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{"created":"2022-01-31T14:23:44.480276+00:00","id":"lit4209","links":{},"metadata":{"alternative":"Philosophische Studien","contributors":[{"name":"Merkel, Julius","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Philosophische Studien 10: 140-159","fulltext":[{"file":"p0140.txt","language":"de","ocr_de":"Die Abh\u00e4ngigkeit zwischen Reiz und Empfindung.\nVon\nDr. Julius Merkel\nin Zittau.\nVierte Abtheilunsc.\nI. Die Verh\u00e4ltniss- und Unterschiedshypothese.\nSeit der Ver\u00f6ffentlichung der III. Abtheilung1) meiner Arbeit \u00fcber die Abh\u00e4ngigkeit zwischen Beiz und Empfindung ist ein l\u00e4ngerer Zeitraum verflossen. W\u00e4hrend desselben habe ich auf Grund genauerer psychophysischer Methoden zahlreiche neue Untersuchungen im Gebiete des Schallma\u00dfes angestellt.\nAls ich die I. Abtheilung2) dieser Arbeit der Oeffentlichkeit \u00fcbergab, hatte die Unterschiedshypothese von Fechner einen nahezu unangefochtenen Sieg \u00fcber die Verh\u00e4ltnisshypothese von Plateau errungen, nur hinsichtlich der Deutung der logarithmischen Abh\u00e4ngigkeit gingen die Meinungen weit aus einander. Hatte doch selbst Plateau seine Hypothese auf Grund der Versuche Del-boeuf\u2019s preisgegeben!\nW\u00e4hrend die Ergebnisse meiner Versuche mich immer entschiedener von der Richtigkeit der Verh\u00e4ltnisshypothese \u00fcberzeugten, folgerte Frank Angell3) aus Versuchen in demselben Reizgebiete, dass die Verh\u00e4ltnisshypothese der Abh\u00e4ngigkeit zwischen Reiz und Empfindung, insofern sie auf die Ergebnisse der Methode der mittleren Abstufungen und der Methode der doppelten Reize gegr\u00fcndet\n1) Phil. Stud. V, S, 499-557.\n3) Ebenda, VII, S. 469.\n2) Ebenda, IV, S. 541\u2014594.","page":140},{"file":"p0141.txt","language":"de","ocr_de":"Die Abh\u00e4ngigkeit zwischen Reiz und Empfindung.\n141\nwerde, nicht g\u00fcltig sei, dass vielmehr die Unterschiedshypothese zu Recht bestehe. Ich will mich aus den bereits in der Einleitung zur I. Abtheilung angedeuteten Gr\u00fcnden nicht eingehender mit den theoretischen Auseinandersetzungen Angell\u2019s befassen, ich versp\u00fcre auch wenig Neigung, ihm mit M\u00fcnsterberg in das psychologische Labyrinth \u00bbdes gesch\u00e4tzten Unterschieds der Unterschiede der absoluten Unterschiedsempfindungen\u00ab1) zu folgen, ich will vielmehr an das Ergebniss ankn\u00fcpfen, das Angell2) in die Worte zusammenfasst:\n\u00bbIch finde also nicht, dass die Verh\u00e4ltnisshypothese den wesentlichen Forderungen einer wissenschaftlichen Hypothese entspricht, indem sie weder 1) eine genaue Zusammenfassung der Thatsachen ist, noch 2) auf deductive Weise Folgerungen gestattet, welche mit den Resultaten von Beobachtungen vergleichbar sind. Endlich, insoweit sie auf dem Hering\u2019schen Relativit\u00e4tssatz beruht, scheint mir die Verh\u00e4ltnisshypothese ebenso sehr metaphysisch als psychologisch zu sein.\u00ab\nDie Versuche \u00fcber das Web er\u2019sehe Gesetz haben im Gebiete des Schallma\u00dfes durchg\u00e4ngig gezeigt, dass der Reizzuwachs, welcher eine ebenmerkliche Empfindung hervorruft, mit dem Ausgangsreiz ein constantes Verh\u00e4ltniss bildet, dass also die Beziehung:\nthats\u00e4chlich besteht. Gegen die Annahme, dass auch der Empfindungszuwachs zur Ausgangsempfindung ein gewisses Verh\u00e4ltniss bilden m\u00fcsse, l\u00e4sst sich nichts einwenden, so lange \u00fcber die Gr\u00f6\u00dfe dieses Verh\u00e4ltnisses keine Festsetzung getroffen wird. Man kann daher :\nsetzen, worin c vorl\u00e4ufig noch unbestimmt ist. Die Gleichungen (1) und (2) liefern:\nJe\tJr\ne\tr\n(3)\n1) Phil. Stud. VII, S. 423.\n2) Ebenda, S. 419.","page":141},{"file":"p0142.txt","language":"de","ocr_de":"142\nJulius Merkel.\noder, wenn man zur Differentialformel \u00fcbergeht :\nde dr\ne\tr\n(4)\nDurch Integration erh\u00e4lt man:\ne \u2014 kr*...........................(5)\nDie vorstehende Formel enth\u00e4lt die von den Ma\u00dfeinheiten abh\u00e4ngige Constante h und den noch unbestimmten Exponenten e, \u00fcber dessen Gr\u00f6\u00dfe sich nichts aussagen l\u00e4sst, dessen Constanz nicht einmal feststeht, da er von c mit abh\u00e4ngig ist.\nDa \u00fcber das Verh\u00e4ltniss \u2014 = c die Versuche \u00fcber das Weber-\ne\nsehe Gesetz keinerlei Auskunft geben, ist also e vorl\u00e4ufig als unbekannt anzusehen. Grotenfelt1) leugnet die M\u00f6glichkeit der Bestimmung des Werth es von e grunds\u00e4tzlich.\nF\u00fcr e \u2014 1 wird e \u2014 kr, d. h. die Empfindung w\u00e4chst proportional mit dem Reize.\nF\u00fcr e = 0 wird e = k. F\u00fchrt man diesen Werth in die Gleichung (3) ein und ersetzt man /es durch n, so ergibt sich:\noder :\n(6)\n(6')\nworaus unter Beachtung des Schwellenwerthes p folgt:\ne - TT log nat\n(6\")\nSonach enth\u00e4lt Formel (5) auch den besonderen Fall, welcher zu der Fechner\u2019schen logarithmischen Formel f\u00fchrt. (Die Bedenken, welche sich gegen die Ueberf\u00fchrung in die Differentialformeln und gegen die Constantenbestimmung erheben lassen, sollen im n\u00e4chsten Abschnitte er\u00f6rtert werden.)\n1) Das Weber\u2019sche Gesetz and die psychische Relativit\u00e4t, acadetn. Abhandl. von Arwid Grotenfelt. Helsingfors 1888. S. 149,","page":142},{"file":"p0143.txt","language":"de","ocr_de":"Die Abh\u00e4ngigkeit zwischen Reiz und Empfindung.\n143\nG\u00fcnstiger, als bei der Bestimmung der ebenmerklichen Unterschiede, liegen die Verh\u00e4ltnisse bei der Bestimmung der doppelten Reize, falls man diese Aufgabe \u00fcberhaupt als l\u00f6sbar betrachtet. Angenommen, r2 sei der Reiz, welcher nach der Empfindung doppelt so gro\u00df wie rt gesch\u00e4tzt wird, so erh\u00e4lt man:\nd. h.\ne?f\n\u2014 2\nlog 2\nMi?)\n(7)\nDiese Formel gibt f\u00fcr e \u2014 1 : log|^j = log 2 , d. h. r~ = 2 , dagegen f\u00fcr e = 0: log\u2014 = oo, d. h. einen untauglichen Werth. Dieser\nFehlschlag ist indess wohl erkl\u00e4rlich; denn f\u00fcr die verschiedenartigsten Reizverh\u00e4ltnisse geben die Logarithmen den Werth 2, so z. B. f\u00fcr die Reize 4 und 2, 100 und 10, 10000 und 100 u. s. w., also f\u00fcr die Reizverh\u00e4ltnisse 2, 10, 100 u. s. w.\nW\u00e4hrend die Methode der doppelten Reize also auch in theoretischer Beziehung nicht v\u00f6llig befriedigt, gen\u00fcgt die Methode der mittleren Abstufungen in jeder Hinsicht. Man erh\u00e4lt, wenn ru und r0 die Grenzreize, rm den erhaltenen mittleren Reiz darstellt:\nd. h.\n6 ru + r0(\n' m\n(8)\nDiese Formel gibt f\u00fcr e = 1 den Werth:\nrm \u2014\nru + r0\nd. h. also das arithmetische Mittel aus den Grenzwerthen. In diesem lalle liefert also die Methode der mittleren Abstufungen bei G\u00fcltigkeit des Weber\u2019schen Gesetzes die arithmetischen Mittel. Die Empfindung w\u00e4chst proportional mit dem Reize gem\u00e4\u00df der Gleichung :\ne \u2014 kr\nUnd die Verh\u00e4ltnisshypothese gilt in der vereinfachten Form:","page":143},{"file":"p0144.txt","language":"de","ocr_de":"144\nJulius Merkel.\n/le\ne\nJr\nr\nDagegen l\u00e4sst sich durchaus nichts einwenden.\nF\u00fcr e = 0 gibt Gleichung (8) :\tf\nalso eine richtige identische Gleichung. Indessen ist damit noch in keiner Weise bestimmt, f\u00fcr welchen Werth von rm der Exponent e den Werth 0 erh\u00e4lt.\nDie Gleichung (8) l\u00e4sst sich unter Benutzung eines IT\u00fclfs-winkels aufl\u00f6sen. Man setze:\nlog sin l 0,1505\n(\u00bb)\nlog cos l + 0,1505\nund berechne sich aus dieser Gleichung f\u00fcr \u00c2 = 45\u00b0 bis 90\u00b0 den Werth A. (Siehe die unten S. 147 folgende Tabelle.) Man erh\u00e4lt f\u00fcr den Grenzwertli l = 45\u00b0 den Werth \u2014 1 und f\u00fcr 90\u00b0 den Werth 0. Zwischen diesen Grenzen liegen alle andern Werthe. F\u00fcr den jeweils gewonnenen Werth rm berechne man A aus der Gleichung:\nt_ IpQ ro \u2014 loSrm\t......./10)\nlogrm\u2014^ru '\nentnehme aus der Tabelle den entsprechenden Werth l und bestimme e aus der Gleichung:\n2 log sin^, + 0,3010\nlog r0\nlogrTO\n(H)\nDie Gleichung (10) l\u00e4sst sich auch schreiben:\nA = \u2014\nlog \u2014 r,\nm\nlog^ \u00b0 r ' u\nund da f\u00fcr rm \u2014 Vru r0 die Verh\u00e4ltnisse \u2014 und \u2014 gleich sind,\nrm ru\nwird A \u2014 \u2014 1. Diesem Werthe entspricht /. \u2014 45\u00b0, also:\nsin k = 0,8495 \u2014 1.","page":144},{"file":"p0145.txt","language":"de","ocr_de":"Die Abh\u00e4ngigkeit zwischen Reiz und Empfindung.\n145\nF\u00fcr e ergibt sich sonach:\n 2 (0,8495 \u2014 1) + 0,3010 logr0 \u2014 logrm \u2019\noder e = 0, da der Nenner von Null verschieden ist.\nSonach entspricht die Gleichung (5) allen Anforderungen, welche an eine derartige Formel gestellt werden k\u00f6nnen. Die Versuche nach der Methode der mittleren Abstufungen gestatten die Bestimmung von e, gleichviel ob sie die arithmetische oder die geometrische Mitte oder irgend einen \u00e4ndern Werth liefern. F\u00fcr die arithmetische Mitte ergibt sich 6 = 1, f\u00fcr die geometrische Mitte e \u2014 0, f\u00fcr dazwischen liegende Werthe liegt e zwischen 0 und 1 und f\u00fcr kleinere bez. gr\u00f6\u00dfere Werthe als die geometrische und arithmetische Mitte erh\u00e4lt man negative Werthe oder Werthe, welche gr\u00f6\u00dfer als 1 sind.\nIm ersten Falle ergibt sich die Hypothese \u2014 = \u2014 , also die Ver-\nh\u00e4ltnisshypothese in ihrer einfachsten Form, und im zweiten Falle.\nJe = n \u2014 , also die Unterschiedshypothese.\nDiesen Standpunkt1) habe ich bereits in der ersten Abtheilung meiner Abhandlung vertreten. Ich betonte damals, dass diese F\u00e4lle nicht die einzig m\u00f6glichen seien, dass sich sehr wohl auch ein zwischen dem geometrischen und arithmetischen Mittel gelegener Werth ergeben k\u00f6nne. Ich glaubte damals, dass sich alsdann das Web ersehe Gesetz nicht gleichzeitig als g\u00fcltig erweisen k\u00f6nne, und dass man eine complicirtere Voraussetzung \u00fcber das Verh\u00e4ltniss ebenmerklicher Empfindungen machen m\u00fcsse, als die genannten Hypothesen. Die Versuche haben thats\u00e4chlich solche mittlere Werthe geliefert, f\u00fcr die ich angen\u00e4hert den Werth e der complicirteren\nVoraussetzung: \u2014- = 6 bereits ermittelt habe. Die G\u00fcltigkeit des Weber\u2019schen Gesetzes ist indess lediglich an die Constanz des Werthes e gekn\u00fcpft.\nIch glaube hiermit, im Gegens\u00e4tze zu der Ansicht Angell\u2019s, gezeigt zu haben, dass die Verh\u00e4ltnisshypothese alle Thatsachen\n*) phil- Stud. IV, S. 548. Wundt, Philos. Studien. X.\n10","page":145},{"file":"p0146.txt","language":"de","ocr_de":"146\nJulias Merkel.\numfasst, welche die Versuche \u00fcberhaupt nur ergeben k\u00f6nnen, und dass sich aus ihr deductiv alles folgern l\u00e4sst, was man von den Versuchen \u00fcberhaupt nur erwarten kann. Ueberdies habe ich bei den vorstehenden Entwickelungen weder das Hering\u2019sche Relativit\u00e4tsgesetz noch die Wundt\u2019sche Relativit\u00e4tslehre gestreift.\nIm Hinblick auf die vorausgehenden Auseinandersetzungen l\u00e4sst sich etwa sagen :\nWir besitzen in unserem Bewusstsein nur ein relatives Ma\u00df der in ihm vorhandenen Zust\u00e4nde, wir m\u00fcssen also eine Empfindung immer an einer andern messen. Handelt es sich nur um zwei Empfindungen, so beurtheilen wir die zweite nach ihrem Verh\u00e4ltniss zur ersten, und wir verm\u00f6gen zwei Empfindungen erst dann zu unterscheiden, wenn ihr Verh\u00e4ltniss eine gewisse Gr\u00f6\u00dfe erreicht hat. Handelt es sich um drei Empfindungen, so verm\u00f6gen wir anzugeben, ob die zweite n\u00e4her an der ersten oder zweiten liegt, oder ob sie die Mitte einnimmt. Im ersten Falle verm\u00f6gen wir nicht zu entscheiden, ob das Verh\u00e4ltniss der Empfindungen gleichwerthig mit dem Verh\u00e4ltniss der Reize sei.\nDie Ermittelung der Constanten k und tc ist uns unm\u00f6glich, wir k\u00f6nnen daher nur untersuchen, wie die Empfindungen mit den Reizen wachsen, die absoluten Werthe f\u00fcr die Empfindungen werden wir wahrscheinlich niemals zu ermitteln verm\u00f6gen. Man kann daher diese Constanten der Einfachheit wegen gleich 1 setzen.","page":146},{"file":"p0147.txt","language":"de","ocr_de":"Die Abh\u00e4ngigkeit zwischen Reiz und Empfindung.\n147\nTabelle zur Berechnung des Exponenten \u00ab der Formel rms\n2\nA _ log r0 \u2014 log^TO I _ log sin 1 + 0,1505) t) logrm\u2014logt( log cosX + 0,1505)\n 2 log sin l -f- 0,301 _ logr0 \u2014 log rm ..........\n(I)\n(II)\nMan berechne \u2014 A nach Formel (I), suche in der Tabelle den Werth l und berechne e nach Formel (II).\n(Die Tabelle reicht von e = 0 bis 8=1.)\n\u2014 A\tX\tDifferenz f\u00fcr A = 0,001\t\u2014 A\tX\tDifferenz f\u00fcr A = 0,001\n1\t45\u00b0\t\u2014\t0,426\t68\u00b0\t3,33'\n0,962\t46\u00b0\t1,63'\t0,408 *\t69\u00b0\t3,33'\n0,930\t47\u00b0\t1,87'\t0,391\t70\u00b0\t3,53'\n0,899\t48\u00b0\t1,94'\t0,374\t71\u00b0\t3,53'\n0,869\t49\u00b0\t2,00'\t0,358\t72\u00b0\t3,75'\n0,839\t50\u00b0\t2,00'\t0,342\t73\u00b0\t3,75'\n0,810\t51\u00b0\t2,07'\t0,326\t74\u00b0\t3,75'\n0,782\t52\u00b0\t2,14'\t0,310\t75\u00b0\t3,75'\n0,755\t53\u00b0\t2,22'\t0,295\t76\u00b0\t4,00'\n0,728\t54\u00b0\t2,22'\t0,280\t77\u00b0\t4,00'\n0,703\t55\u00b0\t2,40'\t0,265\t78\u00b0\t4,00'\n0,678\t56\u00b0\t2,40'\t0,250\t79\u00b0\t4,00'\n0,653\t57\u00b0\t2,40'\t0,235\t80\u00b0\t4,00'\n0,630\t58\u00b0\t2,61'\t0,221\t81\u00b0\t4,29'\n0,607\t59\u00b0\t2,61'\t0,207\t82\u00b0\t4,29'\n0,585\t60\u00b0\t2,73'\t0,193\t83\u00b0\t4,29'\n0,563\t61\u00b0\t2,73'\t0,179\t84\u00b0\t4,29'\n0,542\t62\u00b0\t2,86'\t0,164\t85\u00b0\t4,00'\n0,522\t63\u00b0\t3,00'\t0,149\t86\u00b0\t4,00'\n0,502\t64\u00b0\t3,00'\t0,133\t87\u00b0\t3,75'\n0,482\t65\u00b0\t3,00'\t0,115\t88\u00b0\t3,33'\n0,463\t66\u00b0\t3,16'\t0,094\t89\u00b0\t2,86'\n0,444\t67\u00b0\t3,16'\t0\t90\u00b0\t0,64'\n1) Wird nur ben\u00f6thigt, wenn sieh die Kenntniss weiterer Werthe f\u00fcr 1 und A n\u00b0thig machen sollte.\n10*","page":147},{"file":"p0148.txt","language":"de","ocr_de":"148\nJulius Merkel.\nIL Die logarithmische Abh\u00e4ngigkeit zwischen Reiz und Empfindung.\nBekanntlich haben die aus der Fechner\u2019schen Formel sich ergehenden negativen Empfindungen, die hei den geringsten Reizen ungeheure Werthe annehmen, ohne jedoch appercipirt zu werden, un\u00fcbersehbare Er\u00f6rterungen veranlasst. Trotzdem ist zu bezweifeln, ob irgend jemand sich aus voller Ueberzeugung mit ihnen befreundet habe.\nBevor ich auf diese negativen Empfindungen des n\u00e4heren eingehe, m\u00f6chte ich die logarithmische Abh\u00e4ngigkeit zwischen Reiz und Empfindung auf Grund der verschiedenen Darstellungen etwas n\u00e4her beleuchten.\nDas logarithmische Gesetz bezieht sich zun\u00e4chst auf nat\u00fcrliche Logarithmen. In dieser Form ist es auf wesentlich verschiedenen Wegen von Fechner, Wundt und Bernstein abgeleitet worden. Andere Forscher haben die Formel entweder in der genannten Form angenommen oder sie haben, wie Delboeuf, Helmholtz, M\u00fcller und Langer, einige Aenderungen vorgenommen, welche den Charakter der Formel nicht ber\u00fchren, sondern lediglich den Abweichungen vom Weber\u2019schen Gesetz Rechnung tragen sollen. Auf die ver\u00e4nderte Deutung, welche Wundt in der neuesten Auflage seiner physiologischen Psychologie der logarithmischen Formel zu Grunde legt, komme ich sp\u00e4ter zur\u00fcck. In neuerer Zeit hat Chr. Wiener1) in seiner Arbeit \u00fcber \u00bbdie Empfindungs-einheit zum Messen der Empfindungsst\u00e4rke\u00ab auf Grund experimenteller Versuche aus dem Gebiete der Lichtempfindungen f\u00fcr den absoluten (!) Werth der Empfindungsst\u00e4rke die Formel:\nlogr + 4 e = ^0,0414\nabgeleitet, in welcher k\u00fcnstliche Logarithmen zu Grunde zu legen sind.\nIch will f\u00fcr die Formeln von Fechner und Wiener einige Zahlenbeispiele anf\u00fchren. Die Formel (6\") gibt f\u00fcr den Reiz r = 0,054 und die Schwelle q = 0,02 f\u00fcr e den Werth:\n1) Ann. der Phys. und Chem. N. F. Bd. XLVII. S. 659.","page":148},{"file":"p0149.txt","language":"de","ocr_de":"Die Abh\u00e4ngigkeit zwischen Reiz und Empfindung.\n149\ne \u2014 \\ 7t,\nund f\u00fcr den 21fachen Reiz 1,134 den Werth :\ne = 4?r.\nF\u00fcr den Reiz r \u2014 1 und dieselbe Schwelle wird:\ne =\u00b1= 3,91 st\nund f\u00fcr den Reiz 1000:\ne = 10,82sr ,\nd. h. w\u00e4hrend der Reiz den lOOOfachen Betrag erreicht, steigt die 0 Empfindung nur um das 2,77fache. Um die vierfache Empfindung zu erhalten, m\u00fcsste man einen Reiz von mehr als 120000 benutzen.\nAuf Grund der Formel von Wiener wird f\u00fcr den Reiz r = 1 die Empfindung e = 96,6, f\u00fcr r = 10, e \u2014 127,7, f\u00fcr r \u2014 100, e = 144,9, f\u00fcr r = 1000, e = 169 und endlich f\u00fcr r = 10000, e \u2014 193,2.\nW\u00e4hrend hiernach der Reiz den lOOOOfachen Werth erreicht, steigt die Empfindung nur auf das doppelte. Die Erkl\u00e4rung dieser unbegreiflichen Zahlen m\u00f6chte ich namentlich von Frank Angell heischen, der bei der Methode der mittleren Abstufungen z. Th. die mittleren Proportionalen experimentell erhalten hat, der zugleich der Ansicht ist, dass sich diese aus the oretischen Gr\u00fcnden ergeben m\u00fcssen und der \u00fcberdies die fr\u00fchere Ansicht Wundt\u2019s1) vertritt, nach welcher das Sch\u00e4tzen der Empfindung em als Mitte zwischen den Empfindungen eu und e0 bedeutet, dass man die absolute Gr\u00f6\u00dfe des Unterschieds zwischen cu und em der absoluten Gr\u00f6\u00dfe des Unterschieds zwischen em und e0 gleichsetzt2).\nAuf Grund dieses letzteren Satzes, den auch ich im Hinblick auf die Methode der mittleren Abstufungen (nicht mit R\u00fcck-sicht auf die M\u00fcnsterberg\u2019sche Methode gleicher Reizverh\u00e4ltnisse)\n1)\tGegenw\u00e4rtig h\u00e4lt Wundt bei der Methode der mittleren Abstufungen sowohl die relative als auch die absolute Sch\u00e4tzung der Empfindungen je nach\ner Verschiedenheit der Versuchsbedingungen f\u00fcr m\u00f6glich. Vergl. Physiol. psychol. 4. Aufl. S. 394.\n2)\tPhil. Stud. VII, S. 422 und 449.","page":149},{"file":"p0150.txt","language":"de","ocr_de":"150\nJulius Merkel.\nnoch voll und ganz vertrete, ergibt sich eben die Gleichung (8), die selbstredend nicht verlangt, dass die Versuche die arithmetischen Mittel ergeben.\nUrtheilt man bei der Methode der mittleren Abstufungen nach gleichen Verh\u00e4ltnissen, so muss man an Stolle der Gleichung (8) die Gleichung :\nro V___irm\nrm> 'ru\nzu Grunde legen, die augenscheinlich f\u00fcr jeden Werth von e gilt und somit die Bestimmung dieser Gr\u00f6\u00dfe ebenso wenig gestattet, wie die Gleichung, welche das Web er\u2019sehe Gesetz zum Ausdruck bringt.\nF\u00fcr den Verfechter der logarithmischen Abh\u00e4ngigkeit zwischen Reiz und Empfindung kann \u00fcbrigens die Unterscheidung der Be-urtheilung gleicher Unterschiede und gleicher Verh\u00e4ltnisse im letztgenannten Sinne gar nicht in Frage kommen, denn mit R\u00fccksicht auf den Satz von Wundt erh\u00e4lt man f\u00fcr die Methode der mittleren Abstufungen:\nlog r0 \u2014 log rm = log rm \u2014 log ru ,.............(B)\nworaus ohne weiteres:\n\u2014 == \u2014\t(C)\nrm ru\nfolgt. W\u00e4hrend man also gleiche Reizverh\u00e4ltnisse als gleich beur-theilt hat, waren die absoluten Unterschiede der Empfindungen im Einklang mit dem Wundt\u2019schen Satze einander gleich. Besteht sonach die logarithmische Abh\u00e4ngigkeit, so ist die Sch\u00e4tzung (B) oder (C) als absolute zu bezeichnen, sie w\u00fcrde f\u00fcr die Reize ru \u2014 10 und r0 = 1000 den Werth rm = 100 liefern. Die relative Sch\u00e4tzungsweise oder die Beurtheilung nach gleichen Verh\u00e4ltnissen w\u00fcrde den Werth 54 f\u00fcr Rm ergeben und sich darstellen durch :\nlog^o . loSrm\nkg rm log ru \u2019\noder:\nlog\u00bbVn = Wog ru \u2022 log^.....................(D)\nIch habe bereits in der I. Abtheilung meiner Arbeit \u00fcber die Abh\u00e4ngigkeit zwischen Reiz und Empfindung angedeutet, welche","page":150},{"file":"p0151.txt","language":"de","ocr_de":"Die Abh\u00e4ngigkeit zwischen Reiz und Empfindung.\n151\nberechtigte Anwendung die Logarithmen hei der Untersuchung der Abh\u00e4ngigkeit zwischen Reiz und Empfindung erfahren k\u00f6nnen. Ich habe im Anschluss an das Gleichungssystem:\nrl = ?2==?\u00b1\nr rt r2\n(I)\nw\u00f6rtlich gesagt:\n\u00bbConstruirt man die verschiedenen r, welche ehenmerkliche Empfindungen hervorrufen, als Ordinaten, und w\u00e4hlt man als Ab-scissen die Werthe C, 2G, 3C\tso ergibt sich eine loga-\nrithmische Linie. W\u00e4hlt man auf dieser irgend zwei Reize, die einer Abscissendifferenz C entsprechen, so rufen dieselben ebenmerkliche Empfindungen hervor, ist die Abscissendifferenz gr\u00f6\u00dfer, so ist der Unterschied der Empfindungen \u00fcbermerklich, ist er kleiner, so ist ein Empfindungsunterschied nicht zu bemerken. Die einzelnen Abscissen k\u00f6nnten auch einen beliebigen andern constanten Abstand von einander ha.ben\u00ab1).\nDas Gleichungssystem (I) gibt augenscheinlich die Beziehungen:\nr, = rC' ,\nr2 \u2014 Ti C = rC2 ,\nr3 = r2C = rCs ,\nr\u201e = rCn,\ndenen noch : r = r vorausgeschickt werden k\u00f6nnte.\nSetzt man den Ausgangsreiz r = 1, so erh\u00e4lt man als Reizstufen (Ordinaten) :\nC\\ Cl, C2, C3 ____________ cn,\ndenen die Empfindungsstufen (Abscissen) :\n0 7t,\t1 Tr, 27t, 3tt .... mt,\n111 denen rt ein unbestimmbarer Factor ist, entsprechen.\nVersteht man allgemein unter rx die xte Reizstufe, so erh\u00e4lt man:\n1) Phil. Stud. IV, S. 545.\n","page":151},{"file":"p0152.txt","language":"de","ocr_de":"152\nJulius Merkel.\nrx-1 = Ox~y, J\nd. h. die Reize rx und rx_\\ vermag man eben zu unterscheiden f\u00fcr alle Werthpaare, welche innerhalb der G\u00fcltigkeitsgrenzen des Weber\u2019schen Gesetzes liegen.\nDie Gleichungen (II) dienen dazu, um f\u00fcr irgend eine Empfindungsstufe (d. h. f\u00fcr irgend einen Werth von x] die zugeh\u00f6rige Reizstufe zu ermitteln. Ist umgekehrt irgend ein Reiz R gegeben, und will man die ihm zugeh\u00f6rige Empfindungsstufe berechnen, so hat man x zu bestimmen aus der Gleichung:\nd. h. aus:\nCX = R,\n= logIi log C \u2019\noder, wenn man die Empfindungsstufen durch ex bezeichnet, der Gleichung:\n_ log\u00c4\n$x log C........................\naus\n(HI)\nHiernach ist nur f\u00fcr das Logarithmensystem, welches als Grundzahl die Gr\u00f6fse C, d. h. das Yerh\u00e4ltniss eben unterscheidbarer Reize hat, die Empfindungsstufe gleich dem Logarithmus des Reizes.\nDie Formel (III) gibt f\u00fcr R \u2014 1 den Werth: ex \u2014 0, f\u00fcr R = C den Werth ex = 1 .\nAm einfachsten wird man f\u00fcr denjenigen Reiz r den Werth 1 annehmen, welcher der Reizschwelle entspricht. Dann hat es keinen praktischen Sinn, die Reihe der Reizstufen nach r\u00fcckw\u00e4rts fortzusetzen, auch schon deshalb nicht, weil in der N\u00e4he der Reizschwelle in der Regel das Web er\u2019sehe Gesetz nicht mehr g\u00fcltig ist. W\u00e4hlt man f\u00fcr ein beliebiges innerhalb des Reizgebietes, f\u00fcr welches das Weber\u2019sche Gesetz gilt, gelegenes r den Werth 1, so erh\u00e4lt man die r\u00fcckw\u00e4rts liegenden Reizstufen durch fortgesetzte Division mit C, und die entsprechenden Empfindungsstufen durch wiederholte Subtraction von Itt, d. h. es ergibt sich:\nC~l,\tC~2,\t0~3 _____ C~n,\n\u2014 1st, \u2014 2st, \u2014 3st ....\t\u2014 nn .","page":152},{"file":"p0153.txt","language":"de","ocr_de":"Die Abh\u00e4ngigkeit zwischen Reiz und Empfindung.\n153\nDaraus geht hervor, dass die Gleichungen (II) und (III) auch f\u00fcr negative Werthe von x gelten, denen die Werthe R <( 1 entsprechen.\nGibt man dem der Reizschwelle entsprechenden Reize den Werth 1 und setzt man auch in diesem Falle die Reihe der Reizstufen nach r\u00fcckw\u00e4rts fort, so kann man nat\u00fcrlich unendlich oft durch C dividiren, ohne den absoluten Nullwerth zu erreichen, und auf der andern Seite erh\u00e4lt man unendlich viele Empfindungsstufen. Da letztere nicht appercipirt werden, hat diese Frage keine praktische Bedeutung; w\u00e4re die Reizschwelle nicht vorhanden, so w\u00fcrden ja thats\u00e4chlich zwischen 0 und 1 bereits unendlich viele Reiz-verh\u00e4ltnisse liegen, die sich ebenmerklich unterscheiden lassen.\nUm also negative Empfindungsstufen, welche nach der vorstehenden Ableitung nichts befremdendes haben, auszuschlie\u00dfen, wird man f\u00fcr den kleinsten benutzten Reiz mindestens den Werth 1 annehmen m\u00fcssen.\nSobald nun die Versuche ergeben sollten, dass das geometrische Mittel immer als Mitte zwischen zwei Reizen, welche um wesentlich mehr als die doppelte Schwelle abweichen, gesch\u00e4tzt wird, so w\u00fcrde es sich in Formel (III) um das Wachsthum der Empfindung handeln, die Formel (III) w\u00fcrde dann unmittelbar die Abh\u00e4ngigkeit zwischen Reiz und Empfindung darstellen; sobald sich jedoch Werthe herausstellen, welche dem arithmetischen Mittel n\u00e4her liegen, so bringt Formel (III) lediglich die Thatsachen des Weber-schen Gesetzes zur Darstellung. Sie gestattet dann zu berechnen, wieviel Empfindungsstufen oder Merklichkeitsstufen der Empfindung bis zu einem gegebenen Reize liegen, ohne gewisserma\u00dfen \u00fcber den Inhalt dieser Stufen etwas auszusagen.\nOffenbar kommt die Behandlung, welche Wundt in der neuesten Auflage seiner physiologischen Psychologie der Abh\u00e4ngigkeit zwischen Reiz und Empfindung gewidmet hat, den oben gegebenen Entwickelungen unter allen andern Darstellungen am n\u00e4chsten. W\u00e4hrend er fr\u00fcher das logarithmische Gesetz zwar nicht unmittelbar auf die Abh\u00e4ngigkeit zwischen Reiz und Empfindung, sondern im Gegensatz zu Fechner auf die Abh\u00e4ngigkeit zwischen Reiz und aPpercipirter Empfindung bezog, hat er nunmehr lediglich an *'er Fassung festgehalten: \u00bbDie Merklichkeit einer Empfindung","page":153},{"file":"p0154.txt","language":"de","ocr_de":"154\nJulius Merkel.\nw\u00e4chst proportional dem Logarithmus des \u00e4u\u00dferen Reizes\u00ab. Dagegen vertritt Chr. Wiener in neuester Zeit den Fechner\u2019schen Standpunkt am energischsten. Er ber\u00fccksichtigt zwar neben der Schwelle auch die Verh\u00e4ltnissschwelle, glaubt aber, dass seine logarithmische Formel den absoluten Werth der Empfindungsst\u00e4rke zum Ausdruck bringe. Ich m\u00f6chte Formel (III) in folgenden Satz kleiden:\nDie Merklichkeitsstufe der Empfindung w\u00e4chst proportional dem Logarithmus des Reizes, getheilt dnrch den Logarithmus des ehenmerklichen Reizverh\u00e4ltnisses.\nDer letzte Zusatz ist von Wichtigkeit. Die Formel (III) ist abgeleitet worden, ohne auf die Differentialformel zur\u00fcckzugehen, sie liefert f\u00fcr R = 1 und R \u2014 C die richtigen Werthe, w\u00e4hrend die Fechner\u2019sche Formel nur im ersten Falle den richtigen Werth gibt. Entweder ist die Ueberf\u00fchrung der Formel (6) in die Differentialformel (6') nicht erlaubt, oder die Bestimmung der Integrations-constanten ist nicht richtig.\nDie Fechner\u2019sche Formel lautet:\ne = it log nat R + const.\nF\u00fcr R \u2014 1 oder f\u00fcr die Schwelle soll e \u2014 0 werden, was nur f\u00fcr const = 0 m\u00f6glich ist. Es soll aber weiter f\u00fcr R \u2014 C die Empfindung e = 1 sich ergeben, also wird:\n1 = it log nat C.\nDividirt man die aus der Bedingung const \u2014 0 sich ergebende Gleichung :\ne = 7t log nat R\ndurch die vorstehende Gleichung, so erh\u00e4lt man:\nlog nat R\tlogi\u00fc\nlog nat C\tlog C \u2019\nalso Formel (III). Die Wundt\u2019sche Ableitung enth\u00e4lt Formel (III) in der Form:\n_ 7, log nat R log nat b '\nes durfte nur nicht ;\u2014-\u20147 \u2014 const *) gesetzt werden, log nat b\t1 6\n1) Wundt, Physiol. Psychol. 4. Aull. S. 401.","page":154},{"file":"p0155.txt","language":"de","ocr_de":"Die Abh\u00e4ngigkeit zwischen Reiz und Empfindung.\n155\nAm deutlichsten werden die Verh\u00e4ltnisse durch Berechnung einiger Zahlenbeispiele hervortreten.\nAngenommen, der Schwellenwerth f\u00fcr ein gewisses Reizgebiet sei 0,02 und C \u2014 1|. Um negative Werthe zu vermeiden, setze man diesen Reizwerth gleich 1. Dann ergibt sich f\u00fcr die 24. und 25. Reizstufe nach Formel (II):\nr25 = 1328 (0,02 \u2022 1328 == 26,56) ,\nru = 996 (0,02 \u2022 996 = 19,92) .\nDiese Reize lassen sich sonach eben unterscheiden. In der That ist ihr Verh\u00e4ltniss (7\u20141^. Den beiden Reizen entsprechen die 25. bez. 24. Empfindungsstufe. Nach Formel (II) erh\u00e4lt man weiter f\u00fcr x \u2014 e = \\: r = C = 1|-. Nach Fechner\u2019scher Deutung w\u00fcrde hiernach zu einer Steigerung der Empfindung um das 25fache eine Reizsteigerung um das (1328 : |)fache, d. h. um das 996fache erforderlich sein. F\u00fcr die hundertste Reizstufe wird:\nr100 = 3\"111 700'000000 .\nW\u00e4hrend der Reiz den 2\"333 775'000000fachen Betrag erreicht, steigt die Empfindung nur um den lOOfachen Betrag! !\nFormel (III) gibt zun\u00e4chst umgekehrt f\u00fcr R = C den Werth 6 = 1, f\u00fcr den Reiz 100 die Empfindungsstufe 16, f\u00fcr den Reiz 5000 die Empfindungsstufe 29,6, f\u00fcr den Reiz l'OOOOOO die Empfindungsstufe 48 u. s. w.\nAuch diese Ergebnisse machen die logarithmische Ab-h\u00e4ngigkeit zwischen Reiz und Empfindung keineswegs wahrscheinlich, so dass eine abermalige Pr\u00fcfung der experimentellen Ergebnisse Angell\u2019s geradezu geboten erscheint.\nAnalog wie die Ableitung der Formel (6\") aus (6) d\u00fcrfte auch die Ableitung der Formel (5) aus (3) \u00e4hnlichen Bedenken unterliegen. Berechnet man z. B. einerseits aus Gleichung (7), welche unter Benutzung der Gleichung (5) erhalten worden ist, den Werth e und bestimmt man anderseits aus der nach (3) gebildeten Gleichung :","page":155},{"file":"p0156.txt","language":"de","ocr_de":"156\nJulius Merkel.\ndenselben Werth, so erh\u00e4lt man augenscheinlich verschiedene Gr\u00f6\u00dfen. Ich suchte daher auf \u00e4hnlichem Wege wie bei Ableitung der Formel (III) eine einwurfsfreie Formel auf Grund der Verh\u00e4ltniss-hypothese zu gewinnen. Die Annahme, dass das Verh\u00e4ltniss der Empfindungen ein anderes constantes Verh\u00e4ltniss darstelle, als das Verh\u00e4ltniss der Reizpaare, die sich eben unterscheiden, kann ausgedr\u00fcckt werden durch:\n\u2014 = rj \u2014 oder e\tr\n\u00a32 _\t\u00a32\ne\\ ~ t ri \u2019\nfl _ V)\ne\trj0\n\u00a33 = \u00a33\nei\tV2\n\u00a31\nr\n?\nrA\nV\n. _\u00fct_\ne\u201e~i\trjn-1\tt '\nRei G\u00fcltigkeit des Weber\u2019sehen Gesetzes ist indess:\n\u2014 = C, d. h. r, = rC r\n^ = C, d. h. r2 = r^C = rC2,\n= C, d. h. rn \u2014 rCn .\nrn\u20141\nAus beiden Reihen ergibt sich ohne weiteres die Formel :\ne\u201e = rjnrn = rf Cn ,\nwenn man wieder r \u2014 1 annimmt.\nF\u00fcr einen beliebigen auf die Einheit bezogenen Reiz R ist aber\nd. h.\nR= Cn, log R \u2014 n log C,\nn = r~\nlog R\nlog C\n(V)\nlog-B\ne = iyl\u00bbS 0 Jl _\n(VI)\nMan erh\u00e4lt demnach","page":156},{"file":"p0157.txt","language":"de","ocr_de":"Die Abh\u00e4ngigkeit zwischen Reiz und Empfindung. Benutzt man an Stelle der Formel (V) die Formel:\n157\ne = R*,\n(VII)\nwelche sich aus der Hypothese -j =\tohne weiteres ableiten\nlie\u00dfe, so ergibt sich:\nR* = 7p*\u00b0JR ,\nworaus :\nund\nlog^\nlog(7 +\n................(VIII)\nt] =\t............. (IX)\nfolgt. F\u00fcr e = 1 wird t] \u2014 1 und f\u00fcr s = 0 ergibt sich :\nV = n\nc\nIm ersten Falle gibt Formel (VI) Proportionalit\u00e4t zwischen Reiz und Empfindung, im letzten Falle wird e = 1, d. h. die Verh\u00e4lt-nisshypothese .muss durch die Unterschiedshypothese ersetzt werden. Die Berechnung von rj w\u00fcrde erfolgen durch die Gleichung:\ne\te\nr\n(X)\nDa indess \u2014 nicht bekannt ist, ist die Berechnung nicht ausf\u00fchr-\ne\nbar, ebenso wie auf Grund der Weber\u2019schen Versuche allein auch \u00a3 nicht ermittelt werden konnte. F\u00fcr die Methode der doppelten Reize lautet die der Gleichung (7) entsprechende Gleichung:\nworin C nat\u00fcrlich einen andern Werth hat als in Formel (X).\nBerechnet man aus dieser Gleichung, sowie aus Gleichung (7),\nin welcher ebenfalls \u2014 = G zu setzen ist, die Werthe rj und e, so\nri\nwird die Beziehung (IX) identisch erf\u00fcllt.","page":157},{"file":"p0158.txt","language":"de","ocr_de":"158\nJulias Merkel.\nF\u00fcr die Methode der mittleren Abstufungen erh\u00e4lt man auf Grund der Formel (VI) aus:\n2 em \u2014 eu + eo '\u25a0\noder:\nMm\tl\u00b0g-K\u00ab\t1\u00ab ZR0\n2 V log 0 Rm. = V\tSo,...............(XII)\n1\u00b0S Bo log Ru\t\\o%Bm\u2014 log Bu\nV logC So \u2014 ^\t^ Rm + Ru = 0 . . . (XII')\n1\nSetzt man rjlogC = k, so erh\u00e4lt man zur Bestimmung von k:\n. ilo\t. nm\nlog\u2014\tlog \n* liu Ro \u2014 \u00efk Ru Rm Ru \u2014 0....................(XII\" !\nDiese Gleichung f\u00fchrt z. B. f\u00fcr Ru =10, Rm = 100, R0 = 1000 zu einer quadratischen Gleichung f\u00fcr k, welche den Werth k = ~ gibt. Dann liefert:\n\u2014L\ti\nyylOgC - - \u2022\n'\t10 \u25a0\nund auf Grund dieses Werthes gibt Formel (VIII): e = 0. Die Formel (XII\") f\u00fchrt also auf die Unterschiedshypothese. Die Gleichung (XII) l\u00e4sst ferner auf den ersten Blick erkennen, dass sie\nf\u00fcr Rm \u2014 \u2014nur dann erf\u00fcllt ist, wenn rj = 1 gesetzt wird.\n\u25ba Anstatt die Gleichung (XII\") zu benutzen, wird man zweckm\u00e4\u00dfiger die Gleichung:\nTf \u00ab\t7? e\nRfn = U 2\t\u00b0 ..................(XIII)\nanwenden, auf Grund derselben in der im I. Abschnitt gekennzeichneten Weise e ermitteln und dann rj aus Gleichung (IX), oder, falls C nicht bekannt sein sollte, k aus der Beziehung:\nlog* =\t\u2018 log?? ...............(X\u00cfV)\nd. h. mit R\u00fccksicht auf (VIII) :\nlog k \u2014 e \u2014 1\n(XV)","page":158},{"file":"p0159.txt","language":"de","ocr_de":"Die Abh\u00e4ngigkeit zwischen Reiz und Empfindung.\t159\nberechnen. F\u00fchrt man \u00fcbrigens in Formel (YI) den constanten Werth:\t]\nrjl\u00b0s c \u2014 k\nein, woraus: folgt, so wird:\nr, = Jc\u00b0iC e = kx\u00b0sR R .\nBei Benutzung der Methode der ebenmerklichen Unterschiede und der Methode der doppelten Reize ergeben sich verschiedene Werthe f\u00fcr C und mithin auch f\u00fcr rj, w\u00e4hrend sich f\u00fcr Je derselbe Werth ergibt, vorausgesetzt dass die Yersuchsbedingungen dieselben sind. Aus diesem Grunde ist die Aufstellung der Formel (XVI), ganz abgesehen von ihrer gr\u00f6\u00dferen Uebersichtlichkeit, wichtig.\n(Fortsetzung folgt im n\u00e4chsten Heft.)","page":159}],"identifier":"lit4209","issued":"1894","language":"de","pages":"140-159","startpages":"140","title":"Die Abh\u00e4ngigkeit zwischen Reiz und Empfindung, Vierte Abtheilung","type":"Journal Article","volume":"10"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:23:44.480282+00:00"}