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{"created":"2022-01-31T13:03:23.102642+00:00","id":"lit4133","links":{},"metadata":{"alternative":"Philosophische Studien","contributors":[{"name":"Merkel, Julius","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Philosophische Studien 2: 73-127","fulltext":[{"file":"p0073.txt","language":"de","ocr_de":"Die zeitlichen Verh\u00e4ltnisse der Willensth\u00e4tigkeit.\nVon\nJulins Merkel.\nEinleitung.\nDie experimentellen Untersuchungen, welche sich das n\u00e4here Studium der zeitlichen Verh\u00e4ltnisse der Willensth\u00e4tigkeit zur Aufgabe gestellt haben, suchen die Zeit zu ermitteln, welche die Ausl\u00f6sung eines Willensimpulses erfordert. Bei allen Versuchen, wo es gilt, nach Apperception oder vollzogener Unterscheidung irgend eines Eindruckes eine Reaction auszuf\u00fchren, ist eine Willenszeit vorhanden, welche jedoch, wenn die Reactionsweise vorher bekannt ist, sehr kurz, ja verschwindend klein ausfallen kann, jedenfalls aber einer exacten Messung sich entzieht. Wird jedoch die Reaction von dem empfangenen Eindr\u00fccke selbst abh\u00e4ngig gemacht, so wird hierdurch allerdings erreicht, dass der Willensimpuls erst nach vollendeter Unterscheidung erfolge, allein es werden gleichzeitig gewisse Zeitr\u00e4ume in den psychophysischen Act eingeschoben, in denen die Auswahl der Reactionsbewegung erfolgt.\nDie ersten Versuche, welche eine getrennte Bestimmung der Unterscheidungs- und Wahlzeiten geben sollten, sind von Donders1) und seinem Sch\u00fcler de Ja a g er2) ausgef\u00fchrt worden. Hinsichtlich einer eingehenderen Darstellung und Kritik derselben auf die Aus-\n1)\tDonders, Archiv f\u00fcr Anatomie und Physiologie, 1868, S. 657 f.\n2)\tde Jaager, De physiologische Tijd bij psychische Processen. Utrecht\n1865.","page":73},{"file":"p0074.txt","language":"de","ocr_de":"74\n\u2022Julius Merkel.\nf\u00fchrungen des Herrn Prof. Wundt1) in der 2. Auflage der physiologischen Psychologie und die Abhandlung von Dr. M. Friedrich2): \u00bbUeber die Apperceptionsdauer bei einfachen und zusammengesetzten Vorstellungen\u00ab verweisend, sei hier nur hervorgehoben , dass die von Donders und de Jaager mitgetheilten Zahlen neben der Dauer der Willensimpulse und Wahlacte auch die zur Unterscheidung der gew\u00e4hlten Eindr\u00fccke erforderlichen Zeiten enthalten.\nEine getrennte Bestimmung des f\u00fcr die Wahl und den Willensimpuls erforderlichen Zeitraumes wurde erst m\u00f6glich, nachdem Herr Prof. Wundt den von Donders angewandten Methoden eine einwurfsfreie Methode zur gesonderten Bestimmung der Unterscheidungszeit hinzugef\u00fcgt hatte. Die in der physiologischen Psychologie und in dem Aufsatze \u00fcber psychologische Methoden3) eingehend er\u00f6rterte Methodik zur Ermittelung der Unterscheidungs- und Wahlzeit gr\u00fcndet sich auf die Combination folgender Versuchsgattungen :\nEs wird erstens auf einen bekannten Beiz durch eine im voraus bestimmte Bewegung reagirt, wodurch die einfache Beactionszeit erhalten wird. [H)\nEs wird zweitens bei unregelm\u00e4\u00dfigem Wechsel von 2 oder mehreren bekannten Eindr\u00fccken in vorher bestimmter Weise reagirt, nachdem der jeweils applicirte Beiz in seiner Qualit\u00e4t, Intensit\u00e4t u. s. w. erkannt ist, und so die Beactionszeit bei gleichzeitiger einfacher oder mehrfacher Unterscheidung gewonnen. (Ru)\nEs wird drittens nach Unterscheidung eines Eindruckes aus einer bestimmten Beihe von Eindr\u00fccken, die in unbekannter Weise einander folgen, eine davon abh\u00e4ngige Beaction ausgef\u00fchrt (Wahl zwischen zwei oder mehreren Bewegungen), oder die Bestimmung getroffen, nur bei gewissen Beizen zu reagiren, bei anderen dagegen es zu unterlassen (Wahl zwischen Bewegung und Buhe). Die in solcher Weise erhaltenen Zeiten schlie\u00dfen neben der zur Beaction und Unterscheidung erforderlichen Zeit auch den zur Wahl und Ausl\u00f6sung des Willensimpulses n\u00f6thigen Zeitraum ein, welchen Prof. Wundt kurz als die Wahlzeit bezeichnet. [Ruw)\n1)\tWundt, Grundz\u00fcge der physiologischen Psychologie, 2.Aufl., II, S. 251 f.\n2)\tWundt, Philosophische Studien, I, S. 39 f.\n3)\tWundt, Physiol. Psychologie, 2. Aufl. II, S.247f. \u2014 Wundt, Philos. Studien, I, S. 1 f.","page":74},{"file":"p0075.txt","language":"de","ocr_de":"Die zeitlichen Verh\u00e4ltnisse der Willensth\u00e4tigkeit.\n75\nDie Reaction selbst kann bei 2 Eindr\u00fccken durch die beiden H\u00e4nde, bei mehreren durch die einzelnen Finger erfolgen.\nDie Differenz Ru\u2014R liefert alsdann die Unterscheidungszeit, die Differenz Ruw\u2014Ru hingegen die Wahlzeit.\nGegen diese Methodik sind von Dr. R. Tigerstedt und stud, med. J. Bergqvist1) in der Abhandlung: \u00bbZurKenntniss der Apper-ceptionsdauer zusammengesetzter Gesichtsvorstellungen\u00ab verschiedene Einw\u00e4nde erhoben worden, die, soweit sie die hier zu besprechenden Versuche ber\u00fchren, kurz zur\u00fcckgewiesen werden sollen.\nZun\u00e4chst behaupten die genannten Forscher, dass in den nach der zweiten Versuchsgattung gewonnenen Zeiten [Ru\\ gr\u00f6\u00dfere Willenszeiten enthalten seien, als in den nach der ersten sich ergebenden einfachen Reactionszeiten (R'j, und dass die Differenz beider Zeiten die Zeit liefere, um welche die Unterscheidung eines zusammengesetzten Objectes gr\u00f6\u00dfer sei, als die eines einfachen Lichtreizes.\nWas zun\u00e4chst die letztere Behauptung anlangt, so galt es bei un-sern Versuchen, sofort nach dem ersten Eindruck der Beleuchtung zu reagiren, also in den meisten F\u00e4llen noch ehe die erleuchtete wei\u00dfe Fl\u00e4che wirklich unterschieden war. Dieser Moment d\u00fcrfte mit demjenigen , in welchem die Unterscheidung eines auf derselben befindlichen Objectes beginnt, so nahe zusammenfallen, als es \u00fcberhaupt nur erreichbar ist. Bei beiden Versuchsgattungen aber bereitete die Spannung der Aufmerksamkeit die Reaction, welche ja vorher schon bekannt war, in v\u00f6llig gleicher Weise vor, sodass der Willensimpuls in beiden F\u00e4llen voraussichtlich gleiche und jedenfalls nur sehr kurze Zeiten erforderte. Das Gef\u00fchl einer andauernden Willensth\u00e4tigkeit bei der Reaction, wie es bei den Wahlversuchen sehr wohl empfunden wurde, war bei den Reactions- und Unterscheidungsversuchen nicht vorhanden.\nDass analoge Verh\u00e4ltnisse auch bei den von den genannten Forschern angestellten Verbuchen obwalteten, daf\u00fcr spricht die von denselben angef\u00fchrte Thatsache 2) gelegentlicher vorzeitiger Reactionen, bei denen die Apperception durch die Nachwirkung des Retinabildes geschehen sein soll. Bei unseren Versuchen wurden derartige St\u00f6rungen bald durch die Uebung \u00fcberwunden.\n1)\tW. K\u00fchne und C. Voit, Zeitschrift f\u00fcr Biologie, XIX, S. 5f.\n2)\ta. o. O. S. 42.","page":75},{"file":"p0076.txt","language":"de","ocr_de":"76\nJulius Merkel.\nWas die an Stelle der zweiten Methode eingef\u00fchrte modificirte Methode der Verfasser anlangt, so beweisen die nach derselben erhaltenen Resultate, nach denen eine Bestimmung der Unterscheidungszeit nicht zu erreichen war, evidenter als theoretische Betrachtungen, dass sie in der Combination zweier Versuchsgattungen derselben Art besteht. Denn wenn auch die Unterscheidung einer wei\u00dfen Fl\u00e4che eine etwas k\u00fcrzere Zeit erfordern sollte, als die Unterscheidung einer einfachen Zahl, so wird sich das nicht sicher heraus-stellen, wenn beiderlei Eindr\u00fccke unregelm\u00e4\u00dfig wechseln, gerade wie sich heim Wechsel von Farbenempfindungen f\u00fcr die einzelnen Farben im allgemeinen gleiche Apperceptionszeiten ergeben haben, wiewohl ihre Lichtintensit\u00e4ten bei gleicher Beleuchtung wesentlich verschieden sind.\nDie mittels zweimaliger Anwendung der Wahlmethode zwischen Bewegung und Ruhe f\u00fcr verschiedene Reize erhaltenen Apperceptionszeiten verdienen deshalb durchaus kein Vertrauen, weil diese Methode, wie sp\u00e4ter n\u00e4her gezeigt werden wird, durch die jeweils benutzten R\u00ebize wesentlich modifient wird, indem man dem durch Reaction zu beantwortenden bald mehr, bald minder die Aufmerksamkeit zuwenden kann, und bei schwerer zu appercipirenden Reizen die Aufmerksamkeit, welche der Apperception gewidmet wird, dem Wahlacte verloren geht. So d\u00fcrfte man beim Wechsel von Zahlen mit einer wei\u00dfen Fl\u00e4che der letzteren die Aufmerksamkeit in bevorzugterWeise zuwenden k\u00f6nnen, wenn dieselbe eine Reaction zu veranlassen hat, w\u00e4hrend dasselbe irgend einer Zahl gegen\u00fcber nicht in dem Grade m\u00f6glich sein wird. Indem wir auf diese Ursache vorzugsweise die in der genannten Abhandlung mitgetheilte Apperceptionszeit f\u00fcr dreistellige Zahlen zur\u00fcckf\u00fchren, werden f\u00fcr uns auch die Folgerungen hinf\u00e4llig, welche in Bezug auf die Differenz der Willenszeiten der beiden ersten Versuchsgattungen gezogen worden sind.\nDie von Dr. R. Tigerstedt und J. Bergqvist angenommene Adaptationszeit1 2) kann bei unsern Versuchen unm\u00f6glich die Gr\u00f6\u00dfe von 0,166\u20140,186 Secunden erreicht haben, da unsere Reactionszeiten nicht wesentlich gr\u00f6\u00dfer sind. Dieselbe geht \u00fcbrigens in alle Versuchs-\n1)\ta. o. O. S. 12.\n2)\ta. o. O. S. 16.","page":76},{"file":"p0077.txt","language":"de","ocr_de":"Die zeitlichen Verh\u00e4ltnisse der Willensth\u00e4tigkeit.\n77\ngattungen gleichm\u00e4\u00dfig ein und ist daher in unsern Unterscheidungsund Wahlzeiten eliminirt ; m\u00f6glicherweise kann sie zur Erkl\u00e4rung des Unterschiedes der Reactionszeiten bei Lichtemplindungen und Schalleindr\u00fccken herbeigezogen werden.\nDas durch das Chronoskop und den Inductionsapparat verursachte Ger\u00e4usch st\u00f6rte allerdings hei den ersten Versuchen die Rea-girenden, allein bald hatten sich dieselben so daran gew\u00f6hnt, dass sie es w\u00e4hrend der Versuche kaum noch wahrnahmen. Die Beleuchtung glich ungef\u00e4hr derjenigen eines durch Gas erhellten Raumes.\nNach diesen Bemerkungen wenden wir uns zu den Untersuchungen, welche bis jetzt nach der im Eing\u00e4nge charakterisirten Methode zur Bestimmung der Wahlzeiten angestellt wurden.\nDie ersten Versuche wurden von Dr. M. Friedrich1) ausgef\u00fchrt. Als Reize dienten 2 Farbenein dr\u00fccke. F\u00fcr die Wahl zwischen Bewegung und Ruhe ergaben sich, wenn hier und im folgenden als Einheit der Zeit 0,001\" zu Grunde gelegt wird, die folgenden Zeiten :\nW. Wundt, E. Tischer, M. Friedrich,\n152\t184\t183\nw\u00e4hrend f\u00fcr die Wahl zwischen 2 Bewegungen, f\u00fcr welche jedoch relativ nur eine geringe Anzahl von Versuchen angestellt wurde, entsprechend die Zeiten: 188, 330 und 287 sich herausstellten. Die ersteren Zeiten geben mit den f\u00fcr die Unterscheidung zwischen zwei Farbeneindr\u00fccken gefundenen Zeiten (W. W. 86, E. T. 47 und M. F. 50) f\u00fcr alle Beobachter eine nahezu constante Summe, w\u00e4hrend die einzelnen Summanden nicht unerheblich von einander abweichen.\nG. Buccola2), welcher die Wahlzeiten zwischen Bewegung und Ruhe hei Localisations- und Farbeneindr\u00fccken bestimmte, erhielt f\u00fcr erstere im Mittel 28, f\u00fcr letztere 66 und schlie\u00dft aus der Verschiedenheit beider Zeiten, dass empirisch die Adaptirung der Aufmerksamkeit an eine Qualit\u00e4t oder Intensit\u00e4t weit schwieriger sei, als die Concentration derselben auf einen bestimmten Ort.\nBei Anwendung zweier an Intensit\u00e4t verschiedener Schalleindr\u00fccke sind von Dr. E. Tischer3) die Wahlzeiten f\u00fcr eine ganze\n1)\tWundt, Philos. Studien, I, S. 39f.\n2)\tG. Buccola, Rivista di filosofia scientifica, anno I, vol. I, f. 2. 1881.\n3)\tWundt, Philos. Studien, I, S. 495f.","page":77},{"file":"p0078.txt","language":"de","ocr_de":"78\nJulius Merkel.\nReihe von Personen ermittelt und f\u00fcr die Wahl zwischen Bewegung und Ruhe folgende Mittelwerthe gewonnen worden :\nW. Wundt, Besser, C. Wolf, Riedel, Merkel,\n52\t71\t86,5\t110,3\t134,5\nDr. Wolf, Hubrig, Dr. Trautscholdt, Dr. Tischer,\n138\t154\t170\t178,8\nw\u00e4hrend die entsprechenden Zeiten hei der Wahl zwischen zwei symmetrischen Bewegungen die folgenden waren :\nWt. C. Wf. B. RI. Dr. Wf. Ml. Tt. Tr. H.\n33\t74\t77\t109\t131,8\t170\t172,5\t177,5\t179\nEs weichen also hier die beiderlei Wahlzeiten nicht wesentlich von einander ab, ja bei einzelnen Personen sind die Wahlzeiten zwischen Bewegung und Ruhe gr\u00f6\u00dfer als diejenigen f\u00fcr die Wahl zwischen zwei Bewegungen, welch\u2019 letztere bei den Versuchen von Dr. Friedrich die ersteren erheblich an Gr\u00f6\u00dfe \u00fcbertreffen. Die individuellen Unterschiede in den Wahlzeiten laufen auch hier denjenigen in den Unterscheidungszeiten entgegen, da die Summe der Unterscheidungs- und Wahlzeiten sich nahezu als constant herausgestellt hat.\nEin analoges Ergebniss hat in neuester Zeit Dr. E. Kraepelin1) bei der Untersuchung des Verlaufes der Willensth\u00e4tigkeit hei Ver\u00e4nderung der augenblicklichen Disposition des Bewusstseins durch die Einwirkung von Alcohol gefunden. Die von ihm erhaltenen Wahlzeiten zwischen zwei Bewegungen waren bei Benutzung von Vocal-zeichen als Reizen :\nDr. Trautscholdt, Dr. Tischer, Dr. Lehmann, Dr. Kraepelin.\n89\t86\t76\t46\nEine Vergleichung der Wahlzeiten sowohl zwischen 2 Bewegungen als auch zwischen Bewegung und Ruhe, welche sich bisher f\u00fcr dieselben Personen hei verschiedenen Eindr\u00fccken ergehen haben, l\u00e4sst diejenige Uehereinstimmung nicht erkennen, welche man zu erwarten berechtigt sein d\u00fcrfte. Im Hinblick hierauf scheint bei Ausf\u00fchrung neuer experimenteller Untersuchungen eine eingehendere theoretische Pr\u00fcfung der Methoden geboten, die uns \u00fcber die zeitlichen Verh\u00e4ltnisse der Willensth\u00e4tigkeit Aufschluss gehen sollen. Betrachten wir\n1) Wundt, Philos. Studien, I, S. 596.","page":78},{"file":"p0079.txt","language":"de","ocr_de":"Die zeitlichen Verh\u00e4ltnisse der Willensth\u00e4tigkeit.\n79\nvorerst die Methode, nach welcher die Wahlzeiten zwischen Bewegung und Buhe bestimmt werden, und nehmen wir der Einfachheit wegen nur 2 Reize an.\nZwei F\u00e4lle sind es, welche hier dem Reagirenden entgegentreten ; es gilt hei dem einen der Reize die Entscheidung zu treffen, dass eine Reaction auszuf\u00fchren ist, und dieselbe alsdann durch einen Willensimpuls auszul\u00f6sen, oder es gilt bei dem andern Reize sich zu entscheiden, dass eine Reaction nicht stattzufinden hat, und vom Willen eventuell einen hemmenden Impuls auszusenden. Nur die im ersten Falle verflie\u00dfenden Zeiten werden hei der zu Grunde liegenden Versuchstechnik gemessen, die im letzteren Falle erforderlichen Zeitr\u00e4ume gehen aber der Beobachtung g\u00e4nzlich verloren. Es kann nun offenbar bei Anwendung dieser Methode von einer Wahl zwischen Bewegung und Ruhe nur dann die Rede sein, wenn die Annahme zul\u00e4ssig erscheint, dass jene beiden Zeitcomplexe, welche im Falle einer stattfindenden Reaction und bei Unterlassung oder Unterdr\u00fcckung einer solchen verflie\u00dfen, ann\u00e4hernd dieselben sind. In wie weit diese Annahme zutrifft, h\u00e4ngt wesentlich von der Wahl der Reize ab, sie wird am wenigsten statthaft sein, wenn dieselben derart gew\u00e4hlt werden, dass dem einen vorzugsweise die Aufmerksamkeit zugewandt werden kann, ohne dadurch die Erkennung des andern unm\u00f6glich zu machen (Localisationseindr\u00fccke, unter Umst\u00e4nden auch qualitativ verschiedene Gesichtseindr\u00fccke), sie wird am ehesten berechtigt sein bei Eindr\u00fccken, deren Unterscheidung bereits die ganze Aufmerksamkeit erfordert (an Intensit\u00e4t verschiedene Schalleindr\u00fccke.) Damit h\u00e4ngt zusammen, dass im letzteren Falle die Wahlzeiten etwa eben so gro\u00df ausfallen, wie bei der Wahl zwischen zwei symmetrischen Bewegungen, w\u00e4hrend sie im ersteren Falle sich als wesentlich k\u00fcrzer erweisen.1 * * 4) Diese Erw\u00e4gungen scheinen darauf hinzuweisen, dass gerade schwerer zu unterscheidende Eindr\u00fccke am besten geeignet seien, uns \u00fcber die zeitlichen Verh\u00e4ltnisse von Wahlacten genaue\n1) Diese Betrachtungen treffen auch die Versuche, welche von J. v. Kries und F. Auerbach (Du Bois-Reymond\u2019s Archiv, 1877, S. 297f.) zur Bestimmung der Unterscheidungszeiten unter Mitbenutzung dieser Versuchsgattung angestellt worden sind. Die von diesen Forschern mitgetheilten Zahlen enthalten\nUnterscheidungs- und Willenszeiten in verschiedener, unbestimmbarer Weise,\nsodass ihre Vergleichung unter einander weder f\u00fcr erstere noch f\u00fcr letztere Zeiten\nzu sicheren Aufschl\u00fcssen f\u00fchrt.","page":79},{"file":"p0080.txt","language":"de","ocr_de":"80\nJulius Merkel.\nAufschl\u00fcsse zu geben ; allein die bei der jetzt zu besprechenden Methode zur Bestimmung der Wahlzeiten zu erhebenden Bedenken gegen die Wahl solcher Eindr\u00fccke richten sich auch hei dieser Methode gegen dieselben.\nBei der zweiten, die Wahlzeit zwischen zwei Bewegungen bestimmenden Methode muss nach der Apperception oder Unterscheidung der benutzten Eindr\u00fccke die entsprechende Reactionsweise ausgew\u00e4hlt werden, und der Willensimpuls hat alsdann die Ausf\u00fchrung der Reaction zu bewirken. Hier lassen sich streng genommen drei psychophysische Th\u00e4tigkeiten unterscheiden. Der Apperception des \u00e4u\u00dferen Eindrucks folgt eine kurze Ueberlegung, welche Reactionsweise dem empfundenen Reize entspricht, sodann die Apperception dieser Reac-tionsbewegung und schlie\u00dflich die Ausl\u00f6sung derselben durch einen Willensimpuls. Die Apperception der Reactionsbewegung oder die Auswahl der Richtung, nach welcher der Wille den Reactionsbefehl zu senden hat, sowie die Ausf\u00fchrung des letzteren selbst enthalten zusammengenommen einen psychophysischen Act der Willensth\u00e4tigkeit, welcher uns allein interessirt, die vorangehende Ueberlegung h\u00e4ngt jedenfalls mit der Willensth\u00e4tigkeit nicht zusammen, sondern von Ged\u00e4chtnis und Association ab. Dieselbe wird daher wesentlich bedingt durch die Auswahl der Reize und der Reactionsweisen, welche denselben entsprechen sollen. Ob wir auf wei\u00df mit der rechten, auf schwarz mit der linken Hand oder auf einen schwachen Schall rechts, auf einen starken links, oder auf die Buchstaben a und b oder die Zahlen 1 und 2 beziehentlich mit dem ersten und zweiten Finger einer bestimmten Hand reagiren sollen \u2014 alle diese Reactionen werden im allgemeinen verschiedene Zeiten erfordern, welche ihren Grund (wenigstens bei derselben Reactionsweise) ausschlie\u00dflich in einer leichteren oder schwierigeren associativen Verbindung der Reize mit den Reactionsbewegungen haben d\u00fcrften. Um hiernach die zeitlichen Verh\u00e4ltnisse der Willensth\u00e4tigkeit m\u00f6glichst ungetr\u00fcbt von fremden Einfl\u00fcssen zu erhalten, d\u00fcrften sich vor allem diejenigen Reize am besten eignen, welche m\u00f6glichst leicht mit den zu Gebote stehenden Reactionsweisen associirt werden k\u00f6nnen, ohne dass eine derartige Association durch langj\u00e4hrige Uebung bereits gebildet oder durch die Mechanik des Nervensystems bedingt ist, welche zugleich eine wesentliche Verk\u00fcrzung der Willenszeit herbeif\u00fchren wird.","page":80},{"file":"p0081.txt","language":"de","ocr_de":"Die zeitlichen Verh\u00e4ltnisse der Willensth\u00e4tigkeit.\n81\nLetzteres ist z. B. bei den von Donders und de Jaager ange-stellten Versuchen der Fall, bei denen geh\u00f6rte Laute oder gesehene Lautzeichen durch Aussprechen zu beantworten waren, oder auf einen Beiz an den F\u00fc\u00dfen durch gleichseitige Handbewegung zu reagiren war. Es d\u00fcrften sich sonach die verschiedenen Werthe der Wahlzeiten bei den n\u00e4mlichen Personen und denselben Keactionsbewegungen bei verschiedenen Reizen durch eine verschieden lange Associationszeit erkl\u00e4ren. Doch lie\u00dfe sich zur Erkl\u00e4rung dieses Unterschiedes m\u00f6glicherweise noch ein anderer Umstand herbeiziehen. Jedem, der an Wahlversuchen theilgenommen, wird die Beobachtung nicht entgangen sein, dass sich das Bewusstsein in einem anderen Zustande befindet, wenn man Wahlen zu vollziehen hat, als da, wo es sich um blo\u00dfe Eeactionen oder Unterscheidungen handelt. Sollten bei diesem ver\u00e4nderten Zustande des Bewusstseins die Unterscheidungen, welche den Wahlen voranzugehen haben, sobald dieselben nicht infolge der Einfachheit der Beize ohne alle Schwierigkeit vollzogen werden k\u00f6nnen, nicht selbst l\u00e4ngere Zeit erfordern? Dass sich die Unterscheidungszeiten \u00e4ndern, je nachdem man dieselben f\u00fcr sich oder in Verbindung mit Wahlversuchen vor und nach denselben bestimmt, hebt Dr. Tischer1) gegen den Schluss seiner Abhandlung ausdr\u00fccklich hervor ; es ergaben sich in beiden F\u00e4llen beziehentlich die Werthe :\nF\u00fcr\tTr.\tTt.\tMl.\tH.\tDr. Wf.\tC. Wf.\tRI.\tB.\tWt.\nUz =\t\u25a0\u25a0 6\t8,5\t10,7\t10,75\t33\t35,3\t53\t79,3\t131,6\nund\t23,2\t15,7\t29,5\t27\t54,3\t, 106\t79\t111\t182\nBilden wir die Verh\u00e4ltnisse, in welchen die letzteren Zeiten im Vergleich zu den ersteren sich vergr\u00f6\u00dfert haben, so erhalten wir :\nTr. Tt. Ml. II. Dr. Wf. C. Wf. RI.\t13.\tWt.\n3,9\t1,85\t2,75\t2,5'\t1,6\t3\t1,5\t1,4\t1,4\nDieselben weisen augenscheinlich nicht nur auf eine z. Th. wesentliche Zunahme der Unterscheidungszeiten hin, sondern diese stellt sich auch im allgemeinen bei denjenigen Personen am betr\u00e4chtlichsten heraus, welche die k\u00fcrzesten Unterscheidungszeiten besitzen. Sollte sich dies in verst\u00e4rktem Ma\u00dfe auf die Unterscheidungszeiten \u00fcbertragen, welche in den bei den Wahlversuchen bestimmten Zeiten selbst enthalten sind, so w\u00fcrde dieser Umstand zu einer naturgem\u00e4\u00dfen Er-\n1) Wundt, Philos. Studien, I, S. 539 u. 540.\nWundt, Philos. Studien. II.\n6","page":81},{"file":"p0082.txt","language":"de","ocr_de":"82\nJulius Merkel.\nkl\u00e4rung der von verschiedenen Forschern constatirten merkw\u00fcrdigen Thatsache beitragen, nach welcher bei betr\u00e4chtlichen individuellen Unterschieden, welche die Unterscheidungs- und Wahlzeiten f\u00fcr sich betrachtet darbieten, dennoch ihre Summe f\u00fcr verschiedene Personen nahezu als constant sich erwiesen hat.\nSonach d\u00fcrfte f\u00fcr das Studium der zeitlichen Verh\u00e4ltnisse der Willensth\u00e4tigkeit die letzte Methode, welche bei jedem Eindr\u00fccke eine Reaction verlangt, vorzuziehen sein, und bei der Wahl der Reize solchen der Vorzug gegeben werden m\u00fcssen, deren Unterscheidung m\u00f6glichst leicht ist, so dass sie auch unter ver\u00e4ndertem Zustande des Bewusstseins ohne Schwierigkeit vollzogen werden kann, und die sich zugleich in einfache Association mit den zu Gebote stehenden Reactionsweisen bringen lassen.\nAllen diesen Forderungen d\u00fcrften die Versuche entsprechen, welche im Sommersemester 1882 unter der Leitung des Herrn Prof. Wundt in dessen psychophysischem Laboratorium von den Herren stud. math. Lorenz, cand. math. Mehner und mir angestellt wurden, und die von mir w\u00e4hrend der Sommerferien, besonders um die individuellen Unterschiede und die allgemeinen Normen der Willensth\u00e4tigkeit hinsichtlich ihres zeitlichen Verlaufes n\u00e4her kennen zu lernen, an m\u00f6glichst vielen Personen und in m\u00f6glichst gleichm\u00e4\u00dfiger Weise durchgef\u00fchrt wurden. Die Bearbeitung dieser Versuche bildet den Gegenstand der vorliegenden Abhandlung, deren letzter Theil au\u00dferdem eine Untersuchung \u00fcber den Einfluss der Uebung auf die Wahlversuche enth\u00e4lt.\nI. Methode und Technik der Versuche.\nDie Methode und Tefchnik der vorliegenden Versuche ist bereits von Herrn Prof. Wundt1) in den Grundz\u00fcgen der physiologischen Psychologie, sowie von Dr. M. Friedrich2) in den philosophischen Studien beschrieben worden; wir geben hier nur in aller K\u00fcrze das, was der Zusammenhang erfordert und zur Erg\u00e4nzung n\u00f6thig ist.\n1)\tWundt, Physiol. Psychologie, 2. Aufl., II, S. 254f.\n2)\tWundt, Philos. Studien, I, S. 40f.","page":82},{"file":"p0083.txt","language":"de","ocr_de":"Die zeitlichen Verh\u00e4ltnisse der Willensth\u00e4tigkeit.\n83\nAls Reize wurden qualitativ verschiedene Gesichtseindr\u00fccke und zwar die Zahlen :\n12345 i n m iv y\ngew\u00e4hlt. Bei den einfachen Reactionsversuchen war das Gesichtsfeld wei\u00df. Die Zahlen, deren H\u00f6he etwa 13mm betrug und die sich in einer Entfernung von 250mm vom Auge des Beobachters befanden, waren auf der Innenseite einer von Herrn stud. math. Lorenz con-struirten kreisf\u00f6rmigen Scheibe befestigt, welche an der Hinterwand eines Kastens drehbar angebracht war, und wurden durch eine in letzterem befindliche Gei\u00dfler\u2019sche R\u00f6hre erleuchtet. Zu dem Ende wurde die Scheibe so gestellt, dass die jeweils zu erleuchtende Zahl in die Mitte einer Oeffnung der Hinterwand des Kastens zu stehen kam ; dieser gegen\u00fcber befand sich eine kleine R\u00f6hre, durch welche der Reagirende blickte. Derselbe sah also immer nur eine kreisf\u00f6rmige Fl\u00e4che erleuchtet, in deren Mitte sich, falls es sich nicht um blo\u00dfe Reactionsversuche handelte, die betreffende Zahl befand, welche ap-percipirt werden sollte oder eine Wahl zu veranlassen hatte. Unterhalb s\u00e4mmtlicher Zahlen waren kleine L\u00f6cher angebracht worden, welche dem Reagirenden als Rieht- und Accommodationspunktedienten ; au\u00dferdem befanden sich \u00fcber denselben auf der Au\u00dfenseite des Kastens dieselben Zahlen zum Zweck der Einstellung von Seiten des Ablesenden. Die Reaction hatte bei den einfachen Reactionsversuchen sofort nach der Beleuchtung durch einen im voraus bestimmten Finger, bei den Unterscheidungsversuchen nach Erkennung der beleuchteten Zahl mit demselben Finger, bei den Wahlversuchen endlich bei den Zahlen 1,2,... mit dem ersten, zweiten u. s. w. Finger der rechten Hand zu erfolgen ; f\u00fcr die r\u00f6mischen Ziffern wurden in analoger Weise die einzelnen Finger der linken Hand benutzt.\nDie Versuche selbst bestanden aus einzelnen Versuchsreihen, bei welchen die beiden folgenden Schemata verwandt wurden, in denen f\u00fcr die Buchstaben m, n und o in beliebiger Reihenfolge die einzelnen Finger der beiden H\u00e4nde substituirt wurden, bis s\u00e4mmtliche bei der\n1) Nicht als Fixationspunkte, wie Dr. Tigerstedt und J. Bergqvist (a. o. O. S. 17) aus der Darstellung von Dr. Friedrich irrth\u00fcmlich gefolgert haben. Da der Mittelpunkt der Zahl in constanter Entfernung \u00fcber dem leuchtenden Punkt sich befand, so war es leicht, jedesmal die Gesichtslinie in der richtigen Weise einzustellen.\n6*","page":83},{"file":"p0084.txt","language":"de","ocr_de":"Julius Merkel.\nH\njeweils benutzten Anzahl von Eindr\u00fccken in Betracht kommenden Finger ersch\u00f6pft waren. Bei den Versuchen mit Unterscheidung und\nWahl kamen nat\u00fcrlich stets alle Finger ins Spiel.\n1.\n3\teinfache Reactionen mit dem Finger m :\tR(m)\n4\tVersuche mit Unterscheidung mit demselben Finger : Ru(m)\n8 Versuche mit Unterscheidung und Wahl :\tRuw\n4 Versuche mit Unterscheidung mit dem Finger n :\ti?W(\u201e)\n3 einfache Reactionen mit demselben Finger :\tR(n)\n2.\n3 einfache Reactionen mit dem Finger m :\t-K(,\u201e)\n3\u20144 Versuche mit Unterscheidung mit demselben Finger : Ru^ 6 Versuche mit Unterscheidung und Wahl :\tRuw\n3\u20144 Versuche mit Unterscheidung mit dem Finger n :\tRu(n)\n3 einfache Reactionen mit demselben Finger :\tR(n)\n6 Versuche mit Unterscheidung und Wahl :\tRuw\n3\u20144 Versuche mit Unterscheidung mit dem Finger o :\ti?W(p)\n3 einfache Reactionen mit demselben Finger :\tR(0)\nWiewohl das zweite Schema 8\u201410 Versuche mehr enthalt, so ergaben sich doch nicht l\u00e4ngere Zeiten, als bei Benutzung des ersten. Bei den Unterscheidungs- und \\yahlversuchen zwischen 2 Eindr\u00fccken kann nat\u00fcrlich nur das erste Schema Verwendung finden, bei den Unterscheidungs- und Wahlversuchen zwischen 3 Eindr\u00fccken nur das zweite, bei 4 Eindr\u00fccken 2mal das erste, bei 5 das erste und zweite u. s. w. Nach Beendigung jeder solchen Reihe, welche etwa 10 bis 15 Minuten erforderte, trat eine Pause ein.\nDie bei 2, 3, 4 u. s. w. Eindr\u00fccken erforderlichen Unterscheidungs- und Wahlzeiten wurden f\u00fcr sich berechnet und dabei stets so viel Einzelreihen zusammengenommen, dass alle jeweils in Betracht kommenden Finger betheiligt waren ; es schloss sich daher die Berechnung bei 2 Eindr\u00fccken direct an die nach dem Schema 1) gewonnenen Einzelreihen an, bei 5 Eindr\u00fccken. wurden hingegen eine Reihe nach dem Schema 1) und eine solche nach dem Schema 2) eombinirt.\nEs wurden alsdann die bei den Reactions-, Unterscheidungs- und Wahlversuchen f\u00fcr die einzelnen Finger erhaltenen Zahlen zum arithmetischen Mittel vereinigt und mittels der Formeln :","page":84},{"file":"p0085.txt","language":"de","ocr_de":"Die zeitlichen Verh\u00e4ltnisse der Willensth\u00e4tigkeit.\n85\n= %) \u2014 R(X)\nwa) = Ruv'o.) \u2014 Ru().)\ndie Unterscheidungs- und Wahlzeiten mit dem Finger 1 berechnet.\nBei den Unterscheidungszeiten wurde aus den AVerthen f\u00fcr die einzelnen Finger wieder das arithmetische Mittel genommen, da f\u00fcr jedenFinger gleich viel Versuche angestellt wurden ; hei Berechnung des Mittelwerthes f\u00fcr die Wahlzeiten, wo im allgemeinen f\u00fcr die einzelnen Finger eine verschiedene Anzahl von Versuchen vorlag, wurde jeder Fingerwerth ?w-fach gez\u00e4hlt, wenn er das Mittel aus m Versuchen war. Die mittleren Variationen Vn, VBu, VStm wurden zun\u00e4chst f\u00fcr die einzelnen Finger bestimmt und sodann in der zuletzt geschilderten AVeise die Mittelwerthe berechnet.\nDie Anordnung der hei der Ausf\u00fchrung der Versuche zur Anwendung kommenden Apparate l\u00e4sst Figur 1 (Taf. I) erkennen.\nDer das Zeigerwerk des Hipp\u2019schen Chronoskops arretirende Strom kommt von den beiden Daniell\u2019schen Elementen E2 nach dem Stromwender Wrl, geht von da nach dem Kheochord Rh, dem Galvanometer G, dem Chronoskop Ch und durch den Stromwender W\\ zu den Elementen zur\u00fcck. Eine geringeren AViderstand bietende Nebenleitung wird durch Schlie\u00dfung des Stromschlie\u00dfers W2 diesem Strome auf dem Wege E-, abb\u2019 d g hdc E2 er\u00f6ffnet, wenn das weiter unten zu beschreibende psychophysische Clavier Gl auf der Strecke g h geschlossen ist. Bei der Drehung des die Schlie\u00dfung von W2 besorgenden Hebels wird gleichzeitig der secund\u00e4re Strom des durch 6 Daniell\u2019-sche Elemente E\u00a7 (welche in der Zeichnung der Einfachheit wegen fortgelassen sind), in Gang gesetzten Inductoriums J durch die im Kasten befindliche Gei\u00dfler\u2019sche R\u00f6hre E gesandt, und zwar auf dem AVege kc d!f 'em RH. Durch die Reaction wird auf den Strecken gh und ef sowohl die Nebenleitung, als auch der Inductionsstrom unterbrochen. TU) kann nach beiden Seiten geschlossen werden, so dass die Str\u00f6me zum Chronoskop und durch die Nebenleitung von Wj an auch den entgegengesetzten AVeg verfolgen k\u00f6nnen. Durch abwechselndes Schlie\u00dfen dieses Stromwenders nach der einen und der andern Seite wird bekanntlich ein dauerndes Magnetischwerden des Ankers im Chronoskop verhindert. Das Rheochord dient zur Regulirung der Stromst\u00e4rke, welche so zu w\u00e4hlen ist, dass das","page":85},{"file":"p0086.txt","language":"de","ocr_de":"86\nJulius Merkel.\nZeigerwerk eben noch momentan arretirt wird. Der Gang der Versuche ist alsdann der folgende :\nDer Ahlesende bringt durch Drehung der Scheibe S die f\u00fcr die Reactionen bestimmte wei\u00dfe Fl\u00e4che oder eine Zahl in das Blickfeld des Reagirenden, stellt hierauf mittels des doppelten Stromschlie\u00dfers Wy das Zeigerwerk des Chronoskops fest und setzt das R\u00e4derwerk desselben in Gang. Nach einer bald k\u00fcrzeren, bald etwas l\u00e4ngeren Zwischenzeit schlie\u00dft er den Stromwender W2 ; die dadurch eingeschaltete Nehenleitung schw\u00e4cht den durch das Chronoskop gehenden Strom so sehr, dass das Zeigerwerk desselben zu spielen beginnt, w\u00e4hrend gleichzeitig die Gei\u00df 1er\u2019sehe R\u00f6hre den Kasten erleuchtet. Durch die Reaction wird die Nebenleitung unterbrochen, die Zeiger des Chronoskops werden wieder arretirt und die Beleuchtung wird gleichfalls aufgehoben. Mit der OefFnung von Wy und W2 ist der Versuch beendet. Die Unterbrechungen der Nebenleitung und der Leitung f\u00fcr den Inductionsstrom, welche bei jeder Reactionsbe-wegung m\u00f6glichst schnell und gleichzeitig zu erfolgen hatten, geschahen durch Freilassen der Tasten eines Claviers. Dasselbe wurde von mir nach dem Vorbilde eines vom Mechaniker Herrn Krille nach den Angaben des Herrn Prof. Wundt f\u00fcr die Vorversuche con-struirten Instruments zusammengesetzt und erhielt schlie\u00dflich die durch Figur 2 veranschaulichte Einrichtung. Die einzelnen Tasten (Figur 2a), welche um einen gemeinsamen Draht x drehbar waren und durch Spiralfedern aus hartem Stahldraht von der gleichen Windungszahl m\u00f6glichst schnell emporgehoben wurden, trugen am hintern Ende durch Messingschrauben befestigte Kupferbleche, w\u00e4hrend vom kupferne Klemmschrauben hindurchgingen, in welche unten Platinstifte eingesetzt waren. Je zwei derselben ber\u00fchrten beim Niederdr\u00fccken der Tasten wiederum ein Kupferblech, auf welches an den Ber\u00fchrungsstellen Platinpl\u00e4ttchen aufgel\u00f6thet waren (Figur 2b). Um nun den Strom durch alle diese Platincontacte zu senden, wurden die Klemmschrauben je zweier Tasten, welche nebeneinanderliegende Kupferbleche ber\u00fchrten, also nicht leitend verbunden waren, durch spiralf\u00f6rmig gewundene, der Bewegung nicht hinderliche Kupferdr\u00e4hte in Verbindung gesetzt. Der Strom nahm alsdann den in Figur 2 von ff nach h f\u00fchrenden Weg, bei dem die durch unterbrochene Linien charakterisirten Theile in der durch Figur 2b gekennzeichneten Weise","page":86},{"file":"p0087.txt","language":"de","ocr_de":"Die zeitlichen Verh\u00e4ltnisse der Willensth\u00e4tigkeit.\n87\ndurchlaufen wurden. Wurde irgend eine Taste losgelassen, so fand hei dem entsprechenden Platincontacte die Unterbrechung dieser Stromleitung statt, die zur Einschaltung der Nebenleitung f\u00fcr den das Chronoskop arretirenden Strom verwendet wurde.\nEine \u00e4hnliche Leitung (ef in Figur 2) bildeten die andern Enden der Tasten, nur geschah hier die Schlie\u00dfung und Oeffnung durch Ber\u00fchrung der oben genannten Kupferbleche mit Kupferfedern, von denen ebenfalls je 2 durch Kupferunterlagen verbunden waren, w\u00e4hrend die weitere Verbindung bei den an den Tasten befindlichen Kupferblechen durch spiralf\u00f6rmig gewundene feine Kupferdr\u00e4hte bewirkt war. Die Kupferfedern wurden \u00fcbrigens so gestellt, dass sie beim Niederdr\u00fccken der Tasten die Kupferbleche der letzteren nur eben ber\u00fchrten. Der dadurch gebildete Contact war f\u00fcr den Inductions-strom v\u00f6llig hinreichend und die Unterbrechung geschah so m\u00f6glichst gleichzeitig mit der Reaction.\nUnterhalb der Tasten befand sich noch eine dritte Schlie\u00dfung durch Quecksilbem\u00e4pfchen, in welche die Enden U-f\u00f6rmig gebogener, mit den einzelnen Tasten verbundener Kupferdr\u00e4hte eintauchten, doch fand dieselbe bei den gegenw\u00e4rtigen Versuchen keine Verwendung. Ueberdies trugen die Tasten, wie Figur 2a erkennen l\u00e4sst, je einen l\u00e4ngeren Draht, welcher an seinem Ende die Nummer der Taste zeigte, die durch eine an der Hinterwand des Kastens, unter dem sich das Clavier befand, angebrachte Spalte hindurch kam, und aus deren Bewegung der Ablesende bei den Wahlversuchen erkennen konnte, ob richtig reagirt worden sei.\nII. Resultate der Unterscheidungs- und Wahlversuche.\nWir geben zun\u00e4chst eine Zusammenstellung der Resultate, welche die im Sommersemester 1882 von den Herren cand. math. M.Mehner [M. M.). stud. math. G. Lorenz {G. L.) und von mir [J. M'.) ausgef\u00fchrten Versuche ergeben haben. Dabei m\u00f6ge es gestattet sein, die Ergebnisse einzelner Versuchsreihen, welche von mir zu einer sp\u00e4teren Zeit bei Herrn Mehner erhalten wurden, bereits an dieser Stelle zu ber\u00fccksichtigen.","page":87},{"file":"p0088.txt","language":"de","ocr_de":"88\nJulias Merkel.\nUm nicht durch allzu umfangreiche Zahlentabellen zu erm\u00fcden, theilen wir f\u00fcr die unser Interesse in Anspruch nehmenden Zeiten nur die Mittelwerthe aus allen zusammengeh\u00f6rigen Werthen eines Versuchstages mit. Da jedoch, wie die fr\u00fcher angedeutete Berechnungsweise der Mittelwerthe f\u00fcr die Unterseheidungs- und Wahlzeiten hei den einzelnen Reihen erkennen l\u00e4sst, in diese Mittelwerthe Versuche mit verschiedenen Fingern eingehen, so schicken wir eine Tabelle f\u00fcr die Reactionszeiten Rv, i\u00fc2, \u2022 \u2022 R5, Ri, Rn, . \u25a0 Rr der einzelnen Finger voraus, welche die Mittel aller \u00fcberhaupt angestellten einfachen Reactionsversuche repr\u00e4sentiren.\nTab. I.\nReactionszeiten f\u00fcr die einzelnen Finger.\nReagirender.\tRy\tR*\tRz\tRi\t-Rs\tRi\tRu\tRin\tRiv\tRr\ni O. L.\t188,8\t187,8\t193,4\t192,4\t192,5\t189\t187,6\t191\t190,5\t195\nJ. M.\t189,4\t188,6\t190,2\t190,4\t190,9\t189\t188,9\t192\t194,3\t186\nM. M.\t190,8\t190,6\t192,4\t194,8\t190,3\t190,6\t193,4\t188,3\t191\t188\nDie wider Erwarten geringen Unterschiede f\u00fcr die Reactionszeiten der verschiedenen Finger d\u00fcrften wohl zumeist darin begr\u00fcndet liegen, dass ' die Arretirung des Zeigerwerkes des Chronoskopes nicht erst dann erfolgte, wenn der betreffende Finger, der die Reaction zu vollziehen hatte, bereits eine gewisse Strecke emporgehoben war, sondern schon bei der geringsten Aufhebung der Platincontacte. Sie lassen es durchaus als berechtigt erscheinen, wenn wir in den nachfolgenden Tabellen f\u00fcr die einfachen Reactionszeiten nur die Mittelwerthe von je einem Tage mittheilen, zumal da in den einzelnen Reihen die Verschiedenheit der Reactionszeiten f\u00fcr die verschiedenen Finger keine wesentlich gr\u00f6\u00dfere war. Dagegen zeigten die bei den Unterscheidungsversuchen und in noch evidenterer Weise die bei den Wahlversuchen gewonnenen Zeiten wesentlich gr\u00f6\u00dfere Differenzen, so da\u00df die Unter-scheidungs- und Wahlzeiten zun\u00e4chst f\u00fcr die einzelnen Finger berechnet werden mussten und erst aus diesen Werthen das arithmetische Mittel gezogen werden konnte. Die Verschiedenheiten der Unterseheidungszeiten r\u00fchrten \u00fcberdies nicht daher, dass dieselben nach den Wahlen gr\u00f6\u00dfer sich herausgestellt h\u00e4tten, als vor denselben,","page":88},{"file":"p0089.txt","language":"de","ocr_de":"Die zeitlichen Verh\u00e4ltnisse der Willenstli\u00e4tigkeit.\n89\nsondern d\u00fcrften jedenfalls auf verschiedene, kaum zu eruirende Ursachen zur\u00fcckzuf\u00fchren sein; vielleicht w\u00fcrden sie wesentlich vermindert werden, wenn man eine gr\u00f6\u00dfere Anzahl Unterscheidungsversuche anstellte. Auf die Verschiedenheiten der Wahlzeiten f\u00fcr die einzelnen Finger kommen wir sp\u00e4ter zur\u00fcck.\nDie Versuche kamen in der Weise zur Ausf\u00fchrung, dass hei der Unterscheidung und Wahl zwischen 2 Eindr\u00fccken die Zahlen 1 und 2 und die entsprechenden Finger der rechten Hand gew\u00e4hlt wurden, hei den folgenden Unterscheidungs- und Wahlversuchen aber immer die n\u00e4chstfolgende Zahl mit dem zugeh\u00f6rigen Finger hinzutrat. Die einzelnen Versuchsreihen wurden zu Gesammtreihen vereinigt, welche Reactionen, Unterscheidungen und Wahlen bei Benutzung aller jeweils in Betracht kommenden Finger enthielten, und an die sich die Berechnung anschloss. Bevor wir zur Mittheilung der t\u00e4glichen Mittel f\u00fcr die Beactionszeiten (_B), die Unterscheidungszeiten ( \u00fc) und die Wahlzeiten (W) \u00fcbergehen, m\u00f6ge die Berechnungsweise der analogen Mittelwerthe f\u00fcr die Gesammtreihen an einem einfachen Beispiele illustrirt werden. Wir w\u00e4hlen dazu eine Versuchsreihe f\u00fcr die Unterscheidung und Wahl hei zwei Zahlen, welche sich am 5. Juli f\u00fcr Herrn Mehner ergab. Die in eckigen Klammern befindlichen Zahlen waren zu unterscheiden oder hatten die Wahl zu veranlassen, die Zahlen innerhalb der runden Klammern bezeichnen die Finger, mit denen die Reaction ausgef\u00fchrt wurde.\n-S(l)\tRu( i)\t\tRuw( i,\t2)\tRum\t\t-\u00df(2)\n192\t204\t[1]\t287\t[2]\t237\t[2]\t194\n198\t224\t[1]\t330\t[2]\t208\t[2]\t205\n\t\t\t307\t[2]\t\t\t\n180\t220\t[2]\t307\t[1]\t194\t[1]\t186\n\t\t\t362\t[1]\t\t\t\n\t\t\t312\t[2]\t\t\t\nMittelwerthe: 190\t216\t\t333\t[3]\t213\t\t195\n309 [2]\nDaraus berechnen sich -S! \u2014i(-Si(i) + -\u00df(2))\n. 192,5, \\UU\"= RU^= 261, U\u2014{(\n\\ U(2) =\t\u2014 R(2) = 18J\nU(i)+ U(2)) \u201422,\n{W( i) = Ruw(i)\u2014-Rw(i) = 1171 W(2)=Ruw@)\u2014Rup) = 96 J\u2019\nW=\n2 W(l) + 4 W(2)\n= 103.\n6","page":89},{"file":"p0090.txt","language":"de","ocr_de":"90\nJulius Merkel.\nIn analoger Weise erfolgt die Berechnung von R, U und W auch f\u00fcr gr\u00f6\u00dfere Reihen, sodass sich die allgemeinen Formeln aufstellen lassen :\nw *w{l)+bwm+....\na + b ..\nin denen die und Wsich berechnen aus :\nU(X) = RuX) \u2014 R(X)>\nwm \u2014 Ruw(X) \u2014 Rua),\nwo \u00fcberall f\u00fcr l der Reihe nach die s\u00e4mmtlichen Zahlen zu setzen sind, die den benutzten Fingern entsprechen, n die Anzahl der letzteren und a, b . . . die Anzahl der in W(i), W(i) \u2022 \u25a0 \u2022 zum arithmetischen Mittel vereinigten Werthe repr\u00e4sentirt. Die Formeln f\u00fcr R und U gelten \u00fcbrigens nur unter der Voraussetzung, dass immer gleichviel Reactions- und Unterscheidungsversuche f\u00fcr jeden Finger vorliegen. F\u00fcr n = 2, p = 2, a = 2, b \u2014 4 gehen diese Formeln die Relationen des vorangehenden Beispiels.\nBei Berechnung der mittleren Variationen (deren Durchf\u00fchrung hier \u00fcberfl\u00fcssig ist) f\u00fcr die Reactions-, Unterscheidungs- und Wahlversuche bestimmen wir die Differenzen der einzelnen Werthe f\u00fcr jeden Finger von dem entsprechenden Mittelwerthe, addiren dieselben, indem wir sie alle positiv rechnen, und nehmen schlie\u00dflich das arithmetische Mittel. Die so erhaltenen Werthe sind die Mittelwerthe der mittleren Variationen f\u00fcr die mit jedem Finger ausgef\u00fchrten Versuche und sollen kurz durch Vn, Vv und FV bezeichnet werden. Somit haben wir sowohl bei Berechnung der Unterscheidungs- und Wahlzeiten, als auch bei Bestimmung der mittleren Variationen die Unterschiede der bei den einzelnen Fingern gewonnenen Zeiten ber\u00fccksichtigt , wollen aber auf die Mittheilung der Mittelwerthe Ru und Ruw der bei s\u00e4mmtlichen Unterscheidungs- und Wahl versuchen eines Tages erhaltenen Zeiten verzichten, da die Werthe U und W den Relationen :\nRu \u2014 R und Ruw \u2014 Ru","page":90},{"file":"p0091.txt","language":"de","ocr_de":"Die zeitlichen Verh\u00e4ltnisse der Willensth\u00e4tigkeit,\n91\nim allgemeinen nur nahezu entsprechen k\u00f6nnen. (In unserm Beispiele w\u00fcrde sich nach diesen Formeln 17=22 und IF =106,5 ergehen.)\nIn den folgenden Tabellen gibt die Columne A die Anzahl der Eindr\u00fccke und Fingerbewegungen, welche bei den Unterscheidungsund Wahlversuchen benutzt wurden, w\u00e4hrend unter D das Datum des Versuchstages angegeben ist ; M, U und W gehen die Mittelwerthe aller Reactions-, Unterscheidungs- und Wahlzeiten des vorgenannten Versuchstages, Fr, Vu und Vw die entsprechenden Mittelwerthe der mittleren Variationen. Bei den Wahlen enth\u00e4lt \u00fcberdies die Columne n die Anzahl der Versuche, welche zur Berechnung des Mittelwerthes Vorlagen ; die Anzahl der jeweils zum Mittel vereinigten Reactions-und Unterscheidungszeiten war im allgemeinen eine \u00e4hnliche. Da, wo bei 2, 3 oder 4 Eindr\u00fccken nur eine Gesammtreihe von einem Tage vorlag, wurde dieselbe mit der am n\u00e4chstfolgenden Versuchstage erhaltenen combinirt. Die Ordnung der Tabellen erfolgt nach der Gr\u00f6\u00dfe des Mittelwerthes f\u00fcr die Wahlzeiten bei 2 Eindr\u00fccken, resp. zwischen 2 Bewegungen.\nTab. II.\nG. L.\nD\tA\tR\tVr\tU\tVu\tW\tVw\tn\n1. VII. 82.\t2 1\t189,5\t6\t26\t7\t24\t9\t6\n5. VII.\t2 \\\t190\t3\t23\t11\t25\t20\t12\n8. VII.\t3\t189\t6\t23,5\t9\t34\t20,5\t24\n28. VI.\t\t191\t5\t22\t9,5\t45\t32\t15\n12. VII.\t4 1\t192\t3\t23\t9\t49\t36\t13\n1. VII.\t\t192\t5\t21,5\t9\t77\t25\t16\n12. VII.\t5 \\\t188,5\t8\t28\t14,5\t81\t36\t16\n17. VII.\t6\t199\t9\t30\t11\t120,5\t48\t20\n19. VII.\t7\t192\t5\t24\t9\t147,5\t67\t25\n22. VII.\ts /\t190,5\t4,5\t25,5\t8\t197,5\t60,5\t26\n26. VII.\t8 \\\t187\t7,5\t24\t16\t213\t71\t25\n2. VIII.\t9\t189\t6,5\t22\t13\t257\t82\t30\n5. VIII.\t10\t188,5\t6,5\t24,5\t10\t298\t81,5\t40","page":91},{"file":"p0092.txt","language":"de","ocr_de":"92\nJulius Merkel.\nTab. III. J. M.\nf.-u. 10. VI.\n5. VII.\n14. u. i?. VI.\n28. VI.\n1. VII.\n12. VII.\n8. VII.\n15. VII.\n26. VII.\n22. vn,\n5. vin.\n2. vm.\nTab. IV.\nM. M.\nD\tA\tB\tVr\tU\tVu\tW\tVw\tn\n3. u. 7. VI.\t2 /\t191\t4\t23\t7,5\t108\t23,5\t18\n5. VII.\t2 1\t191,5\t4\t23\t8\t108,5\t25,5\t18\n21. u. 24. VI.\t3 /\t193,5\t4,5\t22\t8\t197,5\t20\t20\n8. vn.\t3 1\t194\t4\t22,5\t10\t195,5\t28\t22\n24. u. 28. VI.\t4 /\t194\t4\t21.5\t7,5\t256\t33\t31\n8. VH.\t4 \\\t192\t4\t20,5\t8,5\t251\t28,5\t16\n17. VI.\t5 <f\t190,5\t2\t22,5\t11\t310\t37,5\t22\n12. VII.\t5 \\\t194,5.\t4\t20\t8\t294\t34\t20\n15. VH.\t6 i\t192,5\t4\t23,5\t10\t346,5\t30\t21\n20. IX.\t6 \\\t188,5\t2,5\t22\t4,25\t351\t21\t24\ni9. vn.\t7 I\t193\t6,5\t21,5\t9,5\t396,5\t34\t25\n20. IX.\t\t189\t2,5\t22\t5,5\t389,5\t23\t\n22. VII.\t8\t193\t8,5\t21,5\t8,25\t420,5\t48,5\t4\u00a3\n21. IX.\t9\t188,5\t3\t22\t4,5\t434,5\t31\t48'\n22. IX.\t10\t189\t3\t22\t4,75\t440,5\t32\t50\nBei den Unterscheidungszeiten ergaben sich im Mittel f\u00fcr s\u00e4mmt-liche benutzten Z\u00e4hlen im allgemeinen dieselben Werthe, wenigstens konnten die geringen Unterschiede nicht wohl auf eine verschieden lange Apperceptionszeit der Zahlen zur\u00fcckgef\u00fchrt werden. Uebrigens machte sich gerade bei diesen Versuchen ein Umstand st\u00f6rend geltend, welcher hier nicht unerw\u00e4hnt bleiben darf. Um \u00fcberhaupt bei den","page":92},{"file":"p0093.txt","language":"de","ocr_de":"Die zeitlichen Verh\u00e4ltnisse der Willensth\u00e4tigkeit.\n93\nUnterscheidungsversuchen andere Zahlen zu erhalten, als bei den einfachen Reactionsversuchen, musste die Aufmerksamkeit hei beiden Versuchsgattungen eine m\u00f6glichst gleiche sein ; h\u00e4ufig jedoch wurde vom Reagirenden den\u00fcnterscheidungsversuchen gr\u00f6\u00dfere Aufmerksamkeit zugewandt, als den einfachen Reactionsversuchen, und so ergab sich eine Anzahl von Beobachtungsreihen, welche negative Unterscheidungszeiten lieferten. Diese Reihen sind entweder ganz fortgelassen, oder es sind nur ihre Wahlzeiten verwerthet worden, die alsdann mit den \u00dcnterscheidungszeiten anderer, in dieselbe Versuchsgattung geh\u00f6render Reihen combinirt wurden, falls dieselben am n\u00e4mlichen Versuchstage erhalten waren. Letzteres geschah indess nur hei den Versuchen \u00fcber Unterscheidung und Wahl zwischen 5 und 6 Eindr\u00fccken, weil gerade hier betr\u00e4chtlich weniger Versuche Vorlagen.\nDie absoluten Werthe der Unterscheidungszeiten f\u00fcr 2 bis 10 Eindr\u00fccke schwanken, wie ein Blick auf alle drei Tabellen zeigt, um einen Mittelwerth hin und her, ohne dass ein Aufsteigen derselben mit der Zunahme der Eindr\u00fccke sich geltend machte, wie man wohl erwarten k\u00f6nnte. Die Wahlzeiten bei M. M. und J. M. zeigen hingegen ein stetiges Wachsthum, das einer gegen die Abscissenachse (M-Achse) bald convexen, bald concaven Curve entspricht, die bei 10 Eindr\u00fccken [A= 10) bereits ihren h\u00f6chsten Punkt nahezu erreicht zu hahtju scheint ; auch weichen die Anfangsordinaten und besonders die Endordinaten dieser Curven nur wenig von einander ab, w\u00e4hrend, wie wir sp\u00e4ter genauer erfahren werden, der Verlauf beider Curven dennoch wesentliche Verschiedenheiten aufweist. Anders verhalten sich die Wahlzeiten bei G. L. ; dieselben zeigen zwar auch eine Zunahme mit der Anzahl der Eindr\u00fccke, sind aber ihrem absoluten Werthe nach viel kleiner, als die der beiden andern Beobachter. W\u00e4hrend jedoch bei letzteren nur sehr selten hei den Wahlversuchen eine falsche Reaction vorkam, die alsdann auch eine wesentlich verschiedene Zeit aufwies im Vergleich zu den andern Wahlzeiten und daher bei der Berechnung ausgeschlossen wurde, kamen bei Q. L. h\u00e4ufiger Verwechslungen vor, eine Erscheinung, welche immer mit einpr geringeren Wahlzeit bei den richtigen Reactionen verkn\u00fcpft ist. Auch erreichen bei G. L. dip mittleren Variationen bei den Wahlversuchen zum Theil die doppelte H\u00f6he der entsprechenden Variationen bei den andern Beobachtern.","page":93},{"file":"p0094.txt","language":"de","ocr_de":"94\nJulius Merkel.\nEinzelne, im ganzen nur wenige Reihen zeigten f\u00fcr alle in den vorangehenden Tabellen enthaltenen Zeiten wesentlich h\u00f6here Werthe, die zum Theil durch ausnahmsweise St\u00f6rungen, denen der Reagirende ausgesetzt war, zum Theil aber durch Unvollkommenheiten der Versuchstechnik ihre Erkl\u00e4rung fanden. Namentlich war auf die Beleuchtung besonderes Augenmerk zu lenken. Waren die Reactions-objecte nicht v\u00f6llig hell, so ergaben sich sofort h\u00f6here absolute Werthe f\u00fcr die einzelnen Zeiten oder wenigstens gr\u00f6\u00dfere Variationen. Bei 5 Reizen angekommen, wurden die Versuche in anderer Weise durchgef\u00fchrt , als vorher, indem drei Beobachter zusammenwirkten, von denen der eine am Chronoskop die Zeiten abzulesen, der andere die \u00fcbrigen Manipulationen auszuf\u00fchren, der dritte zu reagiren hatte. Die dadurch bewirkte schnellere Aufeinanderfolge der Einzelversuche ergab f\u00fcr die ersten Versuchsreihen h\u00f6here Zeiten; dieselben erreichten bei J. M. in der ersten dieser Versuchsreihen im Mittel die folgenden Gr\u00f6\u00dfen :\nA R VB U Vn W Vw n\n5\t236\t14\t27\t22\t329\t51\t16\nAls jedoch etwas langsamer vorgegangen wurde, ergaben sich wieder normale Zeiten.\nW\u00e4hrend so die vorstehenden Versuche wohl schwerlich gen\u00fcgen d\u00fcrften, \u00fcber die allgemeinen Normen des zeitlichen Verlaufes der Willensth\u00e4tigkeit gewisse Gesetze aufzustellen und in die individuellen Verschiedenheiten derselben einen sicheren Einblick zu gewinnen, haben sie uns hingegen auf die Beachtung verschiedener Punkte hingewiesen, welche bei neuen Versuchen nicht au\u00dfer acht gelassen werden durften. Diese bestanden: 1) in der Herstellung einer m\u00f6glichst gleichm\u00e4\u00dfigen Beleuchtung, 2) in einer ziemlich schnellen, m\u00f6glichst gleichm\u00e4\u00dfigen Aufeinanderfolge der Einzelversuche bei den verschiedenen Versuchspersonen, 3) in der Einhaltung einer m\u00f6glichst gleichen Zwischenzeit zwischen den einzelnen Versuchstagen, 4) in der Wahl einer constanten Tageszeit f\u00fcr jede Versuchsperson, endlich 5) selbstverst\u00e4ndlich in der Fernhaltung jedes st\u00f6renden Einflusses.\nUm diese Bedingungen zu erf\u00fcllen, wurden in den nun folgenden Versuchen bei der Beleuchtung immer gleich viel Elemente benutzt, deren Zinkkolben oft amalgamirt wurden, w\u00e4hrend die verd\u00fcnnte Schwefels\u00e4ure durch Hinzugie\u00dfen einiger Tropfen S\u00e4ure jedesmal an-","page":94},{"file":"p0095.txt","language":"de","ocr_de":"Die zeitlichen Verh\u00e4ltnisse der WilLensth\u00e4tigkeit.\n95\nn\u00e4hernd auf die fr\u00fchere Concentrationsstufe gebracht war ; es unterblieb ferner die sofortige Berechnung der Zeiten aus den Zeigerstellungen am Chronoskop vor und nach den Versuchen, hei denen \u00fcberdies au\u00dfer dem Reagirenden und dem Beobachtenden Niemand zugegen war. Um trotzdem den Gang der Versuche im allgemeinen verfolgen zu k\u00f6nnen, wurden in den Versuchspausen die Mittelwerthe der Reactions-, Unterscheidungs- und Wahlzeiten jeder Einzelreihe aus der Differenz der Zeigerstellungen der beiden letzten Versuche zweier aufeinanderfolgender Versuchsgattungen berechnet. Es wurde ferner hei jeder Versuchsperson nahezu dieselbe Anzahl von Versuchsreihen durchgef\u00fchrt, und zwar wurden bis zu 7 Eindr\u00fccken an zwei verschiedenen Versuchstagen Versuche angestellt. Bei den Unterscheidungsversuchen folgten jedesmal 4 derselben und bei den Wahlen 8\u201410, im \u00fcbrigen wurde die fr\u00fchere Versuchsweise heihehalten.\nEine verschieden lange Apperceptionszeit f\u00fcr die verschiedenen Zahlen konnte auch hier hei keinem der Reagirenden constatirt werden. Was die Wahlzeiten anlangt, so galt es hier nur, die durch die Uehung noch nicht beeinflusste Normaldauer der Wahlacte kennen zu lernen ; daher \u00fcbersteigt die Anzahl der Wahlen, welche in s\u00e4mmt-lichen Reihen f\u00fcr die gleiche Anzahl von Eindr\u00fccken ausgef\u00fchrt wurden, nie die Zahl 60, eine Zahl, die noch nicht gro\u00df genug war, um einen bestimmt hervortretenden Einfluss der Uebung auf die Wahlzeit erkennen zu lassen.\nAn den Versuchen nahmen die folgenden Herren in dankens-werther Weise Antheil : Dr. ph. Ernst Tischer (Dr. T.), stud, theol. etphil. FranzKrohn (F. K.), stud, theol. etphil. or. Richard Krohn (R. K.), cand. theol. Johann Hubrig [J. H.), sowie die Herren Lehrer Reinhold Eichler (R. E.), Louis Fliegei (L. E.) und August Bergmann (A.B.).\nW\u00e4hrend hei denjenigen Personen, die an derartigen Uebungen noch nicht theilgenommen, die an den ersten 2 Tagen gewonnenen Zahlen in der Regel noch unbrauchbar waren, konnten s\u00e4mmtliche hei den Herren Dr. Tischer und J. Hu hr i g erhaltenen Zahlen bei Berechnung der nachfolgend verzeichneten Mittelwerthe Ber\u00fccksichtigung finden. In den Tabellen halten wir an der bereits bei den fr\u00fcheren eingef\u00fchrten Bezeichnungsweise fest und ordnen wiederum nach der Gr\u00f6\u00dfe des Mittelwerthes der Wahlzeiten hei 2 Eindr\u00fccken.","page":95},{"file":"p0096.txt","language":"de","ocr_de":"96\nJulius Merkel.\nTab. V.\nReactionszeiten f\u00fcr die einzelnen Finger.\nReagirender.\tFi\tF2\tf3\tFt\tf5\tRi\tRn\tRm\tRiv\tRr\nR. K.\t194,2\t194,5\t192,1\t197,1\t193,9\t193,9\t193,6\t195\t201\t200\nF. K.\t194,8\t192,8\t194,5\t199,1\t195\t194\t192,4\t195\t200,5\t196\nDr. T.\t177,4\t176,5\t176,6\t179\t174,3\t170,4\t170\t171\t183\t182\nJ. H.\t175\t173,5\t177\t178\t176\t181\t180,5\t181\t183,5\t184\nR. E.\t184,6\t185,4\t185,3\t190,4\t190,5\t188\t189,2\t190,3\t194,5\t193\nL. F.\t186,2\t185\t186,4\t190,2\t187\t188,3\t188\t189\t194\t192\nA. B.\t185,6\t185,5\t184,4\t186,6\t183,4\t184,3\t183,5\t184\t183\t185\nUnterscheidungs- und Wahlzeiten.\nTab. VI.\nR. K.\nD\tA\tR\tVb\tU\tVu\tW\tVw\tn\n27. VII. 82.\t\t202\t5\t19\t6,5\t90\t25\t24\n28. VII.\t\t195\t2,5\t21 ,\t5\t83\t13\t16\n28. VII.\t\t195\t4\t22\t7\t112,5\t28\t14\n29. VII.\t\t198,5\t7,5\t21\t7\t119\t27\t28\n29. VII.\t\t194\t4,5\t21\t8\t295\t28,5\t16\n30. VII.\t4\t<\t195\t5,5\t24,5\t8\t304\t25\t32\n30. VII.\t\t192\t8\t23,5\t7\t359\t30\t20\n31. VII.\t\t196\t5,5\t23\t10,5\t358\t30\t20\n31. VII.\t\t193\t4\t24\t8,5\t384\t27\t25\n1. VIII.\to <\t194\t3\t26\t6,5\t394\t32,5\t25\nl. vm.\t\t192\t4,5\t24\t8,5\t405,5\t37\t25\n2. VIII.\t\t193\t3,5\t24,5\t7\t406,5\t40,5\t25\n2. VIII.\t8\t195\t4\t24\t6,5\t414,5\t35,5\t42\n3. VIII.\t9\t194\t3,5\t23\t8\t418\t32,5\t40\n4. VIII.\t10\t196\t3\t22\t7\t417\t41\t40\nTab. VII.\nJ. H.\nD\tA\tR\tVb\tU\tVu\tW\tVw\tn ,\n24. VIII.\t2 /\t179\t5\t25\t8\t97\t26\t32\n25. VIII.\t2 \\\t182\t3\t24\t5,5\t98\t20\t16\n25. VIII.\t\t173\t5\t24,5\t7\t144\t17\t30\n27. VIII.\tO\t<\t175\t7\t25\t9\t147\t23\t30\n27. VIII.\t/\t174\t2,5\t24\t5\t221\t24\t32\n28. VIII.\t4 <\t176\t4\t25\t8,5\t227\t31\t16\n28. VIII.\t\t179\t3\t25\t5,5\t295\t25\t32\n29. VIII.\t\t175,5\t4\t23\t9\t283\t22\t24\n30. vm.\t\t178\t5\t26\t6\t324\t28\t30\n31. VIII.\t\t174\t3,5\t23,5\t8\t331\t32\t30\n\t\t183\t3,5\t22,5\t10\t354\t26\t24\n\t\t180\t3\t26\t9\t342\t30\t30\n27. II.\t8\t181,5\t4,5\t23\t8,5\t374,5\t33\t48\n1. III.\t9\t182\t3,5\t23,5\t6,5\t399\t36\t48\n2. III.\t10\t180\t4\t24\t9\t399,5\t34,5\t50","page":96},{"file":"p0097.txt","language":"de","ocr_de":"Die zeitlichen Verh\u00e4ltnisse der Willensth\u00e4tigkeit.\n97\nTab. VIII.\nH. E.\nB\tA\tR\tVr\tU\tVu\tW\tVw\tn\n20. IX. 82.\t2 i\t184,5\t3\t23,5\t6\t102\t14\t24\n22. IX.\t2 1\t187\t3\t24\t5\t101\t12\t24\n22. IX.\to /\t183,5\t4,5\t21,5\t5\t140,5\t18\t30\n23. IX.\t3 \\\t182,5\t3\t21\t6\t141\t16\t30\n23. IX.\t4 i\t185,5\t2,5\t22\t4,5\t209,5\t20,5\t36\n26. IX.\t\t184\t4\t20\t4,5\t190,5\t21,5\t20\n26. IX.\t5 /\t186,5\t3,5\t21,5\t3,5\t242\t28\t30\n28. IX.\t5 1\t186\t3,5\t20\t4\t245,5\t27,5\t28\n10. X.\t6 \u25a0(\t187\t3\t21\t3\t261,5\t29\t30\n11. X.\t\t187\t4\t20,5\t4\t275,5\t18\t30\n13. X.\t7\t189,5\t3\t20,5\t3,5\t308\t22,5\t55\n14. X.\t8\t190\t3\t21\t4\t363\t22\t56\n17. X.\t9\t189,5\t3,5\t20\t4,5\t394,5\t20\t55\n18. X.\t10\t190\t3,5\t21\t4\t396\t22,5\t56\nTab. IX.\nA. B.\nB\tA\tR\tVr\tU\tVu\tW\tVw\tn\n8. X.\t2 /\t187,5\t2,5\t20\t3,5\t105\t12,5\t32\n11. X.\t\t189,5\t3\t21\t4,5\t100,5\t10,5\t24\n11. X.\t3 /\t187\t2\t20\t5\t186\t13\t30\n14. X.\t3 \\\t187\t3,5\t20\t7\t182\t15,5\t30\n14. X.\t4 /\t188\t3\t20\t4\t210\t15\t32\n18. X.\t4 V\t186,5\t3,5\t21\t3,5\t206,5\t14\t24\n18. X.\t5 j\t185,5\t3\t20\t5\t287,5\t19\t32\n21. X.\t5 i\t186\t2,5\t22\t4,5\t293,5\t22\t24\n21. X.\t\t183\t4,5\t20,5\t6,5\t308,5\t16\t30\n25. X.\t\t179\t4\t23\t5\t327\t27\t30\n25. X.\t7 i\t183\t3,5\t21\t4,5\t356\t24\t30\n28. X.\t\t185\t2,5\t22\t6\t350,5\t28\t30\n4. XI.\t8\t185\t3\t21\t5\t391\t19\t56\n8. XI.\t9\t184\t3,5\t22\t5,5\t402,5\t26\t56\n11. XI.\t10\t185\t4\t20\t4,5\t407\t23\t60\nWundt, Philos. Studien. II.\n7","page":97},{"file":"p0098.txt","language":"de","ocr_de":"98\nJulius Merkel.\nTab. X.\nL. F.\nD\tA\tR\tVb\tU\tVo\tW\tVw\tn\n2. X.\t2 /\t187\t3,5\t23\t4\t104,5\t13\t32\n3. X.\t2 \\\t188\t4\t19\t4,5\t108,5\t9\t24\n3. X.\t3 J\t186\t1,5\t22\t3\t145\t16\t30\n5. X.\t\\\t186\t3\t22\t4\t142\t21,5\t30\n5. X.\t4 /\t185\t3,5\t22\t4,5\t194\t20\t32\n6. X.\t4 \\\t187\t5\t20\t3,5\t206\t21\t24\n6. X.\t5 /\t187\t4\t21\t4,5\t225\t31\t32\n8. X.\t5 \\\t186,5\t6\t23\t5\t231\t23\t24\n8. X.\t6 <f\t188\t2,5\t21\t6\t309\t26\t30\n10. X.\t6 \\\t187\t3,5\t22\t4,5\t314,5\t29\t30\n10. X.\t7 f\t187\t4,5\t22\t6\t380\t26\t30\n13. X.\t7 \\\t187\t2,5\t21\t4,5\t369,5\t32\t30\n15. X.\t8\t183\t5\t21\t5,5\t389\t28\t56\n17. X.\t9\t188\t4,5\t19\t7\t397\t35\t56\n21. X.\t10\t191\t3,5\t20\t5,5\t404\t29\t60\nTab. XI.\nF. K.\nD\tA\tR\tVb\tU\tVu\tW\tVw\tn\n27. VII.\t2 J\t197,5\t5\t21\t6,5\t125,5\t17\t24\n28. VII.\t2 \\\t197,5\t3,5\t20,5\t7\t116\t14\t16\n28. VII.\t3 /\t197\t4\t21,5\t11\t143\t18\t14\n29. VII.\t3 \\\t198\t7\t22,5\t6\t154\t25\t28\n29. VII.\t\t197\t5\t22\t9\t172\t14\t16\n30. VII.\t4 >\t195\t3\t21,5\t6\t182\t21\t32\n30. VII.\t5 /\t194\t5\t21\t12\t203\t21\t20\n31. VII.\t5 \\\t195\t7\t20,5\t7,5\t198\t19\t20\n31. VII.\t\u00ab {\t194\t6\t22\t13\t249\t20\t25\n1. VIII.\t\t195\t4\t22\t9,5\t239\t27\t25\n1. VIII.\t7 /\t192,5\t5\t20,5\t11\t304\t28,5\t25\n2. VIII.\t7 \\\t195\t4\t21\t6\t289\t39,5\t25\n3. VIII.\t8\t194\t6,5\t20\t9,5\t357,5\t34\t42\n4. VIII.\t9\t193,5\t5,5\t21,5\t8\t398\t42\t40\n5. VIII.\t10\t195,5\t4,5\t21\t6,5\t402\t39\t40\n\t\t\t\t\t\t\t\t","page":98},{"file":"p0099.txt","language":"de","ocr_de":"Die zeitlichen Verh\u00e4ltnisse der Willensth\u00e4tigkeit.\n99\nTab. XII. Dr. T.\nD\tA\t\tR\tVr\tu\tVu\tTV\tVw\tn\n24. VIII.\t\t\t184\t4\t25\t6\t154,5\t25\t32\n25. VIII.\t2\t\\\t175,5\t4\t23,5\t6\t155\t11,5\t16\n24. u. 25. VIII.\t\tI\t189\t3,5\t25\t6\t214\t20\t30\n25. u. 26. VIII.\t\t\\\t182\t3\t23,5\t6\t224\t32\t30\n26. VIII.\t\t1\t172\t5\t24\t6\t259,5\t30\t32\n28. VIII.\t\t\\\t181\t3,5\t25\t4\t255,5\t26\t16\n28. VIII.\t\t/\t181\t4\t24\t5,5\t308\t22\t24\n29. VIII.\t5\t\\\t175\t3\t25\t5\t303\t31\t24\n29. VIII.\t\t/\t175\t4\t25\t57t)\t336,5\t21\t25\n30. VIII.\t\t\t173\t3,5\t24\t5\t334\t21\t25\n30. VIII.\t_\t/\t171\t3,5\t24,5\t5\t359\t29\t30\n31. VIII.\t\t1\t168\t4\t24,5\t5\t357,5\t36,5\t30\n31. VIII.\t8\t\t172\t4\t24\t6,5\t382\t24\t48\n1. IX.\t9\t\t176,5\t3\t24\t5\t393\t23\t48\n3. IX.\t10\t\t173,5\t3\t24,5\t5,5\t395\t20,5\t50\nDie erste dieser Tabellen (V) zeigt auf den ersten Blick, dass auch hier die Reactionszeiten f\u00fcr die einzelnen Finger wesentliche Verschiedenheiten nicht aufweisen ; nur die Reactionszeiten f\u00fcr den vierten Finger sind im allgemeinen etwas betr\u00e4chtlicher als die der \u00fcbrigen ; auch gelang es manchem der Reagirenden erst nach Ausf\u00fchrung einer Anzahl von Versuchen, bei den Wahlversuchen mit diesen Fingern zu reagiren, ohne gleichzeitig die 5. Finger mit emporzuheben.\nDie Unterscheidungszeiten zeigen ebenfalls ein bestimmtes, mit der Zunahme der Eindr\u00fccke hervortretendes Wachsthum nicht, sie stimmen jedoch f\u00fcr die einzelnen Finger wesentlich besser \u00fcberein, als diejenigen der fr\u00fcheren Versuchspersonen. Auch die mittleren Variationen Vu zeigen keine stetige Zunahme, sondern schwanken um einen Mittelwerth hin und her. Gleiches gilt von den mittleren Variationen Vr.\nBei den Wahlzeiten findet hingegen bei allen Reagirenden mit der Zunahme der Eindr\u00fccke ein stetiges Wachsthum statt, dieselben stimmen \u00fcbrigens bei der gleichen Anzahl von Eindr\u00fccken an den beiden Versuchstagen zum Theil sehr gut \u00fcberein, zum Theil zeigen sie eine geringe Abweichung, die deshalb nicht auf einen Einfluss der Uebung zur\u00fcckgef\u00fchrt werden kann, weil die Zahlen des zweiten Tages ebenso oft gr\u00f6\u00dfer als kleiner wie diejenigen des ersten sind. Sie m\u00f6gen z. Th. auf eine verschiedene Disposition zu den Versuchen,\n7*","page":99},{"file":"p0100.txt","language":"de","ocr_de":"100\nJulius Merkel.\nz. Th. auf unbekannte Ursachen zur\u00fcckzuf\u00fchren sein; so schien z. B. die Helligkeit, welche im Yersuchszimmer vorherrschte, auf die Resultate einen wenn auch geringen Einfluss auszu\u00fcben. Die mittleren Variationen Vw zeigen eine Zunahme mit der Anzahl der Eindr\u00fccke, die jedoch nicht regelm\u00e4\u00dfig auftritt.\nMit R\u00fccksicht auf diese allgemeinsten Ergebnisse der vorliegenden Versuche wird es gestattet sein, die weitere Discussion an die Mittel-werthe aller Reactions- und Unterscheidungszeiten, sowie aller jeweils bei derselben Anzahl von Eindr\u00fccken gewonnenen Wahlzeiten anzukn\u00fcpfen. Wir z\u00e4hlen hier, wo es sich um Mittelwerthe aus Versuchen verschiedener Tage handelt, die Tagesmittel der einzelnen Versuchsgattungen nicht mehr m-fach, wenn sie selbst das Mittel aus m Versuchen sind, weil wir es f\u00fcr das wahrscheinlichste halten, dass bei unsern Versuchen der aus einer geringeren Anzahl von Beobachtungen hervorgegangene Tageswerth ann\u00e4hernd derselbe geblieben w\u00e4re, wenn man auch eine etwas gr\u00f6\u00dfere Anzahl von Versuchen angestellt h\u00e4tte. Wir betrachten also alle Tageswerthe als gleichbedeutend, zumal da in den meisten F\u00e4llen die Anzahl der Versuche an den 2 verschiedenen Tagen, wenn nicht v\u00f6llig gleich, so doch wenig verschieden war.\nA. Die Gesammtmittel der einfachen Reactionszeiten.\nBerechnen wir die Gesammtmittel der einfachen Reactionszeiten aus den Tabellen, welche gleichzeitig die mittleren Variationen derselben enthalten, so ergeben sich f\u00fcr s\u00e4mmtliche Versuchspersonen die in nachstehender Tabelle verzeichneten Zeiten.\nTab. XIII.\nReagirender :\tDr. T.\tJ.H.\tA.B.\tL.F.\tR. E.\tJ. M.\tG. L.\tM. M.\tR.K.\tF.K.\nR\t176,6\t178,1\t185,4\t186,9\t187,2\t189,9\t190,6\t191,6\t195\t195,4\nVb\t3,6\t4\t3,2\t3,8\t3,4\t4,8\t5,8\t4\t4,5\t5\nDiese Zahlen reihen sich s\u00e4mmtlich in die von verschiedenen Forschern f\u00fcr die rechte oder linke Hand bei Lichtreizen erhaltenen Reactionszeiten ein, sie best\u00e4tigen ferner von neuem die bekannte Thatsache, dass die Reaction auf einen Lichteindruck einen wesent-","page":100},{"file":"p0101.txt","language":"de","ocr_de":"Die zeitlichen Verh\u00e4ltnisse der Willensth\u00e4tigkeit.\n101\nlieh gr\u00f6\u00dferen Zeitraum in Anspruch nimmt als die Reaction auf einen Schall- oder Tastreiz. So fanden z. B. f\u00fcr die Reactionszeiten auf Lichteindr\u00fccke :\nHankel, Wundt, Hirsch, Donders, deJaager, Buccola, 224,6\t222\t200\t193\t184\t176\nw\u00e4hrend Dr. Tischer !) hei Gelegenheit seiner Wahlversuche f\u00fcr die Reactionszeiten bei momentanen Schallreizen im Mittel zu folgenden Werthen gelangte :\nW. Wundt, Dr. T. J. H. J. M.\n142\t114\t114\t121,\nwelche etwa um den dritten Theil kleiner sind als die [in vorstehender Tabelle] f\u00fcr die n\u00e4mlichen Reagirenden mitgetheilten Reactionszeiten hei Lichteindr\u00fccken. Herr Prof. Wundt1 2) hat bekanntlich f\u00fcr die Reactionszeiten hei Gesichts- und Geh\u00f6rsreizen, welche eben nur die Reizschwelle erreichten, gleiche Werthe gefunden und f\u00fchrt daher diese Unterschiede bei st\u00e4rkeren Reizen wenigstens zum Theil auf eine verschiedene Intensit\u00e4t des Erregungszustandes zur\u00fcck, in den das Centralorgan des Bewusstseins durch die verschiedenen Sinnesreize versetzt werde.\nDie geringen Werthe f\u00fcr die mittleren Variationen erkl\u00e4ren sich zum Theil aus der gro\u00dfen Anzahl von Versuchen (etwa 300), welche in jedem Gesammtmittel enthalten sind, zum Theil durch die n\u00e4mliche Ursache, welche zur Begr\u00fcndung der geringen Verschiedenheiten der Reactionszeiten f\u00fcr die einzelnen Finger namhaft gemacht wurde. Im allgemeinen weisen gerade die Personen, welche die l\u00e4ngeren Reactionszeiten besitzen, auch die gr\u00f6\u00dferen Mittelwerthe f\u00fcr die mittleren Variationen auf, eine Erscheinung, die bei der Betrachtung der mittleren Variationen der Unterscheidungsversuche ihr Analogon finden wird.\nB. Die Gesammtmittel aller Unterscheidungszeiten.\nDie Mittheilung der Gesammtmittel s\u00e4mmtlicher Unterscheidungszeiten (etwa 3\u2014400), welche bei Benutzung von 2 bis zu 10 Eindr\u00fccken sich f\u00fcr die einzelnen Reagirenden herausgestellt haben,\n1)\tWundt, Philos. Studien, I., S. 536.\n2)\tWundt, Physiol. Psychologie, 2. Aufl., II., S. 224.","page":101},{"file":"p0102.txt","language":"de","ocr_de":"102\nJulius Merkel.\nd\u00fcrfte nur insofern Berechtigung haben, als hei den geringen Werthen und den unbedeutenden Differenzen der einzelnen Tagesmittel nur diese Gesammtmittel ein Urtheil \u00fcber die etwaigen individuellen Differenzen in dem Apperceptionsverm\u00f6gen der verschiedenen Versuchspersonen gewinnen lassen d\u00fcrften. Die Berechnung derselben liefert folgende Werthe:\nTab. XIV.\nReagirender :\tA.B.\tL.F.\tF.K.\tR.E.\tM. M.\tR.K.\tAM.\tDr. T.\tG. L.\tJ.H.\nV\t20,9\t21,2\t21,2\t21,25\t22\t22,8\t22,9\t24,4\t24,4\t24,6\nVu\t4,9\t4,8\t8,5\t4,4\t8,3\t7,4\t8,6\t5,5\t10,5\t7,6\nDie Verschiedenheiten , welche diese Gesammtmittel der Unterscheidungszeiten f\u00fcr die verschiedenen Reagirenden aufweisen, sind im Vergleich zu den geringen Werthen nicht unheachtenswerth, d\u00fcrften aber schwerlich auf Differenzen der psychophysischen Zeitr\u00e4ume der Apperceptionsdauer allein zur\u00fcckzuf\u00fchren sein, sondern m\u00f6glicherweise durch verschiedene physiologische Verh\u00e4ltnisse des Sehorgans der Reagirenden zum Theil mitbedingt sein, zum Theil vielleicht auf einem verschiedenen Grade der Aufmerksamkeit beruhen, den die einzelnen Versuchspersonen den Unterscheidungsversuchen gewidmet haben. Ob die geringeren Werthe der Unterscheidungszeiten, sowie vor allem die erheblich kleineren Werthe der Gesammtmittel aller mittleren Variationen der Herren Lehrer A. B.. L. F. tmd 11. E. durch deren Berufsth\u00e4tigkeit theilweise ihre Begr\u00fcndung finden d\u00fcrften, m\u00f6ge nur angedeutet, nicht entschieden werden.\nDas Hauptergebniss aller Unterscheidungsversuche aber, nach welchem eine Zunahme der Unterscheidungszeiten bei Vermehrung der zu unterscheidenden Eindr\u00fccke sich nicht gezeigt hat, d\u00fcrfte gewiss durch die Sicherheit ihre Erkl\u00e4rung finden, mit welcher die gew\u00e4hlten einfachen Zahlensymbole im Ged\u00e4chtniss haften. Da hei der Gr\u00f6\u00dfe der benutzten Zahlen und der guten Beleuchtung die Erkennung derselben immer leicht m\u00f6glich war, so gen\u00fcgte es, die Aufmerksamkeit in v\u00f6llig normalem Zustande zu erhalten, und ohne einen der zu erwartenden Eindr\u00fccke in den Vordergrund des Bewusstseins treten zu lassen, waren alle Eindr\u00fccke dem Reagirenden gleich-werthig.","page":102},{"file":"p0103.txt","language":"de","ocr_de":"Die zeitlichen Verh\u00e4ltnisse der Willensth\u00e4tigkeit.\n103\nAnders war dies bei den Untersclieidungsversuchen, welche von den Dir. M. Friedrich und E. Tischer angestellt wurden; beide Beobachter konnten eine Zunahme der Unterscheidungszeiten mit der Vermehrung der zu unterscheidenden Objecte deutlich wahrnehmen.\nDr. Friedrich vermuthet, dass der Unterschied der Unterscheidungszeiten beim Wechsel von 2 und 4 Farbenempfindungen in einem ver\u00e4nderten Zustande der Aufmerksamkeit zu suchen sei, da beim Wechsel von 4 Farben eine besondere psychische Th\u00e4tigkeit nicht wohl vorhanden sein k\u00f6nne, die bei 2 Farben g\u00e4nzlich fehle, und h\u00e4lt es f\u00fcr wahrscheinlich, dass die normale Spannung der Aufmerksamkeit bei 2 Eindr\u00fccken eine h\u00f6here sei, als wenn 4 derselben ein treffen k\u00f6nnen. \u00bbIm ersten Falle kann man sich beide Ereignisse noch vergegenw\u00e4rtigen, das Bewusstsein ist nur von 2 Vorstellungsbildern in Anspruch genommen, im andern Falle sind es vier Vorstellungen, welche nicht gleichzeitig im Bewusstsein vorhanden sein k\u00f6nnen.\u00ab1)\nWir k\u00f6nnen diesen Ausf\u00fchrungen nicht vollkommen beipflichten und vermuthen, dass die Verl\u00e4ngerung der Apperceptionsdauer bei 4 Farben noch auf weitere Ursachen zuriickgef\u00fchrt werden muss. Allerdings ist es bei 2 Farbenempfindungen wohl m\u00f6glich, dass man jeweils die eine in den Vordergrund des Bewusstseins hebt und so, wenn dieselbe eintritt, eine k\u00fcrzere Unterscheidungszeit erh\u00e4lt, ohne dass die Unterscheidungszeit beim Nichteintreten derselben f\u00fcr die andere Empfindung in gleichem Ma\u00dfe sich vergr\u00f6\u00dferte, ein Umstand, der bei 4 Farbenempfindungen seltener hervortreten d\u00fcrfte, sodass also die Aufmerksamkeit in diesem Sinne wohl zur Erkl\u00e4rung herbeigezogen werden darf. Die Annahme jedoch, dass die Summe der normalen Aufmerksamkeit sich gewisserma\u00dfen auf die Anzahl der Eindr\u00fccke vertheile und dadurch mit Nothwendigkeit eine Zunahme der Unterscheidungszeiten bei jedem neu hinzutretenden Eindr\u00fccke bedingt sei, d\u00fcrfte bei Erinnerungsbildern nicht diejenige Berechtigung haben, die ihr bei Eindr\u00fccken, die sich im Blickpunkt des Bewusstseins befinden, zukommen mag. Die Behauptung aber, dass eine gr\u00f6\u00dfere Anzahl von Eindr\u00fccken nicht gleichzeitig im Bewusstsein vorhanden sein kann, bedarf jedenfalls einer weiteren Beschr\u00e4nkung. Sind die Eindr\u00fccke, welche ins Bewusstsein aufgenommen werden\n1) Wundt, Philos. Studien, I, S. 58.","page":103},{"file":"p0104.txt","language":"de","ocr_de":"104\nJulius Merkel.\nsollen, demselben v\u00f6llig neu, so wird es allerdings nicht m\u00f6glich sein, auf einmal und in einer kurzen Zeit eine gr\u00f6\u00dfere Anzahl in dasselbe aufzunehmen und beim Eintritt eines solchen \u00fcber sein Erinnerungsbild sicher zu verf\u00fcgen.\nDies trifft indess bei Farbenempfindungen nicht v\u00f6llig zu, da dieselben l\u00e4ngst mehr oder weniger festes Besitzthum des Bewusstseins geworden sind. Erst weitere Untersuchungen werden daher die wahren Ursachen der gr\u00f6\u00dferen Unterscheidungszeiten bei 4 Farbenempfindungen aufdecken und zeigen, ob dieselben bei st\u00e4rkerer Beleuchtung und gr\u00f6\u00dferer S\u00e4ttigung \u00fcberhaupt noch bestehen bleiben.\nNeu waren dem Bewusstsein die Eindr\u00fccke, mit denen Dr. Tischer operirte, und \u00fcberdies war hier durch physiologische und psychologische Bedingungen hinsichtlich der Anzahl der Eindr\u00fccke, welche es gleichzeitig aufnehmen konnte, eine enge Grenze gezogen. Wir wollen die einzelnen Momente, welche bei an Intensit\u00e4t gleichm\u00e4\u00dfig abgestuften Schalleindr\u00fccken, wie sie hier Verwendung fanden, auftreten, und auf welche Dr. Tischer an verschiedenen Stellen seiner Abhandlung hinweist, im Zusammenh\u00e4nge hervorheben und daran einige weitere Betrachtungen kn\u00fcpfen.\nHandelte es sich um 2 Schalleindr\u00fccke, so boten sich dem Rea-girenden 2 M\u00f6glichkeiten dar, die auch combin\u00e2t auftreten konnten ; er hielt entweder den einen Schall im Vordergr\u00fcnde des Bewusstseins und verglich damit den anderen als den st\u00e4rkeren oder schw\u00e4cheren, oder er suchte beide Schalle gleichzeitig im Bewusstsein festzuhalten und verglich den empfangenen Eindruck mit diesen Erinnerungsbildern. Bei drei Eindr\u00fccken konnte, wie es bei Herrn R i e d e 1 der Fall war, entweder der mittlere in bevorzugter Weise im Bewusstsein bereit gehalten werden, um damit die beiden anderen als den schw\u00e4cheren oder st\u00e4rkeren zu vergleichen, oder es konnte das Bewusstsein wiederum allen gleiche Beachtung zuwenden. Bei vier und mehr Eindr\u00fccken blieb wohl in der Hauptsache die letzte M\u00f6glichkeit \u00fcbrig, wiewohl eine gewisse Sch\u00e4tzung der jeweils geh\u00f6rten St\u00e4rke im Hinblick auf das dem Bewusstsein gegenw\u00e4rtige gesammte Schallintervall auch hier hinzu treten mochte. Dass bei dieser Sachlage eine Zunahme der Unterscheidungszeiten mit der Vermehrung der Eindr\u00fccke von vornherein zu erwarten steht, d\u00fcrfte keinem Bedenken begegnen, doch d\u00fcrfte dieselbe vorwiegend ihren Grund darin haben,","page":104},{"file":"p0105.txt","language":"de","ocr_de":"Die zeitlichen Verh\u00e4ltnisse der Willensth\u00e4tigkeit.\n105\ndass das Bewusstsein mit Eindr\u00fccken zu operiren hat, die demselben noch wenig gel\u00e4ufig sind.\nW\u00e4hlt man nur eine beschr\u00e4nkte Anzahl von an Intensit\u00e4t verschiedenen Schalleindr\u00fccken, so d\u00fcrfte es meines Erachtens durch lange Uebung auch hier m\u00f6glich sein, ein analoges Resultat zu erzielen, wie bei qualitativ verschiedenen, dem Bewusstsein bereits bekannten Eindr\u00fccken, wie andererseits die Ausf\u00fchrung von Unterscheidungsversuchen mit qualitativ verschiedenen, dem Bewusstsein noch nicht gel\u00e4ufigen Eindr\u00fccken ebenfalls auf eine Zunahme der Unterscheidungszeiten f\u00fchren w\u00fcrde. Dass sich aber qualitativ verschiedene Eindr\u00fccke dem Bewusstsein viel rascher und sicherer einpr\u00e4gen, als an Intensit\u00e4t verschiedene Eindr\u00fccke, und dass gerade hei den letzteren au\u00dferordentliche individuelle Unterschiede vorherrschen, ist nicht nur von vornherein einleuchtend, sondern auch durch die genannten Untersuchungen klar erwiesen.\nDa wohl die meisten Personen, welche an den Versuchen Dr. Tisch er\u2019s theilnahmen, die einzelnen Schallst\u00e4rken an jedem Versuchstage sich wieder in Erinnerung bringen lie\u00dfen, so d\u00fcrften diese Versuche uns die am meisten interessirenden, durch die Uebung noch nicht wesentlich beeinflussten Unterscheidungszeiten gehen. In welcher Weise aber lange Uebung die Resultate zu modificiren vermag, oh sie sich, wie hei den Herren Dr. Tischer und Dr. Traut-scholdt, auf jede Anzahl von Eindr\u00fccken in gleichm\u00e4\u00dfiger Weise erstreckt, oder ob sie hei einer beschr\u00e4nkten Anzahl von Eindr\u00fccken soweit gehen kann, dass sich ein Unterschied in den Unterscheidungszeiten bei 2, 3 . . . Eindr\u00fccken nicht mehr geltend macht, kann nur durch weitere experimentelle Forschungen entschieden werden.\nNach diesen Er\u00f6rterungen d\u00fcrfte das Hauptresultat unserer Unterscheidungsversuche leichter begreiflich erscheinen. Eine abschlie\u00dfende Untersuchung \u00fcber die Unterscheidung von Zahlen war indess nicht unser Ziel, dieselbe h\u00e4tte alsdann auch von den Wahlversuchen getrennt erfolgen m\u00fcssen.\nC. Die Gesammtmittel der Wahlzeiten.\nOrdnen wir die Gesammtmittel (je 40\u201460 Versuche) der Wahlzeiten f\u00fcr alle Personen nach der Gr\u00f6\u00dfe dieses Werthes bei 2 Eindr\u00fccken, so ergieht sich die nachfolgende Tabelle :","page":105},{"file":"p0106.txt","language":"de","ocr_de":"106\nJulius Merkel.\nTab. XV.\nA\tReagirender :\tG.L.\t.7. M.\tR.K.\tJ. IL\tS..E.\tA. B.\tL.F.\tM. M.\tF.K.\tDr. T.\n2\tw\t24,5\t81,75\t86,5\t97,5\t101,5\t102,75\t106,5\t108,5\t121,25\t154,75\n\tVw\t14,5\t25,5\t19\t23\t13\t11,5\t11\t24,5\t15,5\t13,25\n3\tw\t34\t97,5\t115,75\t145,5\t140,75\t184\t143,5\t196,5\t148,5\t219\n\tVw\t20,5\t16,25\t27,5\t20\t17\t14,25\t18,75\t24\t21,5\t26\n4\tTV\t47\t200,75\t299,5\t224\t200\t208,75\t200\t253,5\t177\t257,5\n\tVw\t34\t24,25\t26,75\t27,5\t21\t14,5\t20,5\t28,25\t17,5\t28\n5\tw\t79\t280,75\t358,5\t289\t243,75\t290,5\t228\t302\t200,5\t305,5\n\tVw\t30,5\t32,5\t30\t23,5\t27,75\t20,5\t27\t35,75\t20\t26,5\n6\tw\t120,5\t351\t389\t327,5\t268,5\t317,75\t311,75\t348,75\t244\t335,25\n\tVw\t48\t29,5\t29,75\t30\t23,5\t21,5\t27,5\t25,5\t23,5\t21\n7\tw\t147,5\t395,5\t406\t348\t308\t353,75\t374,75\t393\t296,5\t358,25\n\tVw\t67\t30,75\t38,75\t28\t22,5\t26\t29\t28,5\t34\t32,75\n8\tw\t205,25\t437\t414,5\t374,5\t363\t391\t389\t420,5\t357,5\t382\n\tVw\t65,75\t37,75\t35,5\t33\t22\t19\t28\t48,5\t34\t24\n9\tTV\t257\t445,25\t418\t399\t394,5\t402,5\t397\t434,5\t398\t393\n\tVw\t82\t41\t32,5\t36\t20\t26\t35\t31\t42\t23\n10\tW\t298\t448\t417\t399,5\t396\t407\t404\t440,5\t402\t395\n\tVw\t81,5\t33\t41\t34,5\t22,5\t23\t29\t32\t39\t20,5\nUm \u00fcber den Verlauf der Wahlzeiten und der mittleren Variationen der Wahlreactionen bei den einzelnen Personen ein klareres Bild zu gewinnen, als es die Lecture der vorangehenden Tabelle zu geben vermag, f\u00fcgen wir derselben in Figur 3 (Taf. II) eine graphische Darstellung hinzu, aus welcher die absoluten Werthe der vorgenannten Gr\u00f6\u00dfen ann\u00e4hernd entnommen werden k\u00f6nnen. Die Anzahl der Eindr\u00fccke ist als Abscisse eingetragen, die Ordinaten geben beziehentlich die entsprechenden Wahlzeiten und die mittleren Variationen in dem Ma\u00dfstabe 1 mm = 0,01\".\nS\u00e4mmtliche Curven sind gegen das Ende hin (f\u00fcr die Abscissen 8\u201410) nach der Abscissenachse concav gekr\u00fcmmt; \u00fcberdies zeigen sie alle mit alleiniger Ausnahme der Curve G. L. beim Uebergange von 9 zu 10 nur noch ein \u00e4u\u00dferst schwaches Ansteigen, ja bei 11. K. ist die Ordinate f\u00fcr 9 Eindr\u00fccke sogar um ein geringes gr\u00f6\u00dfer als diejenige bei 10 Eindr\u00fccken. Die gr\u00f6\u00dfte Mannigfaltigkeit bietet der mittlere Theil (Abscissen 4\u20148) der verschiedenen Curven dar, in welchem convexe und concave Kr\u00fcmmung in verschiedener Weise ab-wechseln. Der erste Theil (Abscissen 2\u20144) hingegen ist bei den Curven G.L., J. M., H. K., J.H., H. E., L. F. und F. K. convex, bei den Curven A.B., M. M., Dr. T. aber concav. W\u00e4hrend so bei der einen Gruppe von Versuchspersonen die Wahlzeiten nur wenig an wachsen, wenn zu","page":106},{"file":"p0107.txt","language":"de","ocr_de":"Die zeitlichen Verh\u00e4ltnisse der Willensthiitigkeit.\n107\n2 Eindr\u00fccken noch ein dritter hinzutritt, dagegen st\u00e4rker, wenn zwischen 4 Eindr\u00fccken zu w\u00e4hlen ist, gestaltet sich dieses Yerh\u00e4ltniss hei der andern Gruppe gerade umgekehrt. Bei den meisten Individuen aher scheinen bereits von 9 Eindr\u00fccken an die Wahlzeiten nur noch ein langsames Wachsthum aufzuweisen.\nUm die Grenzen n\u00e4her kennen zu lernen, zwischen welchen sich die Wahlzeiten der verschiedenen Individuen hei den verschiedenen Anzahlen von Eindr\u00fccken bewegen, bilden wir zun\u00e4chst die Differenzen D zwischen dem kleinsten und gr\u00f6\u00dften Werthe von TU bei den einzelnen A unter Weglassung der Werthe von Gr. L. Das gibt f\u00fcr\nA = 2\t3\t4\t5\t6\t7\t8\t9\t10\nI) = 73\t121,5\t122\t147,5\t144\t109,5\t79,5\t52,25\t53 ^\nDr. T. u. J.M.\tIt. K.~a. F. K.\tJ.M.vl.F.K. J.M. u.Dr. T.\nDemnach nehmen die individuellen Unterschiede bei den Wahlen f\u00fcr die betrachteten Individuen bis zu 5 Eindr\u00fccken zu und dann wieder ab, sie sind bei 9 und 10 Eindr\u00fccken am geringsten. Lassen wir aber die Besultate von M. M. und J. M., hei welchen die Versuchsbedingungen weniger constante und mit den bei den \u00fcbrigen Personen vorwaltenden weniger \u00fcbereinstimmende waren, au\u00dfer acht, so lauten diese Differenzen :\nA= 2\t3\t4\t5\t6\t789\t10\nD = 68,25\t103.25\t122\t147,5\t144\t109,5\t57\t25\t22\nDr. T. \u00fc. II. K.\tli. K. a. F.K.\tR.K.uTtmT.\nHiernach sind die Unterschiede bei 9 und 10 Eindr\u00fccken im Vergleich zu den \u00fcbrigen und in anbetracht der Natur dieser Versuche nur sehr gering, sodass sich also bei der gr\u00f6\u00dften Anzahl von Eindr\u00fccken, bis zu welcher vorgeschritten werden konnte, f\u00fcr die Wahlzeiten hei einer Reihe von Personen ziemlich \u00fcbereinstimmende Werthe ergeben haben.\nUm einen allgemeinen Ueberblick \u00fcber die individuellen Unterschiede zu erhalten, haben wir in Figur 4 diejenigen Curventheile dargestellt, welche den gr\u00f6\u00dften und kleinsten Werthen hei den verschiedenen Personen bei jedem A entsprechen, und zwar sind in den ausgezogenen Curven die Werthe von M. M. und \u2022/. M. ausgeschlossen, dagegenin den unterbrochenen Curventheilen mit ber\u00fccksichtigt worden.\nDa gerade f\u00fcr diejenigen Personen, welche bei 2 Eindr\u00fccken im Vergleich zu anderen gr\u00f6\u00dfere Wahlzeiten lieferten, die Wahlzeiten","page":107},{"file":"p0108.txt","language":"de","ocr_de":"108\nJulius Merkel.\nbei 10 Eindr\u00fccken sich kleiner herausstellten, so f\u00fcgen wir noch die Gesammtmittel aller Wahlzeiten und ihrer mittleren Variationen f\u00fcr s\u00e4mmtliche Individuen hei, indem wir auch sie nach ihrer Gr\u00f6\u00dfe ordnen.\nTab. XVI.\nReagirender :\tG.L.\tF.K.\tR.E.\tL. F.\tJ.H.\tA.B.\tJ.M.\tDr. T.\tM.M.\tR.K.\nw\t134,6\t260,6\t268,4\t283,8\t289,4\t295,8\t304,2\t311,1\t321,9\t322,7\nVw\t49,3\t27,4\t21,6\t25,1\t28,4\t19,6\t30\t23,9\t31\t31,2\nDiese Tabelle zeigt ebenfalls, dass die zeitlichen Verh\u00e4ltnisse der Willensth\u00e4tigkeit bei den vorliegenden Versuchen f\u00fcr die verschiedenen Reagirenden im allgemeinen nicht denselben Normen unterworfen sind.\nWas die mittleren Variationen bei den Wahlversuchen anlangt, so seigen dieselben bei G.L. bis zu 9 und 10 Eindr\u00fccken ein fortdauerndes Wachsthum, bei den \u00fcbrigen Personen dagegen, von einzelnen Ausnahmen abgesehen, ein bestimmtes Wachsthum nur bis zu derjenigen Anzahl von Eindr\u00fccken, bis zu welcher die Wahlzeiten selbst in rascherem Wachsthum begriffen sind. Eine analoge Beziehung zwischen der Gr\u00f6\u00dfe der Wahlzeiten und ihrer mittleren Variationen bei den verschiedenen Reagirenden, wie wir sie bei den einfachen Reactionen und Unterscheidungen constatiren konnten, zeigt sich hier nicht, im Gegentheil ergaben sich bei G.L., der die kleinsten Wahlzeiten lieferte, gerade die gr\u00f6\u00dften mittleren Schwankungen.\nEs fragt sich nunmehr, ob und in welchem Grade bei den vorliegenden Wahlversuchen die \u00fcebung die Wahlzeiten beeinflusst hat. Um dies zu pr\u00fcfen, wollen wir die Mittel der Wahlzeiten f\u00fcr die Finger der linken Hand mit den aus den entsprechenden Reihen berechneten Mitteln der Wahlzeiten f\u00fcr die rechte Hand vergleichen, d. h. also die durch die Uehung am wenigsten beg\u00fcnstigten Wahlzeiten den am meisten bevorzugten gegen\u00fcberstellen. Dabei ergeben sich f\u00fcr die rechte und linke Hand die folgenden Differenzen :\nG.L. J.M. R.K. J.H. R.E. A.B. L.F. M.M. F.K. Dr. T.\n32\t5\t0,9\t6,5\t\u2014 q,l 1,5\t6\t\u2014 4\t3\t2,5\nDieselben sind also mit Ausnahme des ersten Werthes zum Theil verschwindend klein. Auffallend war bei Herrn Mehner der namentlich","page":108},{"file":"p0109.txt","language":"de","ocr_de":"Die zeitlichen Verh\u00e4ltnisse der Willensth\u00e4tigkeit.\n109\nbei den letzten Reihen deutlich hervortretende Umstand, dass die Wahlzeiten f\u00fcr die beiden letzten Finger beider H\u00e4nde stets die kleinsten waren, ja zuweilen sich vom Mittel der Versuchsreihe ziemlich weit entfernten.\nUm \u00fcberhaupt die Verschiedenheiten der Wahlzeiten bei den einzelnen Fingern, welche den mannigfachsten Ursachen ihren Ursprung verdanken k\u00f6nnen, an einem Beispiele zu illustriren, wollen wir die Wahlzeiten f\u00fcr s\u00e4mmtliche Finger, wie sie bei 10 Eindr\u00fccken gewonnen wurden, f\u00fcr jede Person mittheilen und unter D die Differenz der gr\u00f6\u00dften und kleinsten Werthe angeben.\nTab. XVII.\nReagirender:\nJ.M.\nR. K.\nJ. H.\nR. E.\nA. B.\nL. F.\nM.M.\nF. K.\n393,5\nDr. T.\nDie gro\u00dfen Unterschiede in den Wahlzeiten f\u00fcr die einzelnen Finger der rechten Hand im Vergleich mit denjenigen der linken Hand bei G. L. lassen vermuthen , dass derselbe den ersteren Wahl-reactionen gr\u00f6\u00dfere Aufmerksamkeit zugewandt als den letzteren. Auch da, wo bei 2 und 3 Eindr\u00fccken die 3 bis 5faehe Anzahl von den hier benutzten Versuchen angestellt wurde, wie es bei J. M. und M. M der Fall war, machte sich nur ein geringer Einfluss der Uebung geltend. Betrachtet man allerdings die bei den meisten Versuchspersonen gewonnenen Wahlzeiten der ersten Versuchsreihen , so sind dieselben erheblich gr\u00f6\u00dfer als die sp\u00e4ter gefundenen, allein s\u00e4mmtliche Werthe dieser Reihen sind so inconstant, dass man aus ihnen nur schlie\u00dfen darf, die zu derartigen Versuchen \u00fcberhaupt n\u00f6thige Uebung sei noch nicht erlangt gewesen.","page":109},{"file":"p0110.txt","language":"de","ocr_de":"no\nJulius Merkel.\nIII. Heber den Einfluss der Uebung bei den Wahlversuchen.\nBeim Studium des Einflusses, den eine l\u00e4nger dauernde Uebung auf die Wahlzeiten hervorbringt, fragt es sich nicht nur, auf welche Minimalzeit die Dauer eines Wahlactes herabgedriickt werden kann, sondern es ist von ebenso gro\u00dfem Interesse, den Gang der Uebung im Einzelnen kennen zu lernen, zu erfahren, wie sich die Wahlzeiten an einem Tage und im Verlauf mehrerer Tage \u00e4ndern.\nDa ferner gerade bei der Untersuchung der Uebung erhebliche individuelle Differenzen bei verschiedenen Reagirenden zu erwarten sein d\u00fcrften, so empfiehlt es sich auch hier, die Versuche wenigstens an 2 Personen durchzuf\u00fchren. Ueberall jedoch, wo individuelle Unterschiede studirt werden sollen, ist eine m\u00f6glichst peinliche Festhaltung an den gleichen Versuchsbedingungen bei den verschiedenen Versuchspersonen geboten, die sich indess nicht mehr auf die Anzahl der Versuche erstrecken kann, wenn man bei allen Reagirenden das Minimum der Wahlzeiten so weit als m\u00f6glich en-eichen will. Es wird alsdann bei der Vergleichung der Wahlzeiten verschiedener Personen in Erw\u00e4gung zu ziehen sein, wie viele Versuche bis zur Gewinnung der jeweils in Betracht kommenden Zeiten angestellt wurden.\nDaher f\u00fchrten wir die im nachfolgenden mitzutheilenden Versuche an 2 von denjenigen Versuchspersonen (R.K. und A.B.) durch, welche an anderen, als den im vorangehenden behandelten Wahlversuchen noch nicht theilgenommen hatten, und zwischen deren bereits mitgetheilten Wahlzeiten schon ziemlich hohe individuelle Differenzen obwalteten. Um ferner einen etwas tieferen Einblick in die haupts\u00e4chlichsten Ursachen der erheblichen Verminderung der Wahlzeiten, die in wider Erwarten kurzer Zeit hervortrat, zu gewinnen, lie\u00df ich auch an mir selbst eine Reihe von Versuchen anstellen, deren Ausf\u00fchrung die Herren G. Lorenz und A. Bergmann g\u00fc-tigst \u00fcbernahmen.\nDie fr\u00fcher beobachtete Versuchsanordnung wurde bei den hier zu besprechenden Versuchen in einerWeise abge\u00e4ndert, welche einen schneller hervortretenden Einfluss der Uebung erwarten lie\u00df. Es wurden n\u00e4mlich die einfachen Reactionsversuche vollst\u00e4ndig weggelassen und innerhalb kleiner Pausen folgten Versuchsreihen von je 15\u201416 Beobachtungen nach dem Schema :","page":110},{"file":"p0111.txt","language":"de","ocr_de":"Die zeitlichen Verh\u00e4ltnisse der Willensth\u00e4tigkeit.\n111\n2\u20143 Vers, mit Unterscheidung mit dem Finger m : R'U(.inj 10 Vers, mit Unterscheidung und Wahl :\tRuw\n2\u20143 Vers, mit Unterscheidung mit dem Finger n\\ Ru(n\\,\nin welchem f\u00fcr m und n in beliebiger Reihenfolge, doch mit m\u00f6glichster Abwechslung je zwei der in Betracht kommenden Finger gew\u00e4hlt wurden. Die Versuche wurden \u00fcberdies nur hei Benutzung von 2, 5 und 10 Eindr\u00fccken ausgef\u00fchrt und so lange fortgesetzt, bis sich bei jeder Anzahl von Eindr\u00fccken hei etwa 100 Versuchen eine erhebliche Abnahme nicht mehr herausstellte.\nUm die Wahlzeiten Schritt f\u00fcr Schritt verfolgen zu k\u00f6nnen, musste die Berechnung derselben sich an jede einzelne Reihe anschlie\u00dfen. Da aber hei 5 und 10 Eindr\u00fccken in jeder Einzelreihe nur Unterscheidungsreactionen f\u00fcr 2 Finger Vorlagen, musste die fr\u00fchere Berechnungsweise dahin abge\u00e4ndert werden, dass das Mittel aus diesen Rw-Zeiten auch zur Berechnung der Wahlzeiten der andern Finger verwerthet wurde.\nDie Zeiten f\u00fcr die Unterscheidungsreactionen , welche wir m\u00f6glichst hei normaler Spannung der Aufmerksamkeit ausf\u00fchren lie\u00dfen, schwankten um einen Mittelwerth hin und her und bewegten sich w\u00e4hrend der ganzen Versuche hei R.K. innerhalb des Intervalles 210\u2014229 und bei A B. innerhalb des Intervalles 205-\u2014219 ; bei mir selbst konnten wegen der beschr\u00e4nkten Zeit, in der die Versuche zu einem gewissen Abschluss gebracht werden mussten, nur die noth-wendigsten Ru-Zeiten mitbestimmt werden.\nDiejenigen aufeinanderfolgenden Reihen, bei welchen die Mittel-werthe der Wahlzeiten nicht eine Differenz von 0,01\" zeigten, sind wieder zum arithmetischen Mittel vereinigt worden ; hei 10 Eindr\u00fccken wurden \u00fcberdies die Wahlzeiten f\u00fcr die Finger der rechten und linken Hand W(r) und W(\\) besonders berechnet, da dieselben hei allen Reagirenden anfangs wesentliche Differenzen darboten, die gegen das Ende der Versuche mehr und mehr schwanden.\nIn den folgenden Tabellen ist unter n die jeweils zum Mittel vereinigte Anzahl der Wahlzeiten angegeben, und zwar sind die letzteren in der Reihenfolge mitgetheilt, in welcher sie erhalten wurden. Im \u00fcbrigen sind die fr\u00fcheren Abk\u00fcrzungen beibehalten ; die Ordnung ist nach der Gr\u00f6\u00dfe des Minimalwerthes erfolgt, den die Wahlzeit zwi-","page":111},{"file":"p0112.txt","language":"de","ocr_de":"112\nJulius Merkel.\nsehen zwei Bewegungen bei den verschiedenen Reagirenden erreicht hat.\nTab. XVIII.\nWahlzeiten zwischen 2 Bewegungen (A%).\nJ. M.\tR. K.\tA. B.\nD\tW\tVw\tn\tD\tw\tVw\tn\tI)\tW\tVw\tn\nf\t80\t24\t20\t24.11. \\\t97\t31\t20\t1\t98\t16,5\t10\n29. III. 83.<\t68,5\t21\t30\t\t85\t23\t30\t10. III. J\t86\t12\t30\n1\t57\t19,5\t30\tf\t104\t21\t10\t\t75\t13,5\t30\nf\t70,5\t26,5\t10\t25.11. ^\t95\t37\t10\tl\t1141)\t56\t10\n30. III. 1\t59,5\t21\t20\tl\t82,5\t28\t30\tf\t89\t17\t10\n1\t48\t24\t30\t1\t93\t23\t10\t12. III. {\t78\t12,5\t20\n31. III. |\t61\t24\t10\t26. II. 1\t76\t22\t20\t1\t67,5\t16\t40\n\t50\t19,5\t50\t1\t65\t28\t20\tf\t79\t15\t10\n\t\t\t\t\t81\t30\t10\t14. III. \\\t71,5\t10,5\t20\n\t\t\t\t27.11. {\t66\t18\t10\t\\\t62\t14\t40\n\t\t\t\t!\t55\t27\t40\t17. III. \u00cf\t73,5\t12,5\t20\n\t\t\t\t28. n. <j\t70\t15\t10\t\t62,5\t10\t60\n\t\t\t\t\t53,5\t25,5\t50\t\t\t\t\nTab. XIX.\nWahlzeiten zwischen 5 Bewegungen {A$).\nJ. M.\tR. K.\tA. B.\nD\tW\tVw\tn\tD\tTV\tVw\tn\tD\tw\tVw\tn\nj\t239\t40\t10\t(\t286\t41\t10\tf\t249\t42\t10\n2. IV. \\\t210\t34,5\t20\t1. III. {\t254\t35,5\t10\t18. III.\t221\t21\t20\n\t185,5\t45\t30\tl\t220\t29.5 30.5\t40\t1\t205\t29\t50\n1\t170\t33,5\t40\tf\t205\t\t10\tf\t170\t35\t20\n\t183\t29\t10\t2. III. {\t162\t42\t20\t19. III. ^\t141,5\t27,5\t30\n\t151\t24\t20\t1\t120\t29\t20\t\\\t125\t28\t30\n3. IV. \u25a0\t120\t33\t20\tf\t135\t38\t10\t(\t139\t32\t10\n\t108\t38\t10\t3. III. J\t99\t32,5\t20\t21. III. ^\t124\t25,5\t20\n\t95\t32\t20\tl\t73\t33,5\t30\t1\t113,5\t19,5\t50\n\t82\t27\t20\t4. III. ^\t95\t41,5\t10\t22. m. ^\t124.5 114.5\t24\t20\n4. IV. |\t98\t35\t10\t\t70,5\t36\t50\t\t\t19,5\t60\n\t83\t31,5\t50\t5. III. |\t87 71,5\t28,5 31\t10 50\t\t\t\t\n1) Durch eine zuf\u00e4llige St\u00f6rung veranlasst.","page":112},{"file":"p0113.txt","language":"de","ocr_de":"Die zeitlichen Verh\u00e4ltnisse der Willensth\u00e4tigkeit.\n113\nWahlzeiten zwischen 10 Bewegungen (Ato).\nTab. XX.\nJ. M.\n4. IV.\n5. IV.\n6. IV.\nTab. XXI. R. K.\nD\tW(r)\tVw(r)\tw(l)\tVw(i)\tW\tVw\tn\n\\\t290\t40\t386\t36\t338\t38\t10\n6. III. |\t276\t29\t351\t41\t313,5\t35\t20\n1\t270\t36\t329\t42\t299,5\t39\t30\n1\t238\t39,5\t324,5\t51,5\t281\t45,5\t10\n8. III. ^\t220\t41\t302\t35\t268\t38\t20\nl\t210\t31\t250\t45\t230\t38\t30\nf\t169\t36\t216\t49\t188\t41\t20\n9. III. i\t147\t42\t196\t44\t171,5\t43\t10\n1\t119\t31\t180\t39\t155,5\t36\t20\nf\t117\t27,5\t146\t36\t131,5\t32\t10\n10. III. ^\t97\t45\t113\t22\t103,5\t33,5\t20\nl\t76\t29\t91\t39\t83,5\t34\t40\n10 TTT\tJ\t88\t31\t104\t35\t97,5\t39,5\t10\n\t76\t23,5\t85,5\t36\t81,5\t30,5\t60\nWundt, Philos. Studien. II.\n8","page":113},{"file":"p0114.txt","language":"de","ocr_de":"114\nJulius Merkel.\nTab. XXII. A. B.\n31. III.\nl.IV.\n3. IV.\nUm zun\u00e4chst den Gang der Hebung klarer zu \u00fcberschauen, wollen wir die bei jeder Anzahl von Eindr\u00fccken gewonnenen Wahlzeiten graphisch darstellen, indem wir dieselben in dem fr\u00fcheren Ma\u00dfstabe (0,01\" = 1mm) als Ordinaten auftragen und die Anzahl der Versuche als Abscissen benutzen. (10 Vers. = 1,5 mm.) Bei A. B. soll der in Folge einer zuf\u00e4lligen St\u00f6rung die \u00fcbrigen Werthe weit an Gr\u00f6\u00dfe \u00fcbertrelfende Werth 114 bei 2 Eindr\u00fccken nur durch eine unterbrochene Linie charakterisirt werden. (Figur 5.)\nDie vielfachen Umkehrpunkte der Curven zeigen, dass mit wenigen Ausnahmen der Werth der ersten Reihe eines jeden 'Versuchstages gr\u00f6\u00dfer ist, als der am vorangehenden Tage zuletzt gewonnene Werth ; f\u00fcr jeden einzelnen Tag aber l\u00e4sst sich die Uebung durch eine stetige Curve darstellen, welche in der weitaus \u00fcberwiegenden Anzahl von F\u00e4llen gegen die Abscissenachse durchaus convex ist, seltener als gerade Linie sich darstellt und noch seltener abwechselnd convexe und concave Kr\u00fcmmung aufweist.\nDemgem\u00e4\u00df nehmen die Wahlzeiten eines Tages im allgemeinen anfangs schneller ab, als gegen den Schluss der Versuche. Dieselben wurden \u00fcbrigens stets dann abgebrochen, wenn sich infolge der Erm\u00fcdung wieder l\u00e4ngere Zeiten herausstellten.\nIn vielen F\u00e4llen ist die Abnahme der Wahlzeiten am 2. Versuchstage erheblicher als am ersten, w\u00e4hrend an den folgenden Tagen der Einfluss der Uebung rasch eine Grenze erreicht. W\u00e4hrend ferner bei","page":114},{"file":"p0115.txt","language":"de","ocr_de":"Die zeitlichen Verh\u00e4ltnisse der Willensth\u00e4tigkeit.\n115\n2 Eindr\u00fccken der Mittelwerth der ersten 10 Wahlzeiten bei li. K. etwas gr\u00f6\u00dfer als der fr\u00fcher gefundene ist, hei J. M. und A. B. demselben ann\u00e4hernd gleichkommt, weisen hei 5 und 10 Eindr\u00fccken die ersten Reihen bereits betr\u00e4chtlich niedrigere Werthe auf, als die fr\u00fcher erhaltenen. Eine Vergleichung derselben f\u00fchrt zu den in nachstehender Tabelle verzeichneten Differenzen (_D) ; der unter TV zuerst ver-zeichnete Werth ist der fr\u00fcher gefundene.\nTab. XXIII.\nA = 2.\tA \u2014 o.\tA \u2014 10.\nReagirender.\tW\t\tD\tW\t\tD\tW\t\tD\nJ. 31.\t81,75\t80\t1,75\t280,75\t239\t41,75\t448\t370\t78\nR. K.\t86,5\t97\t\u201410,5\t358,5\t286\t72,5\t417\t338\t79\nA. 3.\t102,75\t98\t4,75\t290,5\t249\t41,5\t407\t298,5\t108,5\nDa die Mittelwerthe der Differenzen der Wahlzeiten f\u00fcr die Finger der rechten und linken Hand am ersten Versuchstage f\u00fcr die verschiedenen Reagirenden die folgenden :\nJ. M.\tB. K.\tA. B.\n50,5\t57,5\t31\nsind, und sich bereits bei 5 Eindr\u00fccken f\u00fcr die neu hinzugekommenen Zahlen etwas gr\u00f6\u00dfere Wahlzeiten herausstellten, so unterliegt es keinem Zweifel, dass die obigen geringeren Werthe auf eine Nachwirkung, beziehentlich eine Uebertragung der Uebung zur\u00fcckzuf\u00fchren sind, welche bei den vorangehenden Versuchen bei der geringeren Anzahl von Eindr\u00fccken gewonnen worden ist.\nDie mittleren Variationen zeigen keine durchgehende Ab- oder Zunahme vom Beginn der Versuche der n\u00e4mlichen Gattung bis zu Ende derselben ; die Gesammtmittel derselben bei den einzelnen Reagirenden gibt die nachfolgende Tabelle, welche unter J. M., R. K. und A. B. in der 2. Columne die Mittelwerthe der fr\u00fcher erhaltenen Variationen bei der gleichen Anzahl von Eindr\u00fccken enth\u00e4lt.\nTab. XXIV.\nA\tJ. 31.\t\tR.\tK.\tA.\tB.\n2\t22,5\t25,5\t25,3\t19\t17,1\t11,5\n5\t33,5\t32,5\t34,5\t30\t27,5\t20,5\n10\t36,2\t33\t37,4\t41\t28,6\t23\n8*","page":115},{"file":"p0116.txt","language":"de","ocr_de":"116\nJulius Merkel\u00bb\nDie Zunahme der mittleren Variationen, welche im allgemeinen etwas gr\u00f6\u00dfer als die hei den fr\u00fcheren Versuchen gefundenen sind, ist hiernach von 2 zu 5 Eindr\u00fccken wesentlich gr\u00f6\u00dfer, als die Zunahme von 5 zu 10 Eindr\u00fccken. Auch kam bei den vorliegenden Wahlversuchen zuweilen eine falsche Reaction vor, die dann in der Regel in viel zu kurzer Zeit erfolgte.\nBei allen Versuchspersonen resultirt ferner f\u00fcr die Gesammt-mittel der Variationen der Wahlreactionen der linken Hand ein gr\u00f6\u00dferer Werth, als f\u00fcr die analogen Werthe der rechten Hand. Die Differenzen betragen f\u00fcr J. M., R. K. und A. B. beziehentlich 3,8, 4,9 und 3,9. Da auch die bei jeder Anzahl von Eindr\u00fccken zuletzt gewonnenen Wahlzeiten f\u00fcr die rechte und linke Hand bei allen Rea-girenden noch kleine Differenzen aufweisen, so ergibt sich das bei der Anordnung der Versuche von vorn herein zu erwartende Resultat, dass die linke Hand f\u00fcr die Wahlen in geringerem Ma\u00dfe ge\u00fcbt ist, als die rechte.\nWir haben uns jetzt einer vergleichenden Betrachtung der gefundenen Minima der Wahlzeiten mit den fr\u00fcher erhaltenen, durch die Uebung noch nicht beeinflussten Zeiten zuzuwenden. Zu dem Ende geben wir in der nachfolgenden Tabelle unter J. M., R. K. und A. B. in der ersten Columne die fr\u00fcheren Wahlzeiten, in der zweiten die bei den vorliegenden Versuchen erhaltenen Minima, unter D die Differenzen beider Zeiten und unter V die Verh\u00e4ltnisse, in welchen die letzteren im Vergleich zu den ersteren sich verringert haben. Die Columne n gibt \u00fcberdies die Anzahl der Versuche an, welche zur Gewinnung der mitgetheilten Minimalwerthe erforderlich war. (Die eingeklammerten Zahlen bezeichnen die Anzahl von Versuchen, bei welcher der mitgetheilte Werth bereits nahe erreicht war.)\nTab. XXV.\nA\tJ.M.\t\tD\tV\tn\tR. K.\t\tD\tV\tn\tA.\tB.\tD\tV\tn\n2\t81,75\t48\t33,75\t1,71\t140\t86,5\t53,5\t33\t1,62\t(210) 270\t102,75\t62\t40,75\t1,66\t220\n5\t280,75\t82\t198,75\t3,42\t200\t358,5\t70,5\t288\t5,09\t230\t290,5\t113,5\t177\t2,56\t240\n10\t448\t99,5\t348,5\t4,50\t(240) 300\t417\t81,5\t335,5\t5,10\t(240) 310\t407\t162,5\t244,5\t2,50\t(230) 330\nDie Betrachtung der einzelnen Werthe der Columnen D bei den verschiedenen Reagirenden zeigt, dass die absolute Abnahme der","page":116},{"file":"p0117.txt","language":"de","ocr_de":"Die zeitlichen Verh\u00e4ltnisse der Willensth\u00e4tigkeit.\n117\nWahlzeiten mit Zunahme der Eindr\u00fccke ganz erheblich w\u00e4chst; dasselbe gilt hei J. M. auch noch f\u00fcr die Gr\u00f6\u00dfen V, hei It. K. und A. B. ebenfalls beim Uebergange von 2 zu 5 Eindr\u00fccken. Dagegen l\u00e4sst die Vergleichung der hei den verschiedenen Reagirenden gefundenen correspondirenden Werthe von D und V neben einzelnen \u00fcbereinstimmenden Werthen auch sehr bedeutende individuelle Unterschiede wahrnehmen, namentlich hei 5 und 10 Eindr\u00fccken. W\u00e4hrend hier jR. K. fr\u00fcher die gr\u00f6\u00dften Werthe lieferte und A. B. wesentlich niedrigere, bieten die Minima der Wahlzeiten gerade das umgekehrte Verh\u00e4ltniss dar. Eine genauere Vergleichung der fr\u00fcheren Werthe mit den Minimalwerthen gestattet die graphische Darstellung derselben im fr\u00fcher angewandten Ma\u00dfstahe. (Figur 6.) In derselben cha-rakterisiren von den zwei jeweils zusammengeh\u00f6rigen Curven die oberen die fr\u00fcher hei 2, 5 und 10 Eindr\u00fccken gewonnenen Wahlzeiten, w\u00e4hrend die unteren die hei den n\u00e4mlichen Anzahlen von Eindr\u00fccken f\u00fcr die Wahlacte erhaltenen Minimalzeiten zur Darstellung bringen. Die Vergleichung beider Curven bei jeder Versuchsperson zeigt augenscheinlich, dass die Uebung die Curve f\u00fcr die Wahlzeiten der Abscissenachse mehr und mehr zu n\u00e4hern und derselben parallel zu machen strebt. Ob dies durch weitere, in kleineren als t\u00e4glichen Pausen aufeinander folgende Versuche noch weiter zu treiben m\u00f6glich ist, muss vorl\u00e4ufig unentschieden bleiben.\nIV. Versuch einer Erkl\u00e4rung der Hauptergebnisse. R\u00fcckblick auf die Resultate anderer Eeobachter.\nDie wichtigsten allgemeinen Ergebnisse unserer Wahlversuche, welche noch eine n\u00e4here psychologische, beziehentlich physiologische Erkl\u00e4rung erheischen, lassen sich in die folgenden S\u00e4tze zusammenfassen :\n1)\tDie Wahlzeiten zeigen bei allen Reagirenden heim Uebergange von 2 zu 10 Eindr\u00fccken ein mit der Vermehrung der Eindr\u00fccke parallel gehendes Wachsthum, welches anfangs erheblich schneller als gegen das Ende erfolgt.\n2)\tDie Wahlzeiten der verschiedenen Reagirenden zeigen wesentliche individuelle Unterschiede, welche hei 2 Eindr\u00fccken bereits her-","page":117},{"file":"p0118.txt","language":"de","ocr_de":"118\nJulius Merket.\nvortreten, bis zu 5 Eindr\u00fccken bedeutend wachsen, dann wieder ab-nehmen und bei 10 Eindr\u00fccken fast v\u00f6llig schwinden.\n3)\tEine l\u00e4nger dauernde Uebung sucht die Wahlzeiten bei jeder Anzahl von Eindr\u00fccken wesentlich zu vermindern und zwar um so st\u00e4rker, je gr\u00f6\u00dfer die Anzahl der Eindr\u00fccke oder die urspr\u00fcngliche Wahlzeit ist.\n4)\tDer Einfluss der Uebung \u00e4u\u00dfert sich im Verlaufe eines Versuchstages anfangs st\u00e4rker als gegen das Ende der Versuche, auch weisen die ersten Versuche eines Tages in der Regel gr\u00f6\u00dfere Wahlzeiten auf, als die letzten des vorangehenden Tages.\n5)\tDie Minima der Wahlzeiten bei 2, namentlich aber bei 5 und 10 Eindr\u00fccken zeigen bei den einzelnen Reagirenden wesentliche individuelle Differenzen.\n6)\tDie mittleren Variationen zeigen bei allen Wahlversuchen im allgemeinen ein bestimmtes Wachsthum nur bis zu der Anzahl von Eindr\u00fccken, bis zu welcher die Wahlzeiten selbst noch in rascherem Ansteigen begriffen sind.\nDie folgenden Ausf\u00fchrungen schlie\u00dfen sich an die Theorie des Willens an, welche Herr Prof. Wundt1) in der 2. Auflage seiner physiologischen Psychologie und in den philosophischen Studien entwickelt hat, und gr\u00fcnden sich in ihrem physiologischen Theile auf die hypothetischen Voraussetzungen, welche im ersteren Werke bei Er\u00f6rterung der physiologischen Function der Centraltheile (siehe Th. I, S. 218 f.) \u00fcber das Apperceptionsorgan gemacht worden sind. Auf Grund der letzteren gestaltet sich der Vorgang, wie er uns bei den Wahlen entgegen tritt, etwa in folgender Weise.\nDurch den Sehnerven zugeleitet, wirkt auf das Sehcentrum irgend einer der jeweils in Betracht kommenden Zahleneindr\u00fccke, wird nach dem sensorischen Schriftcentrum geleitet und auf Wegen appercipirt, die von den genannten Centren nach dem Apperceptions-centrum f\u00fchren. Um alsdann den appercipirten Eindruck durch eine von ihm abh\u00e4ngige und noch nicht einge\u00fcbte Reactionsbewegung (also nicht etwa durch Nachschreiben oder Nachsprechen) zu beantworten, wird die Apperceptionsth\u00e4tigkeit von den in das Appercep-\n1) Wundt, Physiol. Psychologie, 2. Aufl., II, S. 205 f. Philos. Studien, I, S. 337 f.","page":118},{"file":"p0119.txt","language":"de","ocr_de":"Die zeitlichen Verh\u00e4ltnisse der Willensth\u00e4tigkeit.\n119\ntionscentrum einm\u00fcnclenden, bereits mehr oder weniger unter der Herrschaft des Willens stehenden Leitungen eine auszuw\u00e4hlen haben, welche die vom Willen ausgehende Erregung nach den bei der Reaction betheiligten Nerven und Muskeln fuhrt. Bei den meisten Wahl-reactionen scheint es \u00fcbrigens, dass der Wille, nachdem er den die Bewegung ausl\u00f6senden Impuls nach einer Richtung gesandt hat, zu wirken aufh\u00f6rt, es sei denn, dass er, wie es bei den Wahlversuchen zwischen Bewegung und Ruhe \u00f6fters eintreten mag, einen st\u00e4rkeren Impuls nachsende, welcher den ersten noch zu hemmen vermag. Zuweilen werden allerdings auch bei den Wahlen zwischen mehreren Bewegungen dem Willensimpulse, welcher die Reaction wirklich herbeif\u00fchrt, einzelne schw\u00e4chere, dasselbe anstrebende Impulse vorangehen. Durch fortgesetzte Uebung wird jedoch nicht allein die Apperception der Leitungsbahnen wesentlich schneller erfolgen, sondern es werden auch die letzteren selbst zur Leitung eines Erregungsvorganges mehr und mehr disponirt, je h\u00e4ufiger ein solcher in derselben Richtung geleitet wird. *)\nWie schnell aber bei den durch die Uebung noch nicht beeinflussten Wahlversuchen die Auswahl der Bewegungsrichtung im Ap-perceptionscentrum erfolgt, wird wesentlich von dem Grade der Aufmerksamkeit abh\u00e4ngen, welche man den verschiedenen in Betracht kommenden Leitungsbahnen zuzuwenden vermag. Dabei verstehen wir unter Aufmerksamkeit die Adaptation des Apperceptionsorganes auf die zu appercipirenden Vorstellungen, also hier auf die einzelnen Bewegungsreactionen1 2). Handelt es sich nur um 2 oder 3 derselben,\n1)\tVergl. Wundt, Physiol. Psychologie, 2. Aufl., I, S. 269.\n2)\tDie Aufmerksamkeit kann hier insofern eine willk\u00fcrliche genannt werden, als der Wille die Ursache der Adaptation ist, von ihm die St\u00e4rke derselben abh\u00e4ngt. Bei der unwillk\u00fcrlichen Aufmerksamkeit ist es einerseits die Qualit\u00e4t und St\u00e4rke der Reize, andererseits deren specifiseher Gef\u00fchlswerth, welcher die Adaptation hervorruft (vergl. Wundt, Philos. Studien, I, S. 346f). Ist die Aufmerksamkeit durch einen \u00e4u\u00dferen Reiz von besonderer St\u00e4rke und hohem Gef\u00fchlston hervorgerufen oder willk\u00fcrlich auf \u00e4u\u00dfere Reize adaptirt worden, so scheint es, dass sie in beiden F\u00e4llen durch die Willensth\u00e4tigkeit in h\u00f6herem oder niederem Grade erhalten werden muss, um eine mehr oder weniger deutliche Apperception zu erm\u00f6glichen. Ferner wird stets, wenn auf beiderlei Reize eine Reaction erfolgt, dieselbe durch einen Willensimpuls ausgel\u00f6st werden, dem die Apperception der Bewegungsvorstellung vorangegangen ist. Dem ersten Falle, wo die Adaptation unwillk\u00fcrlich hervorgerufen wird, entsprechen \u00fcbrigens die in sehr kurzer Zeit erfolgenden","page":119},{"file":"p0120.txt","language":"de","ocr_de":"120\nMins Merkel.\nso wird, es vielleicht jedem Reagirenden m\u00f6glich sein, dieselben sofort zu appercipiren, treten aber mehrere hinzu, so wird die Apperception derselben immer schwieriger und undeutlicher, bis bei einer bestimmten Anzahl die M\u00f6glichkeit, dieselben als getrennte Objecte zu erkennen, v\u00f6llig aufh\u00f6rt.\nBei einer geringen Anzahl von Eindr\u00fccken kann es freilich auch Vorkommen, dass sich die Aufmerksamkeit nach au\u00dfen dem einen in bevorzugter Weise adaptirt, wodurch eine schnellere Apperception desselben erzielt wird, w\u00e4hrend sie nach innen gleichzeitig der entsprechenden Bewegungsreaction in st\u00e4rkerem Grade zugewandt ist, ein Umstand, der eine wesentliche Verminderung der Wahlzeit herbeif\u00fchrt. Doch sind die in diesem Falle erhaltenen Zeiten, welche hei unsern Versuchen \u00fcbrigens nur sehr selten auftraten, in der Regel so kurz, dass sie g\u00e4nzlich aus der Reihe der \u00fcbrigen herausfallen.\nDie Apperception verschiedener Bewegungsvorstellungen weist eine unverkennbare Analogie mit der Apperception \u00e4u\u00dferer Eindr\u00fccke auf. Denken wir uns etwa auf eine Fl\u00e4che von beliebiger Gr\u00f6\u00dfe 2 Punkte gezeichnet, so wird es keine erhebliche M\u00fche verursachen, sie gleichzeitig mit gleicher Energie zu appercipiren ; lassen wir aber neue Punkte hinzutreten, so wird dies immer schwieriger werden, bis hei einer gewissen Zahl diese M\u00f6glichkeit ganz aufh\u00f6rt. Es findet hier derjenige Vorgang statt, den wir als eine Erweiterung des Blickpunktes. des Bewusstseins bezeichnen k\u00f6nnen, mit der zugleich eine Verminderung seiner Helligkeit eintritt.*) Um alsdann bei verschiedenen Anzahlen von Punkten, die sich vielleicht durch verschiedene Gr\u00f6\u00dfe oder Farbe unterscheiden und denen man gleichzeitig seine Aufmerksamkeit zuwendet, von einem bestimmten Momente an einen allein zu appercipiren, wird man verschiedene Zeiten n\u00f6thig haben; bei 2 Punkten wird dies relativ sehr schnell geschehen, bei der Zunahme der Eindr\u00fccke werden auch jene Zeiten anwachsen, bis man zu der Anzahl von Punkten kommt, f\u00fcr welche eine gleichzeitige Apperception nicht mehr m\u00f6glich ist. Hier wird dann jene Zeit einen\nReaetionen, welche bei Unterseheidungs- und einfachen Reactionsversuehen gelegentlich auf einen Reiz erfolgen, welcher \u00fcberhaupt- eine Reaction nicht zu veranlassen hat, dem letzteren Falle, in dem die Adaptation willk\u00fcrlich erfolgt, beispielsweise alle regelm\u00e4\u00dfig verlaufenden Unterscheidungs- und Wahlversuche.\n1) Wundt, Physiol. Psychologie, 2. Aufl., II, S. 206.","page":120},{"file":"p0121.txt","language":"de","ocr_de":"Die zeitlichen Verh\u00e4ltnisse der Willensth\u00fctigkeit.\n121\nWerth erreicht haben, der hei weiterer Zunahme sich jedenfalls in ganz anderer Weise \u00e4ndert, vielleicht auch innerhalb gewisser Grenzen constant bleibt.\nDen einzelnen Punkten sind in unserem Palle die einzelnen Bewegungsvorstellungen \u00e4quivalent, welche ebenfalls nur bis zu einer gewissen Anzahl gleichzeitig und als getrennte Gebilde ins Bewusstsein gehoben werden k\u00f6nnen. Jener Moment aber, von dem an man dieselben nicht mehr in den Blickpunkt des Bewusstseins oder dessen N\u00e4he zu heben vermag, scheint da einzutreten, wo eine wesentliche Zunahme der Wahlzeiten und ihrer mittleren Variationen bei der Zunahme der Eindr\u00fccke nicht mehr hervortritt. Doch sind wir zu der Annahme, dass alsdann eine Zunahme der Wahlzeiten \u00fcberhaupt nicht mehr stattfinde, dass also die Curve f\u00fcr die Wahlzeiten eine horizontale Asymptote besitzen werde, nicht berechtigt; man kann vielmehr vermuthen, dass die Wahlzeit von jenem Momente an hei fortw\u00e4hrender Vermehrung der Eindr\u00fccke eine Zeit lang station\u00e4r bleibt, dann aber wieder ansteigt und schlie\u00dflich ins Unendliche sich erhebt, wenn man davon absieht, dass das Vorhandensein einer beschr\u00e4nkten Zahl von Bewegungen dem Ansteigen jener Curve ein bestimmtes Ziel setzt. (Vgl. 1, S. 117.)\nUm ferner auf Grund dieser Ausf\u00fchrungen die in 2) (S. 117 u. 118) ausgesprochenen individuellen Unterschiede zu erkl\u00e4ren, wollen wir zwei extreme Individuen A und B bei den Wahlen verfolgen.\nBeide werden bei 2 Eindr\u00fccken die entsprechenden Bewegungs-reactionen noch zu appercipiren verm\u00f6gen und eine verschiedene Wahlzeit wird ausschlie\u00dflich durch einen verschiedenen Grad der Aufmerksamkeit bedingt sein. Tritt ein neuer Eindruck hinzu, so sch\u00e4rft A seine Aufmerksamkeit und h\u00e4lt die entsprechende Reaction ebenfalls noch in der N\u00e4he des Blickpunktes des Bewusstseins fest, B vermag dies aber bei weitem nicht in dem Ma\u00dfe auszuf\u00fchren ; das n\u00e4mliche gelingt A auch noch bei 4 und 5 Eindr\u00fccken, w\u00e4hrend hier B nur noch den Gesammtumfang intendirter Bewegungen \u00fcberblickt, ohne sie einzeln zu appercipiren.\nDie Curve von A wird dem entsprechend erst langsam und dann schneller emporsteigend jene nahezu constante H\u00f6he da erreichen, wo eine sichere Apperception der Bewegungsreactionen auch ihm unm\u00f6glich ist, die Curve von B hingegen beginnt im Anf\u00e4nge schneller","page":121},{"file":"p0122.txt","language":"de","ocr_de":"122\nJulius Merkel.\nzu steigen und nimmt in ihrem weiteren Verlaufe nur noch langsam zu. (Figur 7.) Daraus erhellt deutlich, dass bei einer mittleren Anzahl von Eindr\u00fccken sich die gr\u00f6\u00dften individuellen Unterschiede heraus-stellen werden, w\u00e4hrend dieselben hei der kleinsten Anzahl weniger stark, hei der gr\u00f6\u00dften verschwindend klein ausfallen k\u00f6nnen. Diese zumTheil hypothetischen, zum Theil auf Beobachtungen bei den Versuchen gegr\u00fcndeten Ausf\u00fchrungen werden da am meisten zutreffen, wo die Apperception der \u00e4u\u00dferen Eindr\u00fccke, welche die Wahlen zu veranlassen haben, mit m\u00f6glichster Leichtigkeit vollzogen werden kann, sodass sich die Aufmerksamkeit m\u00f6glichst ausschlie\u00dflich den auszuf\u00fchrenden Wahlacten zuwenden kann. Sie setzen uns dann aber einerseits in den Stand, einzelne weitere Ergebnisse unserer Versuche zu erkl\u00e4ren, w\u00e4hrend sie andrerseits durch die Resultate der Wahlversuche eine gewisse Unterst\u00fctzung erfahren.\nBlicken wir nochmals auf die Curve von G. L. zur\u00fcck, so nimmt dieselbe im Vergleich zu den \u00fcbrigen nicht nur durch ihre wesentlich tiefere Lage eine exceptionelle Stellung ein, sondern sie unterscheidet sich von ihnen auch dadurch, dass sie in ihrem letzten Theile noch im Steigen begriffen ist. Herr Lorenz scheint daher im Stande gewesen zu sein, selbst hei 10 Eindr\u00fccken noch die einzelnen Bewegungsvorstellungen in die N\u00e4he des Blickpunktes des Bewusstseins zu heben ; allerdings ist ihm das weder sicher noch in allen F\u00e4llen gelungen ; denn einerseits sind bei ihm, wie schon fr\u00fcher hervorgehoben wurde, die mittleren Variationen wesentlich gr\u00f6\u00dfer als bei den \u00fcbrigen Personen, andererseits kamen bei ihm gelegentlich einmal falsche Reactionen vor.\nWurde ferner bei jedem der Reagirenden zu den eben benutzten Eindr\u00fccken ein neuer hinzugef\u00fcgt, so ergaben sich bei den ersten Wahlversuchen sofort gr\u00f6\u00dfere Werthe, auch wenn man den neu hinzugekommenen Eindruck lange Zeit nicht einwirken lie\u00df ; es war also der Zustand des Bewusstseins durch die blo\u00dfe Mittheilung, dass es sich auf die Wahl zwischen einer gr\u00f6\u00dferen Anzahl von Eindr\u00fccken gefasst zu machen habe, ein anderer geworden, die Aufmerksamkeit, einer gr\u00f6\u00dferen Anzahl von Bewegungsreactionen zugewandt, konnte nicht entsprechend gesteigert werden, um jede mit der fr\u00fcheren Sch\u00e4rfe zu erfassen, und so resultirte auch bei den fr\u00fcheren Eindr\u00fccken eine gr\u00f6\u00dfere Wahlzeit.","page":122},{"file":"p0123.txt","language":"de","ocr_de":"Die zeitlichen Verh\u00e4ltnisse der Willensth\u00e4tigkeit.\n123\nSchlie\u00dflich konnte man bei den Wahl versuchen bis zu einer gewissen Anzahl von Eindr\u00fccken ein Spannungsgef\u00fchl in den Muskeln, welche die Reaction eventuell zu vollziehen hatten, deutlich wahrnehmen. Dasselbe ist auf eine vom Apperceptionscentrum ausgehende, mit der Aufmerksamkeit verbundene motorische Erregung zur\u00fcckzuf\u00fchren ') und war bei Herrn Lorenz , wie man auch aus der ganzen Art und Weise der Reaction erkennen konnte, bei 10 Eindr\u00fccken noch in hohem Ma\u00dfe vorhanden.\nBisher wurde zur Erkl\u00e4rung der Versuchsresultate nur die eigentliche Wahlzeit ins Auge gefasst. Um einen einigerma\u00dfen richtigen Einblick in das Verhalten der Zeiten zu gewinnen, welche die Willensimpulse erfordern, wollen wir zun\u00e4chst die bei den Uebungsversuchen gewonnenen Vorstellungen \u00fcber die Ursachen der Verminderung der Wahlzeiten er\u00f6rtern.\nBei den Wahlversuchen nimmt man sehr oft den eigentlichen Wahlact und den Willensimpuls als auf einander folgende getrennte Th\u00e4tigkeiten wahr, und man besitzt \u00fcberdies ein ungef\u00e4hres Urtheil dar\u00fcber, welcher Act die l\u00e4ngste Zeit erfordert. Fragt es sich nun, ob an der Uebung die Zeit f\u00fcr die Wahl oder den Willensimpuls den gr\u00f6\u00dften Antheil nimmt, so muss diese Frage sicher zu Gunsten des ersteren Zeitraumes entschieden werden. W\u00e4hrend man n\u00e4mlich bei den ersten Versuchen bei mehrfacher Wahl zuweilen die ganze Reihe der Finger im Geiste gleichsam zu durchmustem gen\u00f6thigt war, ehe man die richtige Wahl treffen konnte, gelang dies nach l\u00e4ngerer Uebung wesentlich leichter, ja in vielen F\u00e4llen schien man augenblicklich nach der Apperception des Eindruckes \u00fcber die entsprechende Reactionsweise im klaren zu sein und hatte nur den Willensimpuls auszu\u00fcben.\nGegen das Ende der mit mir angestellten Versuche nahm ich mir bei einer gr\u00f6\u00dferenlReihe vor, meine Aufmerksamkeit ausschlie\u00dflich den Wahlen der linken Hand zuzuwenden; trotzdem erfolgten die Reactionen mit den Fingern der rechten Hand in beinahe eben so kurzer Zeit als in der vorangehenden normal durchgef\u00fchrten Reihe, w\u00e4hrend bei Beginn der Versuche ein derartiges Beginnen sofort falsche Reactionen zur Veranlassung hatte. Es geht hieraus deutlich\n1) Vergl. Wundt, Physiol. Psychologie, I, S. 218.","page":123},{"file":"p0124.txt","language":"de","ocr_de":"124\nJulius Merkel.\nhervor, dass einige Ileactionen bereits nahezu mechanisch geschahen. Immerhin waren die Zeiten in den F\u00e4llen, wo man \u00e4u\u00dferst schnell gew\u00e4hlt zu haben glaubte, gr\u00f6\u00dfer als die Zeiten hei den Unter-scheidungsreactionen, und es d\u00fcrfte kaum m\u00f6glich sein zu entscheiden, oh bei den gefundenen Minimis der Wahlzeiten die eigentliche Wahl oder der Willensimpuls die l\u00e4ngste Zeit erfordert hat, w\u00e4hrend diese Entscheidung hinsichtlich der zu Beginn der Versuche erhaltenen Zeiten sicher zu Gunsten der ersteren Zeit ausfallen muss.\nDer Umstand, dass die eigentliche Wahlzeit von der Uebung am meisten sollicitirt worden ist, l\u00e4sst auch das in 3) (S. 118) ausgesprochene Ergehniss leicht begreiflich erscheinen. Da die Wahl weiter nichts als eine Unterscheidung zwischen zwei oder mehreren Bewegungsvorstellungen ist, so wird hier bei der Uebung ein analoges Resultat zu erwarten sein, wie bei Unterscheidungsversuchen zwischen \u00e4u\u00dferen Eindr\u00fccken, welche bei weniger gel\u00e4ufigen Eindr\u00fccken eine Zunahme der Unterscheidungszeiten mit der Vermehrung der Eindr\u00fccke, bei bekannten Eindr\u00fccken jedoch nahe unver\u00e4nderte Zeiten ergeben haben. Die Gewandtheit, welche der ge\u00fcbte Clavierspieler in der Auswahl einer weit gr\u00f6\u00dferen Anzahl von \u00e4hnlichen Bewegungen besitzt, l\u00e4sst vermuthen, dass die eigentliche Wahlzeit durch recht lange Uebung bei 2 bis zu 10 Eindr\u00fccken auf eine gleiche und unbedeutende Gr\u00f6\u00dfe herabgedr\u00fcckt werden kann.\nSowohl die fr\u00fcheren als die zuletzt angestellten Versuche lie\u00dfen erkennen, dass die Ausl\u00f6sung eines Willensimpulses vom Zustande des Bewusstseins ebenfalls abh\u00e4ngt und langsamer erfolgt bei mehrfacher Wahl als bei der Wahl zwischen 2 Eindr\u00fccken ; doch kann man diese Erscheinung wohl als Wirkung der Complicationen auffassen, welche die mit der Vermehrung der Bewegungsrichtungen parallel gehende Theilung der Aufmerksamkeit dem Bewusstsein bereitet. Wenigstens schien daf\u00fcr die Beobachtung zu sprechen, nach der bei leichter Auswahl der Bewegungsrichtung die Ausl\u00f6sung des Willensimpulses ebenfalls schneller erfolgte. Trotzdem kam es uns vor, als ob dieser letztere Zeitraum bei der Zunahme der Eindr\u00fccke zwischen weit engeren Grenzen sich bewege und durch die Uebung viel weniger beeinflusst sei als die eigentliche Wahlzeit selbst. Es r\u00fchrte das vielleicht daher, dass zur Ausl\u00f6sung der Reactionsbewegungen solche Leitungsbahnen verwandt wurden, welche fr\u00fcher bereits dazu gedient","page":124},{"file":"p0125.txt","language":"de","ocr_de":"Die zeitlichen Verh\u00e4ltnisse der Willensth\u00e4tigkeit.\t125\nhatten, irgend welche Bewegungen der einzelnen Finger zu veranlassen.\nDie in 4) (S. 118) ausgesprochene Thatsache erkl\u00e4rt sich vielleicht dadurch, dass die einzelnenBeagirenden an jedem Versuchstage durch immer angestrengtere Aufmerksamkeit die Wahlzeiten weiter zu verk\u00fcrzen suchten , ein Bestrehen, das gegen das Ende der Versuche infolge der Erm\u00fcdung immer weniger von Erfolg begleitet war. Die gr\u00f6\u00dferen Werthe des folgenden Tages erkl\u00e4ren sich zum Theil aus einem Verlust an Uebung w\u00e4hrend der Zwischenzeit, zum Theil daraus, dass es dem Reagirenden nicht immer gelang, gleich hei Beginn der Versuche die geh\u00f6rige Sammlung zu finden.\nAuch die hei den Uebungs versuchen constatirten individuellen Unterschiede d\u00fcrften zum Theil auf einen verschiedenen Grad der Aufmerksamkeit der einzelnen Reagirenden hei den Versuchen zur\u00fcckzuf\u00fchren, zum Theil durch eine verschiedene Beanlagung der einzelnen Versuchspersonen bedingt sein. (Vergl. 5, S. 118.)\nIn welcher Weise schlie\u00dflich die mittleren Variationen mit der Aufmerksamkeit Zusammenh\u00e4ngen, dar\u00fcber lassen sich bestimmte Gesetze wohl kaum feststellen, jedenfalls lassen sie weniger auf den Grad ihrer Spannung als auf ihre Variabilit\u00e4t zur\u00fcckschlie\u00dfen. Auch scheinen sie mehr als die Wahlzeiten seihst unter der Herrschaft der \u00e4u\u00dferen Versuchsbedingungen zu stehen; so ergaben die Wahlversuche bei M. M., welche keinerlei St\u00f6rung ausgesetzt waren, dieselben Wahlzeiten wie fr\u00fcher, w\u00e4hrend die mittleren Variationen wesentlich geringere Werthe annahmen. (Vergl. 6, S. 118.)\nZum Schluss werfen wir noch einen vergleichenden Blick auf die Wahlzeiten, welche f\u00fcr die n\u00e4mlichen Personen, die an unsem Versuchen theilgenommen haben, bei der Wahl zwischen zwei Bewegungen (mit rechter und linker Hand) und bei Benutzung von Farbeneindr\u00fccken und Schallreizen vorliegen. So fand Dr. Friedrich1) f\u00fcr Herrn Dr. Tischer als Wahlzeit zwischen 2 Bewegungen bei Farbenempfindungen : 284, w\u00e4hrend Dr. Tischer 2) f\u00fcr sich, J. H. und J. M. bei momentanen Schallreizen folgende Wahlzeiten mittheilt :\n1)\tWundt, Philos. Studien, I, S. 59.\n2)\tWundt, Philos. Studien, I, S. 536.","page":125},{"file":"p0126.txt","language":"de","ocr_de":"126\tJulius Merkel.\nDr.\tT.\tJ. H.\tJ.\tM.\n177,5\t179\t170\nDiesen Zahlen stehen die von uns f\u00fcr 2 Zahlenvorstellungen gewonnenen Zeiten gegen\u00fcber:\nDr.\tT.\tJ. H.\tJ.\tM.\n154,75\t97,5\t81,75\nDie Verschiedenheit der Wahlzeiten f\u00fcr die beiden H\u00e4nde einerseits und die beiden ersten Finger der rechten Hand andererseits, sowie die verschiedene Associationszeit der Eindr\u00fccke und der entsprechenden Reactionsweisen d\u00fcrften meines Erachtens die gro\u00dfen Differenzen zwischen diesen Wahlzeiten bei verschiedenen Eindr\u00fccken nicht erkl\u00e4ren. Nach den von uns gemachten Beobachtungen ist es selbst bei der Wahl zwischen 2 Eindr\u00fccken erforderlich, die Aufmerksamkeit gerade dem Wahlacte in bevorzugter Weise zuzuwenden; die Aufmerksamkeit, welche man gleichzeitig der Apperception der Eindr\u00fccke widmet, wird daher eine wesentlich geringere sein, als wenn es sich um blo\u00dfe Unterscheidungsversuche handelt. Sind aber die gew\u00e4hlten Eindr\u00fccke schwerer zu appercipiren, so wird man diesen Acten eine gewisse Aufmerksamkeit schenken m\u00fcssen, welche f\u00fcr die Wahlacte indess verloren geht. So k\u00f6nnen bei schwerer zu unterscheidenden Eindr\u00fccken die bei den Wahlversuchen gewonnenen Zeiten entweder l\u00e4ngere Unterscheidungszeiten enthalten als die bei blo\u00dfen Unterscheidungsversuchen erhaltenen analogen Zeiten, oder aber l\u00e4ngere Wahlzeiten als bei Benutzung von Eindr\u00fccken, welche leichter apper-cipirt werden k\u00f6nnen.\nDie verschiedene Gr\u00f6\u00dfe der Differenzen zwischen den Wahlzeiten bei Schalleindr\u00fccken und Zahlenvorstellungen bei Dr. T. einerseits und J.H. und J. M. andererseits (22,75 und 81,5, 88,25) erkl\u00e4rt sich vielleicht dadurch, dass ersterer in der Unterscheidung der Schalleindr\u00fccke \u00fcberaus sicher war und daher den Wahlacten eine gr\u00f6\u00dfere Aufmerksamkeit schenken konnte als die beiden andern weniger ge\u00fcbten Beobachter. Daf\u00fcr spricht auch der von Dr. Tischer1) hervorgehobene Umstand, nach welchem bei ihm selbst die Verl\u00e4ngerung der Unterscheidungszeiten bei den vor und nach den Wahlen angestell-ten Versuchen sich auf beide Gruppen gleichm\u00e4\u00dfig vertheilte, w\u00e4hrend\n1) Wundt, Philos. Studien, I, S. 540.","page":126},{"file":"p0127.txt","language":"de","ocr_de":"Die zeitlichen Verh\u00e4ltnisse der Willensth\u00e4tigkeit.\n127\nbei J.H. und J.M. namentlich die nach den Wahlen gewonnenen Unterscheidungszeiten sich als die zumeist verl\u00e4ngerten erwiesen. Auch r\u00fchrten hei mir [J. M.) die hei den Wahlversuchen verschuldeten falschen Reactionen zumeist daher, dass ich, die Aufmerksamkeit vorwiegend der Wahl zuwrendend, die Unterscheidung nicht sicher auszuf\u00fchren vermochte.\nTrotz dieser etwas ver\u00e4nderten Interpretation der von Dr. Tischer erhaltenen Zeiten f\u00fcr die Wahlen zwischen momentanen Schallreizen behalten dieselben ihre Bedeutung. Ob auch bei unsern Versuchen die Apperception der Eindr\u00fccke bei den Wahlversuchen selbst l\u00e4ngere Zeit erfordert hat, als bei den vor und nach denselben ausgef\u00fchrten Unterscheidungsversuchen, bei welchen sich nach den Wahlen im allgemeinen l\u00e4ngere Zeiten nicht herausstellten, verm\u00f6gen wir nicht zu entscheiden; jedenfalls d\u00fcrften bei den geringen Apperceptionszeiten diese Differenzen ebenfalls nur sehr geringe Werthe betragen.\nHinsichtlich der Associationszeit f\u00fcr die Eindr\u00fccke und die ihnen entsprechenden Reactionsweisen aber k\u00f6nnen wir die Vermuthung aussprechen, dass sie bei allen bis jetzt vorliegenden Wahlversuchen den kleinsten Werth haben d\u00fcrften, wenn wir von den von Donder s ausgef\u00fchrten Versuchen absehen, bei welchen die Reaction auf Sprach-laute oder Schriftzeichen durch Nachsprechen erfolgte, wobei nicht allein die Associationszeit auf eine verschwindende Gr\u00f6\u00dfe herabgesunken ist, sondern die Uebung auch die Wahlzeit wesentlich herabgemindert hat.","page":127},{"file":"p0657s0002table1.txt","language":"de","ocr_de":"Wun-rif, Philosophischr Studien. //Band.\nra/f.\n\nVerlag v Wilh.Engelmann, Leipzig.\nLit^.Anst.vJ.d\u00dfacri, Leipzig.\nMerKel^el.","page":0},{"file":"p0657s0003table2.txt","language":"de","ocr_de":"100\nff y sow","page":0}],"identifier":"lit4133","issued":"1885","language":"de","pages":"73-127","startpages":"73","title":"Die zeitlichen Verh\u00e4ltnisse der Willensth\u00e4tigkeit","type":"Journal Article","volume":"2"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T13:03:23.102648+00:00"}