Open Access
{"created":"2022-01-31T14:18:55.692059+00:00","id":"lit4176","links":{},"metadata":{"alternative":"Philosophische Studien","contributors":[{"name":"Scripture, Eduard W.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Philosophische Studien 7: 50-146","fulltext":[{"file":"p0050.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber den associativen Verlauf der Vorstellungen.\nVon\nE. W. Scripture.\nMit 1 Figur im Text.\nI. Vorbemerkungen.\nBis jetzt ist unsere Kenntniss des that s\u00e4chlichen Verlaufs der Vorstellungen eine ziemlich beschr\u00e4nkte. Dies soll kein Vorwurf gegen die schon gemachten Versuche sein; das Gebiet ist so au\u00dferordentlich gro\u00df, dass es die langj\u00e4hrige Arbeit vieler Beobachter erfordert, um wissenschaftlich durchforscht zu werden. Im Gegen-theil, wir m\u00fcssen den ersten Versuchen das gro\u00dfe Verdienst zuschreiben, die Bahn gebrochen zu haben. Daher sollte Niemand uns der Undankbarkeit beschuldigen, wenn wir in den fr\u00fcheren experimentellen Arbeiten \u00fcber den Vorstellungsverlauf vieles unrichtig oder unbrauchbar finden So kann man keinem einzigen Versuch Galton\u2019s, nicht einmal seiner Methode, wegen der vielen darin enthaltenen Fehler einen directen Werth beimessen; f\u00fcr die Entwickelung der Psychologie aber haben diese Versuche einen sehr gro\u00dfen Werth und es wird sie Niemand h\u00f6her sch\u00e4tzen als derjenige, der denselben Weg zu gehen versucht hat.\nDer Streit \u00fcber die Gesetze der Association ist mehr als zweitausend Jahre alt; doch kann man kaum sagen, dass er viel an Klarheit oder Nutzen gewonnen habe. Auch unsere Versuche sind zun\u00e4chst davon ausgegangen, mehr Licht auf die Associationsgesetze oder Associationsformen zu werfen, die Fragen nach Aehnlichkeit","page":50},{"file":"p0051.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber den associative!! Verlauf der Vorstellungen.\n51\nund Ber\u00fchrung, nach \u00e4u\u00dferen und inneren Associationen u. s. w. zu beantworten. Dies war jedoch nicht der Hauptzweck. Vielmehr handelte es sich in der folgenden Untersuchung in erster Linie um die Sammlung eines m\u00f6glichst reichen Materials individueller Thatsachen, aus welchem, ohne R\u00fccksicht auf die abstracten Unterscheidungen der englischen und der deutschen Psychologie, R\u00fcckschl\u00fcsse auf die einzelnen Bedingungen der Vorstellungsassociationen gemacht werden k\u00f6nnten.\nSeit Aristoteles hat die Psychologie ihre Gesetze \u00fcber die Associationen der Vorstellungen aus zuf\u00e4llig gesammelten Erfahrungen gewonnen. Bei Befolgung dieser ungenauen Methode konnte man nicht erwarten, dass die sp\u00e4teren Denker sehr viel weiter kommen w\u00fcrden, als ein so vorz\u00fcglicher Beobachter wie Aristoteles schon gekommen war1). Nirgends kann man daher einen besseren Beweis f\u00fcr die Unzul\u00e4nglichkeit der alten \u00bbSelbstbeobachtungsmethode\u00ab finden als hier. Die Discussionen \u00fcber die Vorstellungsassociation gleichen ann\u00e4hernd einem Streit, den zwei Reisende \u00fcber das Hochgebirge f\u00fchren, die dabei ihre Sachkennt-niss auf eine Eisenbahnfahrt durch die Schweiz st\u00fctzen. Genaue Forschungen, sorgf\u00e4ltige Bestimmungen der Thatsachen fehlen, und alle Hypothesen haben freien Spielraum. Die nothwendige Bedingung zum Fortschritt ist darum auch hier eine Verbesserung der Untersuchungsmethoden. Irgend welche zuf\u00e4llig gew\u00e4hlten Beispiele von Vorstellungsverbindungen gen\u00fcgen nicht, eine wissenschaftliche Lehre zu begr\u00fcnden ; die Thatsachen m\u00fcssen sorgf\u00e4ltigst gesammelt werden und nur aus so gesammelten Thatsachen darf man Schl\u00fcsse ziehen.\nII. Methode.\nFrancis Galton hat zuerst darauf aufmerksam gemacht, dass man auf diesem Gebiet eine statistische Sammlung zu gewinnen\n1) Dies gilt z. B. ebenso von Sir Wm. Hamilton, dem tiefstdenkenden aller englischen Philosophen, wie von J. Stuart Mill, von welchem Maudsley lemerkt: \u00bbHe goes on exactly as he might have gone on if he had lived in the \u00ab ays of Aristotle\u00ab. (Maudsley, Physiology of Mind, Cap. I, Anmerkung 8.)\n4*","page":51},{"file":"p0052.txt","language":"de","ocr_de":"52\nE. W. Scripture.\nversuchen sollte1). Wegen ungenauer Methoden sind seine Resultate selbst freilich nicht bedeutend; aber er hat immerhin den gro\u00dfen Dienst geleistet, dass er auf die Einf\u00fchrung des experimentellen Verfahrens hinwies. Von derselben Idee ausgehend hatTrautscholdt unter Leitung Prof. Wundt\u2019s neue Versuche angestellt2). Dieselben hatten aber haupts\u00e4chlich den Zweck, eine Zeitbestimmung \u2014 die Associationszeit \u2014 zu gewinnen ; nur nebenbei ergaben sich Bestimmungen \u00fcber den Verlauf, qualitativ betrachtet. Die Cattell-schen Versuche haben ebenfalls die Zeitbestimmung zum Zweck3); seine sp\u00e4teren qualitativen Versuche wie auch die Versuche von M\u00fcnsterberg und von Ebbinghaus haben ganz specielle Fragen zu beantworten versucht.\nEine Untersuchung \u00fcber den qualitativen Verlauf der Vorstellungen muss nun vor allem zwei Forderungen entsprechen: erstens muss der qualitative Verlauf der eigentliche Gegenstand der Untersuchung sein; zweitens m\u00fcssen, wie sich von selbst versteht, die Methoden und Versuchsbedingungen m\u00f6glichst genaue Resultate liefern. Nach diesem Plane sind daher die folgenden Versuche im psychologischen Institut der Universit\u00e4t Leipzig unter Aufsicht von Herrn Prof. Wundt angestellt worden. Den Herren Mitarbeitern Nosiri, Dwelshauvers, Schubert, Kr\u00fcger, Haarhoff, Dr. K\u00fclpe und Dr. Rice, die sich mir zum Zweck von Beobachtungen g\u00fctigst zur Verf\u00fcgung stellten, spreche ich hiermit f\u00fcr die mir gewidmete Zeit und Freundlichkeit den herzlichsten Dank aus.\nBei der Anordnung der Versuche war die erste Sorge, alle \u00e4u\u00dferlichen St\u00f6rungen fern zu halten. Ger\u00e4usche wurden durch die Wahl eines ruhigen Zimmers vermieden. Freilich hat der Verschluss auf dem unten beschriebenen Objectiv ein kleines Ger\u00e4usch verursacht; es blieb aber schwach, constant und unbemerkt. Lichtempfindungen waren dadurch ausgeschlossen, dass der Beobachter im Finstern sa\u00df. Durch diese F\u00fcrsorgen waren die \u00e4u\u00dferen\n1)\tPsychometric Experiments, Brain, II 149, July 1879.\n2)\tPhil. Stud. I 216.\n3)\tPsychometrische Untersuchungen, III. Abtheilung, Phil. Stud. IV. Hit.","page":52},{"file":"p0053.txt","language":"de","ocr_de":"lieber den associative!! Verlauf der Vorstellungen.\n53\nFehlerquellen vermieden ; die inneren variablen Factoren, welche in fr\u00fcheren Experimenten oft st\u00f6rend wirkten, waren hier auf ein Minimum reducirt. Der Beobachter hatte keine Eile; er war nicht durch den Gedanken, dass seine Associationszeit gemessen werde, in Aufregung gebracht; keine dritte Person wurde im Zimmer geduldet. Freilich war es unm\u00f6glich, vor dem Anfang jedes Experiments alles aus dem Bewusstsein zu entfernen. Ein ann\u00e4hernd constanter Zustand des Bewusstseins wurde aber durch Aussprechen des Wortes \u00bbJetzt\u00ab durch den Experimentator zwei Secunden vor\njedem Versuch hergestellt. Dadurch wurde n\u00e4mlich der bisherige Gedankengang unterbrochen, und die Aufmerksamkeit des Beobachters auf den wahrzunehmenden Gegenstand gerichtet.\nDie getroffene Einrichtung hat sich f\u00fcr diese Versuche vortrefflich bew\u00e4hrt und wird auch bei anderen Untersuchungen sicherlich gute Dienste leisten. Der Zweck des Apparats war, die beste beliebig wechselnde Vorf\u00fchrung von Gegenst\u00e4nden zu erm\u00f6glichen, ohne den Beobachter zu st\u00f6ren.\nAuf einem Tisch (siehe die Fig.) war das senkrechte Brett a b befestigt. In einer beliebigen Entfernung dahinter sa\u00df der Beobachter in einem von schwarzem Tuch eingeschlossenen dunklen Kaum a b c d. Ein photographisches Objectiv e war an einem Brett / g","page":53},{"file":"p0054.txt","language":"de","ocr_de":"54\nE. W. Scripture.\nbefestigt, welches wie das Objectivbrett einer Camera h\u00f6her oder niedriger gestellt werden konnte. Auf dem Objectiv befand sich ein photographischer Verschluss mit Luftdruckausl\u00f6ser x. An dem Brett m n wurden die zu beobachtenden Gegenst\u00e4nde angebracht. Die Beleuchtung erfolgte durch die Lampe l. Hinter der Linse im Finstern stand eine matte Glasscheibe h i. Zwischen dem Objectiv und der Glasscheibe oder hinter der Scheibe war eine in der Figur nicht eingezeichnete Blende aus Carton aufgestellt. Dadurch konnte die Form und die Gr\u00f6\u00dfe der beleuchteten Fl\u00e4che auf der Scheibe beliebig ver\u00e4ndert und alles unbefugte Licht ausgeschlossen werden.\nVor den Versuchen stellte der Experimentator das Brett m n in eine beliebige, von der erw\u00fcnschten Gr\u00f6\u00dfe des Bildes auf der Glasscheibe abh\u00e4ngige Entfernung vom Objectiv; nat\u00fcrlich musste die Glasscheibe im richtigen Brennpunkte sein. Der Beobachter nahm in dem Dunkelraum Platz; der Experimentator sprach \u00bbJetzt\u00ab und dr\u00fcckte nach zwei Secunden auf den Gummiball \u25a0/.. Dadurch wurde der Verschluss ge\u00f6ffnet und es erschien ein Bild auf der Scheibe vor dem Beobachter. Nach vier Secunden wurde der Gummiball wieder losgelassen und das Bild verschwand.\nBeobachter wird im Folgenden * derjenige genannt, der die verschiedenen ihm vorgestellten Gegenst\u00e4nde und die darauf in seinem Bewusstsein folgenden Vorstellungen passiv beobachtete1). Experimentator hei\u00dft derjenige, der den Apparat handhabte, die Gegenst\u00e4nde aufstellte und das Protokoll f\u00fchrte. Bei allen Versuchen war der Verfasser Experimentator mit Ausnahme der unter Nummer VII angef\u00fchrten, wo er Beobachter war. Von gro\u00dfem Vortheil f\u00fcr die Versuche war der Umstand, dass die Beobachter den verschiedensten Nationalit\u00e4ten und Bildungsrichtungen an-geh\u00f6rten; es waren drei Deutsche (ein Privatdocent, ein Lehrer und ein Student der Philosophie), ein Belgier (Student der Physik), ein Japaner (Student der P\u00e4dagogik), ein Capl\u00e4nder (engl. Staats-\n1) Was den letzten Theil dieses Vorgangs anbelangt, namentlich das \u00bbBeobachten\u00ab der Vorstellungen, so w\u00e4re wohl statt dessen der Ausdruck \u00bbWahrnehmen\u00ab eher am Platze (W undt, \u00bbSelbstbeobachtung und innere Wahrnehmung\u00ab in Phil. Stud. IV, 292).","page":54},{"file":"p0055.txt","language":"de","ocr_de":"Ceber den associative!! Verlauf der Vorstellungen.\n55\nangeh\u00f6riger, Theolog) und zwei Amerikaner (deren einer fr\u00fcher Arzt, jetzt P\u00e4dagoge, der andere Student der Psychologie war).\nAls Gesichtsohjecte wurden wei\u00dfe Karten gebraucht, worauf Bilder, Zeichen oder W\u00f6rter der verschiedensten Art geklebt waren. Vorz\u00fcgliche farbige Bilder bekommt man durch Ausschnitte aus den Bilderbogen f\u00fcr Kinder Dieselben sind in dieser Abhandlung immer als \u00bbBild\u00ab angegeben. Die mit der Feder geschriebenen, in den Ein\u00fchungsveisuchen gebrauchten W\u00f6rter zeigten sich wegen der nicht zu vermeidenden Unregelm\u00e4\u00dfigkeiten unbrauchbar. Deswegen lie\u00df ich gro\u00dfe Buchstaben, 13 mm hoch, auf gummirtes Papier drucken. Die aus diesen Buchstaben gebildeten W\u00f6rter waren immer deutlich und regelm\u00e4\u00dfig. Eine solche Karte wurde ein \u00bbWortbild\u00ab genannt.\nDie Karten sah der Beobachter w\u00e4hrend der Beleuchtungszeit. In der Finsterniss erschien vor ihm pl\u00f6tzlich ein wei\u00dfes Rechteck mit einem Bild oder einem Wort darin; nach kurzer Zeit verschwand dasselbe, und es war alles wieder finster. Wo sonst nichts bemerkt ist, war die Karte 4 Secunden lang exponirt. Sobald er wollte, durfte der Beobachter angeben, welche Vorstellung er associirt hatte ; aber nach dem Verschwinden des Bildes durfte er nichts mehr associiren. Kam keine Association zu Stande, so ist das Resultat durch \u00bbkeine Association\u00ab oder durch einen Strich bezeichnet. Auch einige blaue Karten wurden gebraucht; wo dies der Fall war, ist es besonders bemerkt. Besondere Karten f\u00fcr specielle Zwecke werden an der betreffenden Stelle beschrieben.\nDa es sich als w\u00fcnschenswerth erwies, Versuche mit Farben ohne Umgrenzung anzustellen, so wurde farbiges Licht auf die Mattglasscheibe in einem so gro\u00dfen Umfang geworfen, dass es ein Feld deckte gr\u00f6\u00dfer als das Gesichtsfeld, und der nahe sitzende Beobachter sah nun blo\u00df eine farbige Fl\u00e4che ohne Umgrenzung. Die Beleuchtung war dann in der Mitte am intensivsten mit allm\u00e4hlicher Abnahme nach au\u00dfen. Solche Versuche sind mit dem Wort \u00bbFarbe\u00ab bezeichnet.\nWenn Schalleindr\u00fccke gegeben wurden, sa\u00df der Beobachter ebenfalls im dunklen Raum. Die verschiedenen Schallapparate waren auf dem Tisch aufgestellt. Nach dem Aufmerksamkeitssignal \u00bbJetzt\u00ab h\u00f6rte der Beobachter irgend einen Schall oder ein Wort,","page":55},{"file":"p0056.txt","language":"de","ocr_de":"56\nE, W. Scripture.\naber sonst wusste er nicht, was geschehen war. Die Schalleindr\u00fccke sind mit \u00bbSchall\u00ab bezeichnet, ein gesprochenes Wort ist als \u00bbWortlaut\u00ab angegeben.\nF\u00fcr die Tasteindr\u00fccke brauchte ich Karten, auf. welchen verschiedene kleine Gegenst\u00e4nde befestigt waren. Diese Karten lagen in einem Haufen etwas nach links vor dem Beobachter. Ohne etwas zu sehen, nahm er eine Karte mit der linken Hand, legte sie auf den Tisch, und betastete den Gegenstand mit den Fingern der rechten Hand. Nach 4 Secunden verlangte der Experimentator das Resultat. Um Geschmackseindr\u00fccke einwirken zu lassen, wurde die nat\u00fcrlichste Methode gew\u00e4hlt. Der Experimentator gab dem Beobachter jedesmal durch eine Oeffnung in dem Tuch ein kleines Glas mit der gew\u00e4hlten Fl\u00fcssigkeit zu trinken.\nIn den Versuchstabellen wurde jeder Beobachter durch eine bestimmte Nummer bezeichnet1). In jedem Versuch bedeutet daher die lateinische Zahl den Beobachter und die nachfolgende arabische gibt die laufende Nummer der an diesem Beobachter angestellten Versuche an. Dann folgt die Bezeichnung des gegebenen Eindrucks, darauf endlich die Angabe des Beobachters \u00fcber die stattgefundenen Associationen. Wo mehr als eine Vorstellung associirt wird, werden die Vorstellungen successiv mit 1, 2, etc. bezeichnet. Die gebrauchten Abk\u00fcrzungen sind folgende :\nB. = Bild,\nV. \u2014 Vorstellung,\nAV. = allgemeine Vorstellung, j 2)\nBf. = Begriff,\t/\nEr. = Erinnerung,\nPh. \u2014 Phantasievorstellung,\nW. = Wort als Gesichtsvorstellung,\nWL. \u2014 Wort als Lautvorstellung.\n1)\tMit Einwilligung der Beobachter habe ich die Anfangsbuchstaben der Namen zu den Beispielen zugef\u00fcgt. Beobachter I ist Herr stud. phil. Schubert {Sch), II Herr stud. phil. Nosiri (IV), III Herr stud. phil. F. Dwelshauvers {D), IV Herr cand. theol. et stud. phil. Haarhoff (II), V Herr Dr. med. Rice (It), VI Herr Lehrer Kr\u00fcger (Kr), VII der Verfasser (S), VIII*Herr Dr. phil. K\u00fclpe (K\u00fc).\n2)\tMan vergleiche Seite 66.","page":56},{"file":"p0057.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber den associatives Verlauf der Vorstellungen.\n57\nSB. = Wort als Innervatioiisimpuls des Kehlkopfmuskels, d.'h. als gesprochen geltend, wirklich jedoch nicht ausgesprochen ').\nWB. = Specielle Bezeichnung des auf der darge-hotenen Karte befindlichen Worthildes.\n(\t) = Aussagen des Beobachters.\n[\t] = Bemerkungen des Experimentators.\nZ. B. der Versuch\nD III 60. B. Elephant\n1.\tSB. Elephant\n2.\tW. Oliphant (langue d\u2019oil \u2014 vor drei Jahren) ist der 60ste Versuch von Beobachter III [D] ; er sah ein Bild eines Elephanten und dachte zun\u00e4chst an das Wort Elephant und dann an das Wort Oliphant; bei dem ersten ist der Innervationsimpuls, bei dem zweiten die Gesichtsvorstellung \u00fcberwiegend. Nachher erinnerte er sich, dass das Wort Oliphant aus der langue d\u2019oil stammt, welche er vor drei Jahren studirte.\nIII. Die Grundprocesse des Verlaufs der Vorstellungen.\nDie Vorstellungen werden gew\u00f6hnlich in zwei Klassen ein-getheilt: 1) Wahrnehmungen, Anschauungen, Perceptionen oder gebundene Vorstellungen; 2) freie oder selbst\u00e4ndige Vorstellungen, oft Erinnerungsbilder und Einbildungsvorstellungen genannt2).\nIn sehr vielen F\u00e4llen hat der Beobachter einen Verlauf von mehreren Vorstellungen angegeben : man findet in diesen nicht nur die Wirkungen von Wahrnehmungen, sondern auch von freien Vorstellungen. Ich gehe einige Beispiele von Solchen Reihen freier Vorstellungen, die an eine Wahrnehmung gekn\u00fcpft sind z. B. :\n1) Die verschiedenen Formen des Wortes kommen fast nie allein vor und sind so eng verbunden, dass man nur angeben kann, welche bei jedem Versuch die \u00fcberwiegende war. Siehe Wundt, Phys. Psych. 3. Auf II n 374 Anmerk. 2.\t1\t\u2019\n. 2) In wie weit diese Eintheilung berechtigt ist, dar\u00fcber kann man getheilter Ansicht sein. Ich brauche sie hier nur aus Bequemlichkeit. Vergleiche Wu ndt, nys. Psych. II, p. 1. Ri bot, Psychologie de l\u2019Attention, p. 78.","page":57},{"file":"p0058.txt","language":"de","ocr_de":"58\nE. W. Scripture.\nJV II 68. B. Scorpion,\n1.\tV. ein Bild von einem Scorpion,\n2.\tF. in einem H\u00f6rsaal,\n3.\tV. ein Lehrer, welcher einen Vortrag dar\u00fcber\nh\u00e4lt.\n(Erinnerungshilder aus der Zeit vor 12 Jahren.)\nHier sieht man zugleich, dass die freie Vorstellung 1. an die Wahrnehmung ankn\u00fcpft, w\u00e4hrend aber die Vorstellungen 2-, und 3. sich auf 1. V. und nicht auf die Wahrnehmung beziehen.\nUm die verschiedenen Beispiele auf den ersten Blick verst\u00e4ndlich zu machen, habe ich ein System von Formeln eingef\u00fchrt. Die Vorstellungen sind durch kleine Buchstaben dargestellt. Her Vorstellungsinhalt im ersten Augenblick wird durch a, im zweiten durch b u. s. w., dargestellt; da jede Vorstellung aus sehr vielen Bestandteilen besteht, ist man nat\u00fcrlich nur der Uebersichtlichkeit wegen berechtigt, sie mit einzelnen Buchstaben zu bezeichnen ; wenn es aber w\u00fcnschenswerth schien, die Zusammensetzung einer Vorstellung anzudeuten, habe ich mehrere gleichartige Buchstaben al\ngebraucht, z. B., \u00e42, von welchen jeder eine Gruppe von Bestand-\ntheilen bezeichnet. Das Bedingungsverh\u00e4ltniss wird durch einen Strich ausgedr\u00fcckt; z. B. d=b c bedeutet, dass a die bewusste Bedingung f\u00fcr b, wie auch f\u00fcr c, war. Die verticale Stellung der Buchstaben hat nichts mit dem Bewusstseinsgrad zu thun, sondern bedeutet, dass die Vorstellungsbestandtheile in demselben Augenblick im Bewusstsein waren. Die Formel f\u00fcr den obigen Versuch ist also a b c <1-\n2VII 139. Tasteindruck von einer Haarnadel.\n1.\tAllg. Vorst., ein gekr\u00fcmmter Draht.\n2.\tAllg. Gesichtsvorst., eine Haarnadel.\n(Zuerst kam der Tasteindruck; zu diesem gesellten sich dann die Tast- und Gesichtsvorstellung eines gekr\u00fcmmten Drahtes. Die Gesichtsvorstellung wurde immer st\u00e4rker, und die Tastvorstellung verschwand sehr rasch. Endlich war die Vorstellung des Drahtes zu der einer Haarnadel geworden.)","page":58},{"file":"p0059.txt","language":"de","ocr_de":"\u00fcebcr den associative\u00bb Verlauf der Vorstellungen.\n59\nFormel :\na 61 (Tast)\nh2 (Gesicht) c H IV 42. B. ein Hahn.\n1.\tEr. ein Hahn,\n2.\tEr. in einem Hof,\n3.\tEr. eines Professors,\n4.\tEr. zu Stellenbosch [ein Ort in Capland].\nFormel :\na b c d e\nDa jeder Mensch seinen besonderen Vorrath von Vorstellungen hat, so werden zwei v\u00f6llig gleiche F\u00e4lle des Vorstellungsverlaufs schwerlich jemals Vorkommen. Es ist aber zu erwarten, dass gewisse Grundprocesse allen Arten des associativen Verlaufs zu Grunde liegen und durch die Weise ihres Zusammenwirkens die vielen Verschiedenheiten hervorbringen. In der That kann man vier solcher Grundprocesse unterscheiden, die augenscheinlich nicht weiter reducirbar sind. Es treten fortw\u00e4hrend unabh\u00e4ngig Vorstellungen auf, welche auf den vorhandenen Bewusstseinsverlauf einwirken: das Auftreten und Vorbereiten der Vorstellungen kann \u00bbProcess des Vorbereitens\u00ab, das Eingreifen in den Verlauf \u00bbEinwirken\u00ab der Vorstellungen genannt werden. Zu schon im Bewusstsein vorhandenen Vorstellungen werden ferner andere Vorstellungen hinzugef\u00fcgt: \u00bbProcess des Ilinzufiigcns\u00ab. Neue einwirkende Vorstellungen bestimmen aber nur einen Theil des Bewusstseinsverlaufs, da fr\u00fchere aus dem Bewusstsein verschwundene Vorstellungen auf sp\u00e4tere Bewusstseinszust\u00e4nde ein wirken: \u00bbNach wirken der Vorstellungen\u00ab.\nAus der Zusammen Wirkung dieser Processe sind, wie ich glaube, alle Variationen des Gesammtprocesses zu erkl\u00e4ren. Unsere Untersuchung wird sich \u00fcbrigens auf den associativen Verlauf und die darin wirksamen Processe beschr\u00e4nken und den apperceptiven Verlauf mit dem Vorgang der Wahl bei Seite lassen. Es sind also vier Processe zu untersuchen, n\u00e4mlich das Vorbereiten, das Einwirken, das Hinzuf\u00fcgen und das Nachwirken von Vorstellungen. Diese Processe sind verschieden, aber nicht unabh\u00e4ngig von einander; sie sind nur Abstractionen aus einem einheitlichen Process des Bewusstseinsverlaufs. Aber der wissenschaftlichen Betrachtung wegen m\u00fcssen wir Processe getrennt untersuchen, weichein Wirklichkeit immer unter einander verbunden sind.","page":59},{"file":"p0060.txt","language":"de","ocr_de":"60\nE. W. Scripture.\nIV. Die Vorbereitung von Vorstellungen.\nVorstellungen beeinflussen nicht immer zun\u00e4chst den Gedankenverlauf; sie werden zuerst au\u00dferhalb und innerhalb des Bewusstseins verarbeitet und vorbereitet. Wenn eine aus dem Unbewussten ins Bewusstsein steigende Vorstellung, als noch unbewusst oder maim Minimalgrade bewusst, keinen Einfluss auf den Verlauf aus\u00fcbt, kann sie entweder verschwinden oder zu einem h\u00f6heren Grade der Bewusstheit steigen. Auf jeder Stufe ist es denkbar, dass sie den Verlauf beeinflusst oder dass sie verschwindet, oder dass sie zu einem noch h\u00f6heren Grade steigt. Dies ist ein selbst\u00e4ndiger Process des Bewusstseins, aber blo\u00df in Bezug auf die Wirksamkeit der Vorstellung betrachtet ist es ein vorbereitender Process, und von diesem Standpunkt aus k\u00f6nnen wir den ganzen Vorgang unter dem Namen \u00bbVorbereiten der Vorstellungen\u00ab zusammenfassen. Das Vorbereiten von Vorstellungen ist dann derjenige Process, welchen Vorstellungen durchlaufen, um einen Einfluss auf den Bewusstseinsverlauf zu gewinnen.\nDer Anfang dieses Processes liegt au\u00dferhalb des Bewusstseins. Die Stadien des Bewusstseinsprocesses, welche jede Vorstellung ganz oder theilweise durchmachen muss, sind die verschiedenen Grade der Perception und Apperception. Was die Perception und die Apperception eigentlich sind, ob es \u00fcberhaupt eine besondere Th\u00e4tigkeit der Apperception gibt, lassen wir dahingestellt; hier wollen wir mit den W\u00f6rtern percipirt und appercipirt nur Gradunterschiede der Bewusstheit bezeichnen. Was percipirt ist, ist im Bewusstsein, was appercipirt ist, hat besondere Aufmerksamkeit auf sich gezogen oder wird mit besonderer Aufmerksamkeit betrachtet.\nWenn eine aus dem Unbewussten steigende Vorstellung nicht wieder verschwindet, wird sie zu einem h\u00f6heren Grade der Perception fortschreiten. Wenn sie sodann als percipirte Vorstellung im Blickfeld des Bewusstseins noch keine Wirkung hat, so kann sie entweder verschwinden oder in den Blickpunkt treten, zur Apperception gelangen. Als appercipirte Vorstellung \u00fcbt sie nun entweder keinen Einfluss auf den Gedankenverlauf, oder sie \u00fcbt einen Einfluss mit allen ihren Bestandtheilen oder aber nur mit","page":60},{"file":"p0061.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber den associative!! Verlauf der Vorstellungen.\n61\neinigen ihrer Bestandteile aus. Hier sind drei Vorg\u00e4nge oder untergeordnete Processe deutlich zu erkennen: die Perception, die Apperception und die Aenderung der appercipirten Vorstellung. Perception und Apperception sind Vorg\u00e4nge, welche allen geistigen Erscheinungen gemeinsam und deren Beschreibung und Erkl\u00e4rung daher in allgemeinen psychologischen Werken zu suchen sind. Die Aenderung der appercipirten Vorstellungen aber ist eine besondere Vorbereitung der Vorstellungen f\u00fcr ihre Einwirkungen auf den Vorstellungsverlauf und muss deshalb hier einer Untersuchung unterworfen werden. Uebrigens sollen, um den Charakter der ver\u00e4nderten Vorstellungen besser zu zeigen, einige Beispiele, wo sich die appercipirte Vorstellung ohne Aenderung wirksam zeigte, vorangeschickt werden.\nDie F\u00e4lle, wo alle appercipirten Bestandtheile der Vorstellung in den Vorstellungsverlauf eingreifen, sind sehr zahlreich. In den folgenden Beispielen sind andere Bewusstseinselemente zu einer Vorstellung als einem Ganzen hinzugetreten. Bei der Betrachtung dieser Versuche muss man im Auge behalten, dass es sich hier nur um den Ausgangspunkt der Association handelt. Manches f\u00fcr diesen n\u00e4chsten Zweck \u00fcberfl\u00fcssige wurde nur der Genauigkeit der Beschreibung wegen mitgetheilt; hier kommt es nur darauf an zu zeigen, dass die Wahrnehmung oder die freie Vorstellung als ein Ganzes ohne Aenderung der Ausgangspunkt eines Associations -processes sein kann. Ich habe zu diesem Zweck m\u00f6glichst verschiedene Associationen ausgew\u00e4hlt, die in der angegebenen Eigenschaft \u00fcbereinstimmen. Die Resultate sind im allgemeinen von zweierlei Art. Bei der ersten Art wird die veranlassende Vorstellung m der resultirenden ohne Aenderung wieder gefunden. Die allgemeine Formel f\u00fcr diese Versuche ist \u00ab\t\u00ab. Bei der zweiten Art\nb\nwird die veranlassende Vorstellung gar nicht in der resultirenden gefunden ; doch ist letztere durch die ganze vorhergehende Vorstellung , nicht blo\u00df durch einen Theil derselben veranlasst. Die Formel wird schematisch lauten: \u00ab\t&1). Beispiel f\u00fcr die erste:\nArt:\n1) Das Verh\u00e4ltniss dieser Arten wird in Cap. VI, A., Die Formen des Hin-zuf\u00fcgens, S. 88 ff., erkl\u00e4rt werden.","page":61},{"file":"p0062.txt","language":"de","ocr_de":"62\nE. W. Scripture.\nD III. 39. WB. Koth.\n1.\tW. Kothe,\n2.\tW. im Kothe.\n(D hat das Wort \u00bbKoth\u00ab nur in der Phrase \u00bbim Kothe\u00ab gesehen.)\nFormel:\na a a b b c\nZu der appercipirten Vorstellung hat D eine Silbe hinzugef\u00fcgt, ohne die Vorstellung selbst zu \u00e4ndern, dann zu der resultirenden Vorstellung in gleicher Weise ein Wort (im) hinzugef\u00fcgt. Ein Beispiel der zweiten Art ist das folgende:\nSch I 19. WB. Stehen.\nBr. das Theater\n(weil Sch im Theater zu stehen pflegt).\nFormel :\na b\nDas ganze appercipirte Wort hat die folgende Vorstellung hervorgerufen, ist aber nicht in ihr enthalten.\nWeitere theils der ersten, theils der zweiten Art angeh\u00f6rige Beispiele sind die folgenden:\nN II 3. B. Milcheimer.\nPh. Milchm\u00e4dchen.\nFormel :\na b\nN II 31. Palme.\nEr. eine Landschaft in den Tropen (stammt von einem Bild).\nFormel :\na a b\nSch I 152. Tasteindrucic von einem St\u00fcck Papier. SB. Papier.\nFormel:\na b\nR V 69. B. \u25a1\nPh. Eingang eines Tunnels.","page":62},{"file":"p0063.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber den associativen Verlauf der Vorstellungen.\n63\nFormel :\na a b\nSch I 165. Tasteindruck von einem St\u00fcck Seide.\n1.\t3\u00ae. Zeug,\n2.\tGesichts-V. schwarzes Tuch,\n3.\tGesichts-V. das schwarze Tuch des Apparats.\nFormel :\t__________\na b c c d\nD III 146. Schall von einer angeschlagenen Stimmgabel.\nUrtheil, es ist wie ein Signal.\nFormel :1)\na a\nb (Signal)\na b\nH TV 61. Schall von einer angeschlagenen Stimmgabel.\n1.\tEr. Schall einer Glocke,\n2.\tEr. eines Freundes in Amsterdam [dem die\nGlocke geh\u00f6rte].\n3.\tEr. dessen Wohnzimmer.\nFormel :\na~ a c d b\nIn diesen Beispielen wird jedesmal die Association durch die ganze Vorst ellun g veranlasst; in den veranlassenden Vorstellungen ist keine Spur des Verminderungsprocesses zu finden, zu dessen Beschreibung wir jetzt \u00fcbergehen.\nDer Process der Vorstellungsverminderung.\nIn vielen F\u00e4llen wirken nicht alle Bestandtheile einer Vorstellung auf den Verlauf. Oft verschwindet diese, obgleich deutlich appercipirt, erfolglos aus dem Bewusstsein ; aber noch \u00f6fter geschieht cs, dass einige Merkmale aus dem Blickpunkt des Bewusstseins fallen, w\u00e4hrend andere desto mehr Deutlichkeit erlangen und sich in Folge dessen allein wirksam erweisen. Wenn z. B. die Vorstellung aus den Bestandtheilen ah c d e zusammengesetzt ist, kann\n1) Siehe Wundt, Logik I 53.","page":63},{"file":"p0064.txt","language":"de","ocr_de":"64\nE. W. Scripture.\ndie Aufmerksamkeit sich auf einige Bestandteile, z. B. b c beschr\u00e4nken ; die anderen werden nicht mehr appercipirt und haben keinen Einfluss auf den folgenden Bewusstseinszustand. Diesen Process werden wir den Process der Verminderung der Vorstellungen durch Concentration der Aufmerksamkeit auf gewisse Bestandtheile nennen.\nWie weit die vernachl\u00e4ssigten Bestandteile verloren gehen, ist eine f\u00fcr sich seihst zu untersuchende Frage. Sie k\u00f6nnen ganz aus dem Bewusstsein fallen, oder in die niederen Grade der Perception hinahsinken, oder nur aus dem Brennpunkt der Aufmerksamkeit austreten. Sie k\u00f6nnen fallen, sinken oder austreten, um nicht wiederzukehren, oder um nach kurzer Zeit abermals die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Diesen Process betrachten wir nur, insoweit der Vorstellungsverlauf durch ihn beeinflusst wird; hier sei nur hervorgehoben, dass einige Bestandteile durch die Aufmerksamkeit so lange bevorzugt werden, bis sie eine Aenderung des Verlaufs verursachen, w\u00e4hrend von den vernachl\u00e4ssigten Theilen keine Wirkung in dem Resultat zu finden ist. Aus diesem Grunde wird sich unsere Untersuchung auf die appercipirten Vorstellungen beschr\u00e4nken, und sie wird, da hier nur der Einfluss auf den Vorstellungsverlauf f\u00fcr uns Interesse hat, alle allgemeinen Betrachtungen \u00fcber das Steigen und Sinken der Vorstellungen vorl\u00e4ufig bei Seite lassen.\nDer Process der Abnahme der Vorstellungen kann willk\u00fcrlich oder unwillk\u00fcrlich sein. Nachdem man z. B. die Vorstellung einer Lampe appercipirt hat, kann man seine Aufmerksamkeit auf einen Theil derselben, z. B. die Flamme, beschr\u00e4nken, wodurch die \u00fcbrigen Theile verdunkelt werden. Dieselbe Ver\u00e4nderung kann aber auch unwillk\u00fcrlich eintreten.\nDieser Process sei durch einige Beispiele erl\u00e4utert.\nD III 51. B. ein wei\u00df gekleideter Afrika-Reisender (auf einer blauen Karte).\nAV. Marmorstandbild.\nNach dem Grund dieser Association befragt, gab der Beobachter an, der Afrika-Reisende sei eine wei\u00dfe Figur, und ein Marmorstandbild sei dies ebenfalls. Hier war offenbar die Aufmerksamkeit auf die wenigen Merkmale beschr\u00e4nkt, welche zu einer wei\u00dfen","page":64},{"file":"p0065.txt","language":"de","ocr_de":"lieber den association Verlauf der Vorstellungen.\t65\nFigur geh\u00f6ren; darnach traten andere Eigenschaften hinzu, die neue Vorstellung zu bilden. Vernachl\u00e4ssigt und in der neuen Vorstellung nicht wirksam waren viele Eigenschaften, z. B. verschiedene farbige Gegenst\u00e4nde auf der Uniform etc.\nFormel (in welcher die eckigen Klammem die unwirksam gebliebenen Bestandtheile andeuten):\na1 a* a2 a2 [a8] b\nw\nN II 120. B. H\nPh. ein St\u00fcck japanisches Papier (als rechtwinklige Figur aufgefasst, weil rechtwinklige Figuren mit solchen Linien gezeichnet und Papierst\u00fccke gew\u00f6hnlich rechtwinklig seien).\nFormel :\na1 a' a2 a2 [a8] b\nHier ist die Vernachl\u00e4ssigung der Schiefheit (a3) der Figur klar. H IV 11. WB. Fluch.\nW. Flush [englisch f\u00fcr das Err\u00f4then].\nFormel :\na* a1 a2 a2 a3 a3 [a4] b a5 a5\nH IV 12. WB. Kahm.\nW. Raum.\n(Das Wort \u00bbRahmet war dem Beob. unbekannt.)\nFormel:\na1 a1 a2 a2 [a3] b\na4 a4\nDiese zwei Versuche zeigen, dass unbekannte W\u00f6rter gerade wie bedeutungslose Combinationen von Buchstaben nur durch Verminderung Wirksamkeit gewinnen.\nWundt, Philos. Studien. VII.\n5","page":65},{"file":"p0066.txt","language":"de","ocr_de":"66\nE. W. Scripture.\nR Y 19. WB. Stehen.\n1.\tW. Hen,\n2.\tV. ein Huhn [auf Englisch hei\u00dft esHen],\nFormel :\n[a1]\ta1' b\n\u00e42\niV II 19. WB. Hohl.\nW. Hohe.\nH IV 39. B. brauner B\u00e4r.\nPh. eine Scene, in welcher M\u00e4nner von Polarb\u00e4ren weggetragen werden.\n(Eine vor vier Jahren gelesene Geschichte.)\nFormel :\na1-------a\u2018\nal\ta-\n[as] (braun) b ('wei\u00df) b'1 etc.\u2019\nH IV 84. Tastendruck von einem St\u00fcck L\u00f6schpapier.\n1.\tTast-V. rauhes Papier,\n2.\tGesichts-V. braunes Papier.\nFormel :\na (rauh) [\u00ab]\tb\nb (Papier) c (braun)\nWeitere Beispiele findet man in Cap. V.\nEines der wichtigsten Resultate dieses Processes ist die Bildung der allgemeinen V orstellungen. UnterallgemeinerVorstellung verstehen wir aber eine Vorstellung, von welcher nur einige Elemente im Bewusstsein deutlich hervortreten, w\u00e4hrend die \u00fcbrigen nur dunkel bewusst sind. Die hier gemeinten allgemeinen Vorstellungen sind demnach durchaus zu unterscheiden von den Begriffsvorstellungen, auf welche wir unten in Cap. VI. zur\u00fcckkommen werden.\nDer Process der Verallgemeinerung der Vorstellungen ist als eine mehr oder weniger ausgedehnte Verminderung zu betrachten. Der Vorgang ist im allgemeinen durch die folgende Formel darzustellen :\tJ\u00ee \u00f6i\na2 a2 [a3]\n[\u00ab4J\nM","page":66},{"file":"p0067.txt","language":"de","ocr_de":"lieber den assoeialivcn Verlauf der Vorstellungen.\n67\nR V 31. B. ein Vogel.\n1.\tAV. Vogel (besonders die Form bemerkt).\n2.\tAV. Eule.\n3.\tEr. Eule in einem K\u00e4fig im Central Park zu New-York (vor vielen Jahren gesehen).\nDas bestimmte Bild eines bestimmten Vogels geht durch Vernachl\u00e4ssigung zahlreicher Merkmale in die unbestimmte Vorstellung eines Vogels \u00fcber. Darauf erfolgt der umgekehrte Process : es werden gewisse Merkmale zu der allgemeinen Vorstellung hinzugef\u00fcgt, und der Vogel wird eine Eule; im n\u00e4chsten Augenblick aber bekommt die Vorstellung verschiedene andere Merkmale, welche sie sehr genau pr\u00e4cisiren und localisiren.\nFormel : \u00ab*\t\u00ab' a1\ta1\n[\u00ab\u2019]\tb\tb\n[a3]\tc1\n[<**]\tC3\nIn den folgenden Beispielen ist\tC3 eine Verminderung und dann\neine Hinzufiigung geschehen, aber nur die Endzust\u00e4nde traten ins\t\nvolle Bewusstsein. N II 122. B. 9 AV. Drachen. R V 66. B. \u00d4\t\nAV. Wagschale.\nIm Folgenden scheint ein Gef\u00fchl die Stelle der zwei Vorg\u00e4nge zu vertreten:\nN II 121. B. \u00df\n1.\tGef. des Strebens,\n2.\tAV. Wagschale.\nIm Folgenden sind der erste und der dritte Theil dem Ver-\nsuc II 122 \u00e4hnlich, der dritte dagegen dem letzten Theil des Versuchs V 31 :\nWn 123. B. Q\n1-\tAV. Kreisma\u00df,\n2-\tEr. das Kreisma\u00df, das Beob. vor einer Woche gebraucht hat,\n\u2022k AV. ein F\u00e4cher.\n5*","page":67},{"file":"p0068.txt","language":"de","ocr_de":"68\nE. W. Scripture.\nFormel \u2022_______________________\na1 a1 a1 a1 [a2]\t6 5c\nc1 c2\nKr YI 37. Tasteindruck von einem Kork.\n1.\tA. Gesichts-V., Kork einer Weinflasche,\n2.\tSB. [wirklich ausgesprochen] ein Kork.\nFormel:\na1 a1 c [a2]\t51\n62\nAls Resultate der Processe der Perception, Apperception und Verminderung erhalten wir Vorstellungen in verschiedenen Zust\u00e4nden. Innerhalb der beiden Extreme gibt es einen stetigen Uebergang von einem Zustand zum anderen; diesen Uebergang aber kann man als aus vier Stufen bestehend betrachten. Die Vorstellungen auf diesen Stufen k\u00f6nnen demnach als 1) nicht percipirt, 2) percipirt, 3) appercipirt, 4) appercipirt und vermindert bezeichnet werden. Um diese Bezeichnungen in den folgenden Capiteln zum Gebrauch bereit zu haben, gebe ich von jeder eine kurze Definition :\nNicht-percipirt ist eine Vorstellung, von deren Existenz man kein Bewusstsein hat.\nPercipirt ist eine bewusste Vorstellung, auf welche nicht die Aufmerksamkeit gerichtet ist.\nAppercipirt ist eine Vorstellung, welche die Aufmerksamkeit auf sich zieht,\nAppercipirt und vermindert ist eine Vorstellung, welche appercipirt ist und einen Verlust einzelner Elemente erlitten hat1).\nV. Die Einwirkung von Vorstellungen.\nNicht alle Vorstellungen wirken auf den Vorstellungsverlauf ein. W\u00e4hrend wir eine Gedankenkette ununterbrochen fortsetzen,\n1) Da es noch keine Untersuchungsmethode daf\u00fcr gibt, habe ich von der M\u00f6glichkeit einer Verminderung von nicht appercipirten, d. h. percipirten und\nnicht percipirten Vorstellungen abgesehen.","page":68},{"file":"p0069.txt","language":"de","ocr_de":"lieber den associative!! Verlauf der Vorstellungen.\n69\nkommen und gehen mehr oder minder bewusste Vorstellungen, auf welche wir kaum achten. Es kann auch sein, dass eine Vorstellung ins Bewusstsein tritt und den Verlauf einen Augenblick unterbricht, aber dann verschwindet, worauf der Verlauf sich, als w\u00e4re er nicht unterbrochen worden, fortsetzt. In solchen F\u00e4llen kann man kaum von der Einwirkung einer Vorstellung auf den Vorstellungsverlauf sprechen. Vielmehr ist der Ausdruck auf solche F\u00e4lle zu beschr\u00e4nken, wo eine Vorstellung nicht nur den fr\u00fcheren Verlauf unterbricht, sondern einen neuen Verlauf verursacht, oder in welchen eine Vorstellung mit oder ohne Unterbrechung irgendwie den Verlauf \u00e4ndert.\nNach dem Eintritt einer Vorstellung ins Bewusstsein kann dieselbe eine Einwirkung auf den Verlauf in zweierlei Weise aus\u00fcben: sie wirkt unmittelbar oder mittelbar. Unmittelbar und mittelbar sind hier Bezeichnungen vom objectiven Standpunkt aus, nicht in Bezug auf das Bewusstsein. F\u00fcr das Bewusstsein sind alle Einwirkungen unmittelbar. Wenn nach dem Eintritt der Vorstellung a ins Bewusstsein die Vorstellung b folgt, dann ist, so weit es das Bewusstsein betrifft, b die Folge von a. Wenn aber gezeigt werden kann, dass die Vorstellung b niemals in irgend welcher Beziehung zu a gestanden hat, und dass \u2014 so weit es das Bewusstsein betrifft \u2014 kein Grund f\u00fcr die Folge von b auf a vorhanden ist, dann kann die Einwirkung von a nicht unmittelbar sein. Wenn es zudem m\u00f6glich ist, eine Succession von b auf a durch Beziehungen von a und b zu c herzustellen, obwohl weder c noch die Beziehungen zu demselben im Bewusstsein vorhanden sind, dann ist die M\u00f6glichkeit einer mittelbaren Einwirkung bewiesen. Die unmittelbare Einwirkung einer Vorstellung ist der Einfluss, welchen diese Vorstellung auf eine andere ohne die Vermittelung einer dritten Vorstellung aus\u00fcbt; die mittelbare Einwirkung ist der Einfluss, welchen eine Vorstellung auf eine zweite Vorstellung verm\u00f6ge der Beziehungen beider zu einer dritten au\u00dferhalb des Bewusstseins stehenden pder in einem niedrigeren Grade bewussten Vorstellung aus\u00fcbt. Die Vorstellung, auf welche eingewirkt wird, oder welche als Resultat der Einwirkung anzusehen ist, muss, dem psychologischen Standpunkte","page":69},{"file":"p0070.txt","language":"de","ocr_de":"70\nE. W. Scripture.\ngem\u00e4\u00df1), ins volle Bewusstsein kommen und die ein wirkende Vorstellung muss objectiv genau bestimmbar sein. Da es gewisse Bedenken gegen den Gebrauch des Wortes Vorstellung als Bezeichnung von unbewussten psychischen Th\u00e4tigkeiten gibt, kann auch der Ausdruck \u00bbAeqiiivalent einer Vorstellung\u00ab statt Vorstellung gebraucht werden, sobald es sich um eine vorstellende Th\u00e4tigkeit handelt, welche unter die Schwelle des Bewusstseins gesunken ist2).\nDie zur Einwirkung vorbereiteten Vorstellungen oder Bestandteile von Vorstellungen, nach ihren psychologrechen Zust\u00e4nden classificirt, sind : nicht percipirt, percipirt, appercipirt und appercipirt-vermindert. Eine Vorstellung in jedem dieser Zust\u00e4nde kann denkbarer Weise entweder unmittelbar oder mittelbar auf den Verlauf der Vorstellungen einwirken. Wir wollen beide Arten der Einwirkung getrennt untersuchen. Dabei will ich aber schon hier darauf aufmerksam machen, dass viele Probleme und Fragen, von denen einige hier zum ersten Mal aufgeworfen werden, in dieser Arbeit nicht gel\u00f6st werden k\u00f6nnen, zumal ja dieses ganze Gebiet bis heute experimentell fast unerforscht ist. Die unmittelbare Einwirkung einer appercipirten Vorstellung ist in fast allen psychologischen Werken als die allein denkbare angenommen. Die mittelbare Einwirkung ist zuerst von Sir Wm. Hamilton erw\u00e4hnt und von Lehmann3) einigerma\u00dfen experimentell untersucht worden.\nL Die unmittelbare Einwirkung.\nObwohl die Einwirkungen der percipirten und nicht percipirten seelischen Vorg\u00e4nge auf den Vorstellungsverlauf zweifelsohne eine au\u00dferordentlich wichtige Rolle spielen, wollen wir doch von den zun\u00e4chst liegenden Bewusstseinsthatsachen ausgehen und die Einwirkungen der appercipirten Vorstellungen betrachten.\n1. Appercipirte Vorstellungen. Eine appercipirte Vorstellung kann eine unmittelbare Einwirkung aus\u00fcben. In den\n1)\t\u00bbAuf das Gehen und Kommen der im ganzen Umfang des Bewusstseins liegenden Vorstellungen k\u00f6nnen wir nur aus ihren R\u00fcckwirkungen auf die im inneren Blickpunkt befindlichen zur\u00fcckschlie\u00dfen\u00ab. Wundt, Phys.Psych.il, p.261.\n2)\t\u00bbF\u00fcr die wir den an sich widersprechenden, aber bequemen Namen \u00bbunbewusste Vorstellungen\u00ab brauchen, um anzudeuten, dass sie aus Vorstellungen entstanden sind und unter Bedingungen wieder zu solchen werden k\u00f6nnen\u00ab. (Lotze, Grundz\u00fcge der Psychologie, S. 17.)\n3)\tUeber das Wiedererkennen. Phil. Stud. V. p. 96.","page":70},{"file":"p0071.txt","language":"de","ocr_de":"71\nlieber den associativen Verlauf der Vorstellungen.\nfolgenden Versuchen der verschiedensten Art sind die einwirkenden Vorstellungen als vollkommen appercipirte unverminderte Vorstellungen sogleich zu erkennen. Jede ein wirkende Vorstellung wirkt direct ohne Vermittelung einer dritten auf die assocnrte Vorstellung. Ich bemerke hierbei wiederum, dass die Beispiele vollst\u00e4ndig den Versuchsprotokollen entnommen sind, und dass sie daher zuweilen Einzelheiten enthalten, die mit dem gegenw\u00e4rtigen Punkte nichts zu thun haben.\nD m 174. WL. ach!\nSB. ach weh !\nFormel :\t___\na a\nb\nSch I 34. WB. Mon.\nW. Monas\n(diesen Morgen geh\u00f6rt).\nFormel :\n\u00ab\u2022\u2014 o2 a2 a3 a3 bi \u00c42\nSch I 41. B. Kirschen.\nPh. Baum.\nFormel:\na a b\nD III 199. Geschmack, Citronensaft.\nSB. Citronen.\nFormel :\na b\nSch I 111. B. Ziege.\n1. SB. Ziege,\n\\\t2. SB. Bock.\nFormel :\na b c\nSch I 168. Tasteindruck von einer Schreibfeder,\n1.\tSB. Stahlfeder,\n2.\tGesichts- V., Stahlfeder.","page":71},{"file":"p0072.txt","language":"de","ocr_de":"72\nE. W. Scripture.\nFormel :\na 6 c\nR Y 85. Schall von einer Stimmgabel.\nGesichts-V., eine Stimmgabel, mit welcher Beob. fr\u00fcher arbeitete.\nFormel :\na----\n62\nH IV 30. B. Zulu mit Waffen, welcher zu laufen anf\u00e4ngt.\nV. Angriff der Zulus im Kriege.\nR V 5. B. Seestern,\nEr. Seestern im East Hiver, den Beob. vor 15 Jahren einmal gesehen hat.\nKr VI 34. Tastktndruck von einer Zahnb\u00fcrste.\n1.\tSS. es ist eine Zahnb\u00fcrste.\n2.\tGesichts-V., die B\u00fcrsten, K\u00e4mme u. s. w. zu Hause.\nFormel :\n2. Verminderte appercipirte Vorstellungen. Die Verminderung einer Vorstellung und die unmittelbare Einwirkung sind schon beschrieben; es bleibt daher nur \u00fcbrig, das Zusammenwirken beider Processe durch Beispiele zu erl\u00e4utern.\nWB. Gacolusim.\n1.\tSB. Gacolusim,\n2.\tSB. Colossal,\n3.\tSS. Colosseum.\n(In Gedanken spricht H. jedes Wort, d. h. er machte schwache Kehlkopfinnervationen.)\nWB. Lf.fo.\nW. leaf [Engl. = Blatt.]\nal a1 a2 a2 [\u00ab3] 6\nN II 46. WB. Lefo.\nW. life [Engl. = Leben.]\nH IV 19.\nH IV 17. Formel :","page":72},{"file":"p0073.txt","language":"de","ocr_de":"lieber den associative!! Verlauf der Vorstellungen.\n73\nN II 54. WB. Gacolusim.\n1.\tWL. Galicia,\n2.\tWL. Gladstone.\nK\u00fc VIII 6. B. eine Muschel (als eine ovale graue Form aufgefasst).\nSB. grau.\nFormel :\n[a1]\ta'!\nd2 b\nM\nDie Form hat sich nicht hei der Association betheiligt; nur der Einfluss der Farbe ist zu bemerken.\nR V 79. B. I-\n1.\tPh. der Buchstabe T.\n2.\tPh. eine T-Bandage.\nAndere \u00e4hnliche Versuche sind schon zu einem anderen Zweck oben angef\u00fchrt ').\n3. Percipirte Vorstellungen. Jedermann hat erfahren, dass seine Gedanken durch kaum bewusste Eindr\u00fccke beeinflusst werden, die erst sp\u00e4ter die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Es geschieht oft, dass unser Gedankengang mit dem Charakter unserer Umgebung Schritt h\u00e4lt, ohne dass wir \u00fcberhaupt an die Umgehung denken; nachher k\u00f6nnen wir manchmal aus dem Ged\u00e4chtniss angeben, nicht nur wie der Vorstellungsverlauf, sondern auch wie die Umgehung sich ge\u00e4ndert hatte. Z. B. im Moment, da jemand \u00fcber irgend einen Gegenstand nachdenkt, h\u00f6rt er ein Musikst\u00fcck. Er l\u00e4sst es momentan unbeachtet, aber sp\u00e4ter kann er deutlich bemerken, wie der Gedankengang seinen Charakter im Sinne der Musik ge\u00e4ndert\nhat, vom Traurigen zum Heitern, vom Langsamen zum Schnellen u. dgl.\nDas Problem der Ablenkung der Aufmerksamkeit befasst sich einigerma\u00dfen mit diesem Fall. Um die Einwirkungsf\u00e4higkeit einer > o percipirten Wahrnehmung zu untersuchen, m\u00fcsste man dem Beobachter eine specielle Aufgabe stellen, wobei der Gedanken-er au ein bestimmter ist; dabei m\u00fcsste irgend ein nicht zu starker\n1) Seite 64 ff.","page":73},{"file":"p0074.txt","language":"de","ocr_de":"74\nE. W. Scripture.\nReiz auf ihn ein wirken, so dass zu ersehen ist, wie der Gedankenverlauf dadurch beeinflusst wird. Solche specielle Versuche \u00fcber blo\u00df percipirte Wahrnehmungen anzustellen, lag au\u00dferhalb der Grenzen dieser Untersuchung, aber es boten sich nicht selten von selbst der Beobachtung F\u00e4lle dar, wo eine blo\u00df percipirte freie Vorstellung auf den Verlauf der Vorstellungen einwirkte.\nV VII 5. WB. City [Stadt].\n1.\tNicht deutliches SS., city,\n2.\tUnklare V., die Stadt New-York,\n3.\tSB. City of New-York.\nMan sieht deutlich, wie das resultirende 3. SB. aus den nicht appercipirten 1. und 2. und wahrscheinlich WB. zusammengesetzt ist.\nR V 55. Farbe, grlu-wei\u00df.\n1.\tV. (nicht so klar), Sonne oder Mond auf dem Ocean.\n2.\tV. Mond auf dem Ocean, Havannah (1887).\nS VII 3. WL. Window [Fenster].\n1.\tV. (unklar), ein Fenster.\n2.\tSB. a window-pane [eine Fensterscheibe],\nR V 49. Farbe, roth.\n1.\tUnklare V., rothes Strontium-Licht.\n2.\tV. Scene aus dem \u00bbFreisch\u00fctz\u00ab zu Terrace Garden in N.-Y. (vor 15 Jahren).\nDie Einwirkungen der blo\u00df percipirten Vorstellungen sind viel schw\u00e4cher als die der appercipirten. Beweis daf\u00fcr ist die Thatsache, dass, wenn eine blo\u00df percipirte Vorstellung auf eine Wahrnehmung folgt und diese Wahrnehmung nicht verschwindet, die folgende Vorstellung meistens an die Wahrnehmung und nicht an die blo\u00df percipirte Vorstellung ankn\u00fcpft.\nN II 30. B. Afrika-Reisender.\n1.\tUnklare V., eine Theaterscene.\n2.\tEine Geschichte (Peters\u2019 Expedition \u2014 gestern gelesen).","page":74},{"file":"p0075.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber den associative!! Verlauf der Vorsteliungen.\n75\nN II 98, B. +\t,\t. ,\n1.\tDunkle Vn ein Theil des Ankers (der Klammer), welcher gebraucht wird, um Mauern zu verst\u00e4rken (in Japan sehr oft aus Holz).\n2.\tSB. Kreuz.\nW II 100. B. X\n1.\tDunkle V., ein Wappen.\n2.\tV. (etwas sp\u00e4t gekommen), Farbenscheiben, welche N vor einigen Wochen f\u00fcr optische Versuche gemacht hatte.\n4. Nicht-percipirte Vorstellungen. Die Bedeutung des Problems der Einwirkung nicht-percipirter Vorstellungen auf das Bewusstsein ist etwa auf folgende Weise zu skizziren : Was au\u00dferhalb des Bewusstseins liegt, k\u00f6nnen wir nur mit den Eigenschaften denken, welche uns im Bewusstsein gegeben sind. Nun ist es zweifellos, dass nach ihrem Verschwinden aus dem Bewusstsein Vorstellungen ! oder die entsprechenden unbewussten Vorg\u00e4nge einen Einfluss auf . den Gedanken verlauf aus\u00fcben. Es hat jedermann erfahren, dass nach einer sehr traurigen oder freudigen Vorstellung die Gedanken den entsprechenden Charakter annehmen, selbst wenn die Vorstellung nicht mehr im Bewusstsein ist1). Nach dem Erwachen findet man sich manchmal in einer ungew\u00f6hnlichen Stimmung und f\u00fchlt sich gezwungen, in einer sonderbaren Weise zu denken; oft gelingt es dann, sich an irgend einen merkw\u00fcrdigen Traum zu erinnern, welcher lange Zeit einen Einfluss auf den Vorstellungsverlauf aus\u00fcbt, ohne dass man sich dessen bewusst ist Hiervon sieht man im normalen Leben Beispiele genug, abgesehen von den Erscheinungen der laygnose, der posthypnotischen Suggestion und des pathologischen psychischen Lebens. Zur L\u00f6sung des hier vorliegenden Problems wird folgenderma\u00dfen zu verfahren sein : da wir die nicht-percipirte Vorstellung nicht durch directe Beobachtung oder Wahrnehmung bestimmen k\u00f6nnen, so m\u00fcssen wir von den v\u00f6llig bewussten Vor-stellungen ausgehen und den Einfluss dieser auf die nicht-percipirten\n. J' \"Andere Interessen, Pflichten und dergl. verdr\u00e4ngen die Vorstellung des ctreffenden schmerzlichen Ereignisses. Es bleibt nur eine traurige Stimmung, ple a en uns aufgedrungenen Gef\u00fchlen einen tr\u00fcben Hintergrund gibt\u00ab. (H orwic z, Psychologische Analysen, I, p. 308.)","page":75},{"file":"p0076.txt","language":"de","ocr_de":"76\nE. W. Scripture.\nVorstellungen ermitteln; dies aber darf nicht direct, sondern nur durch die Vermittelung der Wirkungen der nicht-percipirten Vorstellungen auf das Bewusstsein geschehen. Dies ist nun aber die Aufgabe, welche der Untersuchung der mittelbaren Einwirkung gestellt ist, zu deren Betrachtung wir jetzt \u00fcbergehen.\nB. Die mittelbare Einwirkung.\nKann eine Vorstellung eine andere Vorstellung erneuern, mit welcher sie in keiner Verbindung steht, wenn jede mit einer dritten jetzt nicht im Bewusstsein liegenden Vorstellung zu einer anderen Zeit verbunden war?\nSir. Wm. Hamilton hat schon auf solche Associationen aufmerksam gemacht1). \u00bbNun geschieht es zuweilen, dass wir eine Idee finden, welche gleich einer anderen ins Bewusstsein steigt, ohne dass wir beider Beziehungen auf ein Gesetz der Association zur\u00fcckf\u00fchren k\u00f6nnen. In diesen F\u00e4llen k\u00f6nnen wir gew\u00f6hnlich durch aufmerksame Beobachtung entdecken, dass beide Ideen, obwohl selbst nicht verbunden, mit gewissen anderen Gedanken verbunden sind, so dass die ganze Gedankenfolge regelm\u00e4\u00dfig w\u00e4re, w\u00e4ren diese Zwischenvorstellungen als Bindeglieder zwischen den nicht unmittelbar verbundenen Ideen ins Bewusstsein gekommen. Zum Beispiel nehme man an, dass A, B, C drei Ideen sind, \u2014 dass A und C einander nicht hervorrufen [suggest] k\u00f6nnen, dass aber jede mit B associirt ist, so dass A nat\u00fcrlich B und B nat\u00fcrlich G hervorrufen wird. Nun kann es geschehen, dass A bewusst wird, und gleich darnach C. Wie ist die Unregelm\u00e4\u00dfigkeit zu erkl\u00e4ren ? Sie ist nur durch das Princip der latenten Modificationen zu erkl\u00e4ren. A ruft C herbei, nicht unmittelbar, sondern durch B; aber da B, wie die H\u00e4lfte des minimum visibile oder minimum audibile, sich nicht ins Bewusstsein erhebt, sind wir geneigt, es als nicht existirend zu betrachten\u00ab2).\n\u00bbAn Ben Lomond [ein Berg in Schottland] denkend, folgte dieser Idee sogleich eine andere an das preu\u00dfische Erziehungs-System. Eine denkbare Verbindung zwischen den zwei Ideen selbst\n1)\tEine Andeutung hier\u00fcber findet man bei Har tley, Observations on Man, London, 1749.\n2)\tHamilton, Leet. on Metaphysics. Lect. XVIII, I. Band. S. 352.","page":76},{"file":"p0077.txt","language":"de","ocr_de":"77\nUeber den associativen Verlauf der Vorstellungen.\n\u00ab\u25a0ab es nicht. Ein wenig Ueberlegung aber erkl\u00e4rte die Anomalie. Hei meinem letzten Besuch dieses Gebirges traf ich auf dessen Gipfel einen deutschen Herrn, und obwohl ich kein Bewusstsein der mittelbaren und unerweckten Verbindungsglieder zwischen Ben Lomond und den preu\u00dfischen Schulen hatte, waren sie zweifelsohne folgende, \u2014 der Deutsche, - Deutschland, \u2014 Preu\u00dfen \u2014 und, diese Zwischenglieder zugestanden, ist die Verbindung zwischen den Extremen einleuchtend\u00ab1).\nDieses Beispiel aber leidet an den M\u00e4ngeln aller nicht experimentellen Beobachtungen. Von einem Gegner k\u00f6nnte der berechtigte Einwurf gemacht werden, dass die beiden Vorstellungen m\u00f6glicher Weise doch einmal zu einer fr\u00fcheren Zeit zusammen im Bewusstsein gewesen seien. Obwohl dies sehr unwahrscheinlich ist, ist die Thatsache der mittelbaren Einwirkung so lange nicht bewiesen, bis alle M\u00f6glichkeit einer unmittelbaren Einwirkung ausgeschlossen ist. Solche Beispiele habe ich zu gewinnen versucht. Um Verbindungen zwischen Vorstellungen herzustellen, welche unm\u00f6glich fr\u00fcher in Verbindung gewesen sein konnten, verfuhr ich folgenderma\u00dfen: eine Vorstellung A, resp. B, C, D, war mit einer ihr fremden Vorstellung u, resp. v, w, x, gegeben. Ferner war gegeben eine Anzahl Vorstellungen, welche den ersten fremd sind, M, N, O, P, jede mit einer der Vorstellungen u, v, w, x. Der Beobachter bekam also eine Reihe Vorstellungen Au, Bv, Cw, Dx, Ow, Mu, Px, Nv. Nun war ihm irgend eine der Vorstellungen z. B. P allein ohne x gegeben. Wenn der Beobachter x associirte oder x und A, hatte der Versuch f\u00fcr den gegenw\u00e4rtigen Zweck keine Bedeutung; es war eine einfache Association durch unmittelbare Einwirkung. Wenn aber der Beobachter D associirte, ohne dass die Vorstellung x ins Bewusstsein trat, konnte das nur aus einem unbekannten Grund oder durch die nicht im Bewusstsein vorhandene Vorstellung x geschehen.\nAuf verschiedenen Wegen habe ich solche Reihen gewonnen. Um zwei einander fremde Vorstellungen in Beziehung zu einer dritten ebenfalls fremden zu setzen, brachte ich z. B. zwei W\u00f6rter m lateinischen Buchstaben, ein japanisches und ein deutsches,\n1) Ibid. Lect., XXXII, II. Band, S. 244. Ein \u00e4hnliches Beispiel ist bei Carpenter zu finden: Mental Physiology, 4te Auflage, \u00a7.427.","page":77},{"file":"p0078.txt","language":"de","ocr_de":"78\nE. W. Scripture.\nunabh\u00e4ngig von einander in Verbindung mit japanischen Schriftzeichen. Dies wurde auf folgende Weise erzielt. Jede Reihe war in zwei Folgen eingetheilt. Die erste Folge bestand aus Karten, auf deren jeder ein mit lateinischen Buchstaben geschriebenes japanisches Wort und ein oder zwei japanische Schriftzeichen sich befanden ; alle beide waren dem Beobachter ganz fremd (es versteht sich von selbst, dass solche Karten nicht f\u00fcr den Japaner gebraucht wurden). Die zweite Folge bestand aus Karten, auf deren jeder ein deutsches Wort und dieselben Schriftzeichen wie auf einer Karte der ersten Folge waren. Zun\u00e4chst wurde die erste, dann die zweite Folge gezeigt. Darauf wurde entweder ein deutsches oder ein japanisches Wort allein ohne die Schriftzeichen dargeboten und der Beobachter gab an, welche Vorstellung hiernach in ihm aufstieg. Als Beispiele gebe ich zuerst eine Kartenreihe (die japanischen Buchstaben sind durch griechische ersetzt) und eine darnach folgende Versuchsreihe.\nReihe 26.\nK\u00fc VIII 16.\n17.\n18.\n19.\n20. 21.\n22.\n23.\n24.\n(1)\ta \u00df\t(5)\ty\u00f6\n\tHana\tMensch\n(2)\tyd\t(6)\teg\n\tHito\tGehen\n(3)\teg\t(7)\ti?\u00a9\n\tIuku\tKommen\n(4)\tTj 0\t(8)\ta\u00df\n\tKuru\tBlume.\n16.\tReihe 26.\tJeder Theil 2 n\njezeigt. (Keine Association w\u00e4hrend der Reihe.)\nHito, Mensch,\nKuru, Kommen (weil mit K anfangend?) Hana \u2014\u2022\nIuku, Gegen.\nKommen, Iuku. (Das Wort \u00bbIuku\u00ab vom vorigen Versuch war noch im Bewusstsein, als \u00bbKommen\u00ab gezeigt wurde).\nGehen \u2014\nMensch, Hito.\nBlume, Hana.","page":78},{"file":"p0079.txt","language":"de","ocr_de":"79\nLieber den associativen Verlauf der Vorstellungen.\n[Die Associationen waren unwillk\u00fcrlich; der Beobachter glaubte, dass sie alle unrichtig seien, und konnte keinen Grund f\u00fcr das unwillk\u00fcrliche Auftreten der W\u00f6rter angeben. Er hat an die Mittelglieder \u00fcberhaupt nicht gedacht.]\nEinige R\u00fccksichten waren nothwendig, um die Sicherheit zu gewinnen, dass die Endvorstellungen niemals in directer Verbindung seien. Die zweite Folge der Reihe wurde gew\u00f6hnlich schneller gezeigt, um dem Beobachter keine Zeit zu lassen, an die Karten der ersten Folge zu denken. Wenn dies aber dennoch geschah, musste der Beobachter davon sogleich Mittheilung machen, und die betreffenden Karten kamen nicht zur Verwendung. Nach den ersten Versuchen wurde noch ein Controlmittel eingef\u00fchrt. Nachdem die Reihe zu Ende war, musste der Beobachter ausdr\u00fccklich erkl\u00e4ren, ob er sich irgend einer Verbindung zwischen Eindr\u00fccken der zweiten Folge und solchen der ersten bewusst sei. Der Inhalt dieser Erkl\u00e4rung wurde bei den Versuchen durch eingeklammerte Bemerkungen angegeben.\nAuf diese Weise konnten alle bewussten Beziehungen ausgeschlossen werden ; aber die Hauptschwierigkeit bestand darin, andere unberechenbare, unbemerkte Mittelglieder fern zu halten. Wenn die zwei Folgen der Reihe durch mehr als ein System von Mittelgliedern verbunden sind, h\u00e4ngt das Resultat von allen ab. Ich habe darnach gestrebt, alle m\u00f6glichen Systeme von Mittelgliedern auf eines zu reduciren ; leider bin ich nicht berechtigt anzunehmen, es sei mir dies vollkommen gelungen. Denn w\u00e4re es, so m\u00fcssten alle die erlangten Resultate richtig sein. Um den Einfluss fernzuhalten, der sich durch die Reihenfolge der Karten geltend machen konnte, wurde jede Folge einer Reihe in anderer Anordnung gezeigt,\n\u25a0mci ea wurden ebenso die Versuche in verschiedener Successions-weise gemacht.\nDas schwierigste, niemals ganz zu vermeidende Hinderniss der Wirksamkeit der Mittelglieder waren die beim Eintritt des Wortes immer im Bewusstsein schon vorhandenen Vorstellungen. Nach dem Sehen eines Wortes gab der Beobachter an, an welches andere ort er darnach dachte; nun konnte das Auftreten dieses Wortes m seinem Bewusstsein die Folge davon sein, dass in dem Augen-","page":79},{"file":"p0080.txt","language":"de","ocr_de":"80\nE. W. Scripture.\nblick vor dem Versuche er an dieses oder ein verwandtes Wort dachte. Z. B., nach dem gezeigten Wort \u00bbBlume\u00ab kann das richtige Wort \u00bbHana\u00ab ins Bewusstsein treten, aber er wird nicht an \u00bbHana\u00ab, sondern an \u00bbIuku\u00ab denken, wenn unmittelbar vorher \u00bbIuku\u00ab schon in seinem Bewusstsein war. Diese Thatsache spricht nicht gegen die Schl\u00fcsse, welche ich aus den Resultaten ziehe ; vielmehr spricht sie f\u00fcr dieselben, weil, wenn das Moment der Th\u00e4tigkeit der Mittelglieder nicht vorhanden w\u00e4re, das richtige Zusammenstellen der W\u00f6rter wegen dieses Einflusses des zuf\u00e4lligen Zustandes des Bewusstseins sicherlich seltener Vorkommen w\u00fcrde.\nEin fast ebenso gro\u00dfes Hinderniss war die Thatsache, dass Buchstaben f\u00fcr beide Arten der W\u00f6rter gebraucht wurden. Gewisse Aehnlichkeiten der W\u00f6rter, welche viel zu der Verminderung der Zahl der richtigen Associationen beitrugen, waren nicht zu vermeiden. Z. B. ist es ganz nat\u00fcrlich, dass \u00bbHito\u00ab zu \u00bbHana\u00ab wegen des gemeinsamen Buchstabens H associirt wird, n\u00e4mlich im Falle das Mittelglied nicht stark genug war, diese Association zu \u00fcberwinden und das richtige Wort \u00bbBlume\u00ab hervorzubringen. Auf anderen Wegen habe ich versucht, Reihen ohne solche Aehnlichkeiten aufzustellen, z. B. W\u00f6rter \u2014 Farben \u2014 Bilder, Buchstaben \u2014 Zahlen \u2014 Zeichen, oder Zahlen \u2014 Farben \u2014 Namen u. s. w.; aber es stellen sich doch sehr oft irgendwelche Beziehungen ein. Bei vielen solcher Reihen \u00fcbrigens sinken die Endglieder viel eher aus dem Bewusstsein als die Mittelglieder.\nDie Resultate der Versuche sind so aufzufassen: zwischen A und M, B und N, C und O, D und P sind keine bewussten Beziehungen vorhanden, aber zu einer fr\u00fcheren Zeit war A resp. B, G, D, mit u, resp. \u00bb, w, x, und zu einer anderen Zeit war M, resp. N, 0, P mit u, resp. \u00bb, to, x, zusammen im Bewusstsein. Wird nun P gezeigt, so findet einer der vier m\u00f6glichen Vorg\u00e4nge statt:\n1)\tes folgt die Vorstellung x und vielleicht nach ihr andere Vorstellungen; dies ist eine unmittelbare Associationsreihe und kommt hier nicht in Betracht;\n2)\tes folgt die Vorstellung D ohne x; dies wollen wir einen richtigen Fall nennen;","page":80},{"file":"p0081.txt","language":"de","ocr_de":"81\n[Jeher den associative\u00ab Verlauf der Vorstellungen.\n3)\tes folgt eine der andern Vorstellungen A, B, C\\ dies nennen wir einen unrichtigen Fall;\n4)\tes folgt gar nichts.\t.\nZweck dieser Versuche ist zu pr\u00fcfen, oh unter den g\u00fcnstigsten\nUmst\u00e4nden die Mittelglieder wirksam sein k\u00f6nnen. Daher gab der Beobachter ein Wort nur dann an, wenn es ins Bewusstsein trat. So wird der Vorgang auf Folgendes reducirt: entweder kam kein Wort, oder das richtige, oder das unrichtige. AVenn kein Wort kam, zeigte der Versuch, dass in diesem Falle das Mittelglied nicht stark genug war, die Association zu Stande zu bringen. Wenn aber ein Wort, nach dem Zeigen eines mit ihm durch keine bewusste Beziehung verbundenen Wortes, ins Bewusstsein trat, musste irgend ein Grund daf\u00fcr vorhanden sein. Dieser Grund kann entweder in der Wirksamkeit der Mittelglieder oder in etwas Anderem bestehen. Wenn Letzteres nachweisbar war, wurde der Versuch nicht als richtig betrachtet; war aber kein anderer Grund nachweisbar, so m\u00fcssen wir denken, es seien die W\u00f6rter durch irgend ein unbewusstes Glied verbunden gewesen. Wenn die unbewussten Verbindungen nicht in den dem Experimentator bekannten Mittelgliedern bestehen, musste das Vorkommen der W\u00f6rter in richtigen Verbindungen ziemlich selten sein. Wenn nun D zu P associirt wird, ohne dass der Beobachter an x denkt, muss die Ursache entweder x oder irgend eine aus einer Anzahl unbekannter Ursachen a, b, c, d, u. 8. w. sein. Wenn M zu A associirt wird, muss wiederum die Ursache eine aus einer Anzahl unbekannter Ursachen sein. AVenn in einer Reihe solcher Experimente die unbekannten Ursachen freies Spiel haben, werden die richtigen Associationen verh\u00e4ltniss-m\u00e4\u00dfig sehr selten sein. Wenn dagegen viele richtige Associationen Vorkommen, k\u00f6nnen sie nicht anders als durch die unbewussten Mittelglieder hervorgebracht werden.\nDie folgende Tabelle gibt die Resultate der japanischen Reihen. Die 1. Spalte gibt den Beobachter an; die 2. (r) enth\u00e4lt die Zahl der richtigen mittelbaren Associationen ; die 3. (/) die der unrichtigen Associationen; die 4. (m) und 5. (in) geben an, in wie vielen aus diesen richtigen und unrichtigen Versuchen eine nicht vorausgesehene M\u00f6glichkeit einer unmittelbaren Verbindung gefunden werden konnte; die 6. und 7. [r und/) bezeichnen die Zahl der\nw\u00abndt, Thilos. Studien. VII.\n6","page":81},{"file":"p0082.txt","language":"de","ocr_de":"82\nE. W. Scripture.\nrichtigen und unrichtigen F\u00e4lle nach Abzug dieser letzten von den unter r und f angegebenen Zahlen; e gibt die Zabi der Versuche, in welchen eine einfache unmittelbare Association stattfand; k wie viel mal gar nichts associirt wurde und endlich T die Gesammt-summe der Versuche.\nTabelle I.\nBeobachter\tr\t/\tm\tn\tr-m\t/'= f-n\te\tk\tT\nI\t12\t2\t0\t2\t12\t0\t12\t0\t26\nII\t15\t9\t0\t3\t15\t6\t11\t11\t46\nIII\t2\t3\t0\t1\t2\t2\t11\t4\t20\nIV\t4\t5\t0\t0\t4\t5\t7\t4\t20\nV\t3\t0\t0\t0\t3\t0\t19\t18\t40\nVI\t11\t13\t1\t3\t10\t10\t3\t6\t33\nSumme\t47\t32\t1\t9\t46\t23\t63\t43\t185\nWie man sieht, ist die Zahl der richtigen F\u00e4lle viel gr\u00f6\u00dfer als die Zahl der unrichtigen. Wenn man alle F\u00e4lle in Rechnung\nzieht, ist y = 1,155; wenn diejenigen F\u00e4lle, in welchen die M\u00f6glichkeit einer directen Einwirkung gefunden werden konnte, weggelassen werden, ist y = 2,0. Specielle arithmetische Vei-\nh\u00e4ltnisse darf man nicht auf Grund von nur ein paar hundert Versuchen aufstellen. Klar aber ist die allgemeine That-sache, dass unter g\u00fcnstigen Umst\u00e4nden eine Vorstellung-mittelbar auf eine andere wirken kann.\nNoch eine andere Thatsache zeigt sich sehr deutlich in der Tabelle, n\u00e4mlich die \u00fcberwiegende Neigung zu einfachen Associationen ; in fast einem Drittel der Versuche wurden entweder die japanischen Schriftzeichen, eine undeutliche Vorstellung davon oder irgend etwas, das mit der Versuchsreihe gar nichts zu thun hatte, unmittelbar associirt.\nIn diesen Versuchen wurde die mittelbare Einwirkung wahrscheinlich dadurch erleichtert, dass die Mittelglieder leicht aus dem Bewusst-","page":82},{"file":"p0083.txt","language":"de","ocr_de":"83\nUeber den associativen Verlauf der Vorstellungen.\nsein verschwanden. Bei anderen Versuchen zeigte sich die unmittelbare Einwirkung fast ausschlie\u00dflich wirksam, und es geschah dies um so mehr, je einfacher und deutlicher die Mittelglieder waren. Z. B. bei Reihen, in welchen die unverbundenen Vorstellungen aus Zahlen und Eigennamen und die Mittelglieder aus einfachen Farben bestanden, wurde die Farbe fast immer zu der gegebenen Vorstellung assocurt. Wenn dagegen die Mittelglieder sehr complicirte Figuren waren, wurden sie meistens vollkommen vergessen, und es war dann in den gemachten Associationen \u00fcberhaupt keine Gesetzm\u00e4\u00dfigkeit zu finden.\nDas erste Resultat wird also lauten: eine appercipirte V orstellung kann eine zweite Vorstellung, mit welcher sie niemals in Verbindung war, in den Blickpunkt des Rewusstseins bringen, wenn andere psychische Elemente in den niederen Graden oder au\u00dferhalb des Bewusstseins existiren, welche mit beiden in Verbindung stehen, vorausgesetzt dass keine st\u00e4rkeren Verbindungen vorhanden sind. Oder mit anderen Worten: die Glieder eines Vorstellungsverlaufs sind nicht nothwendiger Weise alle bewusst. Als zweites Resultat ergibt sich: die Wirkung eines unbewussten oder halb bewussten Gliedes ist viel schw\u00e4cher als diejenige eines v\u00f6llig bewussten; oder: die unmittelbare Einwirkung spielt im Vorstellungsverlauf eine gr\u00f6\u00dfere Rolle als die mittelbare. Wahrscheinlich ist es, dass, je complicirter eine Vorstellung ist, um so schwerer sie wieder ins Bewusstsein tritt, und um so leichter der Uebergang von einer Succession zweier unmittelbarer Verbindungen in eine mittelbare stattfindet.\nAus dem ersten Resultat folgt, dass eine nicht percipirte Vorstellung eine unmittelbare Einwirkung haben kann : die Vorstellung A \u00fcbt einen Einfluss auf die Vorstellung M nur durch ihre Einwirkung auf u\\ folglich muss u eine Einwirkung auf M haben; wenn diese Einwirkung mittelbar w\u00e4re, so m\u00fcsste u auf andere nicht-percipirte Elemente wirken, und es w\u00fcrde dann das letzte dieser nicht-percipirten Elemente eine unmittelbare Einwirkung auf M aus\u00fcben.\n..\tinteressante Resultate bietet eine Betrachtung der Mittel-\ng\u00bbe er in Bezug auf ihre Bewusstseinsgrade. Die Mittelglieder\n6*","page":83},{"file":"p0084.txt","language":"de","ocr_de":"84\nE. W. Scripture.\noder Verbindungsvorstellungen k\u00f6nnen alle Grade der Bewusstheit und der Unbewusstheit mit Ausnahme des Apperceptionsgrades besitzen. Wenn das Mittelglied appercipirt w\u00e4re, w\u00e4re es nicht Mittelglied einer mittelbaren Einwirkung, sondern ein Theil zweier einfacher Associationen. Wenn der Verlauf der Vorstellungen P x D ist, wo x auch appercipirt wird, dann haben wir zwei unmittelbare Einwirkungen. Nur wenn x einen niedrigen Grad des seelischen Lebens einnimmt, ist es Mittelglied in einer mittelbaren Einwirkung. Wenn der appercipirte Verlauf\tisL \u2014\nd. h. wenn P und D durch etwas unappercipirtes verbunden sind, \u2014 dann kann die Verbindungsvorstellung x entweder bewusst oder unbewusst sein. Wenn sie bewusst ist, ist sie percipirt; wenn unbewusst, kann sie in verschiedenen Zust\u00e4nden sein. Nachdem die Association ohne Bewusstsein der Verbindungs Vorstellung vollzogen ist, kann es geschehen, dass diese Vorstellung x von selbst mit dem Bewusstsein, dass sie das Verbindungsglied ist, hervortritt; oder, obwohl der Beobachter an die Verbindungs Vorstellung nicht dachte, kann er sie auf Verlangen angeben: er kann sie wiedererkennen; oder endlich, er hat, sie v\u00f6llig vergessen. Nach ihren verschiedenen Zust\u00e4nden k\u00f6nnen demnach die Verbindungsvorstellungen in f\u00fcnf Klassen eingetheilt werden:\na)\tpercipirte Vorstellungen,\nb)\tunbewusste aber unwillk\u00fcrlich reproducirbare Vor Stellungen,\nc)\tunbewusste aber willk\u00fcrlich reproducirbare Vorstellungen,\nd)\tunbewusste aber wiedererkennbare Vorstellungen,\ne)\tunbewuste vergessene Vorstellungen.\nNicht alles, was au\u00dferhalb des Bewusstseins liegt, befindet sich in demselben Zustande. Nach dem Verschwinden einer Vorstellung bleiben in dem Unbewussten irgend welche Dispositionen zur\u00fcck, welche nicht immer dieselben sind. Da vom psychologischen Standpunkte aus eine Erkl\u00e4rung des unbewussten Theiles des seelischen Lebens durch materielle Vorg\u00e4nge keine Erkl\u00e4rung ist, und da unsere totale Unkenntniss der Nervenprocesse, welche die Vorstellungen begleiten, jede solche Umdeutung ausschlie\u00dft, m\u00fcssen","page":84},{"file":"p0085.txt","language":"de","ocr_de":"85\n\u00fceber den associativen Verlauf der Vorstellungen.\nwir diese Dispositionen mit psychologischen Ausdr\u00fccken belegen. Am besten k\u00f6nnen wir von ihnen als unbewussten Vorstellungen reden und demgem\u00e4\u00df wollen wir unter unbewussten Vorstellungen diejenigen Vorg\u00e4nge au\u00dferhalb des Bewusstseins verstehen, welche an dem psychischen Leben theilnehmen (nat\u00fcrlich ziehen wir die Willens- und Gef\u00fchlsvorg\u00e4nge gar nicht in Betracht).\nDie unbewussten Vorstellungen oder die unbewussten Dispositionen finden sich in verschiedenen Zust\u00e4nden vor. In Bezug auf Reproducirbarkeit sind sie wie oben zu classificiren. Als eine unwillk\u00fcrlich reproducirbare unbewusste tVor Stellung wollen wir diejenige bezeichnen, welche beim Eintritt gewisser Vorstellungen ins Bewusstsein sich von selbst aus dem unbewussten Zustand ins Bewusstsein erhebt. Nat\u00fcrlich h\u00e4ngt die Selbstreproducirbarkeit der unbewussten Vorstellung von den im Bewusstsein liegenden V or-stellungen ab; der Zustand des Bewusstseins wird daher die Selbstreproducirbarkeit beeinflussen. Sie ist auch von vielen anderen Umst\u00e4nden abh\u00e4ngig; z. B. mit der Zeit wird sie nat\u00fcrlich schw\u00e4cher, durch Uebung st\u00e4rker, u. s. w. Eine willk\u00fcrlich reproducirbare Vorstellung wird diejenige sein, welche mit dem gegebenen Bewusstseinszustand sich nicht von selbst reproducirt, aber welche auf Wunsch hervorgebracht werden kann. Die zwei Processe, Selbstreproduction und willk\u00fcrliche Reproduction einer Vorstellung, entsprechen den von Aristoteles unterschiedenen Begriffen der /xvrjurj und \u00e2v\u00e2jivrjaig und den englischen memory und recollection. In \u00e4hnlicher Weise hat man die wiedererkennbare Vorstellung zu denken. Nicht unwillk\u00fcrlich sich reproducirend oder willk\u00fcrlich reproducirbar, wird sie als die betreffende wiedeferkannt, sobald eine neue gleiche Vorstellung ins Bewusstsein kommt. Vergessene Vorstellungen sind diejenigen, welche in dem gegebenen Zustand des Bewusstseins auf keine Weise wieder hervorzubringen sind.\na. Percipirt. Als percipirt wollen wir diejenigen Verbindungs-\u2022> orstellungen bezeichnen, von welchen der Beobachter sagt, sie seien fast gleichzeitig mit den resultirenden Vorstellungen im Bewusstsein gewesen, aber seien doch nicht mit den durch sie verbundenen Vorstellungen, sondern nachher appercipirt worden. Das Verbindungsglied hat in diesem Fall die Aufmerksamkeit nicht auf sich gezogen, doch war es percipirt und konnte beschrieben werden.","page":85},{"file":"p0086.txt","language":"de","ocr_de":"86\nE. W. Scripture.\nD III 278. WB. Strasse.\n1.\tW. Matsi.\n2.\tDie zwei Schriftzeichen.\n(Zwischen 1 und 2 wenig Zeitunterschied.\nvielleicht kann ein Zeichen vor und das andere\nnach dem Wort ins Bewusstsein gekommen sein),\nD III 286. WB. Umi.\n1.\tW. Meer.\n2.\tDie zwei Zeichen (1 und 2 kamen fast gleichzeitig) .\nb.\tSelbstreproducirend. Die Verbindungsvorstellung war nicht im Bewusstsein zur Zeit der durch sie erm\u00f6glichten mittelbaren Einwirkung, sondbrn nach der vollendeten Association trat sie von selbst ins volle Bewusstsein.\nSch I 138. WB. Kommen.\n1.\tSB. Kommen.\n2.\tSB. Kuru.\n3.\tDie Schriftzeichen.\nD III 285. WB. Wasser.\n1.\tSB. Misu.\n2.\tDie Schriftzeichen.\nD III 118. WB. Woki.\n1.\tSB. Woki.\n2.\tAV. Ocean.\n3.\tDie zwei Schriftzeichen (viel sp\u00e4ter).\nInteressant ist die Thatsache, dass D die Vorstellung vom Ocean\nstatt des Wortes \u00bb Ocean\u00ab zu Woki associirte; es waren also eigentlich zwei Verbindungsvorstellungen, n\u00e4mlich die Schriftzeichen und das deutsche Wort, eingeschaltet.\nc.\tWillk\u00fcrlich reproducirbar. Zur Zeit der mittelbaren Einwirkung ist die vermittelnde Vorstellung nicht bewusst; auch nach der Association tritt sie nicht ins Bewusstsein ; der Beobachter denkt gar nicht daran, aber auf Verlangen kann er die betreffende Vorstellung angeben.\nB V 139. WB. Meer.\n1.\tW. Umi.\n2.\t[Nachdem er gefragt war] die Schriftzeichen","page":86},{"file":"p0087.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber den associative!! Verlauf der Vorstellungen.\n87\nH IV 163 WB. TJmi.\n1.\tW. Meer.\n2.\t[Auf Verlangen] die Schriftzeichen.\n[Aufgefordert, sie zu zeichnen, brachte er aber\nnur eines zu Stande'; das andere blieb unklar].\nd.\tWiedererkennbar. Die Verbindungs vor Stellung ist zur Zeit der Association nicht im Bewusstsein; weder unwillk\u00fcrlich noch willk\u00fcrlich ist sie zu reproduciren ; doch wird eine gleiche aus einer Anzahl verschiedener neuer Vorstellungen als die betreffende wiedererkannt. Leider kann ich keine Beispiele gehen ; in den sehr wenigen F\u00e4llen, wo ich das Wiedererkennen untersuchte, habe ich nur negative Resultate erhalten. Diese sind im Folgenden angegeben.\ne.\tVergessen. Unter den gegebenen Umst\u00e4nden kann die Verbindungsvorstellung nicht im Bewusstsein hervorgerufen werden.\nH IV 147. WB. Buch.\nSB. Hon.\n(Schriftzeichen vergessen, selbst auf Vorzeigen\nnicht wiedererkannt.)\nR V 143. WB. Umi.\nW. Meer.\n(Schriftzeichen nicht wiedererkannt.)\nD III 282. WB. Buch.\nSB. Hon.\n(Nur eine undeutliche Idee der Buchstaben.)\nIch f\u00fchre auch ein paar Versuche an, wo die eine H\u00e4lfte des Verbindungsgliedes selbst reproducirend, die andere vergessen ist.\nD III 279. WB. Matsi.\n1.\tSB. Stra\u00dfe.\n2.\tDas zweite Schriftzeichen (das erste nicht klar bewusst).\nKr VI 135. WB. Haus.\n1.\tW. Iye.\n2.\tDas zweite Schrift Zeichen ').\n1) ln diesem Capitel habe ich auf eine theoretische Erkl\u00e4rung der mittelbaren Einwirkungen verzichtet; hier wollte ich nur auf psychologischem Boden dieThatsachen feststellen. Die Erkl\u00e4rung, welche Sir Wm. Hamilton vorschl\u00e4gt","page":87},{"file":"p0088.txt","language":"de","ocr_de":"88\nE. W. Scripture,\nVI. Die Hinzuf\u00fcgnng von Vorstellungen.\nEin anderer Fundamentalprocess des Verlaufs der Vorstellungen ist die Hinzuf\u00fcgung von Vorstellungen oder Vorstellungsbestand-theilen zu einer vorhandenen Vorstellung oder zu Bestandteilen einer solchen. Dieser Process ist A) der Form nach und B) dem Inhalt nach zu untersuchen.\nA. Die Formen des Hinzuf\u00fcgens.\nDer Form nach k\u00f6nnen drei Arten oder Stufen des Hinzuf\u00fcgens unterschieden werden : erstens einfaches Hinzuf\u00fcgen ; zweitens Hinzuf\u00fcgen mit Verminderung ; drittens Hinzuf\u00fcgen mit Verminderung auf Null oder Substitution.\n1. Beim einfachen Hinzuf\u00fcgen kommt zu der vorhandenen Vorstellung eine andere Vorstellung hinzu und das Resultat ist die Summe von beiden. Der Vorgang ist durch die Formel auszudr\u00fccken :\t\u201c j. Dieser Fall ist so einfach, dass eine Betrachtung\nder Beispiele gen\u00fcgende Erl\u00e4uterung gibt.\nSch I 35. WB. Sed.\nW. Sedez.\nD III 20. WB. Ohne.\nW. Ohne was?\nN II 49. WB. Ohne.\n1.\tohne Kraft.\n2.\t3B. ohne Stoff.\nFormel :\na a a b c\nS VII 22. WB. Very.\n1.\tSB. very.\n2.\tSB. very true.\n\u2014 n\u00e4mlich dass die Verbindungsvorstellungen im Bewusstsein gegenw\u00e4rtig seien, aber w\u00e4hrend einer so kurzen Zeit, dass vollkommene Amnesie in Bezug auf dieselben herrschte \u2014 hat J. StuartMillals eine unbewiesene Annahme bezeichnet; aber die von Mill vertretene physiologische Erkl\u00e4rung ist durchaus nicht weniger eine \u00bb unbewiesene Annahme\u00ab. (Vergl. J. Stuart Mill, An Examination of Sir Wm, Hamiltons Philosophy, p. 285.)","page":88},{"file":"p0089.txt","language":"de","ocr_de":"\u00fceber den associativen Verlauf der Vorstellungen.\n89\nZu dem WB. hat S zuerst die zugeh\u00f6rigen Kehlkopfsinnervationsimpulse hinzugef\u00fcgt; dann hat er zu dem WB. ein anderes WB. und zu den Innervationsimpulsen andere hinzugef\u00fcgt.\nFormel:\ta a a b cl b C2\nS VII 24.\tWB. The. 1.\tThee. 2.\tGef\u00fchl, dass dieses unrichtig ist. 3.\tjsjg j the door [die Th\u00fcre].\nFormel :\ta a O a (G = logisches Gef\u00fchl.) b\tci c2\nN 11 137.\tTastendruck einer Zwimrolle. 1.\tAV. Tast-V., ein cy linderf\u00f6rmiger Gegenstand. 2.\tGesichts-V. eines gelb wei\u00dfen Cylinders.\nFormel:\ta [a]\tb b\tc\nH IV 59.\tSchall von einer Stimmgabel. 1.\tBr. Schall der Pferdebahn-Glocke. 2.\tEr. eine Scene \u2014 wie H aus dem Wagen der Pferdebahn st\u00fcrzte.\nFormel \u2022\ta a a b b cl c- c\u00bb\nH IV 69.\tSchall vom Reiben zweier Holzkl\u00f6tzchen auf einander. 1.\tEr. Reibung der kleinen Pfefferb\u00fcchse. 2.\tEr. zu Tische im Hotel in der Schweiz.","page":89},{"file":"p0090.txt","language":"de","ocr_de":"90\nE. W. Scripture.\nFormel :\na a a fti 6i 62\t52\nc1 C2 C3\nif IV 88. Tasteindruck von einer Schreibfeder.\n1.\tGesichts-V. von Federn.\n2.\tGesichts-V. mit umgekr\u00fcmmter Spitze.\n3.\tDie Unm\u00f6glichkeit die \u00bbGilliard\u00ab Feder zu bekommen.\n4.\tin Holland,\n5.\tin Deutschland.\nFormel:\na a\ta\ta\ta\ta\n6\t6\t6\t6\t6\nc\tc\tc\tc\nd' rfl \u00abP\na2 a2 a2\ne\te\nf\n2. Die zweite Art des Hinzuf\u00fcgens kann vielleicht am besten \u00bbvermindernde Hinzuf\u00fcgung\u00ab genannt werden, wobei ausgedr\u00fcckt werden soll, dass in der Vorstellung, welche aus der Einwirkung und der Hinzuf\u00fcgung resultirt, die ein wirkende Vorstellung zu einem niederem Grad des Bewusstseins gesunken ist, w\u00e4hrend die hinzugef\u00fcgte Vorstellung die Hauptstelle einnimmt.\nN II 72. B. Vogel.\nPh. ein Baum (Phantasiebild, aber nicht so bestimmt als sonst) \u2014 in der Luft einige Sperlinge.\nObwohl die einwirkende Vorstellung die eines Vogels ist, denkt N doch haupts\u00e4chlich an einen Baum ; nur nachtr\u00e4glich gibt er die \u00bbSperlinge\u00ab an. Als Formeln f\u00fcr solche F\u00e4lle m\u00fcssen wir dieselben wie f\u00fcr F\u00e4lle der ersten Art brauchen, da die verticale Stellung der Buchstaben in unseren Formeln nichts mit dem Grad der Bewusstheit zu thun hat ; doch da diese halb vernachl\u00e4ssigten Theile im Process der Verminderung begriffen sind und im n\u00e4chsten Augenblick verschwinden werden, wollen wir in Erinnerung an die eckigen Klammern halbe Klammern zu den Buchstaben beif\u00fcgen.","page":90},{"file":"p0091.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber tien associative\u00bb Verlauf der Vorstellungen.\n91\nFormel f\u00fcr den obigen Versuch:\na 51\na]\nDie folgenden Versuche zeigen auch sehr deutlich durch die Ausdrucksweise die untergeordnete Stelle, welche die einwirkende Vorstellung in der resultirenden einnimmt.\nR V 30. B. Scorpion (als eine Libelle aufgefasst).\nEr. eine Person, die vier Kindern eine Geschichte von einer Libelle erz\u00e4hlt. (Die Kinder waren kurz vorher von einer solchen weggelaufen. Vor 10 Jahren.)\nFormel :\na--il\n52\n53 \u00ab1\nD III 34. WB. Beruf.\nV. ein Professor, der einen Ruf nach X hatte.\nD III 30. WB. Genau.\nV. eine Person, die dieses Wort eigenth\u00fcmlich ausspricht.\nH IV 13. WB. Klug.\nV. Zulus, die gegen die Engl\u00e4nder so klug k\u00e4mpften.\nFormeln f\u00fcr alle drei F\u00e4lle :\na 5'\n52\na]\n3. Die dritte Art des Hinzufiigens oder die Substitution besteht darin, dass im Augenblick, wo die hinzugef\u00fcgte Vorstellung ins volle Bewusstsein tritt, die einwirkende schon verschwunden ist. Das Resultat ist die Substitution der hinzugef\u00fcgten Vorstellung f\u00fcr die ein wirkende. Es tritt z. B. eine Vorstellung ab cd ins Bewusstsein, und durch ihre Einwirkung wird eine Vorstellung efg hinzugef\u00fcgt. Wenn die Vorstellung ab cd im Bewusstsein bleibt, dann ist das Resultat abcdefg. Wenn aber, bevor der Process des Hinzuf\u00fcgens vollendet ist, eine Verminderung um a, resp. ab, abc,","page":91},{"file":"p0092.txt","language":"de","ocr_de":"92\nE. W. Scripture.\nal cd, eintritt, dann wird das Resultat ein anderes sein, n\u00e4mlich bcdefg, resp. cdefg, defg, efg; das hei\u00dft, die einwirkende Vorstellung kann w\u00e4hrend ihrer Einwirkung so vermindert werden, dass sie theilweise oder ganz in der resultirenden Vorstellung fehlt. Daher wird a b auch ein Fall des Hinzuf\u00fcgens sein, in welchem vor der Apperception der resultirenden Vorstellung die ein wirkende Vorstellung auf Null vermindert wird. Kurz, jede Substitution ist ein Fall des Hinzuf\u00fcgens.\nD III 182. Tasteindruck von einem Knopf.\nGesichts-V. Hosen.\nD III 71. WB. Truppe.\nW. Menge.\nN II 52. WB. Adel.\n26. Ritter.\nFormel f\u00fcr alle drei:\n\u00ab b\nR V 105. WL. blew [blies].\nV. ein Hut vom Wind getrieben.\nFormel :\na 6*\n62\nH IV 24.\nFormel :\nB. J\u00e4ger.\nV. ein Wirth (in Bonn, \u2014 der ein J\u00e4ger ist, \u2014 vor einem Jahr).\n\u00ab 6\nD III 177. Formel:\nWL. eins.\n3\u00ae. zwei, drei.\na---61\n62\nZu der LautvorStellung \u00bbeins\u00ab werden die Vorstellungen (und Innervationsimpulse) \u00bbzwei, drei\u00ab hinzugef\u00fcgt, aber die Aufmerksamkeit ist auf die hinzugef\u00fcgten Theile gerichtet und die einwirkende Vorstellung wird vernachl\u00e4ssigt.\nSch I 31. WB. Beruf.\n28. Treue.\n(Berufstreue.)","page":92},{"file":"p0093.txt","language":"de","ocr_de":"Uebcr den associativen Verlauf der Vorstellungen.\n93\nFormel:\na b a b\nDer Beobachter hat nachher die Gesammtvorstellung angegeben, welche einwirkende und resultirende Vorstellungen enth\u00e4lt.\nSch I 12. WB. Klug.\nSB. und weise.\n(In der Oper geh\u00f6rt und selbst das Lied neulich gesungen.)\nSch I 21. WB. Raub.\nSB. Thier.\nSch I 23. WB. M\u00fche.\nSB. los.\nSch I 29. WB. Zaum.\nSB. Z\u00fcgel.\n(\u00bbZaum und Z\u00fcgel\u00ab.)\nFormel f\u00fcr alle vier:\na b\nS VII 23. WB. How.\n1.\tSB. How.\n2.\tSB. do you do?\nFormel :\na a c1 b c2\n4. Die Entwickelung dieser Stufen kann man am besten aus den Versuchen des Beobachters N ersehen. Bei der Gelegenheit einer Frage \u00fcber seine Phantasievorstellungen erkl\u00e4rte er : \u00bbMeistens i sind die Phantasievorstellungen an derselben Stelle wie das Object [d. h. auf der Visirscheibe] gedacht, die Erinnerungen nicht \u00ab. , Weiter hat er erkl\u00e4rt, dass die Phantasievorstellung meistens blo\u00df eine Weiterbildung der gegebenen Vorstellung war. N war ein ausgezeichneter Beobachter und dabei sehr sorgsam, sodass seine Aussagen genau die Thatsachen ausdr\u00fcckten. Nun hatten weder er Hoch der Experimentator bis Ende der Untersuchung \u00fcberhaupt an den Process des Hinzuf\u00fcgens gedacht; daher ist der Unterschied dieser zwei Arten des Hinzuf\u00fcgens vollkommen unbewusst in den","page":93},{"file":"p0094.txt","language":"de","ocr_de":"94\nE. W. Scripture.\nVersuchen gemacht. In dem Protokoll findet man resultirende Vorstellungen, welche die einwirkenden enthalten, aber auch resultirende, in welchen die einwirkenden fehlen. Ich f\u00fchre hier einige der Versuche an, in welchen man den allm\u00e4hlichen Uehergang von der einfachen Hinzuf\u00fcgung durch die Hinzuf\u00fcgung mit Verminderung hindurch zur Substitution findet. Beispiele der einfachen Hinzuf\u00fcgung sind:\niVII 44. WB. Mon.\nW. Mond.\nFormel :\t__\na a b\nN II 50. WB. Raub.\nWB., Er. R\u00e4uber.\n(Gestern auf dem Theaterzettel gesehen.)\nFormel :\na a b\nN II 9. B. Schwein.\n1.\tEr. Boden mit zerstreutem Futter.\n(Einen solchen Ort als Kind gekannt.)\n2.\tEr. viele andere Schweine.\nFormel:\na a a JA 5'\nJ>S JA cl c2\nMan sieht deutlich, wie N von der gegebenen Vorstellung ausgehend eine ganze Scene durch Hinzuf\u00fcgen von anderen Vorstellungen zusammenstellte.\niVII5. B. Pferd.\nV. J\u00fcngling mit einem Pferd auf der Weide.\nIn diesem Versuch ist der Uehergang schon angedeutet; die einwirkende Vorstellung nimmt nicht mehr die Uauptstelle ein. Der folgende Versuch ist \u00e4hnlich :\nN II 16. B. Tisch.\nV. einige Damen am Tisch auf St\u00fchlen und Sofa.","page":94},{"file":"p0095.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber den associativen Verlauf der Vorstellungen.\n95\nEine etwas weitere Stufe ist der Versuch II 72 (S. 90), welcher als Beispiel der Hinzuf\u00fcgung mit Verminderung gebraucht worden ist. Der Versuch\nN II 75. B. Dachshund.\nEr. eine Dame, die einen solchen Hund hat. (Vor 1 */2 Jahre.)\nFormel:\na\u20146\u2018 62\na\\\nzeigt ein ferneres Stadium des Vorgangs; hier ist die einwirkende Vorstellung kaum in der resultirenden enthalten. Endlich geben die folgenden Versuche Beispiele der Substitution; doch kann man sehr oft eine Spur der einwirkenden Vorstellung neben der hinzugef\u00fcgten finden.\nN II\t69.\tB.\n\tAV.\t\nN II\t70.\tB.\n\t\tV.\nN II\t71.\tB.\n\t\tV.\nN II\t1.\tB.\n\t\tV.\nN II\t6.\tB.\n\t\tV.\nWII\t17.\tB.\n\t\tEr.\nN II\t18.\tB.\n1.\n2.\nHund.\nein junger Mann (Besitzer eines Hundes).\nVogel auf einem Ast, alter Baum.\n(Ein lebhaftes Phantasiebild von einem gro\u00dfen starken Baum ohne Bl\u00e4tter.)\nEichkatze auf einem Ast, alter Baum.\n(Phantasiebild, wobei der Baum ganz anders ist; dieser hat eine glatte Rinde.)\nCravatte.\nBrusttheil eines Hemdes.\nPferd.\nPferdeknecht.\nUhr.\nB\u00fccherschrank (eines Freundes, worauf eine solche Uhr steht).\nWage.\nV. Kaufmann in einem Kramladen.\nV. Apotheke.","page":95},{"file":"p0096.txt","language":"de","ocr_de":"96\nE. W. Scripture.\nDie folgenden Versuche sind etwas complicirter und enthalten zwei Arten des Hinzuf\u00fcgens :\niV II 15. B. Messer und Gabel.\n1.\tV. wei\u00dfer Teller.\n2.\tV. mit Brod.\nFormel:\nai]--b---b\na[2]\tc\nN II 39. WB. Lernen.\n1.\tS\u00ae. \u00bbLernen und Lehren\u00ab.\n2.\tSB. \u00bbLernen ist schwer\u00ab.\nFormel:\na a a b] c\niV II 76. B. Hahn.\nL. Ph. ein Hahn in einem K\u00e4fig.\n2.\tPh. japanisches Haus.\n3.\tEr. seines Vaters Haus.\nFormel :\na a] c c 5]\td\nIn diesen Versuchen eines einzelnen Beobachters ist eine allm\u00e4hliche Entwickelung deutlich zu erkennen; durch Verminderung der Bewusstheit der einwirkenden Vorstellung geht die einfache Hinzuf\u00fcgung in eine Substitution \u00fcber. In ganz derselben Weise findet man den Vorgang hei allen Beobachtern ; zahlreiche Beispiele sind auf den folgenden Seiten zu finden.\nB. Der Inhalt des Hinzugef\u00fcgten.\nWas kann zu einer Vorstellung hinzugef\u00fcgt werden? Die hinzugef\u00fcgten Bewusstseinselemente k\u00f6nnen Vorstellungen, Gef\u00fchle oder Willensimpulse sein. Hiermit ist nicht gesagt, dass eine Vorstellung, ein Gef\u00fchl oder ein Willensimpuls jemals selbst\u00e4ndig existire, sondern nur dass in den resultirenden Bewusstseinszust\u00e4nden eins von diesen Elementen das vorwiegende ist. Dies ist aber nicht , alles; es kann zu einer Vorstellung auch eine besondere Qualit\u00e4t oder Eigenschaft hinzugef\u00fcgt werden, n\u00e4mlich die Bekanntheitsqualit\u00e4t oder die Begriffsqualit\u00e4t. Wir werden daher folgende F\u00e4lle","page":96},{"file":"p0097.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber den associative!! Verlauf der Vorstellungen.\n97\nbetrachten: 1) die Hinzuf\u00fcgung einer Wahrnehmung zu einer Wahrnehmung; 2) einer fr eien Vorstellung zu einer Wahrnehmung; 3) einer freien Vorstellung zu einer andern; 4) die Hinzuf\u00fcgung der Bekanntheitsqualit\u00e4t und ihr Uebergang in die Localisation; 5) die Hinzuf\u00fcgung der Begriffsqualit\u00e4t. Vom Hinzuf\u00fcgen der Gef\u00fchle und Willensimpulse wollen wir hier ahsehen, obwohl sie eine au\u00dferordentlich gro\u00dfe Bolle im Vorstellungsverlauf spielen.\n1. Zu einer Wahrnehmung kann eine andere Wahrnehmung hinzugef\u00fcgt werden. Die willk\u00fcrliche Hinzuf\u00fcgung ist jedermann gen\u00fcgend bekannt ; wenn ich zwei selbst\u00e4ndige Wahrnehmungen habe, z. B. die Gesichtswahrnehmung einer Blume und eine Geruchswahrnehmung von irgend einer Art, so kann ich die Geruchswahrnehmung zu der Gesichtswahrnehmung hinzuf\u00fcgen und die Blume als riechend betrachten. Ein noch einfacheres Beispiel ist das Hinzuf\u00fcgen einer rothen Karte zu einer wei\u00dfen. In \u00e4hnlicher Weise kann eine solche Hinzuf\u00fcgung unwillk\u00fcrlich geschehen. Wenn ich zu gleicher Zeit eine Blume sehe und Blumen-duft rieche, denke ich unwillk\u00fcrlich, sie sei eine duftende Blume, obwohl n\u00e4here Betrachtung zeigen kann, dass dies nicht der Fall ist. F\u00fcr eine Best\u00e4tigung dieser Thatsache muss ich auf die Erfahrung jedermanns hinweisen, da in den Versuchen gro\u00dfe Sorgfalt darauf verwendet wurde, nur eine Wahrnehmung auf einmal zu erzeugen, und von einer Hinzuf\u00fcgung von Wahrnehmungen nicht die Bede sein kann. Doch kann ich zwei F\u00e4lle anf\u00fchren, in welchen zu einer neu eintretenden Wahrnehmung eine bis dahin m den niedrigsten Graden des Bewusstseins liegende Wahrnehmung hinzutrat.\nD III 159. WL. Uhr.\nIn diesem Augenblick h\u00f6rt D das Ger\u00e4usch seiner Uhr, welches er vorher nicht geh\u00f6rt hatte.\nSolche F\u00e4lle kommen im gew\u00f6hnlichen Lehen sehr h\u00e4ufig\nvor1).\nt) Steinthal (Einleitung in die Psychologie und Sprachwissenschaft, S. 198 Und Anmerkung) hat dasselbe beobachtet.\nWundt, Philos. Studien. VII.\t7","page":97},{"file":"p0098.txt","language":"de","ocr_de":"98\nE. W. Scripture.\nR Y 100. WL. below [unter],\nGedanke (nicht Worte), mein Fu\u00df ist unter dem Knie.\n(R hatte zuf\u00e4llig gerade seinen Fu\u00df gesehen.) 2. Zu einer Wahrnehmung kann eine freie Vorstellung (Phantasievorstellung, Erinnerungsvorstellung) hinzu gef\u00fcgt werden. Dies gilt f\u00fcr alle Stufen des Hinzuf\u00fcgens. Die angef\u00fchrten Beispiele haben den Zweck, diesen Vorgang in den verschiedensten Variationen auf den verschiedenen Gebieten zu zeigen.\na.\tEinfache Hinzuf\u00fcgung; allgemeine Formel: \u00ab\nD III 13. WB. Rahm.\nW. Rahmen.\n(Die Bedeutung von Rahm kennt I) nicht.)\nR V 41. B. 53.\nEr. eine Lotterie-Liste.\n(Neulich gesehen.)\nR V 6. B. Truthahn.\nEr. eine Farm, wo R als Kind spielte.\nH IV 66. Schall von einem angeschlagenen Glas.\nV. misslungener Schlag auf eine Stimmgabel. N II 142. Geschmack, Zuckerwasser.\nGesichts- und!\n,\t.\t>V.,Zuckerwasser meinem Glas.\nGeschmacks- J\n(Ein japanisches Getr\u00e4nk f\u00fcr Kinder.)\nb.\tHinzuf\u00fcgung mit Verminderung; allgemeine Formel : a b\na]\nN II 34. B. Cactus.\nV. Hof, auf welchem viele solche Pflanzen. (Kindesalter.)\nH IV 26. B. Kirschen.\nV. Gruppe von drei Personen zu Bonn, welche Kirschen essen.\n(Vor einem Jahre.)\nKr VI 30. Tasteindruck von einem St\u00fcck L\u00f6schpapier.\nGesichts-V., Er. eine Photographie von derselben Gr\u00f6\u00dfe (vor 2 Tagen).","page":98},{"file":"p0099.txt","language":"de","ocr_de":"99\nlieber den associative!! Verlauf der Vorstellungen.\nc. Substitution; allgemeine Formel: a b.\nD III 67. B. C\nW. Cyclus.\nD III 80. WB. Heu.\nV. Heu.\nH IV 74. WL. old.\nEr. Prof. N. N.\nH IV 94. Tastejndiiuck von einer Streichholzschachtel.\nGesichts-V., Er. neue Sorte Streichh\u00f6lzer, die seine Wirthin ihm neulich gegeben hat.\n(Nicht an Streichholzschachtel gedacht.)\nInteressant ist dieser Versuch wegen des Gedankensprungs von einem Tasteindruck zu einer Gesichtsvorstellung, welche nicht unmittelbar an den Eindruck ankn\u00fcpft; obwohl der Eindruck von einer Streichholzschachtel herr\u00fchrte, hat H sogleich an Streichh\u00f6lzer, nicht an die Schachtel gedacht.\n3. Zu einer freien Vorstellung wird eine andere freie Vorstellung hinzugef\u00fcgt. Alle Arten des Hinzuf\u00fcgens sind hier zu finden. Manchmal findet man die eine Art in der Hinzuf\u00fcgung der Vorstellung zu der Wahrnehmung und eine andere Art in der Hinzuf\u00fcgung der zweiten Vorstellung zu der ersten.\nN II 7. B. Spinne.\n1.\tV. Spinnennetz.\n2.\tV. am Baume.\nFormel :\na b c\nNII 33. B. Kirschen.\n1.\tV. Ein Garten mit Kirschb\u00e4umen.\n2.\tV. mit der Familie darin.\n(Vor 2 Jahren.)\nFormel :\na bl c \u00ab] ' J2]\nB V 17. WB. Mass.\n1.\tW. Massachusetts.\n2.\tV. Boston.\n7*","page":99},{"file":"p0100.txt","language":"de","ocr_de":"100\nE. W. Scripture.\nFormel :\na a c\nb\nR V 37. B. Elephant.\n1.\tPh. (oder AV.) Elephant im Circus.\n2.\tEr. Elephant im \u00bbCentral Park\u00ab.\nFormel :\t_______\na a a [6] e\nR y 94. Schall, durch Reihung zweier Holzkl\u00f6tzchen auf einander.\n1.\tGeh\u00f6rs-Y. Ger\u00e4usch einer Kaffeem\u00fchle.\n2.\tGesichts-Y. Kaffeem\u00fchle.\nFormel:\nKr. VI 42.\nFormel :\nGeschmack, Thee.\n1.\tGesichts-V., eine Thee-Gesellschaft.\n2.\tSB. Thee.\na bl c 52\nH IV 46. B. |\n1.\tSB. line [Englisch f\u00fcr Linie].\n2.\tEr., V. Aequator.\n(Der Beobachter behauptet, 2. sei eine Vorstellung [wahrscheinlich eine Scene auf dem Ocean], aber sie sei nicht durch das Bild hervorgebracht, sondern durch das Wort \u00bbline\u00ab, welches im Englischen auch Aequator, \u00bbthe line\u00ab, bedeutet.)\nFormel:\t___\na b c\n4. Zu einer Vorstellung wird die Bekanntheitsqualit\u00e4t hinzugef\u00fcgt. Zu den meisten Vorstellungen f\u00fcgen wir eine mehr oder weniger bestimmte Bekanntheitsqualit\u00e4t. Diesen Process hat H\u00f6ffding auf Grund der allgemeinen Erfahrung unter dem Namen \u00bbunmittelbares Wiederkennen\u00ab sehr gut geschildert. \u00bbFangen wir mit ganz einfachen zweifellosen Wahrnehmungen an.","page":100},{"file":"p0101.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber den associativen Verlauf der Vorstellungen.\n101\nEtwas, das ich sehe, kommt mir bekannt vor. Es sei dies ein Gesicht, oder, um etwas noch einfacheres zu nehmen, ein einzelner Gesichtszug, ein Zwinkern des Auges. Oder ich erblicke am Abendhimmel eine allerdings ungew\u00f6hnliche, mir jedoch bekannt scheinende Farbennuance. Oder es wird ein Fremdwort genannt, das ich nicht \u00fcbersetzen kann, dessen Laut indess einen mir bekannten Klang hat. Oder es fragt mich Jemand: \u00bbWaren Sie schon in Les Plans ? \u00ab Der Name Les Plans ist mir bekannt, und doch kann ich durchaus keine Vorstellung mit demselben verbinden.\u00ab \u00bbWas in solchen Bewusstseinszust\u00e4nden, wie den hier erw\u00e4hnten, gegeben ist, das ist die unmittelbare Auffassung des Unterschieds zwischen etwas Bekanntem und Vertrautem und etwas Neuem und Fremdem. Dieser Unterschied ist so einfach und klar, dass er sich ebenso wenig n\u00e4her beschreiben l\u00e4sst, als z. B. der Unterschied zwischen Lust und Unlust oder der Unterschied zwischen Gelb und Blau. Wir stehen hier einem unmittelbaren Qualit\u00e4tsunterschied gegen\u00fcber. Die eigenth\u00fcmliche Qualit\u00e4t, mit welcher das Bekannte im Gegensatz zum Neuen im Bewusstsein auftritt, werde ich im Folgenden die Bekanntheitsqualit\u00e4t nennen.\u00ab \u00bbDas Wort \u00bbLes Plans\u00ab klingt bekannt, und diese Bekanntheitsqualit\u00e4t des Klanges ist die ganze Erscheinung\u00ab1).\nDie Bekanntheitsqualit\u00e4t ist verschiedenen Grades. Die einfachste Form, welche bei normalen Menschen Vorkommen kann, wird die Hinzuf\u00fcgung des Merkmals \u00bbetwas zu sein\u00ab. Die Vorstellung wird als ein St\u00fcck der Erfahrung erkannt; d. h. nur die Thatsache, dass sie eine Erfahrung ist, wird zu ihr hinzugef\u00fcgt. Dies ist wahrscheinlich der Fall bei Kindern, wenn zum ersten Mal neue Eindr\u00fccke auf sie einwirken. Auch wird die Sache beim ersten Sehen Blindgeborener sich so verhalten. Dabei ist es m\u00f6glich, dass in solchen F\u00e4llen nur ein Theil der Vorstellung die Bekanntheitsqualit\u00e4t erh\u00e4lt und so ein Unterschied von dem \u00fcbrigen Theil, welcher als Unbekanntes gilt, gemacht wird.\nEine h\u00f6here Stufe der Bekanntheitsqualit\u00e4t findet sich, wo der Vorstellung nicht nur das Merkmal \u00bbetwas zu sein\u00ab, sondern das\n1) \u00bbUeber Wiederkennen, Association und psychische Activit\u00e4t\u00ab. Vierteljahrsschrift f. wiss. Philos., XIII S. 425, 426, 431.","page":101},{"file":"p0102.txt","language":"de","ocr_de":"102\nE. W. Scripture.\nweitere Merkmal, einem bestimmten Sinnesgebiet anzugeh\u00f6ren, hinzugef\u00fcgt wird.\nN II 131. Tasteindruck von einem St\u00fcck Seide.\n1. Vorstellung eines unbestimmten Tasteindrucks. 1. ^4-Tast-V., Muster von baumwollenem Zeug. Ein weiterer Schritt ist die Hinzuf\u00fcgung des Merkmals, eine bestimmte Qualit\u00e4t des betreifenden Sinnesgebiets zu haben.\nD III 179. Tasteindruck von einem St\u00fcck L\u00f6schpapier. Tast-V. etwas rohes.\nD III 183. Tasteindruck von einer Schreibfeder.\nTast-V. etwas spitzes.\nSch I 196. Geschmack, Kaffee.\n1.\tGeschmacks-V. bitter.\n2.\tSB. bitter.\nD III 147. Schall von einem angeschlagenen Glas.\nEs ist ein Ger\u00e4usch \u2014\u2022 kein Ton.\nIn diesem Versuch wird nicht nur eine bestimmte Qualit\u00e4t des Sinnesgebiets dem Eindruck hinzugef\u00fcgt, sondern auch das Merkmal, eine andere Qualit\u00e4t nicht zu besitzen.\nEs kann auch eine Summe von Eigenschaften in der Bekanntheitsqualit\u00e4t enthalten sein, ohne dass die Vorstellung als die eines bekannten Gegenstandes erscheint; dies bildet den Uebergang zu der n\u00e4chsten Stufe. Z. B.\nD III 186. Tasteindruck von einer Zwirnrolle.\nTast-V. etwas cylindrisches.\nWenn diese Vorstellung etwas mehr pr\u00e4cisirt w\u00e4re, so w\u00e4re sie \u00bb ein Cylinder \u00ab, und das Beispiel w\u00fcrde der folgenden Stufe angeh\u00f6ren *).\nEine noch bestimmtere Bekanntheitsqualit\u00e4t ist das Erkennen der Vorstellung als eines Gegenstandes, welcher dem betreffenden Sinnesgebiet angeh\u00f6rt.\nSch I 198. Geschmack, \u00dfothwein (Tarragona).\n1.\tGeschmacks-V. Wein.\n2.\tGeschmacks-V. s\u00fcdl\u00e4ndischer Wein.\n1) Vergl. JVn 137, S. 89.","page":102},{"file":"p0103.txt","language":"de","ocr_de":"103\nUeber den associativen Verlauf der Vorstellungen.\nD III 180. Tastbindbuck von einem St\u00fcck Seide.\n1.\tTast-V. Tuch.\n2.\tV. seidenes Kleid einer Frau.\nSch I 194. Geschmack, Citronensaft.\n1.\tGef., angenehm.\n2.\tGeschmacks-V. S\u00e4ure im allgemeinen.\nBlo\u00df 2 kommt in Betracht.\nSch I 195. Geschmack, Zuckerwasser.\n1.\tGeschmacks-V. s\u00fc\u00df.\n2.\tSB. s\u00fc\u00df.\n3.\tGeschmacks-V. Zuckerwasser.\n1 geh\u00f6rt zu der dritten Stufe, 3 zu dieser.\nDiese Stufen des Wiedererkennens werden meistens augenblicklich durchlaufen, oder der Vorgang vollzieht sich in einem minimalen Grade des Bewusstseins, und der wiedererkannten Vorstellung folgt sogleich eine Menge associirter Vorstellungen. Die Hinzuf\u00fcgung der Bekanntheitsqualit\u00e4t ist in allen F\u00e4llen anzunehmen, wo nichts anderes gesagt wird; sie kommt dem Menschen so nat\u00fcrlich und selbstverst\u00e4ndlich vor, dass, ohne darauf aufmerksam gemacht zu werden, er sie nicht bemerkt. Von Interesse ist die Thatsache, dass bei Gesichtseindr\u00fccken die Bekanntheitsqualit\u00e4t \u00e4u\u00dferst selten die Aufmerksamkeit auf sich zieht, w\u00e4hrend bei Geschmacks- und Tastvorstellungen dies verh\u00e4ltnissm\u00e4\u00dfig oft der Fall ist. Zu dieser und theilweise vielleicht zu der n\u00e4chsten Stufe sind alle Versuche zu rechnen, in welchen der Beobachter die ihm gezeigten Gegenst\u00e4nde nur ansieht. Hier ist nicht eine bewusste Vorstellung, sondern nur eine Bekanntheitsqualit\u00e4t hinzugef\u00fcgt worden. Z. B.\nD III 7. B. Hund.\nUnklar = das Bild nur angesehen.\nDie hinzugef\u00fcgte Bekanntheitsqualit\u00e4t wird immer verwickelter. Es werden ganz unwillk\u00fcrlich Qualit\u00e4ten von anderen Sinnesgebieten, Localisationen im Raume u. s. w. hinzugef\u00fcgt. Das klassische Beispiel der englischen Psychologie von der Wahrnehmung einer Apfelsine, wo mit einer Anzahl Lichtempfindungen unwillk\u00fcrlich eine Menge anderer Empfindungen, eine Localisation im Raume u- s. w. verbunden ist, wird hier gen\u00fcgen, \u2014 aber mit einem","page":103},{"file":"p0104.txt","language":"de","ocr_de":"104\nE. W. Scripture.\nVorbehalt: es ist nicht ohne weiteres anzunehmen, dass diese Empfindungen wirklich ins Bewusstsein treten. Vielmehr findet gerade das Gegentheil statt: heim Anblick einer Apfelsine denke ich nicht an den Geschmack, den Tasteindruck u. s. w.; was ich bemerke, ist nur eine Gesichtsvorstellung mit einer starken Bekanntheitsqualit\u00e4t. Hierher geh\u00f6rt die Mehrzahl der Beispiele, in welchen eine Association an eine Wahrnehmung ankn\u00fcpft: der Gegenstand wird als ein uns auf vielfache Weise bekannter wiedererkannt ; andere Vorstellungen aber folgen so bald, dass wir an diesen Vorgang nicht denken.\nAuf eine Untersuchung dieser Stufe und der daraus sich entwickelnden Fragen will ich nicht weiter eingehen, obwohl die Vorg\u00e4nge der Assimilation, der Complication und der Hinzuf\u00fcgung der Bekanntheitsqualit\u00e4t au\u00dferordentlich wichtig f\u00fcr die Associationsfrage, ja selbst f\u00fcr die Uebergangsstadien zwischen Wahrnehmung und Association sind. Im allgemeinen verweise ich auf die betreffenden Stellen bei den deutschen und englischen Psychologen. Den letzteren geb\u00fchrt das Verdienst sorgf\u00e4ltiger Beobachtung dieses Processes (unter dem Namen \u00bbPerception\u00ab) und der Feststellung seiner Beziehungen zur Empfindung; die ersteren (insbesondere Wundt) haben genauere Methoden eingef\u00fchrt und\u2014was hier haupts\u00e4chlich von Interesse ist \u2014 die Entwickelung des associativen und apper-ceptiven Verlaufs der Vorstellungen untersucht1). F\u00fcr das Ueber-gangsstadium zwischen Complication und successiver Association haben unsere Versuche zahlreiche Beispiele geliefert. Ich f\u00fchre ein paar an:\nH IV 110. Geschmack, Citronensaft.\n{Geschmacks-1\n\u201e . '\t[V-, Mischung von Wein und\nWasser \u2014 schwache, r\u00f6thliche Farbe.\nDer Geschmack ist der st\u00e4rkste Theil der Vorstellung.\nFf IV 111. Geschmack, Zuckerwasser, f Geschmacks-\nI Gesichts-\niS- 1\n- i\nV., gelbes Zuckerwasser.\n1) Bain, Senses and Intellect, p. 348 et seq. Spencer. Principles of Psychology, Vol. Il, Pt. VI, chap. X et seq. Wundt, Phys. Psych. 3. Aufl, II, p. 364ff. Logik I, p. 11 ff.","page":104},{"file":"p0105.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber den associative!! Verlauf der Vorstellungen.\n105\nKr VI 31. Tastendruck von einem St\u00fcck Seide.\neinem Schreibtisch.\nTast-V., Er. der Tasteindruck desselben.\nGesichts-V., Er. rothes L\u00f6schpapier auf\nJV II 134. Tasteindruck von einem Knopf.\nTast-\nGesichts-\nj Y. Manschettenknopf.\nN II 145. Geschmack, Rothwein (Tarragona).\nGesichts-\njapanischen Becher.\n(Der erste Eindruck ist \u00e4hnlich.)\n2. Geschmacks-V. ein Trunk Liqueur.\nWie man sieht, h\u00e4tte die geringste Verz\u00f6gerung der einen Vorstellung die simultane Association in eine successive um-gewandelt.\nDer Uebergang von der Hinzuf\u00fcgung der Bekanntheitsqualit\u00e4t in die zeitliche Localisation ist ein allm\u00e4hlicher. Bei den h\u00f6heren Stufen der Bekanntheitsqualit\u00e4t wird wahrscheinlich immer ein Zeitelement vorhanden sein; man wird wohl ein dunkles Bewusstsein haben, dass der Gegenstand in einer n\u00e4heren oder ferneren Zeit bekannt war. Gerade wie die Bekanntheitsqualit\u00e4t auf der einen Seite in eine simultane Association von Vorstellungen aus demselben oder aus anderen Gebieten \u00fcbergeht, und diese dann in eine successive Association sich verwandelt,- so geht auf der anderen Seite das elementare Zeitmerkmal ' stufenweise in eine Association von Vorstellungen aus derselben Zeit \u00fcber. Diese Stufen wollen wir die zeitlichen \u00bbLocalisationsgrade\u00ab nennen. Die zeitliche Localisation gelangt von einem Minimum, d. h. von der einfachen Bekanntheitsqualit\u00e4t, zu einer ganz bestimmten Festsetzung der Vorstellung durch einen allm\u00e4hlichen Uebergang; doch k\u00f6nnen wir im allgemeinen drei Grade mit Uebergangsstufen unterscheiden.\nAls erste Stufe, welche kaum von der einfachen Bekanntheitsqualit\u00e4t zu trennen ist, wollen wir das Beziehen der Vorstellung auf die unbestimmte Vergangenheit betrachten.","page":105},{"file":"p0106.txt","language":"de","ocr_de":"106\nE. W. Scripture.\nD III 46. B. Palme.\nHate solche B\u00e4ume gesehen (wei\u00df nicht wann).\nD III 76. WB. Stahl.\nV. Stahl.\n(Ich habe das Wort besonders in einer Lecture bemerkt, habe aber vergessen in welcher.)\nDer Unterschied von der Bekanntheitsqualit\u00e4t ist, wie man sieht, sehr gering oder, besser gesagt, diese zeitliche Localisation ist nur eine etwas bestimmtere Bekanntheitsqualit\u00e4t. Auf der anderen Seite ist dieser von dem n\u00e4chsten Grade nicht scharf abzugrenzen.\nDie zweite Stufe der zeitlichen Localisation ist das Beziehen der Vorstellung auf eine bestimmte Lebensperiode. Wir haben das Bewusstsein, die Vorstellung geh\u00f6re einer gewissen verflossenen Zeit an; wir bringen keine andere Vorstellung aus dieser Zeit ins Bewusstsein, doch k\u00f6nnen wir auf Wunsch die Vorstellung in einer Lebensperiode klar localisiren. Das Leben eines Menschen wird gew\u00f6hnlich in sechs oder sieben Stadien eingetheilt; bei unseren Versuchen aber waren alle Beobachter zwischen 20 und 30 Jahre alt. Wir wollen daher ihre Lebenszeit folgenderma\u00dfen eintheilen : a. Kindesalter; b. Knabenzeit; c. Jugend; d. j\u00fcngste Vergangenheit. In den folgenden Beispielen haben die Beobachter keine anderen Vorstellungen aus den betreffenden Lebensperioden zu der in Betracht gezogenen Vorstellung associirt, daher ist eine weitere Association nicht zu Stande gekommen ; sie gaben aber nachher an, aus welcher Periode die Vorstellung stamme. Ich f\u00fchre nur ein paar Beispiele an, um zu zeigen, was mit einer \u00bbLocalisation in einer Lebensperiode\u00ab gemeint ist; andere findet man leicht unter den in dieser Abhandlung angef\u00fchrten Versuchen.\na. Kindesalter.\nN II 34. B. Cactus.\nV. Hof, auf welchem viele solche Pflanzen (Kinderzeit).","page":106},{"file":"p0107.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber den associative!! Verlauf der Vorstellungen.\n107\nN II 84. B. I\nV. eine Lanze (Kindheit).\nAuch N II 9, S. 94 geh\u00f6rt hierher.\nb.\tKnabenzeit.\nN II 68. B. Scorpion.\n1.\tV. ein Bild von einem Scorpion.\n2.\tV. in einem H\u00f6rsaal.\n3.\tV. Lehrer, der einen Vortrag dar\u00fcber h\u00e4lt. (Vor 12 Jahren, in der Schule.)\nc.\tJugend.\nR V 9. B. Hirsch.\nV., Br. ein Hirsch im Central Park gesehen (vor vielen Jahren).\nB V 11. B. Hund.\nV., Er. L\u00f6we, der Ariadne tr\u00e4gt (vor 11 Jahren in Frankfurt gesehen).\niV II 13. B. Seestern.\n1.\tV. trockener Seestern.\n2.\tV. in einem K\u00e4stchen.\n3.\tV. im Zimmer der Schule (vor 10 Jahren).\nd.\tJ\u00fcngste Zeit.\nD III 11. B. Seestern.\nV. ein Fjord in Norwegen, wo D viele solche Thiere gesehen hat (vor 2 Monaten).\nH IV 83. Tasteindruck von einem St\u00fcck Papier.\n1.\tTast-V., St\u00fcck Papier.\n2.\tTast-V., Er. das Suchen nach Streichh\u00f6lzern in der Finsterniss zu Hause (neulich).\nKr VI 32. Tastbindruck von einem Knopf.\nGesichts-V., Er. Knopf auf dem Ueberrock, der abzugehen droht (kurz vorher bemerkt).\nAls h\u00f6chste Stufe der zeitlichen Localisation k\u00f6nnen wir das Beziehen der Vorstellung auf ein bestimmtes Ereigniss betrachten.","page":107},{"file":"p0108.txt","language":"de","ocr_de":"108\nE. W. Scripture.\nN II 65. WB. Beruf.\nW. Berufsstand (wie vorher).\n\u00bbWie vorher \u00ab bezieht sich auf einen fr\u00fcheren Versuch mit derselben Association.\nD III 27. WB. Aal.\nEr. dass das Wort heute schon vorgekommen ist.\nH IV 44. B. 1.\nV.\t, Er. 1 auf der Th\u00fcr eines Zimmers (diesen\nMorgen besonders bemerkt).\nDie Vorstellung wird bestimmt als eine Erfahrung dieses Morgens localisirt. Siehe auch Sch I L2, S. 93, und I 34, S. 71.\nWenn man sich einer solchen Localisation etwas deutlicher bewusst wird, dann tritt sie als eine selbst\u00e4ndige, associirte Vorstellung hervor. In dem folgenden Beispiel ist die zeitliche Localisation sehr deutlich, aber die Vorstellung des Buchs kommt doch nicht selbst\u00e4ndig ins Bewusstsein. Wenn sie aber ein wenig st\u00e4rker gewesen w\u00e4re, dann w\u00fcrde auf die Vorstellung des Wortes die selbst\u00e4ndige Vorstellung des Buchs gefolgt sein:\nD III 61. B. Hahn.\nW.\tFerdinand (in einem gestern gelesenen Buch hei\u00dft ein Hahn \u00bbFerdinand\u00ab).\nIn dem folgenden Versuch kann man kaum sagen, warum die zeitliche Localisation nicht als selbst\u00e4ndige Vorstellung aufgetreten ist:\nD III 48. B. Afrikaner.\nV. ein Mohr (kurz vorher ein Bild eines Schauspielers als Othello gesehen)J).\n5. Zu einer Vorstellung wird die Begriffsqualit\u00e4t hinzugef\u00fcgt. Psychologisch betrachtet ist ein Begriff eine Vorstellung mit dem Merkmal des Stellvertretens vieler anderer Vorstellungen. Dieses Merkmal wollen wir die Begriffsqualit\u00e4t nennen.\nWundt m\u00fcssen wir das Verdienst zuschreihen, zuerst in dieser Weise den Begriff in seiner logischen Bedeutung von dem Begriff als\n1) Ein interessantes Capitel \u00fcber die zeitlichen Loealisationsst\u00f6rungen ist bei Sully, Illusions, London 1887, p. 256 ff., zu finden.","page":108},{"file":"p0109.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber den associative!! Verlauf der Vorstellungen.\t109\npsychologischer Thatsache unterschieden zu haben. Hier haben wir keinen Kaum, die Unrichtigkeit der \u00e4lteren Auffassungen des psychologischen Charakters der Begriffe nachzuweisen, obwohl selbst in der neuesten englischen Psychologie es noch vorkommt, \u00bbdass man logischen Forderungen zu Liebe psychologische Gebilde construirt, die niemals in unserm Bewusstsein existiren\u00ab. So lesen wir z. B. in einem der neueren psychologischen Werke folgende Beschreibung einer Begriffs Vorstellung : \u00bbWas in meinem Bewusstsein ist, ist eine Art zusammengesetzter Vorstellung, welche durch die Verschmelzung oder Vereinigung vieler Vorstellungen einzelner Gegenst\u00e4nde gebildet worden ist, in welcher individuelle Verschiedenheiten ausgewischt sind und nur die gemeinsamen Merkmale sich deutlich hervorheben\u00ab 1 2).\nMeine Aufgabe ist es nicht, die Richtigkeit der oben gegebenen Definition zu beweisen ; dies ist schon geschehen, und ich kann mit Hinweis auf die betreffende Literatur2) sie zur Grundlage der folgenden Betrachtung nehmen. Unter Begriff verstehen wir demnach eine Vorstellung, welche mit dem Bewusstsein verbunden ist, dass sie nur die Stell Vertreterin einer Menge anderer ist und dass jede von diesen~gerade so gut ihre Stelle einnehmen k\u00f6nnte. Dennoch liegt eine gewisse Wahrheit in der \u00e4lteren Ansicht, insofern n\u00e4mlich, als die Vorstellungen, welche als Begriffe functioniren, h\u00e4ufig gewisser concreter Eigenschaften ermangeln. Solche sind in erster Linie die oben3) beschriebenen\n1)\tSully, Outlines of Psychology, New-York 1884, S. 340. Die hier vertretene, von Wundt ausgebildete Ansicht \u00fcber die Begriffsvorstellungen hat ihre ersten Anf\u00e4nge in der aristotelischen Psychologie. \u00bbEs tritt n\u00e4mlich beim Denken dieselbe Erfahrung ein, wie heim Zeichnen mathematischer Figuren: hier ist es so, dass man, ohne eine bestimmte Gr\u00f6\u00dfe des Dreiecks n\u00f6thig zu haben, doch ein Dreieck von bestimmter Gr\u00f6\u00dfe zeichnet ; ebenso stellt sich der Denkende, auch wenn er nicht die Gr\u00f6\u00dfe als solche denkt, doch sin Quantitatives vor Augen, nur denkt er es nicht als solches. Handelt es sich aber um das Wesen des Quantitativen nur unbestimmt, so stellt man sich ein quantitativ Bestimmtes vor, denkt es aber nur, sofern es ein Quantitatives \u00fcberhaupt ist.\u00ab (Aristoteles, Von der Erinnerung und Wiedererinnerung, Cap. I; Bender\u2019s Uebersetzung, Langenscheidt\u2019sehe Bibliothek.) Unter den neueren Fsychologen, welche diese oder eine \u00e4hnliche Ansicht vertreten, ist besonders Bain zu nennen. (Senses and Intellect, Chap. II, \u00a7 34, p. 513 ff.)\n2)\tZ. B. Wundt, Logik I, p. 41, 42; phys. Psych. II, p. 386.\n3)\tSeite 66 ff.","page":109},{"file":"p0110.txt","language":"de","ocr_de":"110\nE. W. Scripture.\nallgemeinen Vorstellungen, in welchen nur einige Merkmale klar im Bewusstsein hervortreten. Diese sind aber nicht von selbst Begriffe. In dem Versuch\nS VII 19. WB. Balloon [Ballon],\n1.\tV. ein Ballon (blasse allgemeine Vorstellung).\n2.\tSS. Balloon\noder in diesem\nS VII 1. WB. Pipe.\nV. Pfeife (allgemein)\nhatte ich jedesmal eine Vorstellung in Umrissen ohne Farbe und ohne specielle, nicht zu vielen Ballons oder jeder Pfeife passende Merkmale. Es war aber kein Bewusstsein der Stellvertretung dabei. Solche Vorstellungen sind allgemein, indem sie viele Gegenst\u00e4nde vorstellen k\u00f6nnen, aber sie sind nicht Begriffe, indem sie die Gegenst\u00e4nde nicht wirklich vorstellen ; es fehlt ihnen die Begriffsqualit\u00e4t. Sobald diese Eigenschaft hinzutritt, erh\u00e4lt die Vorstellung einen anderen Charakter. Wenn ich z. B. das Bewusstsein gehabt h\u00e4tte, dass jene bl\u00e4sse, allgemeine Vorstellung auf eine Menge von Gegenst\u00e4nden sich beziehe, so w\u00fcrde etwas mehr als die blasse Vorstellung, n\u00e4mlich eine allgemeine Vorstellung -(- der Begriffsqualit\u00e4t vorhanden gewesen sein.\nDiese Begriffsqualit\u00e4t ist, subjectiv betrachtet, ein einfaches Bewusstseinselement ; die Begriffsvorstellung hat ein eigenth\u00fcmliches Gepr\u00e4ge, welches wir in Worten ausdr\u00fccken, wenn wir sagen: \u00bbIch hatte das Gef\u00fchl, dass ich statt ihrer andere Vorstellungen h\u00e4tte haben k\u00f6nnen\u00ab.\nWir wollen nun das Hinzuf\u00fcgen der Begriffsqualit\u00e4t auf den verschiedenen Entwickelungsstufen des Processes betrachten ; und zwar\na) die einfache Hinzuf\u00fcgung. Hier w\u00e4re zu fragen: zu welchen Vorst\u00ebllungen wird die Begriffsqualit\u00e4t hinzugef\u00fcgt?\n1. Zu einer Wahrnehmung.\nAllgemeine Formel (in welcher \u00df der Begriffsqualit\u00e4t entspricht):\na a\n\u00df","page":110},{"file":"p0111.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber den associative!! Verlauf der Vorstellungen.\t1 \\ 1\nEs ist jedermann bekannt, dass man jeden beliebigen Gegenstand die Stelle mehrerer Gegenst\u00e4nde kann vertreten lassen; z. 11. in der Geometrie wird ein bestimmtes Dreieck mit dem Gedanken verbunden, \u00bbdass wir nur auf die Existenz der drei Seiten und der drei Winkel R\u00fccksicht nehmen, von allen andern Eigenschaften aber absehen wollen.\u00ab1) Dieser Gedanke braucht nicht klar im Bewusstsein ausgedr\u00fcckt zu werden ; er kann ein einfaches Merkmal (was Spencer ein \u00bbfeeling\u00ab nennen w\u00fcrde) des Stellvertretens sein; in vielen F\u00e4llen, wo wir das Dreieck sehen, f\u00fcgen wir nur dieses Merkmal der Begriffsqualit\u00e4t und nicht den ganzen in Worten ausgedr\u00fcckten Gedanken hinzu. Das folgende Beispiel:\nR V 12. B. Spinne.\nBf. Spinne im allgemeinen,\nist auf diese Weise zu interpretiren ; die Aussage des Beobachters bedeutet nur die Allgemeing\u00fcltigkeit der Vorstellung, Spinne, d. h. ihren stellvertretenden Charakter, ohne dass er allen Eigenschaften der Spinne Ausdruck gibt. Ich f\u00fchre noch ein paar Beispiele an :\nSch I 79. B. +\nBf. rechtwinklige Figur.\nH IV 48. B. f)\n1.\tBf. Geometrie.\n2.\tEr. ein Professor der Geometrie.\nHier kn\u00fcpft ein weiterer Verlauf an den Begriff an.\nH IV 35. B. Hund.\nAV. eine Klasse solcher Hunde in S\u00fcd-Afrika (der Name vergessen).\nR V 38. B. Hahn.\n1.\tAV. H\u00fchner.\n2.\tV. eine Farm (wie fr\u00fcher in V 6, S. 98).\nDa W\u00f6rter vornehmlich als Begriffsvorstellungen functioniren,\nwar es zu erwarten, dass einige von den in unseren Versuchen gebrauchten W\u00f6rtern die Begriffsqualit\u00e4t bekommen w\u00fcrden. Dies zeigen die folgenden Beispiele.\nD III 29. WB. Frei.\nBf. Frei (die Bedeutung).\n1) Wundt, Logik 141.","page":111},{"file":"p0112.txt","language":"de","ocr_de":"112\nE. W. Scripture.\nAuf die Frage, ob er nicht etwa ein Wort oder eine Vorstellung im Bewusstsein habe, antwortete der Beobachter bestimmt : \u00bbNein, ich dachte nur an die Bedeutung des Wortes.\u00ab Die leichteste Erkl\u00e4rung daf\u00fcr ist vielleicht folgende : es schwebten ein oder mehrere W\u00f6rter der verschiedenen Sprachen, die er kannte, in niedrigeren Graden seines Bewusstseins, ohne dass eines davon zu voller Bewusstheit gelangte, obwohl ein kleiner Ansto\u00df genug gewesen w\u00e4re, das franz\u00f6sische, russische oder englische Wort in den Blickpunkt zu bringen. Dies gen\u00fcgte, um das Bcgriffsbewusstsein zu erzeugen, ohne irgend welche bestimmte Vorstellung hervorzurufen.\nD III 15. WB. Hohl.\n1.\tBf. die Bedeutung des Wortes.\n2.\tBf. leer.\nB V 103. WL. town [Stadt].\nBf. town.\n2. Zu einer verminderten Wahrnehmung. Es werden meistens einige Theile der Wahrnehmung vernachl\u00e4ssigt, und die Begriffsqualit\u00e4t wird zu dem zur\u00fcckbehaltenen Theil hinzugef\u00fcgt. Der Vorgang ist der Hinzuf\u00fcgung einer Vorstellung zu einer verminderten Wahrnehmung ganz analog.1)\nAllgemeine Formel:\na1 a1\n[\u00ab] \u00df\nN II 12. B. Schaf.\n1.\tBf. Wolle.\n2.\tPh. wollener Kleiderstoff.\nZu der Gesichtsvorstellung von einem Schaf ist keine andere Vorstellung ins Bewusstsein hinzu gekommen. Es musste entweder die ganze Vorstellung aus dem Bewusstsein fallen, oder eine Aenderung eintreten. Die Aenderung ist dadurch zu Stande gekommen, dass die Aufmerksamkeit sich auf einen Bestandtheil der Vorstellung beschr\u00e4nkte, n\u00e4mlich auf die Wolle. Dieser Bestandtheil hat die Begriffsqualit\u00e4t erhalten und dann als Ausgangspunkt f\u00fcr eine Association gedient.\n1) Siehe S. 63 ff. Process der Verminderung und S. 67 Hinzuf\u00fcgung mit Verminderung.","page":112},{"file":"p0113.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber den associativen Verlauf der Vorstellungen.\n113\nD III 105. B. O\nBf. Parallelogram.\nDurch Vernachl\u00e4ssigung anderer Merkmale, z. B. Gr\u00f6\u00dfe, Farbe, Schiefe u. s. w., hebt sich der Parallelismus der Seiten so \u00fcberwiegend hervor, dass das Resultat sich auf jede beliebig gro\u00dfe, beliebig gef\u00e4rbte, beliebig gemachte Figur mit parallelen Seiten beziehen kann. Dass das Resultat sich wirklich so bezieht, zeigt die Bezeichnung, \u00bbBegriff\u00ab.\nD III 3. B. Hirsch im Laufen begriffen.\nBf. Laufen (nicht das Wort, Laufen).\nSch I 42. B. Hund.\nBf. Jagd.\nD III 54. B. Hund, der l\u00e4uft.\nBf. Laufen.\nD III 47. B. schie\u00dfender Afrika-Reisender.\nBf. Schie\u00dfen.\nD III 109. B. \u25a1\nBf. Viereck.\nSch I 11. WB. Rahm.\nBf. Milch.\nH IV 38. B. Vogel.\nAV., Er. eine Klasse V\u00f6gel in S\u00fcd-Afrika in derselben Stellung (der Name vergessen).\nIn allen diesen Beispielen sind durch Vernachl\u00e4ssigung der meisten Bestandtheile einzelne Eigenschaften hervorgehoben, zu welchen die Begriffsqualit\u00e4t hinzugef\u00fcgt wurde.\n3. Zu einer freien Vorstellung.\nAllgemeine Formel:\na a\n\u00df\nD III 112. B. jg]\n1.\tAV. Treppe.\n2.\tBf. aufsteigen.\nFormel :\na a a b b\n\u00df\n'Vou\u00e2t, Philos. Studien. VII.\n8","page":113},{"file":"p0114.txt","language":"de","ocr_de":"114\nE. W. Scripture.\nEs ist kein andres Beispiel dieser Art vorgekommen; wahrscheinlich weil in l\u00e4ngeren Gedankenreihen die Neigung zum Denken in concreten Vorstellungen zu stark ist.\n4. Zu einer verminderten freien Vorstellung. Allgemeine Formel:\nal al\nM \u00df\nDie M\u00f6glichkeit dieses Falles wird man leicht ersehen. Man nehme z. B. den Versuch IV 84, Seite 66; zu der Tast-V., rauhes Papier, f\u00fcge man statt der Gesichtsvorstellung die Begriffsqualit\u00e4t hinzu oder, in anderen Worten, man lasse dieses rauhe Papier f\u00fcr alle Sorten Papier gelten. Durch Verminderung wird das Merkmal \u00bbrauhes\u00ab vernachl\u00e4ssigt und durch Hinzuf\u00fcgung wird die Vorstellung ein Begriff. Was hier willk\u00fcrlich gethan wird, kann wahrscheinlich auch unwillk\u00fcrlich geschehen, aber bis jetzt habe ich keinen Fall dieser Art in den Versuchen angetroffen.\nb) Die Hinzuf\u00fcgung mit Verminderung. Die unter a) angef\u00fchrten Versuche entsprechen den Formeln a \u201c oder ^ . Es kann aber geschehen, dass nicht nur die Begriffsqualit\u00e4t, sondern auch Vorstellungen oder Vorstellungsbestandtheile hinzugef\u00fcgt werden. In diesem Fall ist das Resultat nicht die einwirkende Vorstellung + Begriffsqualit\u00e4t, sondern die einwirkende Vorstellung hinzugef\u00fcgter Vorstellung + Begriffsqualit\u00e4t. Die Vorg\u00e4nge der Verminderung und der Ilinzuf\u00fcgung spielen hier gerade dieselben Rollen wie in den F\u00e4llen ohne Begriffsqualit\u00e4t; man findet auch hier ebenfalls die gleiche Stufenfolge der Formen. Die Formeln\na a\ta\u00df a1\nf\u00fcr die einfachsten F\u00e4lle sind b und [a2] b. Aus diesen ent-\n\u00df\t\u00df\nwickeln sich in derselben Weise, wie oben beschrieben1), die anderen\nFormeln, a] , [a2] \u00ab'] , a * ,\t^ ^ \u25a0 In den letzten F\u00e4llen\na und ^ haben wir das Extrem, wo f\u00fcr eine freie Vorstellung eine selbst\u00e4ndige Begriffsvorstellung substituirt wird.\n1) Siehe S. 89 ff.","page":114},{"file":"p0115.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber den association Verlauf der Vorstellungen.\n115\nDie folgenden Versuche sind Beispiele der Hinzuf\u00fcgung mit\na b\ta1 b\nVerminderung und entsprechen den Formeln \u00ab1 und [\u00ab2I\t\u00df1-\n\u00df\t\u00df\nAehnlich wie hei der Hinzuf\u00fcgung der Vorstellungen mit Verminderung geht dieser Fall allm\u00e4hlich in den n\u00e4chsten \u00fcber.\nD III 17. WB. Stehen.\nBf. eine Person, die steht.\nD III 156. Schall vom Reihen zweier Holzkl\u00f6tzchen aufeinander.\n1.\tBf. Drehung (etwas das sich dreht).\n2.\tBf. Reibung.\nSch I 44. B. Afrika-Reisender (der schie\u00dft).\nBf. Krieg.\nc) Die Substitution. Hier wird eine Begriffsvorstellung f\u00fcr eine freie Vorstellung suhstituirt.\nAllgemeine Formeln:\n\u00df b oder a1 b\n\u00df \u00ab2] \u00df\nSch I 10. B. Gans.\nBf. Teich.\nD III 9. B. Esel.\nBf. Berg (weil der Esel auf den Bergen geht).\nD I 2. B. Hirsch.\n1.\tSB. Hirsch.\n2.\tBf. Wald.\nfill. B. Truthahn.\n1.\tSS. Truthahn.\n2.\tBf. H\u00fchnerhof.\nN II 22. WB. Fluch.\n1.\tBf. Bibel.\n2.\tW. Bibel.\n3.\tSB. Teufel.\nHiermit ist die Reihe von Entwickelungsstufen des Vorstellungs-Verlaufs von der einfachen Hinzuf\u00fcgung der Begriffsqualit\u00e4t bis zur Substitution einer selbst\u00e4ndigen Begriffsvorstellung abgeschlossen.\n8*","page":115},{"file":"p0116.txt","language":"de","ocr_de":"116\nE. W. Scripture.\nVIL Die Nachwirkung von Vorstellungen.\nNicht nur die gerade im Bewusstsein vorhandenen, sondern auch die aus dem Bewusstsein schon verschwundenen Vorstellungen haben einen Einfluss auf den Verlauf der Bewusstseinsvorg\u00e4nge. Der Einfluss einer im Bewusstsein liegenden Vorstellung wurde ihre \u00bbEinwirkung\u00ab genannt; die Wirkung einer Vorstellung auf sp\u00e4tere Bewusstseinszust\u00e4nde werden wir ihre \u00bbNachwirkung\u00ab nennen.\nDieser den fundamentalen Vorg\u00e4ngen des seelischen Lehens zu Grunde liegende Process ist von jeher unter den Namen \u00bbErneuerung\u00ab, \u00bbErinnerung\u00ab, \u00bbWiedererweckung der Vorstellungen\u00ab, \u00bbGe-d\u00e4chtniss\u00ab u. s. w. erkannt und verkannt worden. Diese \u00e4lteren Bezeichnungen leiden vor allem an dem gro\u00dfen Mangel, dass sie zu viel bedeuten, die \u00bbconnotation\u00ab ist, um mit Mill zu reden, zu weit reichend.\nDie technische Sprache der Psychologie verdankt die meisten ihrer Ausdr\u00fccke der Philosophie und dem gew\u00f6hnlichen Sprachgebrauch, und daher kommt es nur zu leicht, dass mit der Terminologie zugleich metaphysische Theorien sich einschleichen. So ist die Geschichte der Lehre vom Ged\u00e4chtniss, von der Phantasie u. s. w. mehr eine Geschichte der philosophischen Theorien als der psychologischen Untersuchung. Hinter den verschiedenen Namen dieser und verwandter geistiger Processe birgt sich eine Iteihe von Annahmen, welche als Ausgangspunkte einer empirischen Untersuchung nicht gebraucht werden d\u00fcrfen. Meist liegt die Annahme zu Grunde, dass die Vorstellungen wie alte M\u00fcnzen in einer Schatzkammer aufbewahrt liegen, oder dass dieselben Vorstellungen wiedererzeugt werden k\u00f6nnen.\nBei Herbart z. B. beruht auf der \u00bbWiedererweckung\u00ab von Vorstellungen das Fundament seiner ganzen Theorie und seiner darauf begr\u00fcndeten Psychologie. Eine verschwundene Vorstellung wird wiedererweckt, d. h. eine jetzt im Bewusstsein vorhandene wird ohne weiteres als identisch mit einer anderen, zu einer fr\u00fcheren Zeit im Bewusstsein gewesenen Vorstellung betrachtet. Nat\u00fcrlich lautet die erste Pr\u00e4ge, wo diese Vorstellung in der Zwischenzeit war. Es ist aber Herb art gar nicht eingefallen sich zu fragen, oh die neue Vorstellung wirklich die fr\u00fchere ist.","page":116},{"file":"p0117.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber den association Verlauf der Vorstellungen.\n117\nSehr deutlich sieht man ferner den Einfluss der Bezeichnung bei Volkmann: \u00bbDas Ph\u00e4nomen der Wiederkehr verdunkelter Vorstellungen l\u00e4sst \u00fcber den Fortbestand der Vorstellungen an sich keinen Zweifel\u00ab. *) Einen unantastbaren Beweis f\u00fcr das Fortbestehen findet er in der \u00bbWiederkehr\u00ab. Alles was er nachher entwickelt, ist schon in dem Worte \u00bbWiederkehr\u00ab enthalten. Sobald man nur zugesteht, dass die Vorstellungen wiederkehren, muss man das Leben der Vorstellungen unter der Schwelle des Bewusstseins u. s. w. als nothwendige (Konsequenzen daraus folgern. Aber kehren die Vorstellungen wirklich wieder? Diese Frage hat Volkmann \u00fcberhaupt nicht aufgeworfen.\nAuf der andern Seite dagegen h\u00f6rt man \u00fcberall von der Reproduction der Vorstellungen. Die Reproduction der Vorstellungen wird als selbstverst\u00e4ndliche Thatsache angenommen und darauf die verschiedenen Theorien der Festhaltung (retention, retentiveness), des Festhaltungs- und des Reproductionsverm\u00f6gens (retentive power, reproductive power) gegr\u00fcndet.\nEs sind dies die zwei herrschenden Hypothesen, von denen die eine oder andere als Ausgangspunkt f\u00fcr jede psychologische Untersuchung dient. Die erste und seltenere ist die Hypothese der Wiederkehr oder Wiedererweckung der Vorstellungen; die andere, fast \u00fcberall verbreitete ist die Hypothese der Wiedererzeugung oder Erneuerung der Vorstellungen. Gegen diese Hypothesen als Resultate der psychologischen Forschung w\u00e4re hier wenig zu/ sagen; aber weder die eine noch die andere k\u00f6nnen wir als Grundlage unserer Untersuchung brauchen. Denn hier m\u00fcssen wir zwischen Thatsache und Hypothese scharf unterscheiden. Thatsache ist die Gegenwart zahlloser Vorstellungen im Bewusstsein zu verschiedenen Zeiten; Thatsache ist es auch, dass viele derselben von dem Individuum selbst als \u00bbwiederkehrende\u00ab oder \u00bbreproducirte\u00ab betrachtet werden; Thatsache ist es aber nicht, dass die Vorstellungen wirklich solche sind. Erst wenn der Nachweis daf\u00fcr geliefert wird, sind sie \u00bbwiederkehrende\u00ab oder \u00bbreproducirte\u00ab zu nennen.\nGegen beide Hypothesen als Fundamente der Lehre von den Vorstellungen sind drei Punkte hervorzuheben :\n1) Lehrbuch der Psychologie, I \u00a7 69, S. 403, Anmerkung.","page":117},{"file":"p0118.txt","language":"de","ocr_de":"118\nE. W. Scripture.\n1)\tsie sind nicht bewiesen;\n2)\tdie Voraussetzung, auf welcher sie beruhen, ist nicht richtig;\n3)\tein System von Bezeichnungen, welches diese Hypothesen in sich schlie\u00dft, ist demnach unbrauchbar (sobald einer von den hervorgehohenen Punkten geltend gemacht wird).\nBei der Betrachtung dieser Punkte ist die Aufmerksamkeit haupts\u00e4chlich der zweiten Hypothese \u2014 derjenigen der Reproduction \u2014 zuzuwenden, da sie heutzutage die erste sehr verdr\u00e4ngt hat. Die \u00fcber die zweite gemachten Bemerkungen kann man dann ohne weiteres auch auf die erste anwenden.\n1.\tDiesen Hypothesen fehlt der Beweis. Die Reproduction derselben Vorstellungen schien so selbstverst\u00e4ndlich, dass niemand daran gedacht hat, einen Beweis zu suchen. Bei einer Vorstellung haben wir das Bewusstsein, dass sie eine wiederkehrende oder eine wiedererzeugte Vorstellung sei. Dieses Bewusstseinselement ist das, was oben als Bekanntheitsqualit\u00e4t und zeitliche Localisation beschrieben worden ist ; es ist aber blo\u00df ein Bewusstseinselement und beweist nur, dass eine Vorstellung uns als bekannt vorkommt oder uns an eine fr\u00fchere erinnert, mit welcher wir die sp\u00e4tere als identisch betrachten. Hierin liegt kein Beweis f\u00fcr die wirkliche Reproduction. Die Bekanntheitsqualit\u00e4t und die zeitliche Localisation sind \u00fcbrigens oft sehr schlechte Beweismittel; sie haften oft an Vorstellungen, welche nur wenig oder keine Aehn-lichkeit mit der \u00bburspr\u00fcnglichen\u00ab besitzen1).\n2.\tDer zweite Einwand liegt weniger auf der Hand. Dennoch ist dessen Best\u00e4tigung so \u00fcberzeugend und f\u00fcr den Zweck unsrer Untersuchung so wichtig, dass die Gr\u00fcnde f\u00fcr denselben ausf\u00fchrlich angegeben werden m\u00fcssen. Auch sind die anzuf\u00fchrenden That-sachen f\u00fcr eine vorurtheilsfreie Betrachtung \u00fcber die Nachwirkung der Vorstellungen psychologisch und erkenntnisstheoretiseh von gr\u00f6\u00dfter Wichtigkeit.\n1) Dass ich eine Vorstellung als eine reproducirte beurtheile, ist ebensowenig ein Beweis f\u00fcr die Wirklichkeit der Reproduction, wie das Bewusstsein der Willensfreiheit die Freiheit des Willens beweist. Es kann sein, dass eine Vorstellung reproducirt wird, und dass der Wille frei ist, aber der Beweis daf\u00fcr ist nicht in der Ueberzeugung des Individuums zu suchen.","page":118},{"file":"p0119.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber den associative!) Verlauf der Vorstellungen.\n119\nDie Voraussetzung, auf welcher beide Hypothesen beruhen, ist die Identit\u00e4t einer sp\u00e4teren Vorstellung mit einer fr\u00fcheren oder mit einer solchen, die um gewisse Merkmale vermehrt oder vermindert worden ist. Diese Voraussetzung wird von den Psychologen auf verschiedene Weise ausgedr\u00fcckt.\n\u00bbThere is an ability in the mind when it will to revive them [die Vorstellungen] again, and as it were paint them a new on itself; some more lively, others more obscurely\u00ab1). \u00bbHier sagt schon der Ausdruck, dass, sobald das Hinderniss weicht, die Vorstellung durch ihr eigenes Streben wieder hervortreten wird\u00ab2). \u00bbIn the first place, then, I presume that the fact of retention is admitted. We are conscious of certain cognitions as acquired, and we are conscious of these cognitions as resuscitated\u00ab3). \u00bbHere we have to inquire how, when vivid forms of feelings have been experienced, it happens that faint forms of feelings like them afterwards arise. We have to inquire what determines this revivahility, what conditions they are which render the revivals more or less distinct\u00ab4). Man bemerke, wie Spencer im ersten Satz das Problem aufstellt, im zweiten aber zu einem untergeordneteren \u00fcbergeht, indem er die Antwort zu dem ersten als selbstverst\u00e4ndlich betrachtet, n\u00e4mlich: \u00bbDie schwachen Empfindungen sind wiedererzeugte starke Empfindungen\u00ab. \u00bbPresent Actions, Sensations, Thoughts, or Emotions tend to revive their Like among previous Impressions, or States\u00ab5). \u00bbEine Wiederholung derselben Empfindungen w\u00fcrde aber keine psychologische Bedeutung haben, h\u00e4tte das Bewusstsein nicht das Verm\u00f6gen, die fr\u00fcheren \u00e4hnlichen Empfindungen zu reproduciren\u00ab6).\nGegen die Behauptung der Identit\u00e4t der \u00bb reproducirten \u00ab Vorstellung mit einer fr\u00fcheren werde ich zu beweisen versuchen, dass die sp\u00e4tere Vorstellung von der fr\u00fcheren ahweicht und ahweichen muss.\nWas hiermit gemeint wird, kann am besten durch folgendes Beispiel erkl\u00e4rt werden :\n1)\tLocke, An Essay concerning Human Understanding; BookI, ch. X, \u00a7 2.\n2)\tHerbart, Lehrbuch zur Psychologie, \u00a7 11.\n3)\tHamilton, Lectures on Metaphysics, II 209. Lect. XXX.\n4)\tSpencer, Principles of Psychology, I, p. 229.\n5)\tBain, Senses and Intellect, p. 457, amerik. Auflage.\n6)\tH\u00f6ffding, Psychologie in Umrissen, S. 151.","page":119},{"file":"p0120.txt","language":"de","ocr_de":"120\nE. VV. Scripture.\nH IV 27. B. Soldat.\nV. Das Exerciren auf dem Exercirplatz in Leipzig (jeden Morgen gesehen).\nF\u00fcr gew\u00f6hnliche Zwecke kann man die Vorstellung vom Exercirplatz wegen ihrer Bekanntheitsqualit\u00e4t als die Reproduction einer undeutlich gewordenen fr\u00fcheren Wahrnehmung betrachten. Sie ist es aber doch nicht; sie ist der Wahrnehmung nicht einmal sehr \u00e4hnlich. Der Unterschied in der St\u00e4rke der ganzen Vorstellungen ist nicht der einzige. Wenn selbst dieser Unterschied nicht vorhanden w\u00e4re, wie in vielen F\u00e4llen, wo eine Erinnerung dieselbe oder gr\u00f6\u00dfere Intensit\u00e4t als eine Wahrnehmung besitzt, so kommen immer noch viele Verschiedenheiten vor. Es bestehen auch Unterschiede der Bewusstseinsgrade der einzelnen Theile der beiden Vorstellungen. In der Wahrnehmung stehen die Theile in einem bestimmten Verh\u00e4ltniss zu einander in Bezug auf den Bewusstseinsgrad. Dieses Verh\u00e4ltniss bleibt aber nicht constant. Wegen des fortw\u00e4hrenden Eintretens neuer Umst\u00e4nde, z. B. Schwankungen der Aufmerksamkeit, beeintr\u00e4chtigender Einfl\u00fcsse anderer Vorstellungen u. s. w., \u00e4ndert sich in jedem Augenblick das Verh\u00e4ltniss der verschiedenen Theile zu einander. In der Erinnerungsvorstellung findet man ganz denselben Vorgang: das Intensit\u00e4tsverh\u00e4ltniss der Theile \u00e4ndert sich fortw\u00e4hrend unter Umst\u00e4nden, welche von denen der Wahrnehmung verschieden sind. In unserem Beispiel haben die Wahrnehmungen jedesmal vielleicht eine Minute gedauert, w\u00e4hrend welcher sie allerlei Aenderungen erlitten ; die Erinnerungsvorstellung hat ein paar Secunden gedauert. Die Umst\u00e4nde, welche die Wahrnehmung, und diejenigen, welche die Erinnerungsvorstellung beeinflussten, waren ganz verschieden \u2014 einerseits die Morgenzeit, die durch die Tageszeit und die frische Luft bedingten Gemeinempfindungen, die lebhafte Aufmerksamkeit u. s. w. ; andererseits die sp\u00e4tere Tageszeit, Gegenwart im Institut u. s. w.\nWas von dem Verh\u00e4ltniss einer sp\u00e4teren Vorstellung z$ der \u00bburspr\u00fcnglichen\u00ab Wahrnehmung gesagt wird, gilt auch von dem Verh\u00e4ltniss freier Vorstellungen zu freien Vorstellungen.\nDiese Thatsachen werden vielleicht durch graphische Darstellung an Klarheit gewinnen. Die in den vorangegangenen Capiteln gebrauchten Formeln k\u00f6nnen wir hier nicht brauchen, da die Stellung","page":120},{"file":"p0121.txt","language":"de","ocr_de":"lieber den associative:: Verlauf der Vorstellungen.\n121\nder Buchstaben gar nichts mit den Graden der Bewusstheit zu thun hatte. Als eine Methode, den Vorstellungsverlauf mit Andeutungen \u00fcber die Bewusstseinsgrade darzustellen, eignet sich gut ein System von verticalen Linien, von welchen jede den Zustand des Bewusstseins (so weit es die Vorstellungen anbelangt) in einem bestimmten Zeitpunkt angeben soll; der Grad der Bewusstheit wird durch die Stellung der Buchstaben auf diesen Linien zwischen m, dem Maximum, und 0, dem Minimum angezeigt. Nat\u00fcrlich ist der wahre Verlauf der Vorstellungen keine solche Reihe von pl\u00f6tzlich erscheinenden, unabh\u00e4ngigen Bewusstseinszust\u00e4nden, sondern ein continuirlicher Process. Zum Zweck der Untersuchung machen wir aber zu verschiedenen Zeiten Querschnitte durch den Verlauf. Eine Reihe von drei solchen Querschnitten wird z. B. durch folgendes Schema dargestellt :\nm m m\na\ta\nb\t\n\tb\n0 0 0\nDies bedeutet, dass in dem ersten Zeitmoment die Vorstellungen a und b vollkommen bewusst sind, aber dass zur Zeit des zweiten Querschnitts b nur halbbewusst, und zur Zeit des dritten unbewusst wird, w\u00e4hrend a immer noch vollkommen bewusst bleibt.\nJe verwickelter die denkbaren F\u00e4lle sind, welche wir betrachten, um so klarer ist die Unm\u00f6glichkeit der Identit\u00e4t zweier Vorstellungen. Dieser Satz gilt f\u00fcr alle Merkmale und Eigenschaften der Vorstellungen; zuerst aber wollen wir uns lediglich auf ihre Bewusstseinsgrade beschr\u00e4nken.\nNehmen wir den m\u00f6glichst einfachen Verlauf einer Vorstellung ubcd an:\nm m m m abed abed abed abcd\n0 0 0 0 Ihre Bestandtheile sollen in den vier Zeitpunkten immer den-selben Grad der Bewusstheit besitzen. Eine vollkommene Repro-","page":121},{"file":"p0122.txt","language":"de","ocr_de":"122\nE. VV. Scripture.\nduction w\u00fcrde eine genau gleiche Vorstellung hervorbringen. Dies wird mindestens ebenso selten Vorkommen, wie das Auffinden zweier genau gleicher Bl\u00e4tter. Nur wenn von allen Bestandtbeilen mit Ausnahme eines einzigen einfachen, z. B. einer einfachen Empfindung, ahstrahirt wird, k\u00f6nnte vielleicht eine genaue Wiederholung eintreten.\nEin nicht ganz so einfacher Fall w\u00e4re der, in welchem beide Vorstellungen in allen Zeitmomenten in ganz gleichen Graden verbleiben, die Bestandteile aber nicht denselben Grad, sondern eine Anzahl verschiedener einnehmen. Die graphische Darstellung beider w\u00fcrde sein:\nm m m m\na\ta\ta\nb\tb\tb\nc\tc\tc\nd\td\td\n0\t0 U U\nAuch dieser Fall ist nur durch Abstraction denkbar. Die von den Anh\u00e4ngern der Reproductionstheorie vertretene Ansicht nimmt nur an, dass die sp\u00e4tere Vorstellung die fr\u00fchere reproducire, aber dass die eine Vorstellung einen von der anderen verschiedenen Grad der Bewusstheit besitze. Der Verlauf der zweiten soll demnach dem Verlauf der ersten vollkommen analog sein, aber der ganze Vorgang in einem anderen Grade stattfinden. Also :\nm\na\nb\nc\nd\n0 0\na\ta\ta\nb\tb\tb\nc\tc\tc\nd\td\td\nf\u00fcr die erste Vorstellung oder die Wahrnehmung und\nm m m m\na\ta\ta\nb\tb\tb\n\tc\tc\nd\td\td\nf\u00fcr die zweite Vorstellung.\n0 0\nDieser Vorgang ist zu einfach und regelm\u00e4\u00dfig, um in Wirklichkeit jemals vorzukommen. H\u00f6chstens wenn wir nur sehr wenige Merkmale herausgreifen und von allen anderen abstrahiren, k\u00f6nnte","page":122},{"file":"p0123.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber den associative!! Verlauf der Vorstellungen.\n123\ner f\u00fcr jene in \u00e4u\u00dferst seltenen F\u00e4llen eintreten. Betrachten wir nun den Fall in der f\u00fcr die Reproductionstheorie g\u00fcnstigsten Weise : wir wollen f\u00fcr einen Augenblick annehmen, die beiden Vorstellungen seien nicht dauernde Vorg\u00e4nge, sondern nur momentane Zust\u00e4nde. Selbst bei dieser Annahme k\u00f6nnen wir niemals eine Identit\u00e4t con-statiren. Es hat jedermann erlebt, dass er sich an besondere Theile fr\u00fcherer Wahrnehmungen mit au\u00dferordentlicher Deutlichkeit erinnern kann, w\u00e4hrend andere mehr oder weniger vergessen worden sind. Z. B.\nKr VI 38. Geschmack einer L\u00f6sung Citronensaft.\n1.\tGeschmacks-V. Essig.\n2.\tGeschmacks-V. Wein.\n3.\tGeschmacks-V. ein ganz \u00e4hnlicher Geschmack von etwas vergessenem, aber Kr wei\u00df nicht, wo oder wann er es schmeckte.\nHier tritt die Geschmacksvorstellung 3. mit gro\u00dfer Deutlichkeit hervor, aber alle anderen Theile der urspr\u00fcnglichen Wahrnehmung kommen gar nicht ins Bewusstsein. Die graphische Darstellung w\u00fcrde etwa die folgende sein:\nm\nabed\nWahrnehmung\nFreie Vorstellung\nm\na\nbed\n0 0 H TV 60. Schall von einer Stimmgabel.\nEr. Schall einer gewissen Bahnhofsglocke (aber H kann sich nicht an den Bahnhof erinnern).\nNiemals werden alle Bestandtheile der urspr\u00fcnglichen Wahrnehmung in der \u00bb reproducirten \u00ab wieder hervorgehracht, es bleiben immer viele unter der Schwelle des Bewusstseins.\nBei der Betrachtung dieser Versuche haben wir einen Umstand unbeachtet gelassen, n\u00e4mlich den Verlauf der beiden Vorstellungen. Wir haben sie als zwei momentane Zust\u00e4nde dargestellt, w\u00e4hrend sie in Wirklichkeit eine gewisse Zeitdauer beanspruchen. Der Verlauf der Wahrnehmung ist also nicht aus einem Querschnitt, sondern nur aus vielen zu erkennen. Durchaus unberechtigt sind wir aber","page":123},{"file":"p0124.txt","language":"de","ocr_de":"124\nE. W. Scripture.\nanzunehmen, dass alle Querschnitte identisch seien; es ist einfach undenkbar, dass jeder Theil der ganzen Wahrnehmung in jedem Zeitpunkte dieselbe Stelle im Bewusstsein einnahm ; in einem Augenblick wird ein Bestandtheil, in dem n\u00e4chsten ein anderer st\u00e4rker hervortreten. Ganz dasselbe gilt f\u00fcr die freie Vorstellung: sie ist ein Verlauf, ein Vorgang, und ganz unwahrscheinlich ist es, dass die Theile in Bezug auf den Grad der Bewusstheit jemals einander parallel laufen.\nDas wichtigste Bedenken gegen die Reproductionstheorie liegt demnach darin, dass es kaum denkbar ist, dass der ganze Verlauf der \u00bbreproducirten\u00ab Vorstellung dem ganzen Verlauf einer urspr\u00fcnglichen Vorstellung auch nur analog sein kann. Die Ursachen daf\u00fcr, z. B. Schwankungen der Aufmerksamkeit, Aenderungen des Bewusstseinszustandes, Einfluss anderer Vorstellungen u. s. w., m\u00f6gen hier au\u00dfer Betracht bleiben und nur auf die drei Thatsachen seihst hingewiesen werden : den sich \u00e4ndernden Verlauf der ersten Vorstellung, den sich \u00e4ndernden Verlauf der zweiten, und die Verschiedenheit des beiderseitigen Verlaufs. Diese Thatsachen sind am besten an Beispielen nachzuweisen.\nErstens: eine Wahrnehmung \u00e4ndert sich in Bezug auf die Bewusstseinsgrade ihrer Bestandtheile w\u00e4hrend ihres Verlaufs.\nK\u00fc VIII 2. B. Pferd.\nSS. braun.\n(Das Wort war zu der Farbe associirt, bevor K\u00fc den Gegenstand erkannt hatte.)\nHier war ein Theil der Wahrnehmung deutlich ins Bewusstsein getreten, w\u00e4hrend die \u00fcbrigen in einem sehr niedrigen Grad verblieben. Sp\u00e4ter wurden alle Theile deutlich, und der Gegenstand wurde erkannt. Der Verlauf einer solchen Wahrnehmung ist folgenderweise darzustellen :\nm 7ii m m\na\ta\ta\tabed\n\t\tbed\t\nbed\tbed\t\t","page":124},{"file":"p0125.txt","language":"de","ocr_de":"\u00fceber den association Verlauf der Vorstellungen.\n125\nK\u00fc Vm 12. B. Afrikaner mit gelbem Kleid.\n1.\tSB. gelb (bevof der Gegenstand erkannt war).\n2.\tSB. Krieger.\nDie Farbe trat zuerst allein vor und veranlasste eine Association; sp\u00e4ter machten die Form und Stellung des Afrikaners den Haupteindruck aus und brachten eine andere Association hervor, welche keinen Einfluss der Farbe zeigte. Also:\nm m m m\na\ta\tbed\tbed\nbed\tbed\ta\ta\n0 0 0 0\nGanz analog sind folgende Versuche:\nN n 35. WB. Behuf.\n1.\tSB. Brief (bevor N das Wort richtig erkannt hat).\n2.\tSB. Berufsstand.\n3.\tSB. Berufst\u00fcchtigkeit.\nN II 94. WB. Abtei.\n:\t1. (Das Wort beinahe als \u00bbArbeit\u00ab gelesen).\n2.\tSB. Abtei.\n3.\tSB. Bischoff.\nEs kann jedermann diese Thatsache in seiner eigenen Erfahrung leicht constatiren. Wenn man z. B. ein Haus ansieht, sind in dem einen Augenblick die Fenster am deutlichsten, in dem n\u00e4chsten die Farbe der Mauer u. s. w. Ein interessanter Fall ist die unwillk\u00fcrliche Abwechselung der Mauer-Treppen-Figur1). Endlich verweise ich auf die Untersuchung \u00fcber die Verminderung der Vorstellungen in Cap. IV. Jede Verminderung ist, wie dort gezeigt, eine Aenderung der Bewusstseinsst\u00e4rke einiger Theile.\nZweitens: eine freie Vorstellung \u00e4ndert sich w\u00e4hrend ihres Verlaufs. Es wei\u00df jedermann, dass, wenn er sich an etwas erinnert, in dem einen Augenblick ein Theil, in dem n\u00e4chsten Augenblick aber ein anderer Theil deutlicher hervortritt.\no. j LanS\u00b0> Beitr\u00e4ge zur Theorie der sinnlichen Aufmerksamkeit. Phil.\n\u00bbtud. IV, p. 406.","page":125},{"file":"p0126.txt","language":"de","ocr_de":"126\nE. W. Scripture.\nSch I 47. B. Nashorn.\n1.\tV. D\u00fcrer (der einen solchen Holzschnitt gemacht hat).\n2.\tEr. der Holzschnitt selbst.\nDie freie Vorstellung 1. war haupts\u00e4chlich eine Vorstellung von D\u00fcrer; im Hintergrund stand der Holzschnitt; dieser aber trat im n\u00e4chsten Augenblick in den h\u00f6chsten Grad des Bewusstseins unter Verdr\u00e4ngung der Vorstellung D\u00fcrer. Dies-ist \u00fcbrigens ein ausgezeichnetes Beispiel f\u00fcr das Uebergangsstadium zwischen einer unbedeutenden Aenderung einer Vorstellung und einem associativen Vorstellungsverlauf.\n& VII 10. WB. Sewing [N\u00e4hen].\n1.\tV. die Th\u00e4tigkeit des N\u00e4hens einer Person.\n2.\tV. diese ist allm\u00e4hlich eine bestimmte N\u00e4herin geworden.\n\u00c4 VII 21. WB. Wings [Fl\u00fcgel].\n1.\tSB. wings (unklar).\n2.\tV. zwei Fl\u00fcgel an einem unbestimmten Vogel.\n3.\tPh. ein fliegender Vogel.\nDas letzte Beispiel zeigt sehr deutlich das Steigen der Vorstellung des Vogels bis in das Bewusstheitsmaximum.\nII IV 31. B. Afrika-Reisender (Hauptmann).\n1.\tEin Offizier commandirend auf dem Schlachtfeld.\n2.\tSeine ernste Haltung.\nHier ist die Aenderung wiederum sehr bedeutend. Zuerst ist der Offizier das wichtigste, das Commandiren auf dem Schlachtfeld ist nur untergeordnet; im n\u00e4chsten Augenblick aber \u00fcbernimmt \u00bbseine ernste Haltung\u00ab die Hauptrolle, w\u00e4hrend der Offizier selbst und das Schlachtfeld zur\u00fcckweichen.\nEr VI 43. Geschmack, Tarragona-Wein.\n1.\tGesichts-V., Er. die spanische Weinstube (Bodega) in der Grimmaischen Stra\u00dfe zu Leipzig.\n2.\tGesichts-V., Er. eine Weinflasche bei der kranken Tochter seiner Wirthin.\n3.\tSB. [laut ausgesprochen] Ah!","page":126},{"file":"p0127.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber den association Verlauf der Vorstellungen.\n127\n(Dieser Ausdruck des Vergn\u00fcgens bezieht sich, so erkl\u00e4rte Kr., nicht auf den Wein, sondern auf das sehr h\u00fcbsche M\u00e4dchen. An das Lautsprechen hat er nicht gedacht, bis er darnach gefragt wurde.)\nZu 2 bemerke ich, dass das Hauptgewicht zuerst auf die Weinflasche gelegt werde, \u2014 nicht \u00bbdie Tochter und bei ihr eine Weinflasche\u00ab sondern umgekehrt. Dies \u00e4ndert sich dann, und die Vorstellung des M\u00e4dchens \u00fcbernimmt die Hauptrolle.\nH IV 10. 13. Hirsch.\n1.\tV. wo Hirsche als Gespann gebraucht sind.\n2.\tV. Hirsch im Walde \u2014 nahe bei Kreuznach.\n3.\tV. ein Bild von einem Hirsch mit einem Pfeil in der Seite (vor langer Zeit gesehen).\n\u00bbHirsch im Walde \u2014 nahe bei Kreuznach\u00ab ist die Vorstellung 2, aber der AVald sinkt aus dem Blickpunkt des Bewusstseins, und der Hirsch veranlasst die folgende Vorstellung.\nDie fr\u00fcher beschriebene Hinzuf\u00fcgung mit Verminderung liefert hierher geh\u00f6rige Beispiele !). Graphisch w\u00e4ren diese Aenderungen \u00e4hnlich denen der Wahrnehmungen darzustellen.\nHiermit hoffe ich gen\u00fcgend bewiesen zu haben, dass das Ver-h\u00e4ltniss der Theile einer Gesammtvorstellung, ganz gleich ob sie eine Wahrnehmung oder eine freie Vorstellung ist, in Bezug auf den Grad der Bewusstheit mit der Zeit sich \u00e4ndert.\nDrittens: der Verlauf der freien Vorstellung ist weder als identisch noch als analog dem Verlauf der Wahrnehmung aufzufassen. W\u00e4hrend ihres Verlaufs kann eine Vorstellung als Ganzes sich \u00e4ndern ; es k\u00f6nnen aber auch die verschiedenen Theile ganz verschiedene Ver\u00e4nderungen erfahren. Nun geschieht jeder Verlauf unter verschiedenen Umst\u00e4nden. Es w\u00e4re daher sehr gewagt zu behaupten, dass eine sp\u00e4tere, \u00bbreproduite\u00ab Vorstellung genau denselben Aenderungsverlauf wie irgendwelche fr\u00fchere habe. Dass die beiden Verl\u00e4ufe niemals analog sein k\u00f6nnen, ist freilich experimentell nicht zu beweisen. Was aber durch Versuche gezeigt werden kann, ist ein fast immer vorhandener\n1) S. 90, 114.","page":127},{"file":"p0128.txt","language":"de","ocr_de":"128\nE. W. Scripture.\nUnterschied. Als Beispiele k\u00f6nnen die im vorigen Paragraphen angef\u00fchrten Versuche dienen. Die Wahrnehmungen, welche Beobachter &' gehabt hatte, waren lediglich die einer Person, die eine N\u00e4herin war; er hatte sie niemals n\u00e4hend gesehen; in den Wahrnehmungen hatte also immer die Person selbst die Aufmerksamkeit auf sich gezogen. In der Erinnerung ist der Verlauf ein ganz anderer: zuerst trat eine Gesichtsvorstellung von den Bewegungen einer kaum beachteten Person ins Bewusstsein, dann sinkt dieser Theil aus dem Blickpunkt, w\u00e4hrend die Vorstellung der Person selbst die Aufmerksamkeit auf sich zieht. Wiederum hat der Beobachter niemals zwei Fl\u00fcgel an einem unbestimmten Vogel gesehen : doch haben in der freien Vorstellung zuerst die zwei Fl\u00fcgel und nachher der fliegende Vogel die Hauptrolle gespielt. Ebenso ist anzunehmen, dass in der Gesichts-V. 2. des Versuchs VI 43 die Bestandtheile einen ganz anderen Verlauf hatten als in irgendwelcher W ahrnehmung.\nIn der bisherigen Betrachtung habe ich mich ausschlie\u00dflich auf die bisher fast vernachl\u00e4ssigten Bewusstseinsgrade der Vorstellungen beschr\u00e4nkt. Der Unterschied zwischen einer fr\u00fcheren und einer sp\u00e4teren, \u00e4hnlichen Vorstellung besteht aber nicht nur in Abweichungen in dem Bewusstseinsgrade der ganzen Vorstellung und in Abweichungen in dem Verh\u00e4ltniss der Theile, sondern auch in Qualit\u00e4tsunterschieden. Hier\u00fcber liegen bereits mannigfache Untersuchungen vor. Es wei\u00df jedermann, dass die Formen, Farben und andere Bestandtheile der Erinnerungsbilder sich mit der Zeit ver\u00e4ndern. In einem Versuch wie N II 67. B. Nashorn.\nF. ein Haus im zoologischen Garten konnte der Beobachter zweifellos nur die allgemeinsten Angaben (wahrscheinlich auch manche unrichtige) \u00fcber die Form, die Gr\u00f6\u00dfe, die Farben, die Theile u. s. w., des Hauses machen. In anderen F\u00e4llen ist man sich direct bewusst, dass die \u00bbreproducirte\u00ab Vorstellung von der fr\u00fcheren ab weicht; wie z. B.\nR V 74. B. Kameel.\n1.\tF., Er. Kameel im Central Park.\n2.\t\u00bbNein, es war ein Elephant, nicht ein Kameel, \u2014 Kinder auf seinem R\u00fccken\u00ab.","page":128},{"file":"p0129.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber den associativen Verlauf der Vorstellungen.\n129\nManchmal kann man, obwohl der Beobachter seihst keine Ahnung von dem Unterschied hat, denselben durch objective Mittel constatiren. Z. B.\nSch I 102. B. \u00d4\nDasselbe Bild wie das vorige. [Das vorige Bild war aber gerade das umgekehrte gewesen.]\nWeiteres \u00fcber die Amnesie findet man in den betreffenden Werken. Wegen ihrer gro\u00dfen Wichtigkeit aber erlaube ich mir in wenigen Worten auf eines aufmerksam zu machen: das Fehlen der Bekanntheitsqualit\u00e4t ist nicht nothwendig mit dem Fehlen aller Nachwirkungen identisch. Die Yernach-, l\u00e4ssigung dieses Unterschieds hat viel zu Unklarheiten in der Ge-: d\u00e4chtnisslehre heigetragen. Es geschieht oft, dass alle Nachwirkungen einschlie\u00dflich der Bekanntheitsqualit\u00e4t verloren gehen. In einem von Carpenter angef\u00fchrten Fall1), wie in tausend anderen der allt\u00e4glichen Erfahrung findet man eine vollst\u00e4ndige Aufhebung aller Nachwirkungen \u2014 mit Einschluss der Bekanntheitsqualit\u00e4t \u2014 gewisser Erfahrungen: \u00bbHe was driving his wife and ehild in a phaeton, when the horse took fright and ran away; and all attempts to pull him in being unsuccessful, the phaeton was at last violently dashed against a wall, and Mr. H. was thrown out, sustaining a severe concussion of the brain. On recovering, he found that he had forgotten the immediate antecedents of the accident; the last thing he remembered being that he had met an acquaintance on the road about two miles from the scene of it. Of the efforts he had made, and the terror of his wife and child, he has not, to this day, any recollection whatever.\u00ab In anderen F\u00e4llen ist die Nachwirkung deutlich vorhanden, aber die Bekanntheitsqualit\u00e4t fehlt. In dem von Prof. Sharpey berichteten Fall waren der Patientin die Bekanntheitsqualit\u00e4t und die Localisation der fr\u00fcheren Ereignisse ihres Lehens nach einer langen Periode von Schlafsucht verloren gegangen, aber andere Nachwirkungen waren noch vorhanden, und die Patientin konnte viele ihrer fr\u00fcheren Lieder singen und auf dem Klavier mit wenig oder keiner Hilfe spielen2). In F\u00e4llen\n1)\tMental Physiology, \u00a7 359; auch von Ribot angef\u00fchrt, Les mal. de la m\u00e9m. p. 63.\n2)\tBrain, April 1879; auch von Ribot citirt.\nW u n d 11 Philos. Studien. VII.\n9","page":129},{"file":"p0130.txt","language":"de","ocr_de":"130\nE. W. Scripture.\nder posthypnotischen Suggestion sind die Nachwirkungen vorhanden, aber manchmal fehlt die Bekanntheitsqualit\u00e4t ganz, manchmal ist sie deutlich vorhanden. Beispiele der st\u00e4rksten Nachwirkungen mit vollkommenem Verschwinden der Bekanntheitsqualit\u00e4t sind massenhaft in Werken \u00fcber den Hypnotismus zu finden; einen ausgezeichneten Fall findefman bei Forel beschrieben1).\nEs kommt auch vor, dass die posthypnotisch auftauchende Vorstellung die Bekanntheitsqualit\u00e4t, ja selbst eine genaue Localisation mit sich bringt. \u00bb In seltenen F\u00e4llen kommt die Idee nicht mit dem subjectiven Charakter der Spontaneit\u00e4t, sondern als pl\u00f6tzlich auftauchende Erinnerung aus der Hypnose\u00ab2). Wenn man diese Trennbarkeit der Bekanntheitsqualit\u00e4t von den anderen Nachwirkungen anerkennt, so verlieren manche pathologischen F\u00e4lle und auch die posthypnotischen Suggestionen viel von ihrem wunderbaren Charakter.\nAls ein weiterer Unterschied zwischen Erinnerung und Wahrnehmung ist die zeitliche Dauer zu erw\u00e4hnen. \u00bbTout souvenir, si net qu\u2019il soit, subit un \u00e9norme raccourcissement\u00ab3). Ribot gibt eine Reihe von interessanten Beispielen an, unter welchen auch die Zeitsinnversuche von Vier or dt genannt sind. Diese und die anderen Zeitsinnuntersuchungen beweisen, dass bei der Reproduction sehr kurze Zeitr\u00e4ume verl\u00e4ngert, lange Perioden dagegen verk\u00fcrzt werden. Jedenfalls kommt eine Gleichheit selten vor. Diese wichtige Thatsache, dass die \u00bbreproducirten\u00ab Vorstellungen von den urspr\u00fcnglichen in der mannigfaltigsten Weise zeitlich abweichen, ist \u00fcbrigens in Werken \u00fcber das Ged\u00e4chtniss so oft beschrieben worden, dass sie nur der Erw\u00e4hnung bedarf.\nAlles zusammenfassend k\u00f6nnen wir sagen: die \u00bberneuerten\u00ab Vorstellungen unterscheiden sich von den \u00bburspr\u00fcnglichen\u00ab:\n1)\tin dem Bewusstseinsgrade der Gesammtvorstellung ;\n2)\tin dem Verh\u00e4ltniss der Bewusstseinsgrade der Theile zu einander ;\n3)\tin der Form, der Farbe, den Beziehungen u. s. w., u. s. w.;\n4)\tin der Dauer.\n1)\tDer Hypnotismus und seine Handhabung. Stuttgart 1889. S. 4l.\n2)\tForel, a. a. O. S. 36, wo ein Beispiel zu finden ist.\n3)\tKibot, Les maladies de 1. m\u00e9in., p. 44.","page":130},{"file":"p0131.txt","language":"de","ocr_de":"131\nDeber dm associative!) Verlauf der Vorstellungen.\nDemnach k\u00f6nnen wir behaupten: es kommt fast nie vor, dass eine sp\u00e4tere Vorstellung einer fr\u00fcheren so \u00e4hnlich ist, dass man die sp\u00e4tere als eine wirkliche Erneuerung der fr\u00fcheren betrachten kann. Das Bewusstsein der Bekanntheit ist ein sehr unzuverl\u00e4ssiges Beweismittel f\u00fcr die Identit\u00e4t der Vorstellungen; h\u00f6chstens weist es auf eine Aehnlichkeit der beiden Vorstellungen hin.\n3. In den vorangegangenen Paragraphen haben wir zu beweisen versucht, dass die Hypothesen der Reproduction und der Wiederkehr der Vorstellungen nicht als Ausgangspunkte einer Untersuchung \u00fcber die Grundprocesse des Vorstellungsverlaufs dienen d\u00fcrfen, da jene Hypothesen nicht nur nicht bewiesen sind, sondern sogar auf unrichtigen Voraussetzungen beruhen. Jetzt ist der dritte Punkt zu betrachten, n\u00e4mlich die Brauchbarkeit der mit diesen Hypothesen verbundenen Terminologie. Selbst wenn die angef\u00fchrten Gr\u00fcnde die Unrichtigkeit der Hypothesen nicht gen\u00fcgend beweisen sollten, w\u00fcrden sie doch wichtig genug sein, um die Beweislast den Verteidigern derselben aufzuerlegen. Jedenfalls kann daher die Terminologie f\u00fcr die Fundamentalprocesse des geistigen Lebens nicht jene Hypothesen in sich aufnehmen.\nDemnach werden als termini technici die folgenden W\u00f6rter in die Psychologie nicht aufzunehmen sein: acourjQla aladrjGsojg (Plato), recolenda, retractanda (Augustin), repetitio, conservatio cognitionis (Scaliger), Wiedererweckung, Wiederkehr, Erneuerung, retention, reproduction (z. B. Hamilton), retentiveness, revival (z. B. Bain, Spencer)1). Von allen Ausdrucksweisen, welche die Fortexistenz der Vorstellungen, die Hinterlassung von Spuren, die Wirksamkeit materieller Spuren, selbst die Zur\u00fccklassung psychischer Dispositionen oder sonst eine Hypothese oder Voraussetzung \u00fcber\n1) Die Bezeichnungen\tmemoria, Ged\u00e4chtniss, memory und selbst\ncu'ttfivrjoi\u00e7, Erinnerung, remembrance, scheinen mir, wenn man sie ohne alle Theorien in ihrer thats\u00e4chlichen, psychologischen Bedeutung gebraucht, vollkommen zul\u00e4ssig. Sie sind aber mangelhaft. Die nicht ins Bewusstsein tretenden Nachwirkungen kann man nicht gut mit Hering Vorg\u00e4nge des Ged\u00e4chtnisses nennen: \u00bbDas Ged\u00e4chtniss als eine allgemeine Function der organisirten Materie\u00ab klingt ganz widersinnig, da das Wort Ged\u00e4chtniss immer Bewusstsein m sich schlie\u00dft. Statt Ged\u00e4chtniss ohne Bewusstsein w\u00e4re Nachwirkung ohne Bewusstsein besser. Ged\u00e4chtniss ist also Nachwirkung unter Voraussetzung von Bewusstsein und Erinnerung ist Nachwirkung mit Bekanntheitsqualit\u00e4t, Localisation.\n9*","page":131},{"file":"p0132.txt","language":"de","ocr_de":"132\nE. W. Scripture.\ndas Bleiben, \u00fcber die Wiederkehr oder \u00fcber die Wiedererzeugung der Vorstellungen mit sich bringen, muss man absehen, wenn man rein empirisch verfahren will1).\nIm Anfang dieses Capitels haben wir den vierten Grundprocess als das \u00bbNachwirken\u00ab bezeichnet und erkl\u00e4rt, dass dasjenige, was von dem Vorhandensein einer Vorstellung im Bewusstsein auf eine VV'^r\u00fchere Vorstellung als Bedingung zu beziehen ist, die \u00bbNachwirkung\u00ab dieser sei. Diese Bezeichnung in dieser Bedeutung habe ich als psychologischen terminus nur bei Wundt gefunden. \u00bbSie [die Vorstellungen] k\u00f6nnen m\u00f6glicherweise innerhalb der Vorbedingungen unseres seelischen Lebens Nachwirkungen zur Folge haben; und solche m\u00fcssen wir in der That \u00fcberall voraussetzen, wo eine Vorstellung wiederkehren kann, ohne durch \u00e4u\u00dfere Sinneseindr\u00fccke erneuert zu werden. Aber diese Nachwirkungen sind selbst ebensowenig Vorstellungen, wie die durch unsere willk\u00fcrlichen Bewegungen hervorgebrachten Uebungseinfl\u00fcsse auf Nerven und Muskeln Willenshandlungen sind\u00ab2).\nEin gro\u00dfer Vortheil dieser Bezeichnung ist, dass sie keine Hypothese \u00fcber die Natur der Vorstellungen und \u00fcber ihre Beziehungen mit sich bringt. Bei dem Ausdruck \u00bbNachwirkung\u00ab brauchen wir keine Meinung \u00fcber das Wesen der Vorstellung und \u00fcber ihre Reproduction zu haben. Wenn eine Vorstellung, mag sie als \u00bbSubstanz\u00ab oder als \u00bbTh\u00e4tigkeit\u00ab aufgefasst werden, auf irgend welche Weise einen solchen Einfluss auf das seelische Leben aus\u00fcbt, dass sie eine sp\u00e4tere Vorstellung bedingt, so kann dieser Einfluss eine Nachwirkung genannt werden, und es steht jedermann frei, auf Grund der Thatsachen die Identit\u00e4t oder Nicht-Identit\u00e4t, die Aehnlichkeit oder Un\u00e4hnlichkeit, die Wiederkehr oder die Reproduction der Vorstellungen nachzuweisen oder zu widerlegen.\nDie Ansicht, zu welcher wir uns durch die Thatsachen gezwungen f\u00fchlen, ist nun die folgende: jede Vorstellung ist\n1)\tWie oben bemerkt, bezieht sich diese Discussion blo\u00df auf die Brauchbarkeit dieser Hypothesen und ihrer Terminologie als Grundlage einer Untersuchung \u00fcber den Vorstellungsverlauf; ihre Rechtfertigung oder Widerlegung als Theorien ist Sache allgemeinerer psychologischer und erkenntnisstheoreti-scher Betrachtungen.\n2)\tSystem der Philosophie, S. 553.","page":132},{"file":"p0133.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber den associative!! Verlauf der Vorstellungen.\n133\ndurch die Einwirkungen gegenw\u00e4rtiger Bewusstseins-elemente und die Nachwirkungen vieler (wenn nicht aller) fr\u00fcheren Bewusstseinselemente bedingt1). Diejenige Ansipht, nach welcher eine Vorstellung die Erneuerung einer bestimmten Einzelvorstellung sein kann, k\u00f6nnen wir mit den That-sachen nicht vereinigen.\nDie Unhaltbarkeit dieser letzten Ansicht hat Wundt schon gezeigt. \u00bbW\u00fcrden immer nur bestimmte Einzelvorstellungen erneuert, so w\u00fcrde allenfalls begreiflich sein, dass in dem Erinnerungsbild gewisse Bestandtheile einer \u00e4lteren Reproduction fehlen, es w\u00e4re aber undenkbar, dass die Bestandtheile einer Vorstellung mannigfach qualitativ wechseln k\u00f6nnen, wie es thats\u00e4chlich der Fall ist. Dies wird auch hier offenbar nur dadurch m\u00f6glich, dass mit einem gegebenen Erinnerungsbild andere von verwandter Beschaffenheit in assimilirende Wechselwirkung treten\u00ab2). Wir haben daher unsere Ansicht nur noch durch Beispiele zu erl\u00e4utern.\nN II 70. B. Vogel auf einem Ast.\nV. alter Baum (kein Erinnerungsbild, sondern eine lebhafte Phantasievorstellung von einem gro\u00dfen, starken Baum ohne Bl\u00e4tter).\nDiese Vorstellung ist keine Erinnerung, denn der Beobachter hat kein Bewusstsein von einer Wiederkehr oder Reproduction. Man ist auch nicht berechtigt, die Vorstellung ohne Beweis als eine wiederkehrende oder reproducirte zu betrachten. Denn es wurde oben die Thatsache bewiesen, dass die \u00bbreproducirte\u00ab Vorstellung von der urspr\u00fcnglichen in)allen Eigenschaften abweichen kann; und wenn z. B. selbst das Wiedererkennen einfacher T\u00f6ne und Farben nach kurzer Zeit unsicher wird, so ist es sehr unwahrscheinlich, dass\n1)\tDer Keim einer solchen Ansicht ist bei Hume zu finden. Freilich zeigt die sp\u00e4tere Entwickelung der Associationspsychologie keine Spur davon, aber nach wiederholtem Studium der Aeu\u00dferungen Hume\u2019s kann ich es mir nicht anders denken, als dass nach seiner Ansicht die sp\u00e4teren Vorstellungen nicht Reproductionen fr\u00fcherer Vorstellungen sind, sondern nur von ihnen herr\u00fchren (\u00bbare derived\u00ab). Siehe speciell Section II seiner Inquiry Concerning the Human Understanding. Die hier vertretene Ansicht steht, wie ich glaube, mit den Ansichten Wundt\u2019s vollkommen im Einklang; nichtsdestoweniger bin ich allein f\u00fcr dieselbe und die aus ihr gezogenen Schl\u00fcsse verantwortlich.\n2)\tPhys. Psych. 3. Aufl., II, p. 368.","page":133},{"file":"p0134.txt","language":"de","ocr_de":"134\nE. W. Scripture.\ndie obige Vorstellung irgend eine fr\u00fchere reproducirte. Nach unsrer Ansicht wurde die Vorstellung durch die Nachwirkungen nicht einer einzigen, sondern sehr vieler Vorstellungen von B\u00e4umen und durch die Einwirkung der Wahrnehmung hervorgebracht; statt die Hypothese der Erneuerung zu brauchen, haben wir daher die Summe der Bedingungen aufzuz\u00e4hlen.\nN II 26. WB. Aal.\nPli. Aal (ziemlich deutliche Vorstellung).\n(N hat neulich einen Aalkasten gesehen; als Kind hat er viele gesehen.)\nWiederum ist die Vorstellung keine Erinnerung, sondern das Resultat der Nachwirkungen fr\u00fcherer Vorstellungen und der Einwirkung der Wahrnehmung. Zwei von den bedingenden fr\u00fcheren Vorstellungen kann der Beobachter angeben.\nN II 73. B. ein B\u00e4r.\n1.\tV. zwei B\u00e4ren, welche k\u00e4mpfen.\n(Die B\u00e4ren sind Erinnerungsbilder, aber das K\u00e4mpfen ist eine Einbildung.)\n2.\tV., jEr. ein B\u00e4renk\u00fcnstler (aus der Zeit vor 3 Jahren).\nVorstellung 1. ist aus zwei Theilen mit hoher Bekanntheitsqualit\u00e4t und einem Theil fast ohne diese Qualit\u00e4t gebildet ; die ersteren nennt der Beobachter Erinnerungen, den letzten Einbildung. Vom empirischen Standpunkt aus betrachtet, hei\u00dft das einfach: als Bedingungen der beiden ersteren Theile der Vorstellung erkennt der Beobachter au\u00dfer der Wahrnehmung zwei bestimmte fr\u00fchere Vorstellungen an, w\u00e4hrend f\u00fcr den letzten Theil er nichts au\u00dferhalb der Wahrnehmung anzugeben wei\u00df. F\u00fcr Vorstellung 2. gibt er als eine Bedingung eine fr\u00fchere Vorstellung an, aber dass diese Vorstellung die einzige Bedingung sei, ist sehr unwahrscheinlich.\nDer Zweck ddr vorangegangenen Betrachtung war die Beseitigung von Problemen, welche aus einer verkehrten Auffassung der Thatsachen entstanden sind. So lange man nach der \u00bbReproduction\u00ab der Vorstellungen fragt, st\u00f6\u00dft man auf allerlei un\u00fcberwindliche psychologische, erkenntnisstheoretische und metaphysische Schwierigkeiten, die der oben bestrittenen Voraussetzung ihren Ursprung verdanken. Wenn wir aber die Thatsachen nehmen, wie sic","page":134},{"file":"p0135.txt","language":"de","ocr_de":"Heber den associativen Verlauf der Vorstellungen.\n135\nsind, und lediglich ein Bedingungsverh\u00e4ltniss annehmen, sind wir frei, die Probleme in klarer Weise aufzustellen.\nAufgabe w\u00fcrde es jetzt sein, alle Variationen der Nachwirkung zu untersuchen. Leider ist diese Aufgabe nur theilweise gel\u00f6st. Von speciellen experimentellen Untersuchungen sind nur die Arbeiten von Ebbinghaus und Wolfe und die Zeitsinnarbeiten von Mach, Vierordt, Kollert, Estel, Mehner, Glass, Stevens, M\u00fcnsterberg u. s. w. vorhanden. Diese decken aber nur einen kleinen Theil des Gebietes; f\u00fcr das Uebrige werden wir auf Wahrnehmungen der allgemeinen Erfahrung und die einfache Beobachtung normaler und pathologischer F\u00e4lle verwiesen. Es existiren aber zahlreiche Versuche \u00fcber andere Gegenst\u00e4nde, z. B. die Unterschiedsempfindlichkeit, welche, wenn man sie von einem anderen Gesichtspunkt aus, z. B. in Bezug auf das verflossene Zeitintervall, betrachtet, werthvolle Beitr\u00e4ge liefern k\u00f6nnen.\nEine Beschreibung der Nachwirkungen auf Grund der allgemeinen Erfahrung liegt au\u00dferhalb der Aufgaben dieser Untersuchung; eine experimentelle Erforschung der zahllosen Probleme, welche man auf jeder Seite trifft, ist bis jetzt ein Traum der Zukunft; wir k\u00f6nnen hier nur zwei herausgreifen und sie speciell f\u00fcr sich, und im Zusammenhang mit den \u00fcbrigen Thatsachen, behandeln. Es sind die folgenden :\n1)\tKann ein nicht percipirter Bestandtheil einer Ge-sammtvorstellung eine so gro\u00dfe Nachwirkung haben, dass, wenn er allein zu einer sp\u00e4teren Zeit percipirt wird, er die ganze Vorstellung hervorrufen kann?\n2)\tWenn zu einer einwirkenden Vorstellung eine andere Vorstellung hinzugef\u00fcgt wird, ist man berechtigt, von einem Ursprung dieser Association zu reden?\n1. Ein nicht percipirter Bestandtheil einer Vorstellung kann einen solchen Einfluss aus\u00fcben, dass, wenn er allein zu einer sp\u00e4teren Zeit percipirt wird, er eine Vorstellung gleich der fr\u00fcheren veranlasst. Wenn z. B. die Gesichtsvorstellung abcdx so erzeugt wird, dass nur ab cd percipirt wird, w\u00e4hrend der Beobachter kein Bewusstsein von x hat, dann ist es m\u00f6glich, dass zu einer sp\u00e4teren Zeit die Vorstellung ab cd durch Gegenwart von x im Bewusstsein hervorgebracht werden kann.","page":135},{"file":"p0136.txt","language":"de","ocr_de":"136\nE. W. Scripture.\nUm solche F\u00e4lle zu erzeugen, habe ich Versuche angestellt, in welchen ein Gesammtbild, aus einem Haupttheil und einem Neben-theil bestehend, dem Beobachter eine so kurze Zeit gezeigt wurde, dass er nur das Hauptbild wahrnehmen konnte und von dem nur indirekt gesehenen Nebenbild kein Bewusstsein hatte. F\u00fcr diesen Zweck wurden besondere Karten hergestellt. In der Mitte jeder Karte war irgend ein Bild und in einer Ecke ein Buchstabe oder ein kleines farbiges Quadrat angebracht. Nun wurde eine Keihe von 4 oder 5 solcher Karten nacheinander dem Beobachter gezeigt, wie auf Seite 55 beschrieben; aber die Exponirzeit war so kurz dass er h\u00f6chstens das Bild in der Mitte erkennen konnte. Es geschah nun sehr oft, dass er selbst das Bild in der Mitte nicht erkannte. Es kam auch vor, dass er das Nebenbild ebenfalls erkannte, aber die betreffende Karte wurde sofort bei Seite gelegt und in den darnach folgenden Versuchen nicht gebraucht. Die Reihe wurde bis 15 Mal wiederholt. Der Beobachter musste am Ende ausdr\u00fccklich sagen, dass er kein einziges Nebenbild erkannt hatte. Dann wurde ihm ein Nebenbild, d. h. ein Buchstabe, resp. ein kleines farbiges Quadrat, 4 Sekunden lang gezeigt, und er gab sodann an, an welches von den Hauptbildern er zuerst dachte. Ein Beispiel solcher Reihen ist folgendes:\nReihe 5.\n1. F B Pfau\n\t2.\t\u00c4 B Wappen\n\t3.\tI B Katze\n\t4.\t: : B Fahne\n\t5.\tC B Afrikaner.\nEine Versuchsreihe\t\twar z. B.\nN II 189.\tReihe 5, 5 Mal.\t\n190.\tI\tKatze\n191.\t: :\tFahne\n192.\t\u00e4\tWappen\n193.\tc\tAfrikaner.\n194.\tF\t1.\t\u2014 (Es kam zuerst nichts. 2.\tAfrikaner.\nDazu behauptete der Beobachter, er habe keinen Buchstaben erkannt, als die Reihe gezeigt wurde. Diese so registrirte Ver-","page":136},{"file":"p0137.txt","language":"de","ocr_de":"lieber den associative!! Verlauf der Vorstellungen.\n137\nsuchsreihe bedeutet, dass die Reihe 5 Mal gezeigt wurde, aber jede Karte w\u00e4hrend einer so kurzen Zeit, dass h\u00f6chstens nur das direct gesehene Hauptbild erkannt werden konnte. Dann wurde der Buchstabe I allein gezeigt, und der Beobachter associirte dazu das Bild der Katze, ohne dass er die zwei im Zusammenhang gesehen hatte.\nBeim Betreten eines neuen Gebietes muss man auf verschiedene Weise Versuche ausf\u00fchren, schon um eine brauchbare Methode zu finden. Nach gro\u00dfem Aufwand von Zeit und nach vielen vergeblichen Versuchen glaube ich erstens eine brauchbare Methode gefunden zu haben, mittelst deren speciellere Ergebnisse gewonnen werden k\u00f6nnen, und glaube ich zweitens die oben aufgeworfenen allgemeinen Fragen beantwortet zu haben. Dagegen habe ich keine Zeit- oder Intensit\u00e4tsmessungen ausgef\u00fchrt; eine Einrichtung dazu h\u00e4tte nicht nur sehr viel Zeit in Anspruch genommen, sondern es schien mir auch aus den im Eingang angef\u00fchrten Gr\u00fcnden angemessener, die qualitativen Verh\u00e4ltnisse der Associationen einer getrennten Untersuchung zu unterwerfen.\nEin paar speciellere Bemerkungen \u00fcber den Verlauf der zuletzt geschilderten Versuche werden schlie\u00dflich vielleicht nicht ohne Interesse sein.\nDer Beobachter hatte einen Punkt zu fixiren, wo das Hauptbild erscheinen sollte; daher wurde das Hauptbild direct gesehen und das Nebenbild fiel auf Seitentheile der Netzhaut. Zeit f\u00fcr Augenbewegungen hatte der Beobachter nicht. Das Nebenbild blieb ganz unbeachtet, h\u00f6chstens durfte der Beobachter wissen, dass etwas da war; wenn er mehr als dies sagen konnte, z. B. dass er irgend welchen Unterschied an den Karten, ausgenommen in den Hauptbildern, constatiren konnte, wurde die Karte, wie oben bemerkt, sofort bei Seite gelegt. Das Nebenbild wurde nicht appercipirt, selbst nicht percipirt. Es mag empfunden worden sein, aber dass es im Bewusstsein gewesen war, ist in keinem Fall m\u00f6glich, da der Beobachter schlechthin kein Bewusstsein davon hatte. Gewiss ist es Unsinn zu behaupten, dass ein nicht gesehenes Bild irgendwie einen geheimnissvollen Einfluss auf jemand aus\u00fcben k\u00f6nne. Das Nebenbild wurde auf die Netzhaut geworfen, der Reiz wurde bis zum Gehirn fortgepflanzt u. s. w., nur hat das Bewusstsein daran","page":137},{"file":"p0138.txt","language":"de","ocr_de":"138\nE. W. Scripture.\nnicht Theil genommen. Bewusstsein ist aber nicht nothwendig identisch mit psychischem Lehen. Ein gro\u00dfer Theil des letzteren geh\u00f6rt dem Unbewussten und nur ein kleiner Theil dem Bewusstsein an. Noch mehr, die bewussten Vorg\u00e4nge, wie jedermann wei\u00df, zeigen fortw\u00e4hrend den Einfluss unbewusster Vorg\u00e4nge. Das psychische Leben oder die Seele nennen wir die Summe der bewussten Vorg\u00e4nge und derjenigen unbewussten Vorg\u00e4nge, welche einen Einfluss auf das Bewusstsein aus\u00fcben. Dann brauchen wir von dem betreffenden Fall nur dies zu sagen, dass das Nebenbild gesehen wurde und auch einen psychischen Vorgang hervorbrachte, aber, obwohl es das Bewusstsein beeinflussen konnte, keinen oder einen verschwindend kleinen Grad des Bewusstseins erreichte.\nEin anderer Punkt ist von hohem Interesse und verdient eine weitere Untersuchung: das Gef\u00fchl der Gewissheit n\u00e4mlich, mit welchem der Beobachter sagen konnte, welches Hauptbild zu dem gegebenen Buchstaben geh\u00f6rte. Es kam sehr oft vor, dass der Beobachter keine Ahnung davon hatte, warum diese Vorstellung zu diesem Buchstaben sich associirte; ja, es wurde nicht selten von dem Beobachter behauptet, die Resultate m\u00fcssten ganz sinnlos sein, da er vollst\u00e4ndig passiv die erst aufsteigende Vorstellung jedes Mal angegeben habe, ohne einen Grund daf\u00fcr finden zu k\u00f6nnen, warum gerade diese statt einer anderen zu dem Buchstaben sich associirte. Das Gegentheil ist aber auch nicht selten vorgekommen: sobald der Buchstabe allein gezeigt wurde, gab der Beobachter mit einer f\u00fcr ihn unerkl\u00e4rbaren Gewissheit sogleich an, welches Bild dazu geh\u00f6rte. Ein gutes Beispiel ist folgendes:\nKr VI 74. Reihe 3. 6 Mal.\n75.\tY Haus\n76.\tM Elephant\n77.\tT Winkel\n78.\tD Stern oder Kreis\n79.\tU Stern.\nVon diesen sind nur Haus und Elephant ganz richtig (mit D kamen Stern und Kreis zusammen), aber das Wort Elephant wurde sofort nach dem Zeigen von M ausgesprochen, und Beobachter Kr behauptete, er f\u00fchle ganz sicher, dass Elephant zu M ge-","page":138},{"file":"p0139.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber den associativen Verlauf der Vorstellungen.\n139\nh\u00f6re, obwohl er dieses M vorher garnicht gesehen hatte. F\u00fcr diese Behauptung wusste er keinen Grund anzugeben ; er hatte nur ein Gef\u00fchl der Richtigkeit.\nHier will ich auch einer h\u00e4ufig gemachten Beobachtung erw\u00e4hnen, welche eine Andeutung \u00fcber die Wirkung unbemerkter Reize gibt. Viele Hauptbilder waren nicht vor dem zweiten, dritten oder vierten Zeigen der Reihe erkannt. Es schien, als ob in der sehr kleinen Exponirzeit das Bild nicht f\u00e4hig sei, einen deutlichen Eindruck hervorzubringen, aber dass durch Wiederholung die schwachen Eindr\u00fccke sich summirten. So ist es wahrscheinlich auch bei den Nebenbildern gewesen. Eine einmalige Wiederholung der Reihe war selten zureichend, um in folgenden Versuchen richtige Antworten zu erhalten; erst eine gr\u00f6\u00dfere Summe derselben Eindr\u00fccke konnte dies erm\u00f6glichen.\nIn folgender kleiner Tabelle gebe ich eine Uebersicht der bis jetzt gemachten Versuche, mit Ausnahme derjenigen von Beobachter V, mit welchem nur zwei Versuchsreihen angestellt wurden, ln der ersten Spalte sind die Beobachter, in der zweiten die Zahl der einzelnen Versuche, von welchen 4 oder 5 eine Reihe ausmachten, angegeben. Die dritte Spalte gibt die Procentzahl der wirklich vollzogenen richtigen Associationen an; in der vierten ist\nTabelle II.\n1\t2\t3\t4\nI\t15\t27X\t20X\nII\t48\t39X\t21X\nIII\t45\t20X\t20X\nIV\t25\t36X\t20X\nVI\t39\t50^\t20,5^\nSumme\t172\t34X\t20,3X\ndiejenige Zahl der richtigen Associationen zu finden, welche aus blo\u00dfem Zufall zu erwarten gewesen w\u00e4re.\nWie man sieht, ist bei fast jedem Beobachter die Zahl der richtigen Associationen betr\u00e4chtlich gr\u00f6\u00dfer als sie irgendwie h\u00e4tte ausfallen k\u00f6nnen, wenn die nicht-percipirten Nebenbilder keinen","page":139},{"file":"p0140.txt","language":"de","ocr_de":"140\nE. W. Scripture.\nEinfluss gehabt h\u00e4tten. Sie w\u00e4re sicherlich noch gr\u00f6\u00dfer, wenn nicht ein nur kleiner Theil der Versuche mit mehr als f\u00fcnfmaliger Wiederholung der Reihe gemacht worden w\u00e4re.\nIm Anschluss an diese Versuche habe ich andere mit einer Variation der Methode begonnen, welche wichtige Resultate versprechen. Bei Beobachter VI wurden drei Reihen in der gew\u00f6hnlichen Weise gezeigt, aber bei jedem Versuch hatte er vor seinen Augen eine Liste der Hauptbilder. Diese sollte er nach dem Zeigen des Nebenbildes durchsehen, und dann das richtige Hauptbild angeben. Er hatte also vor sich f\u00fcnf bekannte Bilder und einen Buchstaben; dieser Buchstabe aber war zu einer fr\u00fcheren Zeit unter der Schwelle des Bewusstseins gewesen, w\u00e4hrend zu gleicher Zeit eines der Bilder im Bewusstsein war. Nun sollte er beim Anblick der Liste aller Hauptbilder entscheiden, welches von ihnen in ihm das Gef\u00fchl der Zugeh\u00f6rigkeit zu diesem Buchstaben hervorrufe. Die Resultate waren auffallend ; in den f\u00fcnfzehn Einzelversuchen wurde zehn Mal das richtige Bild gew\u00e4hlt.\n2. Der Ursprung der Associationen.\nDieses Problem kommt gew\u00f6hnlich in der Form einer Frage nach der ersten Aufstellung einer Association vor. Man sagt dabei: es ist nach der Vorstellung a die Vorstellung b ins Bewusstsein getreten ; nun ist der Grund dieser Association entweder die Aehnlich-keit von a und b oder eine fr\u00fchere Gleichzeitigkeit oder Aufeinanderfolge von b auf a oder a auf b. Selten aber beschr\u00e4nkt man sich auf eine so bescheidene Ausdrucksweise, sondern die gegenw\u00e4rtige Association wird als eine Wiederholung einer urspr\u00fcnglichen bezeichnet. Aber aus Gr\u00fcnden, welche den oben gegen die Reproduction von Vorstellungen angef\u00fchrten \u00e4hnlich sind, ist diese Ansicht als irreleitend zu bezeichnen.\nWas ich auf den folgenden Seiten zeigen will, ist lediglich die Unrichtigkeit der so gestellten Fragen \u00fcber den Ursprung der Associationen, um dadurch die Probleme in richtiger Weise vorzu-legen. Vorerst werde ich zu zeigen versuchen, dass in den meisten F\u00e4llen die Antworten, welche man auf jene Frage bekommt, nicht in diesem Sinne verwerthet werden d\u00fcrfen; dann, dass die Voraussetzungen, auf welchen die Frage beruht, durch den Thatbestand als nicht berechtigt erscheinen.","page":140},{"file":"p0141.txt","language":"de","ocr_de":"lieber den assoeiativen Verlauf der Vorstellungen.\n141\nEinige Beispiele werden den ersten Punkt sehr klar machen.\nJV\" II 11. B\u25a0 Hund.\nV. Circus (vor einem Jahre).\nKann man hier nach einer urspr\u00fcnglichen Association fragen\"? Man ist selbst in diesem f\u00fcr die Frage sehr g\u00fcnstigen Fall nicht berechtigt anzunehmen, dass ein einziges fr\u00fcheres Erlebniss die Verbindung dieser zwei Vorstellungen verursacht habe. Es k\u00f6nnte m\u00f6glich sein, dass viele fr\u00fchere Vorstellungen, von Hunden und Circussen nachgewirkt haben, um gerade dieses Resultat hervorzubringen. Der Beobachter gibt nachher an, es sei diese Vorstellung eine Erinnerung aus dem vorigen Jahre. Er hat die Vorstellung localisirt, aber diese Localisation ist kein Beweis daf\u00fcr, dass die gegenw\u00e4rtige Vorstellung die Nachwirkung der von ihm angegebenen Vorstellung allein ist. Man muss an den Thatsachen festhalten, und die Thatsachen sind lediglich folgende : die gegenw\u00e4rtigen Vorstellungen und ihre Verbindung, die zeitliche Localisation und eine fr\u00fchere Vorstellung. Dass der Beobachter an die ausschlie\u00dfliche Nachwirkung der fr\u00fcheren Vorstellung glaubt, ist ebenfalls That-sache, \u2014 aber nur diesen Glauben kann man als Thatsache betrachten, nicht so die Nachwirkung selbst. Diesen Glauben bezeichnen wir mit dem Namen der zeitlichen Localisation. Die ausschlie\u00dfliche Nachwirkung der fr\u00fcheren Vorstellung ist dagegen etwas das bewiesen werden m\u00fcsste, ja sie ist nicht nur nicht von vornherein anzunehmen, sondern sehr unwahrscheinlich. Der Beobachter hat z. B. andere^ Circusse gesehen und von anderen gelesen, und es ist zu vermuthen, ! dass alle solche fr\u00fcheren Vorstellungen zur Geltung kommen. Wir werden daher sagen m\u00fcssen, diese Association sei das Resultat vieler fr\u00fcherer Erlebnisse, welches wegen einer besonderen Combination der nachwirkenden und einwirkenden Vorstellungen eine gewisse Localisation erh\u00e4lt. F\u00fcr die Richtigkeit dieser Auffassung spricht \u00fcbrigens auch die Thatsache, dass die Bemerkung (vor einem Jahre) nicht in der Vorstellung enthalten war, sondern nachtr\u00e4glich hinzugef\u00fcgt wurde.\nH IV 41. B. Elephant.\n1.\tV., Er. ein Elephant in einem Circus.\n2.\tV., Er. zu Bonn.","page":141},{"file":"p0142.txt","language":"de","ocr_de":"142\nE. W. Scripture.\nHier ist die nachtr\u00e4gliche Localisation noch deutlicher. Es w\u00e4re sicherlich gewagt zu sagen, dass der Ursprung dieser Association in jener Zeit allein liege. Ein dritter Fall wird die naheliegende Gefahr vollkommen klar machen :\nff IV 4. B. ein Schwein.\nV. das schnelle Schlachten der Schweine in Chicago. (Heute die Bedeutung von \u00bb Schlachtfest \u00ab gelernt.)\nEs ist deutlich zu sehen, wie das Bild eines Schweines eine Vorstellung vom Schlachten erweckt hat und dass die Scene nach Chicago verlegt wurde. Ein anderer Beobachter h\u00e4tte wahrscheinlich eine Lecture dar\u00fcber als den Ursprung angegeben; dieser hat das neu gelernte Wort und die begleitenden Gedanken als Ursachen anerkannt. Nach der ersten Angabe w\u00fcrde man den Ursprung der Association einer viel fr\u00fcheren Zeit zutheilen, nach der zweiten der j\u00fcngsten Vergangenheit. Aber weder die eine noch die andere Angabe ist richtig, sondern die beiden Erlebnisse wirken in dieser Association nach.\nGanz \u00e4hnlich ist:\niT IV 2. B. Pferd.\nV. Pferde bei einem Prairie-Brand. (Ein solches Bild lange vorher gesehen \u2014 vor einer Woche von einem solchen Brand gelesen.)\nff II 26. WB. Aal.\nV. Aal (ziemlich deutliche Vorstellung) \u2014 neulich einen Aalkasten gesehen \u2014 sehr oft solche als Kind gesehen.\nEs kommt auch vor, dass der Beobachter ausdr\u00fccklich anerkennt, die Vorstellung sei das Resultat vieler fr\u00fcherer Erlebnisse:\nR V 27. WB. Hohl.\nV. hohler Zahn (beinahe jeden Tag beim Zahnarzt).\nff IV 73. WL. run [laufen].\nBr. Laufen hin und zur\u00fcck auf dem Wege nach der Universit\u00e4t.","page":142},{"file":"p0143.txt","language":"de","ocr_de":"\u00fceber den association Verlauf der Vorstellungen.\n143\nOft kommt es auch vor, dass der Beobachter selbst nicht ganz sicher \u00fcber diesen \u00bbUrsprung\u00ab (die Localisation) ist. Z. B.\niVII 10. B. Kuh.\nV. Bauer, der die Kuh leitet (wahrscheinlich vor zwei Jahren auf dem Lande).\nN II 14. B. Hirsch.\nV. eine zoologische Wandkarte mit Thieren (wahrscheinlich neu \u2014 vor einer Woche im Lehrmittelinstitut).\nNoch ein Schritt weiter bringt uns zu F\u00e4llen, wo der Beobachter keine Localisation angibt, und wo es ganz klar ist, dass die Association das Resultat der Nachwirkungen sehr vieler fr\u00fcherer Erlebnisse ist.\nSch I 158. Tasteindruck von einer Zahnb\u00fcrste.\n1.\tGesichts-V. Zahnb\u00fcrste.\n2.\tGesichts-V. Z\u00e4hne.\nDiese Associationen sind offenbar Resultate der Nachwirkungen sehr vieler fr\u00fcherer Vorstellungen; von einer bestimmten Localisation oder einem \u00bbUrsprung\u00ab ist schlechthin gar nicht die Rede. Noch deutlicher ist der n\u00e4chste Versuch:\nSch I 159.\nTasteindruck von einer kleinen Flasche. 1. A-Tast-V. ein Pfropf, f Tast- )\n2' A \\ Gesichts-T' WeinflaSche-\nEndlich, als wichtigster Grund gegen einen einheitlichen \u00bbUrsprung der Association\u00ab gilt die Thatsache, dass weitaus die Mehrzahl der Associationen von den Beobachtern nicht zeitlich localisirt werden und gar nicht localisirt werden k\u00f6nnen. Fs sind Hunderte von Beispielen wie die folgenden vorgekommen : WII 95. WB. Heu.\n1. Ph. Heu.\n2. SB. Kusa (japanisch f\u00fcr Gras oder allgemeine Bezeichnung f\u00fcr Heu).\nSch I 153. Tasteindruck von einem St\u00fcck L\u00f6schpapier.\n1.\tSB. Papier.\n2.\tSB. rauhes.","page":143},{"file":"p0144.txt","language":"de","ocr_de":"144\nE. W. Scripture.\nH IV 47. B. \\\nPh. ein Parallelogramm mit Diagonallinien.\nD III 72. WB. Abgrund.\nW. schrecklich.\nMit Ph. haben wir eine Phantasievorstellung ohne Beziehung auf eine bestimmte Zeit oder auf einen bestimmten Ort bezeichnet (im Unterschiede von der Erinnerungs vor Stellung Er). Ebenso sind die Wortassociationen fast immer Resultate von tausendfachen Wiederholungen.\nObwohl man zugesteht, dass die Aussagen des Beobachters \u00fcber den \u00bbUrsprung\u00ab der Association nicht als Beweise f\u00fcr diesen bestimmten Ursprung zu betrachten. sind, so k\u00f6nnte man doch vielleicht behaupten, es sei immerhin objectiv eine bestimmte Association in der Regel als \u00bbUrsprung\u00ab gegeben. So lange man diese Annahme macht, wird man nie \u00fcber den Streit hinauskommen, ob eine Association durch \u00bb Aehnlichkeit\u00ab der Vorstellungen zu Stande kommen kann, oder ob in jedem Pall die Vorstellungen sieb fr\u00fcher \u00bbber\u00fchrt\u00ab haben m\u00fcssen. Diese Discussion fu\u00dft auf der Annahme einer \u00bb Reproduction \u00ab, die letztere ist aber nicht in den Thatsachen gegeben, sondern sie ist ein (\u00fcberdies unrichtiger) Schluss aus ihnen. Die Nichtberechtigung jener Annahmen kann an einem Beispiele leicht gezeigt werden.\nN II 28. B. Zulu.\nV. Sammlung des V\u00f6lkermuseums in Leipzig (vor 2 Wochen).\nDie Erkl\u00e4rung nach den hergebrachten Theorien lautet folgenderma\u00dfen : vor zwei Wochen hatte die betreffende Person zwei gleichzeitige oder nacheinander folgende Vorstellungen von dem Zulu und dem \u00fcbrigen Theil der Sammlung, oder eine Gesammtvorstellung, von welcher der Zulu ein Theil war; jetzt beim Anblick dieses Bildes kommt die Vorstellung der Sammlung wieder ins Bewusstsein.\nDamit ist das Problem aufgestellt, die Annahme gemacht und nun beginnt die Discussion. Man st\u00f6\u00dft aber sogleich auf eine nicht zu \u00fcberwindende Schwierigkeit : die erste Vorstellung ist nicht die fr\u00fchere Vorstellung des Zulus, sondern eine andere, das Bild. Wie ist es zu erkl\u00e4ren, dass das Bild 51 die Vorstellung b erweckte, w\u00e4hrend die fr\u00fchere Verbindung aus zwei Wahrnehmungen","page":144},{"file":"p0145.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber den associative!! Verlauf der Vorstellungen.\n145\nA und B bestand? Wie im Anfang dieses Capitels gezeigt, sind b und B nicht identisch, sondern nur ungenau \u00e4hnlich; aber wir wollen vorl\u00e4ufig annehmen, b sei ganz dieselbe Vorstellung wie B. Sobald wir dies thun, haben wir das Problem, wie es in dem Streit \u00fcber die Associationsgesetze vorkommt, und zu dem so aufgestellten Problem bekommen wir keine L\u00f6sung. Das Bild 91 ist nicht die Wahrnehmung A; wie kann aber 91 B hervorbringen, was eigentlich nur durch A geschehen sollte? Nach der einen Theorie soll 91 A hervor-rufen, welches seinerseits B hervorbringt. Aber 91 hat nicht A ins Bewusstsein gerufen, und somit wird es nothwendig, eine unbewusste Th\u00e4tigkeit anzunehmen. Es bleiben aber noch zwei Probleme zu er\u00f6rtern, n\u00e4mlich wie 91 A und wie A \u00fcberhaupt B hervorrufen k\u00f6nne. Die Antworten lauten : 91 ruft A hervor durch ein Verm\u00f6gen der Seele, Aehnliches zu verbinden, und A ruft B hervor durch ein Verm\u00f6gen, Gleichzeitiges oder unmittelbar Folgendes zu verbinden. Nun bestrebt man sich, das eine auf das andere zu reduciren. Aber selbst wenn es gelungen w\u00e4re, die Aehnlichkeit auf Ber\u00fchrung oder die Ber\u00fchrung auf Aehnlichkeit zur\u00fcckzuf\u00fchren, bliebe immer noch \u00fcbrig die Wirkung der Aehnlichkeit oder der Ber\u00fchrung zu erkl\u00e4ren, welche beide nur aus einem Verm\u00f6gen der Seele oder \u00ebiner Bewegung der Hirnmolek\u00fcle, d. h. nicht psychologisch sondern metaphysisch oder physiologisch zu erkl\u00e4ren sind. Nach der anderen Theorie ist beim Auftreten der Wahrnehmung 91 die Vorstellung A mit ihr verschmolzen ; dies gibt 91 seinen eigent\u00fcmlichen Charakter als \u00bbwiedererkannt\u00ab. Letzteres kann nach\nH\u00f6ffding1) durch die Formel (91 + a) oder besser wo a eine\nReproduction von A bedeutet, ausgedr\u00fcckt werden; dabei wird durch die Klammer bezeichnet, dass diese beiden hier nicht als selbst\u00e4ndige Glieder im Bewusstsein auftreten, sondern theoretisch als Factoren der scheinbar nicht zusammengesetzten Erscheinung gedacht werden. Dann soll das wiedererkannte 91 oder, besser gesagt, die Vorstellung durch Ber\u00fchrung B hervorbringen.\nWie ich glaube, sind in diesen Ausdr\u00fccken unbewusster Weise Zu viele Hypothesen enthalten, um jemals mit ihnen vorw\u00e4rts\nb Vierteljahrsschrift f\u00fcr wiss. Phil., XIII 432.\nWundt, Philos. Studien. VII.\n10","page":145},{"file":"p0146.txt","language":"de","ocr_de":"146\tE. W. Scripture. Ueber den associativen Verlauf der Vorstellungen.\nkommen zu k\u00f6nnen. F\u00fcr den Zweck einer vollkommen empirischen Grundlage m\u00fcssen wir zuerst die Thatsachen ohne die Theorie darlegen. Der Thatbestand in diesem Fall ist folgender:\nEs ist eine Vorstellung 91 (in diesem Beispiel eine Wahrnehmung), welche mit Worten als Bild eines Hundes zu bezeichnen ist, ins Bewusstsein gekommen; diese Vorstellung hat schon eine besondere Bekanntheitsqualit\u00e4t x erlangt oder wird sie bald erlangen ; gleich darnach folgt eine andere Vorstellung, b, eines Circus, welche auch eine Bekanntheitsqualit\u00e4t \u00df bekommt; diese letzte wird zu einer bestimmten Localisation in der Zeit y. Die Thatsachen sind lediglich die im vorhergehenden Satze erw\u00e4hnten; die Vorstellungen A, B, a, sind in diesem Vorgang gar nicht enthalten. Nun entsteht eine Reihe von Problemen :\n1.\tDie Bekanhtheitsqualit\u00e4ten a und \u00df.\n2.\tDie zeitliche Localisation y.\n3.\tDas Folgen von b auf 91.\nHiermit ist der Zweck dieser Untersuchung erreicht : die Probleme sind in richtiger Weise aufgestellt worden. Die Thatsachen zur L\u00f6sung des ersten und zweiten sind schon im vorigen Capitel angef\u00fchrt, und das Folgen von b auf a ist Gegenstand dieser ganzen Untersuchung gewesen. Wie auf diesen Thatsachen eine Theorie begr\u00fcndet werden k\u00f6nne, hoffe ich in einer Betrachtung \u00fcber die Entwickelung des Vorstellungsverlaufs zu zeigen, welche ich sp\u00e4ter zu ver\u00f6ffentlichen gedenke.","page":146}],"identifier":"lit4176","issued":"1892","language":"de","pages":"50-146","startpages":"50","title":"Ueber den associativen Verlauf der Vorstellungen","type":"Journal Article","volume":"7"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:18:55.692065+00:00"}