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{"created":"2022-01-31T12:35:35.286282+00:00","id":"lit4151","links":{},"metadata":{"alternative":"Philosophische Studien","contributors":[{"name":"Glass, Richard","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Philosophische Studien 4: 423-456","fulltext":[{"file":"p0423.txt","language":"de","ocr_de":"Kritisches und Experimentelles Uber den Zeitsinn.\nVon\nRichard Glass.\nMit 1 Holzschnitt.\nI.\nIm Verlaufe der letzten Jahre sind in den \u00bbPhilosophischen Studien\u00ab zwei Arbeiten erschienen, welche sich mit Untersuchungen aus dem Gebiete des Zeitsinnes besch\u00e4ftigen; die eine r\u00fchrt von Herrn Dr. Estel her (\u00bbNeue Versuche \u00fcber den Zeitsinn\u00ab, Studien II, 1), der Verfasser der anderen Arbeit ist Herr Dr. Mehner (\u00bbZur Lehre vom Zeitsinn\u00ab, ebend. II, 4). Beide Autoren kommen zu keinem \u00fcbereinstimmenden Resultate. Denn w\u00e4hrend Estel die beiden Gesetze aufstellt:\nI.\tEs ist die Zeitsch\u00e4tzung nicht nur am eigentlichen Indifferenz-punkt am genauesten, sondern erreicht auch bei den Vielfachen desselben ein relatives Maximum der Genauigkeit ;\nII.\tDas Weber\u2019sche Gesetz hat f\u00fcr den Zeitsinn keine G\u00fcltigkeit; fasst Mehner die Ergebnisse seiner Untersuchung in folgende drei S\u00e4tze zusammen:\n1)\tDie Sch\u00e4tzungsdifferenz erreicht relative Minima hei den ungeraden Vielfachen der Indifferenzzeit (0,71s), dagegen relative Maxima hei den geraden Vielfachen jener Zeit; von 11,4* an scheint die Perio-dicit\u00e4t der Sch\u00e4tzungsdifferenz aufzuh\u00f6ren (Periodicit\u00e4tsgesetz) ;\n2)\tKleine Zeitstrecken bis 0,7* erscheinen in der Reproduction vergr\u00f6\u00dfert, mittlere Zeiten von 0,7* bis 5* verkleinert, und gro\u00dfe Zeiten oberhalb 5* wiederum vergr\u00f6\u00dfert ;\nWundt, Philos. Studien. IV.\n28","page":423},{"file":"p0424.txt","language":"de","ocr_de":"424\nRichard Glass.\n3) Das Web er\u2019sehe Gesetz scheint sich von 7, Is an allm\u00e4hlich Geltung zu verschaffen, zumal da von hier an die mittlere Unterschiedsempfindlichkeit constant bleibt und namentlich von 10s bis 12,Is die Werthe der mittleren Verh\u00e4ltnissschwelle eine gro\u00dfe Constanz zeigen.\nVergleicht man \u00abdie Gesetze Mehner\u2019s mit jenen Estel\u2019s, so lehrt ein fl\u00fcchtiger Blick schon, in welch\u2019 grellen Gegensatz beide Autoren zu einander gerathen. Estel\u2019s Arbeit hat eine werthvolle Abhandlung F echner\u2019s*) veranlasst, in welcher dieser unerm\u00fcdliche F\u00f6rderer der Psychophysik die Unsicherheit der Estel\u2019schen Schl\u00fcsse darthut; Mehner\u2019s Resultate aber sind theilweise au\u00dferordentlich merkw\u00fcrdiger Natur, und die Folgerungen. welche er aus seinen Beobachtungen zieht, sind, wie mich d\u00fcnkt, nicht \u00fcber alle Anfechtbarkeit erhaben, so dass mir nicht nur eine Beleuchtung der Mehner-schen S\u00e4tze, sondern auch eine Wiederholung der Versuche \u00fcberhaupt angezeigt erschien. Ich sah mich zu dieser Pr\u00fcfung um so mehr veranlasst, weil ich bei sehr vielen der Versuche, auf welche Mehner seine Schl\u00fcsse gr\u00fcndet, zugegen gewesen bin, mitgesch\u00e4tzt und dabei in Erfahrung gebracht habe, dass in vielen F\u00e4llen meine Sch\u00e4tzungen durchaus andere waren als diejenigen Mehner\u2019s, wie dies Letzterer auch mehrmals in seiner Abhandlung bekundet.\nII.\nEstel und Mehner haben das Gemeinsame, dass sie eine gewisse gesetzm\u00e4\u00dfige Periodicit\u00e4t im Gange der Sch\u00e4tzungsdifferenz /I con-statiren; bei Estel beruht freilich das Periodicit\u00e4tsgesetz mehr auf willk\u00fcrlichen Annahmen, als auf den Ergebnissen der Beobachtung, wie man sofort erkennen wird, wenn man die Estel\u2019schen Zahlen-werthe1 2) n\u00e4her ansieht. Ganz anders liegen die Verh\u00e4ltnisse bei Mehner. Man muss f\u00fcr den ersten Augenblick erstaunen \u00fcber das reine Hervortreten des periodischen Ganges der Sch\u00e4tzungsdiferenz, besonders wenn man die Curve betrachtet, welche diesen Gang ver-\n1)\tFechner, Ueber die Frage des Weber\u2019schen Gesetzes und Periodicit\u00e4ts-gesetzes im Gebiete des Zeitsinns. (Abhandlungen der mathematisch-physischen Classe der Kgl. s\u00e4chs. Gesellschaft der Wissenschaften, Band 13, I). Au\u00dferdem in den \u00bbStudien\u00ab, III, S. 1 ff.\n2)\tEstel, a. a. O. Tab. XII, XIII, XIV.","page":424},{"file":"p0425.txt","language":"de","ocr_de":"Kritisches und Experimentelles \u00fcber den Zeitsinn.\n425\nsinnlicht, und doch kann man, wie ich glaube, bei n\u00e4herem Zusehen einige Bedenken nicht abweisen, welche das Mehner\u2019sche Periodici-t\u00e4tsgesetz nicht als so sicher begr\u00fcndet erscheinen lassen, wie es auf den ersten Anblick der Fall zu sein schien. Diese Bedenken m\u00f6gen zun\u00e4chst hier einen Platz finden.\nEs ist f\u00fcr die folgende Betrachtung n\u00f6thig, dass ich von allen Mehner\u2019schen Zahlen wenigstens die Werthreihe der J gebe, w\u00e4hrend ich den Leser bitten muss, die \u00fcbrigen Zahlen, die sp\u00e4ter noch herangezogen werden m\u00fcssen, bei Mehner selbst aufzusuchen. Aus Mehner\u2019s Tabelle II ergibt sich folgende Doppelreihe, worin sich \u00fcber jedem J die zugeh\u00f6rige Zeit t befindet:\nt\u2014 0,7;\t0,75;\t1,0;\t1,5;\t2,0;\nJ= + 0,00375; \u2014 0,01; \u2014 0,01125; \u2014 0,01625 : \u2014 0,01 ;\n2,1;\t2,15;\n\u2014 0,00375; + 0,00125;\nt =\t2,5;\t2,8;\t3,0;\t3,5 ;\t3,55;\n^ = \u2014 0,035 ; \u2014 0,04 ; \u2014 0,03125 ; \u2014 0,0075 !) ; + 0,00375 ;\n4,0;\t4,2:\n\u2014 0,035;\u20140,04:\nt =\t4,5 ;\t5,0 ;\t5,4;\t5,7;\t6,0;\n4 = \u2014 0,015 ; + 0,00375; + 0,00375 ; + 0,015; + 0,03125 ;\n6,4;\t7,1;\n+ 0,02625; + 0,1479;\nt\u2014\t7,8;\t8,55;\t9,3;\t10,0;\t10,65 ;\n0,055 ; + 0,133125; + 0,07125 ; + 0,1275; + 0,10875 ;\n11,4;\t12,1.\n+ 0,13875; + 0,175.\nDas Erste, was bei Mehner\u2019s Besprechung dieser Werthreihe auff\u00e4llt, ist der eigenth\u00fcmliche Gebrauch der Begriffe Maximum und Minimum. Nach Mehner erreicht n\u00e4mlich die Sch\u00e4tzungsdifferenz im Werthe Jx ein relatives Maximum, falls Jx gr\u00f6\u00dfer ist als seine beiden Nachbarwerthe \u2014i und z/x + i, jedoch sind hierbei die drei Sch\u00e4tzungsdifferenzen ihrem absoluten Betrage nach zu nehmen, d. h. ohne R\u00fccksicht auf ihr Vorzeichen; ganz entsprechend w\u00fcrde Mehner\u2019s\n1) Bei Mehner findet sich: = \u2014 0,075, jedoch wohl nur in Folge eines Druckfehlers, denn beim Berechnen des J ergibt sich der von uns angef\u00fchrte Werth.\n28*","page":425},{"file":"p0426.txt","language":"de","ocr_de":"426\nRichard Glass.\nDefinition f\u00fcr das relative Minimum lauten m\u00fcssen. Ueberdies spricht Mehner noch von einem absoluten Minimum der Sch\u00e4tzungsdifferenz; dasselbe wird erreicht, sobald J\u20140 ist. Diese drei Definitionen gibt zwar Mehner nicht ausdr\u00fccklich, obgleich dies wohl n\u00f6thig gewesen w\u00e4re, da man mit den Begriffen \u00bbrelatives Maximum\u00ab und \u00bbrelatives Minimum\u00ab f\u00fcr gew\u00f6hnlich einen anderen Sinn verbindet, sie folgen aber unmittelbar aus den in seiner Abhandlung niedergelegten Angaben. Es soll nun nicht bestritten werden, dass man im vorliegenden Falle die Begriffe Maximum und Minimum in dieser Weise benutzen darf, da man folgenderma\u00dfen argumentiren kann. Es ist zun\u00e4chst gleichg\u00fcltig, nach welcher Seite hin die Sch\u00e4tzungsdifferenz abweicht, ob sie positiv oder negativ ist ; eine Hauptsache vielmehr ist es, zun\u00e4chst diejenigen Punkte zu ermitteln, f\u00fcr welche J gleich Null wird, sowie diejenigen, f\u00fcr welche es eine relativ gr\u00f6\u00dfte und eine relativ kleinste Abweichung von Null aufweist. Trotzdem werde ich mich dem Vorgehen M e h n e r \u2019 s bei der Betrachtung des Ganges eines dem J entsprechenden Elementes, des constanten Fehlers c, nicht anschlie\u00dfen, da man sonst ziemlich allgemein bei einer Besprechung periodischer Erscheinungen die Begriffe Maximum und Minimum in dem gew\u00f6hnlichen , mathematischen Sinne zu verwenden pflegt. Es soll jedoch hierauf kein Einwand gegen das Mehner\u2019sche Periodicit\u00e4tsgesetz gegr\u00fcndet werden, sondern wir wollen an der Hand der M ehn er\u2019sehen Festsetzungen zur Betrachtung der d-Werthreihe \u00fcbergehen; hierbei sollen der K\u00fcrze wegen diejenigen Zeiten, f\u00fcr welche die Sch\u00e4tzungsdifferenzein Maximum oder ein Minimum erreicht, Hauptzeiten genannt werden; Mehner theilt dieselben noch in zwei Classen: in die Maximalzeiten und in die Minimalzeiten. Als erste Hauptzeit findet Mehner \u00a3=0,714s; sie wird durch ein einfaches Interpolationsverfahren aus den beiden untersuchten Zeiten ?? = 0,7s und t== 0,75s erhalten, wenn man die Zeit sucht, f\u00fcr welche J \u2014 0 ist. Diese Zeit ^ = 0,714 ist die erste Indifferenzzeit (eben weil f\u00fcr sie z/ = 0 ist), sie ist im folgenden stets gemeint, sobald von der Indifferenzzeit schlechthin die Rede ist, und ihre Gr\u00f6\u00dfe m\u00f6ge durch U bezeichnet werden. Die \u00fcbrigen Indifferenzzeiten hat Mehner nicht auf demselben Wege ermittelt, sondern er f\u00fchrt einfach als solche Zeiten noch t\u2014 2,15s ; = 3,55s und 5,0s auf, obgleich f\u00fcr diese Zeiten die Sch\u00e4tzungsdifferenz einen von Null verschiedenen Werth besitzt; nach Mehner gibt es also vier In-","page":426},{"file":"p0427.txt","language":"de","ocr_de":"Kritisches und Experimentelles \u00fcber den Zeitsinn.\n427\ndifferenzzeiten. H\u00e4tte er jedoch ebenso wie fr\u00fcher interpolirt, so w\u00fcrde er. wie man unmittelbar \u00fcbersieht, sechs solche Zeiten erhalten haben. Das Unterlassen der Interpolation beruht wohl auf der Erw\u00e4gung, dass f\u00fcr die zuletzt genannten drei Zeiten die Sch\u00e4tzungsdifferenz nur sehr kleine Werthe annimmt (sie \u00fcbersteigen ja 0,00375s nicht an Gr\u00f6\u00dfe), eine Ueberlegung, welche man nicht ohne weiteres von der Hand weisen kann, deren Consequenzen aber freilich auch gezogen werden m\u00fcssen. Thut man dies, so sind jedenfalls auch t \u2014 2,Is und t= 5,4s in die Reihe der Indifferenzzeiten mit aufzunehmen, und setzt man mit Mehner voraus, dass die Curve, welche den Gang der Sch\u00e4tzungsdifferenz darstellt, aus einer gebrochenen Geraden bestehe, so w\u00fcrde sich sogar eine ganz neue Erscheinung aus den Mehner\u2019schen Beobachtungen ableiten lassen, n\u00e4mlich die Existenz von Indifferenzzonen, von denen sich die erste, kleinere, von 2,Is bis 2,15s, die zweite, gr\u00f6\u00dfere aber von 4,9s bis 5,4* erstreckte. Doch es mag die Zul\u00e4ssigkeit oder Unzul\u00e4ssigkeit jener Annahme \u00fcber den Verlauf des J von einer untersuchten Zeit zur anderen hier nicht zum Gegenstand einer Er\u00f6rterung gemacht, sondern nur festgehalten werden, dass auch die Zeit 5,4s als Indifferenzzeit angesehen werden muss. Diese Zeit ist aber kein ganzes Vielfache der Indifferenzzeit U, sie passt also nicht in das Mehner\u2019sche Periodicit\u00e4tsgesetz. F\u00fcr die Nachbarzeit 5,7S, welche als gerades Vielfache jenem Gesetze gem\u00e4\u00df eine Hauptzeit sein sollte, gilt dies, wie Mehner selbst anf\u00fchrt, nicht, dagegen meint Mehner, die n\u00e4chste Zeit t\u2014 6S sei eine Hauptzeit, denn f\u00fcr sie erreiche die Sch\u00e4tzungsdifferenz ein relatives Maximum. Sehen wir zu, wie dieses Maximum zu Stande kommt. Einfach durch eine Differenz, deren Gr\u00f6\u00dfe f\u00fcnf Tausendtel einer Secunde betr\u00e4gt, denn die unmittelbar folgende Zeit \u00a3=6,4S zeigt ein J, welches von jenem f\u00fcr i=6s nur um den eben angegebenen Werth abweicht; h\u00e4tte sich das Mittel von J f\u00fcr t= 6S um 0,005\" niedriger gestellt, so w\u00fcrde t \u2014 6S die Eigenschaft, Hauptzeit zu sein, verlieren, und alsdann w\u00fcrde auch t= 6,4S aus der Reihe der Hauptzeiten ausscheiden, wie unmittelbar aus der oben angef\u00fchrten Werthreihe hervorgeht. Die Kleinheit jener Gr\u00f6\u00dfe, welche 6S und 6,4s zu Hauptzeiten erhebt, f\u00e4llt an sich schon auf. noch mehr aber, wenn man bemerkt, dass der Unterschied zwischen den Sch\u00e4tzungsdifferenzen f\u00fcr die Zeit 6,4s und die unmittelbar folgende Zeit 7.1s 0,1211s, also ungef\u00e4hr das Vierundzwanzigfache jener Gr\u00f6\u00dfe","page":427},{"file":"p0428.txt","language":"de","ocr_de":"428\nRichard Glass.\nausmacht. Hierzu tritt au\u00dfer anderem noch die Existenz eines Fehlers, mit welchem A, trotzdem es ein Mittelwerth ist, behaftet ist, als ein Moment, welches den Zweifel an der Behauptung, die Zeiten 6S und 6,4s seien Hauptzeiten, erheblich verst\u00e4rkt. Dieser Fehler, der sogenannte wahrscheinliche Fehler, w\u00fcrde nur in dem Falle gleich Null sein, wenn die Anzahl der Beobachtungen unendlich gro\u00df w\u00e4re; er nimmt jetzt einen bestimmten, endlichen Werth an, da Mehner f\u00fcr jede Zeit nur zehn Versuche angestellt hat. Es wird, wie Fechner im Jubelbande der Poggendorff\u2019schen Annalen gezeigt hat, dieser Fehler bestimmt durch die Formel:\n1,195503.2 cf\nW~\u2014-----\nn . y%n \u2014 1\nworin n die Anzahl der Versuche, 2 \u00f4 die Summe aus s\u00e4mmtlichen Abweichungen der Einzelbeobachtungen vom Mittel darstellt. Im vorliegenden Falle sind zwar nicht die einzelnen Abweichungen der beobachteten Sch\u00e4tzungsdifferenzen von der mittleren Sch\u00e4tzungsdifferenz bekannt, wohl aber das Mittel aus diesen Abweichungen, welches Mehner mit d Am bezeichnet hat; dieses d Am ist daher gleich dem\n- unserer Formel, welche deshalb \u00fcbergeht in die andere:\nW\n= 1,196803^4\u00bb = o 27425 . d J\n]/2n \u2014 1\nda n= 10 ist. Setzt man die in der Mehnersehen Tabelle II vorhandenen Werthe f\u00fcr d Am in diese Formel ein, so ergibt sich f\u00fcr t\u2014 6 * der wahrscheinliche Fehler der Sch\u00e4tzungsdifferenz gleich 0,01337, d. h. er ist fast halb so gro\u00df wie diese Sch\u00e4tzungsdifferenz, und f\u00fcr 2 = 6,4S wird w = 0,00514. Diese Gr\u00f6\u00dfenverh\u00e4ltnisse der wahrscheinlichen Fehler und die oben angef\u00fchrten Umst\u00e4nde berechtigen zu dem Schluss, dass das Einf\u00fcgen der beiden Zeiten 6\u00ae und 6,4s in die Reihe der Hauptzeiten der vollkommenen Sicherheit entbehrt.\nWeiter aber sind f\u00fcr die Entscheidung der Frage, ob Mehner\u2019s Periodicit\u00e4tsgesetz wirklich aus den Thatsachen der Beobachtung abgeleitet werden k\u00f6nne, noch die folgenden beiden Punkte nicht ohne Wichtigkeit :\nDie Zeiten \u00fcber 6,4s, welche Mehner untersucht, sind nur ganze Vielfache der Indifferenzzeit U\\ da nun A sicherlich Schwankungen unterworfen ist, so kann es nicht wunder nehmen, dass einige der von ^ = 6,4S ab untersuchten Zeiten abwechselnd als Maximal- und Mini-","page":428},{"file":"p0429.txt","language":"de","ocr_de":"429\nKritisches und Experimentelles \u00fcber den Zeitsinn.\nmalzeiten auftreten, das Zutreffen des Periodicit\u00e4tsgesetzes f\u00fcr Zeiten \u00fcber 6,4s ist demgem\u00e4\u00df noch kein zwingender Beweis f\u00fcr die G\u00fcltigkeit jenes Gesetzes. Und was endlich den Schluss des Gesetzes anlangt, welcher von der Aufhebung der Periodicit\u00e4t handelt, so m\u00f6chte ich mir dazu folgende Bemerkung erlauben : Als letzte Hauptzeit erscheint t= 10,65s, w\u00e4hrend sich die Sch\u00e4tzungen Mehner\u2019s auch noch auf die Zeiten 11,4S und 12, Is erstreckt haben. Weil 11,4S nicht als Hauptzeit auftritt (\u00fcber den Charakter von <=12, Is l\u00e4sst sich nat\u00fcrlich nichts aussagen), folgert Mehner, die Periodicit\u00e4t der Sch\u00e4tzungsdifferenz scheine von dieser Zeit an \u00fcberhaupt aufzuh\u00f6ren, w\u00e4hrend doch hier genau dieselbe Eigenth\u00fcmlichkeit stattfinden k\u00f6nnte, wie in dem Intervall von 5S bis 6S, wo auch die Periodicit\u00e4t des J ein Ende zu nehmen schien, w\u00e4hrend sie sich \u00fcber 6S wieder geltend macht. Fasst man alle diese Bemerkungen zusammen, so gelangt man zu dem Ergebniss :\nObwohl an einem gewissen periodischen Verhalten der Sch\u00e4tzungsdifferenz kaum gezweifelt werden kann, so kann doch Mehner s Begr\u00fcndung seines Periodicit\u00e4tsgesetzes eine gen\u00fcgend sichere nicht genannt werden.\nIm weiteren Verlaufe seiner Untersuchung will Mehner der Fechner\u2019schen Forderung gerecht werden, es sei zu erkl\u00e4ren, woher die Periodicit\u00e4t der Sch\u00e4tzungsdifferenz ihren Ursprung nehme. Fechner unterst\u00fctzt seine Forderung durch die Bemerkung, dass ja z/ nicht direct aus den Versuchen gewonnen, sondern aus mehreren beobachteten Werthen abgeleitet w\u00fcrde. Mehner beginnt die diesbez\u00fcgliche Betrachtung mit den Worten: \u00bbDa z/ in Folge seiner Definition abh\u00e4ngig ist von direct aus den Versuchen gewonnenen Elementen, so ist sein periodischer Character auch auf die Periodicit\u00e4t derselben zur\u00fcckzuf\u00fchren\u00ab (S. 567). Diese Behauptung w\u00fcrde vollkommen correct sein, wenn Mehner statt des \u00bbauch\u00ab ein \u00bbvielleicht\u00ab gesetzt h\u00e4tte, denn erinnert man sich daran, dass\n___ C + tu __f __ d0 du ^\n2 2\nso ist. wenn man bei der zweiten Definitionsgleichung stehen bleibt,\n1) Wir haben einfach z/ statt des Mehnersehen z/m gesetzt, um das *dm sp\u00e4terhin beibehalten zu k\u00f6nnen zur Bezeichnung des mittleren Fehlers. Ebenso haben wir den Index, m unterdr\u00fcckt in den Bezeichungen t0, d0 u. s. w.","page":429},{"file":"p0430.txt","language":"de","ocr_de":"430\nRichard Glass.\nder Fall wohl denkbar, dass die Reihen der d0 und du f\u00fcr sich nur stetig wachsende Gr\u00f6\u00dfen aufweisen, w\u00e4hrend in der Reihe der J eine strenge Periodicit\u00e4t eintritt, wie an folgendem Beispiele ersichtlich ist: erh\u00e4lt d0 nach einander die Werthe: 0,08; 0,11; 0,12; 0,15; 0,16; 0,19; 0,20;.. .und du entsprechend die Werthe: 0,04; 0,05; 0,07; 0,08; 0,10; 0,11; 0,14;... so bemerkt man unmittelbar, dass trotz alledem rein periodisch sich \u00e4ndern w\u00fcrde.\nDie erste Definitionsgleichung f\u00fcr J enth\u00e4lt die Gr\u00f6\u00dfen t0 und tm von ihrem Verlaufe spricht Mehner a. a. O. nicht, er wendet sich vielmehr sofort zur Betrachtung der Gr\u00f6\u00dfen, welche in die zweite Definitionsgleichung des J eingehen, der Unterschiedsschwellen d0 und du, und untersucht, welche Bedingungen diese Schwellen erf\u00fcllen m\u00fcssten, um eine Periodicit\u00e4t des J herbeizuf\u00fchren. Zwei M\u00f6glichkeiten sind in dieser Hinsicht nach Mehner vorhanden: entweder bleibt die eine Unterschiedsschwelle constant, und der undulirende Gang der anderen erzeugt die Periodicit\u00e4t (eine Ansicht, welche mir f\u00fcr den vorliegenden Fall nicht wahrscheinlich erscheint) ; oder die beiden Unterschiedsschwellen \u00e4ndern sich selbst periodisch mit der Indifferenzzeit. Hierbei entgeht ihm jedoch der Umstand, dass aus dem periodischen Verlaufe von d0 und du nicht auf den gleichen Verlauf von // geschlossen werden kann, weil die Sch\u00e4tzungsdifferenz gleich dem halben Unterschiede der beiden Unterschiedsschwellen ist.\nDoch, gehen wir von diesen theoretischen Er\u00f6rterungen zu den Thatsachen selbst \u00fcber. Hier ist von den beiden M\u00f6glichkeiten nur die zweite ins Auge zu fassen und nachzusehen, ob sie vielleicht eintritt. Merkw\u00fcrdigerweise aber besch\u00e4ftigt sich Mehner an dieser Stelle nicht mit der Untersuchung des Ganges von d0 und du, was doch wohl das einzig Angemessene gewesen w\u00e4re, sondern er bespricht den\nVerlauf der Gr\u00f6\u00dfen \u2014\u2014\u25a0 und , welche einerseits in den Aus-\ndruck f\u00fcr J gar nicht eingehen, von denen andererseits aber festzuhalten ist, dass aus einem etwaigen periodischen Verhalten dieser Gr\u00f6\u00dfen durchaus nicht auf dasjenige der Unterschiedsschwellen d0 und ^geschlossen werden kann, da sich der Werth des t fortw\u00e4hrend \u00e4ndert.\nUnd was die Periodicit\u00e4t jener Gr\u00f6\u00dfen selbst angeht, so zeigt \u2014\neinen periodischen Gang, der nicht weiter als bis 7, Is reicht und selbst bis dahin f\u00fcr einige Zeiten nicht mit dem M e hn er\u2019sehen Periodicit\u00e4ts-","page":430},{"file":"p0431.txt","language":"de","ocr_de":"Kritisches und Experimentelles \u00fcber den Zeitsinn.\n431\ngesetz \u00fcbereinstimmt, w\u00e4hrend sich f\u00fcr die Gr\u00f6\u00dfe \u20141Y\" in der Hauptsache nur his 6,4s eine solche Uebereinstimmung herausstellt. Erst viel sp\u00e4ter (auf S. 584) erw\u00e4hnt Mehner, dass d0 und du dieselbe Periodicit\u00e4t wie 4 zeigten, \u00fceberblickt man jedoch die Reihen der d0 und du, so gelangt man sogleich zu der Einsicht, dass diese Behauptung den Beobachtungsergebnissen nur wenig entspricht. Auch bei dieser Gelegenheit kommen wir also wieder zu dem Resultate, dass die Gr\u00f6\u00dfen, welche einen periodischen Verlauf zeigen sollen, wohl zum Theil unter das Mehner\u2019sche Gesetz fallen, zum anderen Theil aber demselben vollkommen widersprechen.\nEine weitere, seinem Gesetze entsprechende Periodicit\u00e4t gewisser Elemente deutet Mehner mit folgenden Worten (auf S. 582) an: \u00bbDa nun die Unterschiedsschwellen d\u201e und du einen undulirenden Charakter\nbesitzen, so m\u00fcssen die Verh\u00e4ltnissschwellen v0 = \u2014 = llhlLi. un(j\nt\tt\nVU ~TU~ T\u2014du e^en^a^s periodisch sein mit der doppelten Indifferenzzeit , und zwar m\u00fcssen sie denselben Verlauf zeigen wie die Gr\u00f6\u00dfen t un<* \\ \u201c\u2022 Mehner behauptet hier einfach, die Unterschiedsschwellen bes\u00e4\u00dfen einen undulirenden Charakter, und deshalb m\u00fcssten v0 und vu periodisch mit der doppelten Indifferenzzeit sein; es m\u00fcsste aber, um diese Angabe als berechtigt erscheinen zu lassen, doch wohl vorher etwas \u00fcber den undulirenden Charakter der Unterschiedsschwellen ausgesagt und insbesondere nachgewiesen sein, dass diese Schwellen periodisch sind mit der doppelten Indifferenzzeit. Ein solcher Nachweis w\u00fcrde eine ebensolche Periodicit\u00e4t f\u00fcr v0 und vu als m\u00f6glich, wohlgemerkt aber nicht als nothwendig erscheinen lassen; wir haben schon oben bemerkt, dass eine derartige Periodicit\u00e4t f\u00fcr die Unterschiedsschwellen, wie sie hier verlangt wird, von Mehner erst an einer sp\u00e4teren Stelle behauptet wird, nach M e h n e r \u2019 s Beobachtungsresultaten aber nicht vorhanden ist. Oder sollte Mehner, indem er von dem undulirenden Charakter der Unterschiedsschwellen spricht,\nnicht diese selbst, sondern die Gr\u00f6\u00dfen 100^\u00b0 und \u2014im Sinn gehabt haben? Sagt er doch selbst am Schl\u00fcsse der angezogenen Stelle, v0 und vu zeigten denselben Verlauf wie --\u00b0/\u00b0 und -Diese letztere Be-\nt\tt","page":431},{"file":"p0432.txt","language":"de","ocr_de":"432\nRichard Glass.\nhauptung ist ganz richtig, sie bietet aber nichts Neues, erst aus den Ergebnissen der Beobachtung Folgendes, denn wie man unmittelbar einsieht, kann man die Gleichung f\u00fcr v0 auch schreiben :\nund daraus geht hervor, dass mit einem gr\u00f6\u00dften oder kleinsten Werthe von auch ein gr\u00f6\u00dfter oder kleinster Werth von v0 verkn\u00fcpft sein muss und umgekehrt. Genau dasselbe gilt in Bezug auf vu und da man die Definitionsgleichung f\u00fcr vu auch darstellen kann in der Form :\nWie wir oben bemerkten, ordnen sich aber die Gr\u00f6\u00dfen ~ und \u2014 nicht in das Mehner\u2019sehe Periodicit\u00e4tsgesetz ein, also werden es\nt\nauch v0 und vu nicht thun, eine Folgerung, die man unmittelbar best\u00e4tigt findet, wenn man die entsprechenden Zahlen aus der Tabelle III zur Vergleichung herbeizieht. Und nicht blo\u00df v0 und vu sollen in der angegebenen Weise periodisch sein, sondern auch ihre Differenz v0\u2014vut wie man aus folgender Stelle der Mehner\u2019sehen Abhandlung (S. 583, 584) entnehmen kann ; es hei\u00dft dort: \u00bbWie ein Blick auf die Tabelle III zeigt, sind dieDifferenzen v0\u2014vu auch viel zu gro\u00df, um durch zuf\u00e4llige Einfl\u00fcsse erzeugt zu werden. Dazu kommt noch der wichtige Umstand, dass auch sie denselben Verlauf zeigen wie J, was allerdings nicht\nwunder nehmen kann, da ja\tund vu = jzij' a^so ^en\nVerh\u00e4ltnissschwellen die beiden periodisch verlaufenden Unterschiedsschwellen enthalten sind\u00ab. Ich will mich hier nicht mit theoretischen Er\u00f6rterungen auf halten, sondern bemerke einfach, dass mich auch in diesem Falle die Zahlen der Tabelle III nicht von der Richtigkeit der Mehner\u2019schen Behauptung \u00fcberzeugen, denn w\u00e4hrend darnach im ganzen nur 17 Maxima resp. Minima (relative und absolute) vorhanden sein d\u00fcrften, kann man in der Tabelle fast die doppelte Anzahl zusammenbringen. Hiermit will ich die Beleuchtung der Angaben Mehner\u2019s \u00fcber die Elemente, welche die bekannte Periodicit\u00e4t besitzen sollen, schlie\u00dfen, und mich noch einmal der Sch\u00e4tzungsdifferenz J zuwenden.","page":432},{"file":"p0433.txt","language":"de","ocr_de":"Kritisches und Experimentelles \u00fcber den Zeitsinn.\n433\nIn dem Abschnitte seiner Arbeit, welchen Mehner \u00bbDie Streitfrage zwischen Feehner und Wundt\u00ab \u00fcberschrieben hat, spielt z\u00ee eine wichtige Rolle ; diese Gr\u00f6\u00dfe w\u00fcrde, wenn Mehner\u2019s Betrachtungen vollst\u00e4ndig richtig w\u00e4ren, und falls sie mit den Thatsachen vollkommen im Einklang st\u00fcnden, zu einer Bedeutung emporgehoben, welche ihr den Primat im Gebiete des Zeitsinnes in der That sicherten. Ehe ich jedoch auf den betreffenden Passus n\u00e4her eingehe, muss ich den unmittelbar vor jener Stelle befindlichen S\u00e4tzen eine kurze Besprechung widmen. Mehner redet n\u00e4mlich auf S. 588 von der Sch\u00e4tzungssicherheit (mittleren Unterschiedsempfindlichkeit), welche definirt wird durch die Gleichung:\nEn\n2 t\nd0 + dM\nt\nD\nund behauptet, \u00bbdass an den vier Indifferenzpunkten, wo abo d e Sch\u00e4tzungsdifferenz gleich Null ist, die obere und untere Unterschiedsschwelle relative Minima erreichen, mithin auch der Sch\u00e4tzungsfehler\n(die mittlere Unterschiedsschwelle) D =\t, dass also an diesen\nPunkten die Genauigkeit der Sch\u00e4tzung relativ am gr\u00f6\u00dften ist. Dass genannte Gr\u00f6\u00dfen an den Indifferenzpunkten absolute Minima erreichen, ist \u00fcbrigens gar nicht n\u00f6thig, da die Sch\u00e4tzungssicherheit nicht gemessen wird durch den einfachen reciproken Werth des Sch\u00e4tzungsfehlers D, sondern durch den Quotienten-^, also durchsein Verh\u00e4ltniss\nzu der zugeh\u00f6rigen Normalzeit\u00ab. Mehner meint also, es sei nicht n\u00f6thig, dass die Gr\u00f6\u00dfen d0, du und D, die drei Unterschiedsschwellen, an den Indifferenzpunkten absolute Minima erreichten, d. h. gleich\nNull w\u00fcrden, weil die Sch\u00e4tzungssicherheit nicht durch , sondern\ndurch\nD\ngemessen w\u00fcrde, oder mit anderen Worten: w\u00fcrde die\nSch\u00e4tzungssicherheit durch^ gemessen, so m\u00fcssten die drei Unterschiedsschwellen absolute Minima erreichen, falls die Sch\u00e4tzungssicherheit an der betreffenden Stelle einen gr\u00f6\u00dften Werth annehmen sollte. Wir bemerken hier sogleich, dass unter dieser Voraussetzung die Sch\u00e4tzungssicherheit einen unendlich gro\u00dfen Werth, ein \u00bbabsolutes Maximum\u00ab erreichen w\u00fcrde; sie erlangte aber auch, weil wir nur endliche Zeiten t untersuchen, denselben Werth, dafern sie nicht gemessen","page":433},{"file":"p0434.txt","language":"de","ocr_de":"434\nRichard Glass.\nw\u00fcrde durch sondern durch in diesem Falle w\u00e4re es also ganz\ngleichg\u00fcltig, welche von beiden Gr\u00f6\u00dfen uns als Ma\u00df f\u00fcr die Sicherheit der Sch\u00e4tzung diente. Beil\u00e4ufig m\u00f6ge nur noch erw\u00e4hnt sein, dass der Fall do \u2014 du=0 f\u00fcr irgend ein t wohl kaum Vorkommen kann.\nIn den angef\u00fchrten S\u00e4tzen behauptet Mehner noch, an den Indifferenzpunkten tr\u00e4ten Minima der oberen und unteren Unterschiedsschwelle ein. F\u00fcr die erste Indifferenzzeit, welche durch blo\u00dfe Rechnung ermittelt worden ist, kann ich diese Behauptung nicht widerlegen, jedenfalls aber ist bei den Werthen, welche die Beobachtung f\u00fcr die Unterschiedsschwellen der Zeiten 0,7s und 0,75s liefert, die M\u00f6glichkeit nicht ausgeschlossen, dass ein Minimum der Unterschiedsschwellen f\u00fcr \u00a3=0,714s nicht einzutreten braucht; denn da nach Mehner\u2019s Tabelle II f\u00fcr t \u2014 0,7 d0 \u2014 0,04, du \u2014 0,0325 und f\u00fcr t\u2014 0,75 d0 = 0,0375, <\u00a3tt= 0,0575 sind, so w\u00e4ren f\u00fcr \u00a3=0,714 d0 = 0,039 und du = 0,039 sehr wohl m\u00f6gliche Werthe der Unterschiedsschwellen, welche zwar 0,714s als Indifferenzzeit erscheinen lie\u00dfen, nicht aber Minima der Unterschiedsschwellen lieferten. F\u00fcr die Zeit \u00a3 = 2,15s aber ist zu constatiren, dass f\u00fcr sie die obere Unterschiedsschwelle kein Minimum erreicht.\nIm Anschluss an die obigen Worte f\u00e4hrt Mehner fort: \u00bbWie nun den relativen Minimis von J relative Maxima der (mittleren) Unterschiedsempfindlichkeit entsprechen, so geh\u00f6ren auch umgekehrt zu den relativen Maximis f\u00fcr erstere relative Minima f\u00fcr letztere, es zeigen also Sch\u00e4tzungsdifferenz und Sch\u00e4tzungsfehler denselben Verlauf, man kann daher von der Gr\u00f6\u00dfe der einen auf die Gr\u00f6\u00dfe des anderen schlie\u00dfen, und somit k\u00f6nnte man ebenso gut wie D auch J als Ma\u00df f\u00fcr die Genauigkeit der Sch\u00e4tzung nehmen\u00ab. Sehen wir zu, ob der Sch\u00e4tzungsdifferenz J wirklich, au\u00dfer ihrer gew\u00f6hnlichen Bedeutung, auch noch die neue, wichtige zukommt, welche ihr Mehner in seinen letzten Worten beilegt. Es ist zuv\u00f6rderst festzustellen, dass den relativen Minimis von z\u00a3, welche nach Mehner eintreten bei den ungeraden Vielfachen der Indifferenzzeit 0,714, durchaus nicht stets Maxima\nder mittleren Unterschiedsempfindlichkeit Em = jj entsprechen, sondern aus seiner Tabelle ergibt sich, dass vier Treffern f\u00fcnf Nichttreffei gegen\u00fcberstehen, und ebenso wenig geh\u00f6ren \u00bbzu den relativen Maximis","page":434},{"file":"p0435.txt","language":"de","ocr_de":"Kritisches und Experimentelles \u00fcber den Zeitsiuu.\n435\nf\u00fcr erstere (die Sch\u00e4tzungsdifferenz) durchg\u00e4ngig Minima f\u00fcr letztere\u00ab (die mittlere Unterschiedsempfindlichkeit), denn es zeigt in dieser Beziehung die Tabelle III vier Treffer und drei Nichttreffer. Mehner verl\u00e4sst nun den Boden der Thatsachen und zieht aus der von ihm behaupteten Relation zwischen der Sch\u00e4tzungsdifferenz z/ und der mittleren Unterschiedsempfindlichkeit Em mehrere Folgerungen, deren erste lautet: die Sch\u00e4tzungsdifferenz z/ und der Sch\u00e4tzungsfehler D haben denselben Verlauf. Diese Folgerung ist, wie wir weiter unten zeigen werden, seihst dann eine gewagte, wenn wirklich die Beziehung zwischen J und Em besteht, welche Mehner annimmt; ihre Richtigkeit wird aber noch weiter in Frage gestellt, wenn man sich die that-s\u00e4chliche Beziehung zwischen J und Em vergegenw\u00e4rtigt. Nehmen wir jedoch einmal mit Mehner an, dass, sobald J ein Minimum erreiche, f\u00fcr = ~ ein Maximum vorhanden sei. Mehner schlie\u00dft\nhieraus, dies sei nur dann m\u00f6glich, wenn zugleich mit J auch D einen kleinsten Werth zeige, ein Schluss, welcher ganz richtig ist, wenn f constant bleibt ; im vorliegenden Falle aber \u00e4ndern sich nicht nur 1) und z/, sondern auch t. und deshalb ist nicht mit jedem Maximum von Em nothwendiger Weise ein Minimum von D verbunden, oder anders und zwar unter Bezugnahme auf die Mehner\u2019sche Voraussetzung ausgedr\u00fcckt: Es ist nicht nothwendig, dass zugleich mit z/ auch D ein Minimum erreiche. Ganz entsprechend ergibt sich, dass es zwar nicht ausgeschlossen, jedoch nicht nothwendig ist, dass D und z/ gleichzeitig einen gr\u00f6\u00dften Werth annehmen. Meine Bedenken betreffs der ersten Mehner\u2019schen Folgerung werden auch durch die Thatsachen unterst\u00fctzt; denn sucht man in der Tabelle III nach, so finden sich unter den D nur acht ausgezeichnete Werthe, w\u00e4hrend doch nach Mehner f\u00fcr z/ 15 Maxima resp. Minima vorhanden sind, und von jenen acht Werthen f\u00e4llt der vierte Theil nicht einmal auf Hauptzeiten ; Sch\u00e4tzungsfehler und Sch\u00e4tzungsdifferenz zeigen also nicht denselben Verlauf.\nDa Mehner meint, es h\u00e4tten die Sch\u00e4tzungssicherheit Em und die mittlere Unterschiedsschwelle (der Sch\u00e4tzungsfehler) einen entsprechenden Gang, d. h. einem Maximum jener Gr\u00f6\u00dfe entspreche ein Minimum dieser, und umgekehrt, und weil er zu dem Schluss gekommen ist, D und J bes\u00e4\u00dfen denselben Verlauf, so gelangt er zu","page":435},{"file":"p0436.txt","language":"de","ocr_de":"436\nRichard Glass.\nder zweiten, wichtigen Folgerung, es k\u00f6nne ebenso gut D wie als Ma\u00df f\u00fcr die Genauigkeit der Sch\u00e4tzung benutzt werden. Weil aber\nund D in Wirklichkeit nicht einen entsprechenden Verlauf aufweisen, so darf neben dem wahren Ma\u00dfe f\u00fcr die Genauigkeit der Sch\u00e4tzung ~ nicht auch D als ebenb\u00fcrtiges Ma\u00df angesehen werden,\nund da ferner Mehner die Benutzung von J als ebensolches Ma\u00df auf den gleichen Verlauf von D und J (Sch\u00e4tzungsfehler nnd Sch\u00e4tzungsdifferenz) gr\u00fcndet, also auf eine Uebereinstimmung, welche thats\u00e4ch-lich nicht besteht, so darf ebenso wenig wie D auch J zu dem in Rede stehenden Zwecke benutzt werden, eine Folgerung, deren Richtigkeit durch die schon erw\u00e4hnte Erscheinung bekr\u00e4ftigt wird, dass nach Mehner\u2019s Tabelle III keinerlei gesetzm\u00e4\u00dfige Beziehung besteht zwischen dem Gange des wahren Ma\u00dfes f\u00fcr die Genauigkeit der Sch\u00e4tzung (JEm) und jenem der Sch\u00e4tzungsdifferenz. Hiermit aber erh\u00e4lt J seine urspr\u00fcngliche Bedeutung zur\u00fcck, indess die neue, welche ihm Mehner noch beilegt, durch die Thatsachen zu wenig gerechtfertigt erscheint.\nIII.\nDiese Unsicherheiten der Mehner\u2019sehen Resultate bewogen mich, an eine neue Reihe von Versuchen heranzutreten. Herr Prof. Wundt hatte die G\u00fcte, mir zu-diesem Zwecke denselben Apparat zur Verf\u00fcgung zu stellen, mit dessen H\u00fclfe Estel und Mehner ihre Beobachtungen ausgef\u00fchrt hatten. Bei der Wahl der Untersuchungsmethode lenkte sich meine Aufmerksamkeit auf die Methode der mittleren Fehler, und zwar aus verschiedenen Gr\u00fcnden, deren wichtigster der folgende ist : Da es sich vornehmlich darum handelt, zu untersuchen, ob wirklich eine gewisse Periodicit\u00e4t im Gange des Sch\u00e4tzungsfehlers vorhanden sei, so wird man eine Methode nicht unber\u00fccksichtigt lassen d\u00fcrfen, welche diesen Fehler unmittelbar aus der Beobachtung liefert. Dies geschieht bei der genannten Methode, w@ jener Fehler als der constante Fehler erscheint. Die Methode der Minimal\u00e4nderungen liefert dagegen jenen Fehler weniger direct, sondern erst mit H\u00fclfe mehrerer durch die Beobachtung zu gewinnender Gr\u00f6\u00dfen. Ferner","page":436},{"file":"p0437.txt","language":"de","ocr_de":"Kritisches und Experimentelles \u00fcber den Zeitsinn.\n437\nf\u00e4llt in\u2019s Gewicht, dass seit Vierordt\u2019s Untersuchungen1) die Methode der mittleren Fehler im Gebiete des Zeitsinnes in ausgedehnterer Weise nicht angewendet worden ist. Dennoch sollte diese Methode gegen\u00fcber derjenigen der Minimal\u00e4nderungen nicht vernachl\u00e4ssigt werden, hat doch erst neuerdings Fechner in seiner \u00bbRevision der Hauptpunkte der Psychophysik\u00ab in \u00fcberzeugender Weise ihre volle Berechtigung dargethan. Endlich m\u00f6chte ich noch als einen Umstand, welcher mir die Methode der mittleren Fehler als ber\u00fccksichtigenswerth erscheinen lie\u00df, den geltend machen, dass hei ihr jeder einzelne Versuch Antwort zu gehen scheint auf die Frage, welche das am n\u00e4chsten liegende Problem des Zeitsinns ausmacht : wie gro\u00df erscheint eine gegebene Zeitstrecke, falls wir sie reproduciren ?\nDer wesentlichste Theil des von mir benutzten Zeitsinnapparates besteht bekanntlich in einem Rade, welches durch ein Uhrwerk in eine gleichf\u00f6rmige Bewegung versetzt werden kann; an dem Radkranze befindet sich ein abw\u00e4rtsgehender Stift, welcher auf die Theil-striche eines in Grade getheilten, mit dem Radkranze concentrischen Kreises weist. Dieser Kreis wird von einem Holzringe getragen, an welchen gleichzeitig die \u00bbAusl\u00f6ser\u00ab angeschraubt werden k\u00f6nnen. Ein anderer f\u00fcr die vorliegenden Versuche wichtiger Theil unseres Apparates ist ein Hebel, welcher den Gang des Uhrwerks augenblicklich zu hemmen gestattet. Will man nach der Methode der mittleren Fehler Versuche anstellen, so kann man nun folgenderma\u00dfen verfahren : Man nimmt zwei Ausl\u00f6ser und befestigt sie soweit von einander, als es der zu untersuchenden Normalzeit entspricht ; alsdann wird das vorher auf seinen richtigen Gang gepr\u00fcfte Uhrwerk in Bewegung gesetzt; hierdurch wird bewirkt, dass der am Rade befindliche Stift w\u00e4hrend einer Umdrehung zweimal durch einen Contact mit den Ausl\u00f6sern f\u00fcr einen Augenblick den Schluss eines elektrischen Stromes erzeugt. Es entstehen so zwei Hammerschl\u00e4ge, deren zeitlicher Abstand das zu sch\u00e4tzende Intervall, die Normalzeit, liefert. Unsere Aufgabe besteht darin, eine andere,\n1) K. Vierordt, DerZeitsinn nach Versuchen. T\u00fcbingen 1868. \u2014 Vierordt untersuchte, soweit seine Beobachtungen f\u00fcr uns in Betracht kommen, nicht einzelne bestimmte Zeiten n\u00e4her, sondern er w\u00e4hlte Normalzeiten, welche sich innerhalb eines Intervalles von 0,25\u00ae im Minimum bewegen ; so hat er in seiner Tabelle A in 35 F\u00e4llen eine Normalzeit von 2,75\u00ae bis 3\u00ae (Mittelwerth 2,832\u00ae), in der n\u00e4chsten Zeile eine solche von 3\u00ae bis 3,5* (Mittelwerth 3,230) in 48 F\u00e4llen u. s. w. ; diese Eigent\u00fcmlichkeit ist unstreitig ein Mangel der Vi e r o r dt \u2019sehen Versuche.","page":437},{"file":"p0438.txt","language":"de","ocr_de":"438\nRichard Glass.\nebenso gro\u00df wie die Normalzeit erscheinende Zeitstrecke, die Fehlzeit, zu bestimmen. Folgt die letztere Zeit unmittelbar auf die erstere, so ist der zweite Hammerschlag nicht nur das Endsignal f\u00fcr die Normalzeit, sondern zugleich das Anfangszeichen f\u00fcr die Fehlzeit. Die Bestimmung der letzteren geschieht alsdann in der Weise, dass man in dem Augenblicke, in welchem man meint, vom Eintritt des zweiten Hammerschlages an sei dieselbe Zeit verflossen wie zwischen dem ersten'-und zweiten Schlage, mittelst des erw\u00e4hnten Hebels das Uhrwerk zum Stehen bringt ; man kann dann unmittelbar ablesen, \u00fcber welchem Theilstriche sich der Metallstift gerade befindet, die Zahl der zwischen dem Standorte des zweiten Ausl\u00f6sers und dem des Stiftes vorhandenen Grade liefert dann mit H\u00fclfe einer leichten, noch zu besprechenden Reduction die Gr\u00f6\u00dfe der Fehlzeitstrecke in Secunden.\nBeim Anstellen der Versuche sa\u00df ich am Apparate, den Zeigefinger der rechten Hand an dem Hebel, und sah zu, bis der Metallstift dem ersten Ausl\u00f6ser nahe gekommen war ; hierauf schloss ich die Augen und h\u00f6rte kurz darauf den ersten Schlag, alsdann den zweiten; nach einer gewissen Zeit, welche mir der Normalzeit gleich zu sein schien, dr\u00fcckte ich ein wenig an den Hebel, und das Uhrwerk stand still. Jetzt erst \u00f6ffnete ich die Augen und nahm die Ablesung vor, \u00fcber welchem Theilstriche sich der Stift befand. Das Schlie\u00dfen der Augen war bei meiner Versuchsanordnung selbstverst\u00e4ndlich noth-wendig, zugleich aber wurde dadurch eine au\u00dferordentliche Concentration der Aufmerksamkeit auf das zu sch\u00e4tzende Intervall herbeigef\u00fchrt. Es m\u00f6ge \u00fcbrigens sogleich an dieser Stelle einer Fehlerquelle gedacht werden, welche namentlich bei den Versuchen, deren Ergebnisse in der Tabelle I niedergelegt sind, eine Tr\u00fcbung der Resultate erzeugt hat. Es macht sich n\u00e4mlich bei der Untersuchung etwas gr\u00f6\u00dferer leerer Zeiten ein pl\u00f6tzliches Auftauchen von Vorstellungsreihen bemerkbar, hervorgerufen, wie mich d\u00fcnkt, durch das Gef\u00fchl der Leere, welches man bei der Sch\u00e4tzung derartiger Zeiten empfindet; dieses Gef\u00fchl verschwindet, je mehr man sich mit der Sch\u00e4tzung gr\u00f6\u00dferer Zeitstrecken befasst, und je mehr man lernt, seine Aufmerksamkeit g\u00e4nzlich auf das zu sch\u00e4tzende Intervall zu concentriren. So kommt es, dass ich bei den in der Tabelle II wiedergegebenen Versuchen fast gar nicht mehr von derartigen St\u00f6rungen heimgesucht worden bin.","page":438},{"file":"p0439.txt","language":"de","ocr_de":"Kritisches und Experimentelles \u00fcber den Zeitsinn.\n439\nDer Einfluss, welchen eine in uns auftretende, uns bewusst werdende Vorstellung auf die Zeitsch\u00e4tzung aus\u00fcbt, ist sehr mannigfaltiger Natur: entweder kommt die Vorstellung ungef\u00e4hr um dieselbe Zeit, zu welcher man das Uhrwerk anzuhalten h\u00e4tte, also kurz vor dem Ende der Fehlzeit, es w\u00e4hrt dann eine kleine Weile, bis jene Vorstellung verschwindet, und so wird die Fehlzeitstrecke gr\u00f6\u00dfer als sie werden sollte; oder es erscheint die Vorstellung nicht allzu lange nach dem zweiten Hammerschlage, mitten in der Fehlzeitstrecke, man wird sie gewahr, unterdr\u00fcckt sie und hemmt dann in der Regel den Gang des Uhrwerks zeitiger, als es sonst der Fall ist, weil man die Zeit, welche das Aufsteigen und das Verschwinden der Vorstellung in Anspruch nimmt, ihrer Gr\u00f6\u00dfe nach zu beurtheilen nicht im Stande ist und sie gr\u00f6\u00dfer annimmt, als sie es in Wirklichkeit ist. Von nicht so schwerwiegendem Einfl\u00fcsse ist es, wenn eine Vorstellungsreihe w\u00e4hrend des Verlaufes der Normalzeit unsere Aufmerksamkeit von dem zu sch\u00e4tzenden Intervalle ablenkt, besonders dann nicht, wenn schon einige Versuche vorhergegangen sind ; in diesem Falle scheint mir das \u00bbZeit-ged\u00e4chtniss\u00ab helfend einzutreten und die Zeit, welche der Normalzeit durch das Kommen und Gehen einer Vorstellung entzogen wird, zu ersetzen. Hat man n\u00e4mlich f\u00fcr eine bestimmte Zeit eine gr\u00f6\u00dfere Anzahl von Versuchen angestellt, so pr\u00e4gt sich diese Zeitstrecke ihrer Gr\u00f6\u00dfe nach dem Bewusstsein ziemlich fest ein, was dadurch beg\u00fcnstigt wird, dass, falls man nach der Methode der mittleren Fehler arbeitet, das Bewusstsein immer dieselbe Zeitstrecke in sich aufnimmt ; dieser Umstand allein hat es mir m\u00f6glich gemacht, dass ich, nachdem f\u00fcr eine gewisse Zeit 50 Beobachtungen angestellt worden waren, f\u00fcr kleinere Zeiten 8 bis 10, f\u00fcr gr\u00f6\u00dfere 4 bis 5 Fehlzeiten hinter einander anzugeben vermochte, welche ganz in den Rahmen der \u00fcbrigen Beobachtungen hineinpassten, ohne dass ich mir zuvor die Normalzeit h\u00e4tte geben m\u00fcssen.\n3\nIch bemerke weiter, dass f\u00fcr jede der untersuchten Zeiten die Zahl der Beobachtungen 100 betr\u00e4gt, welche hinter einander w\u00e4hrend einer Versuchsstunde angestellt wurden. Bei Zeiten unter 4 Secunden war es mir \u00f6fters m\u00f6glich, an demselben Tage zwei verschiedene Normalzeiten zu untersuchen ; um hierbei jedweden Contrasteinfluss hintanzuhalten , habe ich nach dem ersten Hundert von Beobachtungen eine gr\u00f6\u00dfere Pause eintreten lassen, w\u00e4hrend deren ich mich gleich-\nWundt, Philos. Stadien. IV.\too","page":439},{"file":"p0440.txt","language":"de","ocr_de":"440\nRichard Glass.\nzeitig so weit erholte, dass von einer Beeinflussung des zweiten Hunderts von Beobachtungen durch die Erm\u00fcdung nicht die Hede sein kann. Nebenbei sei noch erw\u00e4hnt, dass ich \u00fcberhaupt nur bei gr\u00f6\u00dferen Zeiten und auch dann erst gegen das Ende der Versuchsstunde hin eine leichte Abspannung empfunden habe.\nDa es sich f\u00fcr mich zun\u00e4chst nur um die Controlirung der Mehner\u2019sehen Gesetze handelte, so habe ich, mit den kleinsten Zeiten beginnend und allm\u00e4hlich immer gr\u00f6\u00dfere ins Bereich der Sch\u00e4tzung ziehend, nur diejenigen Zeiten untersucht, welche Mehner mit dem Namen Maximal- resp. Minimalzeiten belegt hat, und welche, wie wir schon oben erw\u00e4hnten, den ganzen Vielfachen der Indifferenzzeit 0,714S gleich sind. Ueberdies wurden noch die Zeiten 0,8* und Is aufgenommen , um vielleicht eine Angabe \u00fcber die Lage des (ersten) Indifferenzpunktes zu erhalten. Dass die Untersuchung bis zur Zeit j(=rl5s ausgedehnt wurde, hat seinen Grund in einem Umstande, auf welchen ich sp\u00e4ter zur\u00fcckkommen werde. Die Versuche wurden angestellt bei einer solchen Geschwindigkeit des Rades, dass dasselbe f\u00fcr eine Umdrehung 18 Secunden n\u00f6thig hatte; damit der Metallstift von einem Theilstrich des Theilkreises zum n\u00e4chsten gelangt, braucht\n18\u00c4 . f er also ----- = 0,05*. Wie wir oben sahen, wird bei den Versuchen die\neinzelne Fehlzeit zun\u00e4chst in Graden abgelesen, man erh\u00e4lt sie, wie unmittelbar einleuchtet, in unserem Falle in Secunden ausgedr\u00fcckt, indem man 0,05* mit der abgelesenen Anzahl von Theilstrichen multi-plicirt.\nDie einzelnen Elemente wurden den Fechner\u2019schen Festsetzungen1) gem\u00e4\u00df berechnet: Bei allen m Versuchen wird die Fehlzeit/ im allgemeinen von der Normalzeit t verschieden sein ; der Unterschied zwischen der Fehl- und der Normalzeit f\u2014 t gibt dann den im allgemeinen noch mit einem constanten Fehler c behafteten rohen Fehler d. Aus allen durch die Beobachtung gelieferten Fehlzeiten zieht man\ndas Mittel \u2014 und bezeichnet es mit F; als Unterschied der einzelnen\nm\nFehlzeiten y von der mittleren Fehlzeit F erh\u00e4lt man die mit J zu bezeichnenden, vom constanten Fehler befreiten reinen variabein Fehler,\n1) Fechner, Revision der Hauptpunkte der Psychophysik, S. 105.","page":440},{"file":"p0441.txt","language":"de","ocr_de":"Kritisches und Experimentelles \u00fcber den Zeitsinn.\n441\nendlich als Mittel der ohne R\u00fccksicht auf ihr Vorzeichen genommenen reinen Fehler den mit zu bezeichnenden reinen mittleren Fehler, dessen reciproker Werth als Ma\u00df f\u00fcr die Unterschiedsempfindlichkeit zu betrachten ist. Die Gr\u00f6\u00dfe des eben erw\u00e4hnten constanten Fehlers c wird durch die Gleichung c = F\u2014 t bestimmt.\nEndlich m\u00f6ge hier noch eine Bemerkung \u00fcber die numerische Berechnung der in der Tabelle I befindlichen Elemente ihre St\u00e4tte finden. Dieselbe geschah f\u00fcr eine gewisse Zeit t in der Weise, dass von den gesammten m \u2014100 Beobachtungen je 10 auf einander folgende zu einer Gruppe vereinigt wurden ; f\u00fcr jede Gruppe wurden dann F. c und Jm bestimmt. Indem man aus den so erhaltenen Werthen das Mittel zog, ergaben sich die Werthe von F. c, 4m, welche in der Tabelle angef\u00fchrt sind, und alsdann wurde die Gr\u00f6\u00dfe der \u00fcbrigen Elemente ermittelt.\nIV.\nTabelle I.\nt\tF\tc\t\t\t4\u00bb t\tt m\tc inProc. von t m\tBeo iiber- wertkige\tZahl der oachtunp voll- wertkige\t'en : umer- wertkige\n0,7\t0,708\t+\t0,008\t0,0464\t0,0663\t15,086\t1,143^\t38\t36\t26\n0,8\t0,7525\t\t0,0475\t0,0473\t0,0590\t16,913\t5,938\t12\t24\t64\n1,0\t0,9375\t\u2014\t0,0625\t0,0571\t0,0571\t17,513\t6,25\t14\t20\t66\n1,5\t1,379\t\t\t0,121\t0,0746\t0,0497\t20,107\t8,07\t4\t17\t79\n\t1,9085\t\t\t0,1915\t0,1211\t0,0577\t17,341\t9,119\t7\t13\t80\n2,8\t2,4125\t\u2014\t0,3875\t0,1474\t0,0527\t18,997\t13,832\t1\t3\t96\n3,5\t3,125\t\t\t0,375\t0,1792\t0,0512\t19,531\t10,714\t3\t5\t92\n4,2\t3,89\t\t\t0,31\t0,2228\t0,0530\t18,847\t7,381\t16\t4\t80\n5,0\t4,8745\t\u2014\t0,1255\t0,2574\t0,0519\t19,425\t2,51\t31\t5\t64\n5,7\t5,2935\t\t\t0,4065\t0,3\t0,0526\t19\t7,132\t19\t4\t77\n6,4\t5,8665\t\t\t0,5335\t0,374\t0,0584\t17,118\t8,336\t15\t5\t80\n7,1\t6,4985\t\u2014\t0,6015\t0,3539\t0,0499\t20,062\t8,472\t12\t3\t85\n7,8\t6,8735\t\t\t0,9265\t0,4091\t0,0524\t19,066\t11,878\t1\t3\t96\n8,5\t7,7785\t\t0,7215\t0,5092\t0,0399\t16,693\t8,488\t14\t4\t82\n9,3\t8,5355\t\t0,7645\t0,4424\t0,0476\t21,022\t8,22\t8\t3\t89\n10,0\t9,7325\t\t0,2675\t0,5064\t0,0506\t19,747\t2,675\t37\t2\t61\n10,7\t9,825\t\t0,875\t0,6223\t0,0582\t17,193\t8,178\t15\t2\t83\n11,4\t10,211\t\t1,189\t0,5874\t0,0515\t19,408\t10,43\t5\t1\t94\n12,0\t10,6885\t\t1,3115\t0,6642\t0,0553\t18,067\t10,93\t4\t2\t94\n12,8\t11,6345\t\t1,1655\t0,704\t0,0550\t18,1818\t9,106\t14\t\u2014\t86\n13,5\t11,845\t\t1,655\t0,7769\t0,0563\t17,763\t11,993\t9\t\u2014\t91\n14,2\t12,505\t\t1,6945\t0,8097\t0,0570\t17,537\t11,933\t9\t1\t90\n15,0\t14,117\t\t0,883\t0,906\t0,0604\t16,556\t5,887\t31\t\t69\n29*","page":441},{"file":"p0442.txt","language":"de","ocr_de":"442\nRichard Glass.\nVon allen in der Tabelle I befindlichen Elementen zieht der constante Fehler c zun\u00e4chst unsere Aufmerksamkeit auf sich , entspricht er doch dem z/, der Sch\u00e4tzungsdifferenz Mehner's. c ist nicht gleich z/, wenn es auch den Unterschied zwischen der Normal- und der Fehlzeit angibt, dies h\u00e4ngt einfach mit der Art und Weise zusammen, wie meine Versuche angestellt wurden. S\u00e4mmtliche Fehlzeiten sind ja etwas zu gro\u00df, und zwar um eine Zeit r, welche f\u00fcr alle t dieselbe ist. Diese Zeit x setzt sich aus mehreren Elementen zusammen, n\u00e4mlich erstens aus jener Zeit, welche vergeht, um von dem Urtheil, dass die Fehlzeit der Normalzeit gleich sei, zu dem Entschluss \u00fcberzugehen, den Gang des Uhrwerks zu hemmen ; dazu kommt zweitens die Zeit, welche n\u00f6thig ist, den Bewegungsimpuls auszul\u00f6sen und bis zum Muskel fortzupflanzen, und drittens wird noch Zeit verbraucht, um den Hebel zu verr\u00fccken, wenn diese letztere Zeit auch nur einen sehr kleinen Bruchtheil einer Secunde betr\u00e4gt. Da alle Fehlzeiten gleichm\u00e4\u00dfig um x zu gro\u00df sind, so wird der constante Fehler in Wahrheit gleich c \u2014 x und also J = c\u2014x sein; weil es mir aber zun\u00e4chst.nur auf den Gang des constanten Fehlers und nicht auf seinen genauen Werth ankommt, so ist es gleichg\u00fcltig, ob bei allen in der Tabelle mit c bezeichneten Werthen eigentlich noch eine bestimmte Gr\u00f6\u00dfe hinzugef\u00fcgt oder hinweggenommen werden m\u00fcsste.\nMustert man nunmehr den Gang des constanten Fehlers, so findet man, dass die Werthe f\u00fcr c nur an wenigen Stellen ein Maximum oder Minimum, diese Begriffe im gew\u00f6hnlichen, mathematischen Sinne genommen, erreichen. Es ergibt sich ein Minimum von c f\u00fcr die Zeiten t \u2014 2,85 ; 7,Ss ; 9,3*; 12*; 14,2*; dagegen findet sich ein Maximum des constanten Fehlers f\u00fcr t= 5*; 8,5*; 10*; 12,8*; 15*. Dieses letztere Maximum k\u00f6nnte als solches wohl angefochten werden, weil t \u2014 15* die letzte untersuchte Zeit ist; sieht man sich jedoch den Verlauf des c n\u00e4her an, so wird man das Maximum von c f\u00fcr t \u2014 15* wohl gelten lassen. Aus den gemachten Angaben geht hervor, dass f\u00fcr meine Zeitsch\u00e4tzung das Mehner\u2019sehe Periodicit\u00e4tsgesetz nicht zu bestehen scheint. Dessen ungeachtet w\u00e4re die Behauptung zu weitgehend, dass in Bezug auf das Erscheinen eines Maximums oder Minimums von c vollkommene Regellosigkeit herrsche, denn nennt man alle die Zeiten, f\u00fcr welche ein Maximum oder ein Minimum von c eintritt, Hauptzeiten, und zwar jene, f\u00fcr welche c ein Maximum erreicht, Hauptzeiten erster","page":442},{"file":"p0443.txt","language":"de","ocr_de":"Kritisches und Experimentelles \u00fcber den Zeitsinn.\n443\nArt. die \u00fcbrigen aber Hauptzeiten zweiter Art. so findet sich die Eigent\u00fcmlichkeit , dass zwischen verschiedenen Hauptzeiten derselben Art eine Differenz von ungef\u00e4hr 5 Secunden besteht, so f\u00fcr die Hauptzeiten 1. Art: 5*\u201410*\u201415*; f\u00fcr die Hauptzeiten 2. Art: 9,3*\u201414,2*; 2,8* -\u2014 7,8*; die Zeit 12,8*, welche nun eigentlich erscheinen sollte, findet sich aber unter den Hauptzeiten erster Art. W\u00e4hrend ich die Beobachtungen anstellte, waren mir nur die Zeiten 5* und 10* als solche erschienen, f\u00fcr welche c ein Maximum erreiche, und ich hielt sie f\u00fcr die einzigen Hauptzeiten erster Art; dieser Umstand bestimmte mich, meine Beobachtungen bis zur Zeit t= 15* zu erstrecken. \u2014 Ein gewisses periodisches Verhalten des c kann also wohl nicht geleugnet werden, aber ein Gesetz vermag man freilich aus dem vorliegenden Beobachtungsmaterial nicht abzuleiten, und das ist auch leicht begreiflich, weil die einzelnen untersuchten Zeiten viel zu weit von einander abstehen ; ich musste daher, um vielleicht doch ein Gesetz f\u00fcr den Gang des con-stanten Fehlers zu erhalten, mit einer neuen Reihe von Versuchen beginnen. Um m\u00f6glichst sichere Resultate zu gewinnen, habe ich die Zahl der zu untersuchenden Zeiten fast auf das Doppelte gebracht, indem ich, die schon untersuchten Zeiten als Grundlage heibehaltend, zwischen dieselben noch neue Zeiten einschob in der Weise, dass diese Zeiten m\u00f6glichst gleich weit von ihren Nachbarzeiten entfernt waren ; hierbei brachte ich noch die Ab\u00e4nderung an, dass ich nur Zeiten sch\u00e4tzte, welche volle Zehntel einer Secunde ausmachten, und weiter bestrebte ich mich, m\u00f6glichst die Zeiten dabei aufzunehmen, welche Mehner schon einer Sch\u00e4tzung unterworfen hatte. Diesen neuen Ergebnissen ist auch noch aus dem Grunde ein gr\u00f6\u00dferes Gewicht beizulegen , weil sich meine Uebung im Zeitsch\u00e4tzen durch die Absol-virung der fr\u00fcheren 2300 Versuche bedeutend erh\u00f6ht hatte; ich bespreche deswegen auch die \u00fcbrigen Elemente der Tabelle I nicht, es wird sich ja bei der nun folgenden Betrachtung der entsprechenden Werthe in der Tabelle II Gelegenheit bieten, auf sie zur\u00fcckzukommen.","page":443},{"file":"p0444.txt","language":"de","ocr_de":"444\nRichard Glass.\nV.\nTabelle IL\nt\tF\tc\t4m\tt\tt\tc in Proe. von t m\tBeo uber- werthige\tZahl der bachtun voll- werthige\t\u00e7en: unter- werthige\n0,7\t0,702\t+ 0,002\t0,0451\t0,0644\t15,521\t0,286X\t34\t31\t35\n0,8\t0,882\t+ 0,082\t0,0553\t0,0632\t15,832\t10,25\t79\t14\t7\n0,9\t0,047\t+ 0,047\t0,0579\t0,0643\t15,544\t5,222\t60\t17\t23\n1,0\t1,0375\t+ 0,0375\t0,0542\t0,0542\t18,450\t3,75\t53\t29\t18\n1,2\t1,218\t+ 0,018\t0,0611\t0,0509\t19,640\t1,5\t47\t21\t32\n1,5\t1,5315\t+ 0,0315\t0,07\t0,0467\t21,429\t2,1\t52\t19\t29\n1,8\t1,8245\t+ 0,0245\t0,0775\t0,0431\t23,226\t1,361\t50\t17\t33\n2,1\t2,099\t\u2014 0,001\t0,0952\t0,0453\t22,059\t0,048\t41\t14\t45\n2,5\t2,555\t+ 0,055\t0,1359\t0,0543\t18,403\t2,2\t55\t11\t34\n2,8\t2,758\t\u2014 0.042\t0,1419\t0,0507\t19,732\t1,5\t39\t10\t51\n3,2\t3,076\t\u2014 0,124\t0,1346\t0,0421\t23,774\t3,875\t25\t6\t69\n3,5\t3,46\t\u2014 0,04\t0,1627\t0,0465\t21,512\t1,143\t38\t9\t53\n3,8\t3,84\t+ 0,04\t0,1777\t0,0468\t21,384\t1,052\t49\t9\t42\n4,2\t3,9795\t\u2014 0,2205\t0,1802\t0,0429\t23,307\t5,25\t15\t6\t79\n4,5\t4,4705\t\u2014 0,0295\t0,1975\t0,0439\t22,785\t0,656\t41\t10\t\u201949\n5,0\t5,009\t+ 0,009\t0,2319\t0,0464\t21,561\t0,18\t50\t5\t45\n5,4\t5,064\t\u2014 0,336\t0,2733\t0,0506\t19,758\t6,22\t22\t6\t72\n5,7\t5,21\t\u2014 0,49\t0,305\t0,0535\t18,688\t8,596\t15\t3\t82\n6,0\t5,509\t\u2014 0,491\t0,2875\t0,0479\t20,869\t8,183\t14\t2\t84\n6,4\t6,0325\t\u2014 0,3675\t0,3147\t0,0492\t20,337\t5,742\t20\t3\t77\n6,7\t6,2375\t\u2014 0,4625\t0,3138\t0,0469\t21,351\t6,903\t12\t4\t85\nbl\t6,869\t\u2014 0,231\t0,3143\t0,0443\t22,59\t3,253\t30\t2\t68\n7,5\t7,3573\t\u2014 0,1425\t0,3536\t0,0472\t21,211\t1,9\t39\t3\t58\n. 7,8\t7,398\t\u2014 0,402\t0,3718\t0,0477\t20,979\t5,154\t24\t2\t74\n3,1\t7,3555\t\u2014 0,7445\t0,3898\t0,0480\t20,779\t9,191\t10\t1\t89\n8,5\t7,836\t\u2014 0,664\t0,466\t0,0548\t18,240\t7,812\t22\t1\t77\n8,8\t8,4385\t\u2014 0,3615\t0,4674\t0,0531\t18,828\t4,108\t31\t1\t68\n9,3\t8,514\t\u2014 0,786\t0,4731\t0,0509\t19,657\t8,452\t14\t1\t85\n9,6\t9,0115\t\u2014 0,5885\t0,4713\t0,0491\t20,369\t6,130\t16\t1\t83\n10,0\t9,986\t\u2014 0,014\t0,5336\t0,0534\t18,740\t0,14\t50\t1\t49\n10,3\t9,6775\t\u2014 0,6225\t0,4786\t0,0465\t21,522\t6,044\t17\t2\t81\n10,7\t9,8855\t\u2014 0,8145\t0,566\t0,0529\t18,904\t7,612\t14\t2\t84\n11,1\t10,2615\t\u2014 0,8385\t0,5018\t0,0452\t22,120\t7,554\t12\t1\t87\n11,4\t10,618\t\u2014 0,782\t0,5966\t0,0523\t19,108\t6,859\t20\t1\t79\n12,0\t10,716\t\u20141,284\t0,678\t0,0565\t17,699\t10,7\t6\t1\t93\n12,5\t11,7365\t\u2014 0,7635\t0,678\t0,0542\t18,437\t6,108\t22\t1\t77 >\n12,8\t11,862\t\u2014 0,938\t0,6436\t0,0503\t19,888\t7,328\t17\t1\t82\n13,1\t11,944\t\u2014 1,156\t0,7247\t0,0553\t18,079\t8,825\t12\t\u2014\t88\n13,5\t12,4895\t\u2014 1,0105\t0,6809\t0,0504\t19,827\t7,486\t12\t1\t87\n13,8\t13,1195\t\u2014 0,6805\t0,916\t0,0664\t15,066\t4,931\t22\t1\t77\n14,2\t13,13\t\u2014 1,07\t0,8291\t0,0584\t17,127\t7,538\t15\t1\t84\n14,6\t13,276\t\u2014 1,324\t0,7801\t0,0534\t18,715\t9,079\t10\t\u2014\t90\n15,0\t14,564\t\u2014 0,436\t0,7569\t0,0505\t19,818\t2,907\t32\t1\t67\n15,4\t14,3755\t\u20141,0245\t0,7812\t0,0507\t19,713\t6,653\t15\t\u2014\t85","page":444},{"file":"p0445.txt","language":"de","ocr_de":"Kritisches und Experimentelles \u00fcber den Zeitsinn.\n445\nLenken wir auch hier wieder unser Augenmerk zuv\u00f6rderst auf den Gang des constanten Fehlers c. Schon hei fl\u00fcchtigem Ansehen ergibt sich gegen fr\u00fcher ein bedeutender Unterschied, denn w\u00e4hrend nach der Tabelle 1 c nur f\u00fcr t= 0,7s einen positiven Werth besa\u00df, findet sich jetzt der constante Fehler positiv bis zur Zeit 1,8s; zwischen dieser und der unmittelbar folgenden Zeit t=2,ls geht der constante Fehler ins negative Gebiet \u00fcber und er bleibt negativ mit Ausnahme der Werthe f\u00fcr die drei Zeiten: 2,5s; 3,8s; 5s, bei welchen ein nochmaliges Uebergreifen in das positive Gebiet stattfindet. Es ist \u00fcberhaupt jetzt der constante Fehler, soweit er nicht gar positiv geworden ist, nach der negativen Seite hin nicht mehr so gro\u00df , als es sich nach der Tabelle I herausgestellt hatte, eine Erscheinung, welche durchaus auf die erlangte gr\u00f6\u00dfere Uebung zur\u00fcckzuf\u00fchren ist. Verfolgt man die Schwankungen des c genauer, so findet man wieder, dass f\u00fcr gewisse Zeiten der constante Fehler ein Maximum erreicht, w\u00e4hrend sich bei anderen Zeiten ein Minimum von c zeigt. Hauptzeiten erster Art sind unserer Tabelle zufolge : t\u2014 0,8s; 1,5s; 2,5s; 3,8s; 5s; 6,4s; 7,5s; 8,8s; 10s; 11,4S; 12,5S; 13,8s; 15s, w\u00e4hrend als Hauptzeiten zweiter Art zu erw\u00e4hnen sind : t = 1,2s; 2,Is; 3,2s; 4,2s; 6s; 6,7s; 8,Is; 9,3s; 11,1*5 12s; 13,Is; 14,6S. Auch hier kann man, ebenso wie wir es oben gethan haben, sowohl aus den Hauptzeiten erster Art als auch aus denen zweiter Art gewisse Gruppen herstellen, deren Glieder einen zeitlichen Abstand von etwa f\u00fcnf Secunden unter einander haben. Diese Gruppen sind: 1,5s\u20146,4s\u201411,4s; 2,5s\u20147,5s\u201412,5s; 3,8s\u20148,8s \u201413,8s; 5S\u201410s\u201415s f\u00fcr die Hauptzeiten erster Art, und f\u00fcr jene zweiter Art: 1,2s\u2014 6S\u201411,Is; 2,Is\u2014[6,7s]\u2014 12,Is; 3,2s\u2014 8,Is\u201413, Is; 4,2s\u20149,Bs\u2014[14,6S]. In diesen Gruppen ist eine einzige Zeit nicht unterzubringen gewesen, die Hauptzeit erster Art t\u2014 0,8s, w\u00e4hrend in die Gruppen der Hauptzeiten zweiter Art die in Klammem stehenden Zeiten zwar nicht ganz hineinpassen, jedoch der betreffenden Gruppe wohl eingereiht werden k\u00f6nnen. Ob die Hauptzeit 0,8s ihre Existenz nicht etwa dem Zufalle verdankt, soll dahingestellt bleiben ; man k\u00f6nnte auf diesen Gedanken kommen, wenn man erw\u00e4gt, dass f\u00fcr t\u2014 0,8s der constante Fehler 10|^ der Normalzeit betr\u00e4gt, ein Procentsatz, der f\u00fcr Zeiten bis 8S hinauf in \u00e4hnlicher Gr\u00f6\u00dfe nicht wiederkehrt. Noch eine Eigenth\u00fcmlichkeit der Hauptzeiten erster Art m\u00f6ge hervorgehoben werden: Alle Hauptzeiten erster Art (immer t= 0,8s ausge-","page":445},{"file":"p0446.txt","language":"de","ocr_de":"446\nRichard Glass.\nnommen) stehen n\u00e4mlich durchschnittlich um 1,25 Secunde von einander ab, so dass die Reihe der wahren Hauptzeiten erster Art die folgende zu sein scheint: 1,25* \u2014 2,5s\u20143,75s\u2014 5S\u2014 6,25s\u20147,5s\u2014-8,75s\u2014 10*\u2014 11,25*\u2014 12,5s\u2014 13,75s\u2014 15s.\nDies durch Versuche zu best\u00e4tigen, w\u00e4re nun eigentlich meine Aufgabe gewesen, doch habe ich mich derselben zun\u00e4chst nicht unterzogen. F\u00fcr mich waren folgende Gr\u00fcnde ausschlaggebend: Einmal schienen mir meine Versuche eine gen\u00fcgend sichere Grundlage f\u00fcr die Reihe der Hauptzeiten erster Art zu liefern, und sodann w\u00fcrde, wenn ich eine nachtr\u00e4gliche Untersuchung der in der zuletzt aufgestellten Reihe befindlichen, aber noch nicht untersuchten Zeiten ausgef\u00fchrt h\u00e4tte, vielleicht die weiter erlangte Uebung auf den Werth des con-stanten Fehlers von Einfluss gewesen sein, ein Einfluss, dessen Gr\u00f6\u00dfe nicht ermittelt werden kann; die alsdann erhaltenen Zahlen f\u00fcr den constanten Fehler w\u00fcrden aber jedenfalls nicht zwischen die in der Tabelle II befindlichen eingereiht werden k\u00f6nnen.\nW\u00e4hrend sich also s\u00e4mmtliche Hauptzeiten erster Art in einer einzigen Gruppe unterbringen lassen, deren Glieder durchschnittlich um 1,25 Secunde von einander abstehen, ist dies f\u00fcr die anderen Hauptzeiten nicht m\u00f6glich gewesen, und diese Besonderheit f\u00fchrt uns unmittelbar zu der Frage, welche Bewandtniss es mit den Hauptzeiten erster Art habe. Aus den am Eing\u00e4nge dieses Abschnittes befindlichen Bemerkungen \u00fcber die Gr\u00f6\u00dfe des constanten Fehlers scheint hervorzugehen, dass im allgemeinen von mir kleine Zeiten \u00fcbersch\u00e4tzt, gr\u00f6\u00dfere aber untersch\u00e4tzt werden, ein Resultat, w'elches ganz mit den V i e r-ordt\u2019sehen Behauptungen zusammenf\u00e4llt, dem Gesetze aber widerspricht , welches Mehner aufstellt, indem er sagt: Kleine Zeiten bis 0,7s erscheinen in der Reproduction vergr\u00f6\u00dfert, mittlere Zeiten von 0,7s bis 5S verkleinert und gro\u00dfe Zeiten oberhalb 5S wiederum vergr\u00f6\u00dfert. Dieses Gesetz ist auch nicht mit Sicherheit aus den Mehnersehen Beobachtungen herzuleiten; denn erstens hat Mehner kleinere Zeiten als 0,7s nicht untersucht, seine Behauptung, dass solche Zeiten \u00fcbersch\u00e4tzt w\u00fcrden, entbehrt also der Begr\u00fcndung, und zweitens lehrt die M e h n e r\u2019sche Tabelle II, dass nicht s\u00e4mmtliche mittlere Zeiten untersch\u00e4tzt werden, da ja f\u00fcr drei derselben die Sch\u00e4tzungsdifierenz gr\u00f6\u00dfer als Null ist. Was die Uebersch\u00e4tzung der Zeiten oberhalb 5 Secunden anlangt, so werde ich sp\u00e4ter noch einmal auf diesen Punkt","page":446},{"file":"p0447.txt","language":"de","ocr_de":"Kritisches und Experimentelles \u00fcber den Zeitsinn.\n447\nzu sprechen kommen; ich bemerke hier nur beil\u00e4ufig, dass Estel ebenfalls Zeiten \u00fcber 5 Secunden untersucht hat, und dass sich bei s\u00e4mmtlichen Beobachtern, deren Sch\u00e4tzungen E s t e 1 in seiner Arbeit!) anf\u00fchrt, f\u00fcr diese Zeiten negative Sch\u00e4tzungsdifferenzen ergaben.\nWir sagten vorhin, es scheine aus den Werthen des constanten Fehlers in der Tabelle II hervorzugehen, dass f\u00fcr kleine Zeiten bis etwa 1 ,Ss eine Uebersch\u00e4tzung stattfinde, und in der That, behaupten zu wollen, dass f\u00fcr jene Zeiten im allgemeinen eine Uebersch\u00e4tzung wirklich eintrete, hie\u00dfe einen Trugschluss ziehen, denn, wie wir fr\u00fcher sahen, ist c nicht der wahre Werth des constanten Fehlers, sondern von jedem Werthe c ist der Werth der Zeit r in Abzug bringen. Ueber die Zusammensetzung der Zeit % ist auf Seite 442 gesprochen worden, es ist mir leider nicht m\u00f6glich, \u00fcber die Gr\u00f6\u00dfe von % etwas auszusagen ;\nsetzen wir jedoch den Fall, dass diese Zeit nicht weniger als Secunde\nbetrage, eine Annahme, welche wohl kaum ungerechtfertigt erscheinen wird, so findet sich, dass unter dieser Voraussetzung nur eine Zeit \u00fcbersch\u00e4tzt wurde, und zwar t=0,8s, alle \u00fcbrigen Zeiten dagegen wurden untersch\u00e4tzt. Die Hauptzeiten erster Art stellen sich dann als jene Zeiten heraus, welche verglichen mit ihren Nachbarzeiten am treusten, am wenigsten verk\u00fcrzt reproducirt wurden. Diese Bevorzugung der Hauptzeiten erster Art muss einen Grund haben, der f\u00fcr die \u00fcbrigen Zeiten hinwegf\u00e4llt, insbesondere auch f\u00fcr die Hauptzeiten zweiter Art. Zwischen zwei Hauptzeiten erster Art muss nat\u00fcrlich irgendwo, und zwar ungef\u00e4hr in der Mitte eine solche zweiter Art liegen, der Zufall spielt aber hierbei offenbar eine bedeutende Bolle, was sich in der Erscheinung spiegelt, dass die Hauptzeiten zweiter Art nicht in einer einzigen Gruppe unterzubringen sind.\nIn der 7. Verticalreihe unserer Tabelle wird der constante Fehler in Procenten der Normalzeit angegeben ; ein stetiges Wachsthum in der Gr\u00f6\u00dfe des Procentsatzes ist darnach unverkennbar, d. h. je gr\u00f6\u00dfer die leere Zeitstrecke ist, welche wir reproduciren sollen, desto gr\u00f6\u00dfer wird im allgemeinen der Procentbetrag, welchen der constante Fehler von dieser Zeit ausmacht, eine Erscheinung, -welche mit der Erfahrung recht gut zusammenstimmt, dass gro\u00dfe Zeiten ganz unverh\u00e4ltnism\u00e4\u00dfig\n1; Estel, a. a. O., S. 41 f.","page":447},{"file":"p0448.txt","language":"de","ocr_de":"448\nRichard Glass.\nzusammenschrumpfen, falls wir sie zu reproduciren versuchen. Im Anschluss hieran gestatte ich mir noch einige Worte \u00fcber die in den Verticalreihen 8, 9 und 10 niedergelegten Angaben. Ich habe diejenigen unter den 100 Beobachtungen f\u00fcr eine Zeit t, welche eine Fehlzeit gr\u00f6\u00dfer als die Hauptzeit lieferten, als \u00fcberwerthige, diejenigen, welche Fehlzeiten gleich t ergaben, als vollwerthige, endlich diejenigen, bei welchen sich die Fehlzeit kleiner als die Hauptzeit herausstellte, als unterwerthige Beobachtungen bezeichnet, und in den erw\u00e4hnten Columnen sind f\u00fcr jede Zeit die Zahlen der \u00fcber-, voll- und unter-werthigen Beobachtungen angezeigt. Aus diesen Angaben geht hervor , dass die Anzahl der \u00fcber- und unterwerthigen Beobachtungen einer fortw\u00e4hrenden Schwankung unterworfen ist ; gegen\u00fcber den in der Tabelle I befindlichen Zahlen zeigt sich, dass im allgemeinen die Zahl der \u00fcberwerthigen Beobachtungen eine gr\u00f6\u00dfere geworden ist, eine Folge der gr\u00f6\u00dferen Uebung. Die Zahl der vollwertigen Beobachtungen bewegt sich im ganzen in absteigender Linie ; dies kann nicht befremden, wenn man ber\u00fccksichtigt, dass der Spielraum, welcher f\u00fcr die einzelnen Fehlzeiten vorhanden ist, mit wachsender Zeit immer gr\u00f6\u00dfer und damit die Wahrscheinlichkeit f\u00fcr das Eintreffen einer vollwertigen Beobachtung eine immer geringere wird.\nVI.\nIch komme jetzt zu einem Punkte meiner Betrachtung, welcher mir der wichtigste \u00fcberhaupt zu sein scheint, zur Beantwortung der Frage, oh im Gebiete des Zeitsinnes das Webersehe Gesetz g\u00fcltig sei oder nicht. Gilt es, so ist dies nicht nur eine an sich erfreuliche Ausdehnung des Gesetzes auf ein neues Gebiet, sondern es ist dies auch f\u00fcr das Gesetz selbst von allergr\u00f6\u00dfter Bedeutung.\nDie Empfindungen, f\u00fcr welche die G\u00fcltigkeit des Weber\u2019schen Gesetzes bis jetzt nachgewiesen worden ist, sind solche, welche fast tagt\u00e4glich in uns auftreten, denen wir also, sobald wir sie einer n\u00e4heren Untersuchung unterwerfen, als alten Bekannten gegen\u00fcberstehen ; ganz anders verh\u00e4lt es sich mit unserem Zeitbewusstsein. Wer kommt \u00f6fter in die Lage, eine Zeitsch\u00e4tzung ausf\u00fchren zu m\u00fcssen? Gewiss nur bei Wenigen wird dies der Fall sein. Aber selbst wenn von uns Zeiten gesch\u00e4tzt werden, so sind es doch in der Hegel Zeiten, innerhalb deren","page":448},{"file":"p0449.txt","language":"de","ocr_de":"Kritisches und Experimentelles \u00fcber den Zeitsinn.\n44$\nverschiedene Ereignisse statt haben, welche oftmals einen Anhaltepunkt f\u00fcr die Zeitsch\u00e4tzung gew\u00e4hren ; im vorliegenden Falle dagegen handelt es sich um leere Zeiten und deren Sch\u00e4tzung. Wie fremdartig muss das\u201eBewusstsein ber\u00fchrt werden, welche Schwierigkeiten werden sich also aufth\u00fcrmen, sobald wir mit leeren Zeitstrecken experimentiren ! Stellt sich trotz alledem heraus, dass auch f\u00fcr unser Zeitbewusstsein das Weber\u2019sche Gesetz, wenigstens in starker Ann\u00e4herung, gilt, so ist diese Thatsache, wie ich glaube, von hoher Wichtigkeit f\u00fcr das ganze Gesetz, indem so recht klar der fundamentale Charakter desselben hervortritt.\nBisher hat man angegeben, das W ebe r\u2019sche Gesetz gelte entweder gar nicht im Gebiete des Zeitsinnes (Estel), oder es fange von etwa 7,1 Secunden ab an sich Geltung zu verschaffen (Mehner). Ich m\u00f6chte von meinen Beobachtungsergebnissen behaupten, dass sie in viel h\u00f6herem Grade f\u00fcr die volle G\u00fcltigkeit des Weher\u2019sehen Gesetzes im Gebiete des Zeitsinnes als gegen dieselbe sprechen, und m\u00f6chte, um diese Behauptung als begr\u00fcndet erscheinen zu lassen, die Aufmerksamkeit auf folgende Gesichtspunkte lenken : Bekanntlich ist die nothwendige und hinreichende Bedingung daf\u00fcr, dass das W ebe r\u2019sche Gesetz zu Recht\nbestehe, die Constanz von \u2014 , der mittleren Unterschiedsempfindlich-\nkeit, f\u00fcr alle t, und diese Bedingung ist nicht erf\u00fcllt, wenn man einfach die 6. Verticalreihe der Tabelle II betrachtet, in welcher die\nWerthe f\u00fcr eingezeichnet sind; es treten in dieser Werthreihe\nSchwankungen auf, die kaum zuf\u00e4llige sein k\u00f6nnen, denn schon nach Tabelle I ergibt sich f\u00fcr die mittlere Unterschiedsempfindlichkeit ein \u00e4hnlicher Verlauf, freilich mit anderen, durchg\u00e4ngig kleineren W erthen, und dies gerade f\u00fchrt uns auf einen Umstand hin, welcher es unm\u00f6glich macht, eine vollkommene Constanz f\u00fcr die mittlere Unterschiedsempfindlichkeit zu erhalten. Die Vergr\u00f6\u00dferung der Werthe von\nnach Tabelle II hat ihren ausschlie\u00dflichen Grund in der bedeutend vermehrten Uebung im Zeitsch\u00e4tzen ; erw\u00e4gt man dies, und bedenkt man, dass gr\u00f6\u00dfere Zeiten viel mehr Schwierigkeiten f\u00fcr die Sch\u00e4tzung darbieten als kleinere, so kann es nicht wunderbar erscheinen, dass\nmit wachsender Zeit der Werth von -4- immer mehr sinkt. Dieses","page":449},{"file":"p0450.txt","language":"de","ocr_de":"450\nRichard Glass.\nSinken w\u00fcrde nur vermieden werden k\u00f6nnen, wenn man im Stande w\u00e4re, mit einer bedeutend verst\u00e4rkten Uebung an die Sch\u00e4tzung gr\u00f6\u00dferer Zeiten heranzutreten ; man wird sich deshalb zufrieden geben m\u00fcssen, wenn nur f\u00fcr ein engeres Gebiet die geforderte Constanz vorhanden ist. Aber selbst f\u00fcr derartige Gebiete zeigen sich immer noch Schwankungen in der Gr\u00f6\u00dfe der mittleren Unterschiedsempfindlichkeit. Diese Schwankungen erscheinen aber begreiflich, wenn man bedenkt, dass die einzelnen Zeiten an verschiedenen Tagen, also streng genommen gar nicht von demselben Bewusstsein untersucht worden sind. Die verschiedensten Zuf\u00e4lligkeiten k\u00f6nnen somit auf die Gr\u00f6\u00dfe der Unterschiedsempfindlichkeit von Einfluss gewesen sein, so dass also eine Constanz der mittleren Unterschiedsempfindlichkeit f\u00fcr die s\u00e4mmt-lichen t's verlangen in Wahrheit wohl etwas Unm\u00f6gliches verlangen hei\u00dft. Aber weiter wird noch ein Grund f\u00fcr die vorhandenen Schwankungen offenbar, wenn man die f\u00fcr die verschiedenen Zeiten gewonnenen Einzelbeobachtungen durchmustert. Der Theorie nach liegen die Fehlzeiten, welche f\u00fcr die Normalzeit t m\u00f6glich sind, zwischen t-\\-d0 und t\u2014dw falls d0 die obere, du die untere Unterschiedsschwelle f\u00fcr die Zeit t angibt, und zwar gleichm\u00e4\u00dfig vertheilt \u00fcber das ganze Intervall. In Wirklichkeit aber findet eine solche gleichm\u00e4\u00dfige Verbreitung nicht statt, sondern innerhalb des angedeuteten Gebietes zeigen sich an gewissen Stellen Anh\u00e4ufungen von Einzelbeobachtungen, w\u00e4hrend andere Stellen als geradezu vernachl\u00e4ssigt erscheinen. Solche Anh\u00e4ufungen treten besonders auf in der N\u00e4he der Hauptzeiten erster Art, d. h. als Fehlzeiten erscheinen besonders oft Werthe, welche ungef\u00e4hr einer Hauptzeit erster Art gleich sind. Das Gesagte wird an einem Beispiele anschaulicher werden. Aus einem leicht ersichtlichen Grunde w\u00e4hle ich zun\u00e4chst dazu die Zeit t= 13,8*. Hier treten nach meinen Aufzeichnungen unter den 100 Beobachtungen 25 auf, welche sich um die Hauptzeit 12,5*, 14, welche s;ch um die Hauptzeit 13,8*, endlich 16, welche sich um die Hauptzeit 15* gruppiren, d. h. welche um 0,1 und h\u00f6chstens um 0,2 Secunde vom Werthe der angegebenen Hauptzeiten abweichen ; fast alle \u00fcbrigen Beobachtungen fallen zwischen die angegebenen Hauptzeiten hinein. Bei der n\u00e4chsten untersuchten Zeit 14,2* zeigen sich dieselben drei Hauptzeiten als Fehlzeitencentren, jedoch ist <=12,5* nur halb so stark vertreten als vorhin, die Zahl der Beobachtungen, welche ungef\u00e4hr 13,8* als Fehlzeit ergeben, betr\u00e4gt","page":450},{"file":"p0451.txt","language":"de","ocr_de":"Kritisches und Experimentelles \u00fcber den Zeitsiun.\n451\n20, endlich ist ungef\u00e4hr t= 15s die Fehlzeit bei zw\u00f6lf Beobachtungen. Diese ungleichm\u00e4\u00dfige Vertheilung der einzelnen Fehlzeiten \u00fcber das Intervall von t \u2014 du bis t + d0 bringt es mit sich, dass die Gr\u00f6\u00dfe des mittleren Fehlers Jm St\u00f6rungen unterworfen ist, welche sich wiederspiegeln im Verlaufe der mittleren Unterschiedsempfindlichkeit ~ ;\ndiese Vertheilung l\u00e4sst, wie ich glaube, die nicht allzu bedeutende Variabilit\u00e4t der mittleren Unterschiedsempfindlichkeit seihst in engeren Gebieten erkl\u00e4rlich erscheinen.\nEndlich muss ich noch auf einen weiteren Punkt aufmerksam machen. F\u00fcr die kleinen Zeiten 0,7s; 0,8s; 0,9s hat \u2014auffallend\nkleine Werthe, der mittlere Fehler ist also hier verh\u00e4ltnissm\u00e4\u00dfig zu gro\u00df gewesen ; auch f\u00fcr diese Erscheinung ist, so d\u00fcnkt mich, ein Erkl\u00e4rungsgrund vorhanden. Wird hei diesen kleinen Zeiten mit H\u00fclfe der Methode der mittleren Fehler gearbeitet, so gewinnt man manchmal die Ueberzeugung, dass in Folge irgend welches Umstandes die Fehlzeit etwas zu gro\u00df ausgefallen ist, man will diesen Fehler in Zukunft vermeiden , man spannt deshalb die Aufmerksamkeit besonders stark an und bewirkt so leicht, dass man den Gang des Uhrwerks zu fr\u00fchzeitig hemmt. Dieses Spiel des zu sp\u00e4ten und zu fr\u00fchzeitigen Hemmens wiederholt sich noch ein paar Mal und auf diese Weise wird der mittlere Fehler etwas zu gro\u00df, eine Vergr\u00f6\u00dferung, welche eben der Kleinheit der untersuchten Zeiten wegen von bedeutendem Einfluss auf den\nWerth der Unterschiedsempfindlichkeit ~ ist.\nBer\u00fccksichtigt man das bisher Gesagte, so ist man meiner Ansicht nach zu dem Schl\u00fcsse berechtigt, dass das Weber\u2019sche Gesetz wahrscheinlich auch in dem Gebiete des Zeitsinnes Geltung besitzt. Dieser Schluss erscheint um so gerechtfertigter, wenn man sich eines Analogons aus dem Bereiche der Physik erinnert. Ein solches findetmanbeispiels-weise in dem Mariotte\u2019schen Gesetze. Wie durch eingehende Versuche dargethan worden ist, gilt dasselbe nicht in aller Strenge f\u00fcr die Gase, sondern es zeigt f\u00fcr dieselben einzelne, zum Theil sogar recht betr\u00e4chtliche Abweichungen ; dessen ungeachtet hat man das Mari-otte\u2019sche Gesetz als solches bestehen lassen, man nimmt an, es sei g\u00fcltig, und zwar streng g\u00fcltig f\u00fcr ein ideales Gas und betrachtet es als ein Idealgesetz ; das Gesetz hat aber dadurch an Bedeutung nichts","page":451},{"file":"p0452.txt","language":"de","ocr_de":"452\nRichard Glass.\n\u00abingeb\u00fc\u00dft. Ebenso wird man auch das Ernst Heinrich \\Veher\u2019sehe Grundgesetz als ein Idealgesetz auffassen m\u00fcssen, das in der Welt der Erscheinungen nicht in seiner vollen Reinheit zu Tage treten kann, dessen fundamentaler Charakter f\u00fcr das Gebiet der Psychophysik sich aber wohl immer mehr herausstellen wird.\nVII.\nEs ist endlich noch die Frage zu entscheiden, ob die auf S. 445 f. als die wahren Hauptzeiten erster Art aufgestellten Zeiten wirklich die behauptete Eigenth\u00fcmlichkeit besitzen. Zu dem Ende musste mit einer dritten Versuchsreihe begonnen werden, in welcher diese Hauptzeiten als Fundamentalzeiten zu benutzen waren. Die \u00fcberdies noch zu sch\u00e4tzenden Zeiten konnten, da keinerlei R\u00fccksichtnahme auf fr\u00fchere Versuche mehr n\u00f6thig war, so gew\u00e4hlt werden, dass man im ganzen eine Reihe gleich weit von einander abstehender Zeiten erhielt ; als Abstand zweier Nachbarzeiten bot sich im vorliegenden Falle ganz ungezwungen die Zeit 0,25 Secunden dar', trifft man diese Wahl, so hat man nicht nur den Vortheil, \u00e4quidistante Zeiten untersuchen zu k\u00f6nnen, sondern man erzielt, weil dieser Abstand gegen\u00fcber demjenigen bei der vorhergehenden Versuchsreihe bedeutend kleiner ist [0,25 gegen durchschnittlich 0,36s fr\u00fcher] noch den weiteren Gewinn, dass ein Entgehen einer Hauptzeit noch weit unwahrscheinlicher wird. Die Ergebnisse meiner Sch\u00e4tzung sind in der folgenden Tabelle enthalten.\nAuch hier soll wieder der constante Fehler und sein Gang der erste Gegenstand unserer Betrachtung sein. Vergleicht manzun\u00e4chst das Vorzeichen der constanten Fehler aus der vorliegenden Tabelle III mit den entsprechenden Werthen nach der Tabelle II, so ergibt sich vollkommene Uebereinstimmung bis auf den constanten Fehler t= 5 ; derselbe betr\u00e4gt jetzt \u2014 0,04*, w\u00e4hrend er fr\u00fcher gleich-]- 0,009s gefunden worden ist ; diese Verschiedenheit liegt aber, so meine ich, doch zu sein; in der Natur des zu untersuchenden Gegenstandes begr\u00fcndet, als dass es noch einer besonderen Erkl\u00e4rung daf\u00fcr bed\u00fcrfte ; und betrachtet man noch die Gr\u00f6\u00dfe der einzelnen constanten Fehler, so folgt eigent lieh nur f\u00fcr die vier ersten Zeiten eine wirkliche Werth\u00e4nderung jenes Fehlers, f\u00fcr diese Zeiten ist c n\u00e4mlich etwas gewachsen ; f\u00fcr die meisten anderen Zeiten ist der Unterschied zwischen den Werthen des constanten Fehlers nach den Tabellen II und III ein kaum nennenswerther.","page":452},{"file":"p0453.txt","language":"de","ocr_de":"kritisches und Experimentelles \u00fcber den Zeitsinn.\n453\nTabelle III.\nt\tF\tc\t\tAn\tAn t\tt\tc in Proc. von t m\tZahl der Beobachtungen :\t\t\n\t\t\t\t\t\t\t\t\u00fcber- werthige\tvoll- wertbige\tunter- wertbige\n0,75\t0,8785\t+\t0,1285\t0,041\t0,0547\t18,293\t17,133X\t98\t2\t\t\n1,0\t1,117\t+\t0,117\t0,0504\t0,0504\t19,841\t11,7\t92\t6\t2\n1,25\t1,335\t+\t0,085\t0,0557\t0,0446\t22,442\t6,8\t78\t20\t2\n1,5\t1,5755\t+\t0,0755\t0,0664\t0,0443\t22,590\t5,033\t69\t15\t16\n1,75\t1,78\t+\t0,03\t0,0782\t0,0447\t22,378\t1,691\t48\t18\t34\n2,0\t2,017\t+\t0,017\t0,085\t0,0425\t23,530\t0,85\t44\t18\t38\n2,25\t2,2195\t\u2014\t0,0305\t0,0908\t0,0404\t24,780\t1,356\t34\t17\t49\n2,5\t2,514\t+\t0,014\t0,1026\t0,0410\t24,366\t0,56\t46\t14\t40\n2,75\t2,637\t\t0,113\t0,1187\t0,0432\t23,167\t4,1\t19\t12\t69\n3,0\t2,827\t\u2014\t0,173\t0,1377\t0,0459\t21,787\t5,767\t16\t4\t80\n3,25\t3,03\t\u2014\t0,22\t0,1505\t0,0463\t21,595\t6,769\t11\t7\t82\n3,5\t3,4105\t\u2014\t0,0895\t0,1606\t0,0459\t21,795\t2,557\t32\t6\t62\n3,75\t3,7815\t-I-\t0,0315\t0,1589\t0,0424\t23,600\t0,84\t46\t10\t44\n4,0\t3,923\t\t0,077\t0,1748\t0,0437\t22,883\t1,925\t36\t5\t\n4,25\t4,03\t\u2014\t0,22\t0,2029\t0,0477\t20,947\t5,177\t18\t10\t72\n4,5\t4,2\t\u2014\t0,3\t0,2177\t0,0484\t20,671\t6,667\t16\t2\t82\n4,75\t4,5465\t\u2014\t0,2035\t0,2366\t0,0498\t20,076\t4,284\t27\t5\t68\n5,0\t4,9565\t\u2014\t0,0435\t0,2461\t0,0492\t20,317\t0,87\t42\t4\t54\n5,25\t5,0335\t\u2014\t0,2165\t0,2576\t0,0491\t20,380\t4,124\t28\t2\t70\n5,5\t5,0995\t\u2014\t0,4005\t0,2559\t0,0465\t21,493\t7,282\t11\t2\t87\n5,75\t5,2915\t\u2014\t0,4585\t0,2779\t0,0483\t20,691\t7,974\t12\t2\t86\n6,0\t5,566\t\u2014\t0,434\t0,2913\t0,0486\t20,597\t7,233\t14\t2\t84\n6,25\t6,0395\t\u2014\t0,2105\t0,3078\t0,0492\t20,305\t3,368\t32\t4\t64\n6,5\t6,1415\t\u2014\t0,3585\t0,3252\t0,0500\t19,988\t5,515\t18\t4\t78\n6,75\t6,246\t\u2014\t0,504\t0,3121\t0,0462\t21,628\t7,467\t10\t4\t86\n7,0\t6,3635\t\u2014\t0,6365\t0,342\t0,0489\t20,468\t9,093\t9\t\u2014\t91\n7,25\t6,7805\t\u2014\t0,4695\t0,343\t0,0473\t21,137\t6,476\t17\t3\t80\n7,5\t7,1955\t\u2014\t0,3045\t0,3769\t0,0503\t19,899\t4,06\t29\t4\t67\n7,75\t7,3055\t\u2014\t0,4445\t0,3711\t0,0479\t20,884\t5,735\t17\t4\t79\n8,0\t7,3735\t\u2014\t0,6265\t0,4044\t0,0506\t19,782\t7,831\t13\t2\t85\n8,25\t7,59\t\u2014\t0,66\t0,3934\t0,0477\t20,971\t8\t10\t2\t88\n8,5\t7,883\t\u2014\t0,617\t0,4148\t0,0488\t20,492\t7,259\t13\t1\t86\n8,75\t8,389\t\u2014\t0,361\t0,3896\t0,0445\t22,459\t4,126\t25\t1\t74\n9,0\t8,4725\t\u2014\t0,5275\t0,4252\t0,0472\t21,167\t5,861\t18\t1\t81\nAus den Angaben \u00fcber die Gr\u00f6\u00dfe des constanten Fehlers geht hervor, dass kleine Zeiten \u00fcbersch\u00e4tzt werden; betr\u00e4gt die Zeit % Se-\ncunde, wie wir fr\u00fcher (vgl. S. 447) annahmen, so w\u00fcrde die Ueber-sch\u00e4tzung sich bis zur Zeit t \u20141,5\u00ae erstrecken, ja bei den vorliegenden Beobachtungsresultaten w\u00fcrde f\u00fcr Zeiten \u00fcber 1,5\u00ae auch dann noch\nkeine Uebersch\u00e4tzung zu constatiren sein, wenn x nur -.j- einer Secunde","page":453},{"file":"p0454.txt","language":"de","ocr_de":"454\nRichard Glass.\nausmachte ; gr\u00f6\u00dfere Zeiten werden untersch\u00e4tzt und zwar untersch\u00e4tzt in steigendem Ma\u00dfe.\nWas weiter den Gang des constanten Fehlers anlangt, so m\u00f6ge derselbe zuv\u00f6rderst graphisch dargestellt werden. Benutzt man zu dem Ende die einzelnen Zeitstrecken als Abscissen, die zugeh\u00f6rigen constanten Fehler als Ordinaten, und w\u00e4hlt man den Ma\u00dfstab f\u00fcr die Or-dinaten zehnmal so gro\u00df als den f\u00fcr die Abscissen, so erh\u00e4lt man, wenn man noch die Endpunkte der Ordinaten durch gerade Linien unter einander verbindet, folgende gebrochene Gerade als Bild f\u00fcr den Verlauf des constanten Fehlers :\nAus unserer Tabelle und auch aus unserer Figur ergeben sich unmittelbar als Hauptzeiten erster Art die Zeiten t= 2,5 ; 3,75; 5; 6,25; 7,5; 8,75; und das sind nichts weiter als die ganzen Vielfachen der Zeit 1,25*, oder anders ausgedr\u00fcckt: es sind dies die Zeiten, welche fr\u00fcher als die wahren Hauptzeiten erster Art bezeichnet wurden. Dass die Zeit 1,25* selbst in dieser Reihe nicht vorkommt, kann auffallen; dieses Vorkommniss scheint anzudeuten, dass nur bei gr\u00f6\u00dferen Zeiten der die Periodicit\u00e4t hervorrufende Factor in Th\u00e4tigkeit tritt, w\u00e4hrend hei dieser kleinen Zeit die Sch\u00e4tzung eine directe, von jenem Factor","page":454},{"file":"p0455.txt","language":"de","ocr_de":"Kritisches und Experimentelles \u00fcber den Zeitsinn.\n455\nunbeeinflusste ist. Oder sollte die auffallend gro\u00dfe Zahl von voll-werthigen Sch\u00e4tzungen (Gleichsch\u00e4tzungen) f\u00fcr die Zeit 1,25s (20 gegen\u00fcber 15 und 6 hei den Nachbarzeiten) die Stelle des Maximums von c vertreten?\nZwischen den Hauptzeiten erster Art finden sich folgende zweiter Art : Z=3,25 ; 4,5 ; 5,75; 7; 8,25. W\u00e4hrend fr\u00fcher f\u00fcr diese Hauptzeiten jedwede Gesetzm\u00e4\u00dfigkeit mangelte, tritt jetzt der beachtens-werthe Umstand ein, dass auch f\u00fcr sie der gegenseitige Abstand !,25s betr\u00e4gt, und dass sie sich darstellen lassen durch den Ausdruck m. 1,25^\u20140,5S, wobei m \u2014 3, 4, 5, 6, 7 zu setzen ist. Diese Eigenth\u00fcm-lichkeit der Hauptzeiten zweiter Art liegt wohl einerseits haupts\u00e4chlich in der Anordnung der Versuche begr\u00fcndet. Es folgen n\u00e4mlich auf jede Hauptzeit erster Art bis zur n\u00e4chsten Hauptzeit erster Art vier Nebenzeiten; der constante Fehler sinkt nun, wenn wir von der ersten Hauptzeit ausgehen, immer mehr, er w\u00fcrde also bei der vierten Nebenzeit den tiefsten Standpunkt erreichen, wenn sich nicht bei dieser Zeit schon der Einfluss der unmittelbar folgenden Hauptzeit erster Art geltend machte, und so kommt es, dass der gr\u00f6\u00dfte negative constante Fehler stets bei der dritten Nebenzeit, deren Gr\u00f6\u00dfe durch m. l,25s\u2014 0,5s dargestellt werden kann, zu finden ist ; andererseits ist zu bemerken, dass die Differenzen, welche die Hauptzeiten zweiter Art erzeugen, zum Theil zu klein sind, als dass mit Sicherheit auf den Charakter jener Zeiten als Hauptzeiten zweiter Art geschlossen werden k\u00f6nnte.\nEndlich m\u00f6ge noch erw\u00e4hnt werden, dass auch die vorliegenden Versuche zu Gunsten des W eber\u2019schen Gesetzes zu sprechen scheinen ; die Unterschiedsempfindlichkeit ist fast genau dieselbe geblieben, die einzelnen Abweichungen gegen\u00fcber den Angaben der Tabelle II k\u00f6nnen kein Befremden erregen, besonders wenn man erw\u00e4gt, wie viele Einfl\u00fcsse, die uns v\u00f6llig unbekannt sind und bleiben, bei psychophysischen Untersuchungen hereinspielen. Dieser Erw\u00e4gung habe ich auch noch in folgender Weise einen experimentellen Hintergrund zu verschaffen gesucht: Nachdem die in der Tabelle III zusammengestellten Versuche beendigt worden waren, sch\u00e4tzte ich an zwei aufeinanderfolgenden Tagen nochmals die Zeit t \u2014 45 und erhielt dabei folgende Eesultate :\nWundt, Philos. Studien. 1Y.\n30","page":455},{"file":"p0456.txt","language":"de","ocr_de":"456\nRichard Glass. Kritisches und Experimentelles \u00fcber den Zeitsinn.\nTabelle IV.\nt\tF\tc\t\u25a0^rn\t4\u00bb t\tt\n4,0\t3,875\t\u2014 0,125\t0,1774\t0,0444\t22,548\n4,0\t3,8905\t\u2014 0,1095\t0,1998\t0,0499\t20,020\nDie Bedingungen, unter welchen die beiden Sch\u00e4tzungen vorgenommen wurden, waren, soweit ich es zu beurtheilen vermag, ganz dieselben, der constante Fehler zeigt auch verglichen mit dem Werthe aus Tabelle III eine ziemlich gute Uebereinstimmung, dagegen ergibt sich, dass wohl der eine Werth der Unterschiedsempfindlichkeit zu demjenigen der Tabelle III passt, dass aber der andere sich ziemlich weit davon entfernt. Dies Beispiel zeigt jedenfalls, dass die Schwankungen des Werthes in Tabelle II und III nicht gr\u00f6\u00dfer sind als\ndie Schwankungen der Beobachtung bei einem und demselben Zeit-werthe.","page":456}],"identifier":"lit4151","issued":"1888","language":"de","pages":"423-456","startpages":"423","title":"Kritisches und Experimentelles \u00fcber den Zeitsinn","type":"Journal Article","volume":"4"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T12:35:35.286287+00:00"}