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{"created":"2022-01-31T12:22:57.578316+00:00","id":"lit4188","links":{},"metadata":{"alternative":"Philosophische Studien","contributors":[{"name":"Merkel, Julius","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Philosophische Studien 7: 558-629","fulltext":[{"file":"p0558.txt","language":"de","ocr_de":"Theoretische und experimentelle Begr\u00fcndung der Fehlermethoden.\nVon\nDr. Julius Merkel\nin Zittau.\nMit Tafel II.\nUnter der Aufschrift \u00bbZur Kenntniss der psychophysischen Methoden\u00ab hat Kr\u00e4pelin1) in diesen Studien einen Aufsatz ver\u00f6ffentlicht, der sich im wesentlichen mit der Methode der richtigen und falschen F\u00e4lle besch\u00e4ftigt. Vor\u00fcbergehend werden auch die von mir zuerst begr\u00fcndete und praktisch verwerthete Methode der Gleichheits- und Ungleichheitsf\u00e4lle, die Methode der doppelten Reize, die Methode der mittleren Abstufungen und die Methode der mittleren Fehler erw\u00e4hnt. An Stelle der Eintheilung in Ab-stufungs- und Fehlermethoden wird die Eintheilung in Grenz- und Differenzmethoden in Vorschlag gebracht. Die Abhandlung fu\u00dft in erster Linie auf den Ergebnissen, welche die unter der Leitung Kr\u00e4pelin\u2019s von Higier2) ausgef\u00fchrten umfangreichen Versuche \u00fcber den Raumsinn der Netzhaut geliefert haben, es werden aber zur Best\u00e4tigung auch die von Lorenz und mir3) herr\u00fchrenden Versuche \u00fcber die Unterscheidung von Schallst\u00e4rken herangezogen.\nDa ich nunmehr w\u00e4hrend eines Zeitraumes von 10 Jahren nach den verschiedensten Methoden und in den verschiedensten Sinnesgebieten Versuche angestellt habe, und da ich namentlich der Methode der richtigen und falschen F\u00e4lle, welche neben der Methode\n1) Phil. Stud. VI, S. 493.\n3) Phil. Stud. II, S. 469.\n2) Phil. Stud. VII, S. 232.","page":558},{"file":"p0559.txt","language":"de","ocr_de":"Theoretische und experimentelle Begr\u00fcndung der Fehlermethoden.\t559\nder mittleren Fehler zweifellos noch die am unsichersten begr\u00fcndete genannt werden muss, fortgesetzt meine Aufmerksamkeit gewidmet habe, so m\u00f6chte ich jene Ausf\u00fchrungen in Anbetracht der Wichtigkeit des Gegenstandes auf Grund meiner Erfahrungen erg\u00e4nzen. In verschiedenen Punkten werde ich eine andere Auffassung zu vertreten haben, und namentlich werde ich die jedenfalls sorgf\u00e4ltigen und werthvollen Versuche Higier\u2019s in anderer Weise behandeln.\nDie vorliegende Arbeit wird sich wesentlich mit der Methode der richtigen und falschen F\u00e4lle und der ihr verwandten Methode der Gleichheits- und Ungleichheitsf\u00e4lle befassen ; eine eingehendere Untersuchung der Methode der mittleren Fehler soll einer sp\u00e4teren Arbeit Vorbehalten bleiben. Indessen wird es n\u00f6thig sein, einige allgemeine Bemerkungen \u00fcber die psychophysischen Methoden \u00fcberhaupt vorauszuschicken. Was zun\u00e4chst die Bezeichnung derselben anlangt, so k\u00f6nnen zwei Gesichtspunkte ma\u00dfgebend sein, die in den vorliegenden Darstellungen nicht scharf getrennt worden sind; man kann einerseits das Ziel im Auge haben, welches die Methoden verfolgen, andererseits den Weg, auf welchem dasselbe erreicht wird.\nEs kann sich in erster Linie handeln um die Herstellung gleicher Ileize (oder die Bestimmung des unmerklichen Unterschiedes), um die Bestimmung des kleinsten Unterschiedes (M\u00fcller), des ebenmerklichen Unterschiedes (Fechner), des minimalen Unterschiedes (Wundt), um die Bestimmung des Unterschiedes, der unter 100 F\u00e4llen 50 mal oder 75 mal oder y?-mal erkannt wird, ferner um die Ermittlung des \u00fcbermerklichen Unterschiedes (oder der mittleren Abstufung), des doppelten, dreifachen, w-fachen (Reizes oder des wten Theiles eines Reizes und schlie\u00dflich um die Bestimmung gleicher Reizverh\u00e4ltnisse.\nHinsichtlich des gesteckten Zieles handelt es sich sonach um die Ermittlung der verschiedenartigsten Unterschiede. Die wichtigsten derselben sind jedenfalls der unmerkliche, der ebenmerkliche und der \u00fcbermerkliche. Ein wesentlicher Unterschied besteht zwischen der Bestimmung der mittleren Abstufung und der Bestimmung aller \u00fcbrigen Unterschiede, insofern im ersteren Falle gleichzeitig drei Reize zu beurtheilen sind, hei den \u00fcbrigen Fallen immer nur zwei Reize. Selbst bei der Bestimmung gleicher Reizverh\u00e4ltnisse, auf welche","page":559},{"file":"p0560.txt","language":"de","ocr_de":"560\nJulius Merkel.\nich an verschiedenen Stellen meiner Abhandlungen1) \u00fcber die Abh\u00e4ngigkeit zwischen Reiz und Empfindung hingewiesen habe, und die neuerdings von M \u00fcn st erb erg2) sogar hei gleichzeitiger Benutzung von Reizen verschiedener Sinnesgebiete angewandt worden ist, sucht man zu einem bestimmten Reizverh\u00e4ltniss ein gleiches Yerh\u00e4ltniss zweier gr\u00f6\u00dferer oder kleinerer'Reize herzustellen. Dieser Fall kann als besonderer Fall nat\u00fcrlich hei der Methode der mittleren Abstufungen eintreten, wenn man den mittleren Reiz zweimal einwirken l\u00e4sst. M\u00fcnsterberg3) sagt: \u00bbDie Er\u00f6rterungen \u00fcber die Abstufungsversuche haben fr\u00fcher niemals untersucht, ob die mittlere Empfindung oder die mittlere Proportionale der Empfindungen gesucht wurde, weil man nichts anderes finden wollte, als diejenige Empfindung, welche von den beiden anderen in unmittelbarer Sch\u00e4tzung gleich weit entfernt scheint. Dieser Anforderung gen\u00fcgt aber nicht Merkel\u2019s mittlere Empfindung, sondern seine mittlere Proportionale. Merkel \u00fcbersieht das, weil er glaubt, zwischen Empfindungsunterschied und Empfindungsverh\u00e4ltniss trennen zu d\u00fcrfen, und nun die mittlere Proportionale bei gleichem Yerh\u00e4ltniss, die Mitte dagegen an der Stelle des gleichen Unterschiedes ansetzt\u00ab. Auf Grund meiner Yersuche glaube ich allerdings berechtigt zu sein, den oben genannten Unterschied zu machen, und mich trifft jedenfalls der Yorwurf nicht, dass fr\u00fcher niemals untersucht worden sei, ob die mittlere Empfindung oder die mittlere Proportionale der Empfindungen gesucht wurde. Allerdings ist mir nie beigekommen, den Empfindungsunterschied so aufzufassen, wie es von M\u00fcnsterberg geschieht, als ein Ergebniss der Subtraction. Das Wort Unterschied kann hier nur eine \u00e4hnliche Bedeutung haben wie in der Definition des Winkels als des Richtungsunterschiedes zweier Geraden. Wir fassen selbstverst\u00e4ndlich die einzelnen Reize auf und sprechen von einem gr\u00f6\u00dferen Unterschiede, wenn die einzelnen Reizst\u00e4rken mehr abweichen, von einem geringeren Unterschiede, wenn die einzelnen Reize eine geringe Verschiedenheit zeigen. Bei der Methode der mittleren Abstufungen\n1)\tPhil. Stud. IV, S. 541 ; V, S. 245, 499.\n2)\tM\u00fcnsterberg, Beitr\u00e4ge zur experimentellen Psychologie, Heft 3.\n3)\ta. a. O. S. 116.","page":560},{"file":"p0561.txt","language":"de","ocr_de":"Theoretische und experimentelle Begr\u00fcndung der Fehlermethoden.\t561\ngilt es lediglich zu entscheiden, oh der an zweiter Stelle einwirkende Reiz in der Mitte liegt oder dem einen oder dem anderen Reize n\u00e4her. TJeber die Gr\u00f6\u00dfe der Differenz als Subtractionsergebniss aufgefasst haben wir keinerlei Vorstellung. Bei der Ermittlung gleicher Verh\u00e4ltnisse muss man 4 Reize einwirken lassen und zwischen den beiden ersten und den beiden letzten gleiche Verh\u00e4ltnisse hersteilen. Hier verm\u00f6gen wir wieder die absolute Gr\u00f6\u00dfe der Verh\u00e4ltnisse nicht anzugehen. Wohl aber empfinden wir, dass der Grad der Verschiedenheit der beiden Empfindungspaare ein verschiedener ist, wiewohl letzteres schon schwieriger ist. Der Unterschied liegt jedenfalls darin begr\u00fcndet, dass wir noch gut im Stande sind, 3 m\u00f6glichst schnell auf einander folgende Empfindungen zu vergleichen oder 3 neben einander gegebene gleichzeitig aufzufassen. Bei 4 Empfindungen ist dies nicht mehr in dem Ma\u00dfe m\u00f6glich, hier messen wir die zweite im Vergleich mit der ersten und die vierte im Vergleich mit der dritten. Bei der Vergleichung zweier Empfindungen fassen wir aber lediglich das Verh\u00e4ltniss derselben auf. Ich habe hei meiner Aeu\u00dferung auf Seite 591 nur Versuche im Sinne gehabt, welche im Sinne M\u00fcnsterberg\u2019s ausgef\u00fchrt werden m\u00fcssten, allein diese Methode ist derjenigen der Methode der mittleren Abstufungen unterlegen, weil sie technisch gr\u00f6\u00dfere Schwierigkeiten darbietet. Uebrigens sind meine Versuche nach der Methode der doppelten Reize, deren Ergebnisse auf einem wesentlich anderen Gebiete durch die Versuche von Hi gier eine Best\u00e4tigung erhalten haben, den Versuchen M\u00fcnsterberg\u2019s nach der Methode gleicher Verh\u00e4ltnisse sehr nahe verwandt. Man stellt erst in zahlreichen Versuchen das Verh\u00e4ltniss 2 : 1 der Empfindungen her und pr\u00e4gt sich dasselbe ein. Das n\u00e4mliche Verh\u00e4ltniss stellt man dann bei gr\u00f6\u00dferen Reizst\u00e4rken her. W\u00fcrde man das zuerst benutzte Verh\u00e4ltniss bei Herstellung jedes anderen immer wiederholen, so h\u00e4tte man die Methode M\u00fcnsterberg\u2019s, angewandt auf dasselbe Gebiet von Empfindungen.\nNat\u00fcrlich kann hei der Methode der mittleren Abstufungen auch der Fall eintreten, dass man das Verh\u00e4ltniss der Reize 1 und 2 mitbeachtet und damit das Verh\u00e4ltniss der Reize 2 und 3 vergleicht. Dass dieser Umstand namentlich hei gr\u00f6\u00dferen Unterschieden und bei gleichzeitig einwirkenden Reizen st\u00f6rend einwirken mag, habe","page":561},{"file":"p0562.txt","language":"de","ocr_de":"562\nJulius Merkel.\nich ja in meiner Abhandlung deutlich zum Ausdruck gebracht. Auf die Abhandlung von M\u00fcnsterberg m\u00f6chte ich schon deshalb nicht n\u00e4her eingehen, weil ihre Zahlenergebnisse mit allen bisherigen Untersuchungen durchaus im Widerspruch stehen1), und weil aus einer so geringen Zahl von Versuchen sichere Ergebnisse nicht abgeleitet werden k\u00f6nnen.\nDer principielle Unterschied der verschiedenen Methoden liegt darin, dass man bei der Methode der mittleren Abstufungen den gesuchten Heiz gleichzeitig mit zwei anderen Heizen vergleicht, bei allen anderen Methoden mit nur einem Reize. Da wir aber bei den meisten Methoden gewohnt sind, die Verh\u00e4ltnisse der Reize zu beurtheilen, da wir in den meisten F\u00e4llen \u00fcberhaupt nichts anderes beurtheilen k\u00f6nnen, so liegt es auf der Hand, dass diese Gewohnheit st\u00f6rend einwirken muss bei der Methode der mittleren Abstufungen, bei welcher es sich um die Aufsuchung des mittleren Reizes handelt.\nMeine Untersuchungen haben ja die Richtigkeit der Verh\u00e4ltniss-hypothese nachzuweisen gesucht, und in diesem Sinne aufgefasst wird das Ergebniss durch die Untersuchungen M\u00fcnsterberg\u2019s nur best\u00e4tigt. Man kann sehr wohl f\u00fcr verschiedene absolute Reizst\u00e4rken gleiche Reizverh\u00e4ltnisse herstellen, aber die wirkliche Gr\u00f6\u00dfe dieser Verh\u00e4ltnisse kennt man damit noch nicht. Auch bei der Methode der doppelten Reize kann man nicht sicher entscheiden, ob das Verh\u00e4ltniss der Empfindungen wirklich 2 ist. Demnach lassen alle diese Versuche, namentlich aber die Versuche M\u00fcnsterberg\u2019s, die Frage unentschieden, wie die Empfindung mit dem Reize w\u00e4chst, ob proportional oder logarithmisch oder in anderer Weise. Die Entscheidung dieser Frage ist nur durch Versuche nach der Methode der mittleren Abstufungen in dem von mir vertretenen Sinne m\u00f6glich. Nehmen die Empfindungen mit der Quadratwurzel der Reizst\u00e4rke zu, so w\u00fcrde man f\u00fcr die Reize 1 und 81 die Empfindungen 1 und 9 haben, die mittlere Empfindung w\u00fcrde 5 sein und dieser w\u00fcrde der Reiz 25 entsprechen m\u00fcssen. Die Mitte\n1) M\u00fcnsterberg findet f\u00fcr das Schallma\u00df einen geringeren ebenmerklichen Unterschied wie f\u00fcr die Gewichtsempfindungen, ja sogar wie f\u00fcr die Lichtempfindungen, was allen bisher vorliegenden Untersuchungen widerspricht (S. 90).","page":562},{"file":"p0563.txt","language":"de","ocr_de":"Theoretische und experimentelle Begr\u00fcndung der Fehlermethoden.\n563\nvon 1 und 81 ist aber 41. Erh\u00e4lt man einen Werth, welcher dieser Reizst\u00e4rke nahekommt, so kann das ohige Gesetz nicht gelten. Ist jede Empfindung etwa dem halben Reize gleich, so handelt es sich um die Empfindungen \\ und 40|, die mittlere Empfindung ist 20|- und dieser w\u00fcrde der Reiz 41 entsprechen. Das obige Ergebnis w\u00fcrde also f\u00fcr das Gesetz\nsprechen, wo e die Empfindung, r der zugeh\u00f6rige Reiz und p ein echter Bruch ist. E\u00fcr den Reiz 25 w\u00fcrde:\nsein und f\u00fcr den mittleren Reiz 9 w\u00fcrde:\ne = p log r\nsich ergeben. Hat man aber gleiche Empfindungsverh\u00e4ltnisse hergestellt, so kann man setzen:\n^2\nRx\nr, \\ex!\nIl\tT\tI JE \\X\tI \u20aco\\X\ndenn f\u00fcr:\t\u2014\tist dann\tjederzeit\tauch:\tl^-| =\t(\u2014I .\tEr-\nRx\trx\tJ\t\\-Ei/\t\\exl\nh\u00e4lt man aber bei Ermittlung der mittleren Empfindung die arithmetischen Mittel, so ist damit nachgewiesen, dass in den obigen Gleichungen x = 1 sein muss.\nF\u00fcr die Richtigkeit meiner Auffassung sprechen auch die Versuche von C. Lorenz \u00fcber die Auffassung der Tondistanzen, auf die ich sp\u00e4ter noch zur\u00fcckkommen werde.\nWollte man die im Vorstehenden gekennzeichneten Methoden in zwei Gruppen theilen, so k\u00f6nnte man denselben die Namen Verh\u00e4ltniss- und Unterschiedsmethoden beilegen. Die erste Gruppe w\u00fcrde dann zerfallen in die Methoden der unmerklichen Reizverh\u00e4ltnisse (Herstellung gleicher Reize), der ebenmerklichen Verh\u00e4ltnisse (Methode der kleinsten, der ebenmerklichen und der minimalen Unterschiede) und der \u00fcbermerklichen Verh\u00e4ltnisse (Methode der","page":563},{"file":"p0564.txt","language":"de","ocr_de":"564\nJulius Merkel.\nHerstellung des yj-fachen Reizes oder des y?t8n Theiles von einem Reize, Methode gleicher Verh\u00e4ltnisse). Ferner w\u00fcrden hierher die Methoden geh\u00f6ren, welche ein Verh\u00e4ltniss ermitteln, hei dem die Verschiedenheit der Reize unter hundert Versuchen eine bestimmte Anzahl Male erkannt wird.\nZur zweiten Gruppe w\u00fcrde nur die Methode der mittleren Abstufungen geh\u00f6ren. Nimmt man bei ihr als ersten Reiz den Werth 0, so geh\u00f6rt hierher die Methode, welche die H\u00e4lfte eines Reizes herzustellen verlangt, und in gewissem Sinne auch die Methode der doppelten Reize, wenn man sich zu den Reizen 1 und 2 den Werth 0 als Anfangsreiz hinzudenkt.\nDie durch diese Methoden gekennzeichneten Verh\u00e4ltnisse und Unterschiede lassen sich aber auf verschiedenen Wegen ermitteln.\nDas roheste Verfahren besteht zweifelsohne im Probiren. So bestimmte Vier or dt1) denjenigen H\u00f6henpunkt, hei welchem der Schall einer kleinen Kugel dem einer gr\u00f6\u00dferen von constanter H\u00f6he herabfallenden Kugel gleich wird, dadurch, \u00bbdass er so lange hin-und herprobirte, bis die 2 Schalle, welche gleiche St\u00e4rke erhalten sollten, f\u00fcr die Empfindung gleich stark ausfielen\u00ab.\nAuch das Verfahren Fechner\u2019s ist noch wenig bestimmt. Er sagt2) : \u00bbNach meinem Princip sucht man mit den Einstellungen einen kleinen, bei wiederholten Versuchen m\u00f6glichst gleich merklichen Unterschied oberhalb der Schwelle immer wieder herzustellen\u00ab.\nEinen entschiedenen Fortschritt bezeichnet das Verfahren, wie es G. E. M\u00fcller3) beschreibt. Nach diesem l\u00e4sst man einen vorhandenen, deutlich \u00fcbermerklichen Zuwuchs zu derjenigen Reizst\u00e4rke, welche betreffs der ihr zugeh\u00f6rigen Unterschiedsempfindlichkeit zu untersuchen ist, ganz allm\u00e4hlich mit m\u00f6glichster Gleichf\u00f6rmigkeit verringern, vergleicht hierbei aufmerksam die beiden Unterschieds-componenten, und sobald der Unterschied beider nicht mehr merklich erscheint, thut man sofort der Verminderung desselben Einhalt und l\u00e4sst die Gr\u00f6\u00dfe desselben mit m\u00f6glichster Genauigkeit bestimmen. Dann geht man dazu \u00fcber, die Gr\u00f6\u00dfe des ebenmerk-\n1)\tWiedemann\u2019s Ann. N. E. XVIII, S. 477 u. 478.\n2)\tFechner, Revision der Hauptpunkte der Psycliophysik, S. 120.\n3)\tM\u00fcller, Zur Grundlegung der Psychophysik, S. 63.","page":564},{"file":"p0565.txt","language":"de","ocr_de":"Theoretische und experimentelle Begr\u00fcndung der Fehlermethoden.\t565\nliehen Unterschiedes zu bestimmen, indem man in ganz gleicher Weise einen untermerklichen Unterschied, etwa von der Gr\u00f6\u00dfe 0 an so lange erh\u00f6hen l\u00e4sst, bis er eben merkbar wird. Das Mittel aus dem ebenmerklichen und ebenunmerklichen Unterschied nennt M\u00fcller \u00bbkleinsten Unterschied\u00ab. Der Kern des Verfahrens ruht darin, dass man sich von 2 Seiten her durch m\u00f6glichst kleine und gleichf\u00f6rmige Aenderungen dem gesuchten Werthe n\u00e4hert.\nDieses Verfahren ist insofern noch unbestimmt, als es unentschieden l\u00e4sst, mit welchem deutlich \u00fcbermerklichen Reiz bei der ersten Bestimmung zu beginnen ist. Beginnt man aber mit wesentlich verschiedenen Reizen, so machen sich st\u00f6rende Contrastwir-kungen geltend. Dieser Nachtheil ist bei der Methode der Minimal\u00e4nderungen von Wundt1), welche ebenfalls durch m\u00f6glichst kleine und gleichm\u00e4\u00dfige Aenderungen zwei Grenzwerthe ermittelt, vermieden: Man geht von gleichen Reizen aus, bestimmt den Punkt, bei welchem sich die Reize sicher unterscheiden, und geht von da zur\u00fcck, bis der Unterschied sicher verschwunden ist. Aus beiden Aufzeichnungen nimmt man das Mittel.\nDieses Verfahren verdient nicht nur vor dem M\u00fcll er\u2019sehen entschieden den Vorzug, sondern auch vor dem neuerdings von Starke2) eingeschlagenen, das ebenfalls unter dem Einfluss des Contrastes leidet.\nDie Methode der minimalen Aenderungen k\u00f6nnte aber unter Umst\u00e4nden lediglich zur Bestimmung des einen Grenzwerthes benutzt werden, d. h. zur Ermittelung des ebenunmerklichen oder eben\u00fcbermerklichen Reizunterschiedes. Sie kann ferner Verwendung finden bei der Bestimmung der mittleren Abstufung, des doppelten Reizes u. s. w.3)\nNeben der Methode des Probirens und der Methode der minimalen Aenderungen haben bereits Fechner und ebenso M\u00fcller und Wundt die Ausf\u00fchrung zahlreicher Versuche zur Ermittlung der n\u00e4mlichen Gr\u00f6\u00dfe empfohlen. In einzelnen Sinnesgebieten geben bereits wenige Bestimmungen irgend eines der oben genannten Werthe brauchbare Ergebnisse, in anderen Gebieten vielleicht erst\n1)\tWundt, Physiolog. Psychologie, 3. Aufl. I. S. 350.\n2)\tPhil. Stud. Ill, S. 278.\t3) Phil. Stud. IV, S. 548.","page":565},{"file":"p0566.txt","language":"de","ocr_de":"566\nJulias Merkel.\ndie Mittelwerthe aus 10 und mehr Beobachtungen. Man kann dann hei diesen Versuchen, namentlich wenn sie in sehr gro\u00dfer Zahl vorliegen, nicht nur den arithmetischen Mittelwerth aus s\u00e4mmt-lichen Versuchen verwenden, sondern man kann auch die verschiedenen Abweichungen von diesem Mittelwerthe ber\u00fccksichtigen. Darauf kann man eine neue Methode gr\u00fcnden, welche mit der Methode der mittleren Fehler in gewisser Beziehung \u00fcbereinstimmt. Dieselbe w\u00fcrde zur ersten Gruppe zu rechnen sein, insofern sie gleichzeitig ein neues Ziel verfolgt. Handelte es sich bei jenen Versuchsgattungen um die Aufsuchung von Verh\u00e4ltnissen, welche unmittelbar oder durch Einschlie\u00dfung in zwei Grenzen gefunden werden konnten, so erh\u00e4lt man bei dieser Methode ein Verh\u00e4ltnis, welches erst mittelbar gefunden wird, gewisserma\u00dfen ein Verh\u00e4ltniss zweiter Ordnung. Es ist klar, dass sich diese Methode mit allen Versuchsgattungen vereinigen l\u00e4sst, hei welchen zahlreiche Bestimmungen vorliegen. Die eigentliche Methode der mittleren Fehler bedarf noch einer einwurfsfreien theoretischen und experimentellen Begr\u00fcndung, vor Allem in Betreff der Anwendbarkeit der Gau\u00dfschen Theorie der Beobachtungsfehler.\nDie erste Gruppe von Versuchsmethoden enthielt auch ein Verfahren, bei dem es sich um die Ermittlung des Verh\u00e4ltnisses handelte, bei welchem der Unterschied der Reize unter 100 Versuchen etwa 50mal erkannt wird und 50mal unerkannt bleibt. Man kann dieses Verh\u00e4ltniss durch die Methode der minimalen Aenderungen aufsuchen, wenn man bei jedem Reizverh\u00e4ltniss 100 Versuche ausf\u00fchrt. Diese Methode hat vor allen \u00fcbrigen den Vorzug, dass sie v\u00f6llig bestimmt ist. Sie bedarf in dieser Form keiner mathematischen Begr\u00fcndung, erfordert aber einen gro\u00dfen Aufwand an Zeit. Dieses Verfahren w\u00fcrde, wie wir sp\u00e4ter genauer sehen werden, der Methode der Gleichheits- und Ungleichheitsf\u00e4lle entsprechen. Auch die Methode der richtigen und falschen F\u00e4lle w\u00fcrde in dieser Weise Verwendung finden k\u00f6nnen, wenn man etwa den Punkt durch minimale Aenderungen zu erreichen suchte, bei welchem unter 100 Urtheilen 75 richtig und 25 falsch lauten w\u00fcrden. Dabei ist jedoch vorausgesetzt, dass Gleichheitsurtheile nicht vorhanden, bez. in ein wurfsfreier Weise unter die richtigen und falschen F\u00e4lle vertheilt worden sind.","page":566},{"file":"p0567.txt","language":"de","ocr_de":"Theoretische und experimentelle Begr\u00fcndung der Fehlermethoden.\n567\nDie Anwendung der Gau\u00df\u2019sehen Fehlertheorie f\u00fchrt aber zu zwei neuen Methoden, welche der zweiten Gruppe angeh\u00f6ren. Man kann n\u00e4mlich die oben genannten Reiz Verh\u00e4ltnisse auch finden, wenn man nicht das Princip der minimalen Aenderungen anwendet, sondern wenn man bei einem bez. bei zwei beliebigen Reizverh\u00e4ltnissen Versuche ausf\u00fchrt und aus den erhaltenen Zahlen von richtigen und falschen F\u00e4llen oder Gleichheits- und Ungleichheitsf\u00e4llen die obigen Reizverh\u00e4ltnisse berechnet. Diese Methoden behalten damit den oben genannten Vorzug v\u00f6lliger Bestimmtheit, sie reihen sich aber auch den fr\u00fcheren Methoden ebenb\u00fcrtig an, insofern sie eine wesentlich geringere Zahl von Versuchen erfordern. Die Bestimmung des Pr\u00e4cisionsma\u00dfes oder des wahrscheinlichen Fehlers ist nur eine andere Ausdrucksweise f\u00fcr die Aufsuchung eines bestimmten Reizverh\u00e4ltnisses. Der wahrscheinliche Fehler entspricht, wie wir sp\u00e4ter sehen werden, thats\u00e4chlich dem oben genannten Verh\u00e4ltniss der Methode der richtigen und falschen F\u00e4lle [r = 75, f \u2014 25). Mit R\u00fccksicht hierauf tritt diese Methode in enge Beziehung zur Methode der mittleren Fehler.\nDas Wesentliche dieser Methoden, welche auch bei Bestimmung der mittleren Abstufung verwandt werden k\u00f6nnen, besteht darin, dass man die Beobachtungen nur bei einem oder zwei Reizverh\u00e4ltnissen auszuf\u00fchren braucht und aus den Ergebnissen die gew\u00fcnschten Gr\u00f6\u00dfen berechnen kann.\nDie Methoden, welche hinsichtlich des Weges, auf welchem man zu irgend einem bestimmten Reizverh\u00e4ltniss oder Reizunterschied gelangen kann, in Frage kommen, bestehen also:\n1)\tim Probiren,\n2)\tin der Anwendung minimaler Aenderungen, mittels deren man sich von einer oder zwei Seiten her dem gesuchten Werthe n\u00e4hert,\n3)\tin der Ausf\u00fchrung zahlreicher Versuche und der Benutzung des Mittelwerthes sowie der Abweichungen vom Mittelwerthe,\n4)\tin der Berechnung eines bestimmten Reizverh\u00e4ltnisses aus Versuchen bei einem beliebigen Reizverh\u00e4ltniss (Methode der richtigen und falschen F\u00e4lle).\nWundt, Philos. Studien. VII.\n37","page":567},{"file":"p0568.txt","language":"de","ocr_de":"568\nJulius Merkel.\n5) in der Berechnung eines bestimmten Reizverh\u00e4ltnisses aus Versuchen bei zwei beliebigen Reizverh\u00e4ltnissen (Methode der Gleich-heits- und Ungleichheitsf\u00e4lle).\nInsofern die Urtheile richtig und falsch und gleich und ungleich durch Fehler entstehen, die bei der Beobachtung begangen werden, geh\u00f6ren diese Methoden in eine Klasse mit der Methode der mittleren Fehler, bei welcher jene Beobachtungsfehler unmittelbar bestimmt werden. Wir behalten daher den von Wundt eingef\u00fchrten Namen der Fehlermethoden f\u00fcr die Methoden unter 3 bis 5 bei. Da man auch bei dem ersten Verfahren wenigstens innerhalb gewisser Grenzen kleine Aenderungen vornehmen wird, kann man die Methoden unter 1 und 2 unter dem Namen der Abstufungsmethoden zusammenfassen.\nWir unterscheiden sonach hinsichtlich des Zieles, welches die psychophysischen Methoden verfolgen, die Verh\u00e4ltniss- und Unterschiedsmethoden, hinsichtlich des Weges, auf welchem die obigen Ziele zu erreichen gesucht werden, die Abstufungs- und Fehlermethoden.\nDie Anwendbarkeit der Gau\u00dfschen Fehlertheorie ist unabh\u00e4ngig von der G\u00fcltigkeit des Weber\u2019schen Gesetzes; das Gau\u00dfsche Gesetz muss im Gebiete der Psychophysik Anwendung finden k\u00f6nnen, ja die Bedingungen hierf\u00fcr scheinen in diesem Gebiete noch g\u00fcnstiger zu sein, als im Gebiete der Physik. Wenn sich diese Theorie trotzdem so wenig Anerkennung verschafft haiy so stehen entweder ihre Grundlagen in Frage, oder die psychophysischen Versuche sind nicht den Forderungen der Theorie entsprechend ausgef\u00fchrt worden.\nDie Methode der richtigen und falschen F\u00e4lle hat nach dem Urtheile Kr\u00e4pelin\u2019s seit langer Zeit den meisten Anlass zu theoretischen Discussionen gegeben, ohne dass darum bis heute die Schwierigkeiten ihrer Handhabung sich wesentlich vermindert h\u00e4tten. F\u00fcr mich gibt es solche Schwierigkeiten schon seit etwa 3 bis 4 Jahren nicht mehr; aus 100 Versuchen nach der Methode der Gleichheits- und Ungleichheitsf\u00e4lle erhalte ich ein besseres Ergebniss, als aus 100 Versuchen nach der Methode der ebenmerklichen Unterschiede, jene Versuche k\u00f6nnen schneller erfolgen als diese, weil die Reize unver\u00e4ndert bleiben, bei der","page":568},{"file":"p0569.txt","language":"de","ocr_de":"Theoretische und experimentelle Begr\u00fcndung der Fehlermethoden.\t569\nMethode der Minimal\u00e4nderungen aber fortw\u00e4hrend ge\u00e4ndert werden m\u00fcssen.\nBetreffs der Vertheilung der Gleichheitsf\u00e4lle bei der Methode der richtigen und falschen F\u00e4lle \u00e4u\u00dfert derselbe Forscher: \u00bbAlle vorgeschlagenen Vertheilungsmethoden beruhen auf Voraussetzungen, die bisher nicht bewiesen oder nachweisbar falsch sind und im g\u00fcnstigsten Falle den Effect haben, dass die unbequemen F\u00e4lle schlie\u00dflich durch einfache Umtaufung aus den Berechnungen verschwinden\u00ab. Indessen unterliegt auch das Verfahren von Jastrow, nach welchem diese F\u00e4lle \u00fcberhaupt ausgeschlossen werden, Bedenken, die wir sp\u00e4ter begr\u00fcnden werden. Die Forderung, diese F\u00e4lle m\u00f6glichst einzuschr\u00e4nken, habe ich ebenfalls aufgestellt, weil in diesem Falle die Halbirung brauchbare Ergebnisse liefert. Beim Jastrow\u2019schen Verfahren handelt es sich \u00fcbrigens im Grunde ebenfalls nur um eine Umtaufung, n\u00e4mlich um eine Umtaufung der Gleichheitsf\u00e4lle in \u00bbscheinbar\u00ab richtige und \u00bbscheinbar\u00ab falsche.\nGegen die Methode der Gleichheits- und Ungleichheitsf\u00e4lle erhebt Kr\u00e4pelin den Einwand, dass sie nicht weniger umst\u00e4ndlich sei, als die Methode der richtigen und falschen F\u00e4lle, und einstweilen theoretisch wie praktisch noch ungen\u00fcgend gepr\u00fcft sei. Was das erstere anlangt, so ist sie verbunden mit der Methode der minimalen Aenderungen allerdings umst\u00e4ndlich, allein es gen\u00fcgt hei ihr thats\u00e4chlich die Untersuchung zweier Reizverh\u00e4ltnisse, um in v\u00f6llig bestimmter Weise zur Kenntniss der Schwelle zu gelangen. Die von mir gegebene Begr\u00fcndung kann allerdings nicht als gen\u00fcgend bezeichnet werden, doch reichen die von mir gegebenen Formeln zu einer praktischen Pr\u00fcfung hin. Diese letztere wird man von mir allein, der ich nur in den Mu\u00dfestunden und Ferien mich psychophysischen Studien widmen kann, nicht erwarten k\u00f6nnen. Gerade ein Theil der \\ ersuche Higier\u2019s h\u00e4tte zu einer praktischen Pr\u00fcfung meiner Methode verwerthet werden k\u00f6nnen. Soweit ich die Dinge jetzt \u00fcberschaue, darf ich wohl hoffen, dass die Methode der Gleichheits- und Ungleichheitsf\u00e4lle dieselbe Verbreitung finden wird, wie die Methode der richtigen und falschen F\u00e4lle.\nDie hervorragende Bedeutung der Fehlermethoden habe ich schon vor vielen Jahren erkannt und zu ihrer Pr\u00fcfung mannigfache","page":569},{"file":"p0570.txt","language":"de","ocr_de":"570\nJulius Merkel.\nUntersuchungen angestellt, welche ich in meinen Abhandlungen \u00fcber die Abh\u00e4ngigkeit zwischen Reiz und Empfindung z. Th. mit verwerthet habe. Ich habe auch bereits Vorarbeiten zu umfassenderen Untersuchungen namentlich \u00fcber die Anwendung der Fehlermethoden zur Bestimmung der mittleren Abstufung ausgef\u00fchrt. Andererseits habe ich auch der Theorie dieser Methoden fortgesetzt meine Aufmerksamkeit gewidmet.\nDa ich nicht wei\u00df, wie lange noch ein gewisser Abschluss meiner experimentellen Untersuchungen w\u00e4hren wird, so gebe ich. gest\u00fctzt auf bereits vorliegende Versuche, denen ja, soweit sie nicht von mir herriihren, eine gr\u00f6\u00dfere Beweiskraft innewohnt, eine umfassende theoretische und experimentelle Begr\u00fcndung der Fehlermethoden, eine Begr\u00fcndung, die hinsichtlich ihres theoretischen Theiles kaum noch L\u00fccken aufweisen d\u00fcrfte. Ich hege die Hoffnung, dass diese Methoden von anderer Seite eine weitere experimentelle Pr\u00fcfung erfahren m\u00f6chten. Freilich m\u00f6chte ich im Hinblick auf gewisse neuere Ver\u00f6ffentlichungen auf dem Gebiete der Psychophysik darauf hinweisen, dass 20 Versuche zu einer Pr\u00fcfung nicht hinreichen, dass hier vielmehr das Gesetz der gro\u00dfen Zahlen herrscht. Das Arbeitsfeld, welches diese Methoden er\u00f6ffnen, ist so ausgedehnt, dass ein sicheres Ziel nur mit vereinten Kr\u00e4ften zu erreichen ist. Es geht auch noch ein anderer unheilvoller Zug durch die neuere und neueste psychophysische Literatur. Er zeigt sich am auffallendsten in den verschiedenen neuen Grundlegungen der Psychophysik. Eine solche neue Grundlegung w\u00fcrde ja ein verdienstliches Unternehmen sein, wenn der Bau morsch und veraltet w\u00e4re. Aber weder ist letzteres der Fall, noch ist es n\u00f6thig, alle Bausteine des Geb\u00e4udes zu verwerfen. Es muss zweifellos als Aufgabe jedes experimentellen Forschers angesehen werden, die vorhandenen Untersuchungen zu beachten und, wenn sich Abweichungen ergeben oder gar wesentlich andere Ergebnisse heraussteilen, nach den Ursachen zu forschen. Es darf sich nicht um ein planloses Niederrei\u00dfen handeln, sondern es soll die vorsichtig bessernde Hand angelegt werden.","page":570},{"file":"p0571.txt","language":"de","ocr_de":"Theoretische und experimentelle Begr\u00fcndung der Fehlermethoden.\n571\nI. Die Methode der richtigen und falschen F\u00e4lle.\nA. Zur Theorie der Beobachtungsfehler.\nAlle Beobachtungen im Gebiete der Psychophysik nicht minder wie in dem der Physik sind mit Fehlern behaftet, und diese k\u00f6nnen von zweifacher Art sein: entweder regelm\u00e4\u00dfig (constant) oder unregelm\u00e4\u00dfig (zuf\u00e4llig). Die Ursachen der regelm\u00e4\u00dfigen Fehler k\u00f6nnen erkannt werden, man kann sie daher in Rechnung ziehen oder zu eliminiren suchen. Die zuf\u00e4lligen Fehler k\u00f6nnen in keiner Weise umgangen werden, nur sie werden als Beobachtungsfehler bezeichnet, auf sie nur bezieht sich die Gau\u00df\u2019sehe Theorie der Beobachtungs-r fehler.\nUeber diese zuf\u00e4lligen Fehler werden folgende Annahmen gemacht: 1) sie m\u00fcssen verh\u00e4ltnissm\u00e4\u00dfig klein sein, 2) die kleineren m\u00fcssen h\u00e4ufiger auftreten, als die gr\u00f6\u00dferen, 3) positive Fehler m\u00fcssen sich ebenso leicht ereignen k\u00f6nnen, als negative desselben absoluten Betrages1).\nDie Hauptbedingung, dass constante Fehler eliminirt werden m\u00fcssen, ist in vielen Untersuchungen nicht beachtet worden. Hinsichtlich der zuf\u00e4lligen Fehler ist gegen die erste der obigen Forderungen vielfach gefehlt worden; die zweite Forderung ist durch das Vorhandensein der Schwelle nicht zur Geltung gekommen ; auch die dritte Forderung ist nicht immer zureichend beachtet worden. Darf es daher Wunder nehmen, dass das Gau\u00df\u2019sche Gesetz bis jetzt so wenig festen Grund in der Psychophysik gewonnen hat?\nBezeichnet man mit wx die Wahrscheinlichkeit eines Fehlers x, mit m eine unbestimmte, von der Art der Beobachtungen abh\u00e4ngige Constante, so erh\u00e4lt man:\nm \u2014rrflx\u00ee.\n1) Vergl. Gau\u00df, Werke, IV. Bd. S. 97, 100, 109 f.; Meyer, Vorlesungen \u00fcber Wahrscheinlichkeitsrechnung, Cap. VIII, S. 243 f.","page":571},{"file":"p0572.txt","language":"de","ocr_de":"572\nJulius Merkel.\nDie Wahrscheinlichkeit daf\u00fcr, dass der hei der Beobachtung begangene Fehler x zwischen dz \u00f4 enthalten ist, dr\u00fcckt sich aus durch das Integral :\nW =\nDieser Werth dr\u00fcckt zugleich die Anzahl Z der zwischen 0 und \u00f6 enthaltenen Fehler aus, wenn die Gesammtzahl JV aller m\u00f6glichen Fehler zur Einheit genommen wird. Setzt man alle Fehler als gleich m\u00f6glich voraus, so ist die Wahrscheinlichkeit daf\u00fcr, dass x ein Fehler zwischen 0 und \u00e2 ist:\nworaus sich ergibt:\nN = a>{m\u00f4) . N,\nI)\nII)\neine Formel, welche in der That f\u00fcr N = 1 den Werth I) liefert.\nUm die Anzahl der Fehler zu bestimmen, welche innerhalb gewisser Grenzen liegen, kann man die Tabelle f\u00fcr:\nbenutzen, welche sich im Berliner Astronomischen Jahrhuche, 1834, vorfindet1).\nF\u00fcr die Annahme N = 50 und m = 0,0197 erh\u00e4lt man f\u00fcr die Grenzen :\n1) Dieselbe ist abgedruckt in Meyer, Vorlesungen \u00fcber Wahrscheinlichkeitsrechnung, S. 545\u2014549; Cour not, Grundlegung der Wahrscheinlichkeitsrechnung, \u00fcbersetzt von Schnuse, S. 221\u2014224; Bobek, Lehrbuch der Wahrscheinlichkeitsrechnung, S. 277\u2014279.","page":572},{"file":"p0573.txt","language":"de","ocr_de":"Theoretische und experimentelle Begr\u00fcndung der Fehlermethoden.\n573\n0 und cT = 20\ty = mS = 0,394,\t50 0 = 21,13,\n0 und 40\ty \u2014 0,788,\t50 0 = 36,74,\n0 und 00\ty = 1,182,\t50 0 = 45,27,\n0 und 80\ty = 1,576,\t50 0 = 48,71,\n0 und 100\t/ - 1,970,\t500 = 49,73.\nu. s. w.\nDemnach liegen zwischen:\n0 und\t20 :\t21,13\tFehler,\n20 und\t40 :\t15,61\t\u00f6\n40 und\t60 :\t8,53\t\u00bb\n60 und\t80 :\t3,44\t\u00bb\n80 und\t100 :\t1,02\t\u00bb\nu. s. w.\nF\u00fcr die Annahme N= 50, m = 0,094 ergeben sich in \u00e4hnlicher Weise die in folgender Tabelle genannten Werthe (F. Z) f\u00fcr die angegebenen Fehlergrenzen (F.G).\n0 und\t2\t4\t6\t8\t10\t12\t14\t16\t18\t20\n7\t0,19\t0,376\t0,564\t0,752\t0,940\t1,128\t1,32\t1,50\t1,69\t1,88\n50 0\t10,6\t20,25\t28,7\t35,6\t40,8\t44,5\t46,9\t48,3\t49,15\t49,6\nF.G.\t0 u. 2\t2 u. 4\t4 u. 6\t6 u. 8\t8 u. 10\tlOu.12\t12u.l4\t14u.l6\t16u.l8\t18u.20\nF.Z.\t10,6\t9,65\t8,45\t6,9\t5,2\t3,7\t2,4\t1,4\t0,85\t0,45\nHiernach nimmt die Zahl der Fehler mit der Gr\u00f6\u00dfe derselben in der That ab. Im ersteren Falle w\u00fcrde man \u00e4hnliche Werthe erhalten f\u00fcr die Grenzen 0 und 10, 10 und 20, 20 und 30 u. s. w. Als obere Grenze \u00e7 f\u00fcr den Werth:\nerh\u00e4lt man durch Interpolation aus der oben genannten Tabelle:\nq = 0,476936.\tIII')\nFerner ergibt sich der wahrscheinliche Fehler, d. h. die Fehlergrenze F, welche gleich h\u00e4ufig nicht erreicht als \u00fcberschritten wird, f\u00fcr welche also:","page":573},{"file":"p0574.txt","language":"de","ocr_de":"574\nJulius Merkel.\n-mF\n2 f -fi,.\t1\nvny\nist, durch Vergleichung mit dem Werthe III:\nq = mF.\\\nmithin :\nIV)\nIV')\nF=^-, m m\n2_\nF '\nF\u00fcr die obigen Annahmen (m = 0,0197 und 0,094) wird: F = 24,2 und 5,07.\nNeben dem wahrscheinlichen Fehler kann schlie\u00dflich auch der mittlere Fehler Fm Verwendung finden. Er berechnet sich aus der Beziehung :\nF = g VI Fm ,\nF \u2014______\nm 0,674489\n1,4826 F.\nSetzt man in Formel I) f\u00fcr m den Werth\nF\nso erh\u00e4lt man:\nalso :\nV)\nVon dieser Formel macht man Gebrauch, wenn es sich um die Vergleichung der Fehlervertheilung bei einer wirklich ausgef\u00fchrten Beobachtungsreihe mit der Theorie handelt, und wenn nicht die Constante m, sondern der wahrscheinliche Fehler F bekannt ist, also vor allen Dingen bei Versuchen nach der Methode der mittleren Fehler.\nGau\u00df nennt m das Ma\u00df der Genauigkeit der Beobachtungen (Pr\u00e4cisionsma\u00df), Laplace nennt diese Constante das Gewicht der Beobachtungen; denn:","page":574},{"file":"p0575.txt","language":"de","ocr_de":"Theoretische und experimentelle Begr\u00fcndung der Fehlermethoden.\n575\nm \u2014mV j\n\u2014= e\tax\nV 7t\nnimmt mit zunehmendem x um so schneller ab, je gr\u00f6\u00dfer m ist; eine Beobachtungsreihe wird aber als um so genauer zu bezeichnen sein, je rascher bei ihr die Fehlerwahrscheinlichkeit mit wachsender Fehlergr\u00f6\u00dfe abnimmt.\nB. Methode der richtigen und falschen F\u00e4lle bei Benutzung gleicher Reize.\nWir nehmen zun\u00e4chst an, dass die auf uns einwirkenden Reize R und gleich gro\u00df seien. Infolge zuf\u00e4lliger Fehler Vorg\u00e4nge werden wir sowohl bei der Beurtheilung von R als auch bei der Beurtheilung von Jd, Fehler begehen. Bezeichnet man das Intervall, \u00fcber welches sich die positiven Fehler bei R erstrecken, durch C, das Intervall f\u00fcr die negativen Fehler durch c. so wird unter der Voraussetzung, dass die Fehler nur innere sind, infolge der G\u00fcltigkeit des Weber\u2019schen Gesetzes:\nmithin :\nR + C R R ~~ R \u2014 c\u2019\nc \u2014 C .\nR\nR + C\nsein. Die negativen Fehler sind also kleiner als die positiven. Ferner werden die Fehler ebenfalls infolge der G\u00fcltigkeit des Weber\u2019schen Gesetzes der Reizgr\u00f6\u00dfe R proportional sein.\nZu diesen inneren, dem Weber\u2019schen Gesetze unterworfenen Fehlern k\u00f6nnen auch \u00e4u\u00dfere, der Berechnung unzug\u00e4ngliche Fehler hinzutreten, die unter Umst\u00e4nden nach positiver und negativer Seite gleich gro\u00df sein k\u00f6nnen, f\u00fcr die also:\nR \u00b1 \u00f4\ngesetzt werden k\u00f6nnte. Infolge \u00e4u\u00dferer Fehler Vorg\u00e4nge wirkt also nicht der Reiz R, sondern R \u00b1 \u00f4 auf uns ein, infolge innerer Fehler beurtheilen wir den Reiz R nicht als solchen, sondern als:\nR*\nR + G\"\nR + C oder","page":575},{"file":"p0576.txt","language":"de","ocr_de":"576\nJulius Merkel.\nwelch letzterer Ausdruck aus R \u2014 c = R \u2014 C\tentstan-\ndet -f- C\nden ist.\nDie positiven Fehler k\u00f6nnen sonach den Maximalwerth \u00f4 -f- Q\nIt\nerreichen, die negativen den Maximalwerth \u00f4 + C . \u2014\u2014-\u2014\u2014 . Die\nii \u2014f\u2014 c\nGesammtfehler, welche also durch innere und \u00e4u\u00dfere Fehlerursachen bedingt sind, k\u00f6nnen sich innerhalb gewisser Grenzen des Schwellengebietes bewegen, sie k\u00f6nnen dasselbe bei ung\u00fcnstigen Versuchsbedingungen sogar \u00fcberschreiten. Letzteres wird namentlich dann der Fall sein, wenn die \u00e4u\u00dferen Fehler einen gro\u00dfen Spielraum einnehmen.\nF\u00fcr diese bei der Beurtheilung eines Reizes begangenen Fehler ist das Gau\u00df\u2019sehe Gesetz der Fehlervertheilung streng genommen nicht anwendbar, weil nicht positive und negative Fehler desselben absoluten Betrages dieselbe Wahrscheinlichkeit haben. Die auf Seite 573 genannten Fehler w\u00fcrden sich nicht auf gleiche Zwischenr\u00e4ume beziehen, sondern auf wachsende, bez. abnehmende. Nimmt man an, dass:\nC + c = 2d\nist, so ergeben sich mit R\u00fccksicht auf:\nR + C R\nR\tR \u2014 c\nf\u00fcr C und c die Werthe :\nC = \u2014 [R \u2014 \u00d4)\t; c = 2\u00f6 \u2014 C.\nF\u00fcr\t\u00f4 \u2014 20,\t40,\t60,\t80,\t100 wird:\nC = 21,1; 44,5; 69,9; 97,2; 126,3; c = 18,9; 35,5; 50,1; 62,8;\t73,7.\nStellt man 100 Versuche an, so erh\u00e4lt man die f\u00fcr 50\u00a9 ermittelten Fehler sowohl nach positiver wie nach negativer Seite, und die Fehlervertheilung stellt sich nach dem Gau\u00df\u2019schen Gesetz durch Fig. 1, Tafel II, bei der Voraussetzung, dass die Fehler nur innere, dem Web er\u2019sehen Gesetz unterliegende sind, dagegen durch Fig. 2 dar. Auf der rechten Seite sind die Fehlergrenzen, auf der linken","page":576},{"file":"p0577.txt","language":"de","ocr_de":"Theoretische und experimentelle Begr\u00fcndung der Fehlermethoden.\n577\ndie Zahlen der Fehler angegeben1). Die positiven Fehler sind von 0 an nach aufw\u00e4rts, die negativen nach abw\u00e4rts aufgetragen. In Fig. 2 liegen zwischen 0 und 20, 0 und 40, 0 und 60, 0 und 80 und 0 und 100 etwa folgende Fehler: 20,25; 34; 42,8; 46,6; 48,9 und 49,6, dagegen zwischen 0 und\u201420, 0 und\u201440, 0 und \u2014 60 und 0 und \u2014 80 die Fehler: 22,25; 39,75; 48,2 und 100. Nach der Gau\u00df\u2019sehen Theorie m\u00fcssten diese Zahlen beiderseits die folgenden sein: 21,13; 36,74; 45,27; 48,71 und 49,73. Die Fehlervertheilung f\u00fcr gleiche Zwischenr\u00e4ume stellt Fig. 3 dar. Diesen Fall w\u00fcrde man vor sich haben, wenn bei der Beurtheilung zweier Reize der eine m\u00f6glichst genau aufgefasst werden k\u00f6nnte, w\u00e4hrend die Fehler ausschlie\u00dflich bei der Beurtheilung des zweiten begangen w\u00fcrden.\nVerlangt man bei 100 Versuchen jedesmal die Angabe eines Unterschiedes, so w\u00fcrde man hei Anwendung gleicher Reize den ersten Reiz 50 mal gr\u00f6\u00dfer (richtig) und 50 mal kleiner (falsch) als den zweiten sch\u00e4tzen. W\u00e4hlt man dann zum zweiten Reize die Zulage 20, so erh\u00e4lt man 50 richtige Urtheile entsprechend den positiven Fehlem und 22,25 richtige Urtheile, die dem negativen Fehlergebiet 0 bis \u2014 20 entsprechen. F\u00fcr die Zulage 40 erh\u00e4lt man entsprechend 50 + 39,75 = 89,75 richtige Urtheile, die dem ganzen positiven und dem negativen Fehlergebiet 0 bis \u2014 40 zugeh\u00f6ren. Ueberhaupt wird f\u00fcr:\nD= 0,\t20,\t40,\t60,\t80\nr = 50 ; 72,25; 89,75; 98,2; 100.\nF\u00fcr negative Zulagen erh\u00e4lt man in \u00e4hnlicher Weise:\nD\u2014 0,\t\u2014 20, \u2014 40, \u2014 60, \u2014 80, \u2014 100, \u2014 120\nf \u2014 50; 70,25;\t84;\t92,8;\t96,6;\t98,9;\t99,6.\nMeine Versuche2) zeigen indessen ein durchaus anderes Verhalten: bei ihnen nimmt die Zahl der richtigen F\u00e4lle bei positiven D langsamer zu als die Zahl der falschen F\u00e4lle bei negativen D. Durch den Wechsel der Zeitlage war es bei diesen Versuchen auch nicht m\u00f6glich, immer auf den Normalreiz die Hauptaufmerksamkeit zu lenken. Wenn auch zweifellos der Endreiz genauer beurtheilt\n1)\tLetztere lauten bei Fig. 2 wie bei Fig. 1.\n2)\tPhil. Stud. IV, S. 141.","page":577},{"file":"p0578.txt","language":"de","ocr_de":"578\nJulius Merkel.\nwurde, als der zuerst einwirkende, welcher ja nur als Erinnerungsbild dem Ged\u00e4chtniss vorschwebte, so musste doch diese Ungleichheit dadurch eliminirt werden, dass man den Normalreiz ebenso oft zu Anfang als zu Ende einwirken lie\u00df. Daher muss man annehmen, dass bei der Beurtheilung des zweiten Reizes dieselben Fehler in Rechnung gestellt werden m\u00fcssen, wie heim ersten Reize. Man erh\u00e4lt sonach noch zwei ebensolche Figuren wie 1 und 2, je nachdem die Fehler nach beiden Seiten als gleich oder verschieden vorauszusetzen sind.\nNehmen wir zun\u00e4chst an, die Curven 1 seien die richtigen. Dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass R um 20 \u00fcbersch\u00e4tzt werde und gleichzeitig Rx um 20 untersch\u00e4tzt, ebenso gro\u00df, als die Wahrscheinlichkeit, dass R um 20 untersch\u00e4tzt und R\\ um ebenso viel \u00fcbersch\u00e4tzt werde, vorausgesetzt, dass die Versuche in der Weise ausgef\u00fchrt werden, dass constante Fehler nicht zur Geltung kommen k\u00f6nnen. Ebenso ist die Wahrscheinlichkeit gleich f\u00fcr: R + 40 und\ti?!\t+ 20 wie\tf\u00fcr\tR -f- 20 und R{ + 40 oder\tf\u00fcr:\tR \u2014 40\tund\nit, \u2014\t20 wie\tf\u00fcr\tR\t\u2014 20 und it, \u2014 40 u. s. w.\tF\u00fcr\tdie\tUnter-\nschiede erhalten wir unter Beachtung der Beziehung i\u00fc, \u2014 R:\n(\u00c6, \u2014 20) \u2014 (\u00c4 + 20) = \u2014 40,\n(_K, + 20) \u2014 (E \u2014 20) = + 40,\n[Ei + 20) \u2014 (E + 40) = \u2014 20,\n(Ei + 40) \u2014 (R + 20) = + 20,\n(Ei \u2014 20) \u2014 [E \u2014 40) = -f- 20,\n[Ei \u2014 40) \u2014 [R \u2014 20) = \u2014 20.\nDer Unterschied beider Reize ist sonach ebenso oft positiv wie negativ, und zwar sind die Differenzen nach beiden Seiten absolut gleich gro\u00df.\nBei Zugrundelegung der Curve 2 w\u00fcrden die Unterschiede die folgenden Werthe erhalten .\n(Ei \u2014 18,9) \u2014 (E + 21,1) = \u2014 40,\n(Ei + 21,1) \u2014 (E \u2014 18,9) = + 40,\n(Et + 21,1) - (E + 44,5) = - 23,4,\n(Et + 44,5) \u2014 (E + 21,1) = + 23,4,\n(Ei \u2014 18,9) \u2014 (E \u2014 35,5) = + 16,6,\n(Ei \u2014 35,5) \u2014 (E \u2014 18,9; = \u2014 16,6.\nAuch hier sind die Unterschiede nach beiden Seiten von gleicher absoluter Gr\u00f6\u00dfe. Da bei Beurtheilung der einzelnen Reize die","page":578},{"file":"p0579.txt","language":"de","ocr_de":"Theoretische und experimentelle Begr\u00fcndung der Fehlermelhoden.\t579\nkleinen Fehler h\u00e4ufiger auftreten als gr\u00f6\u00dfere, so werden auch hier kleine Differenzen \u00f6fter sich ergehen, als gr\u00f6\u00dfere. Wird der eine Reiz \u00fcbersch\u00e4tzt, der andere untersch\u00e4tzt, so sind die Unterschiede ihrem Betrage nach gleich denen bei Figur 1, werden beide \u00fcbersch\u00e4tzt, so sind die Differenzen gr\u00f6\u00dfer, werden beide untersch\u00e4tzt, kleiner als bei Figur 1. Die Mittelwerthe aus entsprechenden Ueber- und Untersch\u00e4tzungen geben wieder die aus Figur 1 gewonnenen Zahlen.\nHandelt es sich sonach um die Unterscheidung zweier Reize, von denen jeder zuf\u00e4lligen Fehlern unterworfen ist, so sind die Bedingungen des Gau\u00df\u2019schen Integrals voll und ganz erf\u00fcllt, d. h. so sind kleinere Fehler bei Beurtheilung des Unterschiedes h\u00e4ufiger zu erwarten als gr\u00f6\u00dfere, und die Differenzen haben nach positiver und negativer Seite gleich gro\u00dfe absolute Werthe.\nW\u00e4hrend f\u00fcr die Beurtheilung eines einzelnen Reizes die Fehler-vertheilung sich durch Figur 2 darstellt, kann die Fehlervertheilung bei Auffassung des Unterschiedes zweier Reize durch eine der Figur 1 analoge Zeichnung dargestellt xverden. Dabei sind nach oben alle F\u00e4lle einzutragen, in welchen Ry R erscheint, nach unten alle F\u00e4lle, in denen R Rv ist. Die Intervalle 0 und 20, 0 und 40 u. s. w. beziehen sich nur noch auf die Unterschiede der beiden Reize, nicht mehr auf die beobachteten Reizst\u00e4rken selbst.\nDen Unterschied der Figuren 1 und 2 d\u00fcrfte am besten ein Beispiel erl\u00e4utern. Bei Figur 2 wird angenommen, der Reiz R = 200 werde genau aufgefasst. Dieser Thatsache w\u00fcrde der Punkt 0 entsprechen. Dann wird der Reiz Rv 21,13 mal zwischen 200 und 221,1, 15,61mal zwischen 221,1 und 244,5 u. s. w. liegen. Die einzelnen Punkte der Linie in Figur 2 stellen also sofort die Werthe von R{ dar, wenn wir immer 200 hinzuf\u00fcgen. Dasselbe gilt von Figur 1 nicht mehr. Dieselbe besagt lediglich, dass sich in 21,13 F\u00e4llen die Reize Rl und R um 0 bis 20 unterscheiden. Der Unterschied 20 m\u00fcsste sich hei Figur 2 auf die Reize R{ = 220 und R = 200 beziehen, hier kann er sich aus allen m\u00f6glichen Werthen zusammensetzen, etwa aus: Ry = 210, R = 190; Ry = 230, _B = 210; Ry \u2014 190, R = 170 u. s. w.\nVerlangt man jedesmal die Angabe eines Unterschiedes, so wird man auch hier unter 100 F\u00e4llen 50 richtige und 50 falsche","page":579},{"file":"p0580.txt","language":"de","ocr_de":"580\tJulius Merkel.\nerhalten. Wie steht es aber mit den Gleichheitsf\u00e4llen, welche bei Annahme einer Schwelle auftreten werden? Offenbar k\u00f6nnen die beiden Reize einen absolut genommen geringeren Unterschied haben, wenn sie beide untersch\u00e4tzt werden, als dann, wenn sie beide \u00fcbersch\u00e4tzt werden, um zur Abgabe des Urtheils richtig oder falsch Veranlassung zu geben. In Figur 1 sind aber nach oben alle Urtheile J\u00ee1 R angegeben, gleichviel ob beide Reize \u00fcber- oder untersch\u00e4tzt werden, oder ob der eine \u00fcbersch\u00e4tzt, der andere untersch\u00e4tzt wird. Hiernach kann sich eine etwaige Schwellenbestimmung bei diesen Versuchen von vorn herein nur auf die Gewinnung einer mittleren Schwelle richten.\nAngenommen, wir erhielten bei Benutzung gleicher Reize genau 42,26 Urtheile gleich, so w\u00fcrde die Schwelle S bei Zugrundelegung der Figur 1 gleich 20 sein sowohl nach positiver, wie nach negativer Seite. Dieser Werth w\u00fcrde aber hei den Versuchen die wahre Schwelle nur dann kennzeichnen, wenn der eine Reiz \u00fcbersch\u00e4tzt, der andere untersch\u00e4tzt w\u00fcrde, so dass der Unterschied der Reize 20 w\u00e4re. Es m\u00fcsste :\nR + C _ R R\tR \u2014 c\nund\n[R + C) \u2014 [R \u2014 c) = C + e = 20 werden, d. h. es w\u00fcrde sich:\nC = \u2014 [R - 10) + VW + 102 ; c = 20 \u2014 C . ergeben. F\u00fcr den Schwellenwerth C c \u2014 S wird allgemein :\nc-(*-3+>G>+(D\u2019.\nc = V\u2014 C .\nF\u00fcr R= 177,2 w\u00fcrde C\u2014 10,3, c = 9,7 sein, also der erhaltene Schwellenwerth f\u00fcr die Reize 187,5 und 167,5 gelten. Werden beide Reize \u00fcbersch\u00e4tzt, so ist die Schwelle gr\u00f6\u00dfer, werden beide untersch\u00e4tzt, so ist sie kleiner als 20. F\u00fcr 73,48 Gleicliheitsurtheile w\u00fcrde die mittlere Schwelle 40 betragen, sie w\u00fcrde sich auf die Reize 198,3\n198 3\nund 158,3 beziehen. Bildet man den Ausdruck:\t= 1,253,","page":580},{"file":"p0581.txt","language":"de","ocr_de":"Theoretische und experimentelle Begr\u00fcndung der Fehlermethoden.\n581\n\\rjrj 2\t|\t$\nso berechnet sich die obere Schwelle aus: \u2014\u2014\u2014\u00b0 = 1,253,\n177,2\t\u2019\t\u2019\n177 2\nd. h. Sn \u2014 44,83 und die untere aus: ----== 1,253. d. h.\n177,2\u2014Su \u2019\nSu \u2014 35,78.\nIn der Regel wird jedoch der Werth C + c unbekannt sein. Dagegen kennt man vielfach aus Versuchen nach der Methode der Minimal\u00e4nderungen die Verh\u00e4ltnisse:\nR \u2014f\u2014 S0\tR\nR = R \u2014 Su =P \u2018\nSetzt man R + C = x und R \u2014 c = y, so berechnet sich die mittlere Schwelle aus:\nx R x\nR ~~ y \u2019 y \u2014 p \u2019\nund man erh\u00e4lt:\nx \u2014 R V p, y = \u2014; S \u2014 x \u2014 y \u2014 R -\u2014\u2014- .\nVp\ty Vp\nSind beide Schwellen S0 und Su bekannt, so kann man zur Berechnung der mittleren Schwelle die Formeln benutzen:\n&=Vif Wo - \u00e4J=y^u,\noder, wenn S0 und Su wenig verschieden sind, die N\u00e4herungsformel :\nS0 -f- Su S==~l\u2014-\nIst hingegen S oder C, c und S gegeben, so berechnen sich S0 und Su aus den Formeln:\n^=s+V(sr+-51 \u00bbd\u201c s\u00b0=swh\u2019\ns*=y (S)!+^ - s\nIst schlie\u00dflich S verh\u00e4ltnism\u00e4\u00dfig klein, so kann man n\u00e4herungsweise :","page":581},{"file":"p0582.txt","language":"de","ocr_de":"582\nJulius Merkel.\nR +\nS_\n2\n= P\nsetzen und S0 und Su berechnen aus :\nS\u00b0 = R iP \u2014 !) = 2R \u2014 S \u2019 S\" = M ^~p~) ^ 2R + S '\nF\u00fcr \u00bbS' = 40 geben die genauen Formeln: \u00bbS^ = 44,83, Su = 35,78, die N\u00e4herungsformeln: S0 \u2014 45, Su \u2014 35,9. F\u00fcr das Verh\u00e4ltniss\nergeben sich daraus die Werthe 0,253 und 0,254. Die Ab-R\nweichungen der genauen Formeln und der N\u00e4herungsformeln sind also selbst bei verh\u00e4ltnissm\u00e4\u00dfig gro\u00dfen Werthen von S verschwindend klein zu nennen.\nBestimmt man nach der Berechnung von S f\u00fcr die Zahl <j der erhaltenen Gleicliheitsf\u00e4llc den Werth \u00a9 aus 100 O \u2014 g, so kann man aus der Tabelle f\u00fcr das Gau\u00df\u2019sehe Integral f\u00fcr;\nmS \u2014 x\nden Werth x entnehmen und aus der vorstehenden Gleichung den Werth m berechnen. Kennt man den Werth m, so berechnet sich der wahrscheinliche Fehler aus:-\n\u201e\t0,476936\nm\nund der mittlere Fehler aus:\nFm = 1,4826 F.\nLegt man den Berechnungen immer die Yersuchszahl 100 zu Grunde, so erh\u00e4lt man f\u00fcr m\u00f6 \u2014 1,83 f\u00fcr 50 \u00a9 praktisch bereits den Werth 0,5 (theoretisch 0,495). Bezeichnet man diese obere Fehlergrenze, die also bei 50 richtigen Urtheilen sowohl, wie bei 50 falschen (vorausgesetzt, dass beiden Gruppen die H\u00e4lfte der gleichen F\u00e4lle hinzugef\u00fcgt worden ist) einmal erreicht werden kann, mit J, so berechnet sich dieser Werth aus:\nJ =\t_= 3,84 jF.\nm","page":582},{"file":"p0583.txt","language":"de","ocr_de":"Theoretische und experimentelle Begr\u00fcndung der Fehlermethoden.\n583\nDie Berechnung dieses Wertlies ist f\u00fcr die Beurtheilung der Versuchsergebnisse von besonderer Wichtigkeit, sie lehrt uns die Grenzen kennen, welche die Fehler bei der Beurtheilung des Unterschiedes zweier Reize erreichen. N\u00e4herungsweise kann man sagen, dass sich die Fehler etwa bis zum vierfachen Betrag des wahrscheinlichen Fehlers erstrecken.\nDer wahrscheinliche Fehler F, wie auch die \u00e4u\u00dfere Fehlergrenze J beziehen sich im Vorstehenden immer auf die Beurtheilung des Unterschiedes der beiden Reize. Welche Gr\u00f6\u00dfe wird der wahrscheinliche Fehler bei jedem der beiden Reize besitzen? Wirken bei der Bestimmung einer Gr\u00f6\u00dfe zwei von einander unabh\u00e4ngige Fehlerursachen mit, welche einzeln die wahrscheinlichen Fehler Fj und Fi erzeugen w\u00fcrden, so ist nach den Lehren der Wahrscheinlichkeitsrechnung der Fehler des Gesammtresultates :\nf=YW+~f\u00a3 \u25a0\nDa die Fehler bei gleichen Reizen gleich gro\u00df anzunehmen sind, also F2 = Fj gesetzt werden kann, ist :\nd. h.\nDa ferner ist, so wird\nalso:\nDiese Werthe sind die Mittelwerthe f\u00fcr positive und negative Fehler. Da letztere bei Beurtheilung eines Reizes nicht als gleich gro\u00df angenommen werden k\u00f6nnen, so m\u00fcssen die wahrscheinlichen. Fehler aus:\nR + Fx\" R\t,\n-^r--R=rw und Fl +Fl -2Fl\nberechnet werden.\nWundt, Philos. Studien. YII.\nF=Fi . \u01782 ;\nF = i- und Fj = m\nQ_ =\nmV 2 \u2019 nn \u2014 mV2 .\n38","page":583},{"file":"p0584.txt","language":"de","ocr_de":"584\nJulius Merkel.\nMan erh\u00e4lt als wahrscheinlichen positiven Fehler:\nFi\" = \u2014 (B \u2014 Fi) + VK1 + W und als wahrscheinlichen negativen Fehler:\nFi' _ 2Fi \u2014 Fi\" .\nDie entsprechenden Pr\u00e4cisionsma\u00dfe sind:\n== p n \u00ce ^1 ~F~* '\nIm allgemeinen wird man sich jedoch mit der Kenntniss des mittleren wahrscheinlichen Fehlers begn\u00fcgen, in einzelnen Sinnesgebieten schon deshalb, weil zwischen dem positiven und negativen Fehler \u00fcberhaupt nur ein geringer Unterschied ist.\nUeberdies gelten ja diese genaueren Bestimmungen nur dann, wenn es sich nur um innere Fehler handelt, die wiederum nur wahrscheinlich dem Weber\u2019schen Gesetz unterworfen sind, also nach positiver und negativer Seite von verschiedener Gr\u00f6\u00dfe angenommen werden m\u00fcssen.\nDie Grenzen, innerhalb welcher die Fehler 3 liegen, h\u00e4ngen von verschiedenen Ursachen ab. Zun\u00e4chst k\u00f6nnen bei der Herstellung der Beize gewisse Fehler begangen werden. Dieselben werden, soweit sie in den Apparaten ihre Ursache haben, dem Web ersehen Gesetz nicht unterworfen sein, dagegen vom Weber\u2019schen Gesetz abh\u00e4ngen, soweit unsere Sinne in Frage kommen. Die Hauptrolle spielen aber jedenfalls die Fehler, die wir bei der Be-urtheilung begehen, und die dem Weber\u2019schen Gesetz unterliegen. Benutzt man z. B. zur Messung kleinerer und gr\u00f6\u00dferer Strecken denselben in Millimeter eingetheilten Ma\u00dfstab, so wird man bei kleineren Strecken dieselben Fehler begehen wie bei gr\u00f6\u00dferen, vorausgesetzt, dass man in beiden F\u00e4llen mit derselben Aufmerksamkeit beobachtet, die Fehler werden jedoch verschieden ausfallen, wenn man zur Messung der kleineren Strecken feinere Ma\u00dfst\u00e4be anwendet.\nDie Versuche mit gleichen Reizen gestatten bereits eine Pr\u00fcfung des Weber\u2019schen Gesetzes. Man muss zu diesem Zwecke Versuche mit je zwei gleichen Reizen von verschiedenen St\u00e4rken ausf\u00fchren. Dann muss sich f\u00fcr dieselbe Versuchszahl immer dieselbe Zahl von","page":584},{"file":"p0585.txt","language":"de","ocr_de":"Theoretische und experimentelle Begr\u00fcndung der Fehlermethoden.\t585\nvjrleichheitsurtlieilen ergeben, wenn die inneren und \u00e4u\u00dferen Fehler dem Weber\u2019schen Gesetze unterworfen sein sollen. Kennt man S, so lassen sich m, F, Fm und J berechnen, m muss indirect, die \u00fcbrigen Gr\u00f6\u00dfen m\u00fcssen direct der angewandten Reizst\u00e4rke proportional sein. Treffen diese Bedingungen nicht zu, so kann man daraus noch nicht auf die Ung\u00fcltigkeit des Weber\u2019schen Gesetzes schlie\u00dfen, da die \u00e4u\u00dferen Fehler das Nichtzutreffen bedingen k\u00f6nnten. Da die inneren Fehler die Schwelle vermuthlich nicht \u00fcberschreiten, so kann man aus Versuchen mit gleichen Reizen bereits einen Schluss auf die vorhandenen Fehlerursachen machen, auch wenn man weder S, noch F oder Fm kennt. Ueberwiegen n\u00e4mlich die richtigen und falschen F\u00e4lle die gleichen bedeutend, so sind jedenfalls \u00e4u\u00dfere Fehlerursachen in hohem Ma\u00dfe wirksam, je geringer aber die Zahl der richtigen und falschen F\u00e4lle ist, um so geringer wird auch der Spielraum der \u00e4u\u00dferen Fehler sein. In dieser Hinsicht sind Versuche mit gleichen Reizen vor allen Dingen zur Pr\u00fcfung der Versuchstechnik geeignet.\nDabei ist vorausgesetzt, dass die Versuche m\u00f6glichst bei gleicher Aufmerksamkeit und zwar bei normaler Aufmerksamkeit ausgef\u00fchrt werden. Die Gleichheitsurtheile m\u00fcssen zugelassen werden, wo ein Unterschied nicht erkannt wird. Nat\u00fcrlich sind auch Versuche vergleichbar, bei denen mit gespannter Aufmerksamkeit beobachtet wurde, wenn nur der Grad der Spannung ann\u00e4hernd als gleich vorausgesetzt werden kann.\nErh\u00e4lt man bei Benutzung gleicher Reize nicht gleich viel richtige und falsche F\u00e4lle, so ist ein constanter Fehler vorhanden. Auf die Bestimmung bez. Elimination desselben werden wir im n\u00e4chsten Abschnitt eingehen.\nG. Methode der richtigen und falschen F\u00e4lle bei Benutzung verschiedener Reize.\nF\u00fchrt man die Versuche mit normaler Aufmerksamkeit aus, wie bei der Methode der Minimal\u00e4nderungen, so werden jedenfalls Gleichheitsurtheile in gr\u00f6\u00dferer Zahl auftreten. Schlie\u00dft man dieselben aus oder l\u00e4sst man sie nur in geringer Zahl zu, so m\u00fcssen sich entweder die Fehlergrenzen wesentlich erweitern, oder es muss auf den Act\n38*","page":585},{"file":"p0586.txt","language":"de","ocr_de":"586\nJulius Merkel.\nder Unterscheidung mehr Aufmerksamkeit verwandt werden. Bei meinen Versuchen wurde auf die Unterscheidung besondere Aufmerksamkeit verwandt, der Schwellenwerth musste dadurch wesentlich herabgedr\u00fcckt werden. Bei v\u00f6lligem Ausschluss der Gleichheits-urtheile m\u00fcsste die Schwelle eigentlich den Werth 0 haben. Dieser Fall wird in Wirklichkeit niemals eintreten. Wir werden auch hei Ausschluss der Gleichheitsurtheile trotz angestrengter Aufmerksamkeit in einzelnen F\u00e4llen einen Unterschied nicht wahrnehmen, aber gezwungen, einen solchen festzustellen, werden wir bald richtig, bald falsch urtheilen. Wir \u00fcberlassen also die Gleichheitsurtheile dem Gesetz der Wahrscheinlichkeit. Da dasselbe nur bei gr\u00f6\u00dferen Zahlen zutrifft, so unterliegt der Ausschluss dieser Urtheile Bedenken. Es lassen sich indess noch weitere Bedenken gegen die Ausschlie\u00dfung der Gleichheitsurtheile geltend machen. Angenommen, wir stellen Versuche mit positiven Zulagen an. In diesem Falle wird die Zahl der richtigen F\u00e4lle mit der Zunahme der Zulage wachsen. Gestattet sind nur die Urtheile richtig und falsch, d. h. die Angaben, oh der gr\u00f6\u00dfere Reiz wirklich als der st\u00e4rkere empfunden wird oder oh er schw\u00e4cher erscheint. Wie leicht wird man da geneigt sein, einen Fall, in welchem ein Unterschied nicht erkannt wird, zu den falschen zu z\u00e4hlen! Meine Versuche haben dies best\u00e4tigt; deshalb habe ich die Urtheile gleich in den F\u00e4llen zugelassen, in denen ein Unterschied absolut nicht wahrzunehmen war. Die Versuche von Higier lassen das ebenfalls erkennen, denn sie liefern bei Zulassung der Gleichheitsf\u00e4lle und Halbirung der letzteren mehr richtige Urtheile, als bei Ausschluss der Gleichheitsf\u00e4lle. Higier erkl\u00e4rt dieses Verhalten anders, er glaubt, man sei vielmehr geneigt, mehr ^-Urtheile auf Kosten der falschen zu bilden als auf Kosten der richtigen. Ich sehe keinen Grund ein, warum man einen als falsch erkannten Fall zu den gleichen zu werfen geneigt sein sollte, wenn alle Urtheile zul\u00e4ssig sind ; wohl aber wird man einen Gleichheitsfall eher zu den falschen zu stellen geneigt sein, wenn man ihn entweder zu den richtigen oder zu den falschen F\u00e4llen bringen muss.\nHieran reiht sich ein weiterer wesentlicher Uebelstand, auf welchen ich ebenfalls hei meinen Versuchen bereits aufmerksam wurde. Bei Ausschluss der Gleichheitsf\u00e4lle ist man geneigt, bei kleinen Reizunterschieden, hei denen ja die Auffindung des Unter-","page":586},{"file":"p0587.txt","language":"de","ocr_de":"Theoretische und experimentelle Begr\u00fcndung der Fehlermethoden.\t587\nschiedes schwieriger ist, mit verst\u00e4rkter Aufmerksamkeit zu beobachten. Man erh\u00e4lt dann bei den kleinen Zulagen relativ zu viel richtige F\u00e4lle. Auch diese Erfahrung best\u00e4tigen, wie wir sp\u00e4ter sehen werden, die Versuche von Higier.\nGegen die Zulassung der Gleichheitsf\u00e4lle namentlich dann, wenn sie in gr\u00f6\u00dferer Zahl auftreten, sprach jedoch bisher die Unsicherheit ihrer Vertheilungsweise. Die Halbirung derselben f\u00fchrt zu falschen Ergebnissen, wenn die Zahl betr\u00e4chtlich ist, noch weniger brauchbar hat sich die verh\u00e4ltnissm\u00e4\u00dfige Vertheilung erwiesen. Um diesen Schwierigkeiten zu entgehen, stellte ich die Methode der Gleichheits- und Ungleichheitsf\u00e4lle auf, welche eine gleiche Be-urtheilungsweise wie hei der Methode der Minimal\u00e4nderungen zul\u00e4sst und eine zu Bedenken Anlass gebende Vertheilung von einer Gruppe von Urtheilen, die den Gleichheitsf\u00e4llen entsprechen w\u00fcrde, ausschlie\u00dft.\nSp\u00e4ter, nachdem ich auch durch Versuche auf anderen Sinnesgebieten, als demjenigen des Geh\u00f6rsinns, weitere Erfahrungen \u00fcber die Methode der richtigen und falschen F\u00e4lle gewonnen hatte, zeigte sich mir ein einwurfsfreier Weg der Vertheilung der Gleichheits-urtheile.\nIch gehe zuv\u00f6rderst von der Benutzung zweier Heize aus, von denen der Vergleichsreiz Ri um D \u2014 20 gr\u00f6\u00dfer ist als der Hauptreiz R. Die in Figur 1 gekennzeichneten Unterschiede werden, wenn man annimmt, dass die Fehler bei beiden Beizen gleich gro\u00df gehlieben sind, s\u00e4mmtlich um 20 zunehmen. L\u00e4sst man nur richtige und falsche F\u00e4lle zu, so werden zu den 50 richtigen Urtheilen bei gleichen Beizen noch die 21,13 F\u00e4lle des Fehlergehietes 0 bis \u2014 20 hinzutreten. Man w\u00fcrde folgende Zahlen richtiger Urtheile erhalten m\u00fcssen:\nD = 0,\t20,\t40,\t60,\t80,\t100\nr= 50; 71,13; 86,74; 95,27; 98,71; 99,73.\nDieselbe Vertheilung ergiebt sich hei den negativen D f\u00fcr die falschen F\u00e4lle, wenn man durchweg das Urtheil R^ R als richtig, das Urtheil Rt <C_ R als falsch bezeichnet. Mit diesem Ergebniss stimmen meine bereits fr\u00fcher erw\u00e4hnten Versuche besser \u00fcberein, als mit dem auf Seite 577 mitgetheilten.","page":587},{"file":"p0588.txt","language":"de","ocr_de":"588\nJulius Merkel.\nm\nIndessen ist bei Benutzung gr\u00f6\u00dferer Zulagen zu beachten, dass der bei der Auffassung des Reizes R\u00b1 begangene wahrscheinliche Fehler gr\u00f6\u00dfer sein wird, als der entsprechende Fehler bei Auffassung des Reizes R. Bezeichnen wir diese Fehler durch und Ft, so ist:\nF = Vfj + W1 \u25a0\tI)\nDie G\u00fcltigkeit des Weber\u2019schen Gesetzes vorausgesetzt, wird:\n(Fl =pRA\n1*2 =pR\\\\\nII)\nsein, worin p einen echten Bruch darstellt. Man erh\u00e4lt demnach :\nF = p VW+R?\tIII!\nDa F = \u2014 ist, ergibt sich hieraus : m\n____ Q _ c\n\u2022 VR* + R\\2 VR^ + Ri2\u2019\nwenn man den constanten Werth \u2014 mit c bezeichnet.\nP\nSetzt man: Rx = R \u00b1 D, so erh\u00e4lt man:\nIV)\nc\tc\t c\ny\u00eeR-i\u00b12R\u00dc + U1 ~~ y 2 R (R \u00b1 JJ) + IF ~~ V2R.Rl + D\u2018l '\nV)\nDie Versuche m\u00fcssen jedoch, um Fehlschl\u00e4ge zu vermeiden, bei ver-h\u00e4ltnissm\u00e4\u00dfig kleinen Werthen von D ausgef\u00fchrt werden. F\u00fcr solche ist aber IY1 im Vergleich zu 2 R[R\u00b1 D) sehr klein. Man kann daher n\u00e4herungsweise setzen :\nV2R{R\u00b1D) V2R.R\nEine genauere und zugleich bequemere N\u00e4herungsformel erh\u00e4lt man, wenn man den Ausdruck zun\u00e4chst in der Form:\nm\nc\nVi.]/ R(R\u00b1D) + ~","page":588},{"file":"p0589.txt","language":"de","ocr_de":"Theoretische und experimentelle Begr\u00fcndung der Fehlermethoden.\n589\nschreibt. Vernachl\u00e4ssigt man nicht, wie vorhin, unter der zweiten 2)2\nWurzel den Ausdruck \u2014 , welcher ja im Vergleich zu li (R \u00b1 D)\nz\nebenso klein ist, wie D'1 im Vergleich zu 2R(R\u00b1D), sondern 2)2\nl\u00e4sst man nur -y unbeachtet, so wird:\nc_____________________________c____________\n\u01782 Y R{R \u00b1D) + ^\t1,414 }/i\u00fc2 dr idD + (yj2\nalso :\nc\t__ c\t_________C________ VT\\\nm i 4i4 J\u00c4\u00b1^J_ 0,707.(2Z:\u00b1Z>)\t0,707 . {B + BJ\u2019 1\nIst schlie\u00dflich D sehr klein, eine Voraussetzung, die Fechner immer zu Grunde legt, so kann man auch die erste Potenz von D vernachl\u00e4ssigen. Man erh\u00e4lt alsdann:\nm =\nc\n1,414\u00c6 '\nVII)\nMit R\u00fccksicht auf den Werth der Wurzelgr\u00f6\u00dfe KR2 +\n\u2014 \u2014 erh\u00e4lt man aus den Gleichungen I) bis III) : m\n\nVIII)\nBerechnet man auf Grund der Annahme m = 0,0197 f\u00fcrZ) = 0den Werth c, so erh\u00e4lt man: c = mE\u01782 \u2014 4,936. Auf Grund dieses Werthes hat man die Gr\u00f6\u00dfen m f\u00fcr die Zulagen d= D = 20, 40 u. s. w. zu berechnen und unter Zuhilfenahme der Tabelle f\u00fcr das Gau\u00df\u2019sche Integral die Fehlervertheilung f\u00fcr die genannten Grenzen zu bestimmen. Addirt man zu den auf solche Weise gewonnenen Zahlen jedes Mal 50, so erh\u00e4lt man:\nD= 0,\t20,\t40,\t60,\t80,\t100,\t120,\nberechnet (= 50;\t70,06; 84,03; 92,05; 96,30; 98,31; 99,65;\nbeobachtet r I =49,75;\t70;\t83,75;\t91,5;\t96;\t98;\t99,2.","page":589},{"file":"p0590.txt","language":"de","ocr_de":"590\nJulius Merkel.\nD = 0, \u2014 20, \u2014 40, \u2014 60, \u2014 80. berechnet 1= 50; 72,18; 89,33 ; 97,55 ; 99,71 ; beobachtetJ j = 50,25; 72,5;\t89;\t97,5;\t100.\nDie berechneten Werthe stimmen v\u00f6llig genau mit der Theorie \u00fcberein, die beobachteten wurden bei meinen VersuchenJ) erhalten, sie sind aus einer Curve entnommen, da ich z. Th. andere D benutzte. Die Uebereinstimmung kann schwerlich besser erwartet werden. Dazu kommt, dass bei meiner Beobachtungsreihe die Gleichheitsf\u00e4lle nicht ganz richtig vertheilt worden sind.\nBei den Versuchen von Hi gier m\u00fcssten sich f\u00fcr den Beiz 200 bei Vernachl\u00e4ssigung der geringen Aenderungen von m f\u00fcr positive und negative D die folgenden F\u00e4lle ergeben :\nD= 0, \u00b12, \u00b14,\t\u00b16, \u00b18, \u00b110.\n^ j = 50; 60,6; 70,25; 78,7; 85,6; 90,8.\nDie Abweichungen sind, wie Tabelle XII2) erkennen l\u00e4sst, sehr bedeutend, doch sind sie zum gr\u00f6\u00dften Theile durch den Einfluss des constanten Fehlers bedingt.\nDie Behandlung meiner Versuche3) nach der Methode der Gleich-heits- und Ungleichheitsf\u00e4lle in derselben Weise (d. h. bei Halbirung der Gleichheitsf\u00e4lle) w\u00fcrde zu folgenden Werthen f\u00fchren:\n1) = 0; 11,3; 22,5; 33,5; 44; 53,8; 63,1; 72,7; 82,2; 91,8. r = 53,25; 56; 60,5; 67,12; 75,5; 84; 91; 96,15*; 98,75 ; 99,75.\nDie Differenzen zwischen den r nehmen hier bis zu 75,5 zu und dann ab, ein Verhalten, welches sich mit dem Gau\u00df\u2019schen Integral durchaus im Widerspruch befindet. In ganz \u00e4hnlicher Weise verhalten sich die Versuche von Lorenz. Bei Halbirung der Gleichheitsf\u00e4lle widersprechen sie vollst\u00e4ndig den Forderungen des Gau\u00dfschen Gesetzes.\nUm zun\u00e4chst zu einer richtigen und begr\u00fcndeten Vertheilung der ^-F\u00e4lle zu gelangen, gehen wir von dem T'all\u00e9 D = 0,\t= M\n\u2014 177,2, m = 0,02 aus. Die Fehlervertheilung stellt alsdann Fig. 4 (Taf. II) dar. F\u00fcr D = 20 ist m \u2014 0,019. K\u00fccken wir diese Linie\n1) Phil. Stud. IY, S. 141.\n3) Phil. Stud. IV, S. 262.\n2) Phil. Stud. VII, S. 253.","page":590},{"file":"p0591.txt","language":"de","ocr_de":"Theoretische und experimentelle Begr\u00fcndung der Fehlermethoden.\n59 t\num 20 (10cm) h\u00f6her, so gibt Fig. 5 die Zahl der richtigen F\u00e4lle an (r). F\u00fcr D = 40 ist m \u2014 0,018 ; die Fehlervertheilung und Anzahl der richtigen F\u00e4lle l\u00e4sst Fig. 6 erkennen. F\u00fcr D \u2014 60, m= 0,017 gieht das Entsprechende Fig. 7 und f\u00fcr D = 80, m \u2014 0,016 Fig. 8. Vom Kreuze aus liegen nach oben und unten immer 50 F\u00e4lle, was bei der Berechnung der richtigen F\u00e4lle zu beachten ist, da die letzten kleinen Br\u00fcche weggelassen sind. F\u00fcr die mittlere Schwelle S \u2014 10 w\u00fcrde man folgende Zahlen f\u00fcr r und g erhalten:\nD =\t0,\t20,\t40,\t60,\t80,\nr = 38,85; 60,59; 77,75; 88,53; 94,34; g= 22,3;\t18,4; 12,1; 6,85; 3,57.\nBei Halbirung der Gleichheitsf\u00e4lle w\u00fcrden folgende F\u00e4lle zu den richtigen kommen:\n%T= 11,15; 9,2; 6,05; 3,42; 1,78;\nw\u00e4hrend die richtige Vertheilung w\u00e4re:\n11,15; 9,86; 6,82; 4,01; 2,15.\nDie Differenzen sind in diesem Falle nur unbedeutend. Die Werthe r werden bei Halbirung f\u00fcr D > 0 zu klein gefunden. In der That sind auch die von mir Seite 589 angegebenen r kleiner als die berechneten Werthe.\nF\u00fcr die Schwelle S = 50 w\u00fcrde man erhalten:\nD = 0,\t20,\t40,\t60,\t80,\nr = 7,85; 21,01 ; 39,95; 59,5; 75,14; g = 84,3; 75,99; 58,95; 40,09; 24,78.\nF\u00fcr r -f- ergeben sich hier die Werthe:\nI\nr+2-= 50; 59,01; 69,42; 79,54; 87,53,\nIt\nw\u00e4hrend die richtigen Werthe sein w\u00fcrden:\n50; 70,45; 84,57; 92,54; 96,49.\nHier sind die Abweichungen so bedeutend, dass die Halbirung der Gleichheitsf\u00e4lle unbedingt verworfen werden muss. Meine auf Seite 590 erw\u00e4hnten Versuche w\u00fcrden diesem Falle nahezu entsprechen.","page":591},{"file":"p0592.txt","language":"de","ocr_de":"592\nJulius Merkel.\nWir erhielten bei D = 20 f\u00fcr die Schwelle S \u2014 10 theoretisch 60,59 {50 + 10,59} richtige Urtheile. Dieselbe Zahl w\u00fcrden wir unter Nichtbeachtung der Schwelle f\u00fcr die Zulage D \u2014 8 = 10 erhalten haben hei Benutzung desselben m. F\u00fcr die Zulage D -f- ,S = 30 w\u00fcrden wir die F\u00e4lle r + ff \u2014 78,99 {50 + 10,59 -f- 9,86 -J- 8,54} erhalten haben.\nNun ist unter Benutzung des Gau\u00df\u2019schen Integrals:\nm(D\u2014S)=ti\n3 dt,\nm(D-\\-S)=t2\ne~fidt. l)\nDaraus ergibt sich in bekannter Weise f\u00fcr die mittlere Schwelle:\nS = ^=4 D .\tIX)\nHierbei ist jedoch zu beachten, dass bei Benutzung verschiedener Reize die mittlere Schwelle S eine andere Bedeutung hat, als bei gleichen Reizen. Bei gleichen Reizen war:\n1) Die hier benutzten Formeln erheischen die Anwendung der von Fechner gegebenen Tabellen f\u00fcr das Gau\u00df\u2019sche Integral (Fechner, Elemente der Psycho-physik, I, S. 108\u2014111; Revision der Hauptpunkte der Psyehophysik, S. 66 u. 67). \u2014 Will man sich der fr\u00fcher erw\u00e4hnten Meyer\u2019schen Tabelle f\u00fcr <P bedienen, so muss man folgende Umformung vornehmen:\n2 | - -\t-M 2J--\t-i = \u2014\tpm{D\u2014S)\u2014y i ' e~t2dt ,\n1 \u00bb\t2 |\tn\t\t\\\n\t2(r-K?)\t-i- 2\ts*m(D+S)=Y2 ' e~\u20182dt .\n\tn\tV-J\t0\nMan sucht den Werth der linken Seite unter &(y) und findet yi und yi unter y. Ist bei Fechner\u2014< \u2014 , im vorliegenden Falle die linke Seite (<\u00a3) kleiner\nals 1, so sucht man im ersteren Falle den Werth f\u00fcr 1\u2014\u2014 , im letzteren Falle\nn\nf\u00fcr \u2014<t> und nimmt t bez. y negativ. Ich behalte f\u00fcr die Folge die Fechner-sche Tabelle bei, weil sie dem Psychophysiker leichter zug\u00e4nglich sein d\u00fcrfte.\nr +ff = J_ , n 2 _r\n4","page":592},{"file":"p0593.txt","language":"de","ocr_de":"Theoretische und experimentelle Begr\u00fcndung der Fehlermethoden.\n593\nR+C_ R R R \u2014 c \u2019\nC+'c = S .\nDie mittlere Schwelle bezog sich auf den Fall, dass der eine Reiz \u00fcbersch\u00e4tzt, der andere untersch\u00e4tzt wurde. Jetzt wird die mittlere Schwelle erhalten, wenn der Reiz R + D \u00fcbersch\u00e4tzt und der Reiz R untersch\u00e4tzt wird. An Stelle der obigen Gleichungen treten jetzt die Gleichungen:\n(R + D) + C_ _Jt_ c+c + D = S.\nR-Jr-D R\u2014c\u2019\t^\nDieselben gehen f\u00fcr D = 0 in die fr\u00fcheren Gleichungen \u00fcber und geben f\u00fcr D = S den Werth:\nC+c=0,\nwas nur m\u00f6glich ist, wenn C \u2014 c = 0 ist. F\u00fcr den Werth D \u2014 S geht demnach die mittlere Schwelle in die obere Schwelle \u00fcber. Die Aufl\u00f6sung der obigen Gleichungen gibt:\nc = Y + R~~ V/(y)2 + \u00e6(jB + 2)); C = S\u2014D \u2014 c . X) Die obere und untere Schwelle berechnen sich aus den Gleichungen.\n+ R R + D+ C R\tR \u2014 c\nund\nR ____R + D\t0\nR \u2014\t_ 11 \u2014c\nunter Beachtung des Werthes von S zu:\nS\u00b0 ~~ R R \u2014 c\u2019\n\u00ab _ jf g\n\u201c \u2014 R + C + 1)\nXI)\nAn Stelle dieser Formeln kann man sich der N\u00e4herungsformeln:\n2 RS\n2 R + D \u2014 S'\n\n2 RS\n2 R + D + S\nXII)\nbedienen.","page":593},{"file":"p0594.txt","language":"de","ocr_de":"594\nJulius Merkel.\nDer Werth IX) f\u00fcr die mittlere Schwelle, welcher augenscheinlich mit der M\u00fcller\u2019schen Schwelle identisch zu sein scheint, ist jedoch hei Benutzung verschiedener D keineswegs constant, sondern er w\u00e4chst f\u00fcr positive T) und nimmt ab f\u00fcr negative ; er ist sonach zur Pr\u00fcfung des Web er\u2019sehen Gesetzes nicht geeignet. M\u00fcller legt bekanntlich gerade dieser Schwellenbestimmung eine gro\u00dfe Bedeutung hei, er h\u00e4lt gerade deshalb die Methode der richtigen und falschen F\u00e4lle f\u00fcr geeignet, zu einer n\u00e4heren Pr\u00fcfung des Weber\u2019schen Gesetzes verwandt zu werden. Unter Beachtung dessen, was wir fr\u00fcher bereits \u00fcber die mittlere Schwelle gefunden haben, l\u00e4sst sich sagen, dass diese mittlere Schwelle bei Benutzung gleicher Reize dem geometrischen Mittel aus der oberen und unteren Schwelle gleich ist, dass sie sich hei Benutzung positiver D mehr und mehr der oberen Schwelle n\u00e4hert, dass sie dieselbe f\u00fcr D = S0 erreicht und dann gr\u00f6\u00dfer wird. Bei Benutzung negativer D n\u00e4hert sich die mittlere Schwelle der unteren Schwelle, erreicht dieselbe f\u00fcr D \u2014 Su und nimmt dann weiterhin ab. Da diese mittlere Schwelle sonach mit der oberen oder unteren Schwelle nicht identisch ;ist, wollen wir sie in R\u00fccksicht auf die sp\u00e4ter zu er\u00f6rternde Verwendungsweise nach Fechner als Theilungsschwelle bezeichnen.\nDie im vorstehenden charakterisirten Aenderungen der mittleren Schwelle bedingen aber naturgem\u00e4\u00df eine Vergr\u00f6\u00dferung des Gebietes der Gleichheitsfalle. Bei den Versuchen zeigt sich dies darin, dass sich mehr Gleichheitsurtheile ergehen, als die Reihe f\u00fcr das constante Schwellengebiet S= 10 f\u00fcr g angibt.\nF\u00fcr diese Schwelle war:\nD =\t0,\t20,\t40,\t60,\t80,\n9 \u2014 22,3 ; 18,4; 12,1 ; 6,85; 3,75; meine Versuche ergaben indessen :\ng == 21,5; 18; 15; 10,5; 6,5.\nDiese Zahlen best\u00e4tigen die obige Folgerung vollkommen, wenn wir uns die letzteren Werthe um je 0,8 vermehrt denken. Denn f\u00fcr D\u2014 0 m\u00fcssen die Zahlen f\u00fcr g in Uebereinstimmung gebracht werden.\nDie Formeln IX) und XI) oder XII) m\u00fcssen an Stelle der von M\u00fcller abgeleiteten Formel IX), oder an Stelle der Fechner\u2019schen Formeln :","page":594},{"file":"p0595.txt","language":"de","ocr_de":"Theoretische und experimentelle Begr\u00fcndung der Fehlermethoden.\n595\nt0\nD\nS2 = ^________________f-0\n\u00f6\nXIII)\ntreten, wenn man das Weber\u2019sche Gesetz auf Grund der durch die Methode der richtigen und falschen F\u00e4lle gebotenen Schwellenbestimmung pr\u00fcfen will. In meiner fr\u00fcheren Abhandlung habe ich noch an der Fechner\u2019schen Bestimmungsweise festgehalten.\nF\u00fcr den obigen Fall ist: \u2014 = 0,6059 ;\t\u2014 \u2014 0,7899 ; D = 20 ;\nn\tn\t\u2019\n= 0,1900; t2 \u2014 0,5700, also nach Formel IX):\n0,5700 \u2014 0,1900 0,5700 + 0,1900\n. 20 = 10 .\nDie Formeln XI) geben : S0 = 9,74 ; Su = 9,23, die Formeln XII) : \u00a30 = 9,83 und Su = 9,32; die Formeln XIII) *S'1 = 9,64, \u00a33 = 11,1.\nIm andern Falle war f\u00fcr D \u2014 20: \u2014 = 0,2101; ? \u2014 - = 0,97;\nn\tn\nt\\ = 0,5700; t2 = 1,3297, also nach Formel IX):\n1,3297 \u2014(\u2014 0,5700) 1,3297 \u2014 0,5700\n20 = 2,5 . 20 = 50 .\nDie Formeln XI) geben: S0 = 54,16, \u00a3\u201e = 41,48, die Formeln XII): \u00a30 = 54,58 und \u00a3\u201e= 41,73, die Formeln XIII): \u00a3, = 90,8 und S2 = 145.\nDie Abweichungen zwischen den genauen Werthen (XI) und den N\u00e4herungswerthen (XII) betragen noch nicht \\%, w\u00e4hrend die Abweichungen zwischen den genauen Werthen (S0) und den M\u00fcller-schen im ersten Falle 2,6#, im letzten Falle 8,3# und die Abweichungen zwischen den genauen Werthen (S0 und Su) und den Fechner\u2019schen (\u00a32 und /Si) im ersten Falle etwa 3 bis 14#, im letzten Falle bis weit \u00fcber 100# betragen. Die letzteren Werthe sind also v\u00f6llig unbrauchbar. Nur bei verh\u00e4ltnissm\u00e4\u00dfig kleiner Zahl von Gleichheitsfallen geben die M\u00fcller\u2019schen und Fechner\u2019schen Formeln angen\u00e4hert richtige und \u00fcberhaupt brauchbare Werthe:\nDie Formel IX) l\u00e4sst sich auch schreiben:","page":595},{"file":"p0596.txt","language":"de","ocr_de":"596\nJulius Merkel.\n1\u20142\nS=-------% T) \u25a0\n1+|\nh\nKommen nur richtige und gleiche F\u00e4lle vor, so wird t2 = oo, mithin S = D. Die Formel ist sonach nur so lange anwendbar, so lange noch falsche F\u00e4lle auftreten. In diesem Falle werden aber auch die Fechner\u2019schen Formeln unbrauchbar, denn S2 wird selbst unendlich. Bei Benutzung gleicher Beize ist r =/, mithin werden\ndie Werthe - und V + 9 f\u00fcr ty und 12 gleiche, aber mit entgegen-\nn\tn\ngesetztem Vorzeichen behaftete Werthe gehen, d. h. S wird oo.\nr + f\nIn diesem Falle wird aber \u2014---= 0,50, also t0 = 0. Da dieser\nn\nWerth im Nenner der Fechner\u2019schen Formel auftritt, ergibt sich auch hier ein Fehlschlag. Hiernach d\u00fcrfte Formel IX) im Vergleich mit den Fechner\u2019schen Formeln in keiner Weise im Nachtheil sein. Auf einen weiteren mathematischen Ein wand gegen Formel IX) wird sp\u00e4ter hinzuweisen sein. Einen Nachtheil besitzen beide Formeln, die Fehlschl\u00e4ge bei verh\u00e4ltnissm\u00e4\u00dfig gro\u00dfen Zulagen, bei denen falsche F\u00e4lle nicht mehr auftreten. Solche Fehlschl\u00e4ge sind bei meinen Versuchen nach der Methode der Gleichheits- und Ungleichheitsf\u00e4lle, ebenso bei den Versuchen von Lorenz1) fast durchg\u00e4ngig aufgetreten. Deshalb muss von einer Verwendung der obigen Formeln f\u00fcr diese Versuche Abstand genommen werden.\nAlle Forscher, die sich der M\u00fcller\u2019schen und Fechner\u2019schen Formeln bedient haben, haben auf den geringen Unterschied der beiderseitigen Schwellenwerthe hingewiesen. Dies ist aber nur m\u00f6glich, wenn die Zahl der Gleichheitsf\u00e4lle im Vergleich zu der Zahl der richtigen und falschen F\u00e4lle gering ist. Dann weichen diese Schwellenwerthe auch nur wenig von den Werthen S0 und Su der Formeln XI) und XII) ab. Wollte man aber in solchen F\u00e4llen die Pr\u00fcfung des Weber\u2019schen Gesetzes auf die Berechnung der Schwelle st\u00fctzen, so w\u00fcrde man das Hauptgewicht gerade auf die\n1) Phil. Stud. II, S. 417 u. 418.","page":596},{"file":"p0597.txt","language":"de","ocr_de":"Theoretische und experimentelle Begr\u00fcndung der Fehlermethoden.\n597\ngeringere Zahl der Versuche lenken; die Haupthedingung der Methode, dass der wahrscheinliche Fehler einen constanten Bruchtheil des zugeh\u00f6rigen Reizes bilden m\u00fcsse, w\u00fcrde unbeachtet bleiben. Wird die Zahl der Gleichheitsf\u00e4lle gr\u00f6\u00dfer, so weichen die Werthe der M\u00fcller\u2019schen Formel bedeutend von den Werthen der Formeln XI) oder XII) ab, die Fechner\u2019schen Formeln gehen v\u00f6llig untaugliche Werthe. Sie w\u00fcrden jedoch v\u00f6llig richtige Werthe (d. h. mittlere Schwellenwerthe) liefern, wenn man die Gleichheitsf\u00e4lle in der richtigen Weise vertheilte. Der Fehler liegt in der Halbirung der Gleichheitsf\u00e4lle.\nWir erhielten oben f\u00fcr D = 20, \u2014 = 0,2101, \u2014 \u2014 0,5901, -\nn\tn\tn\n= 0,97 f\u00fcr die Fechner\u2019schen Schwellen 90,8 und 145. Benutzen\n/\nwir f\u00fcr \u2014 den richtigen Werth 0,7045, so erhalten wir:\n0,3800 -(- 0,5700) nA BA \u00abi --------------7TW5T777----------- 20 = 50,\n\u00c4\n0,3800\n1,3297 \u2014 0,3800 0,3800\n20 = 49,94.\nDiese Werthe stimmen unter sich fast v\u00f6llig \u00fcberein und ebenso mit dem auf Grund der M\u00fcller\u2019schen Formel IX) berechneten. Die obere und untere Schwelle m\u00fcssten dann wieder mittels der der Formeln XI) und XII) bestimmt werden.\nAddirt man die Fechner\u2019schen Formeln unter der Annahme <Sj = S2 = S, so erh\u00e4lt man:\nd. h.\nh \u2014 A\n21\nD,\nAndererseits ist nach Fechner:\nt0 \u2014 ml) .\nDemnach wird:\n^2 \u2014 h___^2 d- ^1\n2S 2D \u2019\nFormel IX) gibt aber:","page":597},{"file":"p0598.txt","language":"de","ocr_de":"598\nJulius Merkel.\nalso wird:\nt0 \u2014\nm \u2014\nt\u00ef ~f~ t\\ 2\nh + t\\\nXIY)\n2 D y\nDer letztere Werth ergibt sich sofort durch Addition der Gleichungen :\nm(D \u2014 \u00a3) = <!, m (D -j- S) = ^2 )\naus denen fr\u00fcher S berechnet wurde, und t0 durch Vergleichung mit der Fechner\u2019schen Formel:\nm\n~0\nD\nDie einfache Formel f\u00fcr t0 lehrt uns aber die einzig richtige Ver-theilung der Gleichheitsf\u00e4lle kennen. Man sucht die Werthe tY\nund U f\u00fcr \u2014 und ---------- in der Fechner\u2019schen Tabelle auf, nimmt\n1 n\tn\ndas arithmetische Mittel und sucht zu dem erhaltenen Werthe das\nV\tIV* T \\\nVerh\u00e4ltniss \u2014 . Dann gibt der Ausdruck: n (------------) den Werth\nn\t6\t\\n\tn}\nr' \u2014 r, d. h. die Anzahl der Gleichheitsf\u00e4lle, welche zu den richtigen gez\u00e4hlt werden m\u00fcssen.\nDa bei G\u00fcltigkeit des Web er\u2019sehen Gesetzes:\nm\noder:\noder:\n\u01782 R {R\u00b1D) + l)i = m \u01782RRt + D* = const. = c 1,414m\t\u00b1\t= 0,707m (R + i?,) = c ,\noder endlich:\n. V2 R(R\u00b1 D) = m \u01782 RR^ - c\nXV)\n1,414 . m . R = c\nsein muss, je nachdem D gro\u00df, klein oder sehr klein gegen R ist, so braucht man die Vertheilung der Gleichheitsf\u00e4lle nicht erst zu berechnen, sondern man muss f\u00fcr m an Stelle der Fechner\u2019schen Formel:\ntn\nm = \u2014\nO\nD \u2019","page":598},{"file":"p0599.txt","language":"de","ocr_de":"Theoretische und experimentelle Begr\u00fcndung der Fehlermethoden.\n599\nwelcher die fehlerhafte Vertheilung der Gleichheitsf\u00e4lle die Formel :\nm\n^1+^2\n2 D\nanhaftet,\nanwenden. Will man von der Berechnung der wahrscheinlichen Fehler sowie der Pr\u00e4cisionsma\u00dfe f\u00fcr die einzelnen Beize absehen, so kann man sich auf die Untersuchung der Constanz der Ausdr\u00fccke :\nm \u0178\u00eeRRy + X\u00bb2 = c , m (R + Ry) \u2014 c, \u25a0\nXVI)\nm \u2014 c\nbeschr\u00e4nken.\nW\u00e4hrend M\u00fcller die Bestimmung der Unterschiedsschwelle S als den Hauptzweck der Methode der richtigen und falschen F\u00e4lle betrachtet, fordert Fechner f\u00fcr kleine Zulagen bei demselben Hauptreiz die Constanz des Pr\u00e4cisionsma\u00dfes. Wir haben gesehen, dass sich die M\u00fcller\u2019sche Schwelle nur als Theilungsschwelle eignet, und dass das Fechner\u2019sche Kriterium f\u00fcr die G\u00fcltigkeit des Weber-schen Gesetzes iioch durch die beiden ersten Formeln unter XVI) erweitert werden muss. Soll die M\u00fcller\u2019sche Schwelle zur Pr\u00fcfung des Weber\u2019schen Gesetzes verwandt werden, so muss ihr Werth in die Formeln XI) und XII) eingef\u00fchrt werden. Dann m\u00fcssen sich die Ausdr\u00fccke:\nerweisen.\nS0 + R R R ~ R \u2014 Su\n= const.\nXVII)\nF\u00fcr die Schwelle S= 10 war: \u2014 = 0,6059, r =\nn\tn\nt I i\ntx+ t2 \u2014 0,1900 + 0,5700 \u2014 0,7600, also: '~~k = 0,3800.\n0,7899,\nDiesem\nWerthe entspricht nach der Fechner\u2019sehen Tabelle 0,7045. Demnach ist n (\u2014 \u2014 \u2014) = 100 (0,7045 \u2014 0 6059) = 9,86. Dieser Werth \\nn)\nstimmt vollst\u00e4ndig mit dem auf S. 591 angegebenen \u00fcberein. Im\nandern Falle war: \u2014 = 0,2101, T ^ = 0,97, ty + = 1,3297 \u2014 n\tn\n0,5700 = 0,7597, also: \u2014 \u2014 \u2014 = 0,3798. Diesem Werthe entspricht:\n2\nWundt, Philos. Studien. VII.\n39","page":599},{"file":"p0600.txt","language":"de","ocr_de":"600\nJulius Merkel.\n0,7045, mithin ist 100 . 0,7045 = 70,45. Dieser Werth findet sich Seite 591 als der richtige angegeben.\nDamit ist das Princip der Yertheilung der Gleichheitsf\u00e4lle in einfachster Weise gel\u00f6st. Bei den Versuchen muss man sich auf solche Zulagen beschr\u00e4nken, welche noch falsche F\u00e4lle liefern, oder hei denen r + g <['100 ist.\nUeber die Bedeutung von m ist noch eine wichtige Bemerkung hinzuzuf\u00fcgen. Es soll die Pr\u00e4cision darstellen, mit welcher der Unterschied der beiden Beize aufgefasst wird. Nun befinden sich aber unter den richtigen Urtheilen, welche bei der Bestimmung von m ma\u00dfgebend sind, mehr oder weniger Gleichheitsurtheile, bei denen der Unterschied gar nicht erkannt wird. Der Werth m, bezieht sich also auf die bei der Beurtheilung der beiden Beize \u00fcberhaupt vorhandenen Unterschiede zwischen 0 und \u00e4, gleichviel ob dieselben erkannt werden oder nicht. Neben dem Werthe m ist alsdann der Werth S bez. S0 von entscheidender Bedeutung, insofern er die Grenze angibt, bis zu welcher die vorhandenen Unterschiede nicht erkannt werden.\nDer Werth m wird um so gr\u00f6\u00dfer ausfallen, je kleiner der Spielraum der zuf\u00e4lligen Fehler ist, S0 wird um so kleiner sein, je feiner die Beurtheilung der Beizunterschiede ist. Sonach wird man das wirkliche Ma\u00df f\u00fcr die Genauigkeit der Auffassung etwa durch den Ausdruck : /\nM=^R\tXVIII)\n\u00f60\ndarstellen k\u00f6nnen. F\u00fcr negative Zulagen, d. h. f\u00fcr R > R\\, kann man sich derselben Formeln bedienen, wenn man entweder an Stelle der richtigen F\u00e4lle die falschen verwendet, oder wenn man, wie es von Higier geschieht, die F\u00e4lle Rl R als falsch, die F\u00e4lle Ry <C R als richtig bezeichnet.\nBereits F echn er und neuerdings Higier f\u00fchren gegen die Formel IX) zur Bestimmung der Schwelle den extremen Fall an, in welchem\n\u2014 = \u2014, das zugeh\u00f6rige ty = 0 und die Schwelle nach Formel IX) = Ri\nnach Fechner = wird. Higier betont, dass die Schwelle\nU\neinem constanten D gleich werden kann schon unter der Bedingung,","page":600},{"file":"p0601.txt","language":"de","ocr_de":"Theoretische und experimentelle Begr\u00fcndung der Fehlermethoden.\n601\naass die Zahl der richtigen F\u00e4lle 50^ der Gesammtzahl betr\u00e4gt, und ganz unabh\u00e4ngig davon, wieviel falsche und wieviel Nullf\u00e4lle sich finden. Dies sei jedoch f\u00fcr die Gr\u00f6\u00dfe der Unterschiedsschwelle, welche ihrer Definition nach von den g mitbestimmt werde, nicht gleichg\u00fcltig. Sachlich erledigt sich dieser Einwand durch den Hinweis darauf, dass eine Identit\u00e4t zwischen der Unterschiedsschwelle und der Theilungsschwelle gar nicht besteht. F\u00fcr die Versuche,\nV \\\nwelche \u2014 \u2014 \u2014 geben, ist zwar jederzeit S0 \u2014 D, aber je nach der\n71 A\nZahl der Gleichheitsf\u00e4lle wird das durch die zweite Gleichung XIV) definirte m ein anderes und somit erh\u00e4lt auch der Ausdruck XVIII) andere Werthe. Es gen\u00fcgt eben weder der Ausdruck S0 noch m allein zur vollen Charakteristik der Versuche.\nDer fragliche Einwand trifft aber auch die Formel IX) gar nicht, sondern er kehrt sich gegen die Fechner\u2019schen Formeln.\nT 1\nAngenommen es sei D \u2014 20, - = - , g \u2014 35,88, f \u2014 14,12 oder\n71 A\nv\\\nD \u2014 40, \u2014 = \u2014 , g = 47,91, f = 2,09, wie es den Figuren 5 und 6\n71 A\nentspricht. Dann wird nach Formel IX): N=20; 40, nach den Formeln XIII): Sy = 20, S2 = 26,12; Sy = 40, S2 = 86,8. Die zweite Fechner\u2019sche Formel liefert demnach f\u00fcr gro\u00dfe Werthe von g durchaus falsche Werthe.\nTritt eine Aenderung der Versuchstechnik ein, so kann man\nT 1\nf\u00fcr dasselbe D \u2014 20 etwa erhalten: \u2014 = \u2014, ^ = 10,\t40 oder\n71 A\nr 1\n\u2014 = \u2014 , g \u2014 20, / = 30. Nach Formel IX) erh\u00e4lt man in beiden\nTl A\nF\u00e4llen S \u2014 20, nach Fechner haben die Sy wieder den n\u00e4mlichen Werth, f\u00fcr S2 erh\u00e4lt man 20,24 und 21,4. W\u00e4hrend die Zahl der g auf das doppelte gestiegen ist, ist die Schwelle S2 nur um 1,16 gewachsen. Diese Zunahme hat nichts zu bedeuten, wenn man bedenkt, dass in den obigen Beispielen der Zunahme der F\u00e4lle g von 35,88 bis 47,91 eine Zunahme von S von 20 bis 40, von S2 von 26,12 bis 86,8 entsprach. F\u00fchrt man bei beiden Versuchsgattungen die Beurtheilung der Beize mit derselben Aufmerksamkeit durch, so wird S eine Aenderung nicht erleiden k\u00f6nnen, wohl aber wird sich der Werth m \u00e4ndern. Tritt aber unter Umst\u00e4nden\n39*","page":601},{"file":"p0602.txt","language":"de","ocr_de":"602\nJulius Merkel.\nthat s\u00e4chlich eine Aenderung des Werthes S ein, so zeigt sich dies\nT \\\ndarin, dass man den Werth \u2014 = \u2014 erst bei einem gr\u00f6\u00dferen D erreicht.\nF\u00fchrt man Versuche bei zwei verschiedenen Zulagen aus, so kann man eine Bestimmung des Gleichheitspunktes vornehmen. Die erforderlichen Formeln habe ich bereits in meiner Abhandlung1) abgeleitet und zu vielfachen Bestimmungen benutzt. F\u00fcr R% = R-\\- D2 ist _D2 = R% \u2014 R und f\u00fcr RY = R A ist Dx = Rx \u2014 R. Versteht man\tunter\ttT\tund\ttu die\tnach der ersten\tFormel\tunter\tXIV)\nberechneten\tWerthe,\tso\terh\u00e4lt\tman aus rrij\t\u2014\t,\tmn\t\u2014\tj/\t:\nm,j __(R2 \u2014 R) tj\nwi'jj\t(I?) J\u00ee) ^jj\nund mit R\u00fccksicht auf die 2. N\u00e4herungsformel unter XV) wird:\nmT __ i/2 RR2___ \"I/-\u00df2\nmn ' 2 RRl ' R] '\nSetzt man diesen Ausdruck gleich A, so erh\u00e4lt man :\nR =\nA. tjj -R\\ \u2014 tj R'% AL tjj ij\nXIX)\nBestimmt man den Gleichheitspunkt mit Hilfe der Methode der Minimal\u00e4nderungen, so wird man im allgemeinen zwei Werthe erhalten, die der Beziehung h \u2014 hi entsprechen. Mit R\u00fccksicht auf den Werth von A gibt Formel XIX):\n= R\\^ R\u00ee ~*r R 2 y R\\ y-\u00df\n~ + 12\nXX)\nDemnach muss man bei Bestimmung des Gleichheitspunktes nach der Methode der Minimal\u00e4nderungen aus den beiden Grenzwerthen das geometrische Mittel statt des arithmetischen Mittels nehmen. F\u00fchrt man die Versuche bez. die Berechnungen f\u00fcr verschiedene Werthpaare von D durch, so kann man aus der mehr oder weniger guten Uebereinstimmung der Werthe f\u00fcr den Gleichheitspunkt einen\n1) Phil. Stud. IV, S. 133.","page":602},{"file":"p0603.txt","language":"de","ocr_de":"Theoretische und experimentelle Begr\u00fcndung der Fehlermethoden.\t603\nR\u00fcckschluss auf die G\u00fcte der Methode machen. Im allgemeinen wird indessen der Gleichheitspunkt, bez. der Reiz _\u00df bekannt sein.\nWir kommen zum Schluss noch auf die Elimination constanter Fehler. Die Gau\u00df\u2019sche Theorie der Fehlervertheilung beruht durchaus auf der Annahme, dass constante Fehler nicht im Spiele sind. Die Erkennung derselben erfolgt bereits bei Versuchen mit gleichen Reizen; gleichviel, welche Anzahl von ^-F\u00e4llen sich ergibt, die Zahl der richtigen und falschen F\u00e4lle muss gleich gro\u00df sein, wenn constante Fehler nicht wirksam gewesen sind. Ist dies nicht der Fall, so muss man entweder durch die Versuchsanordnung diese Fehler zu eliminiren suchen, oder man muss sie irgend wie zu berechnen versuchen. Die Anwendung der entwickelten Formeln auf Versuche mit constanten Fehlern kann nur zu dem Ergebniss f\u00fchren, die Brauchbarkeit der Formeln in Zweifel zu ziehen. Diesen Umstand hat weder Lorenz noch Higier beachtet. Lorenz schlie\u00dft die Berechnung des Pr\u00e4cisionsma\u00dfes an die verschiedenen Zeit- und Raumlagen an, Higier berechnet die Ausdr\u00fccke aH, welche meiner Constanten c entsprechen, f\u00fcr positive und negative Zulagen, welche\n/\ty\neben infolge constanter Fehlerursachen wesentlich verschiedene \u2014\nn\nergaben. Diese Fehlerursachen werden von Higier zwar untersucht, aber erst nachtr\u00e4glich, nachdem gezeigt worden ist, \u00bbdass die Fechner\u2019schen Pr\u00e4cisionsma\u00dfe bei gleichen Reizverh\u00e4ltnissen mit der wachsenden Distanzgr\u00f6\u00dfe abnehmen, dass die zu erwartende Constanz der M\u00fcller\u2019schen H und Hi und ihrer wahrscheinlichen Fehler nirgends strict nachzuweisen und dass auch die Constanz der aH bei den verschiedenen Distanzen keine durchgehende ist\u00ab. Die letzte Forderung, welche ich als allgemeines Kriterium f\u00fcr die G\u00fcltigkeit des Weber\u2019schen Gesetzes bereits in meiner fr\u00fcheren Abhandlung hingestellt hatte, ist allerdings nach den Berechnungen von Higier nichts weniger als erf\u00fcllt, denn diese Producte schwanken zwischen \u2014 3,69 und 76,42.\nBei den Versuchen von Higier ist f\u00fcr positive Zulagen der\nT \u2022\nWerth \u2014 infolge des constanten Gesammtfehlers, der durch verschiedene Ursachen bedingt sein kann, stets zu klein gefunden worden. Man wird daher statt:","page":603},{"file":"p0604.txt","language":"de","ocr_de":"604\nJulius Merkel.\nk\u00c7\n\" (\u00ef\nml)\n\u2014P\n\u2014 \u2014 H\u20147= I e dt\nn 2 yV\ndie Gleichung:\nr\nn\n\u00ef + \u00efsje\n\u2022'o\n,wi(Z>\u2014CS\u2014tj\n' dt\nsetzen m\u00fcssen. Bei den absolut gleich gro\u00dfen negativen D war \u2014 zu gro\u00df, man hat daher:\n#\u00bbi2 (D^rC)=tjj\nr 11\n= -+\u00ff\u00ef\n\u25a0s\nv A\n0 Pdt.\nDaraus ergibt sieh:\nm]\nD\u2014C\u2019 m2~D+C' Auf Grund der ersten N\u00e4herungsformel XV) ist:\n7\u00efly 2 It \u201cf- D \u2014J\u2014 C\nw2\n\u2018LR + D\u2014C\nXXI)\nXXII)\nDie Gleichungen XXI) und XXII) gehen f\u00fcr C eine quadratische Gleichung. In der Regel wird jedoch in Gleichung XXII C gegen 2 R -f- D klqin sein. Man kann es alsdann vernachl\u00e4ssigen und :\nmr 2 R + D\nm.2\t2 R-\\- D\nsetzen. Man erh\u00e4lt alsdann:\n\n\\C =\nD ihi h)\nhi + h\nh + tIT\nXXIII)\nDie quadratische Gleichung lautet:\nO2 {tu \u2014 tj) -)- IRC (tn -j- tj) \u2014 I) (2R + D) (tjj \u2014 tj).\nSetzt man das Verh\u00e4ltniss: j1 ~ = B , so erh\u00e4lt man:\nhi + h","page":604},{"file":"p0605.txt","language":"de","ocr_de":"Theoretische und experimentelle Begr\u00fcndung der Fehlermethoden.\n605\nC = -1 + V(|)2 + R (2 R + D) .\tXXIV)\nIn der quadratischen Gleichung hat G einen kleinen Werth und ebenso tn \u2014 tI, man kann also zweifellos in den meisten F\u00e4llen das Glied G2 [tn \u2014 tj) \u2014 0 setzen und erh\u00e4lt dann:\nG =\nD{2R + D)B 2 R\nXXV)\nDie Pr\u00e4cisionsma\u00dfe sind dann nach den Formeln XXI) zu berechnen.\nSind jdie Unterschiede der Werthe f\u00fcr \u2014 bei absolut gleich\ngro\u00dfen positiven und negativen D-Werthen nur wenig verschieden, so kann man das arithmetische Mittel aus diesen Gr\u00f6\u00dfen zu Grunde legen, f\u00fcr dieses den Werth t0 bestimmen und rn ermitteln aus :\nWill man einen etwaigen constanten Fehler bei Benutzung zweier positiven Zulagen eliminiren, so muss man sich der folgenden Formeln bedienen:\nmi Dy1\u2014 C '\tD2\u2014G \u2019\nTri^\t2 R -}- D<i \u2014 G\n7\u00efi2\t2 R Rx \u2014 G\nXXVI)\nHier kann man f\u00fcr kleine Werthe von G jedenfalls ohne Bedenken:\nw\u00eej\t2 R D2 .\nnui\t2 R \u2014j\u2014 -Z?i\nsetzen. Dann wird:\np_____A tn Ry h R\u201ci\nA tu \u2014 tj\nVernachl\u00e4ssigt man auch hier nur das Glied G2 (tn h\u00e4lt man:\n t\u201eDx (2 R + A) \u2014 tiD% (2j+ A)\n(2 R + Ri + R2) (tn\ttj)\nXXVII) tj), so er-\nXXVIII)\nDie genaue Formel d\u00fcrfte hier kaum jemals erforderlich sein, in den meisten F\u00e4llen wird die Formel XXVII) hinreichen. Bei Be-","page":605},{"file":"p0606.txt","language":"de","ocr_de":"606\nJulius Merkel.\nnutzung gleich gro\u00dfer positiver und negativer Zulagen muss man die D absolut nehmen und einmal die richtigen, das andere Mal die falschen F\u00e4lle setzen, wenn man Rx )> R als richtig, R ]> Rx als falsch bezeichnet. Bei der von Higier gew\u00e4hlten Bezeichnungsweise nimmt man beiderseits die richtigen F\u00e4lle.\nDen Formeln XXIII), XXIV) und XXV) liegt die Voraussetzung zu Grunde, dass der constante Fehler f\u00fcr je zwei gleiche positive und negative Zulagen gleich gro\u00df sei, den Formeln XXVII) und XXVIII) die Voraussetzung, dass der constante Fehler auch bei verschiedenen Zulagen dieselbe Gr\u00f6\u00dfe habe. Da die erstere Voraussetzung offenbarigr\u00f6\u00dfere Wahrscheinlichkeit besitzt, empfiehlt sich die Benutzung gleich gro\u00dfer positiver und negativer Zulagen.\nII. Die Methode der Gleichlieits- und Ungleichheitsf\u00e4lle.\nDie Methode der richtigen und falschen F\u00e4lle setzt das Vorhandensein von falschen F\u00e4llen voraus. Sollen derartige F\u00e4lle auch bei gr\u00f6\u00dferen Zulagen noch auftreten, so muss der Spielraum der zuf\u00e4lligen Fehler ein m\u00f6glichst gro\u00dfer sein. Wollte man letzteres durch eine minder gute Versuchstechnik zu erreichen suchen, )so w\u00fcrde man damit Fehler einf\u00fchren, die sich dem Gau\u00df'sehen Gesetz nur bei sehr gro\u00dfer Zahl von Versuchen unterordnen d\u00fcrften. Die erste Forderung, welcher die Beobachtungsfehler unterliegen m\u00fcssen, war ja die, dass sie m\u00f6glichst klein ausfallen m\u00fcssen. Meine Schallversuche haben ebenfalls gezeigt, dass sich das Gau\u00df \u2019sehe Gesetz um so besser bew\u00e4hrt, je kleiner die Beobachtungsfehler sind. Auch wird man eine bessere Versuchstechnik einer mangelhaften von vorn herein vorziehen. Schr\u00e4nkt man aber die Fehlerursachen nach M\u00f6glichkeit ein, so wird die Zahl der gleichen Ur-theile gr\u00f6\u00dfer und bei verh\u00e4ltnissm\u00e4\u00dfig kleinen D erh\u00e4lt man bereits lauter richtige und gleiche F\u00e4lle. Durch gesteigerte Aufmerksamkeit kann man auch in solchen F\u00e4llen zu falschen Urtheilen gelangen, allein damit erleidet die Schwelle eine \u00c4nderung. Man bemerkt jetzt Unterschiede, welche man bei normaler Aufmerksamkeit nicht empfinden w\u00fcrde. Haupts\u00e4chlich auf diese Ursache sind die verschiedenen Ergebnisse meiner Versuche nach der Methode der rieh-","page":606},{"file":"p0607.txt","language":"de","ocr_de":"607\nTheoretische und experimentelle Begr\u00fcndung der Fehlermethoden.\ntigen und falschen F\u00e4lle einerseits und der Methode der Gleich-heits- und Ungleichheitsf\u00e4lle andererseits zur\u00fcckzuf\u00fchren.\nStellt man aber die Versuche hei normaler Aufmerksamkeit au, und dies ist doch eigentlich das nat\u00fcrlichste Verfahren, so erh\u00e4lt man sehr bald Fehlschl\u00e4ge, d. h. man erh\u00e4lt bereits bei verh\u00e4ltniss-m\u00e4\u00dfig kleinen D nur noch richtige und gleiche oder falsche und gleiche F\u00e4lle. Je besser die Versuchstechnik ist, um so eher treten Fehlschl\u00e4ge ein. Zu dieser Versuchsgruppe geh\u00f6ren zum weitaus \u00fcberwiegenden Theile meine Versuche nach der Methode der Gleich -heits- und Ungleichheitsf\u00e4lle. Aber selbst da, wo noch falsche F\u00e4lle neben den richtigen und gleichen auftraten, war die Zahl der ersteren nur.gering. Erh\u00e4lt man alsdann in einem Falle einen oder zwei falsche Urtheile mehr als in einem andern Falle, so ist dies auf die Schwellenbestimmung von erheblichem Einfluss. Ueberhaupt muss man Zulagen, welche mehr als 96% F\u00e4lle einer und derselben Gattung liefern, vermeiden, da f\u00fcr die \u00e4u\u00dferen Grenzen das Gau\u00df\u2019sehe Integral naturgem\u00e4\u00df gr\u00f6\u00dfere Abweichungen erleidet.\nDiese Erw\u00e4gungen waren bei der Aufstellung der Methode der Gleichheits- und Ungleichheitsf\u00e4lle ma\u00dfgebend. Dieselbe gestattet die Versuche bei normaler Aufmerksamkeit auszuf\u00fchren, sie erlaubt die Anwendung verh\u00e4ltnissm\u00e4\u00dfig gro\u00dfer Zulagen, sie gibt die einwurfsfreieste Methode zur Bestimmung der Unterschiedsschwelle. Die zweifelhaften F\u00e4lle, welche bei beiden Methoden auftreten k\u00f6nnen, werden immer nur vereinzelt dastehen, sie werden am besten proportional zu den Ungleichheits- und Gleichheitsf\u00e4llen vertheilt. Sollten indessen bei der Methode der Gleichheits- und Ungleichheitsf\u00e4lle die zweifelhaften F\u00e4lle in gro\u00dfer Zahl auftreten, so sind sie so zu behandeln, wie bei der Methode der richtigen und falschen F\u00e4lle die gleichen Urtheile, d. h. man hat t aufzusuchen f\u00fcr die Ungleichheitsf\u00e4lle U (r) und f\u00fcr die F\u00e4lle U + Z und aus beiden Werthen das arithmetische Mittel zu nehmen.\nIst in der Formel:\nI)\no\nD < tf, so werden sich auch bei normaler Aufmerksamkeit im allgemeinen falsche F\u00e4lle ergeben. Alsdann ist sowohl die Berech-","page":607},{"file":"p0608.txt","language":"de","ocr_de":"608\nJulius Merkel.\nnung von S m\u00f6glich, wie auch'die Ermittlung von m. Ist dagegen I) S, so werden im allgemeinen Fehlschl\u00e4ge eintreten, d. h. man wird nur richtige und gleiche \u00fcrtheile erhalten.\nF\u00fcr B \u2014 S wird:\nr __ 1\nn 2\nW\u00e4hrend S f\u00fcr B S kleiner, f\u00fcr D S aber gr\u00f6\u00dfer als die obere Schwelle ist, stimmt es f\u00fcr den Fall I) = S mit der oberen Schwelle S0 \u00fcberein.\nVon diesem Falle geht die Methode der Gleichheits- und Ungleichheitsf\u00e4lle aus. Wir legen vor der Hand wieder die Figuren 4 bis 8 zu Grunde und nehmen an, es sei B = S \u2014 40. F\u00fcr\nD = 20 ist sodann: - = 29,55, f\u00fcr B = 0: - = 12,9, f\u00fcr B = 60-n\tn\nV\nn = 68>47 und f\u00fcr D = 80: ~ = 81,53. Setzt man 2) = D \u2014 S, so wird f\u00fcr D \u2014 20 und 0, S= 40:\n\u00ae = \u201420;\t\u201440;\n((?)/= 70,45;\t87,1,\nund f\u00fcr B \u2014 60 und 80 :\n5)= 20;\t40;\n[U)r = 68,47; 81,53.\nDiese Zahlen stimmen im Gange augenscheinlich vollst\u00e4ndig mit den Zahlen \u00fcberein, welche sich bei der Methode der richtigen und falschen F\u00e4lle ergaben.\nBei Benutzung der Zulage B = S hat man einerseits den Reiz ~f~ V zu beurtheilen, andererseits den Reiz JR. Nennen wir die wahrscheinlichen Fehler und so ist der wahrscheinliche Fehler bei der Auffassung des Unterschiedes:\nF= \u0178F^ + Ff .\nDa die wahrscheinlichen Fehler den Reizst\u00e4rken proportional sein werden, so wird:\nF = p l/m + {E + S)*.","page":608},{"file":"p0609.txt","language":"de","ocr_de":"Theoretische und experimentelle Begr\u00fcndung der Fehlermethoden.\n609\nSetzt man wieder: F \u2014 \u2014 und \u2014 = c, so wird:\nm p\nm\t4- (\u00c4 4- #)2 = c .\nBenutzt man eine Zulage \u00ae = D \u2014 S zum Reize (R S), so wird:\nL\u00e4sst man in dem Ausdrucke \u00ae = -D \u2014 S den Werth D sowohl gr\u00f6\u00dfer als kleiner als S werden, so erh\u00e4lt man positive und negative \u00ae. Die vorstehende Formel gibt f\u00fcr \u00ae = D \u2014 S:\nm\noder:\nVR2 + {R + W = c ,\nII)\nm V2 R (JB,+ D) + Z)2 = c .\nSetzt man wie fr\u00fcher R + D \u2014 R^, so erh\u00e4lt man in \u00e4hnlicher Weise die N\u00e4herungsformeln:\n1,414 . m^R +\t= 0,707 . m (R 4-\t= c ,\ntn VlR (R 4- D) = m V2 RRl \u2014 c , 1,414 . mR = c .\nIII)\nIV) V)\nDiese Formeln stimmen in der Wurzelgr\u00f6\u00dfe mit den Formeln der Methode der richtigen und falschen F\u00e4lle \u00fcberein, der Unterschied liegt in den verschiedenen Gr\u00f6\u00dfen von D und in dem verschiedenen Wer the von m. Mit R\u00fccksicht auf Formel I) ergibt sich f\u00fcr m :\nU\nm\nD \u2014 S\nVI)\nHiernach muss man, um [f\u00fcr verschiedene Zulagen D die obigen Ausdr\u00fccke zu pr\u00fcfen, die Schwelle kennen. Sonach verhilft auch hier die Schwelle zum Ziele, \u00e4hnlich wie bei der Fechner\u2019schen Methode die Theilungsschwelle die Eintheilung der Gleichheitsf\u00e4lle erm\u00f6glichte und damit erst die Pr\u00fcfung der Formeln II) bis V). F\u00fcr die Berechnung der wahrscheinlichen Fehler und der Pr\u00e4cisions-ma\u00dfe der einzelnen Reize gelten wieder die Formeln VIII) S. 589.\nHat man hei einer Reihe von D-Werthen Versuche ausgef\u00fchrt, so bestimmt man am einfachsten durch Interpolation unter","page":609},{"file":"p0610.txt","language":"de","ocr_de":"610\nJulius Merkel.\nBenutzung einer graphischen Darstellung den Werth D \u2014 S, indem\nman den Punkt \u2014 = 0,5 aufsucht. Daraus bestimmen sich die\nWerthe D S und auf Grund derselben berechnen sich die Werthe m der Formel VI).\nDie Schwelle l\u00e4sst sich aber auch berechnen, wenn man Versuche bei zwei verschiedenen D zur Verf\u00fcgung hat. Nennen wir diese Zulagen Dy und Z>2, so ist:\nAndererseits hat man:\nm%\nniy V2R (R _Dj) -)\u2014 1)= c ,\n'fyi2 V 2 R (R -j- D2) \u2014I\u2014 D2^ = c .\nDiese Gleichungen geben:\nmt _ -i/2\u00e4(\u00e4 + Z>2) + D22 mt Y 2R(R + Dy) + D\u00ffi \u25a0\nHierf\u00fcr k\u00f6nnen die N\u00e4herungsformeln:\nmi __2 R -f- D2 _ R R2\nm2 ~ 2 R + D\u00cf ~~ R + Ri \u2019\nnh _ l/R + A _ -i/R2\nmt y R+D, y Ri \u2019\nmy = m2\nVIII)\nIX)\nX)\ntreten, in denen R2 \u2014 R + Z>2 und Ry = R Dy ist.\nW\u00e4hlt man f\u00fcr Dy und 1)2 bei verschiedenen Ausgangsreizen die Werthe:\nDy \u2014 pR ,\nD2 \u2014 qR ,\nin denen p und q echte Br\u00fcche darstellen, so wird ein f\u00fcr allemal:\nmy __ 2 + q\nm2 ~ 2 + p\nund die Rechnungen gestalten sich dann \u00e4u\u00dferst einfach.\nXI)","page":610},{"file":"p0611.txt","language":"de","ocr_de":"611\nTheoretische und experimentelle Begr\u00fcndung der Fehlermethoden.\nSetzt man das durch die Gleichungen VII) his XI) definirte Verh\u00e4ltniss :\nso wird:\ng____-'d t\u2018i D\\ \u2014 t\\\nXII)\nDie genaue Formel VII) und die erste N\u00e4herungsformel VIII) finden sich in meiner fr\u00fcheren Abhandlung nicht, dagegen habe ich auf anderem Wege die Formeln IX) und XD) abgeleitet und allen Schwellenberechnungen zu Grunde gelegt1).\nBenutzt man die Zulage Z)t == 0 mit, so erh\u00e4lt man, vorausgesetzt, dass noch richtige F\u00e4lle neben den gleichen auftreten (Ungleichheitsf\u00e4lle oder Urtheile Rx > R), die einfacheren Formeln:\nA _______l/2R (R + Z>2) -j-1)22\nr y\to\t\u2019\noder:\nR\nA \u2014 \u2014\n2 R\nS\n t\\ Dj\nti A t<i\nXIII)\nBei Berechnung der unteren Schwelle werden s\u00e4mmtliche D in den Formeln f\u00fcr A negativ genommen bez. mit entgegengesetztem Zeichen versehen; dann sind alle Formeln g\u00fcltig. Die Quadrate von D bleiben unver\u00e4ndert. Die Werthe und R2 sind dann: Ry=:R D, und R2 = R \u2014 _D2. Die hierbei zu benutzenden Ungleichheitsf\u00e4lle entsprechen den falschen F\u00e4llen der Fechner-schen Methode (R, \u25a0< R). Berechnet man auf Grund der Annahme m \u2014 0,0304, D == S\u2014 43,2, welche etwa meinen Versuchen auf Seite 2632) entspricht, den Werth c, so erh\u00e4lt man 6,7535. Auf Grund dieses Werthes berechnet man die Werthe m f\u00fcr eine Reihe von positiven und negativen Zulagen \u00ae S \u2014 D, und unter Zuhilfenahme der Tabelle f\u00fcr das Gau\u00df\u2019sehe Integral die Fehlervertheilung f\u00fcr die genannten Grenzen. Addirt man zu den auf solche Weise\n1} Phil. Stud. IV, S. 260 und 261.\n2) Phil. Stud. IV.","page":611},{"file":"p0612.txt","language":"de","ocr_de":"612\nJulius Merkel.\ngewonnenen Zahlen jedesmal 50, so erh\u00e4lt man \u00e4hnlich wie auf S. 589 und 590 bei der Methode der richtigen und falschen F\u00e4lle:\n\t\u00ae\t0;\t\u2014 20,7;\t\u2014 43,2;\t-67;\t\u2014 95;\nberechnet\tv|\ti 50;\t79,95;\t94,98;\t99,15;\t99,91;\nbeobachtet\t\t! 50;\t79;\t93,5;\t98,5;\t100.\n\t\u00ae\t0;\t20,1;\t39;\t59;\t\nberechnet\tH\ti 50;\t82,29 ;\t96,76;\t99,83;\t\nbeobachtet\t\t1 50;\t82;\t97,5;\t100.\t\nDie berechneten Werthe m\u00fcssten nach der Theorie erwartet werden, die beobachteten wurden bei meinen Versuchen erhalten. Die TJebereinstimmung kann auch hier als eine gute bezeichnet werden. Auch hier w\u00fcrde man bei den entsprechenden Versuchen von Higier bedeutende Abweichungen zwischen den durch die Theorie geforderten und den berechneten Werthen erhalten, allein auch hier tr\u00e4gt die Einwirkung der constanten Fehler die Hauptschuld an den Abweichungen.\nBerechnet man auf Grund der Tabelle hei Meyer unter der Annahme m = 0,0304 f\u00fcr 5D = 0 die Fehlervertheilung, so erh\u00e4lt man zwischen:\n0 und 10. 10 und 20, 20 und 30, 30 und 40, 40 und 50, 50 und 60, 60 und 70 und 70 und 80\nfolgende Fehler:\n16,64; 13,86; 9,64; 5,58; 2,70; 1,09; 0,36 und 0,10.\nVergleichen wir diese Zahlen mit den entsprechenden der Methode der richtigen und falschen F\u00e4lle, so sehen wir, dass im vorliegenden Falle die Fehlerwahrscheinlichkeit mit wachsender Fehlergr\u00f6\u00dfe wesentlich rascher abnimmt. Daher stimmen die obigen Zahlen mit den auf Seite 608 abgeleiteten nur im Grange, nicht in ihrer absoluten Gr\u00f6\u00dfe \u00fcberein.\t- ;\nDie Bestimmung der Schwelle, welche als Hauptaufgabe dieser Methode zu betrachten ist und die sich hei Benutzung der ersten N\u00e4herungsformel mit sehr gro\u00dfer Genauigkeit und in v\u00f6llig bestimmter Weise durchf\u00fchren l\u00e4sst, entspricht der Ermittlung des Gleichheitspunktes bei der Methode der richtigen und falschen F\u00e4lle.","page":612},{"file":"p0613.txt","language":"de","ocr_de":"Theoretische und experimentelle Begr\u00fcndung der Fehlermethoden.\n613\nIII. Die Methode der mittleren Abstufungen, der doppelten Reize und gleicher Reizverh\u00e4ltnisse.\nBei der Methode der mittleren Abstufungen sind die beiden mehr oder weniger von einander abweichenden Reize Ri und _\u00df2 unver\u00e4nderlich gegeben. Bei Bestimmung der mittleren Abstufung w\u00e4hlen wir etwa den Reiz Rx + D und stellen uns die Aufgabe, in 100 Versuchen jedesmal zu entscheiden, ob Rx + D n\u00e4her an R\\ oder n\u00e4her an _\u00df2 liegt, oder oh Rx + D kleiner oder gr\u00f6\u00dfer als der mittlere Reiz Rx -f- M ist. F\u00fcr T) == M wird man 50 F\u00e4lle > und 50 F\u00e4lle <[ Rx -f- M erhalten m\u00fcssen. Hierin liegt ein wesentlicher Unterschied dieser Methode im Vergleich zur Methode der Minimal\u00e4nderungen, bei welcher der mittlere Reiz als solcher gesucht wird. Hier sind die Mittensch\u00e4tzungen nach M\u00f6glichkeit auszuschlie\u00dfen, \u00e4hnlich wie bei der Methode der richtigen und falschen F\u00e4lle die Gleichheitsurtheile und hei der Methode der Gleich-heits- und Ungleichheitsf\u00e4lle die zweifelhaften F\u00e4lle.\nF\u00fcr die Zulage D = M hat man die Reize Rx, Rx + M und R<i zu beurtheilen. Nennen wir die bei der Beurtheilung begangenen wahrscheinlichen Fehler Fx, Fm und F2, so ist der wahrscheinliche Fehler bei Auffassung aller 3 Reize:\nF=VF1* + Fm* + Fi*,\noder, da die wahrscheinlichen Fehler den Reizst\u00e4rken proportional sind:\nF = p VRS + (Rx + Mj\u00e4 + R2 2 .\nSetzt man F \u2014 \u2014 und \u2014 = c . so ergibt sich \u2022 m. p\t\u00f6\nm VRX\\F Wi + MP + \u00e422 = 6 .\nBenutzt man eine Zulage \u00ae = D \u2014 M zum Reize Rx + M [D bezeichnet die Zulage zu Rx), so erh\u00e4lt man:\nm VW1 + \u00c422 + Wi + M+ \u00ae)* = c .\nL\u00e4sst man in dem Ausdrucke \u00a9 = D \u2014 M den Werth I) sowohl gr\u00f6\u00dfer wie kleiner als M werden, so erh\u00e4lt man positive und negative \u00ae, und die vorstehende Formel geht \u00fcber in:","page":613},{"file":"p0614.txt","language":"de","ocr_de":"614\nJulius Merkel.\noder:\nm Vl\u00ee\u00ff + \u00c422 + (R^ + Z>)2 = c\notV2\u00e41(\u00e41 + X\u00bb) + J?22+Z>2 = e.\tI)\nUm f\u00fcr kleine Werthe von D die Wurzel zu beseitigen, setze man: Ri \u2014 nRu worin n jeden beliebigen Werth haben kann. Dann wird :\nVW+Ril + (\u00e4. + oyi = VW+J\u00fcW+W+W\n=-- 1/(2';+ rc2) RS + 2 \u00cf^D + i)2\n\u25a0{y\nV2 + U jB42 \u25a0\ni\u00eelD + ;\nZ>2\n2+w2^1.\t1 2 + ra2\nDer Ausdruck\nD2\nist jedenfalls so gering, dass er im Ver-\n2 + ra2\ngleich mit den \u00fcbrigen Gr\u00f6\u00dfen vernachl\u00e4ssigt werden k\u00f6nnte. Vernachl\u00e4ssigt man diesen Werth nur zum Theil, indem man f\u00fcr ihn Z>2\neintreten l\u00e4sst, so erh\u00e4lt man eine durchaus\nden Werth -T\n(2 -j- niy\nbrauchbare N\u00e4herungsformel :\nm\n*/2+\u00bb!{s'+dy\nn)\nDie Ausdr\u00fccke 2 -f- n2 und j/2 + \u00ab2 lassen sich immer im Voraus f\u00fcr eine ganze Gruppe von Versuchen berechnen.\nBezeichnen wir durchg\u00e4ngig die Urtheile, bei denen R\\ + I) >\u2022 Ri + M gesch\u00e4tzt wird, als Obensch\u00e4tzungen (o), so wird:\n\u00ab=i+iL-\nn 2 Vn:Je\n\n-V\ndt\nund mit Hilfe der Fechner\u2019schen Tabelle wird:\nm =\nD \u2014 M'\nAehnlich wie fr\u00fcher ergeben sich noch die Formeln: F \u2014\nHI)\nm\nF\t\tIt jQ .\tt? \t RmQ\nc\tc \u2019\tc\nQ\tQ\tQ\nJ II ^1;\tK II cs \u00a7\t> % m\nIV)","page":614},{"file":"p0615.txt","language":"de","ocr_de":"Theoretische und experimentelle Begr\u00fcndung der Fehlermethoden.\n615\nin denen R\u201e\nR\\ + D ist und Fm und mm den wahrscheinlichen\nFehler und das Pr\u00e4cisionsma\u00df f\u00fcr diesen Reiz darstellen. Indessen wird auch hei diesen Versuchen die Gr\u00f6\u00dfe M im allgemeinen nicht bekannt sein. Man k\u00f6nnte zwar f\u00fcr Ry + M das arithmetische Mittel von Ry und j\u00df2 zu Grunde legen, die Werthe m berechnen und die Constanz der obigen Ausdr\u00fccke pr\u00fcfen; allein die Hauptaufgabe dieser Methode ist die Bestimmung von M selbst. Zu diesem Ende muss man Versuche bei zwei verschiedenen D, etwa A und A ausf\u00fchren. Man erh\u00e4lt alsdann:\nmx =\nDy \u2014 M\n\nt\nIT\nA \u2014 M'\nAndrerseits ist:\nmx\nm.2\n |/2 Ry (Ry 4- A) + A2+A2\nV !\nV)\n2 A (Ry -t- Dy) + A2 + A2\noder in erster Ann\u00e4herung:\n__(2 -f- nz) Ry -\\~ D<i _^\nm2 (2 + n2) Ry + J\u00fcy\nBenutzt man die Werthe: A = P&. 1 ! A = S'A, so wird ein f\u00fcr alle mal [d. h. f\u00fcr verschiedene Werthe von Ry}:\nVI)\nrriy\n\u00bb*2\n2 + n\u00ef + q 2 +n1 +p\n= A\nF\u00fcr M ergibt sich alsdann:\nM =\nA tjj Dy ------\n\u00b0it\nAi n \u2014 h\nVII)\nVIII)\nL\u00e4sst man bei diesen Versuchen die F\u00e4lle zu, bei denen der Reiz Ry + D in der Mitte zu liegen scheint, so entsprechen diese Ur-theile vollst\u00e4ndig den Gleichheitsf\u00e4llen der Methode der richtigen und falschen F\u00e4lle. Dieselben d\u00fcrfen daher nicht, wie es von C. Lorenz1) in seinen umfangreichen und \u00fcberaus werthvollen Untersuchungen \u00fcber die Auffassung von Tondistanzen geschehen\n1) PHI. Stud. VI, S. 26.\nWundt, Pfeilos. Studien, VII,\n40","page":615},{"file":"p0616.txt","language":"de","ocr_de":"616\nJulius Merkel.\nist, zu gleichen Theilen den Urtheilen oben und unten zugez\u00e4hlt werden, sondern sie m\u00fcssen in der Weise behandelt werden, dass man den t-Werth f\u00fcr die Obensch\u00e4tzungen allein bestimmt, sodann den \u00a3-Werth f\u00fcr die Summe der Obensch\u00e4tzungen und Mittensch\u00e4tzungen und aus beiden Werthen das Mittel nimmt. Diese Forderung ist ganz unabh\u00e4ngig von der G\u00fcltigkeit des Web ersehen Gesetzes, sie wird lediglich durch das Gau\u00df\u2019sche Gesetz bedingt. Da jedoch Lorenz die Gau\u00df\u2019sche Formel nicht angewandt hat, so war seine Vertheilungsweise die von selbst gegebene, und wird dieselbe auf das Resultat von keinem nachtheiligen Einfluss gewesen sein.\nBei Ermittlung der doppelten Reize treten an die Stelle der Oben- und Untensch\u00e4tzungen die Urtheile gr\u00f6\u00dfer oder kleiner als 2E, wenn E den unver\u00e4nderlichen Reiz darstellt. Man kann sich unmittelbar der Formeln der Methode der Gleichheits- und Ungleichheitsf\u00e4lle bedienen, wenn man unter Dl und Z>2 die Zulagen zum Ausgangsreize E versteht, unter S die Zulage, welche den gesuchten doppelten Reiz liefert.\nDie Formeln lauten, wenn wir die Zulage f\u00fcr den doppelten Reiz mit Du bezeichnen:\n\nA t<i I)t \u2014 tyD 2\nA t<i---------- ty\nIX)\nA =\noder n\u00e4herungsweise:\ny\n2E(E + Do) + DA 2~R(R + Dy) + A2 \u2019\n2 \u00df -f- Dy 2 It -}\u2014 D^\nX)\nXI)\nBei der Herstellung gleicher Reizverh\u00e4ltnisse endlich hat man jeweils 4 Reize zu beurtheilen, von denen drei unver\u00e4nderlich sind. Nennt man diese unver\u00e4nderlichen Reize EIt Em rv so erh\u00e4lt man:\nm y Ep- + BII\u20181 + V + Vi + W = o ,\tXII)\noder, wenn man:\njRj \u2014 nrT ,\nEji = Nrj ,\nsetzt, die N\u00e4herungsformel:","page":616},{"file":"p0617.txt","language":"de","ocr_de":"Theoretische und experimentelle Begr\u00fcndung der Fehlermethoden.\n617\nm\nV 2 + ri1 + N21\nD\n2 + w2 + N2\n} = ,\nXIII)\nMan hat hier zu entscheiden, ob das Verh\u00e4ltniss\nrT ' Rj\nist oder nicht. Die Urtheile \u00bbgleich\u00ab w\u00fcrden ebenso zu behandeln sein, wie hei der Methode der richtigen und falschen F\u00e4lle.\nBezeichnen wir die Zulage, welche das gleiche Verh\u00e4ltniss gibt, durch V, so berechnet sich diese Gr\u00f6\u00dfe unter Anwendung zweier Zulagen A und A aus:\ntt M tn A\ttj Di\nA tn \u2014 tj\nund der Werth A aus:\nXIV)\n l/R,'1 + Ai2 + 2rz fe + Ai + A2 y \u00c6z2 +A/2H-22z(\u00bbz+A)+A2\u2019\noder aus:\n(2 +n2 + N2) + A\nA \u2014 (2 + rfl + W2) rj + A \u2019\nF\u00fcr A = rjP > A = ri9 ergibt sich :\n,\t(2 + ra2 + N2) + \u00ff\nA \u2014 (2 + w2 + N2) + P '\nXV)\nXVI)\nXVII)\nW\u00e4hlt man die Werthe A und A nicht allzu verschieden, so wird man sich hei allen Methoden des Werthes A = 1 bedienen k\u00f6nnen. F\u00fcr die wahrscheinlichen Fehler, die Pr\u00e4cisionsma\u00dfe der einzelnen Beize gelten wieder die fr\u00fcheren Formeln.\nIV. Beziehungen zwischen den Schwellenwerten der Methode der richtigen und falschen F\u00e4lle, der Methode der Crleichheits- und Ungleichheitsf\u00e4lle und der Methode der Minimal\u00e4ndernngen.\nDass an eine Identit\u00e4t der Schwellenwerte der Methode der richtigen und falschen F\u00e4lle und der Methode der Minimal\u00e4nderungen nicht zu denken ist, wenn man bei der ersteren Methode die Gleichheitsurtheile m\u00f6glichst zu meiden oder gar ganz auszuschlie\u00dfen sucht, wurde bereits zu verschiedenen Malen hervorgehoben. Bei normaler Aufmerksamkeit und unbeschr\u00e4nkter\n40*","page":617},{"file":"p0618.txt","language":"de","ocr_de":"Julius Merkel.\n618\nZulassung der Gleichheitsurtheile aber ist die Schwellenbestimmung nur f\u00fcr verh\u00e4ltnissm\u00e4\u00dfig kleine Zulagen m\u00f6glich. Bei v\u00f6lligem Ausschluss der Gleichheitsurtheile hat die Schwelle der Methode der richtigen und falschen F\u00e4lle oder die Theilungsschwelle den Werth 0.\nTrotzdem macht sich der Einfluss der Unterschiedsschwelle S0 auch bei den Versuchen nach der Methode der richtigen und falschen F\u00e4lle geltend, und zwar auch bei Versuchen, bei denen die Gleichheitsurtheile v\u00f6llig ausgeschlossen werden. In Beizgebieten mit verh\u00e4ltnissm\u00e4\u00dfig gro\u00dfer Schwelle, wie z. B. im Gebiete des Schallma\u00dfes, wird man gr\u00f6\u00dfere Zulagen D n\u00f6thig haben, um das-\nT\nSC^e n 0(^er dasselbe t zu erhalten, wie in Beizgebieten mit verh\u00e4ltnissm\u00e4\u00dfig kleiner Schwelle. Da aber m = ~ ist, wird f\u00fcr kleine\nD bei unver\u00e4ndertem t auch ein gr\u00f6\u00dferes in sich ergeben. Mithin ist das Pr\u00e4cisionsma\u00df umgekehrt proportional der Unterschiedsschwelle.\nBlicken wir auf die S. 573 angef\u00fchrten Beispiele zur\u00fcck, welche ungef\u00e4hr den Verh\u00e4ltnissen bei Versuchen im Gebiete des Schallma\u00dfes und der Sch\u00e4tzung von Baumstrecken entsprechen, so haben wir im ersteren Falle f\u00fcr die Fehlergrenzen 0 und 20, 0 und 40, 0 und 60 u. s. w. beim Hauptreiz 177,2 etwa dieselben Werthe wie im letzteren Falle f\u00fcr die Grenzen 0 und 4, 0 und 8, 0 und 12 u. s. w. beim Hauptreiz 200. Diese Thatsache l\u00e4sst sich aber leicht in Formeln umsetzen, die sich bei der Vergleichung von Versuchen aus verschiedenen Sinnesgebieten verwenden lassen.\nBei der Methode der richtigen und falschen F\u00e4lle musste:\nm VJJt Tr + D) + Dl = c,\nbei der Methode der Minimal\u00e4nderungen muss: ~ \u2014 ct sein, wo c und constante W\u00fcrthe darstellen. Demnach muss auch:\nc-Ct = C\tI)\nd. h. gleich einer Constanten sein.\nKennt man diese neue Constante f\u00fcr ein Sinnesgebiet, so kann\nmap f\u00fcr ein anderes entweder mV\toder \u2014","page":618},{"file":"p0619.txt","language":"de","ocr_de":"Theoretische und experimentelle Begr\u00fcndung der Fehlermethoden.\t619\nberechnen, wenn man einen dieser Werthe kennt. Andererseits kann man, und darin liegt jedenfalls der Hauptwerth dieser Beziehung, f\u00fcr das n\u00e4mliche Sinnesgebiet die Schwankungen, welche die Werthe m y 2 Ji [R -\\- D) + Z)2 zeigen, ausdr\u00fccken durch die entsprechen-\ns\nden Schwankungen von Da diese letzteren Verh\u00e4ltnisse in den\nmeisten Sinnesgebieten von verschiedenen Forschem untersucht worden sind, erleichtert diese Beziehung das Verst\u00e4ndniss der Versuche nach der Methode der richtigen und falschen F\u00e4lle ganz wesentlich.\nDie Methode der Gleichheits- und Ungleichheitsf\u00e4lle sucht die Schwelle selbst zu ermitteln. Dieselbe ist gekennzeichnet durch\ndie Forderung \u2014 = \u2014. Fig. 9 (Taf. II) gibt die Fehlervertheilung\nf\u00fcr die Zulage D == Su. Man kann nun, anstatt die Schwelle constant zu lassen und dem Spielraum der Fehler verschiedene Gr\u00f6\u00dfen beizulegen oder dem m verschiedene Werthe zu ertheilen, den Werth m beibehalten und f\u00fcr S verschiedene Annahmen machen.\nF\u00fcr Su \u2014 20 wird \u00a3 == 0,50, | = 0,305, \u00a3= 0,195; f\u00fcr Su = 40 wird: ~\t=\t0,50,\t9-\t=\t0,457,\t\u00a3 =\t0,043;\tf\u00fcr\tSu =\t80\twird:\t\u00a3\ntu\tft\t71\tyi\n= 0,50,\t\u2014 =\t0,4997,\t\u2014\t=\t0,0003, also praktisch\tbereits:\t-\t\u2014\t0,50,\nft\tfl\t^\t'\n^ \u2014 0,50. Das letztere ergibt sich auch f\u00fcr gr\u00f6\u00dfere Werthe von\nSu. Je gr\u00f6\u00dfer also die Fehler sind, welche bei der Beurtheilung der Beize begangen werden, je gr\u00f6\u00dfer namentlich die \u00e4u\u00dferen Fehler sind, um so gr\u00f6\u00dfer wird auch die Anzahl der falschen F\u00e4lle im Vergleich zu den gleichen sein, ihre Summe wird jedoch immer 50 betragen. Stellt man Versuche bei gleichen Beizen an, so kommt die Schwelle nach beiden Seiten zur Geltung. Man w\u00fcrde, vorausgesetzt, dass m keinen Aenderungen unterworfen w\u00e4re, f\u00fcr\nSu = 20 folgende Werthe erhalten: - = 61, - = 19 5, ~ = 19,5, f\u00fcr 'S1\u00ab \u2014 40 : J = 0,914, ^ = 0,043, \u00a3 = 0,043, f\u00fcr Su = 80 : g =","page":619},{"file":"p0620.txt","language":"de","ocr_de":"620\nJulias Merkel.\n100, r \u2014f= 0. Das letztere w\u00fcrde sich auch f\u00fcr gr\u00f6\u00dfere Werthe von Su ergeben.\nLiegen also s\u00e4mmtliche hei der Beurtheilung des Unterschiedes zweier Reize begangenen Fehler innerhalb der Schwelle, so erh\u00e4lt man bei Benutzung gleicher Reize nur Gleichheitsurtheile, sind die Fehler z. Th. gr\u00f6\u00dfer als die Schwelle, so ergeben sich neben den gleichen Urtheilen auch richtige und falsche. F\u00fcr die Schwelle als Zulage erh\u00e4lt man im ersteren Falle nur richtige und gleiche Ur-theile, im letzteren Falle richtige, gleiche und falsche. Je besser die Versuchstechnik ist, je geringer also der Spielraum der \u00e4u\u00dferen Fehler ist, um so mehr wird man sich dem ersteren Falle n\u00e4hern.\nDiese verschiedenen Verh\u00e4ltnisse kommen bei der Methode der Gleichheits- und Ungleichheitsf\u00e4lle sehr wohl zur Geltung, allerdings nicht beim Schwellenwerth, der von den \u00e4u\u00dferen Fehlern unabh\u00e4ngig ist, wohl aber, wenn man au\u00dfer ihm noch die Werthe m oder F ermittelt. Die Werthe m werden um so kleiner, die Werthe F um so gr\u00f6\u00dfer ausfallen, je gr\u00f6\u00dfer der Spielraum der \u00e4u\u00dferen Fehler ist.\nBei der Methode der Minimal\u00e4nderungen verf\u00e4hrt man bei Ermittlung der Schwelle Su wie folgt: Man geht von zwei gleichen Reizen aus, vermindert den einen allm\u00e4hlich so lange, bis er eben schw\u00e4cher erscheint, und \u00fcberschreitet diesen Punkt noch etwas, bis der Unterschied sicher empfunden wird. Sodann geht man wieder zur\u00fcck, bis der Unterschied eben wieder verschwunden ist, und \u00fcberschreitet auch diesen Punkt. Aus den so gewonnenen zwei \u00e4u\u00dfersten Grenzen nimmt man das arithmetische Mittel.\nDieses Verfahren leidet jedoch an einer Unbestimmtheit, welche bei verschiedenen Versuchspersonen zu verschiedenen Grenzwerthen und damit auch zu abweichenden Mittelwerthen f\u00fchren kann. Man kann so verfahren, dass man bei jedem Reizunterschiede etwa 5 Versuche anstellt und die Punkte aufsucht, bei denen der Unterschied zum ersten Male in allen 5 F\u00e4llen erkannt wird und dann wieder in 5 F\u00e4llen nicht erkannt wird. An Stelle der 5 Versuche kann man unter denselben Bedingungen 10 oder mehr Versuche ausf\u00fchren. Da, wo der Unterschied nicht erkannt wird, erkl\u00e4rt man aber bei der Methode der Minimal\u00e4nderungen die Reize f\u00fcr gleich. Sollte bei Aufsuchung der unteren Grenze der kleinere Reiz","page":620},{"file":"p0621.txt","language":"de","ocr_de":"Theoretische und experimentelle Begr\u00fcndung der Fehlermethoden.\n621\nrichtig kleiner gesch\u00e4tzt werden als der constante Reiz, so w\u00fcrde man die beiden Reize einander weiter n\u00e4hern, d. h. den kleineren vergr\u00f6\u00dfern. Sollte er aber dann in einzelnen F\u00e4llen gr\u00f6\u00dfer als der constante Reiz erscheinen, so w\u00fcrde man ihn wieder verringern. Man wird also im allgemeinen f\u00fcr die untere Grenze einen Werth zwischen 0 und Su erhalten. F\u00fcr die obere Grenze wird der Werth J als Maximum gelten k\u00f6nnen. Die Werthe, aus denen die Schwelle bestimmt wird, werden diesen Grenzwerthen mehr oder weniger nahe liegen, sie k\u00f6nnen und\tund \\J u. s. w. betragen.\nDie Schwelle wird immer dem Werthe \u2014 mehr oder weniger nahe kommen.\nHat man J aus dem wahrscheinlichen Fehler F berechnet,\nwelchen man hei der Beurtheilung des Unterschiedes gleicher Reize * ^\nbegeht, so stellt \u2014 die mittlere Schwelle S dar. Aus ihr berechnet sich die obere Schwelle bekanntlich mittels der Formel:\n8\u00b0 = R ' 2 R \u2014 S\nmit gro\u00dfer Ann\u00e4herung. Demnach kann der bei der Methode der richtigen und falschen F\u00e4lle gewonnene Werth J zur Bestimmung der Unterschiedsschwelle der Methode der Minimal\u00e4nderungen dienen. Dieser Schwellenwerth w\u00fcrde sich aber naturgem\u00e4\u00df auf Versuchsgattungen beziehen, welche mit gleicher Aufmerksamkeit ausgef\u00fchrt werden.\nBehandelt man die Versuche der Methode der Gleichheits- und Ungleichheitsf\u00e4lle nach der Methode der richtigen und falschen F\u00e4lle, so kann man auch f\u00fcr diese Versuche die Unterschiedsschwelle bestimmen, welche die Methode der Minimal\u00e4nderungen liefern w\u00fcrde. Bei meinen ausf\u00fchrlichen Versuchsreihen, welche sich bis zu der Zulage erstreckten, die bereits 100 % richtige Urtheile lieferte, kann man den Werth d unmittelbar aus den gewonnenen Zahlen mittels einer graphischen Darstellung gewinnen, bei den Versuchen von Higier weichen die Werthe S0 und S so wenig von einander ab, dass eine Umrechnung mittels der Formel II) \u00fcberfl\u00fcssig ist.\n& s\n(Der Unterschied zwischen und ^ betr\u00e4gt f\u00fcr den Werth 0,045 nur 0,0008.)","page":621},{"file":"p0622.txt","language":"de","ocr_de":"622\nJulius Merkel.\nNur dann, wenn die bei der Beurtheilung des Unterschiedes der beiden Reize begangenen Fehler innerhalb der Schwelle liegen, erh\u00e4lt man nach beiden Methoden denselben Schwellenwerth. Sind die Fehler gr\u00f6\u00dfer, so wird man bei den Versuchen nach der Methode der Minimal\u00e4nderungen einen gr\u00f6\u00dferen Werth f\u00fcr die obere Grenze erhalten, w\u00e4hrend die untere Grenze 0 bestehen bleibt. Nennen\n/i I A\nwir diesen Werth J + d, so ist die Schwelle \u2014-\u2014. Sonach w\u00fcrde\ndie Methode der Minimal\u00e4nderungen bei Versuchsanordnungen, welche den zuf\u00e4lligen Fehlern einen gr\u00f6\u00dferen Spielraum gestatten, eine gr\u00f6\u00dfere Schwelle liefern, als bei Versuchsanordnungen, bei denen die zuf\u00e4lligen Fehler m\u00f6glichst eingeschr\u00e4nkt sind. Von diesem Uebelstande ist die Methode der Gleichheits- und Ungleichheitsf\u00e4lle frei. Sie liefert, gleichviel wie gro\u00df der Spielraum der\n\u00e4u\u00dferen Fehler ist, dieselbe durch die Bedingung \u2014 = \u2014 gekennzeichnete Schwelle. Die Gr\u00f6\u00dfe der zuf\u00e4lligen Fehler spiegeln die Werthe F wieder.\nDie Methode der Gleichheits- und Ungleichheitsf\u00e4lle gew\u00e4hrt aber noch einen weiteren wesentlichen Vortheil. Bei meinen Schallversuchen mit Bleikugeln, ebenso bei den Versuchen von Tischer und Lorenz waren die Grenzwerthe der Methode der Minimal\u00e4nderungen sehr verschieden, sie lagen den Werthen 0 und J n\u00e4her als dem Werthe Su. Bei meinen Augenma\u00df versuchen wurden die Grenzen 0 und J etwa erreicht. Bei meinen Schallversuchen mittels Stahlkugeln und bei Anwendung der Fallzangen gingen diese Grenzwerthe viel weniger auseinander, sie lagen dem Werthe Su n\u00e4her. Bei verschiedenen Differenzen zwischen den Grenzwerthen liefern aber die arithmetischen Mittel, welche nur N\u00e4herungswerthe darstellen, nicht gleichwerthige Zahlen. Die Abweichungen sind um so gr\u00f6\u00dfer, je verschiedener die Grenzwerthe ausfallen. Die Grenzwerthe der Methode der Minimal\u00e4nderungen entsprechen n\u00e4mlich solchen Werthen und D2 der Methode der Gleichheits- und Ungleichheitsf\u00e4lle, f\u00fcr welche die Zahl der Ungleichheitsf\u00e4lle etwa 30 und 70, 20 und 80, 10 und 90 oder 0 und 100 betr\u00e4gt. F\u00fcr derartige Werthe ist aber: t2 \u2014 \u2014 tx und die Formel f\u00fcr S (XU, S. 611) geht \u00fcber in:","page":622},{"file":"p0623.txt","language":"de","ocr_de":"Theoretische und experimentelle Begr\u00fcndung der Fehlermethoden.\n623\nA\n\u00c4 = -Z+7-\nworin A den N\u00e4herungs werth :\n.\t2 R -f- D<i\n= 2R + A\nIII)\nIV)\nhat. F\u00fcr die Grenzwerthe 0 und J ist Di = 0, 1)% = \u00e9. Man erh\u00e4lt daher: A = 1 -f- und:\n27i\nS =\n2RJ 4 \u00c6 + z/\nV)\nMeine Schall versuche w\u00fcrden z. B. f\u00fcr den Beiz J? = 200 f\u00fcr z/ den Werth 144 ergehen haben, wo unter J die Grenze zu verstehen ist, bei welcher unter 100 Urtheilen alle richtig gelautet h\u00e4tten. F\u00fcr diesen Fall w\u00fcrde das arithmetische Mittel ergeben:\n8 \u2014 72, also: % Die Formel V) gibt aber:\nS\n0,36.\nN=61, mithin: --= 0,305.\nxt\nHier liefert also das arithmetische Mittel einen zu hohen Werth. Meine Versuche lieferten aber diese Grenzwerthe nur ausnahmsweise. Nimmt man etwa = 48 und Z>2 = 96 an, so erh\u00e4lt man\ns\nf\u00fcr die Werthe 0,36 und 0,353. Die zweite N\u00e4herungsformel\nA\u2014y^~~- w\u00fcrde f\u00fcr das obere Beispiel den Werth 0,311,\nf\u00fcr das untere den Werth 0,355 geben.\nHiernach kann man sich nur bei wenig verschiedenen Grenz-werthen der arithmetischen Mittel bedienen. Bildet man f\u00fcr R + 8 das geometrische Mittel :\nR + 8 \u2014 V[R -f- l)y: \\R D<i\\,\tVI)\nso erh\u00e4lt man f\u00fcr beide Beispiele die Werthe 0,310 und 0,354. Dieselben verdienen augenscheinlich vor dem arithmetischen Mittel bei weitem den Vorzug.","page":623},{"file":"p0624.txt","language":"de","ocr_de":"624\nJulius Merkel.\nDiese Thatsachen spiegeln sich deutlich in den Ergebnissen der Versuche von Lorenz und mir wieder. Die Versuche von Lorenz ergaben die Schwellenwerthe 0,387 und 0,37g.1) Bei meinen Versuchen nach der Methode der Minimal\u00e4nderungen ergaben sich die Mittelwerthe 0,366 und 0,3592). Die Werthe von Tischer (0,495 und 0,5403)) stellen nicht die Mittelwerthe, sondern die oberen Grenzen dar, sie sind daher wesentlich h\u00f6her. Diese Zahlen k\u00f6nnen deshalb in Vergleich gezogen werden, weil ich bei allen diesen Versuchen die Schallst\u00e4rken beurtheilte. Die Verschiedenheit der von Lorenz und mir gefundenen Werthe erkl\u00e4rt sich zum Theil durch die Uebung, zum Theil durch kleine Verbesserungen der Versuchstechnik.\nBis zum Abschluss dieser s\u00e4mmtlichen \u00fcberaus zahlreichen Versuche hatte ich jedenfalls eine derartige Uebung erreicht, dass weitere Versuche eine wesentliche Abnahme der Verh\u00e4ltnisse nicht erwarten lassen konnten. Trotzdem erhielt ich bei Anwendung \u00e4u\u00dferst genauer Stahlkugeln und bei Benutzung der Fallzangen, welche die \u00e4u\u00dferen Fehler wesentlich herabminderten und f\u00fcr die D weniger abweichende Werthe bedingten, bei der Methode der Minimal\u00e4nderungen den Mittelwerth 0,318, bei der Methode der Gleichheits- und Ungleichheitsf\u00e4lle das Gesammtmittel 0,312. Die Verminderung von 0,36 auf 0,32 ist jedenfalls der Einschr\u00e4nkung der \u00e4u\u00dferen Fehler, die weitere Verminderung auf 0,31 der genaueren Berechnung zuzuschreiben.\nDen letzteren Nachtheil der Methode der Minimal\u00e4nderungen kann man vermeiden, wenn man statt des arithmetischen Mittels zur Schwellenbestimmung die Formeln III) und IV) anwendet, den ersteren Nachtheil, wenn man die Punkte aufsucht, bei denen der Vergleichsreiz unter 10 Versuchen 10 mal als kleiner erscheint und dann 10 mal als gleich bcz. gr\u00f6\u00dfer. Dabei wird vorausgesetzt, dass die Versuche bei normaler Aufmerksamkeit ausgef\u00fchrt werden.\nKr\u00e4pelin4) sagt, dass sich bei den Versuchen von Lorenz5) f\u00fcr die Schwelle der Methode der Minimal\u00e4nderungen f\u00fcr Lorenz 46,44, f\u00fcr mich 48,76^ richtige F\u00e4lle ergeben h\u00e4tten. Dabei\n1) Phil. Stud. IV, S. 252 u. 267.\n3) Phil. Stud. IV, S. 251.\n5) Phil. Stud. II, S. 469.\n2) Phil. Stud. IV, S. 273 u. 274. 4) Phil. Stud. VI, S. 509.","page":624},{"file":"p0625.txt","language":"de","ocr_de":"Theoretische und experimentelle Begr\u00fcndung der Fehlermethoden.\n625\nwurden die zweifelhaften F\u00e4lle halb den richtigen und halb den falschen zugez\u00e4hlt. Kr\u00e4pelin tritt jedoch f\u00fcr die proportionale Vertheilung dieser F\u00e4lle ein, die auch ich f\u00fcr richtiger halte1). Dann ergeben sich statt der obigen Zahlen die Werthe: 54,3 und 54,6^. Diese Zahlen erkl\u00e4ren sich einfach daraus, dass sich hei diesen Versuchen theils durch die \u00e4u\u00dferen Fehlerursachen, theils durch die Benutzung des arithmetischen Mittels zu hohe Schwellen-werthe ergehen.\nWill man die Versuche nach der Methode der Minimal\u00e4nderungen so einrichten, dass man dieselbe Schwelle erh\u00e4lt wie hei der Methode der Gieichheits- und Ungleichheitsf\u00e4lle, so muss man das Wundt\u2019sehe Verfahren durch folgendes ersetzen: Man bestimme den Punkt, in welchem der Vergleichsreiz eben gr\u00f6\u00dfer erscheint, und \u00fcberschreite diesen Punkt so weit, bis man den Unterschied jedesmal richtig erkennt. Dann gehe man so weit zur\u00fcck, bis der Unterschied jedesmal bez. nicht erkannt oder entgegengesetzt aufgefasst wird. \u2014 Dieses Verfahren wird nur dann n\u00f6thig, wenn der Spielraum der \u00e4u\u00dferen Fehler ein bedeutender ist. In diesem Falle ist \u00fcbrigens das Wundt\u2019sehe Verfahren nur schwer durchf\u00fchrbar.\nDer Hauptwerth der Methode der Gieichheits- und Ungleichheitsf\u00e4lle, welche uns auch f\u00fcr die Methode der Minimal\u00e4nderungen zweckm\u00e4\u00dfige Formeln geliefert hat, liegt aber darin, dass man bei ihr nicht 2 bestimmte D aufzusuchen hat, die ganz bestimmte Zahlen richtiger F\u00e4lle liefern, sondern dass man die Versuche hei zwei ganz beliebigen D ausf\u00fchren kann. In vielen Versuchsgehieten werden dadurch, dass man die Versuche nur hei zwei Zulagen auszuf\u00fchren hat, die zuf\u00e4lligen Fehler eingeschr\u00e4nkt, w\u00e4hrend sie hei dem fortw\u00e4hrenden Wechsel des einen Reizes hei der Methode der Minimal\u00e4nderungen eher erh\u00f6ht werden.\nBei Benutzung zweier beliebiger D tritt aber an Stelle der Formel III) die Formel :\ng _ AI)i h \u2014 A h.\tVII)\nA.t<i \u2014 ti\nin welcher A den Werth IV) hat.\n1) Soweit ich mich zu erinnern vermag, war bei den zweifelhaften F\u00e4llen ein Unterschied vorhanden, man vermochte ihn nur nicht mit Sicherheit anzugehen, es handelte sich also nicht um einen Zweifel zwischen r und g, sondern zwischen r und f.","page":625},{"file":"p0626.txt","language":"de","ocr_de":"626\nJulius Merkel.\nDie Annahme A \u2014 1 w\u00fcrde der Benutzung des arithmetischen Mittels hei der Methode der Minimal\u00e4nderungen entsprechen. Diese Annahme ist sogar hier noch eher berechtigt, da man zumeist weniger verschiedene D-Werthe benutzen wird, als sie die Methode der Minimal\u00e4nderungen liefert.\nDa hei dem Wundt\u2019schen Verfahren die Schwelle von dem Spielraum der \u00e4u\u00dferen Fehler abh\u00e4ngt, so kann man unter Umst\u00e4nden das Weh er\u2019sehe Gesetz nicht best\u00e4tigt finden, lediglich deshalb, weil die Fehler der Versuchstechnik dem Web er\u2019sehen Gesetz nicht unterliegen.\nUm das von Higier angewandte Verfahren zur Bestimmung der Schwelle, welches den Einfluss der \u00e4u\u00dferen Fehler zu beseitigen sucht, zu verstehen, muss man sich an die von Jastrow gegebene, von Kr\u00e4pelin1) vertretene Definition der Schwelle bei Versuchen ohne Gleichheitsurtheile erinnern. Jastrow meint, bei einer Zulage gleich der Unterschiedsschwelle S0 w\u00fcrde in der H\u00e4lfte der F\u00e4lle die Reizdifferenz in dem einen Sinne vergr\u00f6\u00dfert, in der anderen H\u00e4lfte in dem andern Sinne. Die eine H\u00e4lfte w\u00fcrde richtige Urtheile liefern, die andere gleiche, bez. gleiche und falsche, falls die Fehler in der Beurtheilung des Unterschiedes die doppelte Schwelle \u00fcbersteigen sollten. Die gleichen F\u00e4lle, die bei der ersten Annahme 50 ausmachen w\u00fcrden, w\u00fcrden sich beim Jastrow\u2019sehen Verfahren zu gleichen Theilen in \u00bbscheinbare\u00ab richtige und \u00bbscheinbare\u00ab falsche verwandeln. Dasselbe w\u00fcrde auch beim Vorhandensein wirklicher falscher F\u00e4lle mit den \u00fcbrigen Gleichheitsf\u00e4llen sich ereignen. Sonach w\u00fcrde die Schwelle im Maximum durch 75 % richtige F\u00e4lle charakterisirt sein, die unterste Grenze w\u00fcrde 50 % betragen.\nBei der von Higier angewandten Bestimmungsweise der Schwelle wird nun zun\u00e4chst beim aufsteigenden Verfahren diejenige Zulage ermittelt, bei welcher die wirklichen falschen F\u00e4lle aufh\u00f6ren [b'), sodann die Zulage, bei welcher nur noch richtige F\u00e4lle auf-treten (c'). Dieselben Werthe bestimmt man beim absteigenden Verfahren (c\", b\"). .\n1) Phil. Stud. VI, S. 511.","page":626},{"file":"p0627.txt","language":"de","ocr_de":"Theoretische und experimentelle Begr\u00fcndung der Fehlermethoden. Higier bestimmt dann die arithmetischen Mittel:\n\u25a0 b' + b\" c' + c\"\n2 aQd 2\n627\nund bezeichnet den Mittelwerth aus ihnen als mittlere Schwelle. Nach meinem Verfahren w\u00fcrde :\nsein und die Schwelle den Werth:\noder genauer S \u2014\n2RJ 4 R + J\nerhalten. Um den Einfluss der \u00e4u\u00dferen Fehler, welche die wirklichen falschen F\u00e4lle veranlassen, zu beseitigen, w\u00fcrde ich J aus der Differenz :\nc + o\" V + b\"\n2 2\nbilden, w\u00e4hrend Higier die Summe dieser Gr\u00f6\u00dfen nimmt. In dem von Higier benutzten Beispiele w\u00e4re der Unterschied 5,25 \u2014 1,75 \u2014 3,5, also wesentlich geringer als die Summe.\nNun hat aber Higier die Werthe c' und c\" nur ausnahmsweise erreicht, in den Mittelwerthen niemals; \u00fcberdies sind diese Werthe s\u00e4mmtlich durch den Einfluss des constanten Fehlers beeintr\u00e4chtigt. Derselbe w\u00fcrde sich ja zum gr\u00f6\u00dften Theile eliminiren, wenn man die obige Differenz bildete ; allein dies ist eben wegen der Unkenntnis der g unm\u00f6glich. Deshalb pr\u00fcft Higier die Jastrow\u2019sche\nb' | })'\nForderung f\u00fcr die Werthe \u2014-\u2014 allein und findet, dass sich f\u00fcr\ndiese Schwelle im Durchschnitte 71,1# richtige F\u00e4lle ergeben. b' | b,r\nDie Werthe----------haben doch aber mit der Unterschiedsschwelle\nabsolut nichts gemein, sie sind lediglich bedingt durch die Gr\u00f6\u00dfe der zuf\u00e4lligen Fehler. Es ist reiner Zufall, dass sich jene die Jastrow\u2019schen Festsetzungen scheinbar best\u00e4tigende Zahl richtiger F\u00e4lle bei der entsprechenden Zulage ergeben hat. Nach meinen\nBerechnungen (siehe S. 573) m\u00fcsste bei Higier:\n2","page":627},{"file":"p0628.txt","language":"de","ocr_de":"628\nJulius Merkel.\nbetragen1). Nehmen wir \u2014-\u2014 = 3 an, was indessen infolge des\nJj\t\u00bb\nconstanten Fehlers viel zu hoch gegriffen ist, so wird die Schwelle :\nSn\n20,8\u20143\n= 8,9,\nalso ~ \u2014 0,00445. F\u00fcr diesen Werth ergeben sich aber etwa 87%\nb' + b\"\nrichtige F\u00e4lle2). Beachtet man \u2014\u2014\u2014 nicht, so erh\u00e4lt man\nA\ns\n-\u00df = 0,0052, S0 \u2014 10,4. F\u00fcr diesen Schwellenwerth erh\u00e4lt man\n91 % richtige F\u00e4lle. Der richtige Werth liegt jedenfalls innerhalb der Grenzen 87 und 91^. Bei meinen Versuchen ergab sich der Werth 92 bis 96^, weil die zuf\u00e4lligen Fehler einen verh\u00e4ltniss-m\u00e4\u00dfig geringeren Spielraum einnahmen. Kr\u00e4pelin sagt im Hinblick auf die Ergebnisse Higier\u2019s: \u00bbHigier\u2019s Versuche ergeben f\u00fcr 2 Distanzen mit Zulassung von Gleichheitsf\u00e4llen im Durchschnitte 13 ^ wirkliche falsche F\u00e4lle. Die Unterschiedsschwelle h\u00e4tte demnach 68,5^ richtiger F\u00e4lle nach dem Jastrow\u2019schen Verfahren ergeben m\u00fcssen. Trotzdem lieferte die Berechnung mit H\u00fclfe der allerdings unsicheren experimentell gefundenen Unterschiedsschwelle einen Werth von 74,5^. Die Zahl der richtigen F\u00e4lle erwies sich somit auch hier, wahrscheinlich infolge eines Erwartungsfehlers, verh\u00e4ltnissm\u00e4\u00dfig zu gro\u00df, wenn auch lange nicht in dem Ma\u00dfe, wie bei den Versuchen mit Gleichheitsurtheilen.\u00ab\nWie erkl\u00e4ren sich aber diese einander v\u00f6llig widersprechenden Ergebnisse? Einfach dadurch, dass die von Jastrow herr\u00fchrende Definition der Schwelle in doppelter Hinsicht v\u00f6llig falsch ist. Da infolge der G\u00fcltigkeit des Gau\u00df\u2019sehen Gesetzes, welche ja die Versuche \u00fcberhaupt erst erm\u00f6glicht und die Anwendung der Formeln gestattet, kleine Fehler h\u00e4ufiger auftreten als gro\u00dfe, vertheilen sich die Fehler nach beiden Seiten nicht gleichf\u00f6rmig, sondern wie es\n1)\tHigier selbst ist der Meinung, dass diese Werthe bei vorschriftsm\u00e4\u00dfigem Versuchsverfahren h\u00e4tten gr\u00f6\u00dfer ausfallen m\u00fcssen.\n20 8 -4- 3\n2)\tNach der Formel von Higier w\u00fcrde man sogar S0 = \u2014\u2014 ~r - = 11,9 erhalten. Dann w\u00e4re r > 94#,","page":628},{"file":"p0629.txt","language":"de","ocr_de":"629\nTheoretische und experimentelle Begr\u00fcndung der Fehlermethoden.\n*\nFigur 9 darstellt. Es ergeben sich daher nicht gleich viel scheinbar richtige und scheinbar falsche F\u00e4lle, sondern diese Zahlen sind wesentlich verschieden, sie sind um so verschiedener, je kleiner der Spielraum der zuf\u00e4lligen Fehler \u00fcberhaupt ist.\nNehmen wir an, die Fehler bei Beurtheilung des Unterschiedes der beiden Reize \u00fcberschritten nicht die Unterschiedsschwelle, so w\u00fcrde man f\u00fcr die Schwelle 100 richtige Urtheile nach dem Verfahren Jastrow\u2019s erhalten, erreichen sie gerade die doppelte Unterschiedsschwelle, so erh\u00e4lt man 90,8 richtige Urtheile, erreichen sie den 5fachen Betrag der Unterschiedsschwelle, so erh\u00e4lt man 70,25 richtige F\u00e4lle. Diese Werthe ergeben sich, wenn man die f\u00fcr die Versuche Higier\u2019s geeigneten Zahlen (Seite 573) in \u00e4hnlicher Weise benutzt, wie es in Fig. 9 geschehen ist. Hiernach d\u00fcrfte es sich schwerlich empfehlen, Versuchsanordnungen zu w\u00e4hlen, bei welchen man die obere Grenze nach Jastrow erhielte, denn es m\u00fcssten dann Fehler bis zum vierfachen Betrage der Schwelle m\u00f6glich sein.\nDie von Jastrow bestimmte Schwelle w\u00fcrde nur dann richtig sein, wenn gr\u00f6\u00dfere und kleinere Fehler dieselbe Wahrscheinlichkeit h\u00e4tten, d. h. wenn etwa in der Columne F. Z. S. 573 statt der von 10,6 bis 0,45 abnehmenden Zahlen immer die Zahl 5 sich bef\u00e4nde, und wenn sich die Fehler mindestens \u00fcber die doppelte Schwelle erstreckten. F\u00fcr die oben angenommenen M\u00f6glichkeiten \u00fcber die Ausdehnung der Fehlergrenze erh\u00e4lt man statt der Zahlen 100 r, 90,8r und 70,25y die Werthe: 100y, 75rund60r. Der Maximalwerth 75r von Jastrow ist also unter allen Umst\u00e4nden falsch, die \u00fcbrigen Werthe erh\u00f6hen sich nicht infolge eines Erwartungsfehlers, sondern weil das Gau\u00df\u2019sehe Gesetz der Fehlervertheilung gilt. Dem Werth r = 75 von Jastrow entspricht der wahrscheinliche Fehler F, die Schwelle erreicht etwa den doppelten Betrag (S \u2014 2 F).\nWie praktisch die Unterscheidung in \u00bbscheinbare\u00ab richtige und \u00bbscheinbare\u00ab falsche F\u00e4lle und \u00bbwirkliche\u00ab richtige und \u00bbwirkliche\u00ab falsche F\u00e4lle der Beibehaltung der Gleichheitsf\u00e4lle vorzuziehen sein soll, ist mir schwer verst\u00e4ndlich, ich halte diese \u00bbscheinbaren\u00ab F\u00e4lle f\u00fcr verkappte Gleichheitsf\u00e4lle und bin f\u00fcr Zulassung derselben unter ihrer richtigen Flagge. _________________\n(Schluss folgt im n\u00e4chsten Hefte.)","page":629}],"identifier":"lit4188","issued":"1892","language":"de","pages":"558-629","startpages":"558","title":"Theoretische und experimentelle Begr\u00fcndung der Fehlermethode","type":"Journal Article","volume":"7"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T12:22:57.578321+00:00"}