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{"created":"2022-01-31T14:20:36.167022+00:00","id":"lit4178","links":{},"metadata":{"alternative":"Philosophische Studien","contributors":[{"name":"K\u00fclpe, Oswald","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Philosophische Studien 7: 147-168","fulltext":[{"file":"p0147.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die Gleichzeitigkeit und Ungleichzeitigkeit von Bewegungen.\nVon\nOswald E\u00fclpe.\n(Fortsetzung.)\nIII. Ver\u00e4nderungen der psychophysischen Disposition.\nIm letzten Abschnitt habe ich versucht, die Erkl\u00e4rung der zuf\u00e4lligen Abweichungen von der Gleichzeitigkeit auf Grund einer Erkenntniss der in den gew\u00e4hlten Ileactionen wirksamen Gesetzm\u00e4\u00dfigkeit zu entwickeln, Die offene Frage, die uns blieb, betrifft die constanten Abweichungen, die in unseren ersten Resultaten mehr oder weniger hervortretende regelm\u00e4\u00dfige Bevorzugung der einen oder andern Hand bei gleichzeitiger Hebung beider. Die n\u00e4chsten Experimente, welche wir im Interesse einer Ergr\u00fcndung der diese Thatsache hervorrufenden Bedingungen anstellten, bezweckten eine m\u00f6glichst vollst\u00e4ndige Variirung der in den bisherigen Versuchen vorgekommenen psychophysischen Erscheinungen. So konnten wir hoffen, per exclusionem schlie\u00dflich das Gesuchte zu finden. Da die auf diesem etwas umst\u00e4ndlichen Wege gewonnenen Erfahrungen und Beobachtungen, auch abgesehen von ihrer mittelbaren Bedeutung, ein selbst\u00e4ndiges Interesse beanspruchen d\u00fcrfen, so mag deren ausf\u00fchrliche Mittheilung die Aufgabe dieses Abschnittes werden. Nun sind der Sinneseindruck,\nio*","page":147},{"file":"p0148.txt","language":"de","ocr_de":"148\nOswald K\u00fclpe.\ndie Empfindungen aus den Bewegungsorganen und die vorbereitende Aufmerksamkeit die wesentlichen Factoren bei der Ausf\u00fchrung unserer Keactionen gewesen. Meine Darstellung wird daher an dieser Dreiheit variirbarer Momente ihre nat\u00fcrliche Eintheilung erhalten.\na. Die Ver\u00e4nderung des Sinneseindrucks.\nBei den fr\u00fcheren Experimenten bildeten Signal .und Reiz zwei Klingelschl\u00e4ge. Wir verwandten nun statt dieses Reizes theils den Schall eines elektromagnetischen Hammers, theils einen momentanen Lichteindruck, theils einen im Nacken zwischen den Schultern applicirten Inductionsschlag. In allen diesen F\u00e4llen musste der Experimentator 2 Sec. nach der Ertheilung des Signals eine elektrische Schlie\u00dfung herstellen oder aufheben und dadurch den entsprechenden Sinnesreiz gleichzeitig mit der zur Registrirung erforderlichen Bewegung des Schlittens an die rotirende Trommel eintreten lassen.\nDie folgende Tab. VI gibt eine Uebersicht der bei Anwendung des Hammers erzielten Resultate. Hier wie auch in den anderen Beobachtungen sind Vergleichsversuche nach der fr\u00fcheren Methode eingeschaltet worden. Da wir diese h\u00e4ufig in derselben Reihe nach verabredeten Zeichen unmittelbar den neuen Experimenten vorausgehen oder folgen lie\u00dfen, so ist dies in den Tabellen unter der Rubrik N (\u2014 Reihennummer) durch ein der hier eingetragenen Ziffer angef\u00fcgtes a, b oder c kenntlich gemacht, deren alphabetische Ordnung die zeitliche der Versuche andeutet. Unter R ist Reaction, unter Kl Klingel, unter H Hammer zu verstehen.","page":148},{"file":"p0149.txt","language":"de","ocr_de":"lieber die Gleichzeitigkeit und Ungleichzeitigkeit von Bewegungen.\n149\nTabelle VI.\n\tDatum\tHeiz\tM\tmV\tarc\tmSB\tn\tN\tB\n\t29.X. 87\tKl\t\u2014 23,3\t4,7\t23,3\t4,7\t7\t1 a\tSensor.\n+3 fl\t3. XI. 87\t\t\u2014 27,6\t13,5\t27,6\t13,5\t5\t1 a\tit\nb\u00df C3\t29. X. 87\tH\t\u2014 35,3\t8,1\t35,3\t8,1\t11\tlb\tSensor.\nPh\t3. XI. 87\t\t\u2014 32,2\t6,4\t32,2\t6,4\t11\tlb\t\u201d\n\t7. XI. 87\t\t\u2014 0,9\t1,0\t1,5\t0,5\t6\t1 a\tMuse.\n\t\t\t\u2014 5,6\t0,6\t5,6\t0,6\t4\t2a\tSensor.\n\tft\tKl\t- 3,2\t1,9\t3,2\t1,9\t4\t3 a\tMuse.\n*\t\t\t\u2014 9,9\t3,5\t9,9\t3,5\t6\t3c\ttt\n\tit\t\t- 3,7\t4,8\t5,0\t3,8\t7\t4a\tSensor.\nfl\t9\t\t\u2014 3,8\t1,6\t3,8\t1,6\t4\t4c\tit\nbp\t\t\t\t\t\t\t\t\t\nu Ph\t7. XI. 87\t\t- 5.4\t2,6\t5,4\t2,6\t8\tib\tMuse.\n\t\t\t\u2014 15,2\t5,1\t15,2\t5,1\t15\t2b\tSensor.\n\t\tH\t\t\t\t\t\t\tMuse.\n\ta\t\t\u2014 7,0\t2,5\t7,0\t2,5\t12\t3b\t\n\ttf\t\t\u2014 7,0\t5,1\t7,5\t4,8\t8\t4b\tSensor.\nIn den Zahlen dieser Tabelle sehen wir sofort eine Zunahme der constanten Abweichung von der Gleichzeitigkeit bei der Hammer-reaction gegen\u00fcber der Klingelreaction auftreten. Aber diese That-sache erkl\u00e4rt uns jene Abweichung nicht. Denn erstlich handelt es sich um Werthe, welche fast alle (in den Einzelversuchen alle) auch in den fr\u00fcheren Ileactionen vorgekommen sind. Sodann ist die Zunahme keine entscheidende : die Unterschiede der beiden mit einander zu vergleichenden Zahlenklassen \u00fcbersteigen nicht die fr\u00fcher gefundenen innerhalb der n\u00e4mlichen Reactionsform, ja 3 c unter den Versuchen von M weist einen gr\u00f6\u00dferen Betrag auf, als 3b. Endlich aber w\u00e4re nicht recht zu verstehen, wie die Wahl eines anderen Schallreizes den erw\u00e4hnten Einfluss \u00fcben k\u00f6nnte, falls wir nicht eine causale Beziehung zwischen demselben und der Bevorzugung der linken Hand, die unsere Tabelle durchweg angiht, zu erkennen verm\u00f6chten. Diese m\u00fcsste aber nach den vorliegenden Resultaten (namentlich hei V) nur eine graduelle Steigerung der","page":149},{"file":"p0150.txt","language":"de","ocr_de":"150\nOswald K\u00fclpe.\ngleichen Einfl\u00fcsse darstellen, die auch bei der Reaction auf Klingelreize wirksam werden. Damit aber sind wir unserem Problem um keinen Schritt n\u00e4her gekommen.\nImmerhin gibt uns die Tabelle VI Einiges zu bedenken. Man k\u00f6nnte n\u00e4mlich geneigt sein, der Richtung des Schalles einen gewissen Einfluss beizumessen. Der Klingelreiz erfolgte oben rechts vom Beobachter, der Hammer stand auf dem Fensterbrett wenig rechts von demselben. Eine Tendenz zu reflectorischen Kopfbewegungen nach der Richtung, aus welcher uns Schalleindr\u00fccke zuzugehen scheinen, besteht zweifellos. Denkt man sich diese Bewegungen bei unseren Versuchen ausgef\u00fchrt, so w\u00fcrde eine gewisse Belastung des linken Oberk\u00f6rpers eintreten, welche die Bewegung des diesseitigen Armes eher erschwerte als erleichterte. Wie dies also zu einer Bevorzugung des letzteren f\u00fchren soll, ist nicht recht ersichtlich, noch weniger scheint eine Steigerung derselben durch den zu geringerer Seitenbewegung Anlass gebenden Hammerschlag hieraus erkl\u00e4rlich zu werden. Ebenso unzureichend ist wohl eine Betrachtung, die sich auf eine der Schallquelle zugewandte Kopfstellung zum Behuf genaueren Hinh\u00f6rens st\u00fctzte. Denn auch hier w\u00fcrde die Linksdrehung des Kopfes eine Erschwerung der Armbewegungen der entsprechenden Seite zur nat\u00fcrlichen Folge haben. Es fehlen mir leider eingehendere Beobachtungen und Versuche \u00fcber den Einfluss dieser Umst\u00e4nde.\nWichtiger scheint eine andere Ueberlegung zu sein. Ich habe gefunden, dass die vorbereitende sensorielle Aufmerksamkeit besser functionirt, wenn Signal und Reiz durch verschiedene Eindr\u00fccke gebildet werden, dass also in diesem Falle die Reizvorstellung leichter erzeugt und festgehalten werden kann, als wenn sie ein blo\u00dfer Abdruck des Signals sein soll. Ferner war der durch den Hammer erzeugte Schall, z. Th. wegen gr\u00f6\u00dferer N\u00e4he, k\u00fcrzer und kr\u00e4ftiger, als der ein wenig ged\u00e4mpfte Klang der Glocke. Denken wir uns nun die vorl\u00e4ufig unbekannte Ursache der constanten Abweichungen irgendwie in associativer Verbindung stehend mit dem Sinneseindruck, der die Reaction einleitet, so w\u00fcrde nach dem Gesetz, dass die st\u00e4rkere reproducirende Vorstellung die st\u00e4rkere reproducirte nach sich zieht, der intensivere und dazu ungewohnte, sowie besser vorgestellte Schall des Hammers auch eine gr\u00f6\u00dfere Wirkung jener","page":150},{"file":"p0151.txt","language":"de","ocr_de":"151\n\u00fceber die Gleichzeitigkeit und Ungleichzeitigkcit von Bewegungen.\nUrsache einzuleiten im Stande sein. Diese Vorstellung erh\u00e4lt eine Unterst\u00fctzung in der Thatsache, dass gerade der erste Versuch vielfach eine relativ gro\u00dfe Abweichung aufweist: so \u201442,7 in der 1 Reihe lh hei V; \u201425,8 in der Reihe 2 b hei M u. a. Beim ersten Versuch muss ja der Intensit\u00e4tsunterschied besonders pierk-lich werden. Diese Ueberlegung w\u00fcrde es zugleich verst\u00e4ndlich machen, warum der Betrag der constanten Abweichung f\u00fcr die sensorielle Reaction, bei der die Reizvorstellung eine gr\u00f6\u00dfere Rolle spielt, im allgemeinen einen gr\u00f6\u00dferen Wert annimmt, als f\u00fcr die muscul\u00e4re, und warum der Unterschied der hei Klingel und Hammer erhaltenen Zahlen f\u00fcr die sensoriellen Reactionen durchschnittlich gr\u00f6\u00dfer ist, als f\u00fcr die muscul\u00e4re.\nIn einer zweiten Serie von Versuchen ersetzten wir den Klingelreiz durch einen momentanen Lichteindruck. Derselbe wurde uns geliefert durch ein f\u00fcr Lichtreactionen von L. Lange benutzbar gemachtes Pendelmyographion f), welches heim Durchgang durch die Ruhelage den durch eine Metallglasscheibe ged\u00e4mpften und zerstreuten Schein einer Petroleumflamme in das Auge des etwa 2 m entfernten, vor einem Fernrohr sitzenden Beobachters sandte und in einer gewissen Schwingungsweite elektromagnetisch arretir-bar war. Die Reactionsschl\u00fcssel wurden in gleicher Disposition wie fr\u00fcher vor dem Reagenten angebracht, die Klingel befand sich jetzt im R\u00fccken desselben ein wenig nach links. Die folgenden Tabellen VII und VIII enthalten die Durchschnittswerthe der so ausgef\u00fchrten Versuchsreihen. In der ersten dieser Tabellen findet sich eine Reihe, in welcher das linke Auge durch das Fernrohr sah, daher habe ich die Rubrik: Auge eingef\u00fcgt. In Tab. VIII sind die Versuche s\u00e4mmtlich mit dem rechten Auge angestellt worden.\n1) Vgl. den im Princip \u00e4hnlichen Apparat vonVierordt (Pfl\u00fcger\u2019s Arch.\nII, S. 121).","page":151},{"file":"p0152.txt","language":"de","ocr_de":"152\nOswald Ki\u2019ilpe,\nTabelle VIL\nReagent G. L.\n\tReiz\tDatum\tM\t\t?\u00bb V\tn\tmSS\tn\tN\tAuge\n\tLicht\t15.VII.87\t+\t1,3\t5,7\t5,5\t4,3\t10\t1\tr\np4\t\t\u201e\t+\t9,9\t3,0\t9,9\t3,0\t7\t2\tr\n\tif\tif\t+\t4,4\t4,7\t6,4\t3,2\t8\t2\ti\no m 3\t1>\t26. VII. 87\t\u2014\t7,4\t2,2\t7,4\t2,2\t13\t1\tr\ng\ta\tif\t\u2014\t7,6\t2,5\t7,6\t2,5\t14\t2\tr\n\t-\t\u2019\u25a0\t\u2014\t7,2\t3,7\t7,4\t3,5\t14\t3\tr\nrt\tLicht\t29.VII. 87\t\u2014\t4,2\t3,9\t5,5\t2,7\t13\t1\tr\n\u00d9 O\ta\tif\t\u2014\t6,9\t6,5\t9,8\t4,2\t12\t2\tr\n\u00d6 m\ta\tif\t\u2014\t14,5\t6,3\t14,5\t6,3\t13\t3\tr\nTabelle VIII.\n\tReiz\tDatum\tM\t?\u00bb V\tSOI\tmai\tn\tN\tReag.\n\tLicht\t30. VII. 87\t+ 1,8\t2,0\t2,9\t1,2\t10\t1\tM\n\til\tif\t\u2014 4,0\t3,0\t4,6\t2,4\t12\t2\til\nCJ m\tfi\t\u2022\u2019\t- 4,1\t3,0\t4,5\t2,6\t12\t3\til\n3 g\t>.\tff\t\u2014 6,4\t3,6\t6,4\t3,6\t15\t4\tfi\n\tKl\t)1\t- L4\t4,0\t4,3\t2,3\t16\t5\tfi\n\tLicht\t1. VIII. 87\t+ 3,6\t9,4\t9,8\t5,1\t10\t1\tM\np?\ti)\t)i\t\u2014 4,0\t9,2\t9,8\t5,5\t10\t2\tff\no to\tfi \u25a0\tif\t\u2014 12,8\t8,8\t13,9\t7,7\t14\t3\tii\n\u00a7 m\tf>\tif\t\u2014 5,0\t3,0\t5,9\t2,1\t13\t4\tfl\n\tif\t24. XI. 87\t\u2014 24,3\t8,4\t24,3\t8,4\t14\t1\tV","page":152},{"file":"p0153.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die Gleichzeitigkeit und Ungleichzeitigkeit von Bewegungen.\t153\nDass wir durch diese Versuche einen Beitrag zur Losung des uns in erster Linie hier besch\u00e4ftigenden Problems geliefert h\u00e4tten, wird man nicht behaupten k\u00f6nnen. Weder ist die Beziehung der bei den Lichtreactionen erhaltenen. Abweichungen zu den fr\u00fcher festgestellten eine so eindeutige, wie im vorigen Falle, noch zeigen die Zahlen selbst unter sich eine irgend deutliche Gesetzm\u00e4\u00dfigkeit. Das Einzige, was sich aussagen l\u00e4sst, betrifft das Vorwiegen der negativen Vorzeichen und die Tendenz, von einer Bevorzugung der rechten zu einer solchen der linken Hand \u00fcberzugehen. Dieser U ebergang wird in bemerkenswerther Weise illustrirt durch die Mittheilung des Reagenten M, dass er w\u00e4hrend der ersten in Tab. VIII aufgef\u00fchrten Reihe durchweg, w\u00e4hrend der zweiten einige (n\u00e4her bezeichnete) Male das Bewusstsein der Ungleichzeitigkeit der vollbrachten Reactionen gehabt habe. In den sp\u00e4teren Reihen ist dies \u00fcberhaupt nicht mehr vorgekommen. Es handelt sich hierbei offenbar nicht um eine objectiv merkbare Ungleichzeitigkeit der Bewegungen \u2014 dazu ist die thats\u00e4chliche Differenz viel zu gering \u2014, sondern um ein auf besondere Umst\u00e4nde des Versuchs sich st\u00fctzendes Urtheil, dessen Grundlagen erst in der n\u00e4chsten Abhandlung uns ausf\u00fchrlicher besch\u00e4ftigen werden.\nAus dieser Tendenz zu negativen Werthen scheint aber hervorzugehen, dass die Stellung des Beobachters von Einfluss auf die constanten Abweichungen sein kann. Der Reagent musste n\u00e4mlich etwas nach rechts und vorn gebeugt seinen Oberk\u00f6rper halten, um mit dem rechten Auge durch das Fernrohr sehen zu k\u00f6nnen. Diese Lage musste etwas dr\u00fcckend oder hemmend auf die rechte Seite wirken. Daraus lie\u00dfe sich auch erkl\u00e4ren, dass in Tab. VII f\u00fcr das linke Auge der positive Betrag eine Abnahme gegen die vorhergehende Reihe aufweist, da die Stellung in diesem Falle noch etwas ung\u00fcnstiger f\u00fcr die'rechte Seite sich gestaltete. Dem gegen\u00fcber steht freilich eine Zahl, wie diejenige von V in Tab. VIII, welche, ohne Aufsehen zu erregen, in desselben Beobachters fr\u00fchere Tabelle Sensorieller Reactionen eingeordnet werden k\u00f6nnte, ebenso die That-suche, dass auch die Reihen der anderen Reagenten keine ma\u00dfgebenden Unterschiede im Vergleich mit den im I. Abschnitt mitgetheilten darbieten. Endlich weist die in gleicher Stellung vor dem Fernrohr ausgef\u00fchrte Reihe von Schallreactionen in Tab. VIII","page":153},{"file":"p0154.txt","language":"de","ocr_de":"154\nOswald Kiilpe.\neinen sehr geringen negativen Durchschnittswerth auf. Darnach muss also dieser Erkl\u00e4rungsversuch so lange als hypothetisch gelten, bis systematische Versuche \u00fcber den Einfluss der K\u00f6rperstellung auf die Gleichzeitigkeit von Bewegungen vorliegen.\nZum Schluss dieser Er\u00f6rterungen m\u00f6chte ich noch darauf hin weisen, dass die in den Rubriken 5D\u00ce und tttSS enthaltenen Zahlen das \u00fcber die zuf\u00e4lligen Abweichungen und deren mittlere Variation fr\u00fcher Entwickelte best\u00e4tigen. Der im allgemeinen etwas gr\u00f6\u00dfere Betrag dieser Werthe darf uns bei Lichtreactionen nicht verwundern.\nZur Herstellung eines Hautreizes bedienten wir uns des schwachen einmaligen Oeffnungsschlages eines Schlitteninductoriums. Die von der secund\u00e4ren Spirale kommenden Dr\u00e4hte m\u00fcndeten in einem Brettchen in geringem Abstande von einander und waren mit etwas Flie\u00dfpapier bedeckt, welches mit schwacher Kochsalzl\u00f6sung durchfeuchtet wurde. Das Brettchen befestigten wir in symmetrischer Lage zwischen den Schultern auf dem Nacken des Reagenten. Das Signal wurde durch den Klingelschlag ertheilt. In der Tab. IX habe ich die Resultate dieser Versuche zusammengestellt.\nTabelle IX.\nElektr. Hautreiz.\nReagent\tReaction\tDatum\t31\tmV\t2K\tmS\tn\tN\nM\tMusc.\t12. XI. 87\t+ 3,8\t1,5\t3,8\t1,5\t22\t1\n\u00bb\tSensor.\tV\t\u2014 10,4\t4,7\t10,7\t4,4\t21\t2\n\u201e\tVorb. willk.\t\t- 3,4\t6,0\t6,1\t4,5\t12\t3\n>5\tUnv. willk.\t\t\u2014 9,0\t5,3\t9,3\t5,1\t12\t4\nV\tMuse.\t17. XI. 87\t- L5\t3,0\t7,5\t3,0\t8\t1 a\n\u00bb\tSensor.\t>>\t\u2014 25,3\t6,1\t25,3\t6,1\t9\tlb\nIn dieser Tabelle finden wir lauter Zahlen, wie sie uns schon fr\u00fcher begegnet sind. Zu besonderen Bemerkungen bieten sie keinen Anlass.","page":154},{"file":"p0155.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die Gleichzeitigkeit und Ungleichzeitigkeit von Bewegungen.\t155\nSo hat uns denn die Ver\u00e4nderung der psychophysischen Disposition in Form einer Variation des die Reaction einleitenden Sinneseindrucks keinen wirklichen Aufschluss \u00fcber das eingangs gestellte Problem gew\u00e4hrt. Aber einige werthvolle Fingerzeige lie\u00dfen sich diesen Versuchen entnehmen.\nb. Die Ver\u00e4nderung der Empfindungen aus den Bewegungsorganen.\nDie Ver\u00e4nderungen, welche wir in zweiter Linie eintreten lie\u00dfen, erstreckten sich theils auf die Druckempfindungen, welche dem Rea-genten von den die Taster niederhaltenden Fingern zugehen, theils auf die Sensibilit\u00e4t und Contraction der in dieser Lage eingestellten Arme und H\u00e4nde. Es war ja denkbar, dass diese Empfindungen eine wesentliche Contr\u00f4le der Gleichzeitigkeit bildeten, und deren einseitige oder doppelseitige St\u00f6rung musste in diesem Falle auf die Differenz der Reactionszeiten von wesentlichem Einfluss sein.\nIn einer ersten Serie von Versuchen wurde Aetherbest\u00e4ubung der die Schl\u00fcssel niederdr\u00fcckenden Fingerkuppen angewandt, um eine ziemlich vollst\u00e4ndige An\u00e4sthesie derselben herbeizuf\u00fchren. Bei der Ber\u00fchrung der Tasterkn\u00f6pfe entstand dann die aus der Glieder-vertaubung bekannte Empfindung, welche die Vorstellung des Fremdk\u00f6rperlichen hervorruft. In der folgenden Tab. X sind die hiebei erhaltenen Resultate zusammengefasst. In derselben \u00fcberwiegt die Zahl der muscul\u00e4ren Reactionen schon aus dem Grunde, weil bei ihnen am leichtesten ein der obigen Vermuthung entsprechendes Verhalten auftreten musste. Der Sinneseindruck ist hier, wie in den folgenden Tabellen, stets der alte, von der Glocke erzeugte ge-\nwesen.","page":155},{"file":"p0156.txt","language":"de","ocr_de":"156\nOswald Kiilpe.\nTabelle X. Reagent G. L.\nDatum\tReaction\tM\tmV\tSK\tmSB\tn\tN\n14. VI. 87\tMusc.\t\u2014 3,4\t2,4\t3,5\t2,1\t20\t1\nff\tff\t\u2014 2,4\t3,7\t4,3\t2,4\t23\t2\n,,\t> >\t\u2014 3,1\t3,3\t4,6\t2,2\t22\t4\nn\tSensor.\t\u2014 1,4\t1,9\t2,2 '\t1,3\t23\t3\n17. VI. 87\tMusc.\t\u2014 7,5\t4,2\t8,6\t3,1\t20\t3\nit\tVorher.willk.\t-3,4\t2,2\t3,8\t1,9\t19\t4\n17. VI. 87\tMuse.\t+ RO\t2,4\t2,6\t1,3\t21\t1\nf t\tVorber.willk.\t-4,2\t4,4\t6,8\t2,2\t16\t2\nDie letzten beiden Horizontalreihen dieser Tabelle enthalten Vergleichsversuche, die ohne An\u00e4sthesie ausgefiihrt worden sind. Durchweg hat sich in diesen Versuchen die Aetherisirung auf beide H\u00e4nde erstreckt. Da muss es uns nun zun\u00e4chst auffallen, dass m9S einen so sehr geringen Werth besitzt. Statt eine St\u00f6rung der Sicherheit zu werden, mit welcher die Reactionen geschehen, scheint die Beeintr\u00e4chtigung der Druckempfindungen vielmehr eine gr\u00f6\u00dfere Regelm\u00e4\u00dfigkeit der Differenzen zu bewirken. Auch die constanten Abweichungen sind im ganzen sehr gering.\nEhe wir diesen Erscheinungen weiter nachgehen, theile ich eine hierher geh\u00f6rige Summe von Versuchsergebnissen mit, welche gleichfalls bei An\u00e4sthesie gewonnen sind. Dieselbe wurde aber hier nicht durch Aetherbest\u00e4ubung, sondern durch ein l\u00e4ngeres Eintauchen in schmelzendes Eis erzielt. Wir glaubten auf diesem Wege eine noch vollst\u00e4ndigere Unempfindlichkeit hersteilen zu k\u00f6nnen. Jedenfalls war bei solcher Behandlung der Finger deren Analgesie gegen Nadelstiche constatirbar. Die folgende Tabelle XI umfasst die von 2 Beobachtern gelieferten Experimente. Darin gibt die Rubrik \u00bbHand\u00ab an, ob und wo das Anaestheticum angewandt worden ist : ein horizontaler Strich (\u2014) bezeichnet die gew\u00f6hnliche, normale Reaction, r und 1 die rechte und linke Seite,","page":156},{"file":"p0157.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die Gleichzeitigkeit und Ungleichzeitigkeit von Bewegungen.\n157\nTabelle XI.\nDatum\tReag.\tReact.\tHand\tM\tm V\tarc\tmSB\tn\tN\n19. X. 87\tM\tMusc.\tr. 1.\t+ 3,2\t4,4\t5,1\t2,7\t18\t1\n\t,,\tSensor.\ty >\t+ 7,4\t5,8\t8,5\t4,7\t16\t2\n\u201e\t, ,\tMusc.\t\u25a0 yy\t\u2014 2,5\t3,4\t3,8\t2,3\t17\t3\n22. X. 87\t,,\t,,\t\u2014\t- 5,8\t2,4\t5,8\t2,4\t6\t1 a\n\u201e\t,,\t,,\tr.\t- 4,0\t5,7\t6,3\t3,5\t10\tlb\n\t, ,\ty y\t\u2014\t- 8,6\t4,9\t10,1\t4,1\t6\t2a\n\u201e\t,,\t,,\tr.\t\u2014 9,8\t3,1\t9,8\t3,1\t12\t2b\n\t,,\t,,\t\u2014\t- 2,9\t1,6\t2,9\t1,6\t4\t3 a\nj ,\t,,\t,,\tl.\t\u2014 5,5\t5,3\t6,7\t4,3\t8\t3b\n19. X. 87\tV\tSensor.\tr. 1.\t\u2014 22,0\t10,2\t22,6\t9,5\t17\t1\n\t,,\tMuse.\t,,\t- 2,4\t2,2\t2,9\t1,7\t19\t2\n, ,\t,,\t,,\ty y\t\u2014 3,8\t2,7\t4,7\t2,2\t19\t3\n, ,\t, ,\t,,\tr.\t+ 6,1\t2,9\t6,1\t2,8\t16\t4a\n,,\t,,\t,,\t\u2014\t\u2014 5,6\t3,9\t6,5\t2,9\t5\t4b\n,,\t,,\tj y\t\u2014\t- 7,4\t2,8\t7,4\t2,8\t6\t1 a\n\u00bb\t\u201d\t\u201d\t\u00ee.\t-11,2\t4,4\t11,2\t4,4\t13\tlb\nAuch hier finden wir einen geringen Durchschnittswerth der tu\u00ae wenigstens bei den muscul\u00e4ren Reactionen. Au\u00dferdem begegnet uns bei M einmal, bei V beide Male die Ver\u00e4nderung der constanten Abweichung im Sinne einer wachsenden Bevorzugung derjenigen Seite, wo das Eis eingewirkt hatte.\nDiese Thatsachen werde ich sp\u00e4ter zu erkl\u00e4ren versuchen. Abgesehen von denselben erhellt kein deutlicher Einfluss der An\u00e4sthesie auf die constanten oder zuf\u00e4lligen Abweichungen.\nIn einer letzten Tabelle \u00fcber derartige Ver\u00e4nderungen des normalen Zustandes fasse ich die wenigen Versuche zusammen, welche ich in R\u00fccksicht auf ihre Schmerzhaftigkeit oder Unannehmlichkeit nicht zahlreicher habe anstellen m\u00f6gen. Dieselben sind theils hei schmerzhafter Dauerreizung der beim Reagiren vorzugsweise beteiligten Finger beider H\u00e4nde, theils bei k\u00fcnstlicher Verringerung der Muskelth\u00e4tigkeit in den letzteren und Ver\u00e4nderung der Arm-","page":157},{"file":"p0158.txt","language":"de","ocr_de":"Oswald K\u00fclpe.\n158\nund Handsensibilit\u00e4t durch Elektrotonus des vom Oberarm bis zur Hand verlaufenden St\u00fcckes vom N. medianus ausgef\u00fchrt. Zu dem ersterw\u00e4hntem Zwecke lie\u00df ich mir 2 Tasterkn\u00f6pfe machen, die an Stelle der bisher gebrauchten den Schl\u00fcsseln aufgeschraubt werden konnten. Die Oberfl\u00e4che derselben besteht aus einer der L\u00e4nge nach durchbrochenen Kupferplatte, deren beide St\u00fccke an der unber\u00fchrten Seite mit je einer Klemmschraube zur Einf\u00fchrung der von der secund\u00e4ren Rolle eines Inductors kommenden Leitungsdr\u00e4hte versehen sind. Der Strom wird dadurch geschlossen, dass die Finger auf den beiden Theilen der Platte ruhen. Die Stromst\u00e4rke wurde so weit gesteigert, dass merklicher Schmerz eintrat, \u00fcbrigens aber der gleiche Strom f\u00fcr beide Taster benutzt.\nEs mag hiebei bemerkt werden, dass sich diese Einrichtung zweckm\u00e4\u00dfig zu weiteren interessanten Versuchen benutzen l\u00e4sst. Erstlich w\u00e4re es psychologisch werthvoll, Reactionen in der Weise anzustellen, dass ein und dasselbe Organ zugleich sensorische und motorische Function \u00fcbt, und auf diesem Wege zu erfahren, ob und wie sehr die muscul\u00e4re oder sensorielle Vorbereitung dadurch beeintr\u00e4chtigt werde. Sodann k\u00f6nnte man mit Hilfe der beschriebenen elektrischen Druckplatten der Frage nach der sog. Verlangsamung der Schmerzempfindung im normalen Zustande n\u00e4her treten, indem man Reactionen auf schmerzlose und schmerzhafte elektrische Hautreize ausf\u00fchren l\u00e4sst.\nUm den N. medianus in elektrotonischen Zustand zu versetzen, bedienten wir uns eines Stromes von 16 hinter einander geschalteten DanielUschen Elementen. Derselbe wurde durch die Kupferpl\u00e4tt-chen von 4 aus Kautschuk hergestellten Armb\u00e4ndern geleitet, so dass die Anode sich jeweils etwas oberhalb der Hand, die Kathode \u00fcber dem Ellenbogen fand. Es zeigte sich hierbei nicht nur die Sensibilit\u00e4t an Armen und H\u00e4nden ver\u00e4ndert oder gest\u00f6rt, sondern es bedurfte auch vermehrter Anstrengung, um die gewollte Contraction der f\u00fcr die Reactionsstellung und -bewegung th\u00e4tigen Muskeln einzuleiten.\nIn der folgenden diese Versuche mittheilenden Tab. XII sind unter der Rubrik: Reiz die ini Vorstehenden beschriebenen ver\u00e4ndernden Bedingungen der gew\u00f6hnlichen Schallreactionen angef\u00fchrt. El. Dr. bezeichnet die elektrischen Druckplatten, Anei. den","page":158},{"file":"p0159.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die Gleichzeitigkeit und \u00fcugleichzeitigkeit von Bewegungen.\t159\nbeiderseitigen Anelektrotonus ; ein horizontaler Strich gibt das Fehlen solcher Ver\u00e4nderungen an. Dabei sind jedoch die Armb\u00e4nder sowohl als die Druckplatten, um vergleichbare Versuche zu gewinnen, beibehalten worden.\nTabelle XII.\nDatum\tHeiz\tReag.\tReact.\tM\tmV\t9J\u00ce\traS\th\tN\n1 .VII. 87\t\t\tO L\tMusc.\t\u2014 4,8\t3,3\t5,1\t3,1\t14\t1\n, ,\tAnei.\t,,\t,,\t\u2014 12,0\t3,1\t12,0\t3,1\t10\t2\n18.XI.87\tEl. Dr.\tM\t,,\t\u2014 16,3\t4,5\t16,3\t4,5\t13\t1 a\n,,\t\u2014\t, ,\t,,\t\u2014 5,4\t2,9\t5,4\t2,9\t5\tlb\n,,\tEl. Dr.\t,,\tSens.\t\u2014 18,7\tHA\t18,7\t11,1\t10\t2a\n) )\t\t> }\tJ >\t\u2014 39,4\t22,7\t39,4\t22,7\t4\t2b\nOffenbar l\u00e4sst sich aus diesen wenigen Versuchen nicht viel schlie\u00dfen. Die letzte Horizontalreihe hat au\u00dferdem so deutlich unter dem Einfluss begreiflicher Abspannung gestanden, dass wir sie kaum zum Vergleich heranziehen d\u00fcrfen. Weist doch der letzte Versuch dieser Reihe den enormen Werth: 84,8 a als unbemerkte Ungleichzeitigkeit auf. Auch die vorletzte Reihe wird uns wegen der relativ gro\u00dfen mittleren Variation bedenklich erscheinen m\u00fcssen. Ueberblicken wir aber die 4 anderen Reihen, so finden wir in den bei Anei. und El. Dr. gewonnenen Ergebnissen eine Zunahme der constan-ten negativen Abweichung oder der Bevorzugung der linken Hand gegen\u00fcber den ohne diese Ver\u00e4nderungen ausgef\u00fchrten Reactio-nen. Wir werden dies Verhalten trotz der unzureichenden Versuchszahl um so weniger f\u00fcr zuf\u00e4llig erachten, als wir den Grund desselben angeben zu k\u00f6nnen glauben. Ich erinnere an die Untersuchungen von H. Aubert und A. Rammler \u00fcber den Druck-und Raumsinn der Haut *). In denselben ist das minimum percep-tibile einer Ber\u00fchrung an H\u00e4nden und F\u00fc\u00dfen fast durchweg geringer\n1) In Moleschott\u2019s Untersuch, zur Naturlehre V, S. 145 ff.","page":159},{"file":"p0160.txt","language":"de","ocr_de":"160\nOswald K\u00fclpe.\nf\u00fcr die linke, als f\u00fcr die rechte Seite angegeben. Yermuthlich war also wenigstens bei den Versuchen mit schmerzhafter Dauerreizung der Finger die Empfindung auf der linken Seite etwas intensiver, als auf der rechten. Vielleicht hat der anelektrotonische Erregungszustand \u00e4hnliche Verh\u00e4ltnisse zur Folge gehabt. Ich erinnere mich bei einer probeweisen Einspannung meiner Arme in jene Kautschukb\u00e4nder die Sensibilit\u00e4ts\u00e4nderungen und Contractionserscliwerung links lebhafter als rechts empfunden zu haben, besitze aber leider keine hierauf bez\u00fcglichen Mittheilungen meines Mitarbeiters. Von dem Einfluss unangenehmer Gef\u00fchle auf die Reaction ist schon im vorhergehenden Artikel 1) die Rede gewesen. Wir k\u00f6nnen uns hiernach denken, dass mit derjenigen Hand rascher reagirt worden ist, welche den gr\u00f6\u00dferen Schmerz ertragen hat.\nBesonderes Interesse erregt an diesen Versuchen aber noch die Thatsache, dass die mittlere Variation (in den ersten Reihen) einen so geringen Betrag aufweist. Gerade da, wo die peripherische St\u00f6rung am gr\u00f6\u00dften war, bei Anwendung des Elektrotonus, ist mV trotz des gr\u00f6\u00dferen arithmetischen Mittels nicht gewachsen im Vergleich mit der voraufgehenden Reihe. Daraus, sowie aus den analogen Resultaten der hei An\u00e4sthesie angestellten Versuche scheint unzweideutig gefolgert werden zu k\u00f6nnen, dass \u00fcberhaupt peripherische Ver\u00e4nderungen als solche keinen wesentlichen Einfluss auf die Gleichzeitigkeit und Constanz der Bewegungen aus\u00fcben. Und damit werden wir von selbst auf centrale Ursachen f\u00fcr die beobachtbaren Abweichungen, soweit sie nicht zuf\u00e4lliger Natur sind, hingewiesen.\nc. Die Ver\u00e4nderung der vorbereitenden Aufmerksamkeit.\nUnsere bisherigen Ausf\u00fchrungen brachten noch keine entscheidende Erkl\u00e4rung f\u00fcr das Auftreten constanter Abweichungen von der Gleichzeitigkeit. Abgesehen von besonderen f\u00fcr einzelne Versuche geltenden Umst\u00e4nden, die uns hier und da dasselbe begreiflich werden lie\u00dfen, stehen wir zu den im vorigen Artikel angef\u00fchrten Thatsachen und zu vielen in diesem hinzugekommenen noch immer\n1) Philos. Stud. VI, S. 528 ff.","page":160},{"file":"p0161.txt","language":"de","ocr_de":"161\nUeber die Gleichzeitigkeit und Ungleichzeitigkeit von Bewegungen.\nohne eine einheitlich begr\u00fcndende Auffassung, Als drittes variir bares psychologisches Moment erw\u00e4hnten wir die vorbereitende Aufmerksamkeit. Ihr Einfluss auf jene Abweichungen kann sich offenbar nur in der einfachen Form geltend machen, dass eine Bevorzugung der einen oder anderen Hand bei der Vorstellung der Bewegung die raschere Hebung derselben herbeif\u00fchrt.\nUm nun diesen Einfluss einer sachgem\u00e4\u00dfen Pr\u00fcfung zu unterziehen, haben wir Versuche mit willk\u00fcrlicher Bevorzugung einer Handbewegung in der vorbereitenden Erwartung bei den muscul\u00e4ren, in dem der Apperception des Eindrucks folgenden Bewegungsbilde bei der sensoriellen Reaction angestellt. Die Ausf\u00fchrung der be-zeichneten Aufgabe wurde dem Reagenten nicht schwer, weil die Entfernung der beiden H\u00e4nde eine gleichzeitige Fixirung derselben unm\u00f6glich machte und bei geschlossenen Augen f\u00fcr die Vorstellung dasselbe galt. Die nicht-optischen Empfindungen und Vorstellungen aber, welche uns die Glieder vermittelten, standen in genauem Zusammenh\u00e4nge mit den optischen.\nIn der folgenden Tabelle XIII, S. 162 gibt die Rubrik : Hand an, ob und wo eine willk\u00fcrliche Bevorzugung (unter Beibehaltung der urspr\u00fcnglichen Intention mit beiden H\u00e4nden gleichzeitig zu reagiren) stattgefunden hat. Die Columne /! enth\u00e4lt die Differenzen zwischen den in derselben Versuchsreihe mit und ohne Bevorzugung ausgef\u00fchrten Reactionen, wobei das Pluszeichen eine im Sinn der Aufmerksamkeitsrichtung vorhandene Zunahme, das Minuszeichen eine entsprechende Abnahme andeutet.\nAuf den ersten Blick enth\u00fcllt sich aus diesen Zahlen ein ganz betr\u00e4chtlicher Einfluss der Ver\u00e4nderung, welche die gew\u00f6hnliche Bewegungsvorstellung erfahren. F\u00fcr die linke Hand betr\u00e4gt die Zunahme der constanten Abweichung im Mittel 18,8 a bei mus-cul\u00e4rer Reaction. Erheblich gr\u00f6\u00dfer ist dieselbe bei sensorieller Vorbereitung und auffallender Weise rechts kleiner, als links. Ja. unter den muscul\u00e4ren Reactionen mit Bevorzugung der rechten Hand findet sich ein Werth, der etwas kleiner ist, als der in der Vergleichsreihe gewonnene.\nWundt, Philos. Studien. VII.\n11","page":161},{"file":"p0162.txt","language":"de","ocr_de":"162\nOswald Kiilpe.\nTabelle XIII.\nReagent V.\n\tDatum\tHand\tM\tmV\t21t\t\tn\tN\tJ\t\n\t26. XI. 87\t\u2014\t\u2014 8,5\t4,7\t8,5\t4,7\t5\tla\t+\t4,0\n\t\tr.\t- 4,5\t7,0\t7,8\t5,8\t- 10\tlb\t\t\n\t,,\t\u2014\t\u2014 10,7\t1,7\t10,7\tu\t5\t2a\t+\t17,0\n-M\t)}\tl.\t\u2014 27,7\t5,5\t27,7\t5,5\t9\t2b\t\t\nes <D Pri\t1. XII. 87\t\u2014\t\u2014 0,7\t4,7\t4,7\t2,7\t4\t1 a\t+\t1,2\n03\t,,\tr.\t+ 0,5\t12,1\t12,1\t7,4\t13\tlb\t\t\n\u00ceC3 'S\tf f\t\u2014\t\u2014 9,0\t5,6\t9,0\t5,6\t5\t2a\t+\t11,3\n03\t,,\tl.\t\u2014 22,3\t11,5\t22,3\t11,5\t13\t2b\t\t\ng\t3. XII. 87\tl.\t\u2014 26,1\t12,3\t26,1\t12,3\t14\t1 a\t+\t28,1\n\t,,\t\u2014\t+ 2,0\t0,5\t2,0\t0,5\t3\tlb\t\t\n\tf f\tr.\t+ 4,8\t8,2\t9,9\t5,7\t12\t2a\t\t2,8\n\tff\t\u2014\t+ I>6\t1,2\t7,6\t1,2\t3\t2b\t\t\n\t3. XII. 87\tr.\t+ 22,7\t9,7\t22,7\t9,7\t11\t3 a\t+\t41,5\no\tf f\t\u2014\t\u2014 19,8\t3,3\t19,8\t3,3\t3\t3b\t\t\n\u00a7 oq\t,,\tl.\t\u2014 76,3\t35,2\t76,3\t35,2\t10\t4a\t+\t56,0\n\tf )\t\t\u2014 20,3\t2,8\t20,3\t2,8\t3\t4b'\t\t\nUm diese eigenth\u00fcmliche Erscheinung zu erkl\u00e4ren, gen\u00fcgt es nicht auf das geringe n der letzteren hinzuweisen. Es kommt hinzu die zweifellose Disposition, der willk\u00fcrlichen Bevorzugung entpre-cliend auch in der Yergleichsreihe zu reagiren. Es w\u00e4re sonst kaum das auff\u00e4llige Schwanken der bei gewohnter Vorbereitung erhaltenen Durchschnittszahlen zu begreifen. Aber auch dieses Erkl\u00e4rungsmittel versagt, wenn wir den negativen Betrag von M in der zweiten Horizontalreihe trotz einer rechts vorhandenen Bevorzugung in\u2019s Auge fassen. Ferner ist zu bemerken, dass alle diese Thatsachen nur f\u00fcr die muscul\u00e4re Reaction gelten.\nDies f\u00fchrte uns auf die Vermuthung, dass die Muskelspannung, wie sie aus dem Gegensatz der intendirten und gehemmten Bewegung bei motorischer Vorbereitung hervorzugehen und mehr oder weniger","page":162},{"file":"p0163.txt","language":"de","ocr_de":"163\n[jeher die Gleichzeitigkeit und Unglciehzeitigkeit von Bewegungen.\nlebhaft im Bewusstsein sich anzuk\u00fcndigen pflegt, an dem geschilderten Verhalten betheiligt sei. Wenn die Intensit\u00e4t des Bewegungsbildes eine entsprechende Intensit\u00e4t der die Ruhelage festhaltenden Muskelcontraction (vornehmlich der Beuger) nach sich zieht, so muss der Bewegungseintritt sich um so mehr verz\u00f6gern, je gr\u00f6\u00dferen Widerstand die Antagonisten leisten. Um die Berechtigung dieser Annahme zu erproben, wurden von uns Versuche mit gleicher und ungleicher Muskelspannung beider Arme und H\u00e4nde angestellt und daneben die Bevorzugung fortgesetzt. Dem Reagenten erwuchs die Aufgabe, in einzelnen F\u00e4llen den Tetanus seiner Arm- und Handmuskeln so zu steigern, dass er \u00e4u\u00dferst lebhafte Contractions- und Erm\u00fcdungsempfindungen von der betreffenden Seite angeregt erhielt. Ich habe mich selbst an diesen Versuchen betheiligt und den gew\u00fcnschten Effect immer sehr leicht und deutlich erzielt. Bei der sensoriellen Reaction fiel diese Aufgabe nat\u00fcrlich fort, weil die Hewegungsvorstellung erst w\u00e4hrend des Ablaufs der die Reaction bildenden Vorg\u00e4nge auftritt und ohne l\u00e4ngere Vorbereitung das erw\u00e4hnte Anwachsen der die Ruhelage bewahrenden Muskelenergie nicht entstehen kann. Dagegen hot die vorbereitet willk\u00fcrliche Reaction g\u00fcnstige Bedingungen f\u00fcr dasselbe dar. Wir glaubten auch zu beobachten, dass nach solcher Steigerung der Contraction die Bewegung nicht ganz mit der gleichen Geschwindigkeit ausgef\u00fchrt wird, wie ohne dieselbe.\nDie nachfolgenden Tabellen XIV und XV liefern eine Ueber-sicht der Ergebnisse. Die neue Rubrik: Spannung in der Klasse der muscul\u00e4ren und der willk\u00fcrlich vorbereiteten Reactionen weist auf die willk\u00fcrliche Ungleichheit der Muskelcontraction durch das Zeichen ungl., auf das Fehlen derselben durch einen horizontalen Strich hin. Dabei bezieht sich die Steigerung der Anspannung stets auf die daneben mit r. oder 1. bezeichnete Seite. Um die von mir stammenden Versuche dieser Art mit normalen fr\u00fcher angestellten vergleichen zu k\u00f6nnen, habe ich in der kleinen Tabelle XVa die Mittelzahlen solcher einfachen Schallreactionen zusammengestellt.\n11*","page":163},{"file":"p0164.txt","language":"de","ocr_de":"164\nOswald K\u00f6lpe.\nTabelle XIV.\nReagent M.\n\tDatum\tSpannung\tHand\tM\tmV\tSK\tm35\tn\tN\tJ\n\t26. XI. 87\t\u2014\t\u2014\t+ 5,6\t2,2\t5,6\t2,2\t4\t1 a\t+ 23,3\n\t,,\t\u2014\tr.\t+ 28,9\t6,1\t28,9\t6,1\t8\tlb\t\n\t\t\t\t\u2014 0,5\t1,5\t1,5\t0,5\t4\t2a\t\n\t\t\t\t\t\t\t\t\t2b\t+ 6,8\n\t} 7\t\u2014\tl.\t\u2014 7,3\t5,0\t8,5\t3,7\t8\t\t\n\t\t\t\t+ 7,8\t3,3\t7,8\t3,3\t4\t3 a\t\n\t\t\t\t\t\t\t\t\t3b\t+ 7,6\n\u00ab\t> 5\t\u2014\tr.\t+ 15,4\t6,0\t15,4\t6,0\t10\t\t\n<V *4\t28. XI. 87\t\t\t\t\t\u2014 1,3\t1,7\t1,7\t1,3\t4\tla\t+ 15,1\niS\t\t\t\t\t\t\t\t\tlb\t\n& o\t,,\t\u2014\tl.\t\u2014 16,4\t5,6\t16,4\t5,6\t12\t\t\n3\t\t\t\t\u2014 3,8\t4,3\t6,2\t1,6\t4\t2a\t\n%\t\t\t\t\t\t\t\t\t2b\t+ 14,5\n\t> >\t\u2014\tr.\t+ 10,7\t4,9\t10,7\t4,9\t13\t\t\n\t5. XII. 87\t\u2014\tr.\t+ 8,8\t4,5\t8,8\t4,5\t13\t1 a\t\u2014 1,5\n\t\tungl.\tr.\t+ 7,3\t4,8\t8,3\t3,8\t4\tib\t\n\t,,\tJ f\tr.\t+ 4,5\t4,2\t7,2\t1,6\t6\t2a\t\u2014 8,4\n\tJ >\t\u2014\tr.\t+ 12,9\t8,0\t13,0\t6,5\t7\t2b\t\n\t3. XII. 87\t\u2014\tr.\t+ 16,7\t7,1\t16,7\t7,1\t10\t1 a lb\t+ 15,9\n\t\t\u2014\t\u2014\t+ 0,8\t3,2\t3,5\t0,7\t3\t\t\np4\t\t\t\tl.\t\u2014 19,0\t8,0\t19,0\t8,0\t12\t2a\t+ 21,9\n\t\t\t\t\t\t\t\t\t2b\t\n\t,,\t\u2014\t\u2014\t+ 2,9\t2,1\t3,1\t1,9\t3\t\t\no GO\t\t\tl.\t\u2014 21,5\t5,7\t21,5\t5,7\t12\t3 a\t\n\u00d6\t\t\t\t\t\t\t\t\t3b\t+ 22,2\nm\t,,\t\u2014\t\u2014\t+ 0,7\t3,7\t3,9\t1,4\t3\t\t\n\t>>\t\u2014\tr.\t+ 21,2\t5,4\t21,2\t5,4\t11\t4a\t+ 19,1\n\t> )\t\u2014\t\u2014\t+ 2,1\t3,2\t2,7\t2,9\t3\t4b\t","page":164},{"file":"p0165.txt","language":"de","ocr_de":"\u00fceber die Gleichzeitigkeit und Ungleichzeitigkeit von Bewegungen.\n165\nTabelle XV.\nReagent K.\n\tDatum\tSpannung\tHand\tM\t\tmV\t3\u00ab\tnt 35\tn\tN\n-4-3\tl.H. 89\tungl.\t1.\t+\t1,4\t6,4\t6,7\t3,4\t14\t1\ncd \u00a9\tff\tgl-\t1.\t\u2014\t8,9\t6,1\t9,0\t6,0\t18\t2\n\u00f6\tff\tungl.\tr.\t\u2014\t21,5\t11,7\t21,5\t11,7\t16\t3\nS* g\tft\tff\tr.\t\u2014\t33,2\t11,7\t33,2\t11,7\t16\t4\n\t21.1. 89\t\u2014\tl.\t\u2014\t18,4\t16,2\t19,3\t15,8\t12\t1\np4\t,,\t\u2014\tl.\t+\t1,1\t7,5\t7,7\t4,4\t20\t2\n<u r\u2014|\tff\t\u2014\t\u2014\t+\t8,4\t7,9\t10,4\t6,8\t8\t3a\nT3 o\tff\t\u2014\tl.\t\u2014\t2,3\t2,1\t2,8\t1,7\t11\t3 b\ns \u00a9\t25.1. 89\t\u2014\tr.\t+\t10,8\t6,0\t12,0\t4,9\t19\t1\nzn\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\n\tf t\t\tr.\t+\t10,8\t6,7\t11,3\t6,1\t22\t2\n55 Ph'\t29.1. 89\tungl.\tr.\t\u2014\t15,4\t7,7\t15,4\t7,7\t16\t1\n\u25a0SJ\t\t\tr.\t\u2014\t21,3\t14,1\t22,9\t12,6\t14\t2\n\u00b0 > %\t\u201d\tff\tl.\t+\t2,8\t10,5\t10,0\t8,0\t16\t3\nTabelle XVa.\n\tSM\tSmV\tJJ3\u00cfI\t-Sm35\tSn\nM. H.\t\u2014 3,2\t5,4\t6,8\t3,9\t69\nS. R.\t-11,0\t8,5\t14,3\t8,4\t68\nV. w. R.\t+ 5,4\t5,7\t7,5\t4,0\t25\nDer vermuthete Einfluss der Muskelspannung ist nach diesen Versuchen zweifellos vorhanden. Daraus erkl\u00e4rt sich nun auf\u2019s Beste das anscheinend Paradoxe der fr\u00fcheren Ergebnisse. Dass die rechte Hand besonders deutlich den Einfluss ungleicher Muskelspannung","page":165},{"file":"p0166.txt","language":"de","ocr_de":"166\nOswald Kiilpe.\nerkennen l\u00e4sst, h\u00e4ngt wohl mit der Thatsache zusammen, dass die Bevorzugung der linken Hand einen gr\u00f6\u00dferen Effect hervorruft, als diejenige der rechten. Wir werden diese Erscheinung einerseits wohl darauf zuriickf\u00fchren k\u00f6nnen, dass die rechte Hand hei uns im Greifen und Dr\u00fccken ge\u00fcbter war, als die linke, andererseits darauf, dass die linke Hand hei coordinirten Bewegungen gr\u00f6\u00dfere Abh\u00e4ngigkeit von der rechten aufweist, als diese von jener. Es folgt n\u00e4mlich hieraus sowohl, dass gewohnheitsm\u00e4\u00dfig rechts ein st\u00e4rkerer Druck auf die Taster, eine gr\u00f6\u00dfere Muskelspannung stattgefunden, als dass hei einer Bevorzugung rechts die Abweichung von der Gleichzeitigkeit kleiner ausf\u00e4llt, als hei einer entsprechenden ausschlie\u00dflichen Bewegungsvorstellung der linken Hand.\nSo hat sich der Kreis der Erkl\u00e4rung geschlossen, und es er\u00fcbrigt nur noch, von dem zuletzt Gefundenen aus einiges Licht auf fr\u00fchere Beobachtungen zu werfen. Wir haben die bei der geschilderten Anordnung unserer Versuche nat\u00fcrliche Bevorzugung der einen oder der anderen Hand in der Bewegungsvorstellung als den Grund f\u00fcr die constanten Abweichungen von der Gleichzeitigkeit erkannt. Wie und warum im einzelnen Falle diese Bevorzugung stattgefunden, dar\u00fcber unterlasse ich Vermuthungen aufzustellen oder zu discutiren. In dieser Hinsicht wird es bei dem Mangel genauerer Mittheilungen aus der Selbstbeobachtung der Beagenten erlaubt sein, von einer zuf\u00e4lligen Richtung der Aufmerksamkeit zu reden. Aber die Aenderungen, welche die constanten Abweichungen je nach der Reactionsform, den Sinnesreizen, den Empfindungen aus den Bewegungsorganen u. s. f. erfahren haben, bed\u00fcrfen theil-weise noch einer auf der neuen Grundlage auszuf\u00fchrenden Erkl\u00e4rung.\nZun\u00e4chst finden wir in den ersten Tabellen stellenweise eine gr\u00f6\u00dfere constante Abweichung bei der sensoriellen Reaction, als bei der muscul\u00e4ren, und durchweg einen h\u00f6heren Betrag der mV f\u00fcr jene, als f\u00fcr diese. Unschwer erkl\u00e4rt sich diese Thatsache daraus, dass bei sensorieller Reaction im allgemeinen eine geringere Gleichm\u00e4\u00dfigkeit in der Bewegungsvorstellung erzielt werden kann, weil die letztere nur den unmittelbaren Uebergang von der Apperception des Eindrucks zur Bewegung herstellt. Bei der muscul\u00e4ren Reaction bildet sie dagegen den ganzen Inhalt der vorbereitenden","page":166},{"file":"p0167.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die Gleichzeitigkeit und Ungleichzeitigkeit von Bewegungen.\t167\nErwartung und kann daher viel leichter die Gleichzeitigkeit erreicht und gr\u00f6\u00dfere Schwankung vermieden werden.\nSodann wird uns jetzt erst der gr\u00f6\u00dfere Betrag der constanten Abweichung hei den durch den Schlaghammer eingeleiteten Schall-reactionen verst\u00e4ndlich. Denken wir uns eine einseitige Bevorzugung der einen Hand unwillk\u00fcrlich und unbewusst w\u00e4hrend der l\u00e4ngeren Reihe der fr\u00fcheren auf den Klingelreiz erfolgten Reactionen eingetreten, so wird nach der S. 150 f. ausgef\u00fchrten Ueberlegung der lebhaftere Eindruck des ungewohnten Hammerschalls auch jene Eigenschaft und Wirkung der Bewegungsvorstellung verst\u00e4rken. Dass diese Einfl\u00fcsse bei der muscul\u00e4ren Reaction nicht deutlich sich geltend gemacht haben, bedarf wohl keiner weiteren Begr\u00fcndung. Auch die in den Lichtreactionen bemerkbar gewordene Tendenz, zu negativen Abweichungen von der Gleichzeitigkeit \u00fcberzugehen, w\u00fcrde sich aus der Thatsache begreiflich machen lassen, dass bei der durch das Fernrohr bedingten Lage des Kopfes die Ansicht des linken Armes allein frei war und so die BewegungsVorstellung eine nat\u00fcrliche Unterst\u00fctzung f\u00fcr diese Seite erhielt. Die gleiche Ueberlegung darf wohl auch zur Erkl\u00e4rung der thats\u00e4chlichen Bevorzugung der linken Hand bei den Schallreactionen geltend gemacht werden. Dass gerade hei sensorieller Vorbereitung schon der Klingelreiz, noch mehr aber der Hammerschlag eine fr\u00fchere Hebung dieser Hand eingeleitet hat, wird z. Th. auf der unwillk\u00fcrlichen Linkswendung des Kopfes beruhen, die hei unseren Versuchen eine directe Aufnahme des Schalls durch das rechte Ohr (s. S. 150) erm\u00f6glichte. Die linke Hand r\u00fcckte ja in Folge dessen in den Blickpunkt des die Bewegungsvorstellung enthaltenden Gesichtsfeldes. Der elektrische Hautreiz dagegen hat bei seiner Schw\u00e4che weder eine qualitative noch eine quantitative Ver\u00e4nderung der Aufmerksamkeit hervorgerufen.\nIn denjenigen Versuchsreihen, wo An\u00e4sthesie der die Taster ber\u00fchrenden Fingerkuppen hergestellt war, ist uns ein geringer Betrag der rttSS zun\u00e4chst aufgefallen. Diese Erscheinung h\u00e4ngt offenbar damit zusammen, dass die Bewegungsvorstellung um so ungehemmter sich entwickeln kann, je weniger die Empfindungen bewusst werden, welche die Ruhelage der Arme und H\u00e4nde dem Reagenten vermitteln. Die Aufgabe zu reagiren und die Stellung","page":167},{"file":"p0168.txt","language":"de","ocr_de":"168 Oswald K\u00fclpe. \u00fceber die Gleichzeitigkeit und Ungleichzeitigkeit von Bewegungen.\nvor der Bewegung bilden ja einen eigenth\u00fcmlichen Contrast mit einander. Je lebhafter die vorbereitende Erwartung auf die Vollziehung der Reaction hindr\u00e4ngt, um so st\u00e4rker muss auch der Widerstand werden, den man vor Eintritt des Reizes derselben entgegensetzen muss. In welchem Grade dieser Gegensatz, der au\u00dferdem noch durch die Schwankungen der Aufmerksamkeit beeinflusst wird, auf den Verlauf und die Dauer der Reactionsvorg\u00e4nge einwirkt, bedarf noch genauerer Untersuchung.\nWenn endlich bei einseitiger An\u00e4sthesie, bei schmerzhafter Dauerreizung der die Taster niederdr\u00fcckenden Finger und bei Elek-trotonus des N. medianus eine Aenderung der constanten Abweichung im Sinn einer Zunahme auf der gleichen Seite oder f\u00fcr die linke Hand hervortrat, so wird diesp Erscheinung auch abgesehen von dem S. 159 f. Bemerkten verst\u00e4ndlich, unter der nat\u00fcrlichen Voraussetzung, dass die Aufmerksamkeit derjenigen Seite besonders zugelenkt wurde, welche auschlie\u00dflich oder in h\u00f6herem Ma\u00dfe von den getroffenen Aenderungen in der Empfindungssumme beeinflusst war.\t\u2022\n(Schluss folgt im n\u00e4chsten Heft.)","page":168}],"identifier":"lit4178","issued":"1892","language":"de","pages":"147-168","startpages":"147","title":"Ueber die Gleichzeitigkeit und Ungleichzeitigkeit von Bewegungen, Fortsetzung","type":"Journal Article","volume":"7"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:20:36.167028+00:00"}