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{"created":"2022-01-31T12:33:25.724898+00:00","id":"lit4140","links":{},"metadata":{"alternative":"Philosophische Studien","contributors":[{"name":"Mehner, Max","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Philosophische Studien 2: 546-602","fulltext":[{"file":"p0546.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Lehre vom Zeitsinn.\nVon\nMax Mehner.\nErste Aufteilung :\nDas Sch\u00e4tzen von leeren Zeitstrecken.\nMit Tafel VI.\nI. Einleitung.\nDie bis jetzt vorliegenden experimentellen Arbeiten \u00fcber den Zeitsinn besch\u00e4ftigen sich nur mit der Untersuchung von leeren Zeitstrecken, und zwar wohl aus dem einfachen Grunde, weil man annahm, dass sie f\u00fcr das erste Eindringen in das umfangreiche Gebiet des Zeitsinnes die einfachsten Bedingungen darb\u00f6ten. Und so haben denn auch eine Reihe von Beobachtern nach verschiedenen Methoden wichtige Resultate auf diesem Gebiete erhalten ; besonders aber ist die Arbeit des Herrn Dr. Estel (\u00bbNeue Versuche \u00fcber den Zeitsinn\u00ab, Philos. Stud. Bd. II Heft I) hervorzuheben, da selbige mehrere f\u00fcr die Kenntniss unseres Zeitsinnes h\u00f6chst interessante Resultate enth\u00e4lt. Estel stellt n\u00e4mlich auf Grund seiner Versuche folgende be-merkenswerthe Gesetze auf:\n1.\t\u00bbEs ist die Zeitsch\u00e4tzung nicht nur am eigentlichen Indifferenzpunkt am genauesten, sondern erreicht auch bei den Vielfachen desselben relative Maxima der Genauigkeit.\u00ab\n2.\t\u00bbDas Web er\u2019sehe Gesetz hat f\u00fcr den Zeitsinn keine G\u00fcltigkeit.\u00ab\nNachdem so die Versuche \u00fcber leere Zeitstrecken zu interessanten\nErgebnissen gef\u00fchrt hatten, schien es w\u00fcnschenswerth, die Unter-","page":546},{"file":"p0547.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Lehre vom Zeitsinn.\n547\nsuchungen auch auszudehnen auf erf\u00fcllte Zeitintervalle und die erhaltenen Resultate mit den von fr\u00fcheren Beobachtern, besonders mit den von Estel gefundenen zu vergleichen, um so zu pr\u00fcfen, wie sich die Leistungen des Zeitsinnes ab\u00e4ndern, je nachdem es gilt, leere oder erf\u00fcllte Zeitintervalle zu sch\u00e4tzen.\nAuf meinen Wunsch betraute mich Herr Prof. Dr. W. Wundt mit diesen Untersuchungen, welche ich im Winter 1883/84 und im Sommer 1884 in seinem psychophysischen Laboratorium ausf\u00fchrte. Als ich jedoch in Begriff stand, meine Versuche abzuschlie\u00dfen, erschien eine Abhandlung des Herrn Prof. Dr. G. Th. Fechner, betitelt: \u00bbUeber die Frage des Web ersehen Gesetzes und Periodici-t\u00e4tsgesetzes im Gebiete des Zeitsinnes\u00ab *). In dieser Schrift unterzieht der Verfasser die Estel\u2019sche Arbeit einer scharfsinnigen Kritik und gelangt schlie\u00dflich zu dem Resultate, dass die von Estel aufgestellten Gesetze hypothetisch seien, dass sie von Grund aus einer neuen haltbareren und klareren Begr\u00fcndung bed\u00fcrften, als sie bis jetzt gefunden h\u00e4tten, ehe sie als g\u00fcltig angesehen werden k\u00f6nnten. Dieser Kritik war um so mehr Beachtung zu schenken, da sie von Fechner kam, diesem ausgezeichneten Begr\u00fcnder und F\u00f6rderer der Psychophysik ; au\u00dferdem sind aber auch die Einw\u00e4nde gegen die oben angef\u00fchrten, von Estel aufgestellten Gesetze zum Theil so berechtigt und \u00fcberzeugend, dass man sich ihnen nicht entziehen kann.\nAuf diese Weise war meinen Untersuchungen der Boden entrissen, und wollte ich meine mir gestellte Aufgabe zu Ende f\u00fchren, so sah ich mich gen\u00f6thigt, die Estel\u2019schen Versuche wenigstens zum Theil noch einmal anzustellen. Ich unterzog mich dieser Arbeit in den Monaten Juli bis December 1884, und zwar wiederholte ich nur die Versuche mit zwei Intervallen, wo also zwischen Haupt- und Vergleichszeit keine Zwischenzeit \u00f6 liegt : theils weil Estel besonders aus ihnen seine wichtigsten Resultate zieht, theils weil sie mir am freiesten von st\u00f6renden psychologischen Einfl\u00fcssen, wie Estel S. 48 und 49 einen solchen erw\u00e4hnt, zu sein schienen. Im Laufe der folgenden Untersuchung wird sich nun ergeben, wie berechtigt die Kritik Fechner\u2019s und wie n\u00f6thig eine Wiederholung der Versuche Este l\u2019s\n1; Abh. der math.-phys. Kl. der K\u00f6nigl. S\u00e4clis. Gesellsch. der Wissenschaften. 13. Bd. Nr. 1.","page":547},{"file":"p0548.txt","language":"de","ocr_de":"548\nMax Mehner.\nwar; hier sei mir im Voraus bemerkt. dass nach meinen Versuchen das Periodicit\u00e4tsgesetz nicht in der von Estel aufgestellten, sondern in einer wesentlich davon abweichenden Form zutrifft, und dass auch das Weber\u2019sche Gesetz in gewissen Grenzen G\u00fcltigkeit besitzt. Immerhin haben die Estel \u2019sehen Untersuchungen das Verdienst, dass sie zuerst die Frage der Periodicit\u00e4t des Zeitsinnes angeregt haben.\nHinsichtlich der Seitenverweisungen sei noch Folgendes bemerkt : Hede ich von Herrn Prof. Fechner schlechtweg, so beziehe ich mich auf dessen schon genannte Abhandlung: \u00bbUeber die Frage des Web er\u2019sehen Gesetzes und Periodicit\u00e4tsgesetzes im Gebiete des Zeitsinnes.\u00ab Abh. der math.-phys. El. der K\u00f6nigl. Sachs. Gesellsch. der Wissensch., 13. Bd., No. I. Citire ich Herrn Dr. Estel, so meine ich damit dessen Abhandlung : \u00bbNeue Versuche \u00fcber den Zeitsinn\u00ab. Philos. Stud. II, Heft I. S. 37 und f. Au\u00dferdem werde ich noch \u00f6fter Gelegenheit haben, die Vier ordt \u2019sehen und Ko Herrschen Versuche zu erw\u00e4hnen: \u00bbDer Zeitsinn nach Versuchen\u00ab von K. Vier-ordt, T\u00fcbingen 1868, und: \u00bbUntersuchungen \u00fcber den Zeitsinn\u00ab von J. Kollert, Philos. Stud. I, S. 78 u. f.\nIL Versuchsmethodik.\nMeine Versuche wurden ebenfalls wie die Estel\u2019schen nach der Methode der Minimal\u00e4nderungen des Herrn Prof. Wundt ausgef\u00fchrt, und zwar bediente ich mich dabei des von Estel benutzten Apparates, ich kann daher wegen dessen n\u00e4herer Beschreibung auf die Estel\u2019sche Abhandlung S. 38 verweisen; nur wurde das Uhrwerk durch ein neues und die Trommel durch ein Rad ersetzt, so dass eine constante Geschwindigkeit innerhalb weiterer Grenzen erm\u00f6glicht wurde. Das Uhrwerk wurde mittelst der Windfl\u00fcgel und der aufgelegten Gewichte so regulirt, dass f\u00fcr die in den Versuchen benutzten Zeitintervalle bis zu t \u2014 5 Secunden die Umdrehungsgeschwindigkeit 18 Secunden betrug, f\u00fcr gr\u00f6\u00dfere Zeiten bis t \u2014 10,65 dagegen 27 und f\u00fcr noch gr\u00f6\u00dfere Zeiten 36 Secunden; es entsprach also der Bewegung des Rades um einen Grad des Theilkreises je nach der Umdrehungsgeschwindigkeit eine Zeit von 0,05, 0,075 oder 0,1 Secunden. Die Umdrehungsgeschwindigkeit selbst wurde zu Beginn einer Versuchsstunde genau bestimmt und im Verlaufe derselben wiederholt controlirt, so dass etwaige durch Ver\u00e4nderung der Ge-","page":548},{"file":"p0549.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Lehre vom Zeitsinn.\n549\nschwindigkeit des Uhrwerkes verursachte Fehler vermieden wurden. Ferner wurden auch die beiden ersten Ausl\u00f6ser ziemlich oft w\u00e4hrend einer Versuchsstunde in Bezug auf ihre richtige Stellung untersucht, so dass eine etwaige Verr\u00fcckung sehr bald bemerkt worden w\u00e4re. Dass schlie\u00dflich auch der dritte Ausl\u00f6ser immer richtig eingestellt wurde, daf\u00fcr b\u00fcrgt die Gewissenhaftigkeit und Sorgfalt, mit welcher die Herren Dr. von Tchisch und cand. math. Glass den Apparat bedienten.\nDa zum Verst\u00e4ndniss der in den Tabellen vorkommenden Werthe n\u00f6thig ist, die Methode der Mininal\u00e4nderungen auseinander zu setzen, so will ich hier die eigene Erkl\u00e4rung des Herrn Prof. Wundt folgen lassen; meine eigene Beschreibung w\u00fcrde nur mit anderen Worten das Original wiedergeben k\u00f6nnen. Wundt\u2019s Erkl\u00e4rung (Philos.\nStud. I, S. 558 u. f.) ist aber mit besonderer Beziehung auf den Zeitsinn folgende: \u00bbDie Methode der Minimal\u00e4nderungen besteht in dem folgenden systematischen Verfahren. Bezeichnen wir die constante Normalzeit mit t und die variabele Vergleichszeit mit t', so Wird zuerst t' \u2014 t genommen. Dann wird i durch unmerkliche Zwischenstufen so lange verst\u00e4rkt, bis eben t\u2019 ^> t erscheint. Dieser Punkt wird aufgezeichnet, aber zur Sicherstellung desselben t' noch etwas weiter verst\u00e4rkt. Hierauf wird t' allm\u00e4hlich geschw\u00e4cht, bis ebenso der Punkt, wo t' = t erscheint, erreicht und wieder etwas \u00fcberschritten ist. Man hat auf diese Weise zwei Werthe, die wir mit t'0\nund t(j bezeichnen wollen und zu denen man den Mittelwerth: L = t\u2019\t\u00b0\n\u00b0\t\u00b0 bestimmt. In \u00e4hnlicher Weise geht man nun von dem Punkte\nt' \u2014 t nach abw\u00e4rts, indem man G kleiner als t werden l\u00e4sst, bis man durch unmerkliche Abstufungen den Punkt erreicht, wo t! <Z t erscheint, und von hier wird endlich wieder bis zur scheinbaren Gleichheit von t' und t zur\u00fcckgegangen. Aus den so erhaltenen Werthen, die wir mit t'u und t\" bezeichnen wollen ; wird ein Mittelwerth tu = \u2014\t\" berechnet. Auf diese Weise gewinnt man durch ein und das-\nselbe Verfahren zwei Schwellenwerthe, n\u00e4mlich:\n1.\tdie obere Unterschiedsschwelle d0 = t0 \u2014 t und\n2.\tdie untere Unterschiedsschwelle du = t \u2014 tu.m\nHierzu sei gleich noch bemerkt, dass ich der K\u00fcrze des Ausdrucks wegen das Verfahren, bei welchem t' durch unmerkliche","page":549},{"file":"p0550.txt","language":"de","ocr_de":"550\nMax Mehner.\nZwischenstufen zuerst gr\u00f6\u00dfer gemacht wird als die Normalzeit t, die ^\u25a0Methode (vergr\u00f6\u00dfernde M.), das umgekehrte Verfahren, wo t' zuerst kleiner als t gemacht wird, als die <( Methode (verkleinernde M.) bezeichnen will.\nAus den in obiger Erkl\u00e4rung der Methode angef\u00fchrten Werthen lassen sich nun alle \u00fcbrigen in den Tabellen enthaltenen unmittelbai ableiten.\nSo erh\u00e4lt man durch Mittelziehung aus den Werthen t0 und tu diejenige Zeit\n2 j rp___ t'j ~b A _ ^ j -\u2014 du ^\nwelche in unserm Bewusstsein der wirklichen Zeit i entspricht, oder kurz den Sch\u00e4tzungswerth der Zeit t, und mithin bedeutet:\n2) d \u2014 T \u2014 t oder nach 1)\n^\tdy\ndie Sch\u00e4tzungsdifferenz, d. h. die Zeit, um welche wir geneigt sind, eine gegebene Hauptzeit zu \u00fcbersch\u00e4tzen oder zu untersch\u00e4tzen, je nachdem /J positiv oder negativ ist. Man bemerkt sofort, dass es gleichg\u00fcltig ist, welche Definitionsgleichung der Sch\u00e4tzungsdifferenz man zu Grunde legt, bei 2) betont man besonders die Gr\u00f6\u00dfe des Sch\u00e4tzungswerthes der Zeit t, bei 3) dagegen mehr den Verlauf der \u00fcnterschiedsschwellen, d. h. den Werth, um welchen man die Vergleichszeit vergr\u00f6\u00dfern resp. verkleinern muss, damit sie eben gr\u00f6\u00dfer oder kleiner erscheine als die Normalzeit. Die Definitionsgleichung 2) m\u00f6chte ich als die Wundt\u2019sehe bezeichnen, da Wundt besonderes Gewicht auf den Sch\u00e4tzungswerth T legt, die Definitionsgleichung 3) dagegen als die Fechner\u2019sehe, da Fechner mehr Gewicht auf den Verlauf der Unterschiedsschwellen und die damit zusammenh\u00e4ngende Frage \u00fcber die G\u00fcltigkeit des Weber\u2019sehen Gesetzes legt. Ich brauche f\u00fcr J den Ausdruck \u00bbSch\u00e4tzungsdifferenz\u00ab und nicht \u00bbSch\u00e4tzungsfehler\u00ab, weil letzterer leicht zu einem Missver-st\u00e4ndniss f\u00fchren k\u00f6nnte, wie Fechner S. 11 und 12 des N\u00e4heren auseinander gesetzt hat. Hierzu sei noch bemerkt, dass Wundt in seiner Dekanatsschrift vom Jahre 18S2 , in welcher er seine Methode der Minimal\u00e4nderungen zuerst ver\u00f6ffentlichte , ebenfalls die Bezeichnung \u00bbSch\u00e4tzungsdifferenz \u00ab gebraucht, dagegen hat er sp\u00e4ter in den Philos. Stud. Bd. I S. 561 und 563 den Ausdruck \u00bbSch\u00e4tzungsfehler\u00ab","page":550},{"file":"p0551.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Lehre vom Zeitsinn.\n551\ngew\u00e4hlt, wahrscheinlich ist er durch die Kollert\u2019sehe Bezeichnung\ndazu gef\u00fchrt worden. Als Sch\u00e4tzungsfehler bezeichne ich mit Fech-\nner die mittlere Unterschiedsschwelle:\n7\u201d, to tu , d0 -f- du '\nV\u2014 2\t1 \u2014\t2\t\u2019\ndiesem Sch\u00e4tzungsfehler ist bekanntlich die mittlere Unterschiedsempfindlichkeit umgekehrt proportional. Ferner bezeichnen die in Tab. II mit m behafteten Gr\u00f6\u00dfen die Mittelwerthe aus s\u00e4mmtlichen Einzel-werthen f\u00fcr dasselbe t] so bezeichnen z. B. dom und dum die mittleren Unterschiedsschwellen gegen\u00fcber d0 und du, den in den Einzelversuchen erhaltenen Schwellen.\nUm gleichzeitig einen Ueberblick \u00fcber die zeitlichen Schwankungen des Bewusstseins bei Zeitsch\u00e4tzungen zu geben, habe ich die Yariationen f\u00fcr die Unterschiedsschwellen d0 und du und f\u00fcr die Sch\u00e4tzungsdifferenz d berechnet; so bezeichnet z. B. \u00f6d die Abweichung einer durch einen Versuch gewonnenen Sch\u00e4tzungsdifferenz d von dem Mittel dm aus s\u00e4mmtlichen d desselben t. Besonders sei noch hervorgehoben, dass \u00d6d.m die mittlere Variation bedeutet, d. h. das Mittel aus s\u00e4mmtlichen \u00f6d f\u00fcr dasselbe t\\ ist z. B. dm das Mittel\naus den Beobachtungen : d^ d2 d%......., deren Zahl n ist, so ist die\nmittlere Variation;\n__ d,n \u2014 d) + (dm \u2014 du + dm \u2014 d3) _ d'd + d'd -f &d +-----t\nwobei die einzelnen Differenzen s\u00e4mmtlich positiv genommen werden. Anologes wie f\u00fcr \u00f6d resp. \u00f6d,m gilt f\u00fcr \u00f6d0 und \u00f6clu resp. \u00f6dom und \u00f6dum.\nDa die Unterschiedsschwellen im Allgemeinen kleine Werthe besitzen . habe ich selbige, um ihren Gang deutlicher hervortreten zu lassen, in Procenten der Normalzeit t ausgedr\u00fcckt, also die Gr\u00f6\u00dfen\nlOO rfgm un(j I00 dum perechnet. Aus diesen Werthen l\u00e4sst sich unmit-1 *\ntelbar die obere und untere Unterschiedsempfindlichkeit E0 und Eu berechnen, indem man ihre reciproken Werthe mit 100 multiplicirt, denn es ist bekanntlich :\nK = j- und Eu = J~ uun\nAnalog dient als Ma\u00df f\u00fcr die mittlere Unterschiedsempfindlichkeit: Em =\t, wo nach dem fr\u00fcher Gesagten D = d\u00b0m dum die mittlere\nUnterschiedsschwelle oder den Sch\u00e4tzungsfehler bedeutet.","page":551},{"file":"p0552.txt","language":"de","ocr_de":"552\nMax Mehner.\nF\u00fcr die Untersuchung betreffs der G\u00fcltigkeit des Weber\u2019sehen Gesetzes sind noch folgende Elemente in den Kreis der Betrachtung zu ziehen: die obere, untere:und mittlere Verh\u00e4ltnissschwelle, f\u00fcr welche die Definitionsgleichungen gelten :\nvom = J2\u2019 vum = T- und v = ]/~ \u25a0\n*\t\u00b0um\tf Him\nBei allen vorliegenden Versuchen diente ich selbst als Beobachter, w\u00e4hrend die Herren Dr. W. von Tchisch ultd cand. math. Glass in dankenswerther Weise den Apparat bedienten, ersterer in den Monaten Juli und August, letzterer in den Monaten October bis December. Die Versuche selbst wurden sowohl nach der > als < Methode ausgef\u00fchrt und zwar abwechselnd, so dass auf jede Methode gleichviel Versuche fallen. Wurde z. B. mit der > Methode begonnen, so wurde der zweite Versuch nach der Methode ausgef\u00fchrt, der dritte wieder nach der Methode u. s. w. In Tab. I sind nun die Versuche in der Weise wiedergegeben, dass der erste, dritte u. s. w. Versuch nach der > Methode gewonnen ist, dagegen der zweite, vierte u. s. w. nach der Methode ; der besseren Uebersicht wegen habe ich aber auch f\u00fcr letztere Versuche die t'0 und t\" und die davon abh\u00e4ngigen Werthe den tru und t\"( vorangestellt, wiewohl letztere der Zeit nach vorangeh\u00f6ren. Die Versuche f\u00fcr die einzelnen Zeiten bis 5 Secunden wurden an verschiedenen Tagen angestellt und zwar wurden die beobachteten Zeiten sowohl in aufsteigender als absteigender Reihenfolge untersucht, am ersten Tage wurde mit der Zeit t \u2014 1 begonnen, am zweiten Tage mit t \u2014 1,5, am dritten Tag mit ( = 2u. s. w., bis auf diese Weise alle Zeiten bis 5 Secunden beobachtet waren, dann wurde derselbe Weg r\u00fcckw\u00e4rts eingeschlagen. Der Indifferenzpunkt wurde zuletzt bestimmt. In Tab. I sind bis zu t \u2014 5 inch die sechs ersten Versuche in aufsteigender, die vier letzten in absteigender Reihenfolge gewonnen worden. Die Zeiten oberhalb 5 Secunden sind nur in aufsteigender untersucht, und zwar sind die zugeh\u00f6rigen Versuche f\u00fcr jede Zeit nur an einem Tage angestellt worden. Auf jede Versuchsstunde kamen durchschnittlich nur 10 Versuche , um der Erm\u00fcdung vorzubeugen.\nIn welcher Weise der Experimentirende die Vergleichzeit ver\u00e4nderte, ob er sie gr\u00f6\u00dfer oder kleiner machte, war mir stets bekannt, doch wusste ichnicht, ob und um wie viel Grade er jedesmal den dritten kleinen Ausl\u00f6ser weiter r\u00fcckte ; auch blieben mir die erhaltenen","page":552},{"file":"p0553.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Lehre vom Zeitsinn.\n553\nResultate w\u00e4hrend einer Versuchsstunde unbekannt, ich glaubte auf diese Weise eine m\u00f6glichst objective Sch\u00e4tzung zu erreichen. W\u00e4hrend der Versuche selbst schloss ich meine Augen, um m\u00f6glichst fremde Eindr\u00fccke urtd Gedanken femzuhalten und um meine ganze Aufmerksamkeit auf die Hammerschl\u00e4ge zu richten ; ich hielt diese Vorsichtsma\u00dfregel f\u00fcr n\u00f6thig, da es ungemein schwer ist, bei den leeren einf\u00f6rmigen Zeitstrecken, zumal bei gr\u00f6\u00dferen, fremdartigeVor-stellungen fernzuhalten und so mit gleichm\u00e4\u00dfig gespannter Aufmerksamkeit zu beobachten. Ferner sa\u00df ich in unmittelbarer N\u00e4he des Hammers, je nachdem ich aber das rechte oder linke Ohr dem Hammer zuwandte, trat an der rechten oder linken Seite des Kopfes ein eigen th\u00fcmliches Spannungssgef\u00fchl auf, welches sich gew\u00f6hnlich nach der Mitte des Kopfes hinzog. Der erste Hammerschlag, also der Beginn der Normalzeit wurde mir von dem Experimentirenden durch den Zuruf \u00bbjetzt\u00ab angezeigt, so dass derselbe seiner Zeit nach stets bekannt war und ich ihm so mit vollkommen vorbereiteter Aufmerksamkeit entgegen kommen konnte. Eine Unterlassung dieser Vorsichtsma\u00dfregel h\u00e4tte leicht Anlass zu einer constanten Fehlerquelle geben k\u00f6nnen.\nBesonders war bei den Versuchen auch darauf zu achten, dass die Schl\u00e4ge des Hammers gleichm\u00e4\u00dfig stark ausfielen; war z. B. der letzte Schlag schw\u00e4cher als die beiden ersten, so erschien mir das zweite Intervall k\u00fcrzer als das erste, dagegen l\u00e4nger, wenn der letzte Schlag st\u00e4rker war als die beiden ersten , obgleich beide Intervalle in Wirklichkeit gleich waren.\nDie kleinste Zeit, welche beobachtet wurde, betrug 0,7 Secun-den ; kleinere Zeiten zu untersuchen, gestattete der Apparat nicht ; da n\u00e4mlich bei diesen die Schl\u00e4ge zu schnell auf einander folgten, kam der Hammer von einem Schlag zum andern nicht zur vollen Ruhe, infolge dessen fielen die Schl\u00e4ge ungleich stark aus, so dass ein genaues Sch\u00e4tzen , wie bereits erw\u00e4hnt, nicht mehr m\u00f6glich war. Die gr\u00f6\u00dfte beobachtete Zeit betrug 12,1 Secunden; wegen Mangel an Zeit war es mir leider nicht m\u00f6glich noch gr\u00f6\u00dfere Zeiten zu untersuchen. Trotz zunehmender Schwierigkeit des Sch\u00fctzens mit wachsender Hauptzeit war ich bei Zeitstrecken von 12,1 Secunden L\u00e4nge noch im Stande, in einer Versuchsstunde bequem .10 Versuche anzustellen, so dass ich auch noch gr\u00f6\u00dfere Intervalle als 12,1 Secunden h\u00e4tte sch\u00e4tzen k\u00f6nnen.","page":553},{"file":"p0554.txt","language":"de","ocr_de":"554\nMax Mehner.\nIII. Contrastfreie Versuche.\nDie den folgenden Tabellen zu Grunde liegenden Versuche bilden die ersten Versuche einer Versuchsstunde, sie sind also nicht durch vorangehende Versuche \u00fcber andere Zeitstrecken beeinflusst. Die sogenannten Contrastversuche werde ich in einem sp\u00e4teren Kapitel besprechen.\nUm nicht fortw\u00e4hrend die Bezeichnung \u00bbSecunde\u00ab gebrauchen zu m\u00fcssen , sei noch erw\u00e4hnt, dass den Tabellen und dem Ausdruck t stets die Secunde als Zeiteinheit zu Grunde liegt.\nDamit der Leser einen Einblick in die einzelnen Beobachtungsdaten erhalte, habe ich in Tab. I f\u00fcr die Zeiten ^ = 0,70, = 5,= 12,1 die Resultate so wiedergegeben, wie sie unmittelbar aus dem Versuche hervorgehen; unter jeder Verticalreihe steht au\u00dferdem der zugeh\u00f6rige Mittelwerth, um eine bequeme Vergleichung desselben mit den Werthen der Einzel versuche zu gestatten. In Tabelle II sind die Mittelwerthe f\u00fcr s\u00e4mmtliche beobachteten Zeiten zusammengestellt, und in Tabelle III befinden sich die \u00fcbrigen aus den Mittelwerthen abgeleiteten, zur Discussion unentbehrlichen Ausdr\u00fccke.\nIch lasse nun zun\u00e4chst die in Rede stehenden Tabellen folgen.\nTabelle I.\nt = 0,70\nt'o\tt'i\t\u00ab\tV\u00ab\tto\ttu\td0\tdu\t\u00e4d0\tSdu\tT\tJ '\t,)J 1\t\n0,75 0,80 0,75 0,80 0,75 0,80 0,80 0,80 0,80 0,75\t0,70 0,70 0,70 0,70 0,70 0,70 0,70 0,70 0,70 0,70\t0,65 0,65 0,65 0,60 0,65 0,65 0,65 0,60 0,65 0,65\t0,70 0,70 0,70 0,70 0,70 0,70 0,70 0,65 0,70 0,70\t0,725 0,75 0,725 0,75 0,725 0,75 0,75 0,75 0,75 0,725\t0,675 0,675 0,675 0,65 0,675 0,675 0,675 0,625 0,675 0,675\t0,025 0,05 0,025 0,05 0,025 0,05 0,05 0,05 0,05 0,025\t0,025 0,025 0,025 0,05 0,025 0,025 0,025 0,075 0,025 0,025\t+ 0,015 \u2014 0,010 + 0,015 \u2014 0,010 + 0,015 \u2014 0,010 \u2014 0,010 \u2014 0,010 \u2014 0,010 + 0,015\t+ 0,0075 + 0,0075 + 0,0075 \u2014\t0,0175 + 0,0075 + 0,0075 + 0,0075 -\t0,0425 + 0,0075 + 0,0 J75\t0,70 0,7125 0,70 0,70 0,70 0,7125 0,7125 0,6875 0,7125 0,70\t0 -i-0,0125 0 0 0 + 0,0125 + 0,0125 \u2014 0,0125 + 0,0125 0\t+ 0,00375 \u2014\t0,00875 + 0,00375 + 0,00375 + 0,00375 \u2014\t0,01875 \u2014\t0,00875 + 0,00025 \u2014\t0,00875 + 0,00375\n0,78\t0,70\t0,61\t0,695\t0,74\t0,6675\t0,04\t0,0325\t0,012\t0,012\t0,70375\t+ 0,00375\t0,007","page":554},{"file":"p0555.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Lehre vom Zeitsinn.\n555\nt = 5,00\n\u25a0 f 1'0\tt'i\tft \"11\ttz\tto\ttu\td0\tdu\t\u00f6d0\tJdu\tT\tJ\t\u00d4J\n5,40 5,40 5,30 5,40 5,45 5,40 5,35 5,35 5,35 5,45\t5,35 5,25 5,30 5,35 5,35 5,35 5,30 5,30 5,30 5,35\t4,60 4,60 4,65 4,65 4,60 4,65 4,65 4,65 4,65 4,60\t4,60 4,70 4,65 4,70 4,70 4,65 4,70 4,65 4,75 4,70\t5,375 5,325 5,30 5,375 5,40 5,375 5,325 5,325 5,325 5,40\t4,60 4,65 4,65 4,675 4,65 4,65 4,675 4,65 4,70 4,65\t0,375 0,325 0,30 0,375 0,40 0,375 0,325 0,325 0,325 0,40\t0,40 0,35 0,35 0,325 0,35 0,35 0,325 0,35 0,30 0,35\t\u2014\t0,0225 + 0,0275 -j\u2014 0,0525 \u2014\t0,0225 \u2014\t0,0475 \u2014\t0,0225 + 0,0275 + 0,0275 + 0,0275 \u2014\t0,0475\t\u2014\t0,055 \u2014\t0,005 \u2014\t0,005 + 0,02 \u2014\t0,005 \u2014\t0,005 + 0,02 \u2014\t0,005 + 0,045 \u2014\t0,005\t4,9875 4,9875 4,975 5,025 5,025 5,0125 5,0 4,9875 5,0125 5,025\t\u2014\t0,0125 \u2014\t0,0125 \u2014\t0,025 + 0,025 + 0,025 + 0,0125 0 \u2014\t0,0125 + 0,0125 + 0,025\t+ 0,01625 + 0,01625 + 0,02875 \u2014\t0,02125 \u2014\t0,02125 \u2014\t0,00875 + 0,00375 + 0,01625 \u2014\t0,00875 \u2014\t0,02125\n5,385\t5,32\t! 4,63 4,68\t\t5,3525\t4,655\t0,3525\t0,345\t0,0325\t0,017'\t5,00375\t+ 0,00375\t0,01625\nt\u2014 12,1\n-:r 00\ti'i\tK\ttu\tto\ttu\tdo\tdu\t(fd0\tdd\u201e\tT\tJ\tSJ\n14,20\t14,00\t10,5\t10,6\t14,1\t10,55\t2,00\t1,55\t\u2014 0,11\t\u2014 0,01\t12,325 +0,225\t\t\u2014 0,05\n14,00\t13,90\t10,3\t10,5\t13,95\t10,4\t1,85\t1,70\t+ 0,04\t\u2014 0,16\t12,175 +0,075\t\t+ 0,10\n14,00\t13,90\t10,6\t10,8\t13,95\t10,7\t1,85\t1.40\t+ 0,04\t+ 0,14\t12,325 +0,225\t\t\u2014 0,05\n14,00\t14,00\t10,3\t10,4\t14,00\t10,35\t1,90\t175\t\u2014 0,01\t\u2014 0,21\t12,175 + 0,075\t\t+ 0,10\n14,10\t14,00\t10,4\t10,6\t14,05\t10,5\t1,95\t1,60\t\u2014 0,06\t\u2014 0,06\t12,275 + 0,175\t\t0\n14,00\t13,80\t10,4\t10,9\t13,90\t10,65\t1,80\t1,45\t+ 0,09\t+ 0,09\t12,275 -j\u2014 0,1/5\t\t0\n14,00\t13,80\t10,5\t10,8\t13,90\t10,65\t1,80\t1,45\t+ 0,09\t+ 0,09\t12,275 + 0,175\t\t0\n14,10\t14,00\t10,5\t10,7\t14,05\t10,60\t1,95\t1,50\t\u2014 0,06\t+ 0,04\t12,325,+ 0,225\t\t\u2014 0,05\n14,10\t14,00\t10,3\t10,7\t14,05\t10,50\t1,95\t1,60\t\u2014 0,06\t\u2014 0,06\t12,275\t+ 0,175\t0\n14,00\t13,90\t10,7\t10,7\t13,95\t10,70\t1,85\t1,40\t+ 0,04\t+ 0,14\t12,325\t+ 0,225\t\u2014 0,05\n14,05\t13,93\t10,45\t10,67\t13,99\t10,56\t1,89\t1,54\t0,06\t0,10\t12,275\t+ 0,175\t0,04\nTabelle II.\nt\ttorn\ttum\tdom\tdum\tddom\tddnm\tT m\t^m\t\tn\n0,70\t0,74\t0,6675\t0,04\t0,0325\t0,012\t0,012\t0,70375\t+ 0,00375\t0,007\t10\n0,75\t0,7875\t0,6925\t0,0375\t0,0575\t0,015\t0,014\t0,74\t\u2014 0,01\t0,006\t10\n1,00\t1,065\t0,9125\t0,065\t0,0875\t0,03\t0,03\t0,98875\t\u2014 0,01125\t0,00925\t10\n1,50\t1,6075\t1,36\t0,1075\t0,14\t0,0275\t0,025\t1,48375\t\u2014 0,01625\t0,0095\t10\n2,00\t2,1175\t1,8625\t0,1175\t0,1375\t0,019\t0,0375\t1,99\t\u2014 0,01\t0,0213\t10\n2,10\t2,1975\t1,995\t0,0975\t0,105\t0,0185\t0,031\t2,09625\t\u2014 0,00375\t0,0095\t10\n2,15\t2,25\t2,0525\t0,10\t0,0975\t0,025\t0,0135\t2,15125\t+ 0,00125\t0,014\t10\n2,50\t2,645\t2,285\t0,145\t0,215\t0,024\t0,022\t2,465\t\u2014 0,035\t0,008\t10\n2,80\t2,985\t2,535\t0,185\t0,265\t0,027\t0,04\t2,76\t\u2014 0,040\t0,02\t10\n3,00\t3,1975\t2,74\t0,1975\t0,26\t0,0225\t0,033\t2,96875\t\u2014 0,03125\t0,0125\t10\n3,50\t3,755\t3,23\t0,255\t0,27\t0,039\t0,025\t3,4925\t\u2014 0,075\t0,0165\t10\n3,55\t3,755\t3,3525\t0,205\t0,1975\t0,018\t0,0185\t3,55375\t+ 0,00375\t0,00875\t10","page":555},{"file":"p0556.txt","language":"de","ocr_de":"556\nMax Mehner.\nt\ttom\ttum\tdom\tdum\tddom\td dum\tT M m\t^m\t\tn\n4.00 4,20 4,50 5.00 5.40 5,70 6.00 6.40 7,10 7,80 8,55 9,30 10,00 10,65 11,40 12,10\t4,34 4,6175 4,8925 5,3525 5,82375 6,305 6,6775 6,865 8,229 8,97 9,79875 10,59 11,53375 12,29625 13,1625 13,99\t3,59 3,7025 4,0775 4,655 4,98375 5,125 5,385 5,9875 6,267 6,74 7,5675 8,1525 8,72125 9,22125 9,915 10,56\t0,34 0,4175 0,3925 0,3525 0,42375 0,605 0,6775 0,465 1,129 1,17 1,24875 1,29 1,53375 1,64625 1,7625 1,89\t0,41 0,4975 0,4225 0,345 0,41625 0,575 0,615 0,4125 0,83 1,06 0,9825 1,1475 1,27875 1,42875 1,485 1,54\t0,024 0,019 0,024 0,0325 0,04875 0,034 0,0635 0,045 0,0805 0,111 0,04875 0,0675 0,09375 0,087 0,06 0,06\t0,032 0,028 0,018 0,017 0,036 0,042 0,038 0,045 0,077 0,05 0,0405 0,057 0,0795 0,07125 0,0705 0,10\t3,965 4,15 4,485 5,00375 5,40375 5,715 6,03125 6,42625 7,2479 7,855 8,683125 9,37125 10,1275 10,75875 11,53875 12,275\t\u2014\t0,035 \u2014\t0,040 \u2014\t0,015 + 0,00375 + 0,00375 + 0,015 + 0,03125 + 0,02625 + 0,1479 + 0,055 + 0,133125 + 0,07125 + 0,1275 + 0,10875 + 0,13875 + 0,175\t0,015 0,0125 0,0125 0,01625 0,0345 0,0255 0,04875 0,01875 0,02707 0,0715 0,02838 0,03675 0,0225 0,06 0,0465 0.04\t10 10 10 10 10 10 10 10 6 10 10 10 10 10 10 10\nTabelle III.\nt\t100 dom t\t100 du1fi t\tK\tK\t\u00a3\td?m\tVom\tVum\tVum\tVom\tV\n0,70 0,75 1,00 1.50 2,00 2,10 2,15 2.50 2,80 3.00 3.50 3.55 4.00 4,20 4.50 5.00 5.40 5,70 6.00 6.40 7,10 7,80 8.55 9,30 10,00 10,65 11,40 12,10\t5.7 5 6.5 7,17 5,875 4.64 4.65 5.8 6.6 6,538 7,3 5,773 8.5 9,94 8,72 7.05 7,847 10,6 11,29 7,27 15,9 15 14,72 13,87 15,34 15,46 15,46 15,6\t4,64 7,67 8,75 9.3 6,875 5 4.5 8.6 9,5 8.7 7.7 5,567 10,25 11,845 9.4 6,9 7,7 10,1 10,25 6,445 11,7 13,59 11,5 12,34 12,7875 13,4 13 12,75\t17.5 20 15.3 13,96 17 21,53 21.5 17.3 15.1 15.2 13.7 17.3 12 10.06 11,467 14,2 12.7 9,42 8,856 13.8 6,29 6,67 6,847 7,2 6,53 6,46 6,468 6,4\t21,53 13.04 11,43 11 14,55 20 22 11,6 10,6 11 13 18 9,75 8,442 10,65 14.5 13 9.1 9,755 15,51 8,554 7,36 8,7 8.1 7,82 7,45 7,68 7,86\t0,03625 0,0475 0,07625 0,12375 0,1275 0,10125 0,09875 0,18 0,225 0,22875 0,2625 0,20125 0,375 0,4575 0,4075 0,34875 0,42 0,59 0,64625 0,43875 0,9795 1,115 1,115625 1,21875 1,40625 1,5375 1,62375 1,715\t19.3 15,8 13,114 12,121 15.7 20,742 21.8 14 12,45 13,15 13.33 17,64 10,7 9,18 11.04 14.33 12,9 9,66 9,28 14,59 7,25 7 7,664 7,63 7,111 6,927 7 7,055\t1.057 1,05 1.065 1,0717 1,05875 1,04645 1,0465 1.058 1.066 1,0658 1,073 1,0577 1,085 1,0994 1,0872 1,0705 1,07847 1,1062 1,1129 1,0727 1,159 1,150 1,14605 1,13871 1,153375 1,15458 1,1546 1,156\t1,0489 1,0830 1,0959 1,1029 1,0739 1,053 1,0475 1,0945 1,1045 1,0949 1,083 1,0589 1,113 1,13437 1,1036 1,074 1,08352 1,1122 1,1142 1,0689 1,133 1,158 1,12986 1,14075 1,144662 1,15494 1,1499 1,146\t\u2014 0,0081 + 0,033 + 0,0309 + 0,0312 + 0,01515 + 0,00655 + 0,001 + 0,0365 + 0,0385 + 0,0291 + 0,01 + 0,0012 + 0,028 + 0,03497 + 0,0164 + 0,0035 + 0,00505 + 0,006 + 0,0013 \u2014\t0,0038 \u2014\t0,026 + 0,008 \u2014\t0,01619 + 0,00204 \u2014\t0,00871.3 + 0,00036 \u2014\t0,0047 \u2014\t0,01\t1,0529 1,0664 1,0804 1,0872 1,0663 1,0445 1,0470 1,0759 1,0851 1,0803 1,0782 1,0583 1,0995 1,1169 1,0958 1,0723 1,0810 1,1092 1,1137 1,0708 1,1458 1,1536 1,1379 1,1398 1,1526 1,1548 1,1522 1,1510","page":556},{"file":"p0557.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Lehre vom Zeitsinn.\n557\nBei der Discussion der in den vorliegenden Tabellen enthaltenen Elemente wird es sich haupts\u00e4chlich um die Fragen handeln : Wie ver\u00e4ndert sich mit aufsteigenden Wer then von t die Gr\u00f6\u00dfe der mittleren Sch\u00e4tzung\u00aedifferenz , und hat das Weh er sehe Gesetz auch im Gebiet des Zeitsinnes G\u00fcltigkeit ?\nDoch ehe ich auf diese Fragen n\u00e4her eingehe, will ich erst noch auf einen wichtigen Unterschied zwischen den Estel\u2019 sehen und meinen Resultaten aufmerksam machen. Schon ein fl\u00fcchtiger Blick auf die Estel\u2019schenTabellen XII bisXIV und auf meine Tabelle II zeigt, da\u00df die Sch\u00e4tzungsdifferenzen z/m in Bezug auf ihre Gr\u00f6\u00dfe ganz ausserordentlich von einander abweichen, dass n\u00e4mlich dieselben in den Estel\u2019schen drei Tabellen bedeutend gr\u00f6\u00dfer sind als in der meinigen. Der bequemen Vergleichbarkeit halber stelle ich ihre Summen 2Jm f\u00fcr diejenigen Normalzeiten zusammen , welche in allen den genannten Tabellen Vorkommen, n\u00e4mlich f\u00fcr die Zeiten: ^ = 1,5, = 2,\u2014 2,5, = 3 , \u2014 3,5 , \u2014 4, = 5 ; diese geben 2t = 21,5. Da aber die f\u00fcr sich nicht isolirte Werthe sind, sondern mit den Unterschiedsschwellen dom und dum solidarisch Zusammenh\u00e4ngen durch die Gleichung: z/m =\tll><m , so gebe ich auch die entsprechenden Wer-\nthe f\u00fcr 2dom und 2dum ;\nTabelle IV.\nTabelle\tv d \u2014' uom\tEd \u2022w Uum\tEd\nXII.\t0,758\t2,128\t0,9845\nXIII.\t1,077\t3,198\t1,06\nXIV.\t1,43\t3,382\t0,976\nII.\t1,515\t1,7775\t0,13875\nWie ersichtlich, weichen die 2Jm der Tab. XII bis XIV nur unwesentlich von einander ab , so dass man vermuthen k\u00f6nnte , auch 2 in Tab. II w\u00fcrde sich von ihnen nur unbedeutend unterscheiden, da ja die zu Grunde liegenden Versuche nach derselben Methode angestellt worden sind; doch ist gerade das Gegentheil der Fall, indem die letztere 2Jm nur den 7. Theil von dem Mittel 1,0068 der \u00fcbrigen betr\u00e4gt. Diese gro\u00dfen Werthe der Jm in den Tab. XII bis XIV sind aber bedingt durch die bedeutenden Abweichungen, welche die Unterschiedsschwellen zeigen, es verhalten sich n\u00e4mlich im Mittel 2dom","page":557},{"file":"p0558.txt","language":"de","ocr_de":"558\nMax Mehner.\nund -dum zu einander wie 1 : 2,9, w\u00e4hrend in Tab. II dieselben das Verh\u00e4ltnis 1 : 1,175 zeigen.\nFragt man nun nach dem Grunde dieser Erscheinung, so finde ich ihn in dem Umstande, dass die Herren, welche sich an den Estel\u2019sehen Versuchen betheiligten, zu geringe Uehung im Sch\u00e4tzen von Zeitstrecken besa\u00dfen, w\u00e4hrend ich als ziemlich ge\u00fcbter Beobachter an meine Versuche herantrat. Ich sage als ziemlich ge\u00fcbter Beobachter, da ich mehrere Semester an psychophysischen Untersuchungen theil genommen und mich w\u00e4hrend drei Semestern eingehend mit Experimenten \u00fcber den Zeitsinn befasst hatte. Der Zeit nach haben die Es tel\u2019sehen Beobachter auch ein Jahr lang an Zeitversuchen sich hetheiligt, doch wei\u00df ich nicht, in welchen Intervallen die Beobachtungen stattgefunden haben. Dass nicht an allzuviel Versuchstagen experimentirt worden ist, glaube ich daraus schlie\u00dfen zu d\u00fcrfen, dass auf jeden Beobachter mit den Contrastversuchen durchschnittlich nur 90 Versuche kommen. Meine Meinung geht also dahin, dass einzig und allein der geringen Uehung die gro\u00dfen Werthe f\u00fcr die Sch\u00e4tzungsdifferenz zuzuschreiben sind.\nTritt man als Unge\u00fcbter an die Zeitversuche heran, so gelingt es nicht, die Intervalle vollst\u00e4ndig zu beherrschen, es erscheint die Vergleichszeit sehr bald gr\u00f6\u00dfer als die Normalzeit; der Grund hiervon liegt darin, dass ein Theil der Normalzeit, nennen wir ihn dl, aus dem Ged\u00e4chtniss entschwunden ist, so dass selbige bei der Vergleichung nur noch den Werth t \u2014 dt besitzt, die Folge davon ist, dass die obere Unterschiedsschwelle zu niedrig ausf\u00e4llt, die untere dagegen um ebensoviel zu gro\u00df , mithin wird die Sch\u00e4tzungsdifferenz einen gro\u00dfen negativen Werth erhalten. Erst nach langer Uehung gelingt es, die Intervalle, zumal die gr\u00f6\u00dferen vollst\u00e4ndig zu beherrschen und sie im Ged\u00e4chtniss festzuhalten; alsdann wird aber auch die Sch\u00e4tzung genauer, d. h. die Sch\u00e4tzungsdifferenzen besitzen nur kleine Werthe, und gleiche Zeiten erregen in uns, wie Vierordt S. 22 sich ausdr\u00fcckt , im Allgemeinen gleich gro\u00dfe oder besser gesagt, nicht unterscheidbare Empfindungen. Letzteres ist aber beiden Es tel\u2019sehen Beobachtern nicht immer der Fall gewesen. Zwar gibt Estel in seinen Tabellen nur Mittelwerthe, doch l\u00e4sst sich meine Annahme sehr leicht erweisen. Betrachten wir zu diesem Zweck z. B. Tab. XIII f\u00fcr t = 5 , hier ist dom \u2014 0,05 und dum \u2014 0,775, also dum 15mal so gro\u00df","page":558},{"file":"p0559.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Lehre vom Zeitsinn.\n559\nals dom. Nun entsprach der Bewegung der Trommel um einen Grad des Theilkreises eine Zeit von 0,1 Secunde, Estel musste also bei Anwendung der Methode jedesmal die Yergleichszeit um 0,1 Secunde ver\u00e4ndern, mithin ist dom \u2014 0,05 nicht anders zu erkl\u00e4ren, als dass t' bereits gr\u00f6\u00dfer als t gesch\u00e4tzt wurde, wo es in Wirklichkeit noch gleich t war, oder dass t' erst gleich t gesch\u00e4tzt wurde, wenn es schon kleiner als t war. Wie in Tab. XIII, so kommen aber auch in den anderen Tabellen \u00e4hnliche Abnormit\u00e4ten vor und die Estel\u2019sehen Proto-colle werden deren viele aufweisen. Zum ferneren Beleg meiner Ansichtwill ich noch auf die Estel\u2019schen Tabellen II und III hinweisen; letztere enth\u00e4lt ein dom = 0 f\u00fcr t \u2014 1,8, erstere ein dom = \u2014 0,045 f\u00fcr t= 5,5, also sogar eine negative obere Unterschiedsschwelle. Zwar sind diese Tabellen nicht direct mit den meinigen zu vergleichen, da sie Versuche mit drei Intervallen enthalten, doch sprechen sie immerhin f\u00fcr meine oben aufgestellte Ansicht. Unter meinen s\u00e4mmtlichen viel zahlreicheren Versuchen findet sich kein einziger Fall, wo die der Normalzeit gleiche Vergleichszeit gr\u00f6\u00dfer oder kleiner als erstere gesch\u00e4tzt worden w\u00e4re, so dass also durch meine Versuche das oben erw\u00e4hnte, von Vierordt gefundene Resultat in evidenter Weise best\u00e4tigt wird.\nFerner finde ich f\u00fcr meine Behauptung, dass die Es tel\u2019sehen Beobachter nicht immer im Stande waren, die Intervalle zu beherrschen, einen directen Beweis in Estel\u2019s eigenen Worten S. 58: \u00bbWenn die erste Hauptzeit einer Versuchsreihe drei Secunden \u00fcberstieg, so dienten bei allen Beobachtern die ersten Versuche nur zur Gew\u00f6hnung an das Intervall, es war daher eine bedeutend st\u00e4rkere Aenderung der Vergleichszeit n\u00f6thig, um ihren Unterschied gegen die Hauptzeit deutlich zu erkennen, als beim weiteren Verlauf des Versuches, wo jene Gew\u00f6hnung bereits eingetreten war und eine geringe Ver\u00e4nderung von t' schon merkbar wurde. Ich gebrauchte daher sp\u00e4ter die Vorsicht, gr\u00f6\u00dfere Zeiten erst mehrere Male ohne Ver\u00e4nderung von t ' schlagen zu lassen, bis alle Beobachter erkl\u00e4rten, das Intervall vollst\u00e4ndig zu beherrschen.\u00ab\nHier sagt also Estel selbst, dass bei gr\u00f6\u00dferen t als 3 Secunden die Beobachter M\u00fche hatten, dieselben zusammenzufassen, wahrscheinlich ist es auch schon bei 3 Secunden und darunter der Fall gewesen, da ja die Grenze der Beurtheilungsm\u00f6glichkeit von Zeitstrecken\nWundt, Philos. Studien. II.\t37","page":559},{"file":"p0560.txt","language":"de","ocr_de":"560\nMax Mehner.\nnicht bei einer bestimmten Zeit eintritt, sondern sich allm\u00e4hlich bemerkbar macht. Wenn nun Es t e 1 genanntem Uebelstande dadurch abzuhelfen sucht, dass die ersten Versuche nur zur Gew\u00f6hnung an die betreffenden Intervalle dienten, so halte ich dieses Mittel f\u00fcr ungen\u00fcgend ; eine gewisse Unsicherheit im Sch\u00e4tzen wird auch dann noch \u00fcbrig geblieben sein. Da ich allm\u00e4hlich von kleineren Zeiten zu gr\u00f6\u00dferen \u00fcberging und fast jeden Tag Beobachtungen anstellte, so war es mir bei Beginn einer Versuchsstunde immer m\u00f6glich, sofort das betreffende Intervall] zusammenzufassen. Auch w\u00fcsste ich nicht, dass eine Zeit, selbst die gr\u00f6\u00dfte, welche beobachtet wurde, mir irgend eine nennenswerthe Schwierigkeit gemacht h\u00e4tte ; daf\u00fcr spricht auch der Umstand, dass ich stets 10 Versuche ohne Unterbrechung hintereinander anstellen konnte. Auch die Uebung machte sich im Verlaufe einer Versuchsstunde nicht in st\u00f6render Weise geltend, ich sch\u00e4tzte zu Anfang ebenso genau und sicher wie am Ende. Diese Thatsache zeigt, dass die Bemerkung Estel\u2019s S. 59, wonach bei gr\u00f6\u00dferen Zeiten eine Gew\u00f6hnung im Laufe des Versuches als thats\u00e4chlich vorhanden anerkannt werden muss, wenigstens f\u00fcr meine Versuche nicht zutrifft, ein Umstand, der die Brauchbarkeit derselben wesentlich erh\u00f6hen d\u00fcrfte.\nAu\u00dfer in der unvollkommenen Beherrschung der Intervalle macht sich der Einfluss der geringen Uebung noch in einem anderen Umstande geltend. Ich habe n\u00e4mlich bei den Versuchen an mir folgende interessante Beobachtung gemacht: Bei Zeiten bis 5 Secunden, zumal von 2,5 Secunden an, bemerkt man sehr leicht, dass sich unser Bewusstsein den beiden zu vergleichenden Zeitstrecken gegen\u00fcber ganz verschieden verh\u00e4lt. W\u00e4hrend man n\u00e4mlich sich den beiden ersten Hammerschl\u00e4gen gegen\u00fcber ganz passiv verh\u00e4lt, ist man geneigt, den dritten Hammerschlag mit einer gr\u00f6\u00dferen Spannung der Aufmerksamkeit zu erwarten, indem man den zweiten Hammerschlag als Signal f\u00fcr den dritten betrachtet, dazu gesellt sich noch ein eigenth\u00fcmliches Gef\u00fchl der Unruhe. Je gr\u00f6\u00dfer nun die Intervalle sind , d. h. je l\u00e4nger also der dritte Schlag auf sich warten l\u00e4sst, um so gespannter wird die Aufmerksamkeit und um so gr\u00f6\u00dfer die Unruhe und die Erwartung auf denselben , so dass wir geneigt sind, das zweite Intervall gr\u00f6\u00dfer zu sch\u00e4tzen als das erste ; es bedarf daher auch einer geringeren Vergr\u00f6\u00dferung als Verkleinerung der Vergleichszeit, um einen Unterschied","page":560},{"file":"p0561.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Lehre vom Zeitsinn.\n561\nmit der Normalzeit zu bemerken, d. h. wir werden in diesem Falle immer gro\u00dfe negative Sch\u00e4tzungsdifferenzen begehen. Durch Uebung l\u00e4sst sich allm\u00e4hlich erreichen, dass man sich gew\u00f6hnt, beiden Zeitstrecken seine Aufmerksamkeit in gleichem Ma\u00dfe zuzuwenden, so dass die Vergleichszeit nicht vor der Normalzeit bevorzugt ist ; alsdann werden aber auch die Unterschiedsschwellen keine gro\u00dfen Unterschiede zeigen, d. h. die Sch\u00e4tzungsdifferenzen nehmen geringere Werthe an. In diesem Zustande der ungleichm\u00e4\u00dfigen Spannung der Aufmerksamkeit auf die beiden Intervalle scheinen sich die Estel\u2019-schen Beobachter befunden zu haben; es ist mir wenigstens nicht wahrscheinlich, dass bei der geringen Anzahl ihrer Versuche dieselben die n\u00f6thige Beherrschung ihrer Aufmerksamkeit gehabt haben. Auch Herr Glass, der bei Bedienung des Apparates gleichzeitig mitsch\u00e4tzte und ein sonst in physikalischen Untersuchungen wohl ge\u00fcbter Beobachter ist, klagte stets dar\u00fcber, dass er den dritten Hammerschlag nicht fr\u00fch genug erwarten k\u00f6nnte, infolge dessen sch\u00e4tzte er auch im Vergleich zu mir die Vergleichszeit bei weitem fr\u00fcher gr\u00f6\u00dfer als die Normalzeit, dagegen viel sp\u00e4ter kleiner; seine Sch\u00e4tzungsdifferenzen besa\u00dfen daher gr\u00f6\u00dfere negative Werthe als die meinigen.\nWas nun von den Est el\u2019sehen Versuchen mit zwei Intervallen in Bezug auf die geringe Uebung seitens der Beobachter gilt, erstreckt sich auch auf die Versuche mit drei Intervallen. Ebenso scheinen mir die Kollert\u2019sehen Versuche an demselben Fehler zu leiden; es besa\u00dfen n\u00e4mlich auch die von Kollert erw\u00e4hnten Beobachter zu geringe Uebung im Sch\u00e4tzen von Zeitstrecken, was aus den bedeutenden Abweichungen der Unterschiedsschwellen von einander, sowie aus der Bemerkung von Estel S. 50 hervorgeht, \u00bbdass bei Kollert\u2019s Versuchen einige Beobachter das Intervall 1,2 Secunden f\u00fcr schwer sch\u00e4tzbar erkl\u00e4rt hatten und die Sch\u00e4tzung der Zeit 1,5 Secunden allen Beobachtern Schwierigkeiten bereitet hatte.\u00ab Infolge der Schwierigkeit , gro\u00dfe Intervalle vollst\u00e4ndig zusammenzufassen und die Aufmerksamkeit in der richtigen Weise zu beherrschen, werden auch die mittleren Variationen der in Estel\u2019s Tabellen XII bis XIV enthaltenen Schwellenwerthe bedeutend gr\u00f6\u00dfer gewesen sein, als in meiner Tab. II; sie sind leider von Estel nicht mitgetheilt worden.\nNach diesen Bemerkungen wollen wir nun zur Discussion der in den Tabellen I bis III enthaltenen Elemente \u00fcbergehen und zuerst\n37*","page":561},{"file":"p0562.txt","language":"de","ocr_de":"562\nMax Mehner.\nden Gang der Sch\u00e4tzungsdifferenz Jm mit zunehmendem t n\u00e4her ins Auge fassen.\nDefiniren wir mit Fechner S. 10 den Indifferenzpunkt durch die beiden solidarisch zusammenh\u00e4ngenden Bedingungen : 1) \u00bbdass die beiden, in ihrem allgemeinen Gange bez\u00fcglich t von einander abweichenden Unterschiedsschwellen sich am Indifferenzpunkt in Gleichheit begegnen ; 2) dass das Mittel der beiden Sch\u00e4tzungswerthe t0 und tu mit dem Hauptwerth t \u00fcbereinstimmt\u00ab, so zeigt der Verlauf von in Tab. II vier solche Punkte, n\u00e4mlich bei den Zeiten t \u2014 0,7, = 2,15, = 3,55, = 5, mithin gibt es f\u00fcr mein Bewusstsein vier Zeiten , welche unver\u00e4ndert reproducirt werden. Dieses Resultat ist um so \u00fcberraschender , als die bisherigen Beobachtungen immer nur einen Indifferenzpunkt ergeben haben. So fand ihn Vierordt bei Versuchen, welche den meinigen am meisten entsprechen (S. 36, Tab. A.) bei t \u2014 2,7, Wundt, Kollert und Estel dagegen zwischen t \u2014 0,7 und t \u2014 0,8. Mit dem von letzteren Herren gefundenen Indifferenzpunkt stimmt auch derjenige der Tab. II \u00fcberein, welcher zwischen t \u2014 0,7 und t \u2014 0,75 liegt, und zwar bei der Zeit t \u2014 0,71364 oder abgek\u00fcrzt bei t = 0,71, wenn wir n\u00e4mlich den Verlauf von J.m zwischen t \u2014 0,7 und t \u2014 0,75 als geradlinig annehmen. Betreffs dieser Zeit 0,71 wird also die von W un dt (Phys. Psych. Bd. II, S. 286) ausgesprochene Ansicht best\u00e4tigt, dass der Indifferenzpunkt eine sehr constante Lage hat, die selbst bei verschiedenen Individuen nur wenig zu variiren scheint. Auch bei verschiedenen anderen Beobachtern habe ich den Indifferenzpunkt zwischen t = 0,7 und t \u2014 0,75 gefunden, wie ich sp\u00e4ter Gelegenheit haben werde, mitzu-theilen.\nAu\u00dfer den angef\u00fchrten vier Indifferenzzeiten , wo Jm den Werth Null besitzt, also ein absolutes Minimum, zeigt Tab. II f\u00fcr die Sch\u00e4tzungsdifferenz oberhalb 5 Secunden noch mehrere relative Minima, n\u00e4mlich bei den Zeiten 6,4, 7,8, 9,3 und 10,65. Dass bei diesen Zeiten Jm kein absolutes Minimum erreicht, ist wahrscheinlich durch die Gr\u00f6\u00dfe dieser Zeitstrecken bedingt, f\u00fcr welche ja das Sch\u00e4tzen schwieriger und so das Urtheil unsicherer wird, wie auch die mittleren Variationen beweisen; merkw\u00fcrdig ist nur der Zusammenhang dieser Erscheinung mit dem Umstande, dass ich Zieten oberhalb 5 Secunden gr\u00f6\u00dfer reproducire, als sie wirklich sind.","page":562},{"file":"p0563.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Lehre vom Zeitsiim.\n563\nFassen wir nun die Zeiten: 0,71, 2,15, 3,55, 5, 6,4, 7,8, 9,3undl0,65, f\u00fcr welche Jm entweder ein absolutes oder ein relatives Minimum erreicht, noch einmal n\u00e4her in\u2019s Auge, so finden wir, dass dieselben fast genau ungerade Vielfache der niedrigsten Indifferenzzeit 0,71 sind. Was den Verlauf von Jm zwischen diesen Zeiten anlangt, so bemerken wir zuerst ein Anwachsen bis zu einem bestimmten Maximum, dann wieder ein Fallen bis zum n\u00e4chsten Minimum, dann wieder ein Anwachsen u. s. w. ; dieses Auf- und Absteigen wiederholt sich ganz regelm\u00e4\u00dfig zwischen den Minimalzeiten und zwar erreicht Jm relative Maxima bei den Zeiten t \u2014 1,5, = 2,8, = 4,2, = 6, = 7,1, = 8,55, = 10, also bei Zeiten, die fast genau gerade Vielfache der niedrigsten Indifferenzzeit 0,71 betragen. Es zeigen somit die Jm einen periodischen Verlauf, welcher besonders deutlich hervortritt, wenn wir dieselben graphisch als die Ordinaten einer Curve darstellen, deren Abscissen die Normalzeiten t sind. Diese Curve zeigt Fig. 1 (Taf. VI), nur ist dazu noch zu bemerken, dass der Deutlichkeit halber die Einheit der Ordinaten zehnmal so gro\u00df genommen ist als die der Abscissen. Die wirklich beobachteten Werthe sind durch gerade Linien verbunden, au\u00dferdem sind auch ihre Ordinaten gezogen. Wie nun aus Fig. 1 ersichtlich, sind die Leistungen meines Bewusstseins hinsichtlich des Zeitsinnes eine periodische Function des niedrigsten Indifferenzpunktes t \u2014 0,71 und zwar periodisch um das Doppelte dieser Zeit, d. h. eine gegebene Zeitstrecke erleidet in der Reproduction gar keine oder wenigstens die relativ geringste Ver\u00e4nderung, wenn sie ein ungerades Vielfaches von t \u2014 0,71 betr\u00e4gt, dagegen die relativ gr\u00f6\u00dfte Ver\u00e4nderung, wenn sie gleich einem geraden Vielfachen dieser Zeit ist.\nOberhalb 11,4 Secunden scheint die Periodicit\u00e4t aufzuh\u00f6ren und Jm mit zunehmender Hauptzeit zu wachsen, ein Umstand, den ich durch Schwierigkeit der Sch\u00e4tzung von gro\u00dfen Zeitr\u00e4umen zu erkl\u00e4ren geneigt bin; dass dagegen t = 5,7 keine Maximalzeit, sondern t \u2014 6 eine solche zu sein scheint, ist auffallend ; ich habe daher beide Zeiten nochmals untersucht, als ich bereits meine Versuche abgeschlossen hatte, und folgende Resultate erhalten:","page":563},{"file":"p0564.txt","language":"de","ocr_de":"564\nMax Mehner.\nTabelle V.\nt\ttom\ttum\tdom\tdum\tddom\tddum\tT\tJ\tn\n5,7\t6,2175\t5,2275\t0,5175\t0,4725\t0,0465\t0,0375\t5,7225\t+ 0,0225\t10\n6\t6,525\t5,57625\t0,525\t0,42375\t0,0375\t0,04875\t6,050625\t+ 0,050625\t10\nTabelle VI.\nt\t100<fom t\t100 dum t\tEo\tEu\tD\tEm\tVom\tVum\tV\n5,7\t9,1\t8,3\t11\t12,1\t0,495\t11,5\t1,0908\t1,0904\t1,0893\n6\t8,75\t7,06\t11,4\t14,16\t0,474375\t12,6\t1,0875\t1,0760\t1,08175\nAuch in den letzteren Tabellen zeigt sich dieselbe Unregelm\u00e4\u00dfigkeit wie in Tab. I resp. II; es d\u00fcrfte also der Zeit t \u2014 5,7 bei sp\u00e4teren Versuchen eine besondere Aufmerksamkeit zu schenken sein. Auffallend ist ferner, dass t = 5,7 genau die H\u00e4lfte von t = 11,4 betr\u00e4gt, also der Zeit, von welcher an die Periodicit\u00e4t aufzuh\u00f6ren scheint. Sollten beide Zeiten wirklich in einem gewissen Zusammenhang stehen, was ich ganz dahingestellt sein lasse, dann d\u00fcrfte zwischen 11,4 und 12,1 ein relatives Maximum von Jm liegen, und 12,1 eine Minimalzeit sein, denn die Sch\u00e4tzungsdifferenz von t = 5,7 ist sowohl nach Tab. II als nach Tab. V kleiner als diejenige von der folgenden Minimalzeit t = 6,4. H\u00e4tte ich demnach bei der Zeit t \u2014 6 meine Untersuchungen abgebrochen, so h\u00e4tte ich mit demselben Rechte, als ich es jetzt mit t \u2014 11,4 thun kann, schlie\u00dfen k\u00f6nnen, der periodische Verlauf von Jm h\u00f6re oberhalb der Zeit t \u2014 5,7 auf.\nDas aus meinen Versuchen sich ergebende Periodicit\u00e4tsgesetz f\u00fcr den Gang der Sch\u00e4tzungsdifferenz Jm weicht von dem Estel\u2019schen insofern wesentlich ab, als dieser annimmt, dass Jm bei s\u00e4mmtlichen Vielfachen der Indifferenzzeit (zwischen 0,7 und 0,8 gelegen) relative Minima erreiche. Hiergegen ist aber zu bemerken, dass sich bei keinem seiner Beobachter ein Minimum von Jrn genau f\u00fcr die geraden","page":564},{"file":"p0565.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Lehre vom Zeitsinn.\n565\nVielfachen der Indifferenzzeit, n\u00e4mlich f\u00fcr die Zeiten t = 3 und t = 4,5 findet, wie es nach seinem Gesetz sein m\u00fcsste, und wenn f\u00fcr t \u2014 1,50 die Sch\u00e4tzungsdifferenz kleiner als f\u00fcr die gr\u00f6\u00dferen Zeiten ist, so beweist dies nichts, da, wie Fechner S. 68 mit Recht hervorhebt, die Zeit t\u2014 1,50 zu Anfang der Reihen nicht unbedenklich als Minimalzeit z\u00e4hlen kann. Dagegen widersprechen die Estel\u2019schen Resultate den meinigen insofern nicht, als sich sowohl f\u00fcr H als Tein Minimum von zJm bei t = 2,25 und f\u00fcr T und Tr ein solches bei t = 3,75 vorfindet, also bei den ungeraden Vielfachen der Indifferenzzeit.\nAls eine weitere Eigenth\u00fcmlichkeit der Curve Fig. 1 ist noch besonders hervorzuheben, dass sie zwei Wendepunkte besitzt, n\u00e4mlich bei t \u2014 0,71 und in der N\u00e4he von t = 5, bei dem ersteren geht selbige aus dem Positiven in\u2019s Negative \u00fcber und verl\u00e4uft daselbst, bis sie beim zweiten wieder in\u2019s Positive tritt. Zwar durchschneidet die Curve die Abscissenaxe auch in der N\u00e4he von t = 2,15 und t \u2014 3,55, doch scheint dies nur die Folge zuf\u00e4lliger Schwankungen des Rewusstseins zu sein. Kleinere Zeiten als 0,7 Secunden zu untersuchen, war mir leider, wie schon erw\u00e4hnt, nicht m\u00f6glich, doch kann man wohl annehmen, das dieselben eine positive Sch\u00e4tzungsdifferenz ergeben, zumal da die Vierordt\u2019schen und Kollert\u2019schen Versuche \u00fcbereinstimmend darauf hinweisen. Ob oberhalb 5 Secunden die Sch\u00e4tzungsdifferenz stets positiv bleibt, l\u00e4sst sich aus meinen Versuchen nicht mit Sicherheit schlie\u00dfen, da nur Zeiten bis t\u2014 12,1 beobachtet wurden, doch scheint es wahrscheinlich zu sein, da ja die Jm zu gro\u00dfe Werthe besitzen, als dass man annehmen k\u00f6nnte, sie w\u00fcrden wieder negativ werden ; au\u00dferdem scheinen sie mit zunehmender Hauptzeit zu wachsen. Da nun eine positive Sch\u00e4tzungsdifferenz ausdr\u00fcckt, dass wir geneigt sind, eine geh\u00f6rte Zeitstrecke zu \u00fcbersch\u00e4tzen, eine negative dagegen, dass wir geneigt sind, ein geh\u00f6rtes Zeitintervall zu untersch\u00e4tzen, so ergeben meine Versuche das interessante Resultat: \u00bbKleine Zeiten bis 0,7 Secunden erscheinen mir in der Reproduction vergr\u00f6\u00dfert, mittlere Zeiten dagegen von t = 0,7 bis t \u2014 5 verkleinert und gro\u00dfe Zeiten oberhalb 5 Secunden wiederum vergr\u00f6\u00dfert.\u00ab Ein Ergebniss, das allen bisherigen Beobachtungen im Gebiet des Zeitsinnes widerspricht, denn Wundt und Estel fanden mit Vierordt (\u00a7. 24, S. 111) \u00fcbereinstimmend: \u00bbKleine Zeiten","page":565},{"file":"p0566.txt","language":"de","ocr_de":"566\nMax Mehner.\nsch\u00e4tzen wir durchschnittlich gr\u00f6\u00dfer, gr\u00f6\u00dfere dagegen kleiner als sie wirklich sind. Zwischen dem Bereich des positiven und des negativen Fehlers liegt ein Punkt der Indifferenz, d. h. eine Zeitgr\u00f6\u00dfe, die wir weder vergr\u00f6\u00dfert noch verkleinert auffassen.\u00ab\nMit dem Vorhandensein zweier Wendepunkte der Curve Fig. 1 h\u00e4ngt unmittelbar das geringe Wachsthum von z/m mit aufsteigendem < zusammen. Von t \u2014 0,71 ist f\u00fcr absolut genommen eine allm\u00e4hliche Zunahme bis < = 2,8 nicht zu verkennen, hier erreicht es f\u00fcr mittlere Zeiten sein Maximum mit dem Werth 0,04, diese Gr\u00f6\u00dfe besitzt es noch einmal bei <=4,2, um dann wieder kleinere Werthe anzunehmen bis < \u2014 7,1 ; hier erhebt es sich zu ziemlich gro\u00dfen Werthen, welche f\u00fcr die Maximalzeiten nahezu constant bleiben, w\u00e4hrend es sich f\u00fcr die Minimalzeiten immermehr denselben n\u00e4hert. Erw\u00e4hnt mag noch werden, dass im Intervall von t \u2014 0,70 bis t = 5 die f\u00fcr verschiedene Zeiten sehr oft \u00fcbereinstimmen, so f\u00fcr < = 0,7, = 2,10, = 3,55 und = 5, ferner f\u00fcr t = 0,75 und < = 2 und f\u00fcr andere mehr.\nDa wir im Mittel die Minimalzeiten fast ebenso oft \u00fcber- als untersch\u00e4tzen, so schwankt bei ihnen auch die Sch\u00e4tzungsdifferenz zwischen positiven und negativen Werthen hin und her, w\u00e4hrend sie bei den \u00fcbrigen Zeiten fast einerlei Vorzeichen aufweist. Mit wachsendem < werden aber auch f\u00fcr die Minimalzeiten die negativen Jm immer seltener, das letzte tritt bei <=9,3 auf. Gegen\u00fcber den Sch\u00e4tzungsdifferenzen selbst zeigen ihre mittleren Variationen\tkeinen ge-\nsetzm\u00e4\u00dfigen Verlauf ; bis <= 7,1 sind die Minimalzeiten f\u00fcr Jm nahezu auch Minimalzeiten f\u00fcr \u00f6Jm, zwischen diesen Zeiten aber variirt letzteres ganz unregelm\u00e4\u00dfig, oberhalb <=7,1 scheint sich eine andere eigenth\u00fcmliche Gesetzm\u00e4\u00dfigkeit geltend zu machen. Es sind n\u00e4mlich hier die Minimalzeiten f\u00fcr Jm Maximalzeiten f\u00fcr \u00f6Jm und umgekehrt die Maximalzeiten f\u00fcr ersteres Minimalzeiten f\u00fcr letzteres, eine Erscheinung, die ich nicht zu erkl\u00e4ren vermag. Dass \u00f6Jm \u00fcberhaupt nicht demselben Gesetz wie Jm folgt, mag befremdend erscheinen, doch da dasselbe ein Fehler ist, mit welchem meine Zeitauffassung behaftet ist und welcher bei verschiedenen < und je nach den Versuchsumst\u00e4nden verschiedenen Werth annimmt, so ist kein Grund vorhanden, anzunehmen, dass der Zustand meines Bewusstseins und meiner Aufmerksamkeit bei den Minimalzeiten von Jm besonders constant sein soll. Dazu kommt noch der schon erw\u00e4hnte Umstand, dass bei letz-","page":566},{"file":"p0567.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Lehre vom Zeitsinu.\n567\nteren Zeiten z/m bald positive bald negative Werthe annimmt, sodass dadurch eine gr\u00f6\u00dfere mittlere Variation bedingt wird, als wenn die Jm nur einerlei Vorzeichen bes\u00e4\u00dfen. Im Uebrigen sind die \u00f6Jm zumal bis t \u2014 5 sehr klein ; ein stetiges Wachsthum derselben mit aufsteigendem t ist nicht zu erkennen, was darauf hindeutet, dass selbst die gr\u00f6\u00dften von mir untersuchten Zeiten noch ziemlich sicher gesch\u00e4tzt wurden.\nDa z/m infolge seiner Definition abh\u00e4ngig ist von direct aus den Versuchen gewonnenen Elementen, so ist sein periodischer Charakter auch auf die Periodicit\u00e4t derselben zur\u00fcckzufiihren. Wie oben erw\u00e4hnt, ist n\u00e4mlich:\nzt _ <om\t<um\tj dom dnm\n\u2014 2 f \u2014 2 \u2019\nda aber die Gr\u00f6\u00dfen tom und tum sp\u00e4ter bei der Frage \u00fcber die G\u00fcltigkeit des Web er\u2019sehen Gesetzes n\u00e4her zu betrachten sein werden, so will ich mich hier auf die Untersuchung des Ganges der beiden Unterschiedsschwellen beschr\u00e4nken. Da Jm die halbe Differenz aus beiden ist, so k\u00f6nnte sein undulirender Gang dadurch entstanden sein, dass die eine Unterschiedsschwelle constant bliebe, w\u00e4hrend die andere zwischen gr\u00f6\u00dferen und kleineren Werthen auf- und abschwankte, oder indem beide Unterschiedsschwellen periodisch mit der Indifferenzzeit 0,71 sich vergr\u00f6\u00dferten und verringerten. Um hier\u00fcber zu entscheiden, betrachten wir der Deutlichkeit wegen die Unterschiedsschwellen in Procenten der Normalzeit t ausgedr\u00fcckt, also die Gr\u00f6\u00dfen\n1Q\u00b0^om und\t. Wie aus Tab. Ill ersichtlich, zeigen beide bis zur\nZeit <=7,1 dieselbe Periodicit\u00e4t wie sie erreichen n\u00e4mlich relative Minima bei ungeraden Vielfachen der Indifferenzzeit 0,71, dagegen relative Maxima bei den geraden Vielfachen dieser Zeit. Von\n<=7,1 an h\u00f6rt f\u00fcr \u25a01Q\u00dcC^\u2019l-\u2018 die Periodicit\u00e4t ganz auf, zuerst nimmt es\nt\nbis t = 9,3 noch etwas ab, um dann auff\u00e4llig constant zu werden; f\u00fcr 1 \u00b0\u00b0^um bleibt zwar die Periodicit\u00e4t noch bestehen, aber in anderer Weise, indem die Minimalzeiten f\u00fcr Jm Maximalzeiten f\u00fcr\tund\numgekehrt die Maximalzeiten f\u00fcr ersteres Minimalzeiten f\u00fcr letzteres werden. Oberhalb t \u2014 10 wird auch 100^om constant, so dass also von","page":567},{"file":"p0568.txt","language":"de","ocr_de":"568\nMax Mehner.\ndieser Zeit an die Unterschiedsschwellen proportional der Normalzeit wachsen. An den Indifferenzpunkten ist nat\u00fcrlich dom \u2014 dum, im Intervall von \u00a3=0,71 bis \u00a3 = 5 ist dagegen dom dum und oberhalb\n5\tSecunden dom dum, wie schon aus dem Vorzeichen von z/m hervorgeht. Vollst\u00e4ndig unregelm\u00e4\u00dfig ist wiederum der Verlauf der mittleren Variationen der Unterschiedsschwellen, n\u00e4mlich der Gr\u00f6\u00dfen i)dom und ddum, wie aus Tab. II zu ersehen ist, so dass es nicht m\u00f6glich ist, irgend ein Gesetz f\u00fcr deren Gang aufzustellen. Nur ist hervorzuheben, dass sie sehr klein sind, zumal bis zur Zeit \u00a3 = 7,1, hier erheben sie sich zu Werthen, zwischen welchen sie bis t\u2014 12,1 auf-und abschwanken. Auff\u00e4llig ist ferner, dass im Intervall von t = 0,71 bis \u00a3 = 5, wo durn dom ist, \u00f6 dom ebenso oft gr\u00f6\u00dfer als kleiner wie\n6\tdum ist, w\u00e4hrend man doch vermuthen k\u00f6nnte, es w\u00fcrde ebenfalls \u00f6dum stets gr\u00f6\u00dfer als \u00f6dom sein. Oberhalb 5 Secunden hingegen, wo dom > dumi ist auch durchg\u00e4ngig \u00f6dom >\u00f6dum.\nWichtiger noch als die eben untersuchten Gr\u00f6\u00dfen \u2014und\n1 gjn(j i]lre lnit 100 multiplicirten Werthe, da wir sie als Ma\u00df f\u00fcr die obere und untere Unterschiedsempfindlichkeit betrachten k\u00f6nnen, n\u00e4mlich die Gr\u00f6\u00dfen E0 \u2014 ~ und Eu = j- in Tab. III. Diese Eie-\nmente nun zeigen, wie nicht anders zu erwarten ist, den umgekehrten Gang, wie die Unterschiedsschwellen, d. h. sie erreichen relative Maxima bei ungeraden Vielfachen der Indifferenzzeit 0,71, dagegen relative Minima bei den geraden Vielfachen ; von \u00a3=7,1 an werden beide wesentlich constant. Im Zeitraum von \u00a3=0,71 bis \u00a3= 5 ist die Empfindlichkeit f\u00fcr Verkleinerung geringer als f\u00fcr Vergr\u00f6\u00dferung, unterhalb \u00a3=0,71 und oberhalb \u00a3=5 kehrt sich dies Verh\u00e4ltniss um ; an den Indifferenzpunkten sind beide einander gleich. Eine geringe Abnahme ihrer Gr\u00f6\u00dfe von \u00a3=0,71 bis \u00a3 = 7,1 ist im Allgemeinen nicht zu verkennen, doch besitzen sie nicht ihren h\u00f6chsten Werth beim niedrigsten Indifferenzpunkt, also bei den kleinsten Zeiten, sondern bei \u00a3=2,15, also bei dem zweiten Indifferenzpunkt.\n\u00bbVon ganz besonderer Wichtigkeit f\u00fcr die Beurtheilung der Unterschiedsempfindlichkeit \u00fcberhaupt ist\u00ab, wie Kollert S. 86 sich ausdr\u00fcckt, \u00bbeine Gr\u00f6\u00dfe, die ich als mittlere Unterschiedsempfindlichkeit bezeichnen und durch die Gleichung: Em \u2014 definirenwill, wo","page":568},{"file":"p0569.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Lehre vom Zeitsinn.\n569\nD die schon oben durch die Gleichung : I) = d\u00b0M\tdefinirte Gr\u00f6\u00dfe\nist.\u00ab Auch jEm zeigt einen regelm\u00e4\u00dfigen periodischen Verlauf, der besonders deutlich hervortritt, wenn wir ihn durch eine Curve Fig. 2 graphisch darstellen, deren Abscissen die Gr\u00f6\u00dfen der Normalzeit sind. F\u00fcr die Abscissen ist 0,1 sec. = 1\"\"\" genommen und f\u00fcr die Ordinaten die Ma\u00dfeinheit auch gleich lmm.\nWie Fig. 2 zeigt, ist meine Unterschiedsempfindlichkeit f\u00fcr Zeitgr\u00f6\u00dfen bis t\u2014 7,1 ebenfalls eine periodische Function der Indifferenzzeit 0,71, und zwar ist meine Sch\u00e4tzung am genauesten bei den ungeraden Vielfachen, dagegen am ungenauesten bei den geraden Vielfachen dieser Zeit; von t \u2014 7,1 an geht die Curve fast in eine Gerade \u00fcber, es wird also die mittlere Unterschiedsempfindlichkeit constant ; die Periodicit\u00e4t der unteren Unterschiedsschwelle hat also\nauf den Ausdruck: \u2014^\u2014}\u2014 keinen Einfluss mehr.\nNach alledem kommt zu den beiden solidarisch zusammenh\u00e4ngenden Punkten, durch welche FechnerS.10 den Indifferenzpunkt definirt, noch ein dritter wichtiger hinzu, dass n\u00e4mlich am Indifferenzpunkt die Genauigkeit der Sch\u00e4tzung von Zeitgr\u00f6\u00dfen ein relatives Maximum besitzt. Ganz besonders hervorzuheben ist noch die Erscheinung, dass die Unterschiedsempfindlichkeit bei ^ = 2,15, also am zweiten Indifferenzpunkt am gr\u00f6\u00dften ist, ein Umstand, der schwerlich durch die Versuchsmethodik verursacht sein kann, sondernder wahrscheinlich in der Natur unseres Zeitsinnes begr\u00fcndet ist, denn bei sp\u00e4teren Versuchen wird sich diese Thatsache wieder finden. Demnach w\u00e4chst die mittlere Unterschiedsempfindlichkeit etwas bis t = 2,15, nimmt dann allm\u00e4hlich wieder ab bis < = 7,1 und sinkt hier pl\u00f6tzlich zu einem Werthe herab, den sie bis t\u2014 12,1 in auffallender Weise fast unver\u00e4ndert beibeh\u00e4lt. Zu bemerken ist noch, dass Em f\u00fcr verschiedene Zeiten nahezu \u00fcbereinstimmt, so f\u00fcr die Zeiten: 0 75 und 2 ; f\u00fcr die Zeiten: 1, 2,5, 3, 3,5, 5 und f\u00fcr andere mehr.\nEinen \u00e4hnlichen Einfluss wie die geringe Uebung, scheint auch die Erm\u00fcdung auf die Sch\u00e4tzung zu haben, wie die folgende Tab. VII zeigt. Ich stellte n\u00e4mlich an einem Tage zuerst die gew\u00f6hnlichen 10 contrastfreien und Contrastversuche an, alsdann noch einige andere f\u00fcr verschiedene Zeiten, welche nicht in die Tabellen aufgenommen","page":569},{"file":"p0570.txt","language":"de","ocr_de":"570\nMax Mehner.\nwurden, da sie nur zur Herbeif\u00fchrung der Erm\u00fcdung dienen sollten. Als ich etwas abgespannt zu sein glaubte, wurden noch 10 contrast-freie Versuche f\u00fcr t = 4 angestellt, welche folgende Mittelwerthe ergaben :\nTabelle VII.\nt\tdom\tdum\tT\tAn\tK\tE\u201e\tD\t\n4\t0,295\t0,4275\t3,93375\t0,06625\t13,9\t9,36\t0,36125\t11,07\nWie aus Tab. VII hervorgeht, ist Jm noch einmal so gro\u00df als in Tab. II, und zwar hat sich die obere Unterschiedsschwelle etwas verkleinert, die untere dagegen ein wenig vergr\u00f6\u00dfert, d. h. die obere Unterschiedsempfindlichkeit ist gr\u00f6\u00dfer geworden, die untere dagegen geringer. Diese Verschiebung der Unterschiedsschwellen gegeneinander ist sehr wahrscheinlich darauf zur\u00fcckzuf\u00fchren , dass man bei ein-getretener Erm\u00fcdung nicht mehr im Stande ist, die Intervalle zu beherrschen, dadurch wird aber dom zu klein, dum hingegen zu gro\u00df.\nW\u00e4hrend man geneigt ist, bei Zeiten bis 5 Secunden seine Aufmerksamkeit besonders dem zweiten Intervall zuzuwenden, und dadurch dasselbe f\u00fcr unsere Auffassung verl\u00e4ngert, ertappt man sich bei Zeiten oberhalb 5 Secunden oft dabei, dass man w\u00e4hrend des zweiten Intervalles das erste unwillk\u00fcrlich reproducirt, es gleichsam verarbeitet. W\u00e4hrend dieser Reproduction geht aber ein Theil der zweiten Zeit f\u00fcr den Vergleich verloren; es bedarf daher einer st\u00e4rkeren Vergr\u00f6\u00dferung als Verkleinerung der Vergleichszeit, um einen Unterschied mit der Normalzeit zu bemerken, d. h. die obere Unterschiedsschwelle wird gr\u00f6\u00dfer ausfallen, als die untere , und somit die Sch\u00e4tzungsdifferenz positiv werden. Erst mit Anwendung einer starken Willensenergie gelingt es, auch diesen Uebelstand zu vermeiden, und dass mir dies m\u00f6glichst gelungen ist, glaube ich deshalb annehmen zu k\u00f6nnen, weil ich immer gewissenhaft auf mich achtete, au\u00dferdem sind auch meine Sch\u00e4tzungsdifferenzen sehr gering; so ist z.B. Am f\u00fcr \u00a3=12,1, der gr\u00f6\u00dften von mir untersuchten Zeit, absolut genommen kleiner als Am f\u00fcr 3,5 bei den Estel\u2019sehen Beobachtern.","page":570},{"file":"p0571.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Lehre vom Zeitsiim.\n571\nEs er\u00fcbrigt nun noch einige Bemerkungen Estel\u2019s durch von mir gemachte Beobachtungen zu berichtigen:\nS. 49 und 63 sagt Estel, dass das gr\u00f6\u00dfte Intervall, welches noch als einheitliches Ganze aufgefasst werden kann, 5 bis 6 Secunden betr\u00fcge, gr\u00f6\u00dfere Intervalle zu vergleichen sei nur durch Eintheilen derselben m\u00f6glich ; mithin seien auch die Versuche hier\u00fcber so gut wie werthlos. Um meine Versuche gegen diesen Einwand gesichert zu wissen, m\u00f6chte ich der Estel\u2019schen Ansicht gegen\u00fcber erwidern, dass ich, selbst bei der gr\u00f6\u00dften von mir beobachteten Zeit, niemals in die Versuchung gekommen bin, dieselbe einzutheilen, ebenso Herr Glass nicht, welcher doch eine bei weitem geringere Uebung als ich im Sch\u00e4tzen von Zeitgr\u00f6\u00dfen besa\u00df. Ich w\u00fcsste \u00fcberhaupt nicht, wie man gegebene Zeitstrecken, ohne bestimmte Anhaltspunkte zu haben, eintheilen sollte. Diese Eintheilung m\u00fcsste denn k\u00fcnstlich erzwungen werden, so z. B. durch Z\u00e4hlen, alsdann aber h\u00e4tte man seine Aufmerksamkeit lediglich auf diese Eintheilung zu richten und von einer Sch\u00e4tzung k\u00f6nnte dann \u00fcberhaupt nicht mehr die Bede sein.\nFerner bemerkt E s tel S. 50: \u00bbZur Bestimmung jenes Maximal-werthes der noch sch\u00e4tzbaren Zeit musste ich Beobachter benutzen, die vorher an Zeitsch\u00e4tzungen noch nicht Theil genommen hatten, weil es sich herausstellte, dass das Maximum im gewissen Zusammenhang steht mit dem Minimum, welches der Beobachter zu sch\u00e4tzen hatte etc.\u00ab Die kleinste von mir untersuchte Zeit betr\u00e4gt 0,70, die gr\u00f6\u00dfte dagegen 12,1 Secunden, ist also 17mal gr\u00f6\u00dfer; au\u00dferdem w\u00e4re es mir auch m\u00f6glich gewesen, noch gr\u00f6\u00dfere Zeiten zu beobachten, mithin ist schon hieraus Estel\u2019s Hypothese widerlegt; ferner sprechen gegen ihn auch die Vierordt\u2019sehen Versuche, welche sich in noch weiteren Grenzen als die meinigen bewegten. Wenn Estel die Abh\u00e4ngigkeit des Maximums der noch sch\u00e4tzbaren Zeit von dem kleinsten beobachteten Intervall auf den Contrasteinfluss kurzer Zeitstrecken zur\u00fcckf\u00fchrt, so ist doch zu bedenken, dass derselbe nicht so bedeutend ist, um letztere mehrere Secunden gr\u00f6\u00dfer erscheinen zu lassen ; im Gegentheil, er ist ziemlich gering, wie ich sp\u00e4ter noch nachweisen werde, und wie Estel selbst S. 55 bemerkt. Ich selbst habe, um die Contrasterscheinungen zu untersuchen, an einem Tage mit der Zeit f \u2014 1 begonnen und mit der Zeit t\u2014 5 aufgeh\u00f6rt, ohne eine Zunahme der Schwierigkeit des Sch\u00fctzens mit aufsteigendem t zu bemerken.","page":571},{"file":"p0572.txt","language":"de","ocr_de":"572\nMax Mehner.\nAuch VI er or dt pr\u00fcfte an einem Tage alle Zeiten von der kleinsten bis zur gr\u00f6\u00dften durch, so in Tab. A. S. 36 von \u00a3 = 0,204 bis \u00a3 = 8,86, es w\u00e4re ihm dies doch nicht m\u00f6glich gewesen, wenn die Grenze der \u00bbBeurtheilungsm\u00f6glichkeit\u00ab von Zeitstrecken abh\u00e4ngig w\u00e4re von dem kleinsten beobachteten.Intervall. Ich glaube vielmehr, dass dieselbe lediglich ahh\u00e4ngt von der im Sch\u00e4tzen von Zeitgr\u00f6\u00dfen gewonnenen Uebung.\nIV. Umkehr der Zeitfolge.\nLassen sich nun die von Fechner gegen das EstePsche Peri-odicit\u00e4tsgesetz geltend gemachten Einw\u00e4nde nicht auch auf das meinige anwenden, so ist doch n\u00e4her zu untersuchen, oh dasselbe nicht etwa durch zuf\u00e4llige oder constante Fehlervorg\u00e4nge hervorgerufen worden ist.\nDass die Versuchsmanipulationen mit gr\u00f6\u00dfter Vorsicht ausgef\u00fchrt xvurden, ist schon oben erw\u00e4hnt, es d\u00fcrfte also von dieser Seite aus keine Beeintr\u00e4chtigung der Resultate anzunehmen sein. Schwerwiegender dagegen ist der Umstand, dass nicht s\u00e4mmtliche t wegen der sp\u00e4ter zu erw\u00e4hnenden Contrasterscheinungen an einem Tage durchgepr\u00fcft werden konnten. Nun ist aber der Zustand unseres Bewusstseins m\u00f6glicher Weise jeden Tag ein anderer, so dass also jedes t gewisserma\u00dfen von einem anderen Bewusstsein untersucht wurde. Hierauf ist aber zu entgegnen, dass bei den Zeiten t \u2014 0,7 bis t = 5 die 6 ersten Versuche und die vier letzten, trotzdem sie an verschiedenen Tagen angestellt wurden, keine wesentliche Verschiedenheit der Resultate zeigen. Au\u00dferdem sind die mittleren Variationen der einzelnen Elemente f\u00fcr alle Zeiten so gering, dass die verschiedene Beobachtungszeit die gesetzlichen Periodicit\u00e4tsverh\u00e4ltnisse nicht erzeugt haben kann. Da ferner die Versuche abwechselnd nach der > und < Methode ausgef\u00fchrt wurden, ist auch der m\u00f6glicherweise in der einseitigen Anwendung der Methode der Minimal\u00e4nderungen verursachte constante Fehler vermieden worden. Haupts\u00e4chlich kann aber meinen Versuchen Tab. I bis III entgegen gehalten werden, dass bei ihnen der Zeitfehler keine Ber\u00fccksichtigung fand. \u00bbDer Zeitfehler ist aber bei den Zeitversuchen (Fechner S. 80) darin zu suchen, dass die Hauptgr\u00f6\u00dfe stets vor der Vergleichsgr\u00f6\u00dfe, nicht aber ebenso oft und vergleichbar damit auch umgekehrt angewandt wird.","page":572},{"file":"p0573.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Lehre vom Zeitsiim.\n573\nMan fragt vielleicht : ist aber ein anderes Verfahren im Gebiete des Zeitsinnes \u00fcberhaupt denkbar? Sehr wohl, wenn man es nur in entsprechender Weise als im Kaumsinn (nach Eiern. II, 149) ausgef\u00fchrt denkt. Das hei\u00dft, indem man nach der bisherigen Weise immer zuerst die constante Hauptgr\u00f6\u00dfe angibt , dann die Vergleichszeit ab\u00e4ndert, und dies so lange wiederholt, bis der Absicht des Vergleichs dadurch entsprochen ist, kann man umgekehrt die ver\u00e4nderliche Vergleichszeit immer zuerst mit irgend welchem Werth angeben, dann die feste Hauptgr\u00f6\u00dfe, und nachdem man sich \u00fcberzeugt hat, ob die Vergleichsgr\u00f6\u00dfe hingegen zu gro\u00df oder klein oder dem Zweck des Vergleiches entsprechend erscheint, die Vergleichsgr\u00f6\u00dfe stufenweise ab\u00e4ndern und nach jeder neuen Stufe durch Angabe der Hauptgr\u00f6\u00dfe den Vergleich damit ziehen.\u00ab\nWenn ich Fechner recht verstehe, so schl\u00e4gt er vor, die ver\u00e4nderliche Vergleichszeit der constanten Normalzeit vorangehen zu lassen und dann zu entscheiden, oberstere gr\u00f6\u00dfer, gleich, oder kleiner als letztere erscheine; doch dieses Verfahren ist im Zeitgebiet nicht ausf\u00fchrbar, wenigstens nicht bei den von mir untersuchten Zeiten von 0,7 Secunden aufw\u00e4rts. F\u00fcr das Bewusstsein ist es n\u00e4mlich gleichg\u00fcltig, welches Intervall das constante, und welches das ver\u00e4nderliche ist, stets benutzt man die vorangehende Zeit als Vergleichsma\u00dfstab f\u00fcr die folgende, d. h. man entscheidet nur, ob die zuletzt geh\u00f6rte Zeit gr\u00f6\u00dfer, gleich oder kleiner sei als die zuerst geh\u00f6rte, und nicht umgekehrt ; wenn man nicht die Reflexion zu Hilfe nehmen will, indem man ungef\u00e4hr folgenden Schluss zieht : Der Empfindung nach ist die letztere Zeit gr\u00f6\u00dfer als die erstere, folglich muss diese kleiner sein als jene. Dann aber beruhte das Urtheil nicht mehr auf einer unmittelbaren Auffassung, sondern auf einer, wenn auch sehr gel\u00e4ufigen Reflexion, was aber dem Zweck der Versuche ganz entgegen w\u00e4re. Dass beim Raumsinn die Umkehr der Zeitfolge m\u00f6glich ist, erkl\u00e4rt sich dadurch, dass hier nicht die Zeit selbst Gegenstand der Untersuchung ist. Wie nach der Methode der Minimal\u00e4nderungen, so ist auch bei anderen Methoden der Wechsel der Zeitfolge nicht m\u00f6glich. Am n\u00e4chsten steht der Minimalmethode die Methode der richtigen und falschen F\u00e4lle ; auch hier handelt es sich um die Vergleichung zweier objectiv gegebener Intervalle, daher wird auch hier stets das erste Intervall als Ma\u00dfstab f\u00fcr das zweite dienen. Bei der Methode der","page":573},{"file":"p0574.txt","language":"de","ocr_de":"574\nMax Mehner.\nmittleren Fehler endlich, wo es gilt, einer geh\u00f6rten Zeit eine andere gleich zu machen, w\u00e4re ein Nachfolgen der Normalzeit einfach widersinnig.\nD\u00fcrfte es nun nicht m\u00f6glich sein, den Zeitfehler zu compensiren, so er\u00fcbrigt es noch auf einen anderen etwaigen Fehlereinfluss R\u00fccksicht zu nehmen, auf den FechnerS. 79 aufmerksam macht: \u00bbIch habe schon in \u00bbElem.\u00ab II, 140, 151, 347 auf einen, von mir mit s be-zeichneten constanten Fehler aufmerksam gemacht, der sich hei Tastversuchen nach der Methode der mittleren Fehler geltend macht, und seinen wahrscheinlichen Ursprung darin hat, dass stets die Fehlgr\u00f6\u00dfe, aber nicht die Normalgr\u00f6\u00dfe der Ab\u00e4nderung bis zur scheinbaren Gleichheit mit der anderen unterzogen wird, also letztere immer einseitig als constanter Vergleichsma\u00dfstab f\u00fcr die erste auftritt. Ebenso tritt aber bei den Versuchen, mit denen wir hier zu thun haben, t immer einseitig als constanter Vergleichsma\u00dfstab f\u00fcr t0 wie tu auf, und so kann es sehr wohl sein, dass hierbei aus entsprechendem Grunde ein constanter Fehler zur Geltung kommt, verm\u00f6ge dessen t0 und tu in gleicher Richtung ver\u00e4ndert sind.\u00ab\nEs verlangt also Fechner die Vergleichszeit constant zu erhalten, den Vergleichsma\u00dfstab zu variiren, bis dem Zweck des Vergleiches entsprochen ist. Da dies ohne Weiteres ausf\u00fchrbar ist, habe ich nach diesem Verfahren auch Versuche angestellt und zwar f\u00fcr die Zeiten 0,7 bis 5 Secunden; dass ich nicht noch gr\u00f6\u00dfere Zeiten untersuchte, lag daran, dass ich urspr\u00fcnglich nur beabsichtigte, die von Estel beobachteten Zeiten zu untersuchen. Blo\u00df durch Zufall fand ich, dass Zeiten oberhalb 5 Secunden \u00fcbersch\u00e4tzt werden, daher entschloss ich mich, nach der Estel\u2019schen Versuchsmethode auch gr\u00f6\u00dfere Zeiten zu beobachten. F\u00fcr unseren oben bezeichneten Zweck gen\u00fcgen die Intervalle von 0,7 bis 5 Secunden vollkommen, um etwaige durch die ver\u00e4nderte Versuchsanordnung verursachte constante Einfl\u00fcsse zu bemerken. Der bequemen Bezeichnung wegen nenne ich die Versuche, bei welchen der Vergleichsma\u00dfstab constant gelassen wurde, die A-Versuche, die folgenden dagegen, hei welchen die Vergleichszeit constant blieb, die R-Versuche. Bei diesen letzteren Versuchen wurde nun folgenderma\u00dfen verfahren :\nNennen wir jetzt die constante Vergleichszeit t und die variabele zum Vergleichsma\u00dfstab dienende Zeit r, so wurden die drei Ausl\u00f6ser","page":574},{"file":"p0575.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Lehre vom Zeitsinn.\n575\nzuerst gleichweit auseinander gestellt, so dass also t = t war, alsdann wurde die Stellung des ersten Ausl\u00f6sers ver\u00e4ndert, so dass z. B. x > t wurde, mit dieser Vergr\u00f6\u00dferung von % wurde so lange fortgefahren bis zu einem Werthe t'0, wo t deutlich kleiner erschien; war dann x noch etwas vergr\u00f6\u00dfert worden, so W\u00fcrde die Richtung der Ver\u00e4nderung gewechselt und r verkleinert, bis t wieder gleich x erschien bei einem Werthe t\" ; mit dieser Verkleinerung wurde fortgefahren, bis t \u00ef gesch\u00e4tzt wurde bei , schlie\u00dflich galt es noch, den Werth t\" zu bestimmen, wo wieder t \u2014 r erschien. Aus den so erhaltenen Gr\u00f6\u00dfen folgen als Mittel :\n\nu 2\nd. h. die Zeiten, f\u00fcr welche t eben gr\u00f6\u00dfer resp. kleiner erscheint; ferner die obere und untere Unterschiedsschwelle :\n^0 T0 t. ----------- t Tu.\nDurch nochmalige Mittelziehung erh\u00e4lt man die Zeit :\nT' _ &0 +\n2 \u2019\nf\u00fcr welche t in unserm Bewusstsein der Sch\u00e4tzungswerth ist, und demnach bedeutet\n& = T \u2014 t\ndie Sch\u00e4tzungsdifferenz, d. h. den Werth, um welchen man die constante Vergleichszeit vergr\u00f6\u00dfern oder verkleinern muss, um den ihr gleichen Vergleichsma\u00dfstab zu erhalten, je nachdem S positiv oder negativ ist. W\u00fcrde man n\u00e4mlich T als constante Normalzeitnehmen, so w\u00e4re t der Zeitwerth derselben und J = t \u2014 T die Sch\u00e4tzungsdifferenz, um welche man T zu \u00fcber- oder zu untersch\u00e4tzen geneigt ist.\nBei den R-Versuchen selbst wurden dieselben Vorsichtsma\u00dfregeln angewendet wie bei den M-Versuchen ; es wurde z. B. ebenfalls abwechselnd nach der oder < Methode gearbeitet. Hier bedeutet jedoch die > Methode diejenige, bei welcher das erste Intervall zuerst gr\u00f6\u00dfer gemacht wurde, die constante Hauptzeit also zuerst kleiner erschien ; umgekehrt die <[ Methode diejenige, bei welcher v zuerst verkleinert, also t zuerst gr\u00f6\u00dfer gesch\u00e4tzt wurde. Ferner wurden die Zeiten sowohl in aufsteigender als absteigender Reihenfolge durchgepr\u00fcft, und zwar kommen die sechs ersten Versuche auf die aufsteigende,\nWundt, Philos. Studien. II.\too","page":575},{"file":"p0576.txt","language":"de","ocr_de":"576\nMax Mehner.\ndie vier letzten auf die absteigende Reihenfolge. Contrasteinfl\u00fcsse sind auch hier vermieden worden.\nIch lasse nun die Resultate der R-Versuche in den Tah. IP und IIP folgen.\nTabelle IP.\nt\tT\u2019om\tT-um\t&om\t&um\td&om\td&um\tT x m\t\t\tn\n0,70 0,75 1,00 1.50 2,00 2,10 2.50 2,80 3.00 3.50 4.00 4,20 4.50 5.00\t0,74 0,805 1,0925 1,645 2,1225 2,1925 2,7725 3,13 3,2725 3,74 4,3925 4,65 4,9025 5,34\t0,6575 0,705 0,9275 1,3925 1,895 2,0125 2,2825 2,5425 2,78 3,2725 3,67 3,84 4,1425 4,6625\t0,04 0,055 0,0925 0,145 0,1225 0,0925 0,2725 0,33 0,2725 0,24 0,3925 0,45 0,4025 0,34\t0,0425 0,045 0,0725 0,1075 0,105 0,0875 0,2175 0,2575 0,22 0,2275 0,33 0,36 0,3575 0,3375\t0,012 0,016 0,026 0,026 0,033 0,0275 0,0235 0,029 0,033 0,02 0,039 0,035 0,048 0,018\t0,0175 0,012 0,0135 0,0225 0,026 0,0275 0,0155 0,029 0,022 0,0325 0,06 0,043 0,049 0,0225\t0,69875 0,755 1,01 1,51875 2,00875 2,10125 2,5275 2,83625 3,02625 3,50625 4,03125 4,245 4,5225 5,0025\t\u2014 0,00125 + 0,005 + 0,01 + 0,01875 + 0,00875 + 0,00125 + 0,0275 + 0,03625 + 0,02625 + 0,00625 + 0,03125 + 0,045 + 0,0225 + 0,0025\t0,00925 0,0065 0,0105 0,0125 0,02375 0,0115 0,013 0,014 0,014 0,01625 0,025 0,031 0,0011 0,008\t10 10 10 10 10 10 10 10 10 10 10 10 10 10\nTabelle IIP.\nt\t100 &om\t100#ww\tB\u201e = t &ovn\tBu = t &um\t^oi\u00ab H\u201c ^um\tin\tV* 01)1 \t Tom t\tV'um = T-um t\tV*om ^ um\t1\tv' = fr* Lum\n\tt\tt\t\t\t2\t\t\t\t\t\t\n0,70 0,75 1,00 1.50 2,00 2,10 2.50 2,80 3.00 3.50 4.00 4,20 4.50 5.00\t5.7 7,33 9,25 9.7 6,125 4,4 10,9 10,7 9.08 6,1 9.8 10,7 8.9 6,8\t6.07 6 7.25 7.17 5.25 4.17 8.7 9,125 7,3 6.5 8.25 8,57 7.5 6,75\t17.5 13.6 10,8 10,345 16,9 22.7 9,177 8,5 11 14.6 10,2 9,3 11,2 14.7\t16.5 16,68 13.8 13,95 19 24 11.05 10.9 13,64 15,4 12 11,67 12,59 15\t0,04125 0,05 0,0825 0,12625 0,11375 0,09 0,245 0,29375 0,24625 0,23375 0,36125 0,405 0,38 0,33875\t16.97 15 12,1 11,88 17,58 23.3 10,2 9,5 12 14.97 11,07 10.4 12 14,76\t1,057 1,073 1,0925 1,0967 1,06125 1,04405 1,1090 1,11786 1,0908 1,0686 1,0981 1,1071 1,0894 1,0680\t1,0648 1,064 1,0782 1,0773 1,0554 1,0435 1,0953 1,1013 1,0791 1,0696 1,0899 1,09375 1,0863 1,0724\t\u2014\t0,0078 + 0,009 + 0,0143 + 0,0194 + 0,00585 + 0,00055 + 0,0137 + 0,01656 + 0,0117 \u2014\t0,0010 + 0,0082 + 0,01335 + 0,0031 \u2014 0,0044\t1,0608 1,0686 1,0853 1,0869 1,0583 1,0438 1,1021 1,1095 1,0850 1,0690 1,0940 1,1004 1,0879 1,0702\t\nWie ein Blick auf Tab. IP und IIP lehrt, zeigen sich hier dieselben gesetzm\u00e4\u00dfigen Periodicit\u00e4tsverh\u00e4ltnisse wie in den Tabellen","page":576},{"file":"p0577.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Lehre vom Zeitsinn.\n577\nII und III. Es kann dies auch gar nicht Wunder nehmen, denn die Ti-Versuche unterscheiden sich von den A-Versuchen nur dadurch, dass hei ihnen statt der folgenden Zeit die vorangehende variabel ist; f\u00fcr unser Bewusstsein ist es aber gleichg\u00fcltig, welche der beiden Zeiten durch unmerkliche Zwischenstufen allm\u00e4hlich ge\u00e4ndert wird, denn man vergleicht stets die zweite Zeit mit der ersten. Es entspricht mithin die > Methode der \u00dc-Versuche im wesentlichen der < Methode der A-Versuche, und umgekehrt die Methode der ersteren Versuche der Methode der letzteren.\nStellt man die graphisch dar als Ordinaten einer Curve, deren Abscissen die constanten Hauptzeiten t sind, und nimmt man der Deutlichkeit wegen die Einheit der Ordinaten zehnmal so gro\u00df als die der Abscissen, so erh\u00e4lt man die Curve in Fig. 3 , welche in ihrem allgemeinen Gange vollst\u00e4ndig mit der Curve in Fig. 1 \u00fcbereinstimmt. Nur k\u00f6nnte auffallen, dass erstere im Positiven anstatt im Negativen verl\u00e4uft, dass also die d-m positive Vorzeichen besitzen und nicht negative wie die Jm ; doch hierbei ist Folgendes zu bedenken. Allerdings ist t der Sch\u00e4tzungswerth der Zeit T und man k\u00f6nnte nun analog wie fr\u00fcher die Sch\u00e4tzungsdifferenz bestimmen durch die Gleichung : -3- \u2014 t \u2014 T, alsdann w\u00fcrde auch vorzugsweise negativ sein ; da aber t stets constant bleibt und sich nur % \u00e4ndert, so verlangt es die Consequenz, dass man die Sch\u00e4tzungsdifferenz auch in dem vorliegenden Falle bestimmt als den Unterschied der constanten Gr\u00f6\u00dfe von der durch Sch\u00e4tzung gefundenen variabelen Gr\u00f6\u00dfe. Hiernach bedeutet aber das -f- !)m dasselbe wie das \u2014 Am, d. h. r muss mehr vergr\u00f6\u00dfert als verkleinert werden, ehe dem Zwecke des Vergleiches entsprochen wird, oder mit anderen Worten, wir sind bei -f- 3m geneigt , ein gegebenes Zeitintervall zu untersch\u00e4tzen, bei \u2014 dagegen geneigt, dasselbe zu \u00fcbersch\u00e4tzen. Eine \u00e4hnliche Ueberlegung wie beim Vorzeichen von Am hat zur Bezeichnung der Sch\u00e4tzungs-werthe t0 und tu gef\u00fchrt ; x0 wird n\u00e4mlich wie t0 erhalten durch Vergr\u00f6\u00dferung der ver\u00e4nderlichen Zeit, tu dagegen ebenso wie tu durch Verkleinerung derselben; doch entspricht t0 dem Zwecke des Vergleiches gem\u00e4\u00df dem tu, da beide den Werth bedeuten, bei welchem die Vergleichszeit eben kleiner erscheint als der Vergleichsma\u00df stab ; aus demselben Grunde entspricht ru dem t0, bei beiden erscheint die Vergleichszeit eben gr\u00f6\u00dfer als der Vergleichsma\u00df stab.\n38*","page":577},{"file":"p0578.txt","language":"de","ocr_de":"578\nMax Mehner.\nAuch in Tab. IIa liegt der untere Indifferenzpunkt und zugleich erste Wendepunkt zwischen t\u2014 0,7 und t \u2014 0,75 n\u00e4mlich hei 0,71 Secunden; der zweite Wendepunkt siebenmal h\u00f6her, in der N\u00e4he aber oberhalb 5 Secunden. Im Allgemeinen sind die &m absolut genommen etwas, wenn auch ganz unwesentlich geringer als die Jm ; man k\u00f6nnte nun diese Thatsache dadurch zu erkl\u00e4ren suchen, dass ich bei den R-Versuchen eine gr\u00f6\u00dfere Hebung im Sch\u00e4tzen gehabt h\u00e4tte, als hei den M-Versuchen, mithin genauer gesch\u00e4tzt h\u00e4tte. Doch dem widerspricht der Umstand, dass in Tab. IIIa die mittler\u00ea Unterschiedsempfindlichkeit f\u00fcr Zeiten bis 3,5 Secunden mit wenig Ausnahmen geringer ist als in Tab. III. Also ist die Sch\u00e4tzung f\u00fcr diese Zeiten weniger genau gewesen. Einen anderen Erkl\u00e4rungsgrund k\u00f6nnte man in dem Vorhandensein eines constanten Fehlers finden; doch vergleicht man die Gr\u00f6\u00dfen &om und f)um resp. mit dum und domi so findet man keine einseitige Abweichung des &om von durn und des l)um von dom, so dass also kein constanter Fehler angenommen werden kann, der etwa bei der M-Methode die Resultate beeinflusst h\u00e4tte. Ich bin hingegen geneigt, erw\u00e4hnte Erscheinung auf zuf\u00e4llige Nebenumst\u00e4nde zu schieben; es stellte n\u00e4mlich die M-Versuche Herr Dr. von Tchisch in den Monaten Juli und August an mir an, die R-Versuche dagegen Herr Glass in den Monaten October und November, also nach vierw\u00f6chentlicher Pause. Verschiedene Zeit und verschiedener Experimentator k\u00f6nnen aber leicht eine geringe Aende-rung der Resultate bedingen. Uebrigens w\u00fcrden auch die etwaigen constanten Fehler, welche sich bei den M-Versuchen geltend machen, in derselben Weise bei den R-Versuchen hervortreten m\u00fcssen. So k\u00f6nnte man z. B. an die Erscheinung denken, dass man geneigt ist, seine Aufmerksamkeit besonders auf das zweite Intervall zu lenken, oder man k\u00f6nnte die Vermuthung aufstellen, von der zuerst geh\u00f6rten Zeit verschw\u00e4nde ein kleiner Theil aus dem Ged\u00e4chtniss ; durch beide Fehlereinfl\u00fcsse w\u00fcrden aber die Werthe r0 und tu in derselben Weise getroffen wie tu und t0.\nWas nun die Zunahme von mit aufsteigendem t betrifft, so ist ein allm\u00e4hliches Wachsthum bis t \u2014 4,2 nicht zu verkennen, hier erreicht es sein Maximum mit 0,045, und nimmt dann ziemlich geringe Werthe an, um oberhalb 5 Secunden zu Null herahzusinken. Als besonders bemerkenswert!! ist noch hervorzuheben, dass auch in Tab.","page":578},{"file":"p0579.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Lehre vom Zeitsinn.\n579\nIIIa die Unterschiedsempfindlichkeit f\u00fcr t = 2,1 am gr\u00f6\u00dften ist; von hier an sinkt sie f\u00fcr die folgenden Zeiten zu Werthen herab, um welche sie bis 5 Secunden hin und her schwankt. Stellt man die mittlere Unterschiedsempfindlichkeit der .\u00df-Versuche ebenfalls graphisch dar, so erh\u00e4lt man die Curve Fig. 4 (Taf. VI), welche denselben Verlauf zeigt wie Fig. 2. Eine Abnahme der mittleren Unterschiedsempfindlichkeit ist von t \u2014 0,75 bis t\u2014 5 nicht zu bemerken ; so hat selbige f\u00fcr t = 3,5 und t \u2014 5 denselben Werth wie f\u00fcr t = 0,75. Auch f\u00fcr andere Zeiten ist die mittlere Unterschiedsempfindlichkeit nahezu gleich gro\u00df, so f\u00fcr t = 1 , =1,5, = 3 , =4,5, ferner f\u00fcr t = 2,5, \u2014 4,2.\nDie Resultate der A- und \u00fc-Versuche zu vereinigen, halte ich f\u00fcr \u00fcberfl\u00fcssig, da ja dadurch der Gang der einzelnen Elemente nicht ge\u00e4ndert w\u00fcrde ; nur h\u00e4tte man bei einer solchen Zusammenziehung nicht etwa die Jm und algebraisch zu addiren, sondern \u2018&m von\nJm abzuziehen, ferner h\u00e4tte man die Ausdr\u00fccke zu bilden : d\u00b0m y--~ >\nund\t, um die Unterschiedsschwellen zu erhalten. Analoges\ngilt auch f\u00fcr die \u00fcbrigen Werthe, da man stets solche Gr\u00f6\u00dfen zu vereinigen hat, welche sich auf denselben Zweck des Vergleiches beziehen.\nWie nun durch die R-Versuehe die Periodicit\u00e4t der einzelnen Elemente nicht alterirt worden ist, so halte ich es auch f\u00fcr h\u00f6chst wahrscheinlich, dass es auch nicht durch Umkehr der Zeitfolge geschehen w\u00fcrde, falls eine solche ausf\u00fchrbar w\u00e4re, denn es w\u00fcrde auch hier die Aufgabe sein , zwei unmittelbar auf einander folgende Zeiten zu vergleichen, und da alle meine bisherigen Versuche darauf hindeuten , dass gewisse Zeiten f\u00fcr meine Auffassung bevorzugt sind, so w\u00fcrde diese Erscheinung auch bei einer etwaigen Umkehr der Zeitfolge auftreten. Demnach d\u00fcrfte es keinem Zweifel unterliegen, dass die gesetzm\u00e4\u00dfigen Periodicit\u00e4tsverh\u00e4ltnisse aller Werthe, auf welche die Untersuchungen im Gebiete des Zeitsinnes f\u00fchren, nicht durch constante Fehlereinfl\u00fcsse, sondern durch die Natur des Zeitsinnes begr\u00fcndet sind. Dieses Resultat weist, wie Estel S. 57 bemerkt, auf die rhythmische Gliederung des zeitlichen Verlaufs unserer Vorstellungen hin. Es sind somit die Zeitvorstellungen mit einem Fehler","page":579},{"file":"p0580.txt","language":"de","ocr_de":"580\nMax Mehner.\nbehaftet, der bald positiv, bald negativ je nach der Gr\u00f6\u00dfe der verglichenen Zeiten ausf\u00e4llt und der periodisch mit der unteren Indifferenzzeit w\u00e4chst und sinkt.\nV. Das Webcr\u2019scke Gesetz.\nDie bisherigen Beobachtungen im Gebiete des Zeitsinnes sind zu Ungunsten des Weber\u2019sehen psychophysischen Grundgesetzes ausgefallen, nur Fe ohne r nimmt dasselbe, wie es scheint, auch f\u00fcr den Zeitsinn in Anspruch mit dem Eingest\u00e4ndniss einer starken unteren Abweichung. So zeigt sich (\u00bbIn Sachen\u00ab S. 175) nach den Mach\u2019schen\nVersuchen eine Constanz von ^ erst von t = 4,52 an, und nach den\nVierordt\u2019schen Versuchen, die den meinigen am meisten entsprechen, eine Constanz des e erst von ^ = 4,99 an. Freilich hat Fechner (Anmerkung S. 58) die Best\u00e4tigung, die er in den Kollert\u2019schen Versuchen (f\u00fcr Zeiten von 0,4s bis 1,2s) f\u00fcr das Weber\u2019sche Gesetz zu finden glaubte, nach gr\u00fcndlichem Zusehen wieder fallen lassen. Dagegen sieht er es nach den Estel\u2019schen Versuchen, die mit t \u2014 1,5 als niedrigster Zeit beginnen, f\u00fcr gr\u00f6\u00dfere Zeitr\u00e4ume als best\u00e4tigt an. Auch nach meinen Versuchen gilt es streng erst f\u00fcr sehr hohe Zeiten, und zwar sehr viel sp\u00e4ter als nach den eben genannten Beobachtern.\nUm diesen Unterschied sogleich zu erkl\u00e4ren , sei bemerkt, dass die Versuche der einzelnen Beobachter nach ganz verschiedenen Methoden angestellt wurden, also ohne Weiteres nicht mit einander zu\nvergleichen sind, ferner ist die Constanz von ^ bei Mach doch nur\neine approximative, da f\u00fcr t = 8 sein Werth zu klein angegeben worden ist; bei Vierordt hat Fechner zur Ausgleichung der nicht unbetr\u00e4chtlichen zuf\u00e4lligen Schwankungen des procentualen reinen Mittelfehlers e Mittelzahlen f\u00fcr vier auf einander folgende t herbeigezogen und dadurch eine Constanz von e nur f\u00fcr zwei Zeiten erhalten, was doch eigentlich nichts beweist. Auch m\u00f6chte ich den Vierordt\u2019schen Versuchen nicht den Werth beilegen, um zur Entscheidung \u00fcber die so wichtige Frage der G\u00fcltigkeit des Web er\u2019sehen Gesetzes herangezogen werden zu k\u00f6nnen, aus Gr\u00fcnden, die ich bei","page":580},{"file":"p0581.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Lehre vom Zeitsirin.\n581\nBesprechnung der Methode der mittleren Fehler darlegen werde. Was die Estel\u2019schen Beobachtungen betrifft, so sind dieselben ebenfalls zu mangelhaft, um in dieser Beziehung sichere Schl\u00fcsse zuzulassen. Wenn nun Fechner trotzdem die G\u00fcltigkeit des Weber\u2019schen Gesetzes aus diesen Versuchen zu erweisen glaubt, so ist ihm dies doch nur approximativ und durch Mittelziehung von Specialreihen gelungen, deren Vereinigung wegen der Abh\u00e4ngigkeit des von der Indifferenzzeit nicht zul\u00e4ssig ist. Ich denke hierbei lediglich an die Tab. Nr. 2h auf Seite 57 der Fe chner\u2019schen Abhandlung, weil nur die Versuche dieser Tabelle mit den meinigen vergleichbar sind. Nach alledem m\u00f6chte ich meine eigenen Versuche am geeignetsten halten zur Untersuchung \u00fcber die G\u00fcltigkeit des Weber \u2019sehen Gesetzes im Gebiet des Zeitsinnes, da sie mir am freiesten von zuf\u00e4lligen und constanten Fehlereinfl\u00fcssen zu sein scheinen. Doch da die Tab. II und III f\u00fcr die einzelnen Elemente einen regelm\u00e4\u00dfigen periodischen Verlauf zeigen, so ist von vornherein zu ersehen, dass das in Frage stehende Gesetz keinen Bestand haben kann, wenigstens so lange nicht, als die Periodicit\u00e4t gilt. Da ferner die Umkehr der Zeitlage im Zeitgebiet nicht ausf\u00fchrbar ist, wird man immer mit einem constanten Fehler zu rechnen haben, mit dem unsere Zeitempfindungen behaftet sind. Man k\u00f6nnte allerdings gewisse Voraussetzungen \u00fcber den Einfluss einer einseitigen Zeitlage machen, wie z. B. Fechner und Est el gethan haben, indem sie annahmen, die beiden Sch\u00e4tzungs-werthe t0 und tu w\u00fcrden in demselben Verh\u00e4ltniss verkleinert. Doch stellt sich dieser Annahme insofern eine Schwierigkeit entgegen, als unser Bewusstsein sich den verschiedenen Zeitr\u00e4umen gegen\u00fcber je nach ihrer Gr\u00f6\u00dfe ganz verschieden verh\u00e4lt. So sind wir geneigt, kleine Zeiten bis 0,7 Secunden zu \u00fcbersch\u00e4tzen, mittlere dagegen bis 5 Secunden zu untersch\u00e4tzen und gro\u00dfe Zeiten oberhalb 5 Secunden wieder zu \u00fcbersch\u00e4tzen ; man m\u00fcsste also f\u00fcr jeden dieser Zeitr\u00e4ume besondere Voraussetzungen \u00fcber genannten constanten Fehlereinfluss machen, und dadurch k\u00f6nnen leicht Verh\u00e4ltnisse eingef\u00fchrt werden, die dem Zeitsinn ganz fern liegen. Au\u00dferdem ist noch eine andere Fehlerquelle zu ber\u00fccksichtigen, die ich schon oben erw\u00e4hnt habe, n\u00e4mlich die Erscheinung, dass wir geneigt sind, bei Zeiten bis 5 Secunden unsere Aufmerksamkeit mehr auf das zweite Intervall zu richten, und dass wir hei Zeiten oberhalb 5 Secunden geneigt sind,","page":581},{"file":"p0582.txt","language":"de","ocr_de":"582\nMax Mehner.\ngeh\u00f6rte Zeitstrecken unwillk\u00fcrlich zu reproduciren, Einfl\u00fcsse, die hei einem unge\u00fcbten Beobachter die Resultate wesentlich modificiren k\u00f6nnen.\nNach Eechner (S. 55) ist nun die G\u00fcltigkeit des Weh er\u2019sehen Gesetzes daran zu pr\u00fcfen, dass nicht nur die obere und untere Ver-\nh\u00e4ltnissschwelle vom = ~ und vum \u2014 j\u2014 f\u00fcr sich constant bleiben.\n*\t*um\nw\u00e4hrend t w\u00e4chst, sondern dass auch immer vom \u2014 vum f\u00fcr dasselbe t bleibt. Da nun aber die Unterschiedsschwellen dom und dum einen\nundulirenden Charakter besitzen, so m\u00fcssen v0 = tj>'- \u2014 - Jr^om und\nvu \u2014 \u2014 = -\u2014t-,\u2014 ebenfalls periodisch mit der doppelten Indiffe-\ntum t aum\nrenzzeit sein, und zwar m\u00fcssen sie denselben Verlauf zeigen wie die Gr\u00f6\u00dfen m d~ und 100fum-\nt\tt\nVerfolgen wir zuerst den Verlauf von vom etwas genauer, so zeigt dasselbe eine gesetzm\u00e4\u00dfige Periodicit\u00e4t bis 7,1 Secunden, von hier an sinkt es etwas bis 9,3 Secunden, um dann wieder zu steigen und merklich constant zu werden. Von der niedrigsten Zeit bis zur h\u00f6chsten ist ein allm\u00e4hliches Wachsthum nicht zu verkennen, doch lassen sich f\u00fcr sein Wachsthnm vier deutlich hervortretende Stufen unterscheiden, n\u00e4mlich von t \u2014 0,7 bis t \u2014 3,55 schwankt vom immer zwischen denselben Wer then, bei t = 4 erhebt es sich zu ein wenig gr\u00f6\u00dferen Werthen bis t \u2014 6,4, bei t \u2014 7,1 steigt es noch einmal und f\u00e4llt wieder etwas bis t = 9,3, um dann constant zu werden. Das Wachsthum oberhalb t = 5 d\u00fcrfte leicht dadurch zu erkl\u00e4ren sein, dass hier die Sch\u00e4tzungsdifferenz positiv wird, mithin die oberen Unterschiedsschwellen verh\u00e4ltnissm\u00e4\u00dfig gr\u00f6\u00dfere Werthe besitzen als unterhalb t = 5, wo die Sch\u00e4tzungsdifferenz negativ ist. Bemerkenswerth ist noch, dass viele Zeiten nahezu dasselbe vom besitzen, so z. B. die Zeiten 0,7, 0,75, 2, 2,5, 3,55, ferner die Zeiten 1, 2,8, 3, ebenso 1,5, 3,5, 5, 5,4 und 6,4 u. s. w. Die Abweichung des kleinsten Werthes von vom bei <==2,15 mit 1,0465 vom h\u00f6chsten Werthe bei t = 7,1 mit 1,159 betr\u00e4gt 0,1125.\nWas nun den Verlauf von vum = \u2014 betrifft, so zeigt sich sein un-\ntum\ndulirender Charakter in voller Strenge bis t \u2014 9,3, nur dass auch hier wie bei dem Gang der unteren Unterschiedsschwelle dum die Eigen-","page":582},{"file":"p0583.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Lehre vom Zeitsinn.\n583\nth\u00fcmlichkeit auftreten muss, dass von t\u2014 7,1 an die Maxima von vum auf Minimalzeiten von Jm und die Minima auf die Maximalzeiten von Jm fallen; von t = 10 an tritt auch hier Constanz ein. Auch f\u00fcr vum ist ein geringes Wachsthum mit aufsteigendem t nicht zu verkennen, es lassen sich auch hier dieselben vier Gr\u00f6\u00dfenstufen wie bei vom unterscheiden ; ferner hat vum f\u00fcr verschiedene Zeiten nahezu denselben Werth, so f\u00fcr t \u2014 0,7, = 2,10, = 2,15 f\u00fcr t \u2014 1, = 2,5, = 3 u. s. w. Der Minimalwerth von vum befindet sich bei t \u2014 2,15 mit 1,0475, der Maximalwerth hingegen bei t \u2014 7,8 mit 1,1573, ihre Differenz betr\u00e4gt 0,1098, besitzt also dieselbe Gr\u00f6\u00dfe wie die betreffende bei vom. Merkw\u00fcrdig ist noch der Umstand, dass die obere Verh\u00e4ltnissschwelle bedeutend fr\u00fcher constant wird, als die untere, w\u00e4hrend n\u00e4mlich erstere von t = 7,1 an nur durch zuf\u00e4llige Fehlervorg\u00e4nge in ihrer Constanz gest\u00f6rt erscheint, nimmt letztere erst von t = 10 an einen constanten Verlauf. Ueberhaupt schwankt erstere nicht so sehr zwischen den verschiedensten Werthen hin und her als letztere, eine Erscheinung, die auch bei den Schallversuchen des Herrn Dr. Tischer auftritt. (Wundt, Philos. Stud. I, S. 568.)\nWenn die Verh\u00e4ltnissschweilen f\u00fcr die einzelnen t auch nur in den Hundertein von einander abweichen, so sind doch diese Abweichungen so regelm\u00e4\u00dfig, dass an eine nur durch Zuf\u00e4lligkeiten gest\u00f6rte Constanz derselben mit aufsteigendem t nicht zu denken ist, und somit ist die erste Forderung f\u00fcr die G\u00fcltigkeit des Web er\u2019sehen Gesetzes nicht erf\u00fcllt.\nWas nun die zweite Forderung betrifft, dass vom = vum f\u00fcr dasselbe t sein muss , so k\u00f6nnte derselben sehr wohl gen\u00fcgt werden, trotz der Periodicit\u00e4t von und trotzdem unsere Zeitvorstellungen mit einem constanten Fehler behaftet sind. Ja diese zweite Forderung setzt einen solchen constanten Fehler voraus, nur muss derselbe\npositiv sein, denn da t0 (> t, dagegen tu <( t, so kann nur ~ \u2014 sein, wenn tu von t weniger ab weicht als tg, wenn also d0 O du und mithin J =\tpositiv ist. Nun besitzt aber die Sch\u00e4tzungsdifferenz Jm\nim Zeitraum von if = 0,71 bis t = 5 einen negativen Werth, also ist hier du O d0, mithin kann auch der Gleichheit von vom und vum nicht entsprochen werden, und wie ein Blick auf Tab. III zeigt, sind","page":583},{"file":"p0584.txt","language":"de","ocr_de":"584\nMax Mehner.\ndie Differenzen vmn \u2014 vom auch viel zu gro\u00df, um durch zuf\u00e4llige Einfl\u00fcsse erzeugt worden zu sein ; dazu kommt auch noch der wichtige Umstand, dass auch sie denselben periodischen Verlauf zeigen wie\nJmy was allerdings nicht Wunder nehmen kann, da ja vom = ~~ =\nt+\u00c4m -und vum = -L = __l\t, also in den Verh\u00e4ltnissschwellen\nt\ttum * dum\ndie beiden periodisch verlaufenden Unterschiedsschwellen enthalten sind.\nDie negativen Sch\u00e4tzungsdifferenzen zwischen t= 0,71 und t = 5 sind unstreitig durch die Natur unseres Zeitsinnes begr\u00fcndet. Doch k\u00f6nnte man m\u00f6glicherweise vermuthen, sie seien nur durch constante Fehlervorg\u00e4nge herbeigef\u00fchrt, so dass nicht vom \u2014 vum sein kann. So k\u00f6nnte man annehmen, ein Theil der Normalzeit ginge dem Ge-d\u00e4chtniss verloren, ferner werde durch die unwillk\u00fcrliche Spannung der Aufmerksamkeit auf das zweite Intervall dieses verl\u00e4ngert, so dass durch beide Einfl\u00fcsse die Werthe tom und tum in demselben Verh\u00e4ltnis verringert w\u00fcrden. Bezeichnen wir nun den rohen, aus den Versuchen gewonnenen Werthen tom und tum gegen\u00fcber die reinen corri-girten Werthe mit tom und tum, so bestehen demnach folgende Fundamentalgleichungen :\nt0 = \u00ffto j tu ==\noder\nDie mittlere Verh\u00e4ltnissschwelle anlangend, so gelangen wir zur reinen \u00dc, indem wir das Verh\u00e4ltnissmittel aus den reinen \u00fc\u201e, b\u201e ziehen, d. i.:\n\u00bb = y5\u00c4 = |/i-f; = \u00bb,\nd. i. die mittlere reine Verh\u00e4ltnissschwelle b und die mittlere rohe v stimmen \u00fcberein. Diese Gr\u00f6\u00dfe v nun muss f\u00fcr alle Zeiten constant sein, falls das Weber\u2019sche Gesetz Best\u00e4tigung finden soll. Doch wie ein Blick auf Tab. III lehrt, ist auch diese Gr\u00f6\u00dfe eine periodische Function der Indifferenzzeit 0,71, mithin hat das Weber \u2019sehe Gesetz im Zeitraum von t \u2014 0,7 bis t\u2014 5 keine G\u00fcltigkeit. Ebenso findet es auch nach den B-Versuchen keine Best\u00e4tigung, wie Tab. IIIa zeigt. Sehr wahrscheinlich bew\u00e4hrt es sich auch nicht f\u00fcr kleinere Zeiten als t\u2014 0,7, wenigstens weisen alle bisherigen Versuche darauf hin,","page":584},{"file":"p0585.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Lehre vom Zeitsimi,\n585\nferner auch die Erscheinung, dass zwischen t\u2014 0,7 und t \u2014 0,75 ein Punkt der gr\u00f6\u00dften Empfindlichkeit liegt ; doch m\u00fcssen diese kleineren Zeiten noch einmal genauer untersucht werden.\nWas nun die Zeiten oberhalb t \u2014 5 betrifft, so ist zu einer Correction wie f\u00fcr solche unterhalb t \u2014 5 keine Veranlassung vorhanden, da die Sch\u00e4tzungsdifferenz positiv ist, h\u00f6chstens k\u00f6nnte man daran denken, dass t0 in demselben Ma\u00dfe erh\u00f6ht w\u00fcrde als tu erniedrigt durch den Umstand, dass wir geneigt sind, im zweiten Intervall das erste Intervall zu reproduciren ; danach w\u00e4re zu setzen :\nund mithin :\nt0 \u2014 J t0 ;\nh \u2014 \u2014\t\u25a0\nOm \u2014 q,t ,\ntu = q'tv ,\n\u00d6um \u2014\nt\ni'tu '\nund da bei Bew\u00e4hrung des Web er\u2019sehen Gesetzes die beiden Ver-h\u00e4ltnissschwellen gleich sein m\u00fcssten, so m\u00fcsste t>cm \u2014 bum oder\nto =\u00b1 t t\u201e\nsein. Wie Tab. Ill zeigt, sind auch die Differenzen vum \u2014 vom f\u00fcr die so gro\u00dfen Zeiten so klein, dass sie nur durch zuf\u00e4llige Pehlerein-fl\u00fcsse hervorgerufen zu sein scheinen. Dieser Ansicht w\u00e4re aber nur heizupflichten, wenn nicht auch hier in den Differenzen dieselbe regelm\u00e4\u00dfige Periodicit\u00e4t wie f\u00fcr Jm zu erkennen w\u00e4re. Doch ist zuzugeben , dass die Differenzen vum \u2014 vom mit zunehmender Hauptzeit immer mehr abnehmen und auch ihre Periodicit\u00e4t mehr und mehr verschwindet, so dass bei Zeiten oberhalb t= 10 diese Differenzen merklich Null sind, mithin f\u00fcr diese Zeiten die vom Weber \u2019sehen Gesetze geforderte Gleichheit der oberen und unteren Verh\u00e4ltnissschwelle nur durch Zuf\u00e4lligkeiten gest\u00f6rt ist. Sollte die Periodicit\u00e4t der einzelnen Elemente oberhalb t\u2014 12.1 aufh\u00f6ren, so d\u00fcrfte es keinem Zweifel unterliegen, dass das Web er\u2019sehe Gesetz f\u00fcr alle gr\u00f6\u00dferen Zeiten als 10 Secunden in aller Strenge G\u00fcltigkeit bes\u00e4\u00dfe.\nDer Vollst\u00e4ndigkeit wegen will ich nun noch den Verlauf der mittleren Verh\u00e4ltnissschwelle\tf\u00fcr die Zeiten oberhalb 5\nf tum\nSecunden untersuchen ; corrigirt geht dieselbe \u00fcber in :","page":585},{"file":"p0586.txt","language":"de","ocr_de":"586\nMax Mehner.\n6 cm \u2014\nalso ist die rohe mittlere Verh\u00e4ltnissschwelle bei Ueberf\u00fchrung in die reine mit einem constanten Factor zu multipliciren. F\u00fcr denselben existirt aber keine Bestimmungsgleichung, er kann also nicht ermittelt werden, es l\u00e4sst sich von ihm nur sagen, dass er periodisch sein muss, denn Tab. III zeigt auch f\u00fcr die gro\u00dfen Zeiten oberhalb 5 Se-cunden einen periodischen Verlauf von \u00bb, erst von 10 Secunden an tritt die geforderte Constanz ein, ein Zeichen also, dass der Einfluss des in Betracht gezogenen constanten Fehlers mit zunehmender Hauptzeit immer geringer wird, und dass er sich bald mehr, bald weniger bemerklich macht, je nachdem es gilt, Maximal- oder Minimalzeiten von Jm zu sch\u00e4tzen.\nAuch f\u00fcr die mittleren Verh\u00e4ltnissschwellen \u00bb ist von der niedrigsten Zeit bis zur h\u00f6chsten ein allm\u00e4hliches Wachsthum nicht zu verkennen. Auch sie lassen sich in dieselben Gr\u00f6\u00dfenstufen wie die vom und vum eintheilen, innerhalb welcher die einzelnen Werthe nur wenig variiren und f\u00fcr verschiedene Zeiten nahezu \u00fcbereinstimmen, so dass man (Fechner S. 54) eine Complication des Weber\u2019schen Gesetzes mit einem Periodicit\u00e4tsgesetze behaupten k\u00f6nnte, verm\u00f6ge deren die \u00bb bei wachsendem t zwar nicht absolut constant bleiben, aber in gr\u00f6\u00dferen Intervallen immer zu denselben Werthen zur\u00fcckkehren. Nach den unmittelbaren Untersuchungsresultaten ist aber der Satz gerechtfertigt: Das Web er\u2019sehe Gesetz hat nach meinen Versuchen im Gebiet des Zeitsinnes keine G\u00fcltigkeit, so lange f\u00fcr die einzelnen Elemente eine gesetzm\u00e4\u00dfige Periodicit\u00e4t gilt ; es scheint sich aber von 7,1 Secunden an allm\u00e4hlich geltend zu machen, zumal da von hier an die mittlere Unterschiedsempfindlichkeit constant bleibt und namentlich von 10 bis 12,1 Secunden die Werthe von \u00bb eine gro\u00dfe Constanz zeigen.\nVI. Die Streitfrage zwischen Fechner und Wundt.\nIn Bezug auf die Wichtigkeit der Uebertragung des Web ersehen psychophysischen Grundgesetzes auf das Zeitgebiet stehen sich zwei Ansichten gegen\u00fcber. Wundt legt bei den Untersuchungen \u00fcber den Zeitsinn das Hauptgewicht auf den Gang der Sch\u00e4tzungs-","page":586},{"file":"p0587.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Lehre vom Zeitsinn.\n587\ndifferenz Jm. er fasst seine Ansicht (Philos. Stud. Bd. I S. 562) in den Worten zusammen : \u00bbBei der Untersuchung des Zeitsinnes handelt es sich nicht um die Frage der G\u00fcltigkeit des Weber \u2019sehen Gesetzes oder, falls diese Frage erhoben werden sollte, so steht sie jedenfalls in zweiter Linie. Das Problem des Zeitsinnes besteht in der Beantwortung der Frage, wie sich f\u00fcr unser Bewusstsein ein gegebenes Zeitintervall ver\u00e4ndert, wenn es nach einer bestimmten Zwischenzeit re-producirt wird.\u00ab Dem gegegen\u00fcber h\u00e4lt Fechner daf\u00fcr (S. 104 und Kevision S. 253), \u00bbdass das Web er\u2019sehe Gesetz wie in anderen Sinnesgebieten auch im Zeitgebiet der Hauptgegenstand der Untersuchung sei und dass der Gang der Werthe, auf welche die Versuche \u00fcber den Zeitsinn f\u00fchren, \u00fcberhaupt einerseits durch das Web er\u2019sehe Gesetz als Hauptunterlage und auf constante Fehler zur\u00fcckf\u00fchrbare Abweichungen davon als bestimmt angesehen werden k\u00f6nne, und dass die Analyse der Versuche auf diese Bestimmungen zur\u00fcckzugehen habe. Jedenfalls sind die Werthe T und J \u2014 T\u2014 t nur Functionen jener Bestimmungen und scheinen mir daher von mehr secund\u00e4rer Bedeutung.\u00ab Infolge seines Standpunktes definirt auch Wundt die Sch\u00e4tzungsdifferenz Jm durch T\u2014t, dagegen Fechner durch\nto - \u2014i\u2014\u2014 = d\u00b0 2 du, also durch Gr\u00f6\u00dfen, welche bei der G\u00fcltigkeitsfrage des Weber\u2019schen Gesetzes in Betracht kommen. Bei der gro\u00dfen Wichtigkeit, welche das genannte Gesetz f\u00fcr die Psychophysik besitzt, ist es leicht begreiflich, dass Fechner dasselbe auch auf extensive Gr\u00f6\u00dfen auszudehnen sucht, zumal da die bisherigen Untersuchungen \u00fcber den Zeitsinn eher f\u00fcr als gegen die Uebertragung desselben auf das Zeitgebiet sprechen. Es handelt sich daher jetzt noch darum, zu untersuchen, zu wessen Gunsten meine Versuche entscheiden.\nGewiss hat F echner Recht, wenn er, gest\u00fctzt auf die Versuche von Kollert und Estel, annimmt (S. 10 und 106) , dass der Werth\nJ \u2014 d\u00b0 2 nicht ma\u00dfgebend f\u00fcr gr\u00f6\u00dfere oder geringere Sch\u00e4tzungssicherheit ist, und dass an sich der Indifferenzpunkt nicht den Werth bezeichnet, an welchem die Sch\u00e4tzung am genauesten ist, sondern eben nur den Punkt, wo die obere und untere Unterschiedsschwelle gleich sind. Doch was zuerst letzteren Punkt betrifft, so zeigen die Resultate meiner Versuche in den Tab. II und III und in den","page":587},{"file":"p0588.txt","language":"de","ocr_de":"588\nMax Mehner.\nTab. IP und. IIP zur Gen\u00fcge, dass an den vier Indifferenzpunkten t = 0,71, = 2,15, = 3,55, = 5, wo also die Sch\u00e4tzungsdifferenz Null ist, die obere und untere Unterschiedsschwelle relative Minima\nerreichen, mithin auch der Sch\u00e4tzungsfehler D =\t, dass also an\ndiesen Punkten die Genauigkeit der Sch\u00e4tzung relativ am gr\u00f6\u00dften ist, wie auch aus Fig. 2 und Fig. 4 hervorgeht. Dass genannte Gr\u00f6\u00dfen an den Indifferenzpunkten nicht absolute Minima erreichen, ist \u00fcbrigens gar nicht n\u00f6thig. da die Sch\u00e4tzungssicherheit nicht gemessen wird durch den einfachen reciproken Werth des Sch\u00e4tzungsfehlers D,\nsondern durch den Quotienten , also durch sein Verh\u00e4ltniss zu der zugeh\u00f6rigen Normalzeit. Wie nun den relativen Minimis von Jm relative Maxima der Unterschiedsempfindlichkeit entsprechen, so geh\u00f6ren umgekehrt zu den relativen Maximis f\u00fcr erstere relative Minima f\u00fcr letztere ; es zeigen also Sch\u00e4tzungsdifferenz und Sch\u00e4tzungsfehler denselben Verlauf, man kann daher von der Gr\u00f6\u00dfe der einen auf die Gr\u00f6\u00dfe des anderen schlie\u00dfen, und somit k\u00f6nnte man eben so gut wie D auch Jm als Ma\u00df f\u00fcr die Genauigkeit der Sch\u00e4tzung nehmen. Wenn nun weiter Fechner sagt (S. 11), \u00bbdass die beiden Unterschiedsschwellen dom und dum als abh\u00e4ngig von der UScala, in der sie sich befinden, principiell verschieden sein m\u00fcssen, mithin die an sich richtigen Werthe von dom und dum nicht mit der Gleichheit beider, also auch nicht mit J \u2014 0 zusammenfallen k\u00f6nnen\u00ab, so setzt er bei dieser Aussage ein Gesetz voraus, welches doch erst durch die Versuche erwiesen werden soll, n\u00e4mlich das Gesetz, dass die Unterschiedsschwellen proportional den Normalzeiten wachsen. Nach meinen Versuchen sind aber die Unterschiedsschwellen f\u00fcr mittlere Zeiten weniger von der Normalzeit abh\u00e4ngig als von der Indifferenzzeit t = 0,71. An und f\u00fcr sich aber ist doch auch die M\u00f6glichkeit nicht ausgeschlossen, dass es gewisse kleine Gebiete gibt, innerhalb deren die Empfindlichkeit constant ist, wie es in der N\u00e4he der Indifferenzpunkte zu sein scheint; demnach w\u00fcrden hier die dom und dum die wahren Unterschiedsschwellen darstellen.\nBekanntlich bezeichnet Wundt die Sch\u00e4tzungsdifferenz Jm als den Werth, um welchen wir eine gegebene Zeitstrecke zu untersch\u00e4tzen oder zu \u00fcbersch\u00e4tzen geneigt sind; hierzu bemerkt Fechner S. 106: \u00bbich finde in nur den halben Unterschied der beiden Werthe, um","page":588},{"file":"p0589.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Lehre vom Zeitsinn.\n589\nwelche wir t zu \u00fcbersch\u00e4tzen und zu untersch\u00e4tzen geneigt sind\u00ab. Hat denn dieser halbe Unterschied nicht auch eine Bedeutung? Gewiss, wenn er auch nur angeben sollte, welches Verh\u00e4ltniss die beiden Unterschiedsschwellen zu einander haben; da aber dieses Verh\u00e4ltniss ein ganz verschiedenes ist, je nach der Gr\u00f6\u00dfe der verglichenen Zeiten, so ist doch dieser halbe Unterschied zugleich ein Ma\u00df f\u00fcr die Ver\u00e4nderung unserer Zeitauffassung. Und es d\u00fcrfte sicherlich nicht ohne gro\u00dfes Interesse sein, diese Ver\u00e4nderung in ihrem Gange zu verfolgen.\nM\u00f6chte ich nun nach diesen Bemerkungen mit F echner nicht darin \u00fcbereinstimmen, der Sch\u00e4tzungsdifferenz /lm nur einen secund\u00e4ren Werth beizulegen, so bestimmt mich ein ungleich wichtigerer Grund sogar anzunehmen, dass dieselbe im Zeitgebiete die gr\u00f6\u00dfte Bedeutung besitzt, der Grund n\u00e4mlich, dass , wie ich schon oben nachgewiesen habe, die Zeitfolge nicht umkehrbar, also der von der einseitigen Zeitlage abh\u00e4ngige Fehler nicht zu eliminiren ist. Es d\u00fcrfte mithin die Uebertragung desselben auf den Zeitsinn unausf\u00fchrbar sein, denn alle etwaigen constanten Fehler, die man der einseitigen Zeitfolge zuschreibt, k\u00f6nnen doch nur hypothetischer Natur sein. Auch trotz der Correction der Sch\u00e4tzungswerthe t0 und tu infolge eines angenommenen Fehlers gelingt es nicht, das Weber\u2019sche Gesetz zu erweisen; es gilt dagegen auch ohne Correction der einzelnen Elemente f\u00fcr sehr hohe Zeiten. Man m\u00fcsste daher annehmen, dass bei gro\u00dfen Zeiten, die sich unstreitig schwerer sch\u00e4tzen lassen als kleinere, die zuf\u00e4lligen und constanten Fehlervorg\u00e4nge, welche hier seinen Bestand st\u00f6rten, hinwegfallen, was doch sehr unwahrscheinlich ist. Vielmehr k\u00f6nnte man eher vermuthen, dass durch die Schwierigkeit des Sch\u00fctzens Fehlerquellen entst\u00e4nden, durch welche erst seine Bew\u00e4hrung herbeigef\u00fchrt w\u00fcrde. Da ferner das Weber\u2019sche Gesetz erst f\u00fcr solche gro\u00dfe Zeiten sich best\u00e4tigt findet, bei denen weniger die relative Zeitsch\u00e4tzung als das absolute Zeitged\u00e4chtniss eine Rolle zu spielen scheint, so hat es offenbar f\u00fcr den Zeitsinn auch nicht die Bedeutung wie f\u00fcr andere Sinnesgebiete. Wollte man aber die Best\u00e4tigung des Weber\u2019schen Gesetzes dadurch retten, dass man eine Complication desselben mit einem Periodicit\u00e4tsgesetze ann\u00e4hme, so w\u00fcrde man es doch einem Gesetze unterwerfen, das in dem Verlauf der Sch\u00e4tzungsdifferenz Jm seinen einfachsten Ausdruck findet.\nIst in soweit die Uebertragung des Web er\u2019sehen Gesetzes auf","page":589},{"file":"p0590.txt","language":"de","ocr_de":"5%\nMax Mehner.\ndas Zeitgebiet ein gewagtes Unternehmen, so wird .man von selbst auf den Gang der Sch\u00e4tzungsdifferenz hingewiesen, also auf den con-stanten Fehler, mit welchem unsere Zeitauffassung behaftet ist, und der das Ma\u00df abgibt f\u00fcr Ver\u00e4nderung von Zeitgr\u00f6\u00dfen durch die Reproduction.\nSomit d\u00fcrfte nach meinen Versuchen Wundt das Wesen unseres Zeitsinnes von vornherein richtig erkannt haben, indem er dem sogenannten Zeitfehler eine Bedeutung beilegte, die ihn als Hauptgegenstand der Untersuchung im Zeitgebiete erscheinen l\u00e4sst.\nVIII. Methode der mittleren Fehler.\nWie schon erw\u00e4hnt, ergeben meine Versuche wesentlich andere Resultate, als diejenigen fr\u00fcherer Beobachter, es bleibt daher noch \u00fcbrig, eine Erkl\u00e4rung f\u00fcr diese Erscheinung zu suchen. Was zuerst Kollert (Philos. Stud. Bd. I, S. 78) betrifft, so erstrecken sich dessen Beobachtungen nur auf Intervalle von t\u2014 0,4 bis t\u2014 1,5, sie kommen also hier nicht weiter in Frage; von Estel\u2019s Untersuchungen habe ich bereits oben nachgewiesen, dass sie wegen zu geringer Uebung seitens der Beobachter nicht zu strengen Gesetzm\u00e4\u00dfigkeiten f\u00fchren konnten, au\u00dferdem hat auch Fechner schon bemerkt, dass dieselben aus verschiedenen Gr\u00fcnden formell viel zu w\u00fcnschen \u00fcbrig lassen. Es bleiben mithin nur die Versuche von Vierordt f\u00fcr eine n\u00e4here Besprechung \u00fcbrig.\nVon Vierordt\u2019s zahlreichen Versuchen nun ist nur eine Reihe unter \u00e4hnlichen Bedingungen angestellt, als die meinigen, n\u00e4mlich die Versuche des \u00a7. 9, S. 34 und f., welche in Tab. A, S. 36 zusammengestellt sind. Dieselben sind nach der Methode der mittleren Fehler in der Weise ausgef\u00fchrt, dass der Assistent zuerst die Taktfolge der Normalzeit angab. und dass dann die Versuchsperson die geh\u00f6rte Zeit unmittelbar durch willk\u00fcrlich hervorgebrachte Taktschl\u00e4ge nachzuahmen suchte, und zwar wurden die Taktschl\u00e4ge auf einer registriren-den Vorrichtung aufgezeichnet. Ein Intervall zwischen der angegebenen Hauptzeit und der nachzumachenden Zeit sollte nicht vorhanden sein, sodass der zweite Ton zugleich das Ende der ersteren und den Anfang der letzteren bedeutete. Vierordt fand bei derartig angestellten Versuchen den Indifferenzpunkt bei 2,7 Secunden, bei","page":590},{"file":"p0591.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Lehre vom Zeitshm.\n591\nkleineren Zeiten fiel die nachgemachte Zeit gr\u00f6\u00dfer aus, bei gr\u00f6\u00dferen bis ungef\u00e4hr 9 Secunden hingegen kleiner. Diese hohe Lage des Indifferenzpunktes zu erkl\u00e4ren, ist ungemein schwierig, zumal da Vier -ordt sich nicht \u00fcber die n\u00e4here Ausf\u00fchrung der Versuche verbreitet, mithin den Leser im Unklaren l\u00e4sst, welche etwaige constante Fehler seine Resultate verunreinigt haben; so gibt er z. B. nicht an, ob er in einer Versuchsstunde nur eine Hauptzeit oder deren mehrere beobachtet hat, und letzterenfalls, in welcher Reihenfolge , ob in aufsteigender oder absteigender. Doch glaube ich aus der Beschreibung der Versuchsmethodik S. 35, ferner aus den an Herrn Nebel S. 40 und 41, Tab. C, und an Herrn H\u00f6ring S. 44, Tab. E ausgef\u00fchrten Untersuchungen entnehmen zu k\u00f6nnen, dass er an einem Versuchstage alle Zeiten und zwar in beliebiger Reihenfolge durchgepr\u00fcft hat. Ferner schweigt Vier ordt dar\u00fcber, ob er an seine Versuche mit bereits gewonnener Uebung herantrat ; ich glaube annehmen zu m\u00fcssen, dass es nicht der Fall war , denn S. 40 bei Versuchen mit drei Intervallen sagt er, dass jeder Versuchsstunde des Herrn Nebel eine einstiindige Ein\u00fcbung voranging, eine Vorsichtsma\u00dfregel, welche ich bei den schwierigen Zeitversuchen zumal nach der Methode der mittleren Fehler nicht f\u00fcr ausreichend halten m\u00f6chte, um die n\u00f6thige Uebung herbeizuf\u00fchren. Au\u00dferdem lagen die einzelnen Versuchstage zu weit, 8 bis 14 Tage, auseinander, so dass die an einem Versuchstage gewonnene Uebung bis zum n\u00e4chsten wieder verloren gehen musste. Ich habe selbst an mir die Erfahrung gemacht, dass ich einmal nach 14 t\u00e4giger Pause trotz meiner vorherigen gro\u00dfen Uebung doch sehr unsicher sch\u00e4tzte und mich erst wieder an die Versuche gew\u00f6hnen musste. Dass sich aber die Uebung bei Herrn Nebel trotzdem etwas geltend machte, glaube ich an der tiefen Lage des Indifferenzpunktes und den geringen procentigen rohen Fehlern am letzten Versuchstage ersehen zu k\u00f6nnen. Sollte nun Vierordt bei seinen eigenen Versuchen sogar die einst\u00fcndige Ein\u00fcbung unterlassen haben, so w\u00e4re allerdings der hohe Indifferenzpunkt leicht erkl\u00e4rlich ; dann w\u00e4re auch dadurch die verschiedene Lage desselben in Tab. B, S. 38 und in Tab. D, S. 42 erkl\u00e4rt. Tab. B. S. 38 zeigt n\u00e4mlich f\u00fcr Vierordt selbst den Indifferenzpunkt bei t \u2014 3,2, Tab. J), S. 42 f\u00fcr stud. Nebel bei t = 1,5, also bedeutend tiefer. F\u00fcr die geringe Uebung seitens Vierordt\u2019s scheint mir auch der Umstand zu sprechen, dass Wandt, Pliilos. Studien. II.\t39","page":591},{"file":"p0592.txt","language":"de","ocr_de":"592\nMax Mehner.\nbei Zeiten, die bedeutend untersch\u00e4tzt wurden, noch eine betr\u00e4chtliche Anzahl Versuche Vorkommen, wo die nach gemachte Zeit bedeutend gr\u00f6\u00dfer ausfiel als die Normalzeit, w\u00e4hrend bei Nebel gr\u00f6\u00dfere Zeiten ausnahmslos kleiner aufgezeichnet wurden als die Normalzeit ; es m\u00fcssen also bei Vier or dt die Schwankungen des Bewusstseins ungemein gro\u00df gewesen sein ; dies gilt nicht nur von den Versuchen der Tab. B, S. 38, sondern auch von denen der Tab. A. S. 36; kein Wunder daher, dass der Indifferenzpunkt eine so hohe Lage besitzt und die rohen und reinen variabeln Fehler keinen gesetzm\u00e4\u00dfigen Gang aufweisen.\nSind nun schon wegen der geringen Uebung und der damit verbundenen gro\u00dfen Unsicherheit im Sch\u00e4tzen seitens Vierordt\u2019s seine Versuche nicht geeignet, sichere Resultate zu geben , so kommt noch als weiterer Grund der Umstand hinzu, dass, wie Wundt (Philos. Stud. Bd. I S. 37) sich ausdr\u00fcckt, \u00bbVierordt die Reproductionsme-thode mit der Reactionsmethode in einer Weise verbindet, die es unm\u00f6glich macht zu entscheiden, inwiefern die Abweichungen der Vergleichszeit von der Normalzeit in der Einmengung jener Vorg\u00e4nge ihren Grund haben , welche der Ausf\u00fchrung der willk\u00fcrlichen Taktbewegung vorangehen. Insbesondere ist zu bezweifeln , ob der Taktschlag auch wirklich in dem Moment erfolgt, in welchem der Wille vorhanden ist, ihn auszuf\u00fchren.\u00ab\nUm aber selbst einen, wenn auch nur oberfl\u00e4chlichen Einblick in die Methode der mittleren Fehler zu erhalten , stellte ich an mir nach derselben eine Anzahl von Versuchen f\u00fcr einige Intervalle an und zwar verfuhr ich dabei folgenderma\u00dfen : Ich benutzte wieder meinen Apparat, aber statt drei nur zwei der kleinen Ausl\u00f6ser, um mit H\u00fclfe derselben die Normalzeit anzugeben. Die \u00fcbrige Versuchsweise war wie oben , die Umdrehungsgeschwindigkeit betrug 18 Secunden, also entsprach der Bewegung des Rades um einen Grad des Theilkreises eine Zeit von 0,05 Secunde. Da zwischen Normal-und Vergleichszeit kein Intervall liegen sollte , so bezeichnete der 2. Hammerschlag zugleich den Anfang der Vergleichszeit. Ich hatte nun die Aufgabe, ein der geh\u00f6rten Zeitstrecke gleiches Intervall herzustellen, was dadurch geschah, dass ich mittelst einer kleinen Bewegung eines am Uhrwerk befindlichen Hebels dasselbe momentan zum Stehen brachte ; alsdann konnte in Ruhe abgelesen werden, \u00fcber welchem Grad des Theilkrei-","page":592},{"file":"p0593.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Lehre vom Zeitsinn.\n593\nses der an dem Rade befindliche Metallfortsatz sich befand, also um wie viel Grade sich die Trommel seit dem letzten Hammerschlag weiter bewegt hatte, und die Anzahl dieser Grade multiplicirt mit 0,05 Secunde gab die L\u00e4nge der nachgemachten Zeit. Um eine vollst\u00e4ndig objective und von \u00e4u\u00dferen St\u00f6rungen freie Sch\u00e4tzung zu erhalten, wurden dieselben Vorsichtsma\u00dfregeln angewendet wie bei der Methode der Minimal\u00e4nderungen. Da ich glaubte, der Indifferenzpunkt w\u00fcrde den Vier ordt\u2019sehen Versuchen gem\u00e4\u00df bedeutend nach oben verschoben werden, begann ich die Untersuchungen mit der Zeit < \u2014 1,50, ging dann \u00fcber zur Zeit ^ = 1,00, < = 0,8 und schlie\u00dflich zu < = 0,7. Diese Zeiten wurden an einem Tage untersucht, nachdem ich mir schon einen Tag zuvor eine leidliche Uebung in dem Gebrauche der Methode angeeignet hatte. Da aber wider Erwarten der Indifferenzpunkt wie fr\u00fcher ebenfalls zwischen <=0,7 und < \u2014 0,8 gefunden wurde, so stellte Herr Glass an einem anderen Tage noch einmal Versuche an mir an, und zwar zuerst \u00fcber die Zeiten <=0,7 und t = 0,8. Zu unserer Freude wurde das Resultat des vorhergehenden Tages best\u00e4tigt. Schlie\u00dflich wurden noch die Zeiten < = 2,15, = 3,5, = 5 , = 6 untersucht. Etwaige Contrasteinfl\u00fcsse wurden hinreichend dadurch vermieden, dass Herr Glass beim Uebergang von einer Zeit zur anderen stets selbst eine Anzahl Versuche an sich anstellte, w\u00e4hrend mir dabei die Aufgabe zufiel zu entscheiden, \u00e4hnlich wie bei der Methode der Minimal\u00e4nderungen, ob und nach welcher Richtung das nachgemachte Intervall sich von der Normalzeit unterschied ; auf diese Weise pr\u00e4gte ich mir das zu untersuchende Intervall genau ein.\nIch theile nun in Tab. VIII die erhaltenen Resultate mit und zwar habe ich dieselben Bezeichnungen und Berechnungsweisen der einzelnen Gr\u00f6\u00dfen angewendet, wie sie Eechner in seiner \u00bbRevision der Hauptpunkte der Psych ophysik\u00ab Abschnitt VII S. 104 u. f. eingef\u00fchrt hat; nur behalte ich f\u00fcr die Normalzeit die Bezeichnung < bei, um eine bequeme Vergleichbarkeit der folgenden Tabellen VIII und IX mit den Tabellen Ibis III zu erm\u00f6glichen. Eechner definirt n\u00e4mlich S. 105 die einzelnen Gr\u00f6\u00dfen in Bezug auf den Zeitsinn folgenderma\u00dfen: \u00bbBezeichne ich also mit < die Normalzeit, mit f die Eehlzeit, welche ich der ersteren gleich zu machen suche, so gibt der Unterschied beider f \u2014 < den im Allgemeinen noch mit einem con-stanten Fehler behafteten rohen Fehler d. Aus allen Fehldistanzen,\n39*","page":593},{"file":"p0594.txt","language":"de","ocr_de":"594\nMax Mehner.\nderen Zahl m sei, ziehe ich nun das Mittel \u2014 , bezeichne es als mitt-\nm\nlere Fehlzeit mit .Fund erhalte als Unterschiede der einzelnen Fehlzeiten f von der mittleren Fehldistanz F die mit z/ zu bezeichnenden, vom constanten Fehler befreiten, reinen variabelen Fehler, endlich als Mittel der ohne R\u00fccksicht auf ihr Vorzeichen genommenen reinen\nFehler den mit zu bezeichnenden reinen Mittelfehler j dessen\nm\nreciproken Werth ich als Ma\u00df der Unterschiedsempfindlichkeit betrachte.\u00ab\nZu bemerken ist noch, dass der reine variabele Fehler Jm durchaus nicht mit der Sch\u00e4tzungsdifferenz Jm der Minimalmethode zu vergleichen ist. Ferner habe ich den constanten und reinen variabelen Fehler hei Zeiten, f\u00fcr welche mehr als drei\u00dfig Versuche vorliegen, durch Eintheilung derselben in Fractionen zu je drei\u00dfig Versuchen gewonnen. Die Best\u00e4tigung des Weher\u2019sehen Gesetzes h\u00e4ngt davon ah , dass der reine variabele Fehler z/m den Normalzeiten t proportional gehe, dass also \u2014\u25a0 f\u00fcr die verschiedenen Zeiten constant sei.\nIch lasse jetzt Tabelle VIII folgen:\nTabelle VIII.\nt\tC\tAn\tA,. t\t11\n0,70\t+ 0,09\t0,0637\t0,091\t60\n0,80\t\u2014 0,025\t0,077\t0,09625\t60\n1,00\t\u2014 0,065\t0,095\t0,095\t30\n1,50\t\u2014 0,1117\t0,1436\t0,09573\t30\n2,10\t\u2014 0,035\t0,1323\t0,0631\t30\n3,50\t+ o,oi\t0,2267\t0,065\t30\n5,00\t-f- 0,0315\t0,319\t0,0638\t60\n6,00\t+ 0,94\t0,49\t0,0817\t30\nWie aus der vorliegenden Tabelle VIII hervorgeht, werden die von mir nach der Methode der Minimal\u00e4nderungen gewonnenen Resultate in evidenter Weise best\u00e4tigt. Was zuerst die wichtigste Frage, die Lage des Indifferenzpunktes betrifft, so liegt derselbe zwischen t \u2014 0,7 und t\u2014 0,8, eine Erscheinung, welche die Annahme nahe legt, dass diese Indifferenzzeit, wie Estel sich S. 57 ausdr\u00fcckt, f\u00fcr unser Bewusstsein die Zeiteinheit darstellt. Da ferner die Zeiten","page":594},{"file":"p0595.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Lehre vom Zeitsinn.\n595\nt \u2014 0,7 und t = 6 einen positiven constanten Fehler aufweisen, die Zeiten t = 0,8, = 1, =1.5, = 2,15 dagegen einen negativen , so folgt wiederum : dass kleine Zeiten bis 0,7 Secunden und ebenso gro\u00dfe oberhalb 5 Secunden in der Reproduction verl\u00e4ngert werden, dagegen Zeitr\u00e4ume von mittlerer Dauer verk\u00fcrzt erscheinen. Bei der Zeit t = 6 wurde noch die Beobachtung gemacht, dass stets, wenn ich sagte, die nachgemachte Zeit sei zu kurz ausgefallen, selbige um ein Weniges gr\u00f6\u00dfer war als die Normalzeit, ein Zeichen also daf\u00fcr, wie sehr man geneigt ist, die betreffende Zeit zu \u00fcbersch\u00e4tzen. Ob sich nun f\u00fcr den constanten Fehler c dieselbe Periodicit\u00e4t wie f\u00fcr die Sch\u00e4tzungsdifferenz geltend macht, war mir wegen Mangel an Zeit nicht m\u00f6glich zu untersuchen, ich h\u00e4tte zu diesem Zwecke noch unvergleichlich mehr Versuche anstellen m\u00fcssen; meine Aufgabe war aber nur, die von Vierordt erhaltenen Resultate zu controliren. Doch macht sich trotz der geringen Anzahl der Versuche die Periodicit\u00e4t von c insofern geltend, als dasselbe f\u00fcr t = 2,10 kleiner ist als f\u00fcr t \u2014 1,50,\nauch der Werth ist f\u00fcr erstere geringer als f\u00fcr letztere, \u00fcberhaupt\ngeringer als f\u00fcr alle kleineren Zeiten, ein Beweis daf\u00fcr, dass auch die Unterschiedsempfindlichkeit bei t = 2,10 bedeutend gr\u00f6\u00dfer ist als f\u00fcr die Indifferenzzeit, eine Eigenth\u00fcmlichkeit, die schon bei den Versuchen nach der Methode der Minimal\u00e4nderungen in Tab. III und Tab. IIIa auftrat, es scheint also wirklich diese Zeit f\u00fcr unsere Auffassung die g\u00fcnstigste zu sein. Einen Schluss betreffs der G\u00fcltigkeit des Web er\u2019sehen Gesetzes l\u00e4sst Tab. VIII deshalb nicht zu, weil sie zu wenige und meist solche Zeiten enth\u00e4lt, f\u00fcr welche die Sch\u00e4tzung relativ am genauesten ist.\nAllerdings scheint nach Tab. VIII der Indifferenzpunkt den fr\u00fcheren Versuchen gegen\u00fcber, wo er bei t = 0,71 gefunden wurde, etwas nach 0,8 Secunden hin verschoben, er befindet sich n\u00e4mlich, wenn wir den Verlauf von c zwischen t = 0,7 und t = 0,8 als geradlinig annehmen, bei 0,778 Secunden. Zwar ist diese Verschiebung ganz unwesentlich, doch erkl\u00e4rt sie sich einfachaus folgenden zweiUmst\u00e4n-den: Wie Kollert (Philos. Stud. Bd. I, S. 88) richtig bemerkt, mengen sich bei der Methode der mittleren Fehler offenbar verschiedene psychologische und physiologische Momente ein, die bei der Methode der Minimal\u00e4nderungen hinwegfallen, so die Willenszeit zum Anhai-","page":595},{"file":"p0596.txt","language":"de","ocr_de":"596\nMax Mehner.\nten des Uhrwerkes, die Leitung der motorischen Erregung zu den Muskeln und das Anwachsen der Energie in denselben. Da nun der Beginn der nachgemachten Zeit objectiv gegeben ist durch den zweiten Hammerschlag, das Ende der Normalzeit, so addiren sich diese Nebenvorg\u00e4nge nur zum Ende der Fehlzeit hinzu. Glaubt man n\u00e4mlich, es sei ein der Normalzeit gleiches Intervall verflossen, so wird die Arre-tirung des Uhrwerks gerade um den Zeitwerth jener psychophysischen und physiologischen Vorg\u00e4nge zu sp\u00e4t kommen, welche zur Umsetzung der innerlich appercipirten Vorstellung in eine \u00e4u\u00dfere Bewegung erforderlich sind, mithin muss der Indifferenzpunkt um diese Zeit nach oben verschoben werden. Diesen Zeitwerth zu bestimmen, hielt ich nicht f\u00fcr n\u00f6thig, da ihn Vierordt auch nicht in Abrechnung gebracht hat und meine Versuche ja nur zur Vergleichung mit den seinigen angestellt wurden. Ist nun schon durch die oben angef\u00fchrte Thatsache die Verschiebung des Indifferenzpunktes zum Theil erkl\u00e4rt, so kommt noch der wichtige Umstand hinzu, dass ich nicht eine gen\u00fcgend gro\u00dfe Anzahl Versuche angestellt habe, mir daher auch nicht die f\u00fcr die Methode der mittleren Fehler n\u00f6thige Uebung angeeignet hatte, eine Ansicht, die dadurch wesentlich unterst\u00fctzt werden d\u00fcrfte, dass ich am ersten Tage (nach den ersten 30 Versuchen) den Indifferenzpunkt bei 0,78\" fand, am zweiten dagegen (nach den letzten 30 Versuchen) bei 0,7667\", also schon etwas tiefer, was wohl lediglich der Uebung zuzuschreiben ist, so dass er wahrscheinlich bei noch gr\u00f6\u00dferer Uebung noch mehr erniedrigt worden w\u00e4re.\nDa nun meine nach der Methode der mittleren Fehler gewonnenen Resultate mit den fr\u00fcher erhaltenen vollst\u00e4ndig \u00fcbereinstimmen, unterliegt es keinem Zweifel, dass Vierordt seine Untersuchungen mit zu geringer Uebung angestellt hat ; \u00fcberdies ist ja die Anzahl seiner Versuche f\u00fcr die einzelnen Zeiten viel zu klein, als dass er genaue Resultate erhalten konnte. Dies hat auch Vierordt gewusst, denn er sagt selbst S. 2 : \u00bbEs wird dieser Schrift billiger Weise nicht zum Vorwurf gereichen, dass die einzelnen Versuchsreihen nur so viele Hunderte oder Tausende von Versuchen enthalten, als sie Tausende oder selbst Zehntausende aufweisen sollten, um die hier zu Grunde liegenden Gesetzm\u00e4\u00dfigkeiten mit aller Sch\u00e4rfe festzustellen\u00ab. Zwar habe ich auch nur wenige Versuche nach der Methode der mittleren Fehler angestellt, doch hatte ich vorher schon eine solche","page":596},{"file":"p0597.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Lehre vom Zeitsinn.\n597\nUebung im Sch\u00e4tzen von Zeitgr\u00f6\u00dfen gewonnen, dass es mir ein Leichtes war, irgend ein Intervall fest einzupr\u00e4gen ; es h\u00e4tte sich daher bei mir ein Fortschritt der Uebung nur insofern geltend machen k\u00f6nnen, als die Reactions Vorg\u00e4nge m\u00f6glichst veringert worden w\u00e4ren.\nDass jedoch bei Vier or dt der Indifferenzpunkt viermal so hoch liegt als bei mir, k\u00f6nnte allerdings durch seine Unge\u00fcbtheit im Sch\u00e4tzen von Zeitgr\u00f6\u00dfen noch nicht gen\u00fcgend erkl\u00e4rterscheinen, und man k\u00f6nnte geneigt sein anzunehmen, derselbe sei individuell verschieden, wenn er nicht f\u00fcr eine so gro\u00dfe Anzahl Beobachter nach der Methode der Minimalver\u00e4nderungen als ziemlich constant gefunden worden w\u00e4re, so von Wundt, Phys. Psych. Bd. II, S. 286, von Kollert S. 82 und 83 und von Estel S. 56. Abgesehen davon, dass durch die schon oben erw\u00e4hnten Reactionseinfl\u00fcsse eine Erh\u00f6hung verursacht wird, scheint mir eine weitere Ursache noch darin zu liegen, dass Vier or dt bei seiner Yersuchsmethodik die Aufmerksamkeit zu sehr vertheilen musste. Wenn ich n\u00e4mlich seine Versuchsweise S. 35 recht verstehe, hatte er, nachdem der zweite Schlag erfolgt war, zuerst den Finger, mit welchem er die Bewegung ausf\u00fchrte, auf den betreffenden Hebelarm zu legen, hatte also seine ganze Aufmerksamkeit, zumal da die Augen geschlossen waren, darauf zu richten, dass er den Hebelarm richtig traf und dass sein Finger eine bequeme Lage erhielt, dadurch aber wurde seine Aufmerksamkeit eine nicht unbedeutende Zeit lang vom Sch\u00e4tzen abgezogen, und so musste das nachgemachte Intervall um diese Zeit verl\u00e4ngert aufgezeichnet werden; allerdings wird dieser Umstand bei kleineren Zeitstrecken von mehr Einfluss gewesen sein als bei gr\u00f6\u00dferen. Sollte Vierordt auch diesen Uebelstand vermieden haben, so ist aber eine weitere und zwar die haupts\u00e4chlichste Erschwerung der Versuche darin zu suchen, dass der Assistent ein beliebig langes Intervall angab, das bald gr\u00f6\u00dfer bald kleiner als das vorhergehende, und \u00fcber dessen Gr\u00f6\u00dfe der Beobachter nicht unterrichtet war. ln Folge dessen musste sich desselben ein gewisses Gef\u00fchl der Unruhe und Unsicherheit bem\u00e4chtigen ; er brauchte jedesmal eine ziemlich lange Zeit, das dargebotene Intervall zu verarbeiten, und um diese Zeit musste die Vergleichszeit zu lang aus-fallen. Um mir aber \u00fcber diese Verh\u00e4ltnisse Klarheit zu verschaffen, stellte Herr Glass an mir zuerst 30 Versuche an f\u00fcr die Zeit t \u2014 5, alsdann ging er ganz beliebig zu anderen Zeiten \u00fcber, so dass ich","page":597},{"file":"p0598.txt","language":"de","ocr_de":"598\nMax Mehner.\nnicht wusste, wann und in welcher Richtung die Intervalle ver\u00e4ndert und wie gro\u00df sie angegeben wurden. Tab. IX enth\u00e4lt die Resultate dieser Versuche.\nTabelle IX.\nt = 6\tt = 2,15\tt = 5\tCi II\tt =5 6\tt = 1,50\n8,1\t3,50\t6,25\t3,15\t6,05\t1,60\n7,00\t3,00\t5,00\t1,50\t6,90\t1,90\n6,60\t2,90\t4,50\t2,00\t6,75\t1,60\n7,90\t2,00\t5,50\t2,50\t6,90\t1,60\n7,50\t2,80\t4,50\t2,40\t6,75\t1,90\n7,15\t2,35\t6,40\t1,70\t7,90\t1,75\n8,10\t2,25\t6.50\t2,40\t8,10\t1,80\n7,70\t2,15\t6,00\t2,15\t6,50\t1,70\n7,50\t1,50\t6,10\t2,25\t7,15\t2,00\n7,60 6,90\t2,20\t6,00\t2,40\t7,00\t1,75\n6,50 6,85\t2,465\t5,675\t2,305\t7\t1,76\n7,00\tC! 7,30\t'\t= + 0,315 c\t= + 0,675\tc= + 0,155\tc =+ 1\tc = -J- 0,26\n= + 1,5\t\t\t\t\t\nWie Tah\t. IX zeigt,\twurden\ts\u00e4mmtliche\tZeiten \u00fcbersch\u00e4tzt, es\t\nist diese Erscheinung aber auch sehr leicht erkl\u00e4rlich. Hat man n\u00e4mlich eine Anzahl Intervalle von derselben Gr\u00f6\u00dfe geh\u00f6rt, so erwartet man unwillk\u00fcrlich wieder ein gleich gro\u00dfes; erscheint nun pl\u00f6tzlich ein solches von anderer L\u00e4nge, so ist man dar\u00fcber erstaunt, und man stellt unwillk\u00fcrlich Reflexionen \u00fcber die Gr\u00f6\u00dfe des vorhergehenden Intervalls an, vergleicht dasselbe mit dem eben geh\u00f6rten und wird schlie\u00dflich im Sch\u00e4tzen so unsicher, dass man gar nicht wei\u00df, welches Intervall man nachzumachen hat ; w\u00e4hrend dieser Reflexionen verflie\u00dft so viel Zeit, dass man auf jeden Fall das Uhrwerk zu sp\u00e4t arretirt. Ferner machen sich auch Erm\u00fcdungserscheinungen geltend ; infolge der gro\u00dfen Anstrengung, welche derartig angestellte Versuche verursachen, war ich am Ende der Stunde so abgespannt, wie noch nie zuvor. Es treten so auf diese Weise eine Menge erschwerender Umst\u00e4nde ein, die alle dazu beitragen, den Indiflerenzpunkt zu erh\u00f6hen, und auch bei Vierordt dazu heigetragen haben. Nat\u00fcrlich wird derselbe wohl schwerlich so weit aus einander liegende Zeiten wie ich sich haben folgen lassen, dies war hei ihm aber auch gar nicht n\u00f6thig, da er so wie so schon die Intervalle nicht geh\u00f6rig beherrschen konnte.","page":598},{"file":"p0599.txt","language":"de","ocr_de":"Zar Lehre vom Zeitsinn.\n599\nAuch Contrasteinfl\u00fcsse werden sich hei genanntem Verfahren eingemengt haben, in welcher Weise, muss ich freilich dahingestellt sein lassen. A priori k\u00f6nnten sich hier\u00fcber leicht zwei Ansichten geltend machen. So k\u00f6nnte man z. B. annehnen, er \u00e4u\u00dfere sich in derselben Weise wie bei der Minimalmethode, dass also, wenn man von einer kleineren zu einer gr\u00f6\u00dferen Zeit \u00fcberging, letztere auffallend gro\u00df erscheine, daher auch zu gro\u00df nachgemacht werde. Anderntheils k\u00f6nnte man auch vermuthen, man habe sich eine Zeit so fest eingepr\u00e4gt, dass bei einem Uebergang von einer kleineren zu einer gr\u00f6\u00dferen letztere nach ersterer gemessen und so selbige zu klein nachgemacht werde. Entsprechendes wird stattfinden, wenn auf gr\u00f6\u00dfere Intervalle kleinere folgen. Welche von beiden Ansichten die richtigere ist, m\u00fcssen sp\u00e4tere Beobachtungen entscheiden.\nDass nun Vierordt die gro\u00dfen Zeiten bis ungef\u00e4hr 9 Secunden untersch\u00e4tzte, erkl\u00e4rt sich einfach daraus, dass er wegen seiner geringen Uebung nicht im Stande war, die Intervalle geh\u00f6rig zusammenzufassen, er musste also stets einen betr\u00e4chtlichen Theil derselben, nennen wir ihn a, aus dem Ged\u00e4chtniss verlieren und somit nur die Zeit t\u2014 et anzugeben versuchen. Als Beweis hierzu f\u00fchre ich die Erfahrungen an, die ich an Herrn Glass gemacht habe bei der Zeit t\u2014 6. Wie schon erw\u00e4hnt, stellte derselbe, ehe ich als Versuchsobject diente, an sich selbst die Versuche an, und er machte hierbei die Fehlzeit immer zu klein, dagegen zu gro\u00df, als er die Versuche wiederholte, nachdem meine Reihe beendigt war, ein Beweis also daf\u00fcr, dass er das Intervall nicht beherrschen konnte, es sich aber w\u00e4hrend meiner Versuche angeeignet hatte. Hieraus ist ersichtlich, von welchem bedeutenden Einfluss auf die Resultate die Uebung ist.\nAuff\u00e4llig m\u00f6chte noch erscheinen, dass in Vierordt\u2019s Tab. A, S. 36 die negativen procentigen rohen Fehler selbst bei den gr\u00f6\u00dften der untersuchten Zeiten bedeutend kleiner sind als die positiven rohen Fehler der kleineren Zeiten ; den Grund hiervon finde ich in Folgendem : Die Menge der Nebenvorg\u00e4nge, bezeichnen wir sie mit \u00df, welche den Indifferenzpunkt erh\u00f6hten, haben sich bei kleineren Zeiten in ungleich h\u00f6herem Ma\u00dfe geltend gemacht als bei gr\u00f6\u00dferen, also bei erster en einen gro\u00dfen procentigen rohen Fehler verursacht ; den gr\u00f6\u00dften Einfluss aber hat die mit der eigenth\u00fcmlichen Anwendung der Methode verbundene, aber auch an mir nachgewiesene Unsicherheit","page":599},{"file":"p0600.txt","language":"de","ocr_de":"600\nMax Mehner.\nim Sch\u00e4tzen gehabt, verursacht durch Reflexionen, durch Contrasteinfl\u00fcsse etc., lauter Vorg\u00e4nge, nennen wir ihre Summe y, welche die Fehlzeit gr\u00f6\u00dfer ausfallen lie\u00dfen. Es hat also Vierordt in Wirklichkeit nicht eine Normalzeit gleich t auf dem Kymographion aufgezeichnet, sondern eine Zeit gleich t \u2014 \u00ab + />+/'; w\u00e4hrend mit aufsteigendem t sich \u00df immer weniger bemerkbar machte, werden a und y, obgleich \u00ab > 7 war, ann\u00e4hernd in demselben Verh\u00e4ltniss gewachsen sein.\nNachdem ich nun nach zwei verschiedenen Methoden das \u00fcbereinstimmende Resultat erhalten habe, dass gro\u00dfe Zeiten innerhalb der von mir untersuchten Grenzen in der Reproduction vergr\u00f6\u00dfert erscheinen, stehe ich nicht an zu erkl\u00e4ren, dass diese Erscheinung bei den einzelnen Beobachtern durchaus nicht individuell verschieden ist, zumal die Beobachtungen des Herrn Glass ebenfalls nach beiden Methoden mit den meinigen \u00fcbereinstimmen, wenn die Resultate von Vierordt und Estel auch dieser Ansicht widersprechen. Wie des letzteren Untersuchungen, so halte ich auch die des ersteren nicht f\u00fcr geeignet, sichere Schl\u00fcsse auf die Eigenschaften unseres Zeitsinnes zuzulassen. Ihnen geb\u00fchrt nur das nicht zu untersch\u00e4tzende Verdienst, wichtige Fragen der Psychophysik angeregt zu haben ; mehr hat auch Vierordt durch seine Versuche nicht erreichen wollen, denn er sagt selbst S. 2: \u00bbIch bescheide mich, den Gang der Erscheinungen im Allgemeinen festgestellt zu haben ; die strengere mathematische Formulirung der Normen muss k\u00fcnftigen Specialforschungen \u00fcberlassen bleiben\u00ab. Nur darf man auch auf solche Versuche nicht mehr Werth legen, als der Beobachter selbst, und aus ihnen wichtige Gesetze f\u00fcr den Zeitsinn ziehen wollen, wie es leider geschehen ist.\nDass gro\u00dfe leere Zeitstrecken zu lang nachgemacht werden, d\u00fcrfte m\u00f6glicherweise darin seinen Grund haben, dass Intervalle \u00fcber 5 Se-cunden wegen ihrer Einf\u00f6rmigkeit unverh\u00e4ltnissm\u00e4\u00dfig lang erscheinen (man langweilt sich w\u00e4hrend ihres Vor\u00fcberganges), und da man ein m\u00f6glichst gleichgro\u00dfes Intervall herzustellen sucht, wird man das zu lang gesch\u00e4tzte auch l\u00e4nger nachmachen, als es in Wirklichkeit ist.\nWas nun die mit der Methode der mittleren Fehler gewonnenen Erfahrungen betrifft, so ist dieselbe unstreitig auch auf das Zeitgebiet \u00fcbertragbar, ja sie scheint, da sie schneller zum Ziele f\u00fchrt, den Vorzug vor der Methode der Minimal\u00e4nderungen zu verdienen, denn","page":600},{"file":"p0601.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Lehre vom Zeitsinn.\n601\nw\u00e4hrend hei letzterer 10\u201415, bei gro\u00dfen Zeiten sogar noch mehr Einzelversuche n\u00f6thig sind, um den Sch\u00e4tzungswerth T der untersuchten Zeit zu erhalten, gibt hei ersterer jeder einzelne Versuch ein beabsichtigtes Resultat. Allerdings in der Weise, wie Vierordt die Methode angewendet hat, wird sie niemals genaue Resultate geben k\u00f6nnen. Anders ist es bei meinem Verfahren ; hier sind alle psychophysischen und physiologischen Nebenvorg\u00e4nge bis auf die S. 595 erw\u00e4hnten vermieden worden, daher auch die sch\u00f6ne Uebereinstimmung der Resultate in Tab. VIII mit denen der Tab. II\u2014III. Infolge dieser genannten Einfl\u00fcsse haftet der Methode eine gewisse Unsicherheit an, was ja auch ganz erkl\u00e4rlich ist, da es sich nicht um das Regi-striren eines objectiven Eindruckes handelt, sondern einer subjectiven Vorstellung, f\u00fcr die nur gewisse Bedingungen in den vorangegangenen objectiven Eindr\u00fccken gegeben sind; wegen dieses Umstandes sind aber auch unvergleichlich mehr Versuche n\u00f6thig als bei der Methode der Minimal\u00e4nderungen; hier gen\u00fcgt schon eine geringe Anzahl, um die Gesetzm\u00e4\u00dfigkeiten der einzelnen Elemente scharf hervortreten zu lassen. Dies ist bedingt durch die Sicherheit des Sch\u00fctzens bei dieser Methode, denn da bei ihr drei objective Eindr\u00fccke gegeben sind, so ist man gewisserma\u00dfen zu einem Urtheil gezwungen, nicht so bei der Methode der mittleren Fehler ; hier ist man erst im Stande zu sagen, ob die Fehlzeit kleiner, gleich, oder gr\u00f6\u00dfer sei als die Normalzeit, wenn man das Uhrwerk arretirt hat. Das Stillstehen desselben vertritt also gewisserma\u00dfen den dritten objectiven Eindruck. Der Vortheil also, den die Methode der mittleren Fehler wegen ihrer bequemen Ausf\u00fchrbarkeit vor der Minimalmethode zu haben scheint, wird vollst\u00e4ndig aufgehoben durch die gro\u00dfe Anzahl der Versuche, welche bei ihr n\u00f6thig sind. Doch besitzt sie einen nicht zu untersch\u00e4tzenden Vorzug deshalb, weil sie f\u00fcr den Beobachter nicht so langweilig als jene ist. Schon dadurch, dass man immer selbst bei den Versuchen th\u00e4tig sein muss, ist sie interessanter, dazu kommt noch, dass die Schnelligkeit, mit welcher ein beabsichtigtes Resultat gewonnen wird, anregend wirkt. Wenn ich auch nicht im Geringsten bezweifle, dass nach meiner Anwendung der Methode der mittleren Fehler durch geh\u00f6rige Uebung sich die Reactionseinfl\u00fcsse soweit reduciren, dass sie nur unbedeutend die Resultate modificiren, so d\u00fcrfte sie selbst doch am geeignetsten nur zur Contr\u00f4le der nach der Methode der Minimal-","page":601},{"file":"p0602.txt","language":"de","ocr_de":"602\nMax Mehner, Zur Lehre vom Zeitsinn.\n\u00e4nderungen gewonnenen Ergebnisse zu verwenden sein, ich sage zur Contr\u00f4le und nicht etwa zu Versuchen, wie esVierordt gethan hat, da sie einestheils, nicht mit gen\u00fcgender Vorsicht angewendet, leicht Resultate ergehen kann, die sp\u00e4tere Forschungen eher aufhalten als f\u00f6rdern. Hat man gelernt, beliebig gro\u00dfe Intervalle zu beherrschen, so hat man seine Aufmerksamkeit nur auf die Arretirung des Uhrwerks zu richten, und diese selbst wird alsdann mit einer solchen mechanischen Fertigkeit ausgef\u00fchrt werden, dass die Reactionsvorg\u00e4nge auf ein Minimum herabsinken. Hat man aber wie Vierordt au\u00dfer auf die Registrirung noch auf die Sch\u00e4tzung sein Augenmerk zu richten, so k\u00f6nnen keine genauen Resultate erhalten werden.\nNoch will ich bemerken, dass ich aus den nach der Methode der mittleren Fehler angestellten Versuchen deshalb nicht die einzelnen Elemente berechnet habe, weil die Anzahl der Versuche eine zu geringe ist, um mit den nach der Methode der Minimal\u00e4nderungen gewonnenen Werthen verglichen werden zu k\u00f6nnen.","page":602},{"file":"p0657s0007table6.txt","language":"de","ocr_de":"Wundt, Philosophische Studien, ]JBand.\nTaf.VT.\nM. Mehnep, del.\nVerlag von Willo.Tngelmaim, Leipzig.","page":0}],"identifier":"lit4140","issued":"1885","language":"de","pages":"546-602","startpages":"546","title":"Zur Lehre vom Zeitsinn","type":"Journal Article","volume":"2"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T12:33:25.724903+00:00"}