erm\u00fcdung, der darin zu Tage tritt, dass'das Mittel einer Gruppe R1 meist eine kleinere Zahl ist, als das der zugeh\u00f6rigen Gruppe R11, d. h. dass die Reactionszeit nach Ausf\u00fchrung der doch eine gewisse geistige Anstrengung involvirenden Associationen l\u00e4nger ist als vorher. Dies trat ein\nbei W. B.\tT.\nin 60\t70\t64\nProcent der Versuche.\nWie man sieht, tritt die Versuchs\u00fcbung am intensivsten auf bei Herrn Professor Wundt, der die l\u00e4ngste Reactionszeit (0,196) hatte, weniger intensiv bei mir, dessen Reactionszeit 0,116 war, am schw\u00e4chsten bei Besser mit einer Reactionszeit von 0,108. Umgekehrt \u00e4u\u00dferte sich die Erm\u00fcdung am st\u00e4rksten bei Besser, wenigerstark bei mir, am schw\u00e4chsten bei Herrn Professor Wundt.\nDies beweist deutlich, dass die Reactionszeit um so weniger durch die Uebung beeinflusst wird, je k\u00fcrzer sie von vornherein war, dass aber andererseits die k\u00fcrzeste Reactionszeit am meisten dem Einfl\u00fcsse der Erm\u00fcdung ausgesetzt ist. Ausserdem tritt aber in der zweiten der angef\u00fchrten Erscheinungen die Thatsache hervor, dass die durch die psychischen Processe der Wortapperception und die noch complicirteren der Association hervorgerufene Erm\u00fcdung die Uebung an Einfluss \u00fcbertrifft, sodass nicht etwa die durch die Versuchsgruppe Rl erworbene Uebung \u00fcber die Gruppen Wr1, Ar und Wra hin\u00fcber fortwirkt, sondern dass ihre Wirkung v\u00f6llig compensirt wird.","page":235},{"file":"p0236.txt","language":"de","ocr_de":"236\nMartin Trautscholdt.\nZur Illustration der besprochenen Verh\u00e4ltnisse m\u00f6gen folgende Versuchsreihen dienen :\nW. 1.\tVII.\tB. 24\t. VI.\tT.\t29. VI.\nBl\tR11\tRl\tR11\tRl\tRU\n0,258\t0,294\t0,159\t0,206\t0,077\t0,167\n0,240\t0,181\t0,133\t0,118\t0,156\t0,121\n0,154\t0,183\t0,131\t0.115\t0,107\t0,126\n0,150\t0,162\t0,123\t0,143\t0,109\t0,127\n0,200\t0,205\t0,136\t0,145\t0,112\t0,135\n0,2025\t\t0,1405\t\to,\t1235\nDie Mittelzahlen aus jeder Gruppe und aus je 2 zusammengeh\u00f6rigen Gruppen sind hinzugefugt.\nDie Beobachtungen der Wort re a \u00e9tions zeit lieferten nachstehende Resultate :\nW.\tB.\tH.\tT.\nWortreactionszeit\tWr:\t0,803\t0,285\t0,280\t0,173\nmittlere Variation :\t0,026\t0,036\t0,029\t0,023\nZahl der Versuche :\t80\t256\t120\t336\nDiese Zahlen documentiren gro\u00dfe individuelle Unterschiede, an denen zum Theil die bei den verschiedenen Beobachtern in verschiedenem Grade sich geltend machende Uebung die Schuld tr\u00e4gt, sodass jene Unterschiede in den ersten Wochen weniger auffallend waren.\nDie Zeiten f\u00fcr die Wortunterscheidung ergeben sich nun sehr leicht mit Ber\u00fccksichtigung der oben angegebenen einfachen Reac-tionszeiten :\nW.\tB.\tH.\tT.\nWortunterscheidungszeit\tWr\u2014R: 0,107\t0,177\t0,137\t0,057\nZufolge der relativen Constanz der einfachen Reactionszeiten gilt f\u00fcr diese Zahlen das soeben bez\u00fcglich der Uebung bei den Wortreactions-zeiten Bemerkte.\nDie Unterscheidungszeit f\u00fcr einsilbige Worte ist mithin in jedem Falle sehr viel k\u00fcrzer, als die f\u00fcr zusammengesetzte Gesichtsvorstellungen , etwa mehrstellige Zahlen : dagegen entspricht sie ungef\u00e4hr der Unterscheidungszeit mehrerer einfacher Lichteindr\u00fccke, wie sie","page":236},{"file":"p0237.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Untersuchungen \u00fcber die Association der Vorstellungen. 237\nsich z. B. beim Wechsel von 4 verschiedenen Farben ergeben hat'). Irgend welche Abh\u00e4ngigkeit von der Beschaffenheit der zugerufenen Worte hat sich in allgemeing\u00fcltiger Weise nicht herausgestellt.\nWie schon angedeutet, \u00e4u\u00dfert sich bei den Zeiten der Wort-reaction der Einfluss der U e b un g in ziemlich hervortretendem Ma\u00dfe. Das zeigen z. B. folgende Zahlen, welche Mittelzahlen aus je einer Versuchsreihe (also 2 zusammengeh\u00f6rigen Gruppen), mithin aus je 8 Einzelreactionen sind :\nB. In den 14 Tagen vom 25.\tV. bis 8. VI.,\t29. VI. bis 13. VII.,\t22. VII. bis 3.\n\t0,279\t0,251\t0,293\n\t0,437\t0,285'\t0,276\n\t0,248\t0,223\t0,270\n\t0,375\t0,271\t0,279\n\t0,356\t0,256\t0,258\n\t0,281\t0,318\t0,227\n\t0,265\t0,300\t0,278\n\t0,251\t0,281\t0,254\n\t0,233\t\t0,204\n\t\t\t0,208\n14-t\u00e4giges Mittel:\t0,299\t0,273\t0,258\nT. In denselben Zeitr\u00e4umen\t\t\t\n\t0,309\t0,191\t0,149\n\t0,252\t0,196\t0,147\n\t0,264\t0,164\t0,157\n\t0,221\t0,178\t0,172\n\t0,236\t0,179\t0,168\n\t0,175\t0,172\t0,164\n\t0,168\t0,185\t0,147\n\t0,151\t0,144\t0,144\n\t0,154\t\t0,148\n\t0,206\t\t\n\t0,169\t\t\n\t0,149\t\t\n14-t\u00e4giges Mittel :\t0,205\t0,176\t0,155\n1) Vergl. die citirte Arbeit von Friedrich; s. a. Wundt, Grundz\u00fcge, II., Pag. 248 und 257.","page":237},{"file":"p0238.txt","language":"de","ocr_de":"238\nMartin Trautschoklt.\nSehr bedeutend wird die Wortreactionszeit also auch die Zeit der Wortunterscheidung) durch die w\u00e4hrend einer Versuchsreihe eintretende Erm\u00fcdung beeinflusst, was daraus erhellt, dass bei den weitaus meisten Versuchsreihen die Gruppe Wr11 ein gr\u00f6\u00dferes Mittel liefert als die Gruppe Wr1. Es trat dies ein\nbei W.\tB. H.\tT.\nin 82\t60\t76\t58\nvon 100 F\u00e4llen, und zwar war (wenn alle Versuche in Rechnung gezogen werden, auch diejenigen, bei denen das eben erw\u00e4hnte Ver-h\u00e4ltniss nicht stattfand) eine Zeit aus der Gruppe Wr11 durchschnittlich gr\u00f6\u00dfer als eine solche aus der entsprechenden Gruppe Wr1 bei W. B. H. T. um 0,025\t0,021\t0,034\t0,002\nSecunden.\nHierdurch ist in \u00fcberzeugender Weise dargethan, dass die mehrmalige Ausf\u00fchrung des Associationsprocesses eine betr\u00e4chtliche Erm\u00fcdung des Geistes herbeif\u00fchrt, die sich in der Verz\u00f6gerung des psychischen Processes der Wortunterscheidung noch frappanter \u00e4u\u00dfert, als bei der einfachen Reaction, welche letztere freilich auch im Vergleich mit der Wortreaction in psychischer Beziehung als ein Vorgang von mehr elementarer Natur anzusehen ist.\nAusser in der Verlangsamung des Processes der Wortreaction zeigt sich die Erm\u00fcdung in bemerkenswerther Weise auch noch darin, dass nach den Associationen eine gewisse Unsicherheit und Verwirrung sich des Geistes bem\u00e4chtigt zu haben scheint, indem n\u00e4mlich die Zeiten Wr11 neben der gr\u00f6\u00dferen L\u00e4nge durchg\u00e4ngig einen viel regelloseren Charakter besitzen, mehr zwischen Extremen hin- und herschwanken, als die Zeiten Wr1.\nAuch hier m\u00f6gen einige typische Versuchsreihen angef\u00fchrt werden :\nW. 13. VII.\nWr1\tWr11\nFett 0,375 Gut 0,300 Fass 0,343 Zorn 0,253\nStuhl 0,287 Glas 0,499 Oel 0,222 Angst 0,403 0,353\nB. 13. V.\nWr1\nFisch 0,225 Schutt 0,306 Rock 0,229 Beil 0,243 0,251\nWr11\nRath 0,425 Zink 0,283 Null 0,211 fest 0,311\n0,318\n0.335\n0,279\n0,3075","page":238},{"file":"p0239.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Untersuchungen \u00fcber die Association der Vorstellungen.\n239\nH. 17. VI.\nKopf\t0,253\tfern\t0,473\nStahl\t0,374\tWald\t0,306\nTopf\t0,223\tblau\t0,188\nZorn\t0,253\tWeib\t0,346\n0,276\t0,328\n^oiT\nZug\nTisch\nSchlag\nKraft\nT. 27 0,131 0,164 0,171 0,139 0,151\nVII.\nBerg\nTopf\nKind\nHeil\n0,150\n0,205\n0,176\n0,209\n0,183\nDie Resultate endlich, welche die Beobachtungen bez\u00fcglich der Associationsreaction ergaben, \u25a0 bestehen zun\u00e4chst in folgenden Mittelzahlen :\nW. B. H. T. Zeit der Associationsreaction Ar: 1,009 1,037 1,154 0,896 mittlere Variation :\t0,128\t0,099\t0,175\t0,168\nZahl der Versuche :\t44\t128\t58\t125\nHieraus erh\u00e4lt man durch Subtraction der Wortreactionszeiten unmittelbar die\nW. B. H. T.\nAssociationszeit Hr\u2014Wr : 0,706\t0,752\t0,874\t0,723.\nDie Zahl 0,874 bei Dr. Hall kann um deswillen nicht als normal angesehen werden, weil dieser Beobachter der deutschen Sprache nicht vollkommen m\u00e4chtig war, sodass die Association auf zugerufene deutsche Worte nothwendig langsamer erfolgen musste; zugerufene englische Worte aber wurden infolge mangelnder Correctheit der Aussprache (seitens Bes sers und meinerseits) von jenem h\u00e4ufig missverstanden, sodass wir von Versuchen in dieser Richtung ahstehen mussten. Wird also von den Versuchen des Dr. Hall abgesehen, so zeigen die Zahlen der \u00fcbrigen 3 Beobachter eine sehr beachtenswerthe TJebereinstimmung, die z. B. viel bedeutender ist, als diejenige bei der Wortapperception und seihst bei der einfachen Schallreaction. Trotz des sehr verschiedenen Alters, der verschiedenen Erfahrung und des verschiedenen Temperaments der 3 Associirenden sind die individuellen Unterschiede so gering, dass der Mittelwerth :\n0,727 Secunden\nwohl als eine Gr\u00f6\u00dfe betrachtet werden kann, von welcher die durchschnittlichen Associationszeiten verschiedener Personen nur -wenig abweichen. Dass die durchschnittliche Constanz dieser rein psycho-","page":239},{"file":"p0240.txt","language":"de","ocr_de":"240\nMartin Trautscholdt.\nlogischen Zeiten eine bedeutend gr\u00f6\u00dfere ist, als bei den doch verh\u00e4ltnism\u00e4\u00dfig primitiveren psychischen und psychophysischen Processen der Wortunterscheidung und der Schallreaction, erscheint als ein merkw\u00fcrdiges und kaum vorauszusehendes Resultat.\nIm Zusammenh\u00e4nge damit steht offenbar der Umstand, dass diese Zeiten auch weniger dem Einfl\u00fcsse der Uebung ausgesetzt sind, als z. B. die Wortreactionszeiten. Dies erkennt man aus folgenden Zahlen (Mittelzahlen aus je einer Gruppe Ar. also aus je 4 Associationsreac-tionszeiten), die denselben Versuchsreihen angeh\u00f6ren, wie die in den ersten beiden Columnen der oben (pag. 237) bei der Wortreaction aus verschiedenen Zeitr\u00e4umen angef\u00fchrten:\nB. Associationsreaotionszeiten : vom 25. V. bis 8, VI., vom 29. VI. bis 13. VII.\n\t0,945\t\t1,155\n\t1,025\t\t1,097\n\t1,112\t\t0,920\n\t1,004\t\t1,124\n\t1,076\t\t0,916\n\t1,065\t\t0,869\n\t0,993\t\t0,948\n\t1,279\t\t1,155\n\t1,119\t\t\n14-t\u00e4giges Mittel :\t1,068\t\t1,023\nSubtrahirt man die entsprechenden\t\t\t\nmittleren Wortreactionszeiten :\t0,299\tund\t0,273,\nso ergibt sich als\t\t\t\nAssociationsdauer resp.\t0,769\tund\t0,750.\nEs wurde bereits betont, dass die oben f\u00fcr die Associationsdauer erhaltene Zahl 0,727\"nur als eine Durchschnittsziffer angesehen werden darf, von welcher die bei den einzelnen Versuchen erhaltenen Zeiten erheblich abweichen, wie die gro\u00dfen mittleren Variationen zeigen. Dies war aber auch von vornherein gar nicht anders zu erwarten, da die Quantit\u00e4t und Qualit\u00e4t der associativen Beziehungen bei den einzelnen Vorstellungen eine so ausserordentlich verschiedene ist. Es wird nicht schwer halten, sich wenigstens bis zu einem gewissen Grade Rechenschaft \u00fcber die Gr\u00fcnde zu geben, welche bei den folgenden Maximalzeiten auf die Langsamkeit, bei den Minimalzeiten auf die Promptheit des Associationsprocesses hinwirkten.","page":240},{"file":"p0241.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Untersuchungen \u00fcber die Association der Vorstellungen,\n241\nDie l\u00e4ngste Zeit nahmen folgende Associationen in Anspruch (die Zahlen gehen die Associationsdauer Ar\u2014Wr) :\nW. Staub\u2014Sand 1,190\tThron\u2014K\u00f6nig\t1,437\nSchlund\u2014Oeffnung\t1,301\n$. fromm \u2014 gottes-\tBruch\u2014Z\u00e4hler und\tSchmalz\u2014Butter\t1,190\nf\u00fcrchtig\t1,132\tNenner\t1,088\tKropf\u2014Kropfgans\t0,977\nBad\u2014Speichen 1,084\tSchnitt\u2014Bier\t1,041\tZeitz\u2014Zeitzer Stra\u00dfe 1,455\nMarkt \u2014 Markt-\tlahm\u2014Kr\u00fccke\t1,305\nplatz\t1,201\tMolch\u2014Kr\u00f6te\t0,978\nKu\u00df\u2014Esse\t1,110\nT. Klar\u2014Wein\t1,301 Sieg \u2014 Person dieses\tDrang,\u2014Sturm- und\nGeld,\u2014Gut\t1,119\tNamens\t1,626\tDrangperiode\t1,346\nKarl\u2014August 1,662\tPol\u2014ruhender Pol in\tDolch\u2014Moros\t1,008\nStern\u2014Polarstern 1,012\tder\tErscheinungen\tFalk\u2014Culturkampf 1,023\nSchiff\u2014Schiff der\tFlucht\t3,715 Joule \u2014 Erw\u00e4rmung\nW\u00fcste\t3,049 Zucht \u2014 holl\u00e4ndische\teines Leiters 1,080\nK\u00fche\t1,132\nMark\u2014Knochen\t1,027\nUnter denselben befinden sich sowohl innere Associationen, als \u00e4u\u00dfere Vorstellungsassociationen, als Wortassociationen (letztere m\u00f6gen hier, wo die Association stets von einer Wortvorstellung ausging , als besondere Classe aufgef\u00fchrt werden). Die reproducirenden Worte der ersten Columne repr\u00e4sentiren durchweg h\u00e4ufig vorkommende und gel\u00e4ufige Vorstellungen ; doch ist bei ihnen die Menge der associativen Beziehungen, verm\u00f6ge deren eventuell mehrere \u00e4quivalente, aber unvereinbare Vorstellungen sich gleichzeitig zum Bewusstwerden dr\u00e4ngen, so gro\u00df , dass der Geist, weil er so zu sagen in ent-gegengesetztem Sinne hin- und hergezogen wird, z\u00f6gert, sich f\u00fcr eine\" der auftauchenden Associationen zu entscheiden. Noch schlagender', tritt dies bei den Worten der zweiten Columne zu Tage, welche direct mehrdeutig sind, an die also besonders leicht mehrere divergente Vorstellungsreihen angekn\u00fcpft werden k\u00f6nnen; in diesem Falle \u00e4u\u00dferte sich ein Gef\u00fchl der Unentschiedenheit und Rathlosigkeit in bisweilen geradezu unangenehmer Weise. Die Worte der dritten Columne endlich sind selten gebrauchte und relativ isolirte, denen keine gel\u00e4ufigen Verbindungen entsprechen.\nFast alle eben angef\u00fchrten Associationen (ausgenommen ist vor Allem: Geld\u2014Gut) sind rein individueller Natur, derart, dass andere Personen im Anschl\u00fcsse an dieselben erregenden Worte wahrscheinlich ganz andere und verschiedenartige gebildet haben w\u00fcrden. Dies","page":241},{"file":"p0242.txt","language":"de","ocr_de":"242\nMartin Trautscholdt.\nist zum gro\u00dfen Theile nicht mehr der Fall bei den nunmehr zusa\u201e mengestellten minimalen Associationszeiten:\nW. Gold\u2014Silber\t0,402 Zopf\u2014Schwert\t0,469 Drath\u2014Geflecht\t0,345\nSturm\u2014Wind\t0,368\nGeld\u2014Gut 0,392\nB. Mord\u2014Todschlag0,551 hell\u2014dunkel\t0,507\nNord\u2014S\u00fcd\t0,502\nPflicht\u2014Recht\t0,415\nKrieg\u2014Friede\t0,360\n111\u2014Strassburg Coin\u2014Dom\n0,434 Null\u2014Unendlich 0,360 Luft\u20144 Elemente\nGreen \u2014 Green\u2019sche Function\nT. Haupt\u2014Haar\t0,540\nrund\u2014eckig\t0,537\nSchutt\u2014Tr\u00fcmmer 0,475 viel-\u2014wenig\t0,474\nMaus\u2014Katze\t0,405\nHals\u2014Kopf\t0,379\nPfeil\u2014Bogen Burg\u2014Verlie\u00df Senf\u2014Senfb\u00fcchse\n-0,574 Blech\u2014Platinblech 0,523 Zeit \u2014 Zeitmess-0,405 apparat\n0,547\n0,478\n0,401\n0,532\n0,441\nDie Rufworte der ersten Columne sind allerdings auch vielfach gebrauchte Worte von allgemeinerer Bedeutung, die also recht wohl als Ausgangspunkt mehrerer Reihen h\u00e4tten dienen k\u00f6nnen, die aber in den allermeisten F\u00e4llen in Verbindung mit den hinzuassociirten Vorkommen (zu denen sie h\u00e4ufig im Verh\u00e4ltnisse des Contrastes stehen).; die Association ist bei allen zur Wortassociation geworden. Die mittlere Columne enth\u00e4lt Worte, die. weil sie seltener Vorkommen, im gew\u00f6hnlichen Ideenverlaufe eine viel weniger wichtige Rolle spielen, die aber eben deshalb auch viel weniger zur Zerstreuung der Gedanken Anlass bieten, sondern die Apperception eindeutig nach einer bestimmten Richtung hinlenken, da neben der gebildeten Association andere kaum in Frage kommen. Die Associationen der ersten und zweiten Columne sind als allgemeine insofern charakterisirt, als wahrscheinlich die meisten Menschen, die sich mit uns in ann\u00e4hernd gleichen Lebensverh\u00e4ltnissen und auf gleicher Bildungsstufe befinden, bei v\u00f6llig passivem Verhalten des Geistes (welches nat\u00fcrlich eine Grundvoraussetzung bei den besprochenen V ersuchen bildet; dieselben gebildet haben w\u00fcrden : mehrfache nachtr\u00e4glich mit Bekannten angestellte Versuche haben mir dies fast ausnahmslos best\u00e4tigt. Die dritte Columne enth\u00e4lt wieder individuelle Associationen, bei denen der vorherrschende Ideenkreis das Ma\u00dfgebende gewesen zu sein scheint.\nZu den am schnellsten vollzogenen Associationen geh\u00f6ren endlich","page":242},{"file":"p0243.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Untersuchungen \u00fcber die Association der Vorstellungen.\n243\nnoch die, welche regelm\u00e4\u00dfig auf einander folgende Vorstellungen verkn\u00fcpfen, wie x\u2014y und s. f. (s. u.)\nEs ist noch zu untersuchen, wie sich die gefundenen Zeiten auf die einzelnen fr\u00fcher unterschiedenen Arten der Associationen vertheilen. Stellt man die Wortassociationen mit Ber\u00fccksichtigung der Versuchsverh\u00e4ltnisse selbst\u00e4ndig neben die \u00e4u\u00dferen Vorstellungsassociationen und die inneren Associationen, so erh\u00e4lt man folgende Tabelle f\u00fcr die mittlere Zeitdauer der Associationen jeder Classe :\nWort-Ass. Aeu\u00dfere Vorstellungs-Ass.\nInnere Ass.\n0,687 (23) 0,730 (46) 0,861 (39) 0,691 (33)\nW.\t0,623\t(12)\t0,864\t(9)\nB.\t0,737\t(52)\t0,810\t(30)\nH.\t0,977\t(10)\t0,710\t(9)\nT.\t0,762\t(50)\t0,701\t(42)\nDie Anzahl der Versuche ist in Klammer hinzugef\u00fcgt. Die l\u00e4ngste Dauer besa\u00dfen also die Wortassociationen des Herrn Hall, des in der deutschen Sprache am wenigsten ge\u00fcbten Beobachters. Die geringste Zeit beanspruchte die Bildung der Wortassociationen und der inneren Associationen hei Herrn Professor Wundt; der erst\u00ebren offenbar wegen der gr\u00f6\u00dferen Gew\u00f6hnung an den sprachlichen Ausdruck, die m\u00fcndliche und schriftliche Darstellung der Gedanken ; der letzteren wohl aus denselben Gr\u00fcnden, aus denen sie auch an Zahl die beiden anderen zusammengenommen \u00fcberwiegen, n\u00e4mlich infolge der \u00fcberhaupt mehr aus- und durchgehildeten F\u00e4higkeit zu geistiger Th\u00e4tigkeit und des Vorherrschens intellectueller Interessen. Weitergehende Betrachtungen an die individuellen Unterschiede in der den einzelnen Classen zukommenden Associationsdauer zu kn\u00fcpfen, d\u00fcrfte vorl\u00e4ufig noch zu gewagt erscheinen, wenn auch derartige Versuche, zahlreich genug angestellt, gewiss einen Einblick in die individuelle Ausbildung des Bewusstseins in Bezug auf die associative Verbindung der Vorstellungen gew\u00e4hren w\u00fcrden.\nNicht uninteressant erscheint es ferner, die erhaltenen Associationen , soweit m\u00f6glich, nach den Gesichtspunkten Zu gruppiren, die pag. 222 aufgestellt worden sind und auf die von Steinthal ausgesprochenen Regeln, betreffend die wechselseitige Associationskraft zweier Vorstellungen, Bezug haben. Dabei wird wiederum da-","page":243},{"file":"p0244.txt","language":"de","ocr_de":"244\nMartin Trautscholdt.\nvon abgesehen , ob die betreffenden Associationen Wortassociationen oder \u00e4u\u00dfere oder innere Vorstellungsassociationen sind.\nDem Gange der nat\u00fcrlichen Bewegung folgten die bereits pag. 8. angef\u00fchrten Associationen mit nachstehenden Zeiten :\nW. M\u00e4rz\u2014April 0,426; B. 2\u20143 0,425 T. Blitz\u2014Donner 0,563 5\u20146 0,488 x\u2014y 0,508 Schlaf\u2014Aufstehen 0,548\nDiese Zeiten geh\u00f6ren durchweg zu den k\u00fcrzesten \u00fcberhaupt beobachteten. Associationen in entgegengesetzter Richtung fanden (abgesehen von der Erg\u00e4nzung zusammengesetzter Worte durch Hinzuf\u00fcgung eines Bestandtheils am Anf\u00e4nge, s. pag. 221.) nicht statt.\nZum Materiale wurde das daraus Gefertigte hinzuassociirt in 5 F\u00e4llen :\nB.\tTalg\u2014Licht\t0,783\tH.\tBret\u2014Haus\t0,995\tT.\tZeug\u2014Bock\t0,822\nZwirn\u2014Zwirnhand-\tKies \u2014 Gartenschuh\t0,584\twege\t0,666\ndas Umgekehrte kam nicht vor.\nDie F\u00e4lle, in denen die Vorstellung des Theils diejenige des Ganzen (diese Begriffe in etwas erweitertem Sinne genommen) re-producirte, sind:\nW.\tAst\u2014Baum\t0,579\tB.\tblau\u2014Spectrum 0,691\tT.\tSpund\u2014Fass\t0,410\nGriff \u2014 Spazierstock\t0,595\nHeft\u2014Messer\t0,572\nGrad\u2014Kreis\t0,688\nAct\u2014Drama\t0,671\nTalk\u2014H\u00e4rtescala\t0,736\nMohr\u2014Struwelpeter\t0,531\nDie Gegenprobe wird geliefert durch die Dauer derjenigen Associationen, bei welchen das Ganze den Theil reproducirte :\nW. Buch\u2014Schrift\t0,727\tB. Frosch\u2014Froschschenkel\t0,929\nSchweiz\u2014Berge\t0,736\tKrebs\u2014Krebsnase\t0,915\n\t\tEi\u2014Eischale\t0,692\n\t\tOhr\u2014Ohrmuschel\t0,930\n\t\tRad\u2014Speichen\t1,0.84\n\t\tKiel\u2014Hafen\t1,007\n\t\tBruch\u2014Z\u00e4hler und Nenner\t1,088\nEin Blick auf diese und die vorhergehenden Zahlen lehrt, dass in der","page":244},{"file":"p0245.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Dntersuchnngen \u00fcber die Association der Vorstellungen. 245\nThat die Reproduction des Ganzen durch die Theile leichter geschieht, als diejenige eines Theils durch das Ganze.\nFerner kamen unter anderen folgende Associationen vor, in denen das zugerufene Wort an einen \u00fcbergeordneten Begriff erinnerte, und welche sich demnach als regelrechte 'Subsumtionsurtheile darstellen :\nJK Ball\u2014Spiel\t0,559 B: Chlor\u2014Halo\u00efde 0,745 T. Kalk\u2014Oxyd\t0,724\nBlei \u2022\u2014 Zink und\tKeil\u2014schiefe\nandere schwere\tEbene\t0,742\nMetalle i)\t0,792\nMops\u2014Hund\t0,960\t,\nRind\u2014Vieh\t0,754;\t,\numgekehrt wurde h\u00e4ufig zu einem Begriffe von allgemeinerer Natur ein untergeordneter hinzuassociirt :\nB. Lack'\u2014Goldlack 0,896 H. Schleim \u2014 Bathy- T. Stern\u2014Polarstern 1,185\nStrahl \u2014 Licht-\t\tbius\t1,024\tHauch\u2014aura elec-\nstrahl\t0,892\tGlanz \u2014 blauer\t\ttrica\t0,768\nStift\u2014Bleistift\t0,759\tMetallglanz\t1,078\tBrei\u2014Kartoffel-\n\t\tFleck\u2014Tinten-\t\tbrei\t0,799\n\t\tfleck\t1,018\tSchiff\u2014Schiff der\n\t\t\t\tW\u00fcste\t1,049\nund so noch in vielen anderen F\u00e4llen; durchschnittlich jedoch zeigen diese Associationen eine l\u00e4ngere Dauer als die vorhergehenden, wobei entschieden mit den aus Steinthal\u2019s Principien sich ergehenden Motiven der Umstand concurrirt, dass die zuletzt angef\u00fchrten Rufworte, eben weil sie allgemeinere Begriffe bezeichnen, die Association nach mehreren Richtungen hin anzuhahnen geeignet sind, f\u00fcr deren eine sich der Geist erst, wenn auch halb unbewusst, entscheiden muss.\nC. Versuche \u00fcber die Dauer eines Subsumtions-urtheils.\nIm Anschl\u00fcsse an das zuletzt Besprochene folgt hier noch ein kurzer Bericht \u00fcber die Versuche, die in den letzten Wochen des Semesters ausgef\u00fchrt wurden, um ann\u00e4hernd einen Aufschluss \u00fcber die Dauer eines etwas complicirteren, weil mit activer Apperception verbundenen, psychischen Processes zu gewinnen, als derjenige der blo\u00dfen Association ist. Es handelt sich um die Zeit, welche die Voll-\n1) Zu dieser Association vergl. das pag. 220 Bemerkte. Wundt, Philos. Studien.\n17","page":245},{"file":"p0246.txt","language":"de","ocr_de":"246\nMartin Trautscholdt.\nziehung eines Subsumtionsurtheils einfachster Art in Anspruch nimmt. Zu diesem Behufe reagirte der Beobachter, nachdem ihm ein Wort zugerufen worden war, erst dann, wenn er einen Begriff apper-cipirt hatte, der zu dem durch jenes Wort repr\u00e4sentirten in dem logischen Verh\u00e4ltnisse der Ueberordnung stand.\nWie schon daraus entnommen werden kann , dass derartige Subsumtionen v\u00f6llig unbeabsichtigt bereits bei den Associationsversuchen vorkamen und dort durchaus nicht zu den die l\u00e4ngste Zeit in Anspruch nehmenden Arten der Association geh\u00f6rten, wird sich eine derartige Urtheilsbildung h\u00e4ufig innerhalb einer Zeit vollziehen, welche die Associationsdauer wenig oder gar nicht \u00fcbertrifft. Die folgenden Mittelzahlen m\u00f6gen dies bezeugen :\tW.\tB.\tT.\nDauer der Subsumtionsreaction:\t1,148\t1,014\t0,898\nmittlere Variation :\t0,148\t0,197\t0,120\nZahl der Versuche :\t56\t56\t56\nliefern, einen Werth, der nur um 0,04\" gr\u00f6\u00dfer ist, als der f\u00fcr die Associationsdauer gefundene.\nFolgendes sind die beobachteten Maximalzeiten:\nW. Strahl\u2014Form der Lichtbewegung Pfand\u2014Besitzverh\u00e4ltniss Leim\u2014k\u00f6rperliche Substanz fett\u2014K\u00f6rperbesohaffenheit\n1,403\n1,169\n1,248\n1,219\nB. Kuhin\u2014Form der Lobpreisung Welt\u2014Theil des Universums lahm\u2014k\u00f6rperliches Gebrechen Last\u2014etwas zu tragendes\n2,023\n1,452\n1,750\n1,242\nT. Kunst\u2014\u00e4sthetische Th\u00e4tigkeit des Menschen 1,899\nZahl\u2014Gr\u00f6\u00dfenbegriff Wuth\u2014Affect.\nWurf\u2014Art des Inbewegungsetzens\n1,263\n1,049\n1,069\nund folgendes die Minimalze]iten : W. Molch\u2014Thier Kalk\u2014Oxyd\n0,523\n0,488","page":246},{"file":"p0247.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Untersuchungen \u00fcber die Association der Vorstellungen.\n247\nB. Mast\u2014Theil eines Schiffes 0,391\nz\u2014Buchstabe\t0,432\nM\u00e4rz\u2014Monat\t0,398\nT. Ei\u2014Zelle\t0,469\nHerz\u2014Muskel\t0,467\nAst\u2014Theil eines Baumes 0,599\nWegen der hier sehr betr\u00e4chtlichen mittleren Variationen kann der Zahl 0,766 als durchschnittliche Subsumtionszeit nur eine ver-h\u00e4ltnissm\u00e4\u00dfig geringe Bedeutung zugemessen werden ; dies ergibt sich, au\u00dfer aus der vorstehenden Zusammenstellung der extremen Zeiten, auch daraus, dass, wenn man die erregenden W\u00f6rter in gewisse, nachtr\u00e4glich leicht sich ergebende Classen bringt, die jeder dieser Classen zugeh\u00f6rigen Mittelzahlen sehr stark von einander abweichen, weit mehr, als z. B. die bei den verschiedenen Associations-classen erhaltenen Zahlen.\nDie erste Classe umfasst einzelne concrete Objectsbegriffe, zu denen sich leicht ein. Gattungsbegriff finden l\u00e4sst (Molch, z, Ast u. s. f.). Mehr Zeit nimmt der Process der Urtheilsbildung in Anspruch, wenn das zum Subjecte des Urtheils zu erhebende Wort einen Zustand oder eine Th\u00e4tigkeit bezeichnet, mit der sich jedoch immer noch die Vorstellung eines concreten Gegenstandes verbinden l\u00e4sst (fett, lahm, Wurf u. s. f.). Am l\u00e4ngsten dauert nat\u00fcrlich jener Process, wenn es gilt, einen abstracten Begriff einem allgemeineren Gattungsbegriffe unterzuordnen (Pfand, Ruhm, Kunst u. s. f.).\nDie diesen 3 Classen von W\u00f6rtern entsprechenden Mittelzahlen, (die Anzahl der Versuche ist in Klammer beigef\u00fcgt) sind :\n\t1.\t2.\t3.\nw.\t0,823 (30)\t0,854 (22)\t0,917 (4)\nB.\th,625 (35)\t0,876 (16)\t1,250 (5)\nT.\t0,683 (36)\t0,788 (14)\t1,046 (6)\nwelche das oben Gesagte zur Gen\u00fcge best\u00e4tigen werden.\nDa, wie bemerkt, die Bildung jener Classen erst nachtr\u00e4glich \u2022erfolgte, so wurde auf die Auswahl der zugerufenen Worte nur wenig geachtet ; die gro\u00dfe Zahl der verwendeten Concreta tr\u00e4gt wohl wesentlich mit zur Herabdr\u00fcckung des Werthes des Gesammtmittels bei. Nimmt man aber an, dass die bei den einzelnen Classen erhaltenen Zahlen von gleichem Gewichte seien (dass also namentlich die Mittel-","page":247},{"file":"p0248.txt","language":"de","ocr_de":"248\nMartin Trautseholdt.\nzahlen der zweiten und dritten Classe sich bei Vermehrung der betreffenden Versuche nicht wesentlich \u00e4ndern w\u00fcrden), so liefern sie folgende mittlere Subsumtionszeiten f\u00fcr die 3 Beobachter :\nW.\tB.\tT.\n0,865\t0,917\t0,839\nund als Gesammtmittel :\n0,874\",\nwelche Zahl, genau um 1 */2 Zehntel Secunde gr\u00f6\u00dfer als die Associationsdauer , als mittlere Subsumtionsdauer vielleicht mehr Beachtung verdient, als die oben gegebene von 0,766\".\nDer Hervorhebung werth scheint mir noch der Umstand zu sein, dass hei Besser und mir die Zahlen der ersten Classe weit unter diesem Mittelwerthe bleiben, die der dritten Classe denselben aber ebensoweit \u00fcberschreiten (hei Besser ist die dritte Zahl gerade das Doppelte der ersten), w\u00e4hrend bei Herrn Professor Wundt die Unterschiede der 3 Zahlen au\u00dferordentlich viel geringer sind. Daraus geht doch (wenn man diesen Zahlen \u00fcberhaupt irgend welche Beweiskraft zusprechen will) offenbar hervor, dass hei Herrn Professor Wundt das Verh\u00e4ltniss der hier ins Spiel kommenden intellectuellen Functionen ein ausgeglicheneres und befestigteres ist, als hei den beiden anderen weniger gereiften Beobachtern, indem Urtheile, also apperceptive Th\u00e4tigkeiten, einfachster Art eine Zeitdauer zu ihrer Bildung beanspruchen, welche die gew\u00f6hnliche Associationsdauer merklich \u00fcbertrifft, wobei aber diese Zeit durch Erh\u00f6hung der Schwierigkeit des apperceptiven Processes nicht \u00fcberm\u00e4\u00dfig alterirt wird. Dementgegen herrscht bei Besser und mir eine gewisse Beweglichkeit und Nachgiebigkeit des Geistes vor, welche der Vollziehung der einfachsten logischen Processe zu statten kommt, der zufolge jedoch solche von complicirterer und schwierigerer Natur den Geist auch, heftiger irritiren, ihm mehr zu schaffen machen und deshalb eine viel gr\u00f6\u00dfere Zeitdauer beanspruchen.\n\\ iele der Subsumtionen k\u00f6nnen wohl geradezu als reine Associationen angesehen werden (wie ja bereits ein Theil der als solche gebildeten Associationen sich als primitive Subsumtionsurtheile darstellen ; vergl. pag. 245), indem man es bei ihnen mit einge\u00fcbten Ur-\u00bb theilen zu thun hat, derart, dass der Gattungsbegriff die erste, eventuell die einzige Vorstellung ist, die zu dem erregenden Worte hinzu-","page":248},{"file":"p0249.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Untersuchungen \u00fcber die Association der Vorstellungen. 249\nassociirt wird. In anderen F\u00e4llen wird man sich des Aufsteigens mehrerer associirten Vorstellungen klar bewusst und muss erst eine derselben als Urtheilspr\u00e4dicat ausw\u00e4hlen ; alsdann ist die active Apperception (vergl. pag. 214) das eigentlich wirksame Princip. Bei diesem Vorg\u00e4nge tritt jenes wichtige Verh\u00e4ltnis zwischen associativen und apperceptiven Vorstellungs Verbindungen klar zu Tage, welches darin besteht, dass die Association das Material liefert, \u00fcber welches die active Apperception bei der Vollziehung der logischen Gedankenverbindungen ausw\u00e4hlend verf\u00fcgt.\nZum Schl\u00fcsse er\u00fcbrigen noch einige Bemerkungen, welche das Hauptresultat der angestellten Untersuchungen, n\u00e4mlich die als Associationsdauer angesprochene Zeit von\n0,727\"\nbetreffen. Sicher konnten wir hoffen, den rein psychologischen Vorgang der Association soweit m\u00f6glich isolirt zu haben ; ob die erhaltene Zahl, von der die individuellen Zeiten nur wenig abweichen, die Bedeutung einer psychischen Constanten beanspruchen darf, m\u00fcssen weitere Beobachtungen lehren. Wenn jene Zeit verh\u00e4ltnissm\u00e4\u00dfig gro\u00df und wenig im Einkl\u00e4nge mit der oft citirten \u00bbSchnelle des Gedankens\u00ab erscheint, so ist zu bedenken, dass sich die Versuche nur auf die Association zweier klar und sicher appercipirten Vorstellungen bezogen und der Natur der Sache nach beziehen konnten ; die Bedingung der klaren Apperception jeder einzelnen der auf einander folgenden Vorstellungen ist aber heim gew\u00f6hnlichen Gedankenverlaufe ohne Zweifel h\u00e4ufig genug nicht erf\u00fcllt.\nMerkw\u00fcrdig ist jedenfalls , dass , worauf schon Herr Professor Wundt aufmerksam macht, jene Zeit genau \u00fcbereinstimmt mit dem Zeitr\u00e4ume, den Versuche \u00fcber die Genauigkeit der Reproduction von Zeitintervallen1) als Normalzeit insofern ergeben haben, als k\u00fcrzere Zeiten in der Erinnerung verl\u00e4ngert, l\u00e4ngere verk\u00fcrzt werden und gerade ein Intervall von etwas \u00fcber 0,7\" durchschnittlich in der richtigen Gr\u00f6\u00dfe reproducirt wird. Ein innerer Zusammenhang beider Zeiten lie\u00dfe sich wohl auffinden, indem man annimmt, dass die gew\u00f6hnliche Dauer des Associationsvorgangs ihren Einfluss auf die objective Zeit-\n1) Wundt, Grundz\u00fcge, II., pag. 286. \u2014 Kollert, Philos. Studien, I, S. 85.","page":249},{"file":"p0250.txt","language":"de","ocr_de":"250 Martin Trautscholdt. Experimentelle Untersuchungen \u00fcber die Association der Vorstellungen.\nanschauung dahin geltend gemacht habe, dass wir jeden Zeitraum io der Reproduction jener Normalzeit gleich zu machen suchen.\nEndlich ist von Interesse, dass (wie gleichfalls Herr Professor Wundt bemerkt) nach den classischen Untersuchungen der Gebr\u00fcder Weber \u00fcber die Mechanik des menschlichen Gehens 0,707\" die Schwingungsdauer des Beines heim raschen Gehen (entsprechend einer Schrittdauer von 0,357\"), d. h. diejenige Zeit ist, w\u00e4hrend deren das Bein frei in der Luft schwangt und eine ganze Schwingung macht \u25a0). Dass dieser Zeitraum, dem jedenfalls infolge der fortw\u00e4hrenden Ausf\u00fchrung der ihn determinirenden k\u00f6rperlichen Bewegung der Vortheil einer h\u00f6chst intensiven Ein\u00fcbung zugesprochen werden muss, auf die Constante der mittleren Reproductionsdauer und der sichersten Intervallsch\u00e4tzung bestimmend eingewirkt habe, ist bei der bemerkenswerthen Uehereinstimmung der drei Zeiten eine nicht ohne Weiteres von der Hand zu weisende Annahme.\n1) W. und E. Weber, Mechanik der menschlichen Gehwerkzeuge, pag. 7T und 254.","page":250}],"identifier":"lit4122","issued":"1883","language":"de","pages":"213-250","startpages":"213","title":"Experimentelle Untersuchungen \u00fcber die Association der Vorstellungen","type":"Journal Article","volume":"1"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:24:57.265822+00:00"}