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{"created":"2022-01-31T12:29:38.638099+00:00","id":"lit4213","links":{},"metadata":{"alternative":"Philosophische Studien","contributors":[{"name":"Merkel, Julius","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Philosophische Studien 10: 203-248","fulltext":[{"file":"p0203.txt","language":"de","ocr_de":"Oie Abh\u00e4ngigkeit zwischen Reiz und Empfindung.\nVon\nDr. Julius Merkel\nin Zittau.\nVierte Abtheilung.\n(Fortsetzung.)\nIII. Die Methode der doppelten Reize.\nDie schwersten Angriffe Angell\u2019s sind gegen die Methode der doppelten Reize gerichtet, deren Einf\u00fchrung mir zugesprochen wird. Ich muss die Ehre dieser Priorit\u00e4t aus einem doppelten Grunde ablehnen. Einerseits bin ich nicht der erste gewesen, der diese Methode benutzt hat, anderseits habe ich sie \u00fcberhaupt nicht angewandt. Ich komme auf diesen letzteren Punkt sp\u00e4ter und wende mich zun\u00e4chst zu den Einwendungen Angell\u2019s gegen die Methode der doppelten Reize.\nDer Ver\u00f6ffentlichung meiner diesbez\u00fcglichen Versuche ging ein Briefwechsel zwischen Herrn Prof. Wundt und mir voraus. Herr Prof. Wundt war der entschiedenen Ansicht, dass erst durch Erfahrung die Kenntniss erlangt werde, was unter einer doppelten Empfindung zu verstehen sei, dass wir erst durch \u00f6fteres Einwirken zweier im Verh\u00e4ltniss 2 :1 stehender Reize das entsprechende Em-pfindungsverh\u00e4ltniss kennen lernen. Best\u00e4nde nun wirklich die log-arithmische Abh\u00e4ngigkeit zwischen Reiz und Empfindung, so w\u00fcrden hei Zugrundelegung irgend eines beliebigen Logarithmensystems die Reize 4 und 2 das Empfindungsverh\u00e4ltniss 2, die Reize 50 und !00 das Empfindungsverh\u00e4ltniss 1,18, die Reize 500 und 1000 das\n14*","page":203},{"file":"p0204.txt","language":"de","ocr_de":"204\nJulias Merkel.\nEmpfindungsverh\u00e4ltniss 1,11 u. s. w. liefern. Die von Angell benutzten Reize liegen weit ab von der Schwelle, also w\u00fcrden dem Reizverh\u00e4ltniss 2 Empfindungsverh\u00e4ltnisse entsprochen haben, die h\u00f6chstens zwischen 1,11 und 1,18 liegen konnten. Ob nun wohl f\u00fcr die Theilnehmer an den Versuchen An g ell\u2019s, welche sich nicht aus pers\u00f6nlichem, sondern aus wissenschaftlichem Interesse den Untersuchungen gewidmet haben, die beurtheilten Reizverh\u00e4ltnisse, welche zwischen 1,83 und 2,42 schwankten, nach dem unmittelbaren Eindruck der Empfindung den Werth 1,11 bis 1,18 besa\u00dfen oder einen gr\u00f6\u00dferen?\nWird, wie Herr Prof. Wundt in einem seiner damals an mich gerichteten Briefe betont, ein Reiz \u00fcberall da wieder als der zweifache eines andern aufgefasst, wo das n\u00e4mliche Verh\u00e4ltniss der Empfindungen wiederkehrt, so m\u00fcsste hei G\u00fcltigkeit der logarithmischen Abh\u00e4ngigkeit die Methode der doppelten Reize zunehmende und zwar wesentlich zunehmende Reizverh\u00e4ltnisse liefern mit der Zunahme der absoluten Reizst\u00e4rke. Sie m\u00fcsste z. B. f\u00fcr das Empfindungsverh\u00e4ltniss 2 die folgenden Reizpaare geben: 4 und 2; 10 und 3,16; 20 und 4,47; 50 und 7,07; 100 und 10 u. s. w. Die Versuche An-gell\u2019s und meine eigenen Versuche zeigen das Gegentheil, sie weisen eine Abnahme dieser Reizverh\u00e4ltnisse auf.\nAn gell1) l\u00e4sst mich auf die von Wundt erhobenen Einwendungen entgegnen: \u00bbDagegen erwidert Merkel, dass er gleich beim Beginn der Versuche, bevor Uebung eingetreten war, die doppelte Empfindung constatirte, gibt aber zu, dass er unbewusst fr\u00fcher eine bestimmte Vorstellung \u00fcber das doppelte Verh\u00e4ltniss hatte bilden k\u00f6nnen\u00ab. Ich kann nur den ersten Theil dieser Entgegnung voll und ganz gelten lassen. An Stelle des zweiten Theiles habe ich w\u00f6rtlich2) gesagt: \u00bbEs w\u00fcrde hier die Annahme nicht zur\u00fcckzuweisen sein, dass ich mir unbewusst fr\u00fcher oder bei Beginn der Versuche eine bestimmte Vorstellung \u00fcber das doppelte Empfindungsverh\u00e4ltniss gemacht h\u00e4tte, eine Vorstellung, die mit der Wirklichkeit durchaus nicht im Einklang zu sein brauchte.\u00ab Auf diesem Standpunkte stehe ich noch heute diesen Versuchen gegen\u00fcber. Ich will ihn an einem Beispiele erl\u00e4utern, an demselben\n1) Phil. Stud. VII, S. 424.\n2) Ebenda, IV, S. 547.","page":204},{"file":"p0205.txt","language":"de","ocr_de":"Die Abh\u00e4ngigkeit zwischen Reiz und Empfindung.\n205\nBeispiele, das Fechner zur Erkl\u00e4rung der logarithmischen Abh\u00e4ngigkeit benutzt hat. Man bringe in ein v\u00f6llig dunkles Zimmer eiu Licht, darauf ein zweites. Fechner meint, der Lichtzuwachs sei keineswegs doppelt so gro\u00df, sondern wesentlich geringer. Im Yerh\u00e4ltniss zur vollen Dunkelheit erscheint uns der erste Lichtzuwachs au\u00dferordentlich bedeutend, der folgende Zuwachs nur gering. Hierbei tritt deutlich die Beurtheilung nach Verh\u00e4ltnissen zu Tage. Wenden wir aber dem Lichte den R\u00fccken zu und beobachten wir die Helligkeit der Wand, so wird diese wesentlich verst\u00e4rkt durch Hinzunahme des zweiten Lichtes. Wir verm\u00f6gen aber auf Grund der Empfindung nicht zu sagen, ob die Lichtst\u00e4rke genau doppelt so gro\u00df oder mehr oder weniger als das Doppelte betr\u00e4gt. H\u00e4tte man erst den Versuch mit 2 Lichtern ausgef\u00fchrt, so w\u00fcrde man sich das Verh\u00e4ltniss einpr\u00e4gen k\u00f6nnen, und dann w\u00e4re man im Stande, dasselbe Verh\u00e4ltniss mit einer wesentlich st\u00e4rker brennenden Lampe durch Herausdrehen des Dochtes herzustellen. L\u00e4sst man das Licht auf eine durchscheinende Glasplatte fallen, so scheinen bei schwachem Lichte erleuchtete und dunkle Punkte neben einander zu liegen. Man w\u00fcrde doppelt so stark urtheilen, wenn etwa doppelt soviel Punkte erleuchtet zu sein scheinen. Nat\u00fcrlich kann es sich hier nur um eine ganz allgemeine Sch\u00e4tzung dieser beleuchteten Punkte handeln. So meine ich, k\u00f6nnen verschiedene Anhaltspunkte zur Gewinnung des Empfindungsverh\u00e4ltnisses benutzt werden, welches dem zuerst benutzten Reizverh\u00e4ltnisse entspricht. Die ersten Versuche gestalten sich um so schwieriger, je weniger Anhaltspunkte sich darbieten. Dass dabei auch unbewusste Erfahrungsmomente mit benutzt werden, oder dass man sich selbst ein bestimmtes Verh\u00e4ltniss als doppeltes bildet, das in Wirklichkeit ganz anders ist, ist ebenfalls m\u00f6glich. Vor allem k\u00f6nnen auch fern liegende Ursachen wirksam sein, die in ganz anderen Gebieten zur Bildung der Zahl 2 aus der Einheit Veranlassung gegeben haben. Hat man sich so auf irgend eine Weise eine Vorstellung \u00fcber die doppelte Empfindung bei 2 Reizen gebildet, so vermag man verh\u00e4ltnism\u00e4\u00dfig leicht dieses Verh\u00e4ltniss auch bei anderen absoluten Reizst\u00e4rken herzustellen.\nWenn Angell1) weiterhin sagt: \u00bbObgleich es vorkam, dass\n1) Phil. Stud. VII, S. 428.","page":205},{"file":"p0206.txt","language":"de","ocr_de":"206\nJulius Merkel.\ndie Reagirenden bei demselben Vergleichsreiz aussagten, dass derselbe ihnen deutlich als doppelt so stark als der Normalreiz Yorkomme, so waren doch im allgemeinen die Sch\u00e4tzungen sehr unregelm\u00e4\u00dfig und unsicher bis zum Ende der Versuche. Bald sch\u00e4tzte man sie bei einer Versuchsreihe einmal als doppelt, bald f\u00fcnf mal, bald gar nicht. Es kamen sogar Reihen vor, wo die Sch\u00e4tzungen unter doppelt, \u00fcber doppelt und doppelt bunt durch einander gemischt waren\u00ab \u2014, so kann ich nur betonen, dass mich zwar die erste Thatsache \u00fcberrascht, dass mir aber alles andere ohne weiteres begreiflich erscheint. In Folge der zuf\u00e4lligen Fehler und der bei der Beurtheilung der Reize begangenen Fehler muss das zuletzt Gesagte geradezu erwartet werden.\nAngell erkl\u00e4rt die in den Durchschnittszahlen hervortretende Regelm\u00e4\u00dfigkeit durch Erfahrungsmomente und durch die Kenntniss der Abstufungszahl. Wenn letztere bei meinen Versuchen einen Einfluss ge\u00fcbt h\u00e4tte, so w\u00fcrden sie ganz andere Ergebnisse geliefert haben, ich glaube aber auch nicht, dass sie bei den Versuchen Angell\u2019s von entscheidendem Einfluss war. W\u00e4re es der Fall gewesen, dann w\u00fcrde das wissenschaftliche Interesse der Reagirenden einigerma\u00dfen angezweifelt werden k\u00f6nnen, dann h\u00e4tten sie einfach erkl\u00e4ren m\u00fcssen:\n\u00bbWir verm\u00f6gen nicht mit irgend welcher Sicherheit zu entscheiden, wann ein Reiz doppelt so gro\u00df ist als ein anderer, wir sind gezwungen, uns an H\u00fclfsmittel zu wenden, welche ,vor der kritischen Strenge nicht standhalten, die eine in eine Wissenschaft neu eingef\u00fchrte Methodik erfordert\u201c.\u00ab\nDa auch ich der Meinung war, dass wir nicht feststellen k\u00f6nnen, wann eine Empfindung gerade doppelt so gro\u00df ist als eine andere, wandte ich eine Methode an, die ich der K\u00fcrze halber als Methode der doppelten Reize bezeichnet und folgenderma\u00dfen cha-rakterisirt habe:\n\u00bbIch lie\u00df zun\u00e4chst einen Reiz R ein wirken, der eine bestimmte Empfindung E hervorrief. Sodann bestimmte ich ebenfalls unter Anwendung der Methode der Minimal\u00e4nderungen hierzu einen zweiten Reiz Ry, welcher mindestens die doppelte Empfindung Ey zu verursachen schien. Da wahrscheinlich immer ein zu gro\u00dfer Werth f\u00fcr Ry bestimmt wurde, dienen diese Versuche nat\u00fcrlich","page":206},{"file":"p0207.txt","language":"de","ocr_de":"207\nDie Abh\u00e4ngigkeit zwischen Reiz und Empfindung.\nnicht zu exacten Messungen \u00fcber das Yerh\u00e4ltniss zwischen Reiz und Empfindung, wohl aber glaubte ich, mittels solcher Versuche \u00fcber die Verh\u00e4ltniss- und Unterschiedshypothese entscheiden zu k\u00f6nnen\u00ab1). In den Darstellungen der Methode der doppelten Reize bei den Versuchen aus dem Gebiete des Lichtsinns, des Drucksinns und des Geh\u00f6rsinns ist dieses \u00bbmindestens\u00ab oder \u00bbsicher\u00ab immer wieder hervorgehoben worden2). Bei dem Verfahren Angell\u2019s wird die doppelte Empfindung nach beiden Seiten zur Sicherstellung etwas \u00fcberschritten, wie bei der Methode der ebenmerklichen Unterschiede der Schwellenwerth. Das arithmetische Mittel soll also die doppelte Empfindung dar stellen. Ich suche eine Empfindung auf, die mir mindestens doppelt so gro\u00df zu sein scheint, als eine gegebene, ohne dass ich anzugeben verm\u00f6chte, um wieviel sie die doppelte Empfindung \u00fcbertrifft. Ja nach meiner fr\u00fcheren Aussage \u00fcber die Bildung der doppelten Empfindung beim Beginn der Versuche ist sogar die M\u00f6glichkeit nicht ausgeschlossen, dass diese Empfindung die doppelte St\u00e4rke noch gar nicht erreicht hat. Diese von mir gestellte Aufgabe wird man ohne weiteres als leichter und vielleicht auch als l\u00f6sbar anerkennen.\nWenn sonach Angell3) jedenfalls die L\u00f6sung einer schwierigeren Frage versucht hat, so \u00e4u\u00dfert er dennoch im Hinblick auf meine Versuche :\n\u00bbIn verschiedenen Sinnesgebieten hat Merkel nach dieser Methode zahlreiche Versuche ausgef\u00fchrt, und daraus f\u00fcr die Psycho-physik wichtige Schl\u00fcsse gezogen; der Werth der Experimente bez. der Schl\u00fcsse war daher nur durch eine experimentelle Pr\u00fcfung der Methode selbst zu bestimmen. Obgleich ich nun dankbar den anregenden Charakter von Merkel\u2019s Untersuchungen anerkenne, sowie die aufopfernde unerm\u00fcdliche Th\u00e4tigkeit, welche in diesen langen Reihen von Versuchszahlen niedergelegt ist, so kann ich doch nicht zugeben, dass die Methode im Gebiete des Schalles einen psychophysischen Werth hat, und dass daher deren Ergebnisse im Stande seien, ein Entscheidungsmoment zu Gunsten der Verh\u00e4ltniss-hypothese abzugeben.\u00ab\n1) Phil. Stud. IV, S. 546.\t2) Ebenda, IV, S. 562. V, S. 264 u. 516.\n3) Ebenda, VII, S. 431.","page":207},{"file":"p0208.txt","language":"de","ocr_de":"208\nJulius Merkel.\nIch muss das mir gespendete Lob zur\u00fcckweisen; denn meine Schallversuche nach der Methode der doppelten Reize haben, wie ich glaube, nicht mehr Zeit beansprucht, als die entsprechenden Versuche Angell\u2019s, ich muss weiter betonen, dass ich die Methode der doppelten Reize keineswegs f\u00fcr so werthvoll gehalten habe, um aus den Versuchen nach dieser Methode allein f\u00fcr die Psychophysik wichtige Schl\u00fcsse zu ziehen. Beides wird durch die Aeu\u00dferungen hinreichend begr\u00fcndet, die ich zu Beginn und am Schl\u00fcsse der Darstellung der Versuche nach der Methode der doppelten Reize im Gebiete der Schallst\u00e4rken ausgesprochen habe, n\u00e4mlich aus den Aeu\u00dferungen: \u00bbDa auch bei den Schallversuchen diese Methode von untergeordneter Bedeutung ist1)\u00ab und \u00bbda ich im Gebiete der Schallst\u00e4rken die Pr\u00fcfung des Weber\u2019schen Gesetzes auf Grund jahrelanger Versuche mittels der Methode der Minimal\u00e4nderungen und der Methode der Gleichheits- und Ungleichheitsf\u00e4lle bereits durchgef\u00fchrt habe, und da die Versuche nach der Methode der doppelten Reize einerseits an sich am wenigsten Bedeutung beanspruchen, anderseits nur eine Erg\u00e4nzung der Versuche nach der Methode der mittleren Abstufungen bilden, so wurden vor allem auf Grund dieser letzteren Methode m\u00f6glichst zahlreiche Versuche ausgef\u00fchrt2)\u00ab.\nGleichviel jedoch, wie die Herstellung des ersten Empfindungsverh\u00e4ltnisses bei meiner Methode zu Stande kam, gleichviel ob dabei Erfahrungen und Associationen mitwirkten oder ob es auf Grund des unmittelbaren Eindrucks der Empfindungen gebildet wurde, so verm\u00f6gen diese Versuche doch \u00fcber die G\u00fcltigkeit der Verh\u00e4ltniss-hypothese oder der Unterschiedshypothese zu entscheiden. Gilt erstere, so m\u00fcssen die gleichen Empfindungsverh\u00e4ltnissen entsprechenden Reiz Verh\u00e4ltnisse mit Zunahme der absoluten Reizst\u00e4rken constant bleiben, gilt letztere, so m\u00fcssen sie bedeutend zunehmen. Nimmt man z.B. an, der Ausgangsreiz sei 500 oder 2000 (ein Intervall, \u00fcber das sich die Angell\u2019schen Versuche erstrecken), so w\u00fcrde bei Annahme der logarithmischen Abh\u00e4ngigkeit zwischen Reiz und Empfindung das zum Empfindungsverh\u00e4ltniss 2 geh\u00f6rige Reizver-h\u00e4ltniss 500 bez. 2000 betragen m\u00fcssen!! Zu exacten Messungen\n1) Phil. Stud. Y, S. 515.\n2) Ebenda, S. 517 u. 518.","page":208},{"file":"p0209.txt","language":"de","ocr_de":"Die Abh\u00e4ngigkeit zwischen Reiz und Empfindung.\n209\n\u00fcber das Verh\u00e4ltniss zwischen Reiz und Empfindung dienen die Versuche nach der Methode der doppelten Reize nat\u00fcrlich nicht, das habe ich selbst ganz unzweideutig ausgesprochen *). Da nun meine Versuche und ebenso die Versuche Angell\u2019s in keiner einzigen Reihe eine Zunahme dieser Verh\u00e4ltnisse erkennen lassen, sondern anfangs abnehmen und dann nahezu constant bleiben, so sprechen diese Versuche trotz der gegentheiligen Meinung Angell\u2019s mit aller Entschiedenheit f\u00fcr die allgemeine Verh\u00e4ltnisshypothese.\nDer geringen Bedeutung zufolge, die ich der Methode der doppelten Reize beigemessen habe, habe ich auf Grund derselben nur vereinzelte Versuchsreihen in den letzten Jahren ausgef\u00fchrt, vor allem, um die Anwendbarkeit der Methode der richtigen und falschen F\u00e4lle zu pr\u00fcfen. Ich erhielt die fr\u00fcheren Ergebnisse im Allgemeinen best\u00e4tigt, nur waren die Werthe f\u00fcr die der doppelten Empfindung entsprechenden Reizverh\u00e4ltnisse etwas gr\u00f6\u00dfer und nur ausnahmsweise kleiner als 2. Die Ursache liegt jedenfalls darin, dass die Methode der Minimal\u00e4nderungen beim Ausgange von einem wesentlich st\u00e4rkeren Reize infolge der Nachwirkung einen zu kleinen Werth liefert. Aus diesem Grunde sind vermuthlich die von Angell und mir gefundenen Reizverh\u00e4ltnisse kleiner als 2 ausgefallen.\nIm Hinblick auf die Behauptung Ang ell\u2019s: \u00bbIch kann aber Merkel nicht zugeben, dass es ein Einwand gegen die Methode sei, dass die ersten Urtheile wesentlich schwerer zu f\u00e4llen sind als die sp\u00e4teren ; dasselbe gilt, so weit ich wei\u00df, von allen psychophysischen Sch\u00e4tzungen, insbesondere auch von denen nach der Methode der mittleren Abstufungen\u00ab kann ich zwar nicht bestreiten, dass Angell diese Erfahrung gemacht hat, ich muss aber mit aller Entschiedenheit betonen, dass ich die gegentheilige Erfahrung gewonnen habe. Bei den andern Methoden gilt es zu entscheiden, ob zwei Reize gleich sind, oder ob der eine gr\u00f6\u00dfer ist als der andere, ob ein Reiz in der Mitte zwischen zwei constanten Reizen liegt oder dem einen n\u00e4her. Diese Entscheidungen vermochte ich, vorausgesetzt, dass im letzteren Falle die constanten Reize nicht wesentlich verschieden waren, von vorn herein verh\u00e4ltnissm\u00e4\u00dfig leicht zu treffen, w\u00e4hrend die ersten Reihen nach der Methode der doppelten Reize ungleich schwieriger waren.\n1) Phil. Stud. IV, S. 546.","page":209},{"file":"p0210.txt","language":"de","ocr_de":"210\nJulias Merkel.\nDem Schlussurtheile Angell\u2019s: \u00bbDie Methode der doppelten Reize kann nicht als eine psychophysische Ma\u00dfmethode gelten\u00ab stimme ich jetzt und habe ich fr\u00fcher bereits insofern zugestimmt, als sie nicht gestattet, die Abh\u00e4ngigkeit zwischen Reiz und Empfindung zu messen, wohl aber vermag sie \u00fcber die G\u00fcltigkeit der Verh\u00e4ltniss- oder Unterschiedshypothese zu entscheiden, und insofern d\u00fcrfte ihr eine gewisse Bedeutung f\u00fcr die Psycho-physik nicht durchweg abzusprechen sein.\nIV. Die Methode der mittleren Abstufungen.\nIn der Kritik meiner Versuche spricht Angell zun\u00e4chst seine Verwunderung aus, dass ich die Anwendbarkeit der Methode der mittleren Abstufungen auf successive Reize als selbstverst\u00e4ndlich betrachtet habe. Da bei gleichzeitig einwirkenden Reizen, sowie auch bei schnell aufeinanderfolgenden eine gegenseitige Beeinflussung stattfindet, so w\u00e4re es bei der Untersuchung der Abh\u00e4ngigkeit zwischen Reiz und Empfindung eigentlich geboten, die Reize erst nach l\u00e4ngeren Zwischenr\u00e4umen einwirken zu lassen. Dann wird aber ihre Vergleichung schwer. Ich lie\u00df die Reize demnach schneller auf einander folgen und suchte die st\u00f6renden Einfl\u00fcsse durch den Wechsel der Zeitlage zu eliminiren.\nWeiter bestreitet An g eil, dass meine Versuche als eine Fortsetzung der Versuche Neiglick\u2019s zu betrachten seien und dass meine Ergebnisse in Uebereinstimmung mit den Neiglick\u2019schen sich bef\u00e4nden. Ich habe ge\u00e4u\u00dfert, dass sich die beiderseitigen Resultate nicht widersprechen, weil ich bei den kleinsten Reizen nahezu die geometrischen Mittel erhielt und weil sich die Versuche Neiglick\u2019s jedenfalls auf schw\u00e4chere Lichtintensit\u00e4ten beziehen. Nur auf letztere Thatsache bezog sich der Ausdruck Fortsetzung, und ich f\u00fcgte ausdr\u00fccklich hinzu: \u00bbabgesehen von der Verschiedenheit der Methode\u00ab. Ich gebe selbstverst\u00e4ndlich zu, dass es einer erneuten experimentellen Untersuchung bed\u00fcrfte, wenn die Ergebnisse einen Widerspruch enthalten sollten, kann jedoch nicht dem Urtheile Angell\u2019s beistimmen, der sich vorn herein auf die Seite Neiglick\u2019s stellt und stellen muss.\nAuch meine Bestimmung des Theiles der Fallenergie, welche","page":210},{"file":"p0211.txt","language":"de","ocr_de":"Die Abh\u00e4ngigkeit zwischen Reiz und Empfindung.\n211\nsich in Schallbewegung umsetzt, wird angegriffen. Meinen Untersuchungen liegt die Ermittlung des R\u00fcckpralls einer \u00fcberaus elastischen Kugel von 0,459 g bei der H\u00f6he 10 cm zu Grunde. Ich habe, da von einer Deformation der Kugel wie (der Unterlage auch bei Betrachtung mittels der Lupe nichts zu bemerken war, angenommen, dass in diesem besonderen Falle die Deformation als verschwindend klein angesehen werden k\u00f6nne. Das ist nat\u00fcrlich eine Hypothese. W\u00e4re die Deformation in Wirklichkeit bedeutend, so w\u00fcrde in der Formel i\u2014c-ph der von mir erhaltene Factor c = 0,45 noch kleiner ausfallen. Alle \u00fcbrigen Bestimmungen sind auf rein psychophysischem Wege gewonnen worden und beruhen auf der Herstellung gleicher Empfindungen unter Ausschluss des Einflusses durch das Web ersehe Gesetz. Selbstredend ist bei gr\u00f6\u00dferen Kugeln die Deformation nicht mehr als verschwindend klein zu betrachten, selbstredend \u00fcbertr\u00e4gt sich bei st\u00e4rkeren Reizen ein Theil der Fallenergie auf Bewegungen (nicht Schallschwingungen) der Fallunterlage und des Fu\u00dfbodens \u2014 allein in demselben Ma\u00dfe nimmt dann auch der R\u00fcckprall ab. W\u00e4re dies nicht der Fall, so w\u00fcrde man ja auch nicht f\u00fcr gewisse Grenzen die Proportionalit\u00e4t zwischen Schallst\u00e4rke und Fallh\u00f6he nachzuweisen im Stande sein. Sachlich kommt auf die Meinungsverschiedenheit zwischen Angell und mir r\u00fccksichtlich dieser Frage nichts an. Ich benutzte die Formel: i \u2014 eph f\u00fcr c \u2014 0,45 f\u00fcr nahezu dasselbe H\u00f6henintervall wie Angell, Angell setzt c\u2014 1, nimmt also an, dass die Schallst\u00e4rke gleich der gesammten Fallenergie sei und gibt, da sich seine Versuche nur auf ein Gewicht beziehen, nur die Werthe von h an. Wie \u00fcbrigens Angell die Von T\u00f6pler und Boltzmann ausgef\u00fchrten Bestimmungen der Reizschwelle heranziehen kann, um \u00fcber das Verh\u00e4ltniss zwischen Fallenergie und Schallbewegung einen Schluss zu ziehen, ist mir unverst\u00e4ndlich.\nZahlreich sind die Einwendungen Angell\u2019s gegen die Methode der mittleren Abstufungen und meine nach dieser Methode ausgef\u00fchrten Versuche. Es wird gen\u00fcgen, die Hauptpunkte zu ber\u00fchren, die endg\u00fcltige Entscheidung aber im Anschluss an neue Versuchsergebnisse zu treffen. An g eil1) betrachtet die Ergebnisse der Me-\nll Phil. Stud. VII, S. 420. 421. 432.","page":211},{"file":"p0212.txt","language":"de","ocr_de":"212\nJulius Merkel.\nthode der mittleren Abstufungen nur dann als eine Best\u00e4tigung des Web er\u2019sehen Gesetzes, wenn sie das geometrische Mittel ergeben. Da im Gebiete des Schallma\u00dfes die G\u00fcltigkeit des Weber\u2019schen Gesetzes jedenfalls am sichersten begr\u00fcndet ist, so war ihm das Ziel gewisserma\u00dfen vorgeschrieben, er musste die geometrischen Mittel erhalten, und jeder Leser seiner Arbeit wird die Ueberzeugung gewonnen haben, dass ihm die Erreichung des gesteckten Zieles nicht leicht geworden ist. Ein Blick auf die allgemeinen Ergebnisse der Versuche Angell\u2019s wird das ohne weiteres erkennen lassen.\nDie erste Reihe (Tab. II) weist unter 8 Werthen (Rm) 5 Werthe auf, welche gr\u00f6\u00dfer als das arithmetische Mittel (IIa) sind und 3 Werthe, welche dem arithmetischen Mittel n\u00e4her liegen als dem geometrischen (Rg).\nDie zweite Reihe (Tabelle III) gibt unter 7 Werthen 2 Werthe > Ra, einen Werth, welcher Ra n\u00e4her liegt, einen Werth, welcher in der Mitte zwischen Ra und Rg liegt und 2 Werthe, welche n\u00e4her an Rg liegen.\nVon den Werthen der Tabellen IV bis VI liegen alle zwischen Rg und Ra und nur ein Werth liegt n\u00e4her an Ra.\nVon den 10 Werthen der letzten Tabelle liegen zwei unter dem geometrischen Mittel, alle andern \u00fcber demselben. Die Versuche zeigen demnach in unzweideutigster Weise, wie Angell ganz allm\u00e4hlich seinem gesteckten Ziele, den geometrischen Mitteln, nahe kommt. Zur Erkl\u00e4rung der Ergebnisse f\u00fchrt An g eil1) aus: \u00bbNun w\u00fcrden derlei Versuche sehr wenig entscheidenden Werth haben, wenn sie bei demselben Reizintervalle immer von demselben Ausgangspunkt aus und bei gleicher Gr\u00f6\u00dfe der Abstufungen ausgef\u00fchrt worden w\u00e4ren. Die Reagenten h\u00e4tten sich sehr bald daran gew\u00f6hnt, immer bei einer bestimmten Nummer der Versuchsreihe, z. B. dem sechsten oder siebenten Fall der variablen Kugel, das Urtheil zu f\u00e4llen. Ich bin nun der Meinung, dass bei allen unsern Experimenten die Momente der Erwartung und Gew\u00f6hnung binnen ziemlich weit von einander abliegender Grenzen viel entscheidender f\u00fcr die Sch\u00e4tzungen gewesen sind, als die Intensit\u00e4t des variablen Reizes selbst.\u00ab\n1) Phil. Stud. VU, S. 447.","page":212},{"file":"p0213.txt","language":"de","ocr_de":"Die Abh\u00e4ngigkeit zwischen Reiz und Empfindung.\n213\nDiese Erkl\u00e4rung ist von folgenschwerem Einfluss gewesen und wir d\u00fcrfen uns nicht wundern, wenn sie in die neueste Auflage der physiologischen Psychologie von Wundt \u00fcbergegangen ist, denn Angell1) hat sie scheinbar bewiesen durch die Aussage: \u00bbWir brauchen hier nicht Raum in Anspruch zu nehmen f\u00fcr die ausf\u00fchrliche Mittheilung von Versuchen, welche durch gr\u00f6\u00dfere Variationen der Ausgangspunkte des variablen Reizes die obige Behauptung zu beweisen suchten. Es gen\u00fcgt zu sagen, dass Ver\u00e4nderung des Ausgangspunktes jedesmal eine gleichartige Ver\u00e4nderung in dem Werthe des als Mitte gesch\u00e4tzten Reizes bedingte. Z. B. bei dem Reizintervall R^ : R^ = 20\t70 entsprechen hei absteigen-\ndem variablen Reiz den Ausgangspunkten 44\u201450\u201456 die als Mitte gesch\u00e4tzten Werthe 37\u201439\u201444, und bei demselben Reizintervalle entsprechen hei aufsteigendem variablen Reiz den Ausgangsreizen 30\u201432\u201440 die als Mitte gesch\u00e4tzten Werthe 36\u201440\u201449. Dieselbe Regel gilt f\u00fcr andere Intervalle. Demnach war es m\u00f6glich, je nach dem Ausgangspunkte des mittleren Reizes geometrisches Mittel, arithmetisches Mittel, oder ein sonstiges Mittel zu erhalten.\u00ab In der That scheint in diesen Ergebnissen ein Beweis der von Angell gegebenen Erkl\u00e4rung zu liegen. In diesem Falle m\u00fcsste ich jedoch stark bezweifeln, dass die Reagenten die F\u00e4higkeit zu derartigen Versuchen besessen h\u00e4tten, bevor ich die Brauchbarkeit der Methode in Abrede stellen w\u00fcrde. Denn die Ergebnisse von Versuchen, hei denen sich die Reagenten gew\u00f6hnten, bei einer bestimmten Nummer der Versuchsreihe das Urtheil zu f\u00e4llen, d\u00fcrften keinerlei wissenschaftliche Bedeutung beanspruchen und einer Ver\u00f6ffentlichung nicht werth sein.\nGegen die von Angell gegebene Erkl\u00e4rung, der sich an diesen Versuchen als Reagent nicht betheiligt zu haben scheint, spricht die Aussage des ge\u00fcbten Beobachters Ke, der seine Urtheile mit ziemlich gro\u00dfer Sicherheit f\u00e4llte, n\u00e4mlich die Aussage, dass er nach der Empfindung geurtheilt habe und sich nicht von der Kenntniss der Abstufungen habe beeinflussen lassen, gegen diese Erkl\u00e4rung sprechen die Erfahrungen, die ich hei meinen Versuchen gemacht habe. Da meine Abstufungen im allgemeinen ebenfalls wie hei\n1) Phil. Stud. VII, S. 447 u. 448.","page":213},{"file":"p0214.txt","language":"de","ocr_de":"214\nJulius Merkel.\nAn g ell Centimeter waren, und da f\u00fcr das Reizverh\u00e4ltniss 3 die H\u00f6henpaare 10 und 30, 15 und 45, 25 und 75 benutzt wurden, so waren die Stufenzahlen, welche zu den gesuchten Grenzwerthen f\u00fchrten, ganz verschieden. Auch ich habe bei meinen Versuchen die feste Ueberzeugung gewonnen, nach dem unmittelbaren Eindruck der Empfindungen geurtheilt zu haben, eine Ueberzeugung, die sich mir bei den Versuchen nach der Methode der doppelten Reize nicht mit derselben Sicherheit aufgedr\u00e4ngt hat. Anders verh\u00e4lt es sich mit der Stufengr\u00f6\u00dfe. Diese ist von Einfluss, wenn sie nicht gen\u00fcgend klein gew\u00e4hlt wird. Begeht man z. B. hei den H\u00f6hen 10 und 30 einen Fehler von 1 cm, so wiegt er mehr als bei den H\u00f6hen 25 und 75 cm. Diese Fehler w\u00fcrden den Abrundungsfehlern bei Messungen entsprechen. Sie m\u00fcssen so eingerichtet werden, dass sie neben den Beobachtungsfehlern zu vernachl\u00e4ssigen sind. Benutzt man dieselben H\u00f6henstufen bei verschiedenen Gewichten, so \u00e4ndert man die Stufen proportional zu ihrer Gr\u00f6\u00dfe, und analog k\u00f6nnte man bei 10 und 30 als Stufengr\u00f6\u00dfe 1 cm, bei 25 und 75 als Stufengr\u00f6\u00dfe 3 cm benutzen. Angell hat die Abstufungen mehr oder weniger proportional der Gr\u00f6\u00dfe der Intervalle gew\u00e4hlt, ich habe es nicht gethan und dabei unabsichtlich eine Gew\u00f6hnung an die Stufenzahl ausgeschlossen.\nWenn nun thats\u00e4chlich die Erwartung und Gew\u00f6hnung nicht st\u00f6rend eingegriffen haben, wie erkl\u00e4ren sich dann die von Angell mitgetheilten Zahlen, ist dann nicht thats\u00e4chlich die Methode durchaus zu verwerfen? Ich glaube, dass die Erkl\u00e4rung darin zu suchen ist, dass Angell nicht die von mir charakterisirte Methode der mittleren Abstufungen angewandt hat, sondern eine sehr bedenkliche Aenderung getroffen hat. Ich sage: \u00bbDer Reiz Rm wird erst gleich \u00c4, gemacht und dann so lange vergr\u00f6\u00dfert, bis er die Mitte erreicht zu haben scheint. Sodann wird er gleich llj gemacht und so lange verringert, bis ebenfalls die Mitte wieder erreicht ist. (Da bei meinen Versuchen die Zeitfolge von wesentlichem Einfluss war, bin ich sogar von subjectiver Gleichheit der Reize Zlj und lim einerseits und Rm und R2 anderseits ausgegangen.) Da die arithmetischen und geometrischen Mittel nur bei gr\u00f6\u00dferer Verschiedenheit von Rl und R2 wesentlich verschieden ausfallen, so ergibt sich die Forderung, diese Versuche bei solchen Werthen","page":214},{"file":"p0215.txt","language":"de","ocr_de":"215\nDie Abh\u00e4ngigkeit zwischen Reiz und Empfindung.\nvon i?! und _R2 auszufiihren, die um weit mehr als die doppelte Schwelle von einander abweichen\u00ab1). Wenn nun die logarith-mische Abh\u00e4ngigkeit gilt, so wird man bei dem von mir angewandten Verfahren das geometrische Mittel erhalten m\u00fcssen, gilt ein anderes Gesetz, so erh\u00e4lt man einen anderen Werth. Dieses Verfahren ist bei verh\u00e4ltnissm\u00e4\u00dfig geringen Unterschieden der Grenzreize das zweckm\u00e4\u00dfigste und offenbar auch das naheliegendste. Der Vortheil der Methode der mittleren Abstufungen bei variablem mittleren Reize liegt geradezu darin, dass die Ausgangsreize gewisserma\u00dfen fest gegeben sind. Nimmt man einen der Grenzwerthe als variabel, so geht dieser Vortheil z. Th. verloren. Mit demselben Rechte, mit dem man hei der Methode der mittleren Abstufungen das unberechtigte Verlangen stellt, hei verschiedenen Beobachtungsreihen mit Benutzung derselben Grenzreize verschiedene Ausgangsreize zu benutzen, k\u00f6nnte man bei der Methode der ebenmerklichen Unterschiede es verwerfen, bei jeder Reihe mit gleichen Reizen zu beginnen. Angell hat als Ausgangsreiz den Reiz genommen, welcher dem Reagenten jedesmal unzweifelhaft deutlich n\u00e4her dem oberen bez. unteren Grenzreize erschien. Diese Wahl unterliegt hei wenig verschiedenen Grenzreizen einem doppelten Einfluss der Schwelle. Angenommen, die Grenzreize seien 20 und 70. Von diesen Reizen unterscheiden sich eben die Reize 262/3 un(l 5272 bei Annahme des Schwellenwerthes l/3. Ausgangsreize, die diesen Werthen naheliegen, werden also die von Angell gestellte Bedingung erf\u00fcllen. Anderseits wird nicht ein Reiz als Mitte gesch\u00e4tzt, sondern infolge der Schwelle eine Anzahl von Reizen. F\u00fcr den Mittelwerth 43 und den Schwellenwerth \u2018/6 w\u00fcrden diese Grenzen 36 und 513/5 sein. Als wahrscheinliche Ausgangsreize ergeben sich hiernach 31,5 und 52. Die Mittel der von Angell benutzten Ausgangsreize sind 34 und 50 und liegen thats\u00e4chlich in den berechneten Gebieten und symmetrisch zu den wahrscheinlichen Werthen. F\u00fcr einen gr\u00f6\u00dferen Schwellenwerth w\u00fcrden diese Grenzen noch mehr eingeengt werden, was indess bei der oberen nicht mehr weit m\u00f6glich ist. Die Mittelwerthe aus den von Angell bestimmten Mitten sind: 412/3 und 40, also ergibt sich 40,8. Dieser von dem\n1) Phil. Stud. IV, S. 548.","page":215},{"file":"p0216.txt","language":"de","ocr_de":"216\nJulius Merkel.\narithmetischen Mittel um 4,2, von dem geometrischen Mittel um 3,4 abweichende Werth wird dadurch bedingt, dass Angell bei den unteren Ausgangspunkten zwei Werthe genommen hat, die innerhalb der angegebenen Grenzen liegen, bei den oberen Ausgangspunkten nur einen. Bei dem Ausgangspunkte 50 bereits und namentlich bei dem Ausgangsreize 44 musste die Aufmerksamkeit ganz wesentlich angespannt werden, um herauszuh\u00f6ren, dass dieser Beiz dem oberen n\u00e4her lag, ebenso wie es beim Reize 40 schwer zu h\u00f6ren sein musste, dass er der unteren Grenze n\u00e4her lag. Da aber die einmal erkannte Verschiedenheit eine Zeit lang nachwirkt und die angespannte Aufmerksamkeit beibehalten werden muss, erh\u00e4lt man einen zu niedrigen bez. zu hohen Werth. Benutzt man die Reize 44 und 40, so d\u00fcrfte sich der Fehler zum gr\u00f6\u00dften Theile aufhehen. Man erh\u00e4lt in der That als Mittel den Werth 43. Man darf aber diese Werthe nicht mit den bei den Ausgangsreizen 56 und 30 bez. 30 und 32 vereinigen, die nicht im mittleren Schwellengebiet liegen und bei denen normale Aufmerksamkeit angewandt und beibehalten werden konnte; denn die Mittelwerthe w\u00fcrden dann 46,5 und 36,5 bez. 38,5 sein, d. h. man k\u00f6nnte auf diese Weise Werthe herausrechnen, die gr\u00f6\u00dfer als das arithmetische Mittel und kleiner als das geometrische Mittel sind. Aber auch die Combination des Ausgangsreizes 56 mit den Werthen 30 oder 32 unterliegt einem Bedenken. Der erste Reiz unterscheidet sich von dem oberen Grenzreiz nicht deutlich, die letzteren unterscheiden sich wesentlich von dem unteren Grenzreiz. Im ersten Falle kann daher die Nachwirkung bedingen, dass ein zu kleiner Werth erzielt wird. Die entsprechenden Mittelwerthe 40 und 42 sind in der That kleiner als der oben berechnete Werth 43. Die Mittel aus den oben genannten extremen Werthen sind \u00fcbrigens 41,5 und 42,5 und der von Angell angegebene Werth ist 38,9. Doch hat sich Angell der etwas geringeren geometrischen Mittel bedient, und \u00fcberdies ist nicht zu erkennen, ob dem von Angell mitgetheilten Werthe die n\u00e4mlichen Versuche zu Grunde liegen.\nDer erste Nachtheil, n\u00e4mlich der Zwang mit angespannter Aufmerksamkeit zu beobachten, wird ganz beseitigt und der andere, die Nachwirkung, wird jedenfalls zum gr\u00f6\u00dften Theil aufgehoben, wenn man von den Reizen 20 und 70 ausgeht. Will man \u00fcbrigens","page":216},{"file":"p0217.txt","language":"de","ocr_de":"Die Abh\u00e4ngigkeit zwischen Reiz und Empfindung.\n217\nnicht von gleichen Heizen beginnen, so muss man mindestens von Heizen beginnen, die sich hei normaler Aufmerksamkeit sicher von den Grenzreizen unterscheiden und die auch sicher noch nicht in der Mitte zu liegen scheinen. Da letztere Bedingungen bei gr\u00f6\u00dferen Differenzen der Grenzreize von selbst erf\u00fcllt gewesen sein d\u00fcrften, ergaben diese Versuche die arithmetischen Mittel, ja sogar gr\u00f6\u00dfere Werthe.\nDiese Erkl\u00e4rung der von An gell gefundenen Zahlen wird durch die Bemerkungen best\u00e4tigt, die Angell \u00fcber die Aufmerksamkeitsverh\u00e4ltnisse bei seinen Versuchen macht. Er sagt:\n\u00bbEs konnte z. B. bei verschiedenen Versuchspersonen oder in verschiedenen Stadien derselben Reihe ein gr\u00f6\u00dferer Grad der Aufmerksamkeit auf einen der drei Reize gerichtet werden als auf die andern. Bei einigen Versuchen war der Spannungsgrad der Aufmerksamkeit so gro\u00df, dass der erste Reiz einen bemerkbaren Reflex ausl\u00f6ste: eine Wirkung, welche bei den darauf folgenden Reizen nicht stattfand. Im Laufe der Experimente war die Aufmerksamkeit sehr auf den mittleren variablen Reiz gerichtet, vielleicht durch die Ausbildung von Gesichtsbildern, bei welchen das Reizintervall als eine Strecke vorgestellt wurde, auf welcher der variable Reiz sich hin- und herbewegte.\u00ab Die Ursache liegt offenbar darin, dass die meisten zu beurtheilenden Reize so lagen, dass der mittlere Reiz im Schwellengebiet sich befand, und es bedurfte daher gro\u00dfer Aufmerksamkeit, um herauszufinden, ob er einem der Grenzreize n\u00e4her gelegen war. Die Aenderungen der Aufmerksamkeitsspannung gehen weiter aus der Beobachtung hervor, nach welcher w\u00e4hrend einer Versuchsreihe die Schalle st\u00e4rker zu werden bez. weiter auseinanderzur\u00fccken schienen.\nH\u00e4tte man den mittleren Reiz anfangs gleich den Grenzreizen gemacht, so w\u00fcrde es m\u00f6glich gewesen sein, mit normaler Aufmerksamkeit alle drei Reize zu beurtheilen und dann das Urtheil abzugeben. Richtet man aber die Aufmerksamkeit vorzugsweise auf den mittleren Reiz, was namentlich dann der Fall sein wird, wenn er unregelm\u00e4\u00dfig wechselt, so begeht man geradezu einen prin-cipiellen Fehler. Er tritt dann in den Vordergrund des Bewusstseins, die andern treten mehr zur\u00fcck. Infolgedessen gewinnt er an St\u00e4rke, die andern verlieren. Dadurch muss der f\u00fcr den mittleren\nWundt, Philos. Studien. X.\t15","page":217},{"file":"p0218.txt","language":"de","ocr_de":"218\nJulius Merkel.\nReiz erhaltene Werth zu klein ausfallen, sich also dem geometrischen Mittel mehr oder weniger n\u00e4hern. Meine s\u00e4mmtlichen Versuche wurden mit normaler Aufmerksamkeit ausgef\u00fchrt mit Ausnahme einer einzigen Gruppe, bei welcher die Grenzreize nur um die doppelte Schwelle abwichen. Bei diesen Versuchen musste mit gespannter Aufmerksamkeit beobachtet werden, die aber w\u00e4hrend der ganzen Versuchsreihe beizuhehalten war.\nNach dieser Darstellung d\u00fcrfte es allerdings gewagt erscheinen, aus den Ergebnissen der Versuche Angell\u2019s auf Grund der Methode der Minimal\u00e4nderungen etwas sicheres zu schlie\u00dfen \u2014 aber ebenso will es mir unerlaubt erscheinen, diese Ergebnisse einfach zu verwerfen. Es gilt bei physikalischen Messungen das Gesetz, nur diejenigen Beobachtungen unbeachtet zu lassen, welche schon vor der Berechnung zweifellos als verd\u00e4chtig erscheinen. \u00bbJede Beobachtung\u00ab, sagt Gerling1), \u00bbwelche durch das BeobachtungspTotokoll nicht als verd\u00e4chtig bezeichnet wird, ist .f\u00fcr mich ein Zeuge, welcher soeben die Wahrheit bezeugt hat. Ich habe nicht das Recht, sein Zeugniss unter dem Vorwand zur\u00fcckzu weisen, dass seine Aussagen von den andern abweichen, ebenso wenig, als ich ihn foltern darf, bis er etwas mir Erw\u00fcnschtes aussagt\u00ab. Und hier sollen die Ergebnisse ganzer Beobachtungsreihen einfach \u00fcber Bord geworfen werden, weil sie nicht das Gew\u00fcnschte bezeugen?\nDoch man wird mir entgegnen, dass die Versuche mit unregelm\u00e4\u00dfigen Aenderungen des mittleren Reizes den obigen Ergebnissen widersprechen und einwurfsfrei sind. Dem gegen\u00fcber habe ich zu betonen, dass sie aus folgenden Gr\u00fcnden wenigstens von einer andern Seite noch eine Best\u00e4tigung erfahren m\u00fcssten:\n1. Sie erstrecken sich nur bis zum Reizverh\u00e4ltniss\nR>___\n5.\nInfolgedessen liegt das geometrische Mittel wahrscheinlich mit nur einer Ausnahme im Schwellengebiet des arithmetischen und ebenso die wichtigsten f\u00fcr Rm benutzten Werthe. Die Versuche m\u00fcssten mindestens bis zur doppelten Gr\u00f6\u00dfe des genannten Verh\u00e4ltnisses ausgedehnt werden.\n2. Der ganze Gang der s\u00e4mmtlichen Versuche k\u00f6nnte die Reagenten mehr und mehr gew\u00f6hnt haben, nach gleichen Verh\u00e4lt-\n1) Die Ausgleichungsrechnungen der praktischen Geometrie. Hamburg 1843.","page":218},{"file":"p0219.txt","language":"de","ocr_de":"Die Abh\u00e4ngigkeit zwischen Reiz und Empfindung.\t219\nnissen anstatt nach gleichen Unterschieden zu urtheilen, was wegen des geringen Unterschiedes zwischen geometrischem und arithmetischem Mittel m\u00f6glicherweise unbewusst geschehen sein d\u00fcrfte.\n3. Bei unregelm\u00e4\u00dfigem Wechsel des mittleren Reizes wird man versucht, diesem die Aufmerksamkeit in besonderem Grade zuzuwenden. Die Grenzreize treten etwas zur\u00fcck, und man erh\u00e4lt f\u00fcr Rm einen zu kleinen Werth.\nIn Bezug auf meine Versuche habe ich gesagt:\n\u00bbSchwieriger gestalten sich die Versuche, wenn Rl und i?2 wesentlich verschieden sind. Hier kommt die Erw\u00e4gung mit in Frage, dass Rm viele Male gr\u00f6\u00dfer ist als R1, w\u00e4hrend i?2 den Werth Rjyi keineswegs so oft \u00fcbertrifft.\u00ab \u2014 Das entspricht einer Selbstbeobachtung, die ich bei den Versuchen gemacht habe; und wenn Angell die Versuche, auf welche sie sich bezieht, nachmaehen wollte, w\u00fcrde er sie vielleicht auch machen, vielleicht auch nicht. Bei geringen Unterschieden habe ich diese Beobachtung nicht gemacht, vielmehr glaubte ich dort unmittelbar nach dem Eindruck der Empfindungen die Mitte bestimmt zu haben. Ich habe daraus geschlossen, dass bei gr\u00f6\u00dferen Reizunterschieden, d. h. f\u00fcr Verh\u00e4lt-H\nnisse -j\u2014 , die wesentlich den Werth 10 \u00fcbertreffen, theilweise eine\nR\\\nSch\u00e4tzung nach Verh\u00e4ltnissen eintritt.\nAn g eil wittert nat\u00fcrlich hinter jener Erw\u00e4gung wieder allerlei Associationen und Erfahrungsmomente, ja er sagt: \u00bbEine Reactions-weise, bei welcher Erw\u00e4gung stattfindet, kann nicht als g\u00fcltig anerkannt werden\u00ab. Freilich, wenn man sich gew\u00f6hnt, immer nach einer bestimmten Stufenzahl zu urtheilen, ist man der Erw\u00e4gung enthoben, man braucht dann nur die F\u00e4higkeit mitzubringen, bis auf 6 oder 7 z\u00e4hlen zu k\u00f6nnen!\nIch gebe zwar zu, dass wir von fr\u00fcher Jugend an Gelegenheit gehabt haben, die verschiedensten Schall Wahrnehmungen zu machen, von dem leisen Schwirren der Insecten bis zu dem gewaltigen Grollen und Dr\u00f6hnen des Donners. Wenn aber nach einander drei Reize auf uns ein wirken, welche durch das Fallen einer Kugel von 10 g aus den H\u00f6hen 20, 35 und 60 cm erzeugt werden, welche Erfahrungsmomente und Associationen sollten uns da eine bessere Gew\u00e4hr dafiir geben, ob 35 in der Mitte liegt oder nicht, als die Empfin-\n15*","page":219},{"file":"p0220.txt","language":"de","ocr_de":"220\nJulias Merkel.\nd\u00fcngen, die jeder Schall erzeugt? Ich habe vielleicht mehr Versuche im Gebiete des Schallma\u00dfes ausgef\u00fchrt, als irgend ein anderer, aber nun und nimmer kann ich zugeben, dass jemals eine Beur-theilung der Reize statt der unmittelbaren Empfindungen eingetreten sei.\nAngell wird davon ohne weiteres \u00fcberzeugt werden, wenn er sich die Aufgabe stellt, nach dem unmittelbaren Eindruck der Empfindung die H\u00f6he zu sch\u00e4tzen, von der eine Kugel von bekanntem Gewicht herabgefallen ist, ohne dass ihm diese H\u00f6he angegeben wird. Wir beurtheilen zun\u00e4chst die einzelnen Empfindungen und dann erst f\u00e4llen wir die Entscheidung, welche Lage die mittlere Empfindung besitzt, eine Vergleichung der Unterschiedsempfindungen (als Differenzen) findet nicht statt. Wer den zweiten Reiz in Bezug auf den ersten und den dritten in Bezug auf den zweiten beurtheilt, wird nothwendig zur Beurtheilung nach Verh\u00e4ltnissen hingedr\u00e4ngt. Die Entscheidung, oh die zweite Empfindung in der Mitte zwischen der ersten und dritten steht, wird schnell getroffen, wenn die Grenzreize verh\u00e4ltnissm\u00e4\u00dfig wenig abweichen, langsamer, wenn sie wesentlich verschieden sind. Ich gebe zu, dass die Ursache zum Theil die etwas verschiedene Klangfarbe bildet. Wenn aber Angell sagt, dass bei den gr\u00f6\u00dften H\u00f6hen ein dumpfer, schwerf\u00e4lliger Schall entstanden sei, welcher sogleich als ein sehr starker Schall aufgefasst worden sei, so entgegne ich, dass ich die Schallst\u00e4rke f\u00fcr gr\u00f6\u00dfere H\u00f6hen und f\u00fcr verschiedene Gewichte bestimmt habe und that-s\u00e4chlich f\u00fcr c in der Formel i \u2014 cph einen um ein F\u00fcnftel gr\u00f6\u00dferen Werth gefunden habe, wie f\u00fcr die mittleren H\u00f6hen, und dass heim schwersten Gewicht c um 1/3 bis 1/i kleiner war, als bei den mittleren Gewichten. Doch kann sachlich auch auf diese Meinungsverschiedenheit wenig ankommen; denn die Ergebnisse der Versuche bei gr\u00f6\u00dferen Verh\u00e4ltnissen der Grenzreize stehen ja viel besser mit den letzten Ergebnissen der Versuche Angell\u2019s im Einklang, w\u00e4hrend die Resultate der Versuche, bei denen die Grenzreize weniger verschieden waren, viel genauer die arithmetischen Mittel lieferten.\nDas Endurtheil Angell\u2019s1) \u00fcber meine Versuche nach der Methode der mittleren Abstufungen lautet: \u00abWenn man au\u00dferdem\n1) Phil. Stud. VII, S. 467.","page":220},{"file":"p0221.txt","language":"de","ocr_de":"Die Abh\u00e4ngigkeit zwischen Reiz und Empfindung.\n221\nMerkel\u2019s Auffassung des Sch\u00e4tzungsvorganges in Betracht zieht, nach welcher nicht allein der unmittelbare Eindruck ma\u00dfgebend sei, ,sondern alle Erfahrungen, welche wir in dem betreffenden Sinnesgebiete gesammelt haben1, so m\u00fcssen wir die Ergebnisse der Merkel\u2019schen Experimente nach der Methode der mittleren Abstufungen als h\u00f6chst bedenklich bezeichnen. Nur unter der Ausschlie\u00dfung der Factoren der Erwartung und Gew\u00f6hnung darf man die Ergebnisse von Versuchen mit successiven Reizen als endg\u00fcltig anerkennen. Folglich \u2019kann ich nicht zugeben, dass die Resultate der Merkel\u2019schen Versuche in Bezug auf die Methode der mittleren Abstufungen f\u00fcr die Feststellung der Abh\u00e4ngigkeit zwischen Reiz und Empfindung ma\u00dfgebend sind.\u00ab Ich habe die w\u00f6rtlich citirte Bemerkung in einem Zusammenh\u00e4nge erw\u00e4hnt, in welchem von der Art und Weise die Rede ist, wie wir die Empfindungen auffassen, ich habe betont, dass wir einen Reiz nur dann zu sch\u00e4tzen verm\u00f6gen, wenn die Empfindung, die er hervorruft, in Beziehung zu einer bekannten Empfindung gesetzt werden kann. So sprechen wir von dem Donner der Kanonen, von dem Murmeln des Baches, dem Br\u00fcllen der Windsbraut, dem Pfeifen und Zischen der S\u00e4gen, dem Stampfen der Dampfmaschinen u. s. w. Die Associationen und Erfahrungen bei den Versuchen nach der Methode der mittleren Abstufungen, bei denen es sich ja um die Beurtheilung dreier Reize handelt, verstummen aber vollst\u00e4ndig in den von mir untersuchten Sinnesgebieten gegen\u00fcber der lauten Sprache, welche die Empfindungen selbst reden. Wie m\u00fcsste Angell \u00fcber die Versuche von Lorenz \u00fcber die Vergleichung von Tondistanzen urtheilen, bei denen sich doch ebenso wohl gut musikalische und wenig musikalische Beobachter betheiligten'?\nWenn sonach Angell in den Ergebnissen meiner Versuche auf Schritt und Tritt \u00bbdas tr\u00fcgerische Spiel der Association\u00ab, den \u00bb\u00fcberwiegenden Einfluss von kaum bemerkbaren Erfahrungsmomenten\u00ab, den \u00bbst\u00f6renden Einfluss der Factoren der Erwartung und Gew\u00f6h-. nung\u00ab wittert, so kann ich zum Schluss nur : hervorheben, dass ich wie kein anderer von dem Bestreben geleitet gewesen bin, die psychophysischen Methoden so zu gestalten, dass diese Einfl\u00fcsse v\u00f6llig ausgeschlossen werden.\nAus diesem Grunde habe ich meinen Versuchen nach der","page":221},{"file":"p0222.txt","language":"de","ocr_de":"222\nJulius Merkel.\nMethode der mittleren Abstufungen keinerlei Ziel vorgeschrieben, und ich habe ihre Ergebnisse ver\u00f6ffentlicht, trotzdem sie weder die geometrischen noch auch durchg\u00e4ngig die arithmetischen Mittel darstellten; aus diesem Grunde habe ich die Methode der Gleich-heits- und Ungleichheitsf\u00e4lle eingef\u00fchrt, welche bei Bestimmung der oberen Unterschiedsschwelle nicht mehr die Entscheidung verlangt, wann zwei Reize eben verschieden sind, sondern die einfach die Erkl\u00e4rung heischt, ob die Reize gleich waren, oder oh der eine gr\u00f6\u00dfer war als der andere ; aus diesem Grunde habe ich das Princip der Methode der Gleichheits- und Ungleichheitsf\u00e4lle auch auf die Methode der mittleren Abstufungen \u00fcbertragen ') ; aus diesem Grunde habe ich der Methode der doppelten Reize bei der Untersuchung der Empfindungen nur noch geringe Beachtung geschenkt; aus diesem Grunde endlich habe ich Methoden angewandt, die mir die Ausf\u00fchrung der Versuche und die Beurtheilung der Reize gestatteten, ohne dass ich von deren Gr\u00f6\u00dfe unterrichtet gewesen w\u00e4re. Mein Verfahren ist also nicht schlechthin als ein wissentliches zu bezeichnen. Aus zwei Gr\u00fcnden bin ich immer wieder darauf zur\u00fcckgekommen, die Versuche selbst und an mir selbst auszuf\u00fchren; einerseits, weil ich es f\u00fcr unerl\u00e4sslich halte, dass man die Beurtheilungen auch selbst ausgef\u00fchrt hat, anderseits, weil mir nicht die Zeit zu Gebote steht, die Versuche mit mehreren Personen durchzuf\u00fchren, selbst wenn sie sich mir zur Verf\u00fcgung stellen sollten.\nV. Die Ergebnisse anderer Forscher.\nM\u00fcnsterberg1 2) hat die Versuche von Lorenz z. Th. wiederholt und best\u00e4tigt gefunden, dass wir zwischen zwei klangverwandten, nicht mehr als zwei Octaven von einander entfernten T\u00f6nen einen mittleren Ton nach dem unmittelbaren Bewusstsein w\u00e4hlen, der objectiv von den beiden anderen um gleiche Schwingungszahl abweicht. Die Urtheile der Musikalischen unterschieden sich von denen der Unmusikalischen nur durch gr\u00f6\u00dfere Sicherheit. Beim\n1)\tPhil. Stud. IX, S. 54.\n2)\tM\u00fcnsterberg, Beitr. zur experiment. Psychologie. IV, S. 147.","page":222},{"file":"p0223.txt","language":"de","ocr_de":"Die Abh\u00e4ngigkeit zwischen Reiz und Empfindung.\t223\nIntervall von drei Octaven aber erhielt er einen zwischen dem arithmetischen (576) und geometrischen (362) Mittel gelegenen Werth (etwa 490). Hieran schloss M\u00fcnsterberg Versuche, bei denen vier T\u00f6ne einwirkten, von denen zwei eine constante Differenz besa\u00dfen, w\u00e4hrend von den beiden anderen der eine constant war, der andere so lange ver\u00e4ndert wurde, bis dieselbe Differenz hergestellt war. Im ersten Falle ergaben sich etwa 426 Schwingungen, w\u00e4hrend die gleiche Schwingungsdifferenz bei 436, das gleiche Schwingungs-verh\u00e4ltniss bei 422,9 lag. Im zweiten Falle sind die entsprechenden Zahlen 406; 416; 394,3; im dritten 388; 396; 369,4 und im vierten 374; 376; 347,4. Dabei wird der Zwischenraum zwischen dem zweiten und dritten Ton immer kleiner, d. h. mit andern Worten, die Versuche n\u00e4hern sich immer mehr den Versuchen der Methode der mittleren Abstufungen, bei denen es sich um die Vergleichung zweier benachbarter Distanzen handelt. Da sich gleichzeitig auch der erhaltene Reiz mehr und mehr der gleichen Schwingungsdifferenz n\u00e4hert, so zeigen diese Versuche meiner Meinung nach, dass sowohl mit der Vergr\u00f6\u00dferung der Distanz der Grenzreize, als auch wenn es gilt zwei sich immer mehr entfernende Distanzen zu beurtheilen, statt der Beurtheilung nach gleichen Unterschieden z. Th. die Beurtheilung nach gleichen Verh\u00e4ltnissen mit zur Verwendung kommt.\nIn dieser Beziehung stimmen meine Erfahrungen voll und ganz mit den Ergebnissen M\u00fcnsterberg\u2019s \u00fcberein, und es ist mir unerkl\u00e4rlich, wie M\u00fcnsterberg nicht auf diese Erkl\u00e4rung kommen konnte, da er doch zuerst Versuche nach der Methode gleicher Verh\u00e4ltnisse angestellt und da er doch gefunden hat, dass diese letztere Methode gest\u00f6rt wird durch das Hereingreifen der Beurtheilung nach gleichen Unterschieden. Im Anschluss an seine Versuche nach der Methode gleicher Reizverh\u00e4ltnisse, bei denen beide Reizpaare demselben Sinnesgebiete angeh\u00f6rten, erw\u00e4hnt M\u00fcnsterberg:1)\n\u00bbBei diesen Reihen f\u00e4llt auf den ersten Blick auf, dass die als gleich empfundenen Reizunterschiede keine genauen Proportionen geben. Sind die beiden kleinen Gewichte gegeben und die gro\u00dfen Gewichte sollen eingestellt werden, so wird der relative Unterschied\n1) Beitr. zur experiment. Psychologie. Ill, S. 85.","page":223},{"file":"p0224.txt","language":"de","ocr_de":"224\nJulius Merkel.\nregelm\u00e4\u00dfig zu klein gemacht, sind die gro\u00dfen Gewichte gegeben und die kleinen sollen eingestellt werden, so wird der relative Unterschied regelm\u00e4\u00dfig zu gro\u00df!\u00ab Offenbar griff hier hei der Be-urtheilung relativer Unterschiede die z. Th. wesentliche Verschiedenheit der absoluten Unterschiede st\u00f6rend ein.\nWelchen Schluss zieht jedoch M\u00fcnsterberg aus seinen Ergebnissen? Er sagt: \u00bbEs ergibt sich somit im allgemeinen, dass zur Pr\u00fcfung der Distanzvergleichung im Gebiet der T\u00f6ne die Untersuchung mit drei T\u00f6nen, also die Methode der Mittenbestimmung, unzureichend und irref\u00fchrend ist. Die Mittenbestimmung unterliegt besonderen psychologischen Bedingungen, sodass die nach dieser Methode gewonnenen Ergebnisse nicht zu Gesetzen der Distanzvergleichung verallgemeinert werden k\u00f6nnen. Reine Distanzvergleichung ist nur bei der Untersuchung mit vier T\u00f6nen zu gewinnen. Hier ergibt sich, dass von einer gesetzm\u00e4\u00dfigen Gleichsch\u00e4tzung gleicher Schwingungsdifferenzen nicht die Rede sein kann, freilich werden ebenso wenig den musikalischen Intervallen entsprechend gleiche Schwingungszahlverh\u00e4ltnisse als Distanzen gleich gesch\u00e4tzt, sondern das Maximum der Gleichsch\u00e4tzung liegt zwischen beiden Punkten; es scheint sich der gleichen Verh\u00e4ltnisszahl um so mehr zu n\u00e4hern, je kleiner die verglichenen Distanzen sind.\u00ab\nSo bringt es M\u00fcnsterberg fertig, eine vorz\u00fcgliche Methode in leichtfertiger Weise zum alten Plunder zu werfen und eine neue an ihre Stelle zu setzen, die wesentlich schwieriger ist und f\u00fcr die einzelne Theilnehmer erst einge\u00fcbt werden musste. Warum soll gerade die Methode der mittleren Abstufungen die irref\u00fchrende sein? M\u00fcnsterberg bleibt jeden Beweis schuldig, ihm haben augenscheinlich nur die Ergebnisse seiner Methode besser gefallen. Diese aber zeigen, dass nahezu gleiche Unterschiede ermittelt werden, wenn die verglichenen Distanzen einander nahe liegen, dass die erhaltenen Mittelwerthe sich gleichen Verh\u00e4ltnissen n\u00e4hern, wenn sie weit von einander abliegen. Die gr\u00f6\u00dfere Verschiedenheit der Reize bedingt eben, dass neben einer directen Vergleichung der Distanzen der zweite Reiz an dem verwandteren ersten und der vierte Reiz an dem verwandteren dritten gemessen wird, und das f\u00fchrt noth-wendig zu einem Wettstreit zwischen der Beurtheilung nach gleichen Unterschieden und nach gleichen Verh\u00e4ltnissen. In meiner Abhand-","page":224},{"file":"p0225.txt","language":"de","ocr_de":"Die Abh\u00e4ngigkeit zwischen Reiz und Empfindung.\n225\nlung1) \u00fcber die theoretische und experimentelle Begr\u00fcndung der Fehlermethoden habe ich \u00fcbrigens das Ergebniss der Versuche Miinsterberg\u2019s vorausgesagt, es war daher wahrlich nicht schwer, die obige Erkl\u00e4rung aufzufinden.\nFullerton und Cat teil2) haben in verschiedenen Gebieten umfangreiche Untersuchungen angestellt und eine Pr\u00fcfung der psychophysischen Methoden ausgef\u00fchrt. Leider gestatten die Versuche nicht eine unmittelbare Vergleichung mit anderen Versuchen, da die benutzte Versuchstechnik wesentliche Verschiedenheiten darbietet. So wurde bei den Gewichtsversuchen ein Federdynamometer benutzt, bei welchem der Widerstand w\u00e4hrend der Bewegung zunahm. Weiter l\u00e4sst sich schwerlich entscheiden, in wie weit die untere Abweichung vom Web er\u2019sehen Gesetz im Spiele war, und ob bei schwachen und starken Beizen mit normaler bez. constanter Aufmerksamkeit beobachtet wurde. Nur unter dieser letzteren Bedingung habe ich bei den verschiedenen psychophysischen Ma\u00dfmethoden \u00fcbereinstimmende Ergebnisse erhalten, welche sich innerhalb gewisser Grenzen vor allem auch im Einklang mit dem Web er\u2019sehen Gesetz befinden.\nDie Methode der eben merklichen Unterschiede wird von den genannten Forschern angegriffen, weil kein bestimmter Punkt als eben merklicher Unterschied f\u00fcr verschiedene Beobachter und f\u00fcr denselben Beobachter zu verschiedenen Zeiten bezeichnet werden k\u00f6nne.\nDies trifft nur f\u00fcr gewisse Sinnesgebiete zu. Kann man den Vergleichsreiz ganz allm\u00e4hlich vom constanten Reize entfernen, oder sind die zuf\u00e4lligen Fehler verh\u00e4ltnissm\u00e4\u00dfig gering im Vergleich zum Schwellenwerthe, so liefert die Methode der eben merklichen Unterschiede ganz gute Ergebnisse. W\u00fcrden bei Beurtheilung der Reize keinerlei \u00e4u\u00dfere und innere Fehler begangen, so w\u00fcrde bei einem bestimmten Unterschiede zweier Reize der Unterschied eben bemerkt werden, unmittelbar vorher ein Unterschied nicht wahrgenommen werden. Dies ist aber nicht der Fall. In Folge der\n1)\tPhil. Stud. VII, S. 560 u. 561.\n2)\tOn the perception of small differences. Publications of the university of Pensylvania, 1892.","page":225},{"file":"p0226.txt","language":"de","ocr_de":"226\nJulius Merkel.\nzuf\u00e4lligen Fehler scheinen in'einzelnen Sinnesgebieten bereits gleiche Reize in der Mehrzahl der F\u00e4lle verschieden gro\u00df zu sein. In einem solchen Falle wird die Methode der eben merklichen Unterschiede nur dann brauchbare Ergebnisse liefern, wenn sie die Principien zu H\u00fclfe nimmt, welche der Methode der richtigen und falschen F\u00e4lle oder der Methode der mittleren Fehler zu Grunde liegen1). Erscheinen aber gleiche Reize niemals v\u00f6llig gleich, wie es bei den Versuchen nach der Methode der richtigen und falschen F\u00e4lle bei den genannten Forschern der Fall war, so wird meines Erachtens die Methode der eben merklichen Unterschiede \u00fcberhaupt hinf\u00e4llig. Ueberdies werden die Ergebnisse verschiedener Forscher nur dann vergleichbar sein, wenn die Versuche mit gleicher (normaler) Aufmerksamkeit ausgef\u00fchrt werden, da die Gr\u00f6\u00dfe des eben merklichen Unterschiedes von dem Grade der Aufmerksamkeit abh\u00e4ngt, welcher auf die Versuche verwandt wird.\nFullerton und Cat teil bezeichnen die Methode der richtigen und falschen F\u00e4lle als die genaueste. Sie schlie\u00dfen aber nach dem Vorg\u00e4nge von J a s t r o w die Gleichheitsf\u00e4lle aus und bemerken, dass uns zwei Reize niemals v\u00f6llig gleich erscheinen. W\u00e4re dies der Fall, so w\u00fcrden die bei der Beurtheilung begangenen Fehler s\u00e4mmtlich gr\u00f6\u00dfer sein als die Schwelle. Eine Bestimmung der Schwelle ist alsdann nicht m\u00f6glich. Die Urtheile richtig und falsch k\u00f6nnen dann in der Hauptsache durch zuf\u00e4llige der Versuchstechnik anhaftende Fehler bedingt sein, und es erscheint keineswegs auff\u00e4llig, wenn sich das Web er\u2019sehe Gesetz nicht best\u00e4tigt zeigt.\nBei der Methode der mittleren Fehler ist der erhaltene Fehler zusammengesetzt aus dem Fehler, der bei der Herstellung der Reize und bei Auffassung derselben begangen wird. Der erstere kann nach der Meinung der genannten Forscher nur durch die Methode der richtigen und falschen F\u00e4lle eliminirt werden, oder eine getrennte Bestimmung dieser Fehler kann nur durch die letztgenannte Methode erm\u00f6glicht werden2).\nUnter Benutzung der Methode der mittleren Abstufungen end-\n1)\tVergl. Wundt, Physiol. Psychol. 4. Aufl. S. 343 und meine Abhandlung \u00fcber die Pehlermethoden, Phil. Stud. VII, S. 620 ff. und IX, S. 187 ff.\n2)\tAm g. O. S. 19 u. 151.","page":226},{"file":"p0227.txt","language":"de","ocr_de":"Die Abh\u00e4ngigkeit zwischen Reiz und Empfindung.\n227\nlieh erhielten Fullerton und Cattell verschiedenartige Ergebnisse, die aber dem arithmetischen Mittel mehr oder weniger nahe lagen. Sie glauben ebenfalls, dass der Beobachter nicht nach dem Eindruck der Empfindung geurtheilt, sondern gleiche Beizdifferenzen beurtheilt habe, welche durch Association kennen gelernt worden seien.\nSo ruht das Hauptergebniss der Versuche von Fullerton und Cattell, nach welchem der Beobachtungsfehler mit der Quadratwurzel der Reizst\u00e4rke w\u00e4chst, vorwiegend auf den Ergebnissen der Methode der richtigen und falschen F\u00e4lle, und es bedarf daher jedenfalls noch der Best\u00e4tigung von anderer Seite. Versuche, bei denen die Schwellenbestimmung ausgeschlossen ist, haben f\u00fcr mich keine psychophysische Bedeutung, so lange nicht der Nachweis gef\u00fchrt ist, dass der wahrscheinliche Fehler nicht vorwiegend zuf\u00e4lligen und \u00e4u\u00dferen Fehlerursachen seine Entstehung verdankt.\nUm eine einwurfsfreie Bestimmung der Schwelle bei normaler Aufmerksamkeit auszuf\u00fchren bei Vermeidung der Urtheile \u00bbeben merklich\u00ab-, muss man sich der Methode der Gleichheitsund Ungleichheitsf\u00e4lle bedienen1). Man w\u00e4hlt in der N\u00e4he der oberen Schwelle zwei oder mehrere Vergleichsreize und gibt jedesmal in einer gleichen Zahl von Versuchen (etwa 50 oder 100) an, ob der Vergleichsreiz gr\u00f6\u00dfer als der Normalreiz erscheint oder nicht. Aus den erhaltenen Zahlen l\u00e4sst sich die Schwelle berechnen, f\u00fcr welche die H\u00e4lfte der Urtheile gr\u00f6\u00dfer lauten. Liegen mehr als zwei Vergleichsreize vor, so kann man sich der Methode der kleinsten Quadrate bedienen. Bei der neuerdings von Wundt2) angegebenen Methode h\u00e4ngt der zu erwartende Schwellenwerth von der Wahl der Vergleichsreize ab. Liegen dieselben in \u00fcberwiegender Zahl \u00fcber dem wahren Schwellenwerthe, so erh\u00e4lt man einen zu gro\u00dfen Werth, im umgekehrten Falle einen zu kleinen. Zur Pr\u00fcfung des Weber\u2019sehen Gesetzes eignet sich diese Methode, wenn bei verschiedenen Normalreizen dieselben verh\u00e4ltnissgleichen\n1)\tPhil. Stud. IV, S. 257\u2014261; VII, S. 606\u2014612.\n2)\tPhysiol. Psychol. 4. Aull. S. 344.","page":227},{"file":"p0228.txt","language":"de","ocr_de":"228\nJulius Merkel.\nVergleichsreize gew\u00e4hlt werden, also z. B. f\u00fcr den Normalreiz loo beim Schallma\u00df die Vergleichsreize: 125, 127, 129, 131, 133 und 135 und f\u00fcr den Normalreiz 200 die Vergleichsreize: 250, 254 258, 262, 266, 270.\nSchlie\u00dflich hat Stefanini1) eine experimentelle Pr\u00fcfung der Formel:\nE = log\nc -\\- R\nc\nvon Delboeuf, welche nur eine Modification der Fechner\u2019schen Formel darstellt, sowie der Plateau\u2019schen Formel:\nE \u2014 cRk\nin der er z. Th. auf die Ergebnisse meiner Lichtversuche gest\u00fctzt, den Werth k = */2 setzt, vorgenommen und eine gr\u00f6\u00dfere Ueberein-stimmung mit der Plateau\u2019schen Formel best\u00e4tigt gefunden.\nVI. Neue Versuche aus dem Gebiete des Schallmafses.\n1. Die Methode der richtigen und falschen F\u00e4lle in ihrer Anwendung auf die Methode der mittleren Abstufungen.\nDie folgenden Versuche aus dem Gebiete des Schallma\u00dfes sollen einerseits eine genauere Untersuchung der Abh\u00e4ngigkeit zwischen Reiz und Empfindung darstellen, andererseits die Frage l\u00f6sen, in wie weit die Methode der richtigen und falschen F\u00e4lle zur Herstellung des mittleren Reizes Verwendung finden kann. Gerade bei Schallreizen hatte sich bei Anwendung der Methode der Minimal\u00e4nderungen der fortw\u00e4hrend nothwendige Wechsel des mittleren Reizes als ein Uebelstand erwiesen. Diesen Uebelstand konnte nur die Methode der richtigen und falschen F\u00e4lle beseitigen, nur bei ihr war es m\u00f6glich in einer gro\u00dfen Zahl von Versuchen drei constant bleibende Reize der Beurtheilung darzuhieten, nur in diesem Falle durfte erwartet werden, \u00fcber Art und Weise der Beurtheilung durch Selbstbeobachtung einigerma\u00dfen sichere Aufschl\u00fcsse zu gewinnen.\n1) S\u00fclle leggi spicofisiche di Fechner e di Plateau, Atti della \u00df. Aecad. Lucchese di Scienze, Lettere et Arti. Vol. XXVI, S. 201.","page":228},{"file":"p0229.txt","language":"de","ocr_de":"Die Abh\u00e4ngigkeit zwischen Reiz und Empfindung.\n229\nIch gedenke die Versuche genau in der Reihenfolge mitzu-theilen, in der sie entstanden sind, und im Anschluss daran die gemachten Erfahrungen zu er\u00f6rtern und die f\u00fcr die neuen Versuche getroffenen Aenderungen zu begr\u00fcnden. Die n\u00f6thigen Formeln sowie die theoretischen Auseinandersetzungen finden sich bereits in meiner Abhandlung \u00fcber die theoretische und experimentelle Begr\u00fcndung der Fehlermethoden ').\nBei der ersten Versuchsgruppe wurden die Gewichte: 0,45; 1,06; 2,03; 5,33; 10,62 und20,97g angewandt und die H\u00f6henpaare Ru = 10 cm und R0 \u2014 50 cm sowie 10 cm und 100 cm f\u00fcr die Grenzreize. F\u00fcr den dritten Reiz dienten im ersten Falle die H\u00f6hen R{ = 25 und J22 = 35, im zweiten Falle 45 und 65. F\u00fcr jede Zeitfolge wurden 50 Versuche angestellt, in denen zu entscheiden war, oh Rt hezw. R2 n\u00e4her an Ru (Untensch\u00e4tzung = u) oder n\u00e4her an R0 (Obensch\u00e4tzung = o) oder ob es in der Mitte lag (Mittensch\u00e4tzung = m). Da die Versuche zugleich die Schwelle f\u00fcr die Mittensch\u00e4tzungen liefern sollten, wurden diese Urtheile nicht nach M\u00f6glichkeit ausgeschlossen, sondern \u00fcberall da abgegeben, wo ich zum Urtheile o oder u nicht berechtigt zu sein glaubte. Die vollst\u00e4ndige Elimination des constanten Zeitfehlers war nicht m\u00f6glich, weil verschiedene Reihen keine u- hew. o-Urtheile aufwiesen. Ich habe daher die unvollst\u00e4ndige Elimination anwenden m\u00fcssen, und demnach die Zahlen f\u00fcr beide Zeitfolgen einfach addirt. F\u00fcr die Oben- und Mittensch\u00e4tzungen heim Reiz Rx wurden die f-Werthe der Fechner\u2019schen Tabelle aufgesucht f\u00fcr o (t,) und o + m (t2)\u25a0 Die Summe dieser Werthe sei tr Der entsprechende Werth f\u00fcr R2 sei tn. Die Division dieser Werthe durch 2 ist \u00fcberfl\u00fcssig mit R\u00fccksicht auf die zur Berechnung des mittleren Reizes Rm dienende Formel. F\u00fchrt man an Stelle der Zulagen D die benutzten Reize R selbst in die Formeln ein, so ergeben sich an Stelle der auf den Seiten 592, 593, 614 und 6152) genannten Formeln die folgenden\n~A- tjjr R\\ --------- / J R\u20182\n(I)\n(II)\n1) Phil. Stud. VII, S. 558.\n2) Phil. Stud. VII.","page":229},{"file":"p0230.txt","language":"de","ocr_de":"230\nJulius Merkel.\nCr ______ h'\n\u25a0t.\nh + h\ni f\u00e4x Rm) ,\nCr\t2 JimSx\nOn =\nRm + R-x + Sx \u2019\nS0 =\n2 Rm Sx\nSm Rx\n\u25a0 Sy,\nV \u2014 ff\u00bb\n' U\tT3\to ;\n\nv \u2014\nV 0 - TD\n\u2022\t(III)\n\u2022(IV)\n\u2022\t(V)\n2(22,-22*)\u2019 \u2019 ' ' c = m7/ V22w2 + \u00c402 + i?22, \u2022 \u25a0\nFm_ 0,4769 xp ________ x> 0,4769\n22ro ~ c \u2019 m \u2014 \" \u00bb ' c\n.(VI)\n(VII)\n(VIII)\nIn diesen Formeln bedeutet Sx die Theilungsschwelle, S0 und Su die obere und untere Unterschiedsschwelle f\u00fcr den mittleren Reiz, d. h. das Gebiet, f\u00fcr welches ein Reiz Rm als Mittelreiz zwischen Ru und R0 gesch\u00e4tzt wird. V0 und Vu m\u00fcssen sich bei G\u00fcltigkeit des Web er\u2019sehen Gesetzes als constant erweisen. mn ist das Pr\u00e4cisionsma\u00df f\u00fcr die Reize Ru, R0 und _\u00df2, und Fm der bei der Beurtheilung von Rm begangene wahrscheinliche Fehler. F\u00fcr die G\u00fcltigkeit des Web er\u2019sehen Gesetzes ist ferner die Constanz F\nder Ausdr\u00fccke c und ma\u00dfgebend. Der Werth Sx l\u00e4sst sich Rm\nf\u00fcr die Reize Ru Rt R0 und Ru R% R0 besonders berechnen (x\u2014 1,2), ich habe f\u00fcr den ersten Werth Su und f\u00fcr den zweiten S0 ermittelt, da die Verh\u00e4ltnisse Vu und V0 in jedem der beiden F\u00e4lle \u00fcbereinstimmen.\nDie benutzten sehr genauen Stahlkugeln fielen auf harte Buchenbretter von 28 cm L\u00e4nge, 18 cm Breite, 4 cm H\u00f6he. Jedes Brett ruhte auf drei starken senkrecht in dem \u00fcberaus standhaften niedrigen Experimentirtisch, der an die Dielen festgeschraubt war, befindlichen Schrauben, die oben in feine Spitzen endeten. Unterhalb der Spitzen waren die Schrauben wesentlich st\u00e4rker. Die Bretter wurden soweit hineingeschlagen, bis sie auf den st\u00e4rkeren Theilen der Schrauben ruhten. W\u00e4hrend bei der fr\u00fcheren Einrichtung, bei welcher die quadratischen Platten auf m\u00f6glichst elastischen Polstern ruhten, die Schalle einen bestimmten Ton hatten,","page":230},{"file":"p0231.txt","language":"de","ocr_de":"Die Abh\u00e4ngigkeit zwischen Reiz und Empfindung.\n231\nder mit Zunahme der Fallh\u00f6he h\u00f6her, mit Zunahme des Gewichtes tiefer wurde, ergaben sich jetzt viel besser \u00fcbereinstimmende ganz kurz andauernde Schalle, die nur noch eine geringe Abweichung von der proportionalen Zunahme der Schallst\u00e4rke bei Aenderung des Gewichts erkennen lie\u00dfen. Da f\u00fcr jede Versuchsreihe dieselben Gewichte benutzt wurden und nur die H\u00f6hen (bis 110 cm) ver\u00e4ndert wurden, sind diese Aenderungen belanglos. Die \u00e4u\u00dferen Platten gaben genau dieselben Schalle, die mittlere schien in vereinzelten F\u00e4llen eine geringe Aenderung der Klangfarbe aufzuweisen. Deshalb wurde der mittlere, untere und obere Schall 16 bis 17 Mal auf jeder Platte erzeugt. Die Aenderung der Stellung der Fallzangen bedingte demnach nach je 16 bis 17 Versuchen eine kleine Pause. Auff\u00e4llige Unterschiede stellten sich nicht heraus. Bezeichnen A, B, C die Platten, Ru, Rm, R0 die Schalle, so lag also den Versuchen folgendes Schema zu Grunde:\nA\tB\tC\nRu\tRm\tR0\nRm\tR0\tRu\nR0\tRu\tRm\nDie zur Bestimmung eines Mittels erforderlichen 100 Versuche bei einer Zeitlage konnten bequem in einer Stunde ausgef\u00fchrt werden, ohne dass Erm\u00fcdung eintrat. Am n\u00e4chsten Tage wurden die Versuche f\u00fcr die zweite Zeitlage ausgef\u00fchrt. Die Ur-theile wurden nicht aufgeschrieben, sondern dadurch bestimmt, dass Z\u00e4hlmarken in K\u00e4sten geworfen wurden, die die Aufschriften \u00bbOben\u00ab, \u00bbMitten\u00ab, \u00bbUnten\u00ab und \u00bbZweifelhaft\u00ab trugen. Die letzteren F\u00e4lle kamen anfangs nur vereinzelt, sp\u00e4ter \u00fcberhaupt nicht mehr vor. Um die erhaltenen Ergebnisse leicht vergleichen zu k\u00f6nnen, geben wir f\u00fcr die Reize R die Fallh\u00f6hen an, die Intensit\u00e4ten w\u00fcrden durch Multiplication mittels des Factors P \u2014 cp1) n\u00e4herungsweise erhalten werden k\u00f6nnen, und zwar gilt der f\u00fcr Rm mitgetheilte Werth gleichzeitig f\u00fcr Ru und R0. Die f\u00fcr die ganzen Tabellen geltenden Bezeichnungen stellen wir an den Kopf derselben. Von den Werthen der Spalten o und m beziehen sich die oberen Werthe\n1) Phil. Stud. V, S. 510, Tabelle VIII.","page":231},{"file":"p0232.txt","language":"de","ocr_de":"232\nJulius Merkel.\nauf i?! die unteren auf i?2. Alles andere bedarf keiner weiteren Erkl\u00e4rung.\nTabelle I.\n-\u00c4\u00ab =10, R0 = 50, R{ = 25,\t_\u00df2 = 35, -4=1,09.\n0\tm\tP\t\t\tSu\ts2\tSo '\tVu\tV0\tmu\tc\tFm\tF m\n10 34\t52 56\t0,19\t30,08\t8,28\t7,86\t9,59\t10,4\t0,354\t0,346\t0,062\t3,85\t0,124\t3,73\n13 40\t55 53\t0,48\t28,31\t8,01\t7,40\t9,43\t9,91\t0,354\t0,350\t0,065\t3,99\t0,120\t3,39\n13 33\t45 49\t0,94\t31,41\t9,23\t8,84\t10,23\t11,44\t0,392\t0,364\t0,047\t2,89\t0,165\t5,19\n14 47\t45 41\t2,50\t29,16\t6,36\t6,15\t6,66\t6,64\t0,267\t0,228\t0,066\t4,05\t0,118\t3,44\n18 33\t43 54\t4,86\t29,60\t8,69\t8,13\t12,31\t13,93\t0,378\t0,471\t0,045\t2,79\t0,171\t5,07\n10 47\t49 45\t9,25\t29,21\t6,02\t5,84\t6,43\t6,50\t0,250\t0,223\t0,081\t5,01\t0,095\t2,79\nTabelle II.\n-\u00df\u201e=10,\ti2o=100, \u00c6, = 45, R2 = 65,\t-4 = 1,087.\n0\tm\tP\t\tSi\tSu\tSo\tS0\tru\tV0\tmll\tc\tFm R,n\tF -*\u25a0 m\n12 38\t57 55\t0,19\t51,96\t17,12\t15,60\t19,82\t21,2\t0,428\t0,408\t0,032\t3,79\t0,126\t6,54\n13 40\t57 54\t0,48\t50,97\t16,36\t14,85\t19,50\t20,6\t0,411\t0,405\t0,033\t3,93\t0,122\t6,21\n12 39\t53 52\t0,94\t53,13\t16,08\t14,96\t18,06\t19,2\t0,392\t0,361\t0,032\t3,78\t0,126\t6,70\n17 47\t50 47\t2,50\t49,85\t13,14\t12,13\t16,66\t16,9\t0,321\t0,340\t0,034\t4,13\t0,116\t5,75\n19 53\t49 43\t4,86\t48,43\t11,25\t10,66\t15,21\t13,56\t0,280\t0,282\t0,039\t4,67\t0,102\t4,94\n20 58\t51 38\t9,25\t47,39\t11,57\t10,54\t13,91\t13,40\t0,286\t0,282\t0,039\t4,69\t0,102\t4,83\nMit R\u00fccksicht auf den Umstand, dass diesen Versuchen keinerlei Vorversuche vorausgegangen sind, k\u00f6nnen ihre Ergebnisse als durch-","page":232},{"file":"p0233.txt","language":"de","ocr_de":"Die Abh\u00e4ngigkeit zwischen Reiz und Empfindung.\n233\naus befriedigend bezeichnet werden. Die L\u00f6sung der Frage, wie die Empfindung vom Reize abh\u00e4ngt, behandeln wir sp\u00e4ter im Zusammenh\u00e4nge. Hier handelt es sich nur um die Gr\u00f6\u00dfen, welche das Weher\u2019sehe Gesetz charakterisiren und f\u00fcr oder gegen die Anwendbarkeit der Methode sprechen. Die Verh\u00e4ltnisse V bewegen sich zwar innerhalb der Grenzen 0,223 bis 0,471, aber v\u00f6llig unregelm\u00e4\u00dfig. Sie sprechen, da hier gr\u00f6\u00dfere Schwankungen als bei den gew\u00f6hnlichen Schwellenbestimmungen naturgem\u00e4\u00df zu erwarten sind, entschieden f\u00fcr die G\u00fcltigkeit des Weber\u2019schen Gesetzes. Die Mittel von Vu sind: 0,332 und 0,353, die Mittel von V0: 0,330 und 0,346, das Gesammtmittel 0,340. Dieser Werth stimmt \u00fcbrigens sehr gut mit dem Schwellenwerth \u00fcberein, den ich bei der Methode der Minimal\u00e4nderungen erhalten habe. Ebenso sprechen f\u00fcr die G\u00fcltigkeit des Weber\u2019schen Gesetzes und zugleich f\u00fcr die\nF\nBrauchbarkeit der Methode die Gr\u00f6\u00dfen welche zwischen 0,095\nMm\nund 0,171 sich bewegen. Diese Gr\u00f6\u00dfen sind indess nicht allein davon abh\u00e4ngig, welche Fehler wir bei der Beurtheilung der Reize begehen, sondern auch von den objectiven Fehlern, welche bei Herstellung der Reize bedangen werden. Da diese Fehler ver-muthlich proportional mit der H\u00f6he wachsen, ordnen sie sich ebenfalls dem Weber\u2019schen Gesetz unter. Die Mittelwerthe sind 0,132 und 0,116. In wie weit in der Gr\u00f6\u00dfe Fm \u00e4u\u00dfere, von der Versuchstechnik abh\u00e4ngende, bezw. innere, von der Beurtheilung herr\u00fchrende Fehler betheiligt sind, ist schwer zu entscheiden, es w\u00e4re sehr wohl denkbar, dass die ersteren das Uebergewicht h\u00e4tten.\nIch hatte diese Versuche1) eben beendet, als die Arbeit von Angell erschien. Ich lie\u00df nun mit mir Versuche ausf\u00fchren, welche, soweit es m\u00f6glich war, den Versuchen von Angell entsprachen. An gell hat bei vielen H\u00f6hen Versuche ausgef\u00fchrt, zur Berechnung des mittleren Reizes aber nur zwei benutzt. In Folge der geringen Zahl von Versuchen f\u00fcr jede einzelne H\u00f6he und jedenfalls auch in Folge des Umstandes, dass sich diese Versuche f\u00fcr jedes Paar der Grenzreize auf mindestens 3 Tage erstrecken, tritt das Gau\u00df\u2019sche Integral in seinen Zeichnungen nicht klar\n1) Phil. Stud. VII, S. 570.\nWundt, Philos. Studien. X.\n16","page":233},{"file":"p0234.txt","language":"de","ocr_de":"234\nJulius Merkel.\nhervor, doch entsprechen sie mehr der Gau\u00df\u2019schen Curve als der geraden Linie. Da ich 50 Versuche f\u00fcr jede H\u00f6he f\u00fcr erforderlich hielt und in einer Stunde nicht wesentlich mehr als 100 Versuche ausf\u00fchren konnte, musste ich mich auf 2 H\u00f6hen beschr\u00e4nken. Ich zeigte meinem Geh\u00fclfen in den Tabellen VII von Angell1) die H\u00f6hen, f\u00fcr welche An gell selbst eine gr\u00f6\u00dfere Zahl von Versuchen ausgef\u00fchrt hatte, lie\u00df ihn zwei einigerma\u00dfen entfernt von einander liegende w\u00e4hlen und hei jeder 50 Versuche ausf\u00fchren, 25 hei der einen und ebensoviel hei der andern Zeitfolge. Mir selbst waren die gew\u00e4hlten H\u00f6hen und die Zeitfolge unbekannt. Am n\u00e4chsten Tage wurden dieselben Versuche durchgef\u00fchrt, um auf die Zahl 100 f\u00fcr und _K2 zu kommen. F\u00fcr die beiden mittleren Reize wurden die fr\u00fcheren drehbaren Fallzangen angewendet, sodass die H\u00f6hen fest eingestellt werden konnten. Nachdem diese Versuche, die wegen der Ein\u00fcbung des Geh\u00fclfen einige Vorversuche erheischten, beendet waren, f\u00fchrte ich selbst noch 2 Reihen aus, welche zu fast v\u00f6llig \u00fcbereinstimmenden Ergebnissen f\u00fchrten.\nDer Werth P war 9,25, die benutzten H\u00f6hen und der Werth A sind in folgender Tabelle enthalten. In vereinzelten F\u00e4llen war vom Geh\u00fclfen eine H\u00f6he gew\u00e4hlt worden, bei der nur die Urtheile o und m oder u und m vorkamen. Die betreffenden Reihen waren zur Berechnung untauglich und wurden durch v\u00f6llig neue ersetzt. Die Zwischenzeit zwischen 2 aufeinander folgenden Schallen betrug ann\u00e4hernd iy2 Secunde. Bei den fr\u00fcheren Versuchen (Tab. I und II) betrug sie mindestens 2 Secunden und bei meinen Versuchen hei Anwendung der Methode der Minimal\u00e4nderungen zur Bestimmung der mittleren Abstufung2) mochte sie aus sp\u00e4ter zu er\u00f6rternden Gr\u00fcnden noch etwas h\u00f6her gewesen sein.\n1)\tPhil. Stud. VII, S. 457\u2014459.\n2)\tPhil. Stud. V, S. 518.","page":234},{"file":"p0235.txt","language":"de","ocr_de":"Die Abh\u00e4ngigkeit zwischen Reiz und Empfindung. Tabelle III.\n235\nRu\tK\tRl\tJ?2\tA\n10\t40\t18\t27\t1,094\n20\t60\t34,5\t44\t1,069\n15\t60\t30\t41\t1,079\n20\t80\t40\t55\t1,081\n20\t100\t49\t66\t1,091\nDie n\u00e4chste Tabelle enth\u00e4lt die von mir erhaltenen Werthe. Tabelle IY.\n0\tm\tRm\t-Si\tSu\t\u00ab2\tS0\tvu\ty0\tmn\tc\tFm Rm\tF M m\n2 34\t64 50\t24,49\t9,73\t9,12\t6,07\t6,54\t0,593\t0,272\t0,082\t4,03\t0,119\t2,90\n10 36\t56 52\t39,24\t9,24\t8,73\t8,95\t11,90\t0,286\t0,303\t0,061\t4,66\t0,103\t4,02\n4 35,\t48 57\t36,68\t6,97\t6,93\t7,59\t7,94\t0,233\t0,217\t0,084\t6,19\t0,077\t2,82\n10 42\t54 49\t46,43\t11,43\t10,84\t11,61\t11,99\t0,305\t0,258\t0,047\t4,66\t0,103\t4,76\n22 46\t40 53\t52,16\t12,87\t11,75\t19,57\t20,70\t0,291\t0,397\t0,031\t3,79\t0,126\t6,56\nDie Werthe V bewegen sich unregelm\u00e4\u00dfig innerhalb der\nF\nGrenzen 0,217 und 0,593, die Verh\u00e4ltnisse \u2014innerhalb der Grenzen 0,077 bis 0,126. Die Mittelwerthe sind: Vu = 0,342,\nF\nV0 = 0,289, Mittel 0,315 und \u2014\u2014 = 0,106. Diese Ergebnisse\n-Fm\nstimmen v\u00f6llig mit den fr\u00fcheren \u00fcberein. Die etwas geringeren\nF\nMittelwerthe f\u00fcr V und erkl\u00e4ren sich aus der fortschreitenden\n. m\nUebung. M\u00f6glicherweise ist auch die Aufmerksamkeit etwas st\u00e4rker angespannt gewesen, doch bin ich mir nicht bewusst, dass mich diese Versuche in Folge des v\u00f6llig unwissentlichen Verfahrens irgend mehr angestrengt h\u00e4tten. Das war einfach deshalb nicht der Fall, weil ich mir bei der Abgabe der Urtheile o, u und m keinerlei\n16*","page":235},{"file":"p0236.txt","language":"de","ocr_de":"236\nJulius Merkel.\nZwang auferlegte. Die Versuche best\u00e4tigen sowohl das Weh ersehe Gesetz als auch die Brauchbarkeit der Methode. Die auf Grund derselben Formeln aus den von Angell f\u00fcr dieselben H\u00f6hen gefundenen Zahlen berechneten Werthe finden sich in folgender Tabelle. Der zweite Werth der Spalte Em ist der von Angell bestimmte.\nTabelle V.\n0\tm\tRm\t-Si\tSu\t^2\tS\u201e\tv\u201e\tv\u201e\tmn\tc\tFm\tF,n\n15 79\t28,5 9\t21,21 19,62\t2,34\t2,39\t0,637\t0,568\t0,127\t0,027\t0,121\t5,96\t0,080\t1,70\n35 92\t25 4\t34,86 35,00\t2,09\t2,05\t1,00\t0,897\t0,062\t0,026\t0,122\t9,38\t0,050\t1,76\n41 72\t41 26\t26.5 28.6\t5,81\t4,93\t8,07\t7,19\t0,229\t0,272\t0,064\t4,76\t0,100\t2,65\n21 89\t39 8\t42,13 41,61\t4,07\t3,98\t2,72\t2,42\t0,105\t0,058\t0,085\t8,43\t0,057\t2,38\n42 94\t42 4\t44,70 43,77\t6,49\t5,73\t2,94\t2,44\t0,147\t0,055\t0,060\t7,29\t0,065\t2,92\nDie Zahlen weichen wesentlich von den meinigen ah. Auf die\nVerschiedenheit von Jim komme ich sp\u00e4ter zur\u00fcck. Die Werthe\nF\nV liegen zwischen 0,026 und 0,272, die Werthe \u2014m zwischen\nFyjfi\n0,050 und 0,100, die Mittelwerthe sind: FM= 0,134,\t= 0,088,\nF\nMittel 0,111 und ^\u2014 = 0,070. Ich vermag mir die Abweichungen\nm\nder Schwellenwerthe nur zu erkl\u00e4ren durch st\u00e4rker angespannte und weniger constant erhaltene Aufmerksamkeit oder dadurch, dass andere Ursachen als die Schallst\u00e4rke allein bei Abgabe der Ur-\nF\ntheile ma\u00dfgebend waren. Die Werthe verhalten sich indess\n.\t.\t.\t^VYl\n\u00e4hnlich wie die von mir gefundenen, ihr geringerer Betrag kann durch die gr\u00f6\u00dfere Anspannung der Aufmerksamkeit sehr wohl erkl\u00e4rt werden. Die gr\u00f6\u00dferen Variationen erkl\u00e4ren sich nat\u00fcrlich aus dem Umstande, dass den Angell\u2019schen Werthen eine geringere Versuchszahl zu Grunde liegt.\nDiese Ergebnisse d\u00fcrften kaum einen irgendwie entscheidenden Grund zu Gunsten des v\u00f6llig unwissentlichen Verfahrens in die","page":236},{"file":"p0237.txt","language":"de","ocr_de":"Die Abh\u00e4ngigkeit zwischen Reiz und Empfindung.\t237\nWagschale werfen. H\u00e4tte ich mich hei meinem Verfahren irgendwie durch die Kenntniss der H\u00f6hen beeinflussen lassen, so h\u00e4tte ich unbedingt weniger \u00bbz-Urtheile erhalten m\u00fcssen, denn die benutzten mittleren Reize waren weder dem arithmetischen noch dem geometrischen Mittel gleich. Die Versuche zeigen genau das Gegentheil. Uebrigens kann von einem Unterschiede zwischen wissentlichem und unwissentlichem Verfahren im eigentlichen Sinne dieser Worte nicht die Rede sein, denn der mittlere Reiz ist ja nicht bekannt, er soll erst experimentell festgestellt werden. Va-riirt man nun den mittleren Reiz in noch gr\u00f6\u00dferem Ma\u00dfstabe wie ich, d. h. benutzt man nicht nur hei unregelm\u00e4\u00dfigem Wechsel zwei Fallh\u00f6hen und zwei Zeitfolgen, sondern, wie es Angell ge-than hat, eine gr\u00f6\u00dfere Zahl von Fallh\u00f6hen, so kann der wahre Erfolg nur der sein, die Gewinnung eines sicheren Urtheils zu erschweren. Lasse ich aber in v\u00f6llig unver\u00e4nderter Weise 3 Schalle 50 mal hinter einander einwirken, so werde ich bei den ersten Ur-theilen noch verh\u00e4ltnissm\u00e4\u00dfig die gr\u00f6\u00dften Irrth\u00fcmer begehen, dann aber zu einer immer sichereren Beurtheilung gelangen. Die Versuche verhalten sich dann ebenso wie irgend welche physikalische Versuche. Mit dem Wachsthum der Beohachtungsreihen wird ver-muthlich der wahrscheinliche Fehler in Folge der Uebung abnehmen und mehr oder weniger die Grenze erreichen, welche durch die zuf\u00e4lligen Fehler bedingt ist, die \u00e4u\u00dferen Ursachen ihre Entstehung verdanken. Wird hingegen der mittlere Reiz fortw\u00e4hrend ver\u00e4ndert, so ist eine sichere Beurtheilung er\u00ab schwert, die abgegebenen Urtheile stehen etwa mit denjenigen auf einer Stufe, die beim vorhin genannten Verfahren zuerst gef\u00e4llt werden. Weiterhin stehen die dargebotenen Reize unter verschiedenen Bedingungen; zwei sind w\u00e4hrend der ganzen Versuche hindurch abgesehen von der Zeitfolge constant, der mittlere ist variabel. Der bei Beurtheilung des mittleren Reizes begangene Beobachtungsfehler wird auch relativ ein anderer sein, als der Beobachtungsfehler, der hei Beurtheilung der constanten Reize begangen wird, oder es wird die Versuchung entstehen, auf den mittleren Reiz in besonderer Weise die Aufmerksamkeit zu lenken. Sonach bietet das Verfahren Angell\u2019s mancherlei Nachtheile. Dazu kommt, dass An gell zu demselben gef\u00fchrt worden ist,","page":237},{"file":"p0238.txt","language":"de","ocr_de":"238\nJulius Meckel.\nindem er den Einfluss der Schwelle nicht beachtet hat, der durch die Ergebnisse meiner Versuche au\u00dfer Zweifel gestellt ist, der aber auch aus den Versuchen Angell\u2019s unzweideutig hervorgeht. Zudem ist Angell bei seiner Versuchs\u00e4nderung stehen gebliehen, nachdem er erst den dritten Theil des Weges durchmessen hat. Wie kommt er dazu, muss man sich fragen, nur den mittleren Reiz unregelm\u00e4\u00dfig zu \u00e4ndern und nicht auch die beiden Grenzreize ?\nF\u00fchrt man dies durch, so hat man es dann bei einer Reihe von 100 Versuchen f\u00fcr jede Reizgruppe nur mit vereinzelten Versuchen zu thun, auf die selbstverst\u00e4ndlich die Methode der kleinsten Quadrate gar nicht anwendbar sein kann. Bei dieser Methode m\u00fcssen zahlreiche Versuche derselben Art vorliegen. Nun erhebt zwar Angell gar keinen Anspruch auf diese Methode, er hat die aus ihr sich ergebenden Formeln gar nicht angewandt, hat weder Schwellenwerth noch mittleren Fehler berechnet, sondern lediglich auf Grund der von Wundt vorgeschlagenen Formel, der die analytische Gleichung der geraden Linie zu Grunde liegt, den mittleren Reiz berechnet. Befremdend erscheint die graphische Darstellung, welche Angell gibt. Warum zeichnet er nicht die H\u00f6hen als Ahscissen, die Zahl der F\u00e4lle (o) als Ordinaten? Dann w\u00fcrde er sofort die Abweichung von der geraden Linie erkannt haben. Warum benutzt er hei der Mittelbestimmung kaum den dritten Theil seiner jeweiligen Versuche? Legt man alle seine Versuche zu Grunde, so ergibt sich unter Benutzung der Wundt\u2019sehen Formel ein Werth, welcher dem arithmetischen Mittel wesentlich n\u00e4her liegt; aber auch bei Anwendung der von mir abgeleiteten Formeln, welchen die Gau\u00df\u2019sche Curve zu Grunde liegt, liefert die Benutzung aller von Angell gefundenen Werthe einen gr\u00f6\u00dferen Werth f\u00fcr Hm, als ihn Angell bestimmt hat.\nDamit glaube ich die Benutzung dreier unver\u00e4nderlicher Reize gerechtfertigt zu haben, jedenfalls ist dies eine psychologische Aufgabe f\u00fcr sich, die ebensoviel und vielleicht mehr Berechtigung als die Aufgabe hat, bei welcher der Beurtheilung zwei constante und ein variabler Reiz dargeboten werden. Dass die genannten Nachtheile z. Th. die Methode der Minimal\u00e4nderungen treffen, ist zweifellos, aber ich habe dieser Methode auch nirgends den Vorzug zugesprochen. Mit diesen Ausf\u00fchrungen will ich nicht die Versuche","page":238},{"file":"p0239.txt","language":"de","ocr_de":"Die Abh\u00e4ngigkeit zwischen Reiz und Empfindung.\n239\nnach der Methode Angell\u2019s oder Versuche nach der von mir genannten Methode, bei welcher 3 variable Reize der Beurtheilung dargeboten werden, schlechthin verwerfen, ich will nur betont haben, dass man mit diesen Aenderungen Bedingungen einfuhrt, die die Anwendung der Methode der kleinsten Quadrate in Frage stellen k\u00f6nnen.\nAbgesehen davon, dass mein Verfahren ein wissentliches nicht genannt werden kann, w\u00fcrde auch ein wirklich wissentliches Verfahren wesentliche Nachtheile nicht darbieten, wenn man dem unmittelbaren Urtheile nach der Empfindung keinerlei Hemmschuhe anlegt, wenn man alle Gattungen von Urtheilen unbeschr\u00e4nkt zul\u00e4sst [m, o, u bei der Methode der mittleren Abstufungen, r, f, g bei der Methode der richtigen und falschen F\u00e4lle). Noch einen wesentlichen Vortheil bietet mein Verfahren, indem es die Selbstbeobachtung in hohem Grade erm\u00f6glicht. Beurtheilt man 50mal und \u00f6fter hinter einander dieselben Reize, so gewinnt man besser als bei irgend einer andern Methode einen Einblick in die bei der Beurtheilung ma\u00dfgebenden Momente. So f\u00fchrten mich diese Versuche auf die Vermuthung, dass die Einfl\u00fcsse der Zeitfolge wahrscheinlich nicht derartig seien, dass sie durch den Wechsel von Ru Rm R0 zu R0 Rm Ru aufgehoben w\u00fcrden. Um dies zu untersuchen, mussten die Ergebnisse f\u00fcr jede Zeitfolge allein berechnet werden. Da die Versuche in den meisten F\u00e4llen zu Fehlschl\u00e4gen f\u00fchrten, wurden neue Versuche ausgef\u00fchrt und f\u00fcr jede Zeitfolge zwei andere H\u00f6hen gew\u00e4hlt. Sehr bald bemerkte ich, dass diese Versuche gr\u00f6\u00dfere Aufmerksamkeit erheischten, da die Werthe Rt und R2 nicht mehr so verschieden gew\u00e4hlt werden durften, wenn sich nicht Fehlschl\u00e4ge ergeben sollten. Dadurch erlitt die Zahl der m-Urtheile eine Verminderung. Die Versuche sollten zugleich den Einfluss der Fallh\u00f6he untersuchen. Deshalb wurde dasselbe Gewicht 10,62 g (P = 4,86) beibehalten, aber verschiedene H\u00f6hen und H\u00f6henverh\u00e4ltnisse angewandt. W\u00e4hrend die Werthe A bei den fr\u00fcheren Versuchen zwischen 1,069 und 1,094 schwankten, bewegen sie sich f\u00fcr die folgenden Versuche zwischen 1,029 und 1,074. Es empfiehlt sich bei diesen Versuchen, bei denen die Aufmerksamkeit als eine v\u00f6llig normale nicht mehr bezeichnet werden kann, dass die zur Berechnung eines Werthes erforderlichen Versuche in einer Versuchsstunde durchgef\u00fchrt werden, da an verschiedenen Tagen","page":239},{"file":"p0240.txt","language":"de","ocr_de":"240\nJulius Merkel.\nabgesehen von der Disposition auch der Spannungsgrad der Aufmerksamkeit ein wechselnder sein kann. Auf keinen Fall ist es rathsam, wie es in einigen neueren Arbeiten geschehen ist, die Versuchszahlen zusammenzuwerfen, welche sich auf Wochen hinaus erstrecken.\nIn der folgenden der Tabelle III entsprechenden Tabelle beziehen sich die ersten Werthe Ry i?2 auf die Zeitlage Ru Rm R die andere auf die Zeitlage R0 Rm Ru. F\u00fcr o und m gebe ich das Doppelte der erhaltenen Zahlen an, um die Fechner\u2019sche Tabelle unmittelbar benutzen zu k\u00f6nnen. Die Zwischenzeit zwischen zwei Reizen betrug bei allen folgenden Versuchen nur etwas \u00fcber eine Secunde.\nTabelle VI.\nRu\tRo\t-\u00dfi\tlio\tRi\tJR2\n10\t30\t18\t22\t17\t22\n10\t50\t28\t33\t24\t32\n10\t100\t45\t55\t38\t46\n20\t60\t37\t43\t34\t42\n20\t100\t55\t65\t45\t55\n30\t90\t55\t65\t49\t56\nDie Werthe f\u00fcr die erste Zeitfolge [Ru Rm R0) sind: Tabelle VII.\n0\tm\tRm\tSi\tSu\ts2\tS0\t\tVo\tmII\tc\tFm Rm\tFm\n6 42\t52 50\t20,06\t2,67\t2,63\t2,59\t2,63\t0,151\t0,131\t0,219\t8,45\t0,057\t1,13\n12 40\t50 52\t30,10\t3,58\t3,49\t4,18\t4,27\t0,131\t0,142\t0,106\t6,44\t0,074\t2,23\n22 40\t48 44\t47,43\t12,72\t11,48\t12,74\t13,42\t0,320\t0,283\t0,035\t3,96\t0,121\t5,71\n22 28\t40 54\t40,44\t7,94\t7,45\t11,53\t12,83\t0,226\t0,321\t0,042\t3,52\t0,136\t5,43\n20 32\t38 44\t62,20\t11,74\t11,32\t13,78\t14,43\t0,222\t0,232\t0,030\t3,64\t0,131\t8,17\n18 28\t46 50\t62,37\t16,29\t15,21\t18,80\t21,60\t0,323\t0,346\t0,025\t2,93\t0,163\t10,2","page":240},{"file":"p0241.txt","language":"de","ocr_de":"Die Abh\u00e4ngigkeit zwischen Reiz und Empfindung.\n241\nDie Werthe f\u00fcr die zweite Zeitfolge sind:\nTabelle VIII.\n0\tm\t\t\tS\u201e\t\u00ab2 | S0\t\tVu\tv\u201e\tmn\tC\tjjm\tF M m\n12 32\t50 60\t19,3\t3,91\t3,75\t5,4\t5,79\t0,241\t0,301\t0,123\t4,73\t0,101\t1,95\n12 58\t44 38\t27,0\t3,90\t3,83\t6,35\t6,52\t0,165\t0,242\t0,109\t6,59\t0,072\t1,96\n19 53\t46 44\t39,57\t4,03\t3,91\t5,93\t5,89\t0,101\t0,149\t0,107\t11,82\t0,040\t1,60\n12 48\t56 48\t36,3\t5,40\t5,18\t6,04\t6,07\t0,166\t0,167\t0,170\t8,00\t0,060\t2,17\n20 48\t40 44\t47,9\t5,40\t5,25\t7,36\t7,38\t0,123\t0,154\t0,067\t7,82\t0,061\t2,92\n16 44\t60 5b\t50,5\t8,89\t8,24\t6,68\t6,76\t0,195\t0,134\t0,090\t9,93\t0,048\t2,43\nBei den folgenden Versuchen wurden, soweit es m\u00f6glich war, neben H\u00f6hen\u00e4nderungen auch Gewichts\u00e4nderungen vorgenommen, doch wurden bei einer und derselben Gruppe immer gleiche Gewichte verwandt. Die H\u00f6hen gibt die folgende Tabelle, die an zweiter Stelle mitgetheilten Werthe von und beziehen sich auf die zweite Zeitfolge.\nTabelle IX.\nPu\tR0\t-R.\t\t-Ri\tHz\n30\t90\t55\t65\t49\t56\n20\t100\t55\t65\t45\t55\n10\t110\t55 (50)\t65\t40\t50 (55)\nIn der folgenden Tabelle sind die zugeh\u00f6rigen Gewichte und die Werthe P angegeben. Die Spalte IX gibt die Nummer der Reihe in der betreffenden Tabelle an, f\u00fcr welche die genannten Gewichte benutzt wurden. Die in Tabelle IX eingeklammexten H\u00f6henzahlen wurden bei dem Gewicht 10,62 g benutzt.","page":241},{"file":"p0242.txt","language":"de","ocr_de":"242\nJulius Merkel.\nTabelle X.\np\t1,06\t2,03\t5,3\t10,62\t40,25\t164\np\t0,48\t0,94\t2,50\t4,86\t16,7\t55,1\nIX\t3\t1 bis 3\t3\t1 bis 3\t1 u. 2\t1 u. 2\nDie Werthe der beiden folgenden Tabellen, von denen sich die erste auf die Zeitlage Ru Rm R0, die zweite auf die Zeitlage R0 Rm Ru bezieht, gelten zun\u00e4chst f\u00fcr das erste H\u00f6henpaar und s\u00e4mmtliche dabei benutzten Gewichte, sodann f\u00fcr das zweite H\u00f6henpaar und die bei ihm angewandten Gewichte u. s. w. Die Werthe A bewegten sich zwischen 1,030 und 1,072.\nTabelle XI.\n0\tm\t\t\ts*\ts2\tS0\tVu\tv\u201e\tmn\tc\tFm Rm\tF,\u201e\n16 32\t40 46\t62,4\t10,0\t9,84\t10,6\t11,4\t0,187\t0,182\t0,041\t4,73\t0,101\t6,3\n16 32\t44 52\t60,5\t9,25\t9,00\t12,5\t13,4\t0,175\t0,221\t0,041\t4,76\t0,100\t6,07\n16 38\t46 50\t59,3\t' 8,09\t7,84\t9,68\t9,99\t0,152\t0,168\t0,054\t6,19\t0,077\t4,57\n18 34\t48 48\t59,7\t12,0\t11,34\t14,0\t15,1\t0,234\t0,254\t0,033\t3,85\t0,124\t7,41\n10 28\t50 60\t61,2\t9,23\t9,02\t11,3\t12,0\t0,173\t0,196\t0,055\t6,64\t0,072\t4,41\n10 34\t50 54\t60,7\t8,49\t8,03\t8,93\t9,29\t0,158\t0,153\t0,048\t5,87\t0,081\t4,93\n6 40\t50 54\t60,0\t6,07\t6,15\t6,93\t7,05\t0,114\t0,117\t0,092\t11,1\t0,043\t2,58\n4 46\t46 50\t60,1\t5,10\t5,11\t5,50\t5,52\t0,093\t0,092\t0,119\t14,4\t0,033\t1,99\n16 32\t36 52\t61,2\t6,84\t6,81\t10,6\t11,2\t0,128\t0,183\t0,049\t6,28\t0,076\t4,66\n14 32\t45 54\t60,8\t8,89\t8,67\t10,6\t11,2\t0,166\t0,184\t0,051\t6,59\t0,072\t4,41\n12 34\t52 56\t59,8\t9,02\t8,71\t10,1\t10,6\t0,171\t0,177\t0,059\t7,57\t0,063\t3,78\n10 48\t36 54\t57,9\t10,9\t10,6\t12,6\t13,3\t0,234\t0,229\t0,046\t5,89\t0,081\t4,70","page":242},{"file":"p0243.txt","language":"de","ocr_de":"Die Abh\u00e4ngigkeit zwischen Reiz und Empfindung.\t243\nTabelle XII.\n0\tm\tRm\t\u00abi\tSu\tSi\ts\u201e\tVu\tVo\tmn\tc\tFm Fm\tFm\n10 34\t56 58\t52,2\t6,24\t6,08\t6,97\t7,21\t0,132\t0,138\t0,092\t10,2\t0,047\t2,45\n10 38\t50 54\t52,0\t5,85\t5,70\t6,22\t6,35\t0,123\t0,122\t0,097\t10,7\t0,045\t2,32\n16 38\t54 52\t51,2\t7,11\t6,78\t7,80\t8,04\t0,153\t0,157\t0,072\t7,93\t0,060\t3,08\n14 42\t64 46\t50,7\t10,2\t9,42\t7,50\t7,66\t0,228\t0,151\t0,065\t7,16\t0,067\t3,38\n4 34\t58 52\t51,6\t9,25\t5,92\t7,61\t7,93\t0,129\t0,154\t0,069\t8,05\t0,059\t3,06\n14 50\t48 46\t48,0\t5,36\t5,22\t7,00\t7,00\t0,122\t0,146\t0,088\t10,3.\t0,047\t2,23\n18 42\t52 52\t47,1\t7,74\t7,31\t10,3\t10,5\t0,184\t0,224\t0,096\t11,1\t0,043\t2,03\n24 44\t44 50\t46,5\t7,41\t6,97\t10,3\t10,5\t0,176\t0,226\t0,058\t6,76\t0,071\t3,28\n22 60\t54 36\t40,3\t6,70\t6,21\t7,26\t7,05\t0,182\t0,175\t0,073\t8,85\t0,054\t2,17\n18 44\t52 50\t41,9\t7,01\t6,61\t8,1\t8,1\t0,187\t0,193\t0,068\t8,24\t0,058\t2,43\n16 48\t52 44\t43,0\t8,34\t7,85\t8,67\t8,83\t0,223\t0,206\t0,063\t7,67\t0,062\t2,67\n14 48\t50 44\t45,1\t10,2\t9,64\t10,6\t10,7\t0,272\t0,238\t0,048\t5,96\t0,080\t3,61\nDie Mittelwerthe sind f\u00fcr Vu\\ 0,165 und 0,176, f\u00fcr V0: 0,180\nF\nund 0,177, das Gesammtmittel 0,173, f\u00fcr : 0,077 und 0,058, das\nGesammtmittel 0,067. Die Werthe V bewegen sich ganz unregelm\u00e4\u00dfig innerhalb der Grenzen 0,092 und 0,272 und sprechen in Folge dessen wiederum f\u00fcr die G\u00fcltigkeit des Weber\u2019schen Gesetzes. Auffallender Weise sind diese Werthe durchg\u00e4ngig wesentlich geringer als bei den fr\u00fcheren Versuchen, dagegen gr\u00f6\u00dfer, als\nF\t.\nhei den Versuchen Angell\u2019s. Die Werthe bewegen sich mner-\nFm\nhalb der Grenzen 0,033 und 0,124 und sind ebenfalls geringer als die entsprechenden Werthe bei den fr\u00fcheren Versuchen, dagegen","page":243},{"file":"p0244.txt","language":"de","ocr_de":"244\nJulius Merkel.\nnahezu von gleicher Gr\u00f6\u00dfe wie bei den Versuchen Angell\u2019s. Die Erkl\u00e4rung liegt zweifellos darin, dass diese Versuche gr\u00f6\u00dfere Aufmerksamkeit erheischten, um Fehlschl\u00e4ge zu vermeiden. Dieser Umstand war zudem mit einem Nachtheil- verbunden. Ich gewann hei diesen Versuchen nicht dieselbe sichere Ueherzeugung von der Richtigkeit der Resultate. W\u00e4hrend die fr\u00fcheren Versuche sich mit gro\u00dfer Leichtigkeit ausf\u00fchren lie\u00dfen, w\u00e4hrend die Ergebnisse zweier Versuchstage nahezu \u00fcbereinstimmten, waren die vorliegenden Versuche anstrengender, und die Ergebnisse zweier Versuchstage zeigten gr\u00f6\u00dfere Abweichungen. W\u00e4hrend bei den beiden ersten Tabellen das Verh\u00e4ltniss der am meisten abweichenden Werthe von V 2,1 ist, ist es hier 3, w\u00e4hrend fr\u00fcher das Verh\u00e4ltniss der am\nF\nmeisten abweichenden Werthe von gleich 1,8 war, ist es jetzt 3,8.\nDie Werthe der Tabelle VII und VIII bilden gewisserma\u00dfen den Uehergang von den fr\u00fcheren Versuchen zu den letzteren. Die\nMittel werthe Vu = 0,197, V0 = 0,218, ^ = 0,089 stehen den\nWerthen der letzten Tabellen wesentlich n\u00e4her, dagegen erstrecken sich die Variationen \u00fcber ein gr\u00f6\u00dferes Gebiet, ja einzelne Werthe \u00fcbertreffen die Gr\u00f6\u00dfe der fr\u00fcheren Mittelwerthe. Vu bewegt sich\nF\nzwischen 0,101 und 0,346 und zwischen 0,040 und 0,163.\n-**\"m\nDen Unterschied der Zeitfolge lassen die Versuche der beiden letzten Tabellen recht deutlich erkennen. Das arithmetische Mittel der Grenzreize ist hier \u00fcberall 60. Die Werthe der Zeitfolge Ru Rm R0 liegen durchg\u00e4ngig in der N\u00e4he dieses Mittels, w\u00e4hrend die Werthe der Zeitfolge R0 Rm Ru mehr von einander ahweichen und s\u00e4mmtlich wesentlich kleiner sind als das arithmetische Mittel. Das Gesammtmittel der Werthe Rm ist im ersten Falle 60,3, im zweiten 47,5. \u2014 Diese Ergebnisse forderten einerseits eine n\u00e4here Untersuchung des Einflusses der Zeitfolge geradezu heraus, sie lie\u00dfen es andererseits als w\u00fcnschenswerth erscheinen, eine Methode zu besitzen, welche gestattet, f\u00fcr jede Zeitfolge getrennt den Werth Rm zu bestimmen und die Versuche hei normaler Aufmerksamkeit durchzuf\u00fchren. W\u00e4hrend der Versuche der vier letzten Tabellen hatte ich die Ueherzeugung gewonnen, als ob bei der Zeitfolge Ru Rm R0 die Reize ihre wahre Gr\u00f6\u00dfe bes\u00e4\u00dfen, w\u00e4hrend die Zeitfolge R0","page":244},{"file":"p0245.txt","language":"de","ocr_de":"Die Abh\u00e4ngigkeit zwischen Reiz und Empfindung.\t245\nRm Ru Verscliiebungen zu bedingen schien. Alfred Lehmann1) sagt in seiner Arbeit \u00bbKritische und experimentelle Studien \u00fcber das Wiedererkennen \u00ab : \u00bbBei der Vergleichung wird immer die zweite Empfindung mit dem Erinnerungsbilde der ersten verglichen, und weil nun das Erinnerungsbild schw\u00e4cher sein muss als die im Augenblicke gegebene Empfindung, wird diese als ver-h\u00e4ltnissm\u00e4\u00dfig intensiver beurtheilt, d. h. \u00fcbersch\u00e4tzt. Doch liegt die Annahme nahe, dass die St\u00e4rke des Erinnerungshildes, womit der zuletzt geh\u00f6rte Schall verglichen wird, nicht gleichm\u00e4\u00dfig abnehme, sondern periodisch abklinge, so dass sie nach sechs Secun-den ihre urspr\u00fcngliche St\u00e4rke beinahe erreicht habe.\u00ab Eine Wiederholung der Versuche Lehmann\u2019s f\u00fchrte mich zwar zu \u00e4hnlichen Ergebnissen, doch erweckte mir die Erkl\u00e4rung namentlich der letzten Beobachtung Bedenken, und zwar besonders deshalb, weil ich bei meinen Versuchen alle drei Reize einwirken lie\u00df und erst nach einer kurzen Zwischenzeit das Urtheil f\u00e4llte, also gewisserma\u00dfen alle drei Reize als Erinnerungsbilder gegeben waren. Die Reize lie\u00df ich aber besonders aus dem Grunde rasch auf einander folgen, um ihre St\u00e4rke noch in lebendiger Erinnerung zu haben.\nUm die Frage experimentell n\u00e4her zu untersuchen, lie\u00df ich die Reize zun\u00e4chst in Zwischenr\u00e4umen von sechs Secunden auf einander folgen, allein dadurch wurde die Entscheidung, ob' Rm dem Reize Ru oder R0 n\u00e4her liege, wesentlich erschwert. Zudem war in einer Versuchsstunde nicht eine gen\u00fcgende Zahl von Versuchen zu erhalten. Vor allem aus diesem letzteren Grunde suchte ich nach einem anderen Verfahren. Nimmt man an, dass von drei auf einander folgenden Reizen der letzte um t/10 seiner Gr\u00f6\u00dfe \u00fcbersch\u00e4tzt werde, so w\u00fcrden die Reize 30, 60, 90 bei den folgenden sechs Zeitlagen die nachstehenden Werthe erhalten, in denen Rm den Mittelwerth der Grenzreize darstellt.\nI.\t30.\t60.\t99.\tRm =\t64,5.\nII.\t90.\t60.\t33.\t==\t61,5.\nIII.\t60.\t30.\t99.\t\u25a0\u00aem \u2014\t64,5.\nIV.\t60.\t90.\t33.\tRm \u2014\t61,5.\nV.\t30.\t90.\t66.\tRm =\t60.\nVI.\t90.\t30.\t66.\tRm \u2014\t60.\n1) Phil. Stud. VII, S. 205 u. 207.","page":245},{"file":"p0246.txt","language":"de","ocr_de":"246\nJulius Merkel.\nDer mittlere Reiz m\u00fcsste hiernach im ersten und dritten Falle um 4,5 zu gro\u00df, im zweiten und vierten Falle um 1,5 zu gro\u00df und in den beiden letzten F\u00e4llen um 6 zu klein gefunden werden. Das Mittel aus allen Zeitfolgen w\u00fcrde dagegen den richtigen Werth liefern.\nBis jetzt sind meines Wissens nur die beiden ersten Zeitfolgen ber\u00fccksichtigt worden. Insofern meine Versuche bei der Zeitlage I z. Th. einen gr\u00f6\u00dferen Werth als das arithmetische Mittel lieferten und mit R\u00fccksicht darauf, dass der zu erwartende Werth von Pm auch kleiner als das arithmetische Mittel sein k\u00f6nnte, sprechen die bisherigen Ergebnisse nicht gegen die obige Annahme. Um jedoch den gro\u00dfen Unterschied der Werthe der I. und II. Zeitfolge zu erkl\u00e4ren, m\u00fcsste man annehmen, dass der letzte Schall ganz bedeutend mehr \u00fcbersch\u00e4tzt werde. Jedenfalls schien es nothwendig, auch die andern Zeitfolgen zu ber\u00fccksichtigen. Bemerken will ich noch, dass mir die Annahme n\u00e4her liegen w\u00fcrde, die beiden ersten Reize w\u00fcrden geschw\u00e4cht, der dritte in seiner wahren Gr\u00f6\u00dfe aufgefasst, doch sind die Folgerungen f\u00fcr die vorliegenden Versuche dieselben. In der folgenden Tabelle sind die benutzten H\u00f6hen angegeben. Die bei jeder Zeitfolge benutzten Werthe Rx und Pl finden sich in den Verticalreihen, welche am Kopfe die fragliche Zeitfolge enthalten. Das Gewicht war 10,62 g (P = 4,86). Die Werthe A schwankten zwischen 1,040 und 1,062. Die Versuche mussten mit gro\u00dfer Aufmerksamkeit durchgef\u00fchrt werden und strengten au\u00dferordentlich an. Mit unge\u00fcbten Beobachtern w\u00fcrden sie vermuthlich nicht durchf\u00fchrbar sein. Zun\u00e4chst musste jeder Reiz m\u00f6glichst sicher aufgefasst und im Ged\u00e4chtniss behalten werden, und dann galt es zu entscheiden, ob der Anfangs- bez. Endreiz in der Mitte der beiden andern liege oder dem einen derselben n\u00e4her.\nTabelle XIII.\nRu\tRo\tIII. -Rm -Ro\t\tIV.\t\tV. -R\u00ab -Ro -R\u00bbi\t\tVI. -Ro -R\u00ab -R/n\t\n30\t90\t60\t70\t60\t70\t50\t60\t55\t65\n20\t100\t60\t70\t60\t70\t50\t60\t55\t65\n10\t110\t60\t75\t50\t65\t45\t60\t45\t60","page":246},{"file":"p0247.txt","language":"de","ocr_de":"Die Abh\u00e4ngigkeit zwischen Reiz und Empfindung.\n247\nIn der folgenden Tabelle sind die f\u00fcr Rm gefundenen Werth\u00e9 f\u00fcr jede Zeitfolge und die drei verschiedenen H\u00f6henpaare [Ru R(J) nach einander angegeben. Die Zeitlagen sind durch die r\u00f6mischen Ziffern gekennzeichnet.\nTabelle XIY.\n\t0\tm\t-Rm\t\ts\u00ab\ts2\t\u00abo\tvu\tv\u201e\tmn\te\tFm Fm\tFm\nIII.\t< IV.\t\u25a0 V.\t- VI.\t'\t10 26\t58 56\t67,3\t15,7\t14,8\t15,5\t17,1\t0,281\t0,255\t0,036\t4,19\t0,114\t7,67\n\t8 28\t52 54\t67,8\t11,2\t10,94\t9,91\t10,5\t0,192\t0,155\t0,053\t6,58\t0,073\t4,92\n\t10 32\t70 60\t64,6\t22,2\t19,5\t20,7\t22,5\t0,432\t0,348\t0,031\t4,25\t0,112\t7,26\n\t10 30\t54 58\t64,9\t11,4\t10,84\t11,9\t12,5\t0,200\t0,193\t0,049\t5,77\t0,083\t5,37\n\t10 28\t56 60\t65,9\t11,5\t11,07\t12,2\t13,0\t0,202\t0,197\t0,051\t6,30\t0,076\t5,00\n\t12 32\t54 58\t57,3\t15,3\t14,3\t16,5\t17,9\t0,333\t0,313\t0,037\t4,79\t0,100\t5,71\n\t12 32\t56 56\t55,7\t10,1\t9,75\t11,2\t12,0\t0,212\t0,215\t0,054\t6,01\t0,079\t4,43\n\t14 38\t58 54\t53,1\t10,3\t9,66\t10,7\t11,1\t0,223\t0,209\t0,056\t6,67\t0,072\t3,80\n\t8 28\t52 66\t53,1\t11,6\t11,28\t15,2\t16,4\t0,270\t0,310\t0,050\t6,24\t0,077\t4,06\n\t10 32\t58 56\t60,3\t11,4\t10,82\t10,9\t11,5\t0,215\t0,191\t0,053\t6,12\t0,078\t4,70\n\t10 26\t62 60\t61,1\t16,3\t15,04\t15,4\t17,0\t0,326\t0,278\t0,038\t4,78\t0,100\t6,11\n\t10 30\t60 56\t54,5\t22,7\t20,25\t15,9\t17,5\t0,591\t0,322\t0,036\t4,48\t0,107\t4,61\n1 m\nR,\nDie Werthe V liegen zwischen 0,155 und 0,591, die Werthe zwischen 0,072 und 0,114. Die Mittelwerthe sind Vu = 0,290,\n'm\nV0 = 0,249, \u2014 = 0,089. Die gr\u00f6\u00dferen Schwankungen f\u00fcr V und\nRm.\ndie h\u00f6heren Mittelwerthe f\u00fcr V und -t~\nJlm\nerkl\u00e4ren sich aus der\ngr\u00f6\u00dferen Schwierigkeit der Versuche. Was nun die untersuchte","page":247},{"file":"p0248.txt","language":"de","ocr_de":"248\nJulius Merkel. Die Abh\u00e4ngigkeit zwischen Reiz und Empfindung.\nFrage anlangt, so stimmen die Werthe der Zeitfolgen I und III II und IV nicht \u00fcberein und die Werthe der Zeitfolgen Y und VI nur in einem Falle. Bei den Zeitlagen IV und VI weicht der dritte Werth wesentlich von den beiden ersten ab, in geringerem Ma\u00dfstabe bei den Zeitfolgen III und V. Was die absoluten Werthe anlangt, die indess nicht ma\u00dfgebend sein k\u00f6nnen, so stimmen nur die Werthe der Zeitfolge V mit den Zahlen, die aus der zu Grunde gelegten Annahme folgen, \u00fcberein, alle \u00fcbrigen weichen mehr oder weniger ab. Die Mittelwerthe f\u00fcr s\u00e4mmtliche Zeitfolgen sind : I. 60,3; II. 47,5; III. 66,6; IV. 62,7; V. 54; VI. 58,6. Das Ge-sammtmittel ist 58,3. F\u00fcr die H\u00f6hen 30 und 90, sowie 20 und 100, also bei Fortlassung des H\u00f6henpaares 10 und 110 ergeben sich die Mittel : 60,6 ; 48,8 ; 67,6 ; 65,4; 54,4 und 60,7, f\u00fcr welche das Gesammt-mittel 59,6 lautet, also nahezu dem arithmetischen Mittel gleich kommt, w\u00e4hrend der Mittelwerth f\u00fcr die beiden ersten Zeitlagen 54,7 lautet, also wesentlich abweicht.\nIch will die n\u00e4here Er\u00f6rterung der obigen Thatsachen, soweit sie der von Lehmann gegebenen Erkl\u00e4rung widersprechen, auf einen sp\u00e4teren Ort verschieben und mich jetzt der L\u00f6sung der zweiten Frage zuwenden, der Frage nach einer Methode, bei welcher bei getrennter Behandlung der Zeitlagen mit normaler Aufmerksamkeit beobachtet werden kann.\n(Fortsetzung folgt im n\u00e4chsten Heft.)","page":248}],"identifier":"lit4213","issued":"1894","language":"de","pages":"203-248","startpages":"203","title":"Die Abh\u00e4ngigkeit zwischen Reiz und Empfindung, Vierte Abtheilung, Fortsetzung","type":"Journal Article","volume":"10"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T12:29:38.638105+00:00"}