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{"created":"2022-01-31T13:12:03.650212+00:00","id":"lit4222","links":{},"metadata":{"alternative":"Philosophische Studien","contributors":[{"name":"Cohn, Jonas","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Philosophische Studien 10: 562-603","fulltext":[{"file":"p0562.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Untersuchungen \u00fcber die Gef\u00fchlsbetonung der Farben, Helligkeiten und ihrer Combinationen.\nVon\nJouas Cohn.\n(Mit Tafel I.)\nCapitel I.\nMethodologische Vorbemerkungen.\n\u00a7 1. Die Methode der paarweisen Vergleichung.\nDie experimentelle Psychologie sucht mehr und mehr von der Peripherie des Seelenlebens, der Sinnesempfindung, ins Centrum vorzudringen. Wie Ebbinghaus1) und nach ihm M\u00fcller und Schumann2) sich die experimentelle Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses zum Problem gemacht hatten, so bem\u00fchte sich schon Fechner3) experimentell bis an die Pforten der Gef\u00fchlslehre zu gelangen. W\u00e4hrend aber auf dem Gebiete der Sinnesempfindungen die Fragestellung oft ebensowohl physiologisch wie psychologisch gefasst werden kann, ist bei unserer Unkenntniss der centralen physiologischen Vorg\u00e4nge auf diesen Gebieten eine psychologische Fragestellung die einzig zul\u00e4ssige. Nicht zum Schaden der Sache, wie mir scheint. Gerade diese Art von Arbeiten wird Allen die selbst\u00e4ndige Bedeutung der Psychologie vor Augen f\u00fchren, welche\n1)\tUeber das Ged\u00e4chtniss. Leipzig 1885.\n2)\tZeitschrift f\u00fcr Psychologie. Bd. VI.\n3)\tZur experimentalen Aesthetik. Leipzig (Hirzel). 1871.","page":562},{"file":"p0563.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Untersuchungen \u00fcber die Gef\u00fchlsbetonung der Farben etc. 563\nnie und nimmer zu einem Zweige der Physiologie herabsinken darf. Was f\u00fcr den Physiologen Problem ist, das ist f\u00fcr den Psychologen blo\u00dfes Reagens und umgekehrt.\nDie Fragestellung der von Fechner so genannten experimentellen Aesthetik ist stets: In welcher Abh\u00e4ngigkeit stehen die Gef\u00fchle von bestimmten Verh\u00e4ltnissen der Empfindung?\nBei Fechner selbst war die Frage beschr\u00e4nkter so gefasst: Wo liegt das Maximum der Sch\u00f6nheit f\u00fcr gewisse Verh\u00e4ltnisse der Empfindungen? Aber schon Witmer1) zog mit Recht dieser einseitigen Hervorhebung des Maximums die Construction der ge-sammten Curve vor. Unter den drei von Fechner erdachten Methoden der experimentellen Aesthetik geh\u00f6rt die der Verwendung nicht der Psychologie an und ist \u00fcberhaupt keine experimentelle, sondern eine Statistische Methode, da die wichtigste Grundeigenschaft des Experiments, die willk\u00fcrliche Ver\u00e4nderung der Versuchs- 1 Bedingungen, fehlt2). Die Methode der Herstellung hat eine strengere Ausbildung noch nicht erfahren, dagegen ist die Methode der Wahl durch Witmer fortgehildet worden.\nWitmer\u2019s methodologische Fortschritte \u00fcber Fechner hinaus bestehen :\t1) in der gr\u00fcndlichen Heranziehung einer geringeren\nZahl von Versuchspersonen, 2) in der Vollst\u00e4ndigkeit seiner Reihen,\n3) in der geordneten Vorlegung.\nDie Aufgabe der folgenden Arbeit ist es, die experimental\u00e4sthetischen Methoden, von dem Problem des sch\u00f6nsten r\u00e4umlichen Verh\u00e4ltnisses, auf welches allein sie bis jetzt systematische Anwendung gefunden hatten, auf ein anderes Gebiet, das der Com-binationen voh Farben und Helligkeiten und im weiteren Verfolg der Arbeit auch auf die gef\u00fchlsm\u00e4\u00dfige Bewerthung der einzelnen Farben und Helligkeitsstufen zu \u00fcbertragen. Da die Methode der Herstellung aus naheliegenden Gr\u00fcnden f\u00fcr den gr\u00f6\u00dften Theil der hier zu behandelnden Fragen unanwendbar ist, blieb nur die Methode der Wahl \u00fcbrig. Unter den von Witmer an derselben\n1)\tPhil. Stud. IX, S. 96 ff., 209 ff.\n2)\tHiermit soll nat\u00fcrlich die eminente Bedeutung dieser Methode in \u00e4sthe-tisch-sociologischer Beziehung nicht angetastet werden, in deren Bewerthung ich mit Grosse (Anf\u00e4nge der Kunst. S. 141) \u00fcbereinstimme.","page":563},{"file":"p0564.txt","language":"de","ocr_de":"564\nJonas Colin.\nvorgenommenen Verbesserungen konnte die erste unbedingt beibehalten werden. Die gr\u00fcndliche Heranziehung einzelner Personen gestattet in ganz anderer Weise die Ermittelung feinerer Details und individueller Differenzen, als die Massenstatistik dies je verm\u00f6chte. Dagegen zeigte sich bald, dass die Reihenmethode f\u00fcr Farben unanwendbar war. Denn einerseits beeinflussen die Farben einander allzu stark durch Contrast, so dass bei jeder Umlagerung der Reihe ein ver\u00e4nderter Eindruck entsprang, anderseits wirken die verschiedenen Farben nicht wie verschiedene r\u00e4umliche Verh\u00e4ltnisse als Glieder einer continuirlichen Reihe, sondern als selbst\u00e4ndige Qualit\u00e4ten.\nFerner hat die Reihenmethode noch einen fundamentalen Fehler. Sie kann, wie auch Witmer hervorhebt, nur einen oder den andern Hauptpunkt der Curve, nicht die Curve selbst feststellen. Sie ist also nicht ausreichend. Auch Witmer hat ja eine Anzahl Control versuche nach der Methode der paarweisen Vergleichung angestellt, um die Reihenmethode zu controliren und die Curve als Ganzes ann\u00e4hernd zu gewinnen.\nEs galt nun, die Methode der paarweisen Vergleichung geh\u00f6rig auszubilden, nachdem sich gezeigt hatte, dass tastende Versuche in unregelm\u00e4\u00dfiger Reihenfolge ungeeignet zur Gewinnung eindeutiger Resultate seien.\nGesetzt man habe eine Reihe von zehn Gliedern, die man unter sich auf ihre relative Wohlgef\u00e4lligkeit mittels der Methode der paarweisen Vergleichung pr\u00fcfen soll, etwa zehn Farben aus allen\n10 \u2022 9\nTheilen des Farbenkreises, so sind zwischen diesen \u2014\u2014\u2014 = 45\n1 \u2022 It\nVergleichungen m\u00f6glich. Werden diese s\u00e4mmtlich ausgef\u00fchrt, so ist jede Farbe mit allen neun anderen verglichen worden. Die m\u00f6glichen Urtheile sind jedesmal nur \u00bbrechts besser\u00ab, \u00bblinks besser\u00ab oder \u00bbgleich\u00ab. Urtheile wie \u00bbunentschieden\u00ab werden den Gleichheits-urtheilen analog betrachtet, doch besonders protocollirt. Die Art des Protocolls ist die, dass die s\u00e4mmtlichen Farben mit Ausnahme der letzten (also 1, 2, 3 .... 9) in die oberste Horizontalreihe, eben\ndieselben mit Ausnahme der ersten (also 2, 3, 4____10) in die linke\nVerticalreihe geschrieben werden. Die untere durch eine st\u00e4rkere Contur abgegrenzte H\u00e4lfte des so entstehenden Rechtecks entspricht","page":564},{"file":"p0565.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Untersuchungen \u00fcber die Gef\u00fchlsbetonung der Farben etc. 565\nin jedem ihrer Felder einer der 45 Vergleichungen. Es ist nun die Reihenfolge der Versuche festzustellen. Dieselbe ist m\u00f6glichst so zu w\u00e4hlen, dass der Beobachter ihre Gesetzm\u00e4\u00dfigkeit nicht bemerkt, damit sein Urtheil nicht dadurch beeinflusst werde. Dagegen ist es w\u00fcnschenswerth, dass sie dem Experimentator leicht \u00fcbersichtlich und vertraut werde, damit bei der gro\u00dfen Zahl der Versuche Schnelligkeit und Correctheit der Versuchsanstellung gesichert bleibe. Diesen Anforderungen gen\u00fcgt am besten die im beigef\u00fcgten Schema durch die Zahlen ausgedr\u00fcckte Reihenfolge.\n\tI\tII\tIII\tIV\tV\tVI\tVII\tVIII\tIX\nII\t1\t\t\t\t\t\t\t\t\nIII\t2\t3\t\t\t\t\t\t\t\nIV\t18\t4\t5\t\t\t\t\t\t\nV\t19\t20\t6\t7\t\t\t\t\t\nVI\t31\t21\t22\t8\t9\t\t\t\t\nVII\t32\t33\t23\t24\t10\t11\t\t\t\nVIII\t40\t34\t35\t25\t26\t12\t13\t\t\nIX\t41\t42\t36\t37\t27\t28\t14\t15\t\nX\t45\t43\t44\t38\t39\t29\t30\t16\t17\nGleichzeitig ist bei derselben ein steter Wechsel der Raumlage m\u00f6glich, da jede Farbe zweimal hinter einander vorkommt, und so das eine Mal die rechte, das andere Mal die linke Seite einnehmen kann. Z\u00e4hlt man dann die auf jede Farbe fallenden Vorzugsurtheile zusammen (Gleichheitsurtheil \u2014 l/2 gerechnet), so hat man ein Ma\u00df f\u00fcr die relative Wohlgef\u00e4lligkeit der einzelnen Farben. Der Ausschluss st\u00f6render Associationen, den Witmer durch seine con-tinuirlichen Reihen erreichte, wird hier durch die gro\u00dfe Zahl der Versuche herbeigef\u00fchrt. Dadurch gew\u00f6hnen sich selbst die an Associationen reichsten Versuchspersonen, nur den sinnlichen Eindruck wirken zu lassen. Auch verliert sich das intensive Interesse an dem einzelnen Versuch, welches Anfangs die Phantasie zu allerlei\nWundt, Philos. Studien. X.\t37","page":565},{"file":"p0566.txt","language":"de","ocr_de":"566\nJonas Cohn.\nVergleichungen anregt. Ferner bietet diese Methode den Vortheil, dass schon innerhalb jeder Reihe eine gewisse, wenn auch unzul\u00e4ngliche Ausgleichung zuf\u00e4lliger Einfl\u00fcsse erreicht wird.\nEine Errungenschaft Witmer\u2019s musste freilich wieder aufgegeben werden: die Continuit\u00e4t seiner Reihen. Witmer war bekanntlich von einem Gliede zum andern in eben noch gut unterscheidbaren Stufen fortgeschritten. In Folge der mit Vermehrung der Glieder rasch wachsenden Versuchszahl wird sich dies bei der Methode der paarweisen Vergleichung stets nur schwer durchf\u00fchren lassen. Bei Farben ist es technisch kaum m\u00f6glich, eine einigerma\u00dfen gleich ges\u00e4ttigte Reihe der unterscheidbaren Farbent\u00f6ne zu erhalten. Bei der ganzen Natur der Aufgabe war dies aber auch nicht erforderlich.\n\u00a7 2. Die graphische Darstellung der Resultate und die Bestimmung der Farben im System der Farbenempfindungen.\nIn Bezug auf die graphische Einzeichnung der Resultate ist zu bemerken, dass es sich, wie K\u00fclpe1) mit Recht hervorhebt, stets nur um eine Vergleichung der relativen Wohlgef\u00e4lligkeit, niemals um absolute Lust- oder Unlustwerthe handeln kann. Es erscheint daher am g\u00fcnstigsten, alle Ordinaten positiv zu nehmen und als solche einfach die Zahlen der auf jeden Werth fallenden Vorzugs-urtheile zu benutzen.\nEine besondere Schwierigkeit, welche theilweise bei dem heutigen Stand unserer Kenntnisse als un\u00fcberwindlich bezeichnet werden muss, bereitet die systematische Bestimmung der verwendeten Farben. Unser Farbensystem ist dreidimensional, daher pflegt man dasselbe, wie bekannt, unter der Form einer Kugel oder eines Doppelkegels darzustellen.\nMan fixirt also eine Nuance durch drei Bestimmungen, die man als Farbenton, Helligkeit und S\u00e4ttigung zu bezeichnen pflegt. Den Farbenton kann man durch Vergleichung mit dem Spectrum gewinnen, am besten, wenn man mittelst zweier verschieblicher Schirme schmale Streifen des Spectrums isolirt und mit der zu\n1) Grundriss der Psychologie. 1893. S. 241.","page":566},{"file":"p0567.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Untersuchungen \u00fcber die Gef\u00fchlsbetonung der Farben etc. 567\nbestimmenden Farbe vergleicht. F\u00fcr die Helligkeit gewinnt man eine angen\u00e4herte Bestimmung durch Vergleichung mit Grau, etwa in der von Gruber1) angegebenen Weise. Bei Verwendung von transparenten Farben kann man auch durch photometrische Vergleichung der je benachbarten Farben ein ungef\u00e4hres Helligkeitsma\u00df gewinnen.\nF\u00fcr die S\u00e4ttigung ist ein empirisches Ma\u00df bei Nuancen desselben Farbentons m\u00f6glich, wenn man die ges\u00e4ttigtste Nuance als Ausgangspunkt w\u00e4hlt und die \u00fcbrigen durch Zusatz von Wei\u00df und Schwarz aus ihr herstellt. Aber schon hierbei darf man sich nicht etwa verleiten lassen, die Winkelgr\u00f6\u00dfe des farbigen Sectors als S\u00e4ttigungsma\u00df zu benutzen. Man stelle z. B. folgenden Versuch an: Man mache sich zwei farbige Scheiben (etwa rothe) von genau gleicher Art, dann setze man der einen 180\u00b0 Schwarz, der andern 180\u00b0 Wei\u00df zu und lasse beide rotiren. Man wird dann sofort erkennen, wie ungleich ges\u00e4ttigter die Scheibe mit Schwarzzusatz erscheint. Ist also schon die Vergleichung hellerer und dunklerer Nuancen derselben Farbe auf ihre S\u00e4ttigung schwer, so fehlt uns zur Zeit jedes Mittel, verschiedene Farben auf diese Eigenschaft hin zu vergleichen.\t(\nNeben der Bestimmung der Nuancen kommt ihre Anordnung in Betracht. Eine Einzelausf\u00fchrung der bekannten Construction der Farbenkugel ist von Kolbe2) versucht worden. Lehmann3) hat sich diese Anordnung unver\u00e4ndert angeeignet. Die Spectralfarben mit der Erg\u00e4nzung durch Purpur bilden den Aequator, die Wei\u00df-Schwarz-Linie die Achse. Die Coordinate auf der Achse bestimmt die Helligkeit, die Winkelgr\u00f6\u00dfe (geographische L\u00e4nge) den Farbenton, der Abstand vom Nullpunkte die S\u00e4ttigung. Infolge dieser letzteren Bestimmungsweise erlangt man ein Wei\u00df von spectraler S\u00e4ttigung. Weder Kolbe noch Lehmann ist es klar geworden, dass man wohl die S\u00e4ttigung bei gleichbleibender Helligkeit, nicht aber \u2014 oder doch nur innerhalb gewisser enger Grenzen \u2014 die Helligkeit ohne Aenderung der S\u00e4ttigung variiren kann. Diesen\n1)\tPhil. Stud. Bd. IX. S. 429 ff.\n2)\tGeometrische Darstellung der Farbenblindheit. Petersburg 1881.\n3)\tFarvernes elementaere Aesthetik. Kopenhagen 1884.\n37*","page":567},{"file":"p0568.txt","language":"de","ocr_de":"568\nJonas Cohn.\nFehler h\u00e4tten sie sich noch dazu so leicht ersparen k\u00f6nnen, wenn sie nicht den Abstand vom Nullpunkte, sondern die Senkrechte auf die Wei\u00df-Schwarz-Achse als Ma\u00df der S\u00e4ttigung gew\u00e4hlt h\u00e4tten. Ueberhaupt aber ist die Construction der Farbenkugel dadurch in ihrem Werth sehr herabgedriickt, dass sie von der grundfalschen Voraussetzung ausgeht, dass alle Spectralfarben gleiche Helligkeit und S\u00e4ttigung haben. In Wahrheit w\u00fcrden die Spectralfarben nicht auf einen Kreis, sondern auf eine dreidimensionale Curve zu liegen kommen. Das Farbensystem l\u00e4sst sich also nicht durch eine einfache stereometrische Gestalt wiedergeben. Immerhin kann eine solche Gestalt zur ungef\u00e4hren Veranschaulichung der Farbenempfindungen dienen.\nSpeciell der Farbenkreis als Sinnbild der Farbent\u00f6ne l\u00e4sst sich dadurch rechtfertigen, dass man sich ja leicht alle Farbent\u00f6ne auf gleiche Helligkeit und S\u00e4ttigung \u00fcbertragen vorstellen kann. Dann hat der Farbenkreis den Vorzug, den Complementarismus gut wiederzugeben, da Complement\u00e4rfarben auf den Endpunkten desselben Durchmessers liegen. Diese Bestimmung ist aber zun\u00e4chst auch das Einzige, was uns einen Anhaltspunkt zur Construction des Farbenkreises gibt. Darum ist es an sich gleichgiltig, wodurch man sie erg\u00e4nzt. Wenn man zwei Complement\u00e4rfarben als 0\u00b0 und 180\u00b0 festgelegt hat, muss man den zwischen ihnen liegenden Halbkreis irgendwie eintheilen. Der andere Halbkreis ist dann durch den Complementarismus gegeben. Darum ist Kolbe\u2019s Farbenkreis, in welchem zwischen 0\u00b0 und 180\u00b0 proportional der Wellenl\u00e4nge getheilt ist, trotz dieser unpsychologischen Art nicht unbrauchbar. Doch hat er freilich einen Fehler, er gibt den gleichfarbigen Endstrecken des Spectrums zu gro\u00dfe Ausdehnung.\nDer von mir zu Grunde gelegte Farbenkeis ist folgenderma\u00dfen construirt worden. Nach den von Uhthoff1) ausgef\u00fchrten Bestimmungen \u00fcber die U.-E. f\u00fcr Spektralfarben nach der Methode der Minimal\u00e4nderungen wurde die Zahl der zwischen je zwei Bestimmungspunkte fallenden eben unterscheidbaren Nuancen berechnet. Wenn man dann im Anschluss an die von Helmholtz2) mitge-\n1)\tGr\u00e4fe\u2019s Archiv f. Ophthalmol. 1888. Bd. 34. Abth. 4. S. 1\u201415.\n2)\tPhysiologische Optik. 2. Aufl. 4. Lief. S. 317\u2014319.","page":568},{"file":"p0569.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Untersuchungen \u00fcber die Gef\u00fchlsbetonung der Farben etc. 569\ntheilten Bestimmungen der Complement\u00e4rfarben ein Both von 650 und ein Blaugr\u00fcn von 494 fz/z Wellenl\u00e4nge als complement\u00e4r betrachtet, so fallen auf die dazwischen liegenden 180\u00b0 gerade 120 Nuancen, also auf je 1,5\u00b0 eine Nuance. Danach kann man dann sehr leicht die weitere Yertheilung der Wellenl\u00e4ngen innerhalb dieses Halbkreises vornehmen. Der andere Halbkreis ist dann durch den Complementarismus bestimmt. W\u00fcrde man die Bestimmungen nach U.-E. \u00fcber 494 [zfz hinaus fortsetzen, so w\u00fcrde das Ende des Spektrums auf 245\u00b0 zu liegen kommen, w\u00e4hrend es nach dem Complementarismus bei 285\u00b0 liegen muss. Als Nullpunkt ist dabei das rothe Ende des Spektrums angenommen, so dass der Ausgangspunkt unserer Bestimmungen (Both = 650 fi/z) auf 5\u00b0 f\u00e4llt. Es werden auf diese Weise die Wellenl\u00e4ngen zwischen 494 und 480 auf 70\u00b0 ausgedehnt, w\u00e4hrend dieselben nach der U.-E. nur 20\u00b0 umfassen d\u00fcrften. Man sieht aus diesen Angaben, wie roh und unexact dieser Farbenkreis ist. Im Folgenden wird sich zeigen, wie gute Dienste er trotz alledem leisten kann1).\nCapitel II.\nUebersicht \u00fcber die Versuchsreihen.\n\u00a7 3. Vorbemerkungen. Disposition der Versuche.\nAuf die vorangegangenen methodischen Er\u00f6rterungen erscheint es am vortheilhaftesten eine Schilderung der wichtigsten Versuchsreihen folgen zu lassen. Die Versuche wurden im Sommer 1893 und im Winter 1893/94 im psychologischen Institut in Leipzig angestellt \u2014 die in \u00a7\u00a7 9\u201410 mitgetheilten Versuchsreihen wurden erst im Sommer 1894 beendet. Als Beobachter dienten im Sommer die Herren Dr/ Meumann, Dr. Wenzel, Dr. Fr. Kiesow, Dr. phil. Mentz, stud. phil. von Kunowski, Eisler, Osterrieth und als farbenblinder Beobachter Herr cand. med. et phil. M., dessen Abnormit\u00e4t Kirschmann2) beschrieben hat. Im Winter beobachteten die Herren Dr. Meumann, Dr. F. Kiesow, Dr. C. Kiesow, Dr. Thi\u00e9ry, Dr. Aars, stud. phil. Eisler, Arrer, von\n1)\tS. Taf. I, Fig. 1. Der innerste Kreis enth\u00e4lt die Wellenl\u00e4ngen in uu.\n2)\tPhil. Stud. Bd. VIII. S. 414ff.","page":569},{"file":"p0570.txt","language":"de","ocr_de":"570\nJonas Cohn.\nKunowski und der rothgr\u00fcnblinde Herr stud. phil. H. (Engl\u00e4nder). Im Sommer 1894 kam noch Herr Dr. Spitzer hinzu. \u2014 Allen diesen Herren spreche ich f\u00fcr ihre treue Theilnahme an den Versuchen meinen aufrichtigen Dank aus.\nGem\u00e4\u00df den drei Dimensionen unseres Farbensystems theilt sich die mir gestellte Aufgabe in drei Theile. Es sind zu untersuchen die Sch\u00f6nheitsverh\u00e4ltnisse bei Variation des Farbentons, der S\u00e4ttigung und der Helligkeit.\nDie Versuche betreffs des Farbentons gliedern sich wieder in Vorversuche mit farbigen Papieren (reflectirtes Licht) und zwei Reihen von Versuchen mit farbigen Gelatineplatten (durchfallendes Licht). Verbunden wurden hier mit den Versuchen \u00fcber Com-binationen auch solche \u00fcber die Sch\u00f6nheit einzelner Farben f\u00fcr sich genommen (Einzelwahlversuche). Da es keine S\u00e4ttigungsvergleichung f\u00fcr verschiedene Farben gibt, so musste man sich mit Variation der S\u00e4ttigung einer und derselben Farbe begn\u00fcgen, alle Versuche waren Einzelwahlversuche.\n.Bei der Helligkeit endlich ergaben sich folgende Aufgaben:\n1)\tfarblose Helligkeiten, unter sich combinirt und in Einzelwahl,\n2)\teine farblose Helligkeit und eine Farbe combinirt, erstere variirt,\n3)\tzwei farbige Helligkeiten combinirt, eine variirt. Diese Variation ist stets mit S\u00e4ttigungs\u00e4nderung verbunden.\n\u00a7 4. Farbenton: Vorversuche an farbigen Papieren.\nUnter den ziemlich zahlreichen, mit farbigen Papieren ange-stellten Versuchen sind die meisten als tastende Vorversuche der Ver\u00f6ffentlichung unwerth. Die Papier streifen hatten 2,5 cm Breite und 5,5 cm L\u00e4nge; bei den Combinationsversuchen wurden dieselben mit den langen Seiten an einander gelegt und in einen schmalen Streifen von schwarzem Papier etwa 0,5 cm weit hineingesteckt. Als Hintergrund diente schwarzer Carton.\nNur eine Reihe wurde nach der Methode der paarweisen Vergleichung durchgef\u00fchrt. Es sind Combinationsversuche mit der Grundfarbe Gr\u00fcn (Hering\u2019s Gr\u00fcn, Farben von G. Rothe in Prag, auf Carton aufgezogen). Als Vergleichsfarben dienten 10, welche aus einer gro\u00dfen Anzahl von Papieren als m\u00f6glichst ges\u00e4ttigte","page":570},{"file":"p0571.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Untersuchungen \u00fcber die Gef\u00fchlsbetonung der Farben etc. 571\ngew\u00e4hlt waren: 1) Blaugr\u00fcn, 2) Cyanblau (Hering\u2019s), 3) Ultramarinblau, 4) Violett (Hering\u2019s), 5) Purpur (Hering\u2019s, comple-ment\u00e4r zur Grundfarbe), 6) Roth, 7) Orangeroth (Hering\u2019s), 8) Gelb (Hering\u2019s), 9) Gr\u00fcngelb, 10) Gelbgr\u00fcn.\n10 \u2022 9\nDie Reihe bestand demnach aus ^\t^ = 45 Versuchen. Sie\nergab als Summe von sechs farbent\u00fcchtigen Beobachtern folgende Vorzugsurtheile (die Farben in der obigen Reihenfolge genommen)\n123456789\t10\n11\t27\t28,5\t41,5\t44,5\t44,5\t34,5\t22\t13\t3,5\nund unter Hinzunahme eines siebenten farbennormalen, aber in seinen Urtheilen abweichenden Beobachters 18,5\t28\t32,5\t44,5\n50,5\t52,5\t40\t25\t17\t6,5. Man sieht, dass die Combination\num so besser gef\u00e4llt, je weiter sich die Vergleichsfarbe von der Grundfarbe entfernt und ihrer Complement\u00e4Tfarbe n\u00e4hert.\nDer farbenblinde Herr cand. phil. et med. M. dagegen gab folgende Vorzugsurtheile:\n1\t2\t3\t4\t5\t6\t7\t8\t9\t10\n8\t3,5\t4\t2\t0\t2,5\t3\t6\t7\t9\nalso umgekehrt die geringsten Vorzugsurtheile bei den Comple-ment\u00e4rfarben.\n\u00a7 5. Farbenton. Gelatineplatten. Erste Reihe.\nAlle Versuche mit farbigen Papieren leiden an dem gro\u00dfen Uebelstand, dass bei verschiedenen Pigmenten die Oberfl\u00e4chenbeschaffenheit verschieden ist, im einen Fall mehr glatt, im andern mehr rauh, k\u00f6rnig etc. Dazu kommen kleine Flecke und Ungleichheiten, die das Urtheil st\u00f6rend beeinflussen und sich doch schwer vermeiden lassen. Alle diese St\u00f6rungen lassen sich weit leichter vermeiden, wenn man bei durchfallendem Licht, mit farbigen Gelatineplatten, arbeitet. Dazu kommt, dass man dann den Beobachter in einen Dunkelraum setzen kann. Hierdurch heben sich die Farben weit kr\u00e4ftiger von dem tiefschwarzen Hintergrund ab, und \u00fcberdies ist das Urtheil des Beobachters unbeeinflusst von","page":571},{"file":"p0572.txt","language":"de","ocr_de":"572\nJonas Cohn.\njedem Zeichen der Beistimmung oder des Missfallens seitens des Experimentators. Es ist nat\u00fcrlich, dass ich auch bei den anderen Versuchen mich streng jedes solchen Zeichens, selbst jeder dahin zu deutenden Augen- oder Kopfbewegung zu enthalten strebte. Bei diesen Reihen trat aber zu der Selbstcontrole noch die objective Sicherung hinzu, da der Beobachter den Experimentator nicht sehen konnte.\nDie Versuchsanordnung war die folgende: In einem Zimmer des Instituts wurde ein h\u00f6lzernes Ger\u00fcst von parallelopipedischer Gestalt aufgestellt. Dasselbe war oben und seitlich mit schwarzem Tuch geschlossen, im Innern stand ein Stuhl f\u00fcr den Beobachter. Die R\u00fcckwand war nicht durch schwarzes Tuch verschlossen, weil sonst die Blendung beim Erscheinen der hellen Farben zu stark wurde. Die dem Fenster zugewandte Seite bildete ein Tisch, der na,ch unten ebenfalls durch schwarzes Tuch verhangen war. Auf demselben stand ein Schirm von geschw\u00e4rztem Holz, welcher oben einen gr\u00f6\u00dferen Einschnitt hatte. In diesen konnte ein schwarz bezogener Pappcarton eingelassen werden. Derselbe enthielt zwei rechteckige L\u00f6cher von 4 cm Breite und 5 cm H\u00f6he, welche circa 10 cm von einander entfernt in gleicher H\u00f6he angebracht waren. Von au\u00dfen waren diese L\u00f6cher mit entsprechenden Pappstreifen versehen, in welche die Gelatineplatten leicht hineingesteckt werden konnten. Durch einen Schieber wurde der Plattenwechsel dem Auge des Beobachters entr\u00fcckt. Der Experimentator stand selbstredend au\u00dferhalb des Kastens. Die Gelatineplatten wurden durch schmale Bahnen von schwarzem Carton zusammengehalten. Sie waren meist von der Droguenhandlung von Aumann bezogen, stimmten aber in der Nuance nicht genau mit den von Kirschmann benutzten \u00fcberein, da die Fabrication nicht so sorgf\u00e4ltig ist.\nF\u00fcr die erste Reihe von Versuchen wurden folgende Platten verwendet1) :\n1) Ihre Stellung im Farbenkreis zeigt der \u00e4u\u00dferste Bing der Fig. 1.","page":572},{"file":"p0573.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Untersuchungen \u00fcber die Gef\u00fchlsbetonung der Farben etc. 573\nBezeichnung\tZusammensetzung\tWellenl\u00e4nge in fj.fi\tOrt im Farbenkreis\nQi\t1 Blatt Purpur 1 Seharlachroth\t670 . 680\t0\u00b0\nQi\t2 Seharlachroth\t658 . 645\t5\u00b0\nes\t1 Scharlach 1 Rosa 3 Orange\t632 . 622\t15\u00b0\n\u201ci\t7 Orange\t616 . 608\t35\u00b0\nio 2\t2 Orange 5 Gelb\t600 . 600\t50\u00b0\nY\t11 Gelb\t583 . 585\t75\u00b0\nYQ l\t2 Gr\u00fcn 4 Gelb\t564 . 564\t105\u00b0\nY Qi\t4 Gr\u00fcn\t549 . 546\t125\u00b0\nYQs\t2 Blaugr\u00fcn\t511 . 514\t155\u00b0\nY Qi\t1 Gelb 2 Blau\t490 . 484\t220\u00b0\n\u00dfi\t3 Blau\t\u00bb\t470 . 472\t270\u00b0\n\u00dfi\t2 Blau 1 Violett\t469 . 467\t272\u00b0\nV\t3 Violett\t446 . 436\t285\u00b0\nni\t1 Purpur 1 Violett\t\u2014\t320\u00b0\n7^2\t2 Purpur 2 Rosa\t\u2014\t335\u00b0\nDie Wellenl\u00e4nge ist von zwei Beobachtern bestimmt. Diese 15 Farben wurden nun als Einzelfarben verglichen. Die durch die Farben unbedeckte H\u00e4lfte des Gesichtsfeldes wurde dabei von einem St\u00fcckchen schwarzen Cartons bedeckt. Diese Reihe bestand aus\n~\u2014\u2014 105 Versuchen. Sie wurde an 7 farbennormalen Beobachtern durchgepr\u00fcft, darunter an vier Beobachtern je zweimal. Bei diesen wurde das arithmetische Mittel beider Reihen genommen. Sie sind mit einem * in der folgenden Tabelle bezeichnet.\nDie Farben bilden also nach der Wohlgef\u00e4lligkeit geordnet folgende Reihe.\n\u00dfi\u2014 \u00dfi~ Qi \u2014 ^2 \u2014 Qt \u2014 Y Qi~ y Qi \u2014\tY Qi \u2014 v\u2014 Wf-nv \u2014 w2 \u2014 y","page":573},{"file":"p0574.txt","language":"de","ocr_de":"574\nJonas Cohn.\nCr\tO xO XO co\t13,25\tO ^-H\tXO\n(M\to o CO co\to cs\txO^ xo'\txO\n\to xo CO\txO cs^ ao~ \u00ab\t\tCS\n\u00d6\tc o 00 cs\txO^ co'\tXO\txO^ o'\n\to 1- co cs\tCO\tCS\txO^\n\to xO CD cs\tXO^ os' t-\t\u00f6\to\nCr X\to xO cs\txO CS t\u2014\txO\t00\nos Cr X\to o xO\t00 00\tCD\tCD\nOl Cr rS\to o cs\tos Ir-\tt\u2014\txO^ CD-\nCr\to o o T\u20141\to xO. xo' CO\tlr-\txO^ xo'\n\to o 1\u2014\to xO_ cs' XO\tir-\txO_ rjT\n1'\to xO\txO CS^ xo\tT\u201cH\txO\n3\to o co\txO CS^ t-*' co\txq_ 00\t-cH\n05 Cr\to o\txO ir- es' CS\tco\tCS\nVergleichsfarbe\tOl Cr S3 o > T3 S3 c\u00f6 CO <1\tJa g \u00a7 S d o o e\u00f6 *\u25a0\u00a7 03\t. -P _d *2 o C0 4J b\u00df C 3 0> N rD O Ci >**\ta 03 03 a -\u00bbj 03 'rB P- t3 P c\u00f6 03 & 03 w\tw u 1-i 03 w","page":574},{"file":"p0575.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Untersuchungen \u00fcber die Gef\u00fchlsbetonung der Farben etc. 575\nEs stehen yQi \u25a0 yql \u25a0 v \u25a0 y, etwas auch to2 \u2022\t\u2022 itY an S\u00e4ttigung\nhinter den andern zur\u00fcck.\nFerner wurde q2 als Grundfarbe gew\u00e4hlt und mit allen andern\n(14 \u2022 13\t\\\n\u2014\u2014y~ = 91 Versuche 1. Diese Reihe wurde mit acht\nfarbennormalen Versuchspersonen angestellt (darunter mit vier je zweimal), au\u00dferdem mit den beiden farbenblinden Beobachtern. Das Gesammtresultat war das vorstehende.\nAu\u00dferdem wurden zwei Reihen mit Grundfarbe v und Grundfarbe yqt angestellt, jedoch nur mit je elf Vergleichsfarben, also von je 55 Versuchen.\nGrundfarbe v.\nV ergleichsfarbe\t7*1\t7*2\t\twi\t0) 2\ty\t7 Qi\t7Q 2\tr ?3\ty Qi\t&\nAbstand\t35\u00b0\t50\u00b0\t80\u00b0\t110\u00b0\t125\u00b0\t150\u00b0\tOD o o\tto o o o\t230\u00b0\t295\u00b0\t347\u00b0\nVier farbennormale Beobachter\t8\t25\t19\t19\t15,5 - *\t14,5\t22,5\t26,5\t33,5\t25\t11,5\nGrundfarbe y\nVergleichsfarbe\ty ?2\ty\u00e7a\ty Qi\th\tV\t7*1\t7*2\tQi\ttu J\tw2\tV\nAbstand\t20\u00b0\t50\u00b0\t95\u00b0\t167\u00b0\t180\u00b0\t215\u00b0\t230\u00b0\t260\u00b0\t290\u00b0\t305\u00b0\t330\u00b0\nF\u00fcnf farbent\u00fccht. Beobachter\t13,5\t21,5\t19,5\t22,5\t25,5\t29,5\t40\t38,5\t31,5\t21,5\t11,5\nW\u00e4hrend demnach die erste Reihe (Grundfarbe \u00e72) wesentlich in Uebereinstimmung mit der in \u00a7 4 beschriebenen Reihe verl\u00e4uft, d. h. so, dass die Combination um so wohlgef\u00e4lliger ist, je weiter die Vergleichsfarbe von der Grundfarbe absteht, zeigen die beiden letzten Reihen recht betr\u00e4chtliche Abweichungen, die sich freilich gro\u00dfentheils, ebenso wie die Abweichungen der ersten Reihe bei den einzelnen Versuchspersonen, auf die verschiedene Wohlgef\u00e4lligkeit der einzelnen Vergleichsfarben zur\u00fcckf\u00fchren lassen (z. B. in der zweiten Reihe die Verschiebung des Maximums von yql auf y\u00e73, in der dritten Reihe von v auf >t2). Indessen zeigt sich doch die Schwierigkeit, die beiden f\u00fcr das Urtheil in Betracht kommenden Hauptmomente \u2014 Einzelfarbe und Combination \u2014 geh\u00f6rig von","page":575},{"file":"p0576.txt","language":"de","ocr_de":"576\nJonas Cohn.\neinander zu isoliren. Der TJeberwindung dieser Schwierigkeit ist die n\u00e4chste Versuchsserie gewidmet.\nBevor ich indessen zu derselben \u00fcbergehe, muss ich die Resultate der wiederholt an denselben Personen durchgepr\u00fcften Reihen auff\u00fchren, da sie f\u00fcr die Beurtheilung der Sicherheit des Urtheils wichtig sind. Die Reihen waren in allen diesen F\u00e4llen im Sommer 1893 gemacht worden und wurden nach den gro\u00dfen Ferien, also nach Verlauf mehrerer Monate wiederholt.\nBeobachter\tEinzel-Wa Zahl\tAbweichen hlversnche Werth\tie Urtheile Grundf Zahl\tarbe \u00a3>2 Werth\nHerr Eisler\t27\t26\t15\t12,5\n\u00bb Dr. F. Kiesow\t24\t17\t15\t11\n\u00bb v. Kunowski\t44\t23\t10\t6,5\n\u00bb Dr. Meumann\t23\t16\t19\t14\nUnter der Rubrik \u00bbWerth der abweichenden Urtheile\u00ab sind die, bei denen einmal = geurtheilt wurde, als 0,5 gerechnet. Unter den Einzelfarbenversuchen waren dem Werth nach 19,5^, unter den Combinationsversuchen 12,1 ^ abweichend.\n\u00a7 6. Farbenton. Gelatineplatten. Zweite Reihe.\nDie Ergebnisse der bisherigen Untersuchungen lie\u00dfen es noth-wendig erscheinen, ein Verfahren zu ersinnen, mittelst dessen man die beiden wichtigsten Factoren des Urtheils, das Wohlgefallen an der Einzelfarbe als solcher und das an dem Zusammenwirken der beiden Farben, gewisserma\u00dfen von einander trennen k\u00f6nnte. Nun ist es klar, dass der Einfluss der Einzelfarbe dadurch eliminirt werden k\u00f6nnte, dass man jede Farbe der benutzten Reihe einmal zur Grundfarbe macht. Nehmen wir einmal der Einfachheit halber an, wir h\u00e4tten zw\u00f6lf Farben je um 30\u00b0 auf dem Farbenkreis von einander abstehend. Wir erhielten dann 12 Versuchsreihen, deren Ergebnisse wir in der Seite 566 ff. beschriebenen Weise graphisch","page":576},{"file":"p0577.txt","language":"de","ocr_de":"577\nExperimentelle Untersuchungen \u00fcber die Gef\u00fchlsbetonung der Farben etc.\ndarstellen k\u00f6nnen. . Als Abscisse w\u00e4hlen wir den am Orte der Grundfarbe aufgeschnittenen und von hier aus aufgerollten Farbenkreis. Es ist dann klar, dass jede der Farben einmal an jeder m\u00f6glichen Stelle der Abscissenachse eingewirkt hat (30\u00b0, 60\u00b0, 90\u00b0 etc.). Wenn man dann aus diesen zw\u00f6lf Curven eine Mittelcurve in der Art construirt, dass man aus den zw\u00f6lf auf jeden der Abscissen-punkte fallenden Ordinaten das arithmetische Mittel zieht, so muss der Einfluss jeder Einzelfarbe f\u00fcr jede Stelle der Curve in gleicher Weise in Betracht kommen, d. h. dieser Einfluss kann als aufgehoben gelten. Die Mittelcurve gibt uns die Wohlgef\u00e4lligkeit einer Farbencombination als Function des Abstandes ihrer beiden Componenten auf dem Farbenkreise. Nat\u00fcrlich kann man die Wohlgef\u00e4lligkeit jeder einzelnen Farbe durch eine Reihe von Einzelfarbenversuchen feststellen. Au\u00dferdem kann man aber auch die Resultate der zw\u00f6lf Combinationsreihen nach den Vergleichsfarben zusammenstellen. Hierbei ist jede Farbe einmal (als Grundfarbe) nicht vertreten und kommt an .jedem der elf Curvenpunkte vor. Daher wird bei dieser Zusammenstellung der Einfluss der Combination eliminirt, wenigstens in soweit als dieser Einfluss von der Entfernung der Componenten im Farbenkreise abh\u00e4ngig ist.\nDer bisher angenommene ideale Fall, dass alle benutzten Farben gleichen Abstand von einander haben, ist nicht zu verwirklichen, wenn man auf Pigmente angewiesen ist. Denn es ist nicht m\u00f6glich, jede Nuance in ann\u00e4hernd gleicher S\u00e4ttigung herzustellen. F\u00fcr die folgenden Reihen wurden zehn Farben benutzt, damit die Zahl der Versuche nicht allzuhoch stiege; bei zehn Farben umfasst unsere Serie eine Einzelfarbenreihe von 45, und zehn Combinationsreihen von je 36 Versuchen. Das Farbenmaterial ist zum Theil der vorigen Reihe entnommen, zum Theil mit H\u00fclfe der Gelatineplatten von Steeg und Reuter in Homburg v. d. H\u00f6he, welche sich durch ihre St\u00e4rke, Sch\u00f6nheit und Gleichfarbigkeit auszeichnen, erg\u00e4nzt. Aus der \u00e4lteren Reihe wurden benutzt gi u)\\ \u25a0y\u00e7>2 y\u00e73 n<i , die neu hinzukommenden Farben sind die folgenden1):\n1) Der Ort der Farben im Farbenkreis ist Fig. J (Taf. I) im zweiten Ring angegeben.","page":577},{"file":"p0578.txt","language":"de","ocr_de":"578\nJonas Cohn.\nBezeichnung\tZusammensetzung\tWellenl\u00e4nge in fj.fi\tOrt im Farbenkreise\nr\t2 Gelb No. 101) (St. u. R.)\t589\t65\u00b0\nBy\t1 Blau No. 17, 1 Gr\u00fcn\t482\t245\u00b0\nB\t1 Blau No. 17\t470\t270\u00b0\nY\t1 Violett No. 21\t455\t280\u00b0\nPi\t1 Violett Nr. 21, 1 Purpur\t\u2014\t305\u00b0\nDie Orte der purpurnen Farben t\u00f6ne sind durch Sch\u00e4tzung gewonnen. Ein Blick auf den Farbenkreis (siehe die Tafel) lehrt, wie verschieden die Abst\u00e4nde benachbarter Farben von einander sind. Zwischen y\u00e7.j und By liegen 90\u00b0, zwischen B und Y nur 10\u00b0. Indessen beruht dies theilweise auf der Auseinanderzerrung des Blaugriin und der Zusammendr\u00e4ngung des Violett im Farbenkreise.\nBei der Auswahl der Farben wurde auf gr\u00f6\u00dftm\u00f6gliche S\u00e4ttigung geachtet. Trotzdem lie\u00df sich gelbgr\u00fcn und cyanblau (yo2 und By) nicht so ges\u00e4ttigt hersteilen. Machen doch selbst im Spectrum diese Partien einen etwas matteren Eindruck als die \u00fcbrigen. Die Helligkeitsunterschiede waren hier gr\u00f6\u00dfer als bei der vorigen Reihe, da ja verschiedene Farben bei verschiedener Helligkeit ihre gr\u00f6\u00dfte S\u00e4ttigung erreichen. Die Helligkeiten wurden in der Weise mit einander verglichen, dass je 2 benachbarte Farben vor die beiden Spalte eines Polarisations-Photometers gebracht wurden. Dann wurden die beiden mittleren Bilder auf Gleichheit eingestellt und\nnach der Formel \u2014\u2014=\u2014 das Helligkeitsverh\u00e4ltniss berechnet. Die tang1 2 a\nEinstellung wurde in 2 Quadranten und meist von 2 Beobachtern ausgef\u00fchrt und aus allen Wer then das Mittel genommen. Nat\u00fcrlich waren die Einstellungen weit weniger genau als bei Vergleichung gleichfarbiger Helligkeiten. Indessen l\u00e4sst sich aus denselben doch ein Urtheil \u00fcber die vorkommenden Helligkeitsunterschiede gewinnen.\n1) Die Nummern bezeichnen die von Steeg und Reuter ausgegebenen\nPlatten, die nicht nummerirten Platten sind dieselben wie in der ersten Reihe.","page":578},{"file":"p0579.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Untersuchungen \u00fcber die Gef\u00fchlsbetonung der Farben etc. 579\nSetzt man die Helligkeit des ohne Gelatineplatte durch den Spalt fallenden diffusen Tageslichts = 10, so ist\nQl = 4; (Ol \u2014 2,9; r = 4,8; yg2 = 3,6; yqz = 3,6; By \u2014 1,5; B = 4,4; Y= 2,2;\nPi = 0,9; 712 = 4,1.\nDie Reihen wurden an sieben farbent\u00fcchtigen Beobachtern und an dem rothgriinblinden Herrn H. ausgef\u00fchrt. Die Resultate derselben sind in den folgenden Tabellen zusammengestellt. Zur Erkl\u00e4rung derselben sei Folgendes bemerkt: Tabelle I enth\u00e4lt die Summen der Vorzugszahlen aller sieben normalen Beobachter f\u00fcr s\u00e4mmtliche Combinationsreihen. Die den Farbenbezeichnungen beigef\u00fcgten Gradzahlen bedeuten den Abstand der betreffenden Farbe von der jeweiligen Grundfarbe. Tabelle II' enth\u00e4lt die Resultate der Einzelfarbenreihe f\u00fcr jeden Beobachter gesondert. Tabelle III enth\u00e4lt die Summen der Combinationsreihen nach Vergleichsfarben. Wenn man die Gesammtsummen der Tabellen II und III mit einander vergleicht, so ergeben sich bedeutende Unterschiede in der Reihenfolge der Farben nach ihrer Wohlgef\u00e4lligkeit. Insbesondere ist auff\u00e4llig, dass F, welches nach Tabelle II am wenigsten wohlgef\u00e4llig ist, nach Tabelle III den f\u00fcnften Platz einnimmt. Dass die Unterschiede in Tabelle II relativ zur Versuchszahl so viel gr\u00f6\u00dfer sind als in Tabelle III, kann nicht Wunder nehmen, kommt doch in Tabelle III der Einfluss der Combination ausgleichend in Betracht. Tabelle IV enth\u00e4lt die Mittelcurven f\u00fcr jeden Beobachter und die Gesammtmittelcurve f\u00fcr alle sieben Beobachter. Da, wie schon bemerkt, die Farben verschiedenen Abstand von einander auf dem Farbenkreise haben, so musste die Combination folgenderma\u00dfen geschehen: Auf Coordinatenpapier wurde zun\u00e4chst jede einzelne Reihe jedes Beobachters in der Weise gezeichnet, dass die einzelnen Vorzugswerthe durch gerade Linien mit einander verbunden wurden. Dann wurden die Ordinaten von 20 zu 20\u00b0 abgelesen und die einander entsprechenden summirt. Diese Summe war dann durch 10 zu dividiren. Nur an den Enden der Curven ergab sich eine Schwierigkeit, da ja die einzelnen Reihen nicht alle gleich weit nach dem Ende reichten. Hier wurde folgender Weg eingeschlagen: Wenn der letzte beobachtete Werth 10\u00b0 oder weniger von dem ahzulesenden entfernt war, wurde er einfach als Ablesungswerth","page":579},{"file":"p0580.txt","language":"de","ocr_de":"580\nJonas Cohn.\nbetrachtet. War er aber weiter als 10\u00b0 entfernt, so wurde er fortgelassen. Daher sind die Werthe f\u00fcr 20\u00b0 und 340\u00b0 nur Mittel aus je sieben, die f\u00fcr 40\u00b0 und 320\u00b0 aus je acht, die f\u00fcr 60\u00b0 und 300\u00b0 aus je neun Beobachtungen. In Folge dessen ist der Einfluss der Einzelfarbe theoretisch in den Endstrecken der Curve weniger gut beseitigt als in der Mittelstrecke. Praktisch kommt dies deswegen weniger in Betracht, weil gerade in den Endstrecken der Einfluss der Combination am m\u00e4chtigsten ist. Dies ersieht man besonders sch\u00f6n aus der graphischen Darstellung der Gesammtmittelcurve auf der beigegebenen Tafel (Fig. 2).\nTabelle V gibt eine Art Charakteristik der einzelnen Beobachter. In der Hauptrubrik \u00bb Mittelcurve \u00ab ist der Abstand zwischen dem h\u00f6chsten und dem niedrigsten Punkt dieser Curve, die Abst\u00e4nde 180\u00b0\u201420\u00b0 und 180\u00b0\u2014340\u00b0 sowie die Lage des Maximums angegeben. In der Hauptrubrik \u00bb Einzelfarbe \u00ab ist unter M V die mittlere Variation der in Tabelle III aufgef\u00fchrten Zahlen, unter \u00bbMaximalabstand\u00ab der gr\u00f6\u00dfte zwischen zwei solchen Zahlen vorkommende Unterschied angegeben. Die erste Zahlengruppe gibt ungef\u00e4hr die Gr\u00f6\u00dfe des Einflusses der Combination, die zweite desjenigen der Einzelfarben. Es zeigt sich, dass derjenige Beobachter (Dr. Thi\u00e9ry), dessen Mittelcurve am steilsten und regelm\u00e4\u00dfigsten ist, den geringsten Einfluss der Einzelfarbe hat, w\u00e4hrend die Herren Ar rer und Dr. Meu-mann mit ihren etwas abweichendenMittelcurven (cf. auch Tabelle IV) den gr\u00f6\u00dften Einfluss der Einzelfarbe aufweisen. Dies ist leicht erkl\u00e4rlich, da ja in Folge der unregelm\u00e4\u00dfigen Vertheilung der Farben die Einzelfarben auf verschiedene Theile der Curve etwas verschieden einwirken, und dies, wo die Einzelfarbe sehr m\u00e4chtig wirkt, kleine Unregelm\u00e4\u00dfigkeiten der Mittelcurve bedingen muss. Bei Herrn Dr. Aars trifft eine niedrige Mittelcurve mit m\u00e4\u00dfigem Einfluss der Einzelfarbe zusammen, was auf starke Mitwirkung variabler Nebenumst\u00e4nde hin weist.\nTabelle VI gibt die Resultate des farbenblinden Herrn H. Es war mir nicht m\u00f6glich, hier eine Gesetzm\u00e4\u00dfigkeit zu entdecken. Ich theile diese Zahlen nur mit, um Vergleichsmaterial f\u00fcr sp\u00e4tere ausgiebigere Untersuchungen an Farbenblinden zu liefern. Solche Untersuchungen w\u00fcrden sehr dankenswerth sein.","page":580},{"file":"p0581.txt","language":"de","ocr_de":"Tabelle\nExperimentelle Untersuchungen \u00fcber die Gef\u00fchlsbetonung der Farben etc. 581\nVorzugsurtheile f\u00fcr sieben farbent\u00fcchtige Beobachter\to \u00df CO 50 cs Ci ft\t0 i\u00df cs CO TH &\t0 0 co 10 t\u00bb 3 '\t0 0 0 co co cs\t0 O co co hH N Or X\t0 0 t\u2014 _ CS \u00bb0, co cs Or X\tBy 335\u00b0 3\tB 350\u00b0 11\tY 335\u00b0 15\tO O CO co ^ CS fiT\n\to i\u00df CO *3. cs cs 07\tO O vH CS Ci ft\t0 \u2022\u00df cs 0 cs Or\t0 0 t'- es cs 3\tO O r- \u00a3 \u00bb\u00ab CS CS\t0 0 Hfl CS i\u00df \u00ab4 1\u20141 Or X\tO i\u00df CS \u00bb0 00 CO CS Or X\tO \u00df CS 05 X \u00abu\tO \u00df CS CO t-GS cq\t\u00f6 \u00df 0 CO \u00df co N\n\t0 0 00 CS QO cs\t0 0 tv cs \u00bbO. QO CS \u00f6T\tO O b* CS *\u00ab. co cs C-1 ft\t0 i\u00df co _. cs ^ CD Or\t0 0 cs cs cs 3\tO O 00 A H \u00abV t-,\tO \u25a0\u00df vH GS ^ CD N CS Or X\t0 \u00df co CS QO co \u00ab Or X-\tBy 300\u00b0 22,5\t\u00df s ^ 00 co \u00dfq\n\t0 0 r- cs t- co \u00ab1\t0 i\u00df CS f* CO N\t0 0 CS CD cs IST\t0 O cs CO IN ft\t0 i\u00df 0 CS \u00bb\u00d6, H \u2022\u00ab* Or\tO O i\u00df *H cd 3\tO \u00df i\u00df tH f- co tW\tO \u00df O CS \u00bb\u00bb. N CS Or X\tO O CS \u00ab\u00d6 05 co CO Or X\t6 O t\u2014 CS CO X Kl\n\tBy 245\u00b0 32,5\tSt) CO CS r-co 0)\t0 i\u00df \u00ab 0 rr N\t0 0 00\t_ vH W QO' CS oT\tO O oo th co IN ft\t0 i\u00df -H t-_ CO Qr\ti\u00df CS r-t \u00df CO 3\tO \u00df T* CS t.\t0 O 00 \u00c4 vH \u00bb\u00df, <cT 04 CO Or X\t0 0 oo \u00c4 vH i\u00df rjT cd Qr X\n\tSt! 2 \u00ab o' CO I\u00df Or X\tBy 210\u00b0 34,5\t0 i\u00df O cs o\tSt\u00bb 00 cs >s\tO O s \u00ab o' co o7\tO O 05 t-\u201d co ft\t0 0 05 00 0r\t\u00df l~ co 3\t0 0 S \u00df_ 00\" CN ts\t0 0 S 0 OT N ^ Or X\n\t0. i\u00df cs T-H \u00c7Q (N Qr X\tO. O CS ^ cs eo Or X\tBy 180\u00b0 31,5\t0 i\u00df hH 0 CO 0?\t0 \u2022\u00df cs ^ cs CO N\t0 0 co \u201c3. 0 GS cC\tO i\u00df 50 \u00df^ cO ft\t0 0 00 * 00 co Or\t0 0 05 co\u201d cs 3\t0 0 05 \u00df cs\n\t0 i\u00df CO 00 cs Cn\tO O O* vH co (N Qr X\tO O 05 i\u00df CO CO Or X\tBy 120\u00b0 23,5\tO i\u00df cs\u2019' CO cq\tO i\u00df \u00ab\u00b0 \u00df^ cT cs \u00ceH\t0 \u00df \u00ab o r- tff ^\tO \u00df \u00df CD CO <N ft\t0 \u00df 40 \u00df^ 00\u201d cs Or\t0 0 co 05 3\n\t0 i\u00df CO i\u00df 3\t0 O CO i\u00df^ CO* t,\tO . O CO Qr X\tO . o> CO I\u00df \u00a35 T\"\"1 Or X\tO O 05 tH CS X ttl\t0 i\u00df cs cs \u00abq\t0 O O !h\tO \u00df \u00ab 10, t'-' vH cC\tO O CO (N ft\t0 \u00df cs \u00df^ \u00d6r\nGrund- farbe\tQs\t3\tCf\tIN Or X\tco Or X\tX \u00dfQ\tcq\t\t\tCN ft\nWundt, Philos. Studien. X.\t38","page":581},{"file":"p0582.txt","language":"de","ocr_de":"582\nJonas Cohn.\nTabelle II.\n\t\u00c7i\tt\u00fci\tr\tYQ 2\tYQi\t\u2022 By\tB\tY\tA\t^2\nHerr Dr. Thi\u00e9ry\t8\t3\t2\t4\t5\t6\t7\t1\t0\t9\n\u00bb Dr. C. Kiesow\t5\t1\t0\t6\t6\t7\t9\t4\t3\t4\n\u00bb Arrer\t2\t5,5\t7,5\t6,5\t9\t1,5\t5\t5,5\t2,5\t0\n\u00bb Eisler\t7\t1\t0\t4\t4\t5\t7\t5\t3\t9\n\u00bb Dr. F. Kiesow\t6\t1\t0\t3\t7\t4,5\t9\t5,5\t2\t7\n\u00bb Dr. Aars\t5\t5,5\t0\t1,5\t2,5\t5,5\t4\t7,5\t9\t4,5\n\u00bb Dr. Meumann\t6,5\t2\t6,5\t2,5\t8\t1,5\t6\t1,5\t4\t6,5\nSumme\t39,5\t19\t16\t27,5\t41,5\t31\t47\t30\t23,5\t40\nTabelle III.\n\tQi\t(0,\tr\tYQi\tYQ 3\tBy\tB\tY\tA\t7lo\nHerr Dr. Thi\u00e9ry\t41\t32\t45\t37\t36\t42\t41\t32\t16\t38\n\u00bb Dr. C. Kiesow\t32,5\t25\t32\t44\t50\t38\t51\t40\t19\t28,5\n\u00bb Arrer\t21,5\t42,5\t64\t44\t42,5\t17\t38\t36,5\t32\t22\n\u00bb Eisler\t48\t17\t21\t36\t49\t32\t42,5\t36\t29\t49,5\n\u00bb Dr. F. Kiesow\t39,5\t25\t20\t34,5\t48\t44\t41,5\t40,5\t31,5\t35,5\n\u00bb Dr. Aars\t41,5\t37,5\t23\t25,5\t35\t22\t38\t36,5\t49,5\t51,5\n\u00bb Dr. Meumann\t52,5\t32,5\t49\t31\t40,5\t18,5\t13,5\t24,5\t38,5\t59,5\nSumme\t276,5\t211,5\t254\t252\t301\t213,5\t265,5\t246\t215,5\t284,5","page":582},{"file":"p0583.txt","language":"de","ocr_de":"Tabelle IV.\nExperimentelle Untersuchungen \u00fcber die Gef\u00fchlsbetonung der Farben etc.\n583\no o CO\t\tco t\u2014t\tco rH\t0,8\t0,9\tCO\t\tt\u2014 oo\"\t1,2\n\u00a9\t\t\t\tO\tC\u2014\t\tco\tCS\t\u00ae\no CS CO\t\tcs\"\tcs\"\tcs\"\t\tcs\tcs\"\t\tcs\"\no O \u2022 o CO\tcs cs\"\t2,7\tco\tr\u2014t co\t00 cs\"\t2,9\t3,7\t20,5\t2,9\no o\t2,8\t3,3\t3,9\t3,7\t3,7\t3,4\t3,7\t30 Tft\"\t3,5\ncs\t\t\t\t\t\t\t\t\t\no \u00ae\tco\"\t4,0\trH\t4,4\t4,4\trH rjT\t3,8\tCS ocT\t4,0\ncs\t\t\t\t\t\t\t\t\t\no\tCO\tt'-\tO\t05\t\tV-\t30\t30\t30\ncs\t\t*\u00dc<\"\t\t\t30\tV\tco\trH CO\t\no\t\t\t\tCS\tco\tco\trH\t30\t05\ncs cs\tio\"\t30\"\t\t3o\"\tlO\"\trf\t\tCO\t. ^\no \u00ae \u00ae cs\t00 io\"\t6,0\tCO\t5,6\t5,5\t4,5\t4,5\t36,2\tCS 30\no\t\t\t\t\t\t\t\u00ae\t30\tr*\n\t\t\t\t30\"\t\u00bbo\"\t\t30\"\tr\u2014\"\t30\n\t\t\t\t\t\t\t\t\t\no\t\trt<\tr*\tT\u2014i\tt-\t\tCO\t00\t\nCO\tCO\txo\"\t30\"\t30\"\t30\"\trjT\t30\"\tr- co\t30\no\t\t\t\t00\t30\tt\u2014\t\u00ae\tcs\tCO\n\u00ae\tCO\t30\t3o\"\t\t30\"\t\t30\"\tr- co\t30\n\u00a9\t\t\t\t30\t\t30\tCO\t\u00ae\t\u00ae\n\u00ae cs\tio\t\t30\"\tr}T\t30*\trjT\trjT\t*o\" co\t30\no\t\t\t\tr}<\t30\trH\tt-\tV-\t\n\u00ae O\tko\"\t\t30\t\trt<\"\t\t\tcs co\t\no \u00ae CO\t4,5\t3,9\t4,5\t4,0\t4,0\t3,7\t4,8\t29,4\tCS rf\n\t\t\t\tcs\tCS\tr*\t00\tO\t\nO co\tCO\tcs\"\tCO\tco\"\tco\"\tCO\t\tCS\tCO\n\u00a9\tco\tco\t\t\ta>\tV\u2014\tr_\tr\tCO\nrf<\trH\tcs\tCS\tcs\"\t\tcs\tCO\tCO\t\n\tco\tcs^\tCO\t30\ta>\tcs_\t\u00ae\t\t1\u2014\n\u00ae\t\t\trH\tT\u2014|\t\u00ae\tcs\tcs\trH\tr\ncs\t\t\t\t\t\t\t\t\t'\n\t\t\t\t\t\t\t\t\t\n\t\t\u00a3 o ta\t\t\t* o ta\t\tfl fl \u00f6S\t03 I\t-P> \u2019fl rfl\nt-i CD 4-3 A o c3 rQ\t>> u v(D Ifl H\t<03 s o\tu 03\tM \u00bb 03\t3 pt\u00ee\tta o <\t8 3 \u00e4\tfl Ul\tCO rfl C3 t* fl P\no\tM\t\t\tT\u00ae\t\u00fb\t\tM\t\t\n\tP\tp\t<1\tM\tp\tp\tP\t\t\n\tU \u00d6 tn\t\t\t\t\t\t\t\t\n\t\t\t\t\t\t\t\t\t\n\t\t\t\t\t\t\t\t\t\n38*","page":583},{"file":"p0584.txt","language":"de","ocr_de":"584\nJonas Cohn.\nTabelle V.\n\t\t\tMittelcurve\t\t\tEinzelfarbe\t\n\t\t180\u00b0\u201420\u00b0\t180\u00b0\u2014340\u00b0\tMaximal- abstand\tLage des Maximums\tMY\tMaximal- abstand\nHerr Dr. Thi\u00e9ry\t\t5,0\t4,9\t5,0\t180\u00b0\t5,6\t29\n\u00bb\tDr. C. Kiesow\t3,7\t4,6\t4,7\t200\u00b0\t8,6\t32\n\u00bb\tArrer\t3,5\t3,5\t4,3\t140\u00b0\t11,3\t47\n\u00bb\tEisler\t3,9\t4,6\t4,8\t200\u00b0\t. 9,0\t32,5\n\u00bb\tDr. F. Kiesow\t4,5\t4,5\t4,8\t160\u00b0\t6,7\t28\n\u00bb\tDr. Aars\t2,2\t2,8\t3,1\t140\u00b0\u2014160\u00b0 240\u00b0\t7,7\t29,9\n\u00bb\tDr. Meumann\t3,0\t3,9\t4,2\t160\u00b0\t12\t46\nTabelle VI. Herr H.\n\tOi\t0)1\tr\tYQ\u00ef\t703\tBy\tB\ty\tPx\t7*2\nEinzelwahlreihe\t0,5\t3,5\t5\t5,5\t4,5\t6\t6,5\t7\t6\t0,5\nSumme wie in Tabelle III\t32,5\t41,0\t17\t43\t39,5\t28,0\t48,5\t50,0\t28,0\t32\n{Cf. Tabelle I.)\nQi\ts II bn\tr =2\tb* II b*\t703 = 2,5\t-By =3,5\tB =6\ty =7\tPi =6\t7^2 = 3\n0)|\tr =o\tYQ2= 4,5\t703 = 3\tPy = 3\t-B =7,5\ty =7\tPi = 5,5\t712 \u2014= 3\tOl =2,5\nr\t702 = 5\t703 = 7,6\tPy = 3\tB =7\ty =5,5\tPi = 3,5\t7\u00cf2 = 3\tOl = b5\t= 0\nYQ2\t703 = 3\tBy = 4,5\tB =7\ty = 7,5\tPi = 3,5\t7*2 = 2\tOi = 3\t0)1 =2,5\tP =3\n703\tBy = 5,5\tB =7,5\ty =7,5\tP, = 2,3\t7^2 = 3\tOi =2\toi] = 2\tP =1\t702 = 5\nBy\tB =2\ty =3\tPi = 0,5\t7*2 = 4,5\t01 =4,5\to>i = 7\tP = 1,5\t702= 8\ty 03= 5\nB\ty =3,5\tPi = 3,5\t71*2 == 5\tOi =4 ,\toi] = 6,5\tP =2,5\ty02=4\ty?3= 6\tPy= 1\nY\tP\\ =2\t7*2 = 4\tOl =5\to)i = 8\tP =2\tYQ 2= 6\t703= 5\tBy \u2014 1\tP =3\nPi\t7*2 =4,5\tOi =5\to>i = 7,5\tP =4\ty 02= 2,5\tyo3= 5\tBy \u2014 2,5\tP =1,5\ty = 3,5\n7*2\t?i =5\toij = 5\tP =1\t702=4,5\ty03= 2,5\tPy = 4\tP =7\ty = 6\tPl =1","page":584},{"file":"p0585.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Untersuchungen \u00fcber die Gef\u00fchlsbetonung der Farben etc. 585 . \u00a7 7. S\u00e4ttigung.\nDie Versuche wurden hier wie bei den folgenden Reihen an rotirenden Scheiben angestellt. Benutzt wurde Roth, Blau und Gr\u00fcn von Rothe in Prag (nach Hering). Es wurden 7 S\u00e4ttigungsstufen in der Weise her gestellt, dass der Farbe 0\u00b0 60\u00b0 120\u00b0 180\u00b0 240\u00b0 300\u00b0 360\u00b0 Wei\u00df resp. Schwarz Zugesetzt wurde. Diese 7 Stufen wurden paarweise unter einander verglichen (21 Versuche). Die Versuche ergaben, dass im allgemeinen die ges\u00e4ttigtere Farbe gegen\u00fcber der weniger ges\u00e4ttigten Farbe, gef\u00e4llt. Nur eine Reihe zeigt etwas gr\u00f6\u00dfere Unregelm\u00e4\u00dfigkeiten. *Da der Zusatz von Wei\u00df die S\u00e4ttigung st\u00e4rker herabsetzt als der von Schwarz, so sind die Differenzen hier gr\u00f6\u00dfer. Da das Resultat so deutlich hervortritt und so vollst\u00e4ndig den Beobachtungen des Lehens entspricht, erscheint die verh\u00e4ltnissm\u00e4\u00dfig geringe Zahl der Versuche und Beobachter gerechtfertigt. Die Resultate sind in der folgenden Tabelle zusammengestellt :\nFarte\tZusatz von\tZahl der Beob- achter\t0\u00b0\t60\u00b0\t120\u00b0\t180\u00b0\tO O CS\t300\u00b0\t360\u00b0\nRoth\tSchwarz\t4\t15\t16\t12\t10\t14,5\t10,5\t6 |\nRoth\tWei\u00df\t4\t23\t13,5\t11\t12,5\t8\t9\t7\nBlau\tSchwarz\t4\t24\t19,5\t16,5\t12\t8\t4\t0\nBlau\tWei\u00df\t4\t21\t19\t13\t9\t8\t6\t8\nGr\u00fcn\tSchwarz\t3\t17\t15,5\t12\t9\t6\t2\t1,5\nGr\u00fcn\tWei\u00df\t3\t18\t13,5\t10\t6\t5,5\t5,5\t4,5\n\u00a7 8. Helligkeit. Farblose Scheiben.\nDie Versuche wurden an rotirenden Scheiben von 7 cm Radius angestellt. Bei den Combinations-Versuchen bestand die Scheibe aus einem inneren Kreise von 3,5 cm Radius, welcher variirt, und einem \u00e4u\u00dferen Ringe, welcher constant blieb. Die Gradzahl\u00e7n in den folgenden Tabellen bezeichnen \u00fcberall den Zusatz von Schwarz.","page":585},{"file":"p0586.txt","language":"de","ocr_de":"586\nJonas Cohn.\nDie Versuche beweisen, dass auch 2 Helligkeiten um so besser zu einander passen, je verschiedener sie sind. Und zwar zeigte sich dies nicht nur f\u00fcr die Summe aller Beobachter, sondern mit alleiniger Ausnahme des farbenblinden Herrn H. auch f\u00fcr jeden einzelnen Beobachter. Bei den Einzelwahlversuchen zeigte sich als deutliches Resultat nur eine Bevorzugung des Wei\u00df. Sonst wichen hier die einzelnen Beobachter stark von einander ah. Es folge eine kurze Uebersicht der Resultate.\nAu\u00dfen 180\u00b0 Wei\u00df, 180\u00b0 Schwarz. 78 Versuche. Vier Beobachter.\nInnen Zusatz von Schwarz\t0o\t30\u00b0\tO O co\t90\u00b0\t120\u00b0\t150\u00b0\tQO o o\t210\u00b0\t240\u00b0\t270\u00b0\t300\u00b0\t330\u00b0\t360\"\nVorzugsurtheile\t39,5\t39,5\t37\t24,5\t23\t13\t3,5\t10\t16,5\t21,5\t22\t26,5\t35,5\nZwei Reihen von je 36 Versuchen. Sechs Beobachter.\n\tInnen Schwarz\tOo\t30\u00b0\t60\u00b0\t120\u00b0\t180\u00b0\t240\u00b0\t300\u00b0\t330\u00b0\t360\u00b0\nAu\u00dfen 360\u00b0 Wei\u00df\t/ Vorzugs-( urtheile\t7,5\t9,25\t13,5\t23,5\t27,5\t31\t30,5\t34,75\t38,5\nAu\u00dfen 360\u00b0 Schwarz\t\t38,25\t37,75\t35,5\t26,5\t23,75\t22,75\t21,5\t8\t2\nDiese beiden Reihen wurden hei je 3 Beobachtern wiederholt. In die vorstehend mitgetheilte Summe ist hei diesen der Durchschnitt beider Reihen eingerechnet. Die Abweichungen der zweiten Reihe von der ersten betrugen:\nBeobachter\tAl Au\u00dfen Zahl\tjweichen Wei\u00df Werth\tle Urthe Au\u00dfen Zahl\tle Schwarz Werth\nHerr Eisler\t3\t3\t0\t0\n\u00bb Dr. C. Kiesow\t8\t7,5\t17\t16,5\n\u00bb Arrer\t16\t14\t4\t2,5\nUnter der Rubrik Werth sind diejenigen Urtheile, bei welchen einmal \u00bbgleich\u00ab geurtheilt wurde, mit 0,5 berechnet. Zwischen der Reihe und ihrer Wiederholung","page":586},{"file":"p0587.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Untersuchungen \u00fcber die Gef\u00fchlsbetonung der Farben etc. 587\nlagen mehrere Wochen, in welche die Weihnachtsferien und eine gro\u00dfe Anzahl anderer Versuche fielen.\nEinzelwahlversuche. 21 Versuche. Sechs Beobachter.\n\t0\u00b0\t60\u00b0\t120\u00b0\t180\u00b0\t240\u00b0\t300\u00b0\t360\u00b0\nVorzugszahlen\t24,5\t21,25\t15,75\t16,25\t14,75\t17,25\t16,25\nDie Reihe wurde bei zwei Beobachtern wiederholt. Es zeigten sich bei Herrn Arrer der Zahl nach 11, dem Werth nach 7 abweichende Urtheile, bei Herrn Dr. C. Kiesow nach Werth und Zahl 10. Hiernach erscheint diese Reihe in besonders hohem Ma\u00dfe von variabeln Umst\u00e4nden abh\u00e4ngig.\nEs wurden auch Versuche mit Combinationen von je drei Helligkeiten angestellt. Doch zeigte es sich bald, dass hier meist nur zwei besonders zusammengefasst wurden. Die Urtheile waren \u00fcberdies sowohl bei demselben Beobachter zu verschiedenen Zeiten als auch bei verschiedenen Beobachtern untereinander so v\u00f6llig abweichend, dass die Versuche als voraussichtlich ergebnisslos abgebrochen wurden.\n\u00a7 9. Farblose Helligkeit mitFarbe combinirt, erstere variirt.\nDie Versuche wurden in derselben Weise wie die im vorigen \u00a7 beschriebenen angestellt. Nur wurde der \u00e4u\u00dfere Ring variirt. Jede Reihe bestand aus 21 Versuchen. Als farbige Scheiben wurden dieselben Farben wie in \u00a7 7 auch hier und im Folgenden benutzt. Die Helligkeit dieser Farben ergab sich aus besonderen Versuchen wie folgt :\nBlau = 305\u00b0 Schwarz + 55\u00b0 Wei\u00df Gr\u00fcn = 280\u00b0 Schwarz + 80\u00b0 Wei\u00df '\tRoth = 270\u00b0 Schwarz + 90\u00b0 Wei\u00df.\nDie Helligkeiten sind im Folgenden immer durch Angabe des schwarze\u00f9 Antheils ausgedr\u00fcckt. Die Resultate der Versuche enth\u00e4lt die folgende Tabelle.","page":587},{"file":"p0588.txt","language":"de","ocr_de":"588\nJonas Cohn.\nInnen Grundfarbe\tHelligkeit derselben\tZahl der Beobachter o o\tAul 60\u00b0\tJen Grau 120\u00b0\tSchwa 180\u00b0\trz gemes 240\u00b0\t\u00e4en 300\u00b0\t360\u00b0\nRoth 360\u00b0\t270\u00b0\t6 21\t21,5\t14,5\t14\t20,5\t24,5\t10\nRoth 180\u00b0, Wei\u00df 180\u00b0\t135\u00b0\t6 I! 18,5\t14\t10,5\t16\t21\t26,5\t19,5\nBlau 360\u00b0\t305\u00b0\t5 I 25\t18\t15,5\t9,5\t11\t14\t12\nBlau 180\u00b0, Wei\u00df 180\u00b0\t152,5\u00b0\t5 I 19,5\t15\t13,5\t11,5\t12,5\t20,5\t12,5\nDie einzelnen Reihen sind in ihren Resultaten nicht sehr deutlich, weil mehrere einander z. Th. widerstreitende Einfl\u00fcsse Zusammenwirken. Zun\u00e4chst ist, wie schon fr\u00fcher erw\u00e4hnt, meist eine Vorliebe f\u00fcr Wei\u00df (0\u00b0), zuweilen auch eine solche f\u00fcr Schwarz vorhanden. Au\u00dferdem wirkt der bei gleichen Helligkeiten am st\u00e4rksten hervortretende Farbencontrast angenehm, indem er eine complement\u00e4re Zusammenstellung herheif\u00fchrt. Endlich wirkt der Helligkeitsunterschied lusterregend. Es ist deutlich, dass die beiden letztgenannten Einfl\u00fcsse einander theilweise aufheben m\u00fcssen. Doch ersieht man aus vorstehender Tabelle, wenn man die erste und zweite oder die dritte und vierte Reihe unter einander vergleicht, deutlich den Vorzug des Helligkeitsunterschiedes, w\u00e4hrend derselbe, wenn man nur eine Reihe f\u00fcr sich betrachtet, durch die anderen mitwirkenden Umst\u00e4nde verdeckt wird.\n\u00a7 10. Zwei Farben, von denen eine in der Helligkeit\nvariirt wird.\nDie Versuchsanordnung ist dieselbe wie oben, nur dass dei innere Ring variirt wird. Derselbe enth\u00e4lt stets 180\u00b0 der betreffenden Farbe, w\u00e4hrend die anderen 180\u00b0 durch ein Grau von wechselnder Zusampiensetzung gebildet werden. Diese variirten Kreise von 3,5 cm R\u00e4flius wurden auch in Einzelwahlreihen dargeboten. Mit der Zusammensetzung des Grau \u00e4ndert sich nicht nur die Helligkeit, sondern auch die S\u00e4ttigung der Farbe. Die dunkleren N\u00fcancen sind zugleich die ges\u00e4ttigteren. Die Resultate sind in der folgenden Tabelle zusammengestellt.","page":588},{"file":"p0589.txt","language":"de","ocr_de":"589\nExperimentelle Untersuchungen \u00fcber die Gef\u00fchlsbetonung der Farben ete.\nSchwarz Helligk. in Schwarz\t\t\t\t\t\tSchwarz Helligk. in Schwarz\t\t\t\no\tO O o\ti\u00df OO O\tr - \u0153 J \u201e y-i CO co\t30,5 30,5\t34,5 34,5\t36,5\t16.5 10.5\t22,5 22,5\t\u00f6\t\u00ae\to OO\t\u00a9\ti\u00df 1-4\t00\tT-H \u25a0<-\u00ab\tco 5h\tcs \u00a9 CS T-H\t00 00\t24\nSrau vari 150\u00b0 302,5\u00b0\t22 21\t27.5 26.5\t31,5\t\u00a9 i\u00df CS t\u20141\ti\u00df I\u00df i-\"' co\u201c'\t0 o o \u00a9 i\u00df P i\u00df 00 2 ^ cs\ti\u00df i\u00df cs\" l\u2014\" TH\t\u00a9 i\u00df\t15,5\nO 0\t\u00a9\ti\u00df O O\t- \u00bb M _i r-S\tCH\tCS^ oT ccT\t24.5 21.5\t25\t20 16\ti\u00df i\u00df co\" ^ T\u2014t TH\tO -\tO\to o\t\u00a9\ti\u00df QO\t\u00abS\ti\u00df T-H\t\u00a9s| rd\t10,5 6,5\t-ch cs\t14,5\n\u00ab O\t\u00a9 \u00f6 o csT \u00ae\t05\t^ e\t^\t18.5 14.5\t21.5 18.5\t1-\ti\u00df i\u00df t-T tjT T-H t-H\tT? H\t\u00a9 w \u00b0 o a o a\tr* a\t8.5 5.5\tTH CO\ti\u00df\no 1\tO - \u00a7 s cs\t17 13\ti\u00df i\u00df ^ t-T\ti\u00df\t05\ti\u00df i\u00df co' oT\t\" c s, \u00a7 2\t00 \u00a9\t\u00a9 i\u00df\t6,5\no o\t*\u00df \u00ae \u00ab co oc\t19.5 15.5\ti\u00df' 05\t12,5\t9.5 8.5\t12 7\tC\tO o\t***> \u00bb\t2\t10.5 10 5\t9.5 3.5\t8,5\no i\u00df o\t- o cs i\u00df\t20 15\ti\u00df i\u00df 05** -t\t8,5\t10,5 10,5\t\u00a9 co\to \u00a9\ti\u00df \u00a9 co\tCS TH\tI\u00df i\u00df \u00a9\u201c h\t7,5\nZahl der Beob- achter\tt\u2014 co\tt\u2014 CO\ti\u00df\ti\u00df\ti\ti\u00df\t\tco j\t.\tCO\t\nHelligkeit derselben\to o l'- es\t135\u00b0\t\tO \u00a9 CS \u00ab\to \u00a9\t\t\u00a9 \u00a9 cs co\tc \u00a9\t\nAu\u00dfen Grundfarbe\to o co co .X2 o \u00ab T-H\tC o 00 cq *\u00a9 \u00a3 o \u201d \u00a9 00 \u20225 o tf cs\t3. Einzelwahl\to 00 \u00e0 J-H \u00ab5 \u00fc -g 50 o ** \u00a9 OO *H d *d O\t5. Gr\u00fcn 180\u00b0, Wei\u00df 180\u00b0\t\t6. Gr\u00fcn 180\u00b0, Schwarz 180\u00b0\t7. Gr\u00fcn 180\u00b0, Wei\u00df 180\u00b0\t8. Einzelwahl\nEin Beobachter (Dr. Thi\u00e9ry) zeigte sehr stark von den anderen abweichende Resultate, so dass bei allen Combinationsreihen die Ergebnisse mit Einschluss und mit Ausschluss seiner Zahlen mit-getheilt sind. Die zusammenwirkenden Factoren sind hier im\n1) Ohne Herrn Dr. Thi\u00e9ry.","page":589},{"file":"p0590.txt","language":"de","ocr_de":"590\nJonas Cohn.\nWesentlichen die folgenden: Zun\u00e4chst wird nat\u00fcrlich die ges\u00e4ttigtere Vergleichsfarhe vor den weniger ges\u00e4ttigten vorgezogen. Dies zeigt sich hei allen Reihen, am klarsten nat\u00fcrlich hei den Einzelwahlreihen. Wenn man aber zwei zusammengeh\u00f6rige Combinations-reihen (1 und 2, 4 und 5, 6 und 7) untereinander vergleicht, so merkt man den Einfluss des Helligkeitsunterschiedes ziemlich gut, besonders nach Ausschluss des Dr. Thi\u00e9ry, der merkw\u00fcrdigerweise meist die Helligkeitsgleichheit bevorzugt. Au\u00dferdem bleibt auch der Farbenton der Vergleichsfarbe nicht constant, denn einmal wirkt der Farbencontrast und au\u00dferdem haben Wei\u00df und Schwarz stets eine gewisse und zwar nicht genau dieselbe F\u00e4rbung. Auf die Mitwirkung dieser Aenderungen bin ich von den Beobachtern mehrfach aufmerksam gemacht worden.\nCapitel III.\nDie Resultate und ihre Vervverthung.\n\u00a7 11. Uebersicht fr\u00fcherer Leistungen und Ansichten.\nDie vorliegenden Untersuchungen besch\u00e4ftigen sich ausschlie\u00dflich mit der Lust- hez. Unlustwirkung optischer Eindr\u00fccke, nicht mit ihrer Gef\u00fchlsbetonung \u00fcberhaupt. Es liegt mir nat\u00fcrlich fern, die Stimmungswirkung der Farbe (z. B. Roth aufregend, Blau beruhigend) zu leugnen. Im Gegentheil glaube ich, dass sich hier ein interessantes Feld der Untersuchung aufthut, -welches f\u00fcr die Frage nach Art und Zahl der Gef\u00fchlsqualit\u00e4ten entscheidende Resultate wird liefern k\u00f6nnen. Im Folgenden jedoch, besonders auch in der kurzen historischen Uebersicht sollen diese Fragen m\u00f6glichst unber\u00fchrt bleiben.\n<C Schon die gro\u00dfen Kunsttheoretiker der Renaissance haben \u00fcber das Zusammenpassen der Farben nachgedacht. So sagt Leon Battista Alberti1): \u00bbWohlgefallen wird dort entstehen, wo eine Farbe von der danebenstehenden sich kr\u00e4ftig abheben wird.\u00ab Ferner lobt Alberti die Zusammenstellung Rosa, Gr\u00fcn und Himmelblau und empfiehlt, helle und dunkle Farben neben einander zu setzen.\nV 1) Drei B\u00fccher \u00fcber die Malerei. In \u00bbKleinere kunsttheoretische Schriften\u00ab herausgeg. von Janitschek. Wien 1S77, S. 136 f.","page":590},{"file":"p0591.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Untersuchungen \u00fcber die Gef\u00fchlsbetonung der Farben etc. 591\nLeonardo da Vinci1) erw\u00e4hnt ebenfalls die Hebung der Farben durch Contrast in Helligkeit und Farbenton. Als sch\u00f6ne Combina-tionen erw\u00e4hnt er Gr\u00fcn-Roth und Gr\u00fcn-Blau, als h\u00e4ssliche Azurblau-Hellgelb. ^.An einer anderen Stelle2) sagt er, dass Gr\u00fcn zu Roth, Purpur, Blassviolett-,xBlau aber zu Gelb passe. Merkw\u00fcrdigerweise gibt Leonardo aber noch eine andere Regel3) : \u00abWillst Du bewirken, dass die Nachbarschaft einer Farbe einer andern ansto\u00dfenden Farbe Anmuth verleihe, so bediene Dich der Regel, die man die Sonnenstrahlen bei der F\u00fcgung des Bogens am Himmel, den man mit anderem Namen Iris nennt, bilden sieht\u00ab. Mir scheint, dass hier aus Leonardo mehr der begeisterte Physiker und Naturbetrachter als der gro\u00dfe K\u00fcnstler spricht. r\nMachen wir einen Sprung in unserer geschichtlichen Betrachtung und halten wir bei Goethe4 5). Er unterscheidet zun\u00e4chst rein harmonische, charakteristische und charakterlose Zusammenstellungen. Als harmonisch gelten ihm die Complement\u00e4rfarben, Gelb-Rotliblau, Blau-Rothgelb, Purpur-Gr\u00fcn. Zu bemerken ist, dass Purpur bei Goethe ges\u00e4ttigtes Roth bedeutet. Charakteristisch sind Gelb-Blau, Gelb-Purpur, Blau-Purpur, Gelbroth-Blauroth. Charakterlos sind z. B. Gelb-Gelbroth, Blau-Blauroth, Gelb-Gr\u00fcn. Die Einzelfarbe wird bei Goethe nur nach ihrem Stimmungscharakter besprochen. Dagegen findet sich eine Bemerkung \u00fcber das Gefallen der Einzelfarben an einer Stelle, an der man es nicht vermuthen sollte, n\u00e4mlich bei Reichenbach6). Dieser behauptet, dass seine \u00bbSensitiven\u00ab d. h. diejenigen, welche das Od, ein mysteri\u00f6ses Fluidum, empfinden k\u00f6nnen, eine Abneigung gegen Gelb hatten. 83 Personen dieser Art sollen das \u00fcbereinstimmend ausgesagt haben. Nichtsensitive sollen gegen keine Farbe eine besondere Abneigung empfinden. Es d\u00fcrfte an diesen Angaben die entschiedene Abneigung vieler Personen gegen Gelb richtig sein. Endlich w\u00e4re auf dem Gebiet\n1)\tDas Buch von der Malerei, herausg. von Heinrich Ludwig. Wien 1882. Bd. I. S. 278. Cap. 258. S. 224. Cap. 190 a.\n2)\tA. a. O. Bd. I. S. 275. Cap. 253.\t3) A. a. O. Bd. I. S. 224. Cap. 190.\n4)\tZur Farbenlehre (Werke. Cotta 1858 in 40 B\u00e4nden) Bd. 37. S. 261\nbis 265.\n5)\tDer sensitive Mensch und sein Verhalten zum Ode. Stuttgart und\nT\u00fcbingen 1854. Bd. I. S. 21. S. 673 ff. F\u00fcr die Mittheilung dieser Notiz bin ich Herrn Moritz Wirth zu Dank verpflichtet.","page":591},{"file":"p0592.txt","language":"de","ocr_de":"592\nJonas Cohn.\nder Einzelfarbe noch Chevreul\u2019s1) Aeu\u00dferung zu erw\u00e4hnen, dass die Farbe an sich, ohne R\u00fccksicht auf Zeichnung oder Zusammenstellung, wohlgef\u00e4llig ist.\n<fSeit man das Licht auf schwingende Bewegung zur\u00fcckf\u00fchrte, musste es nahe liegen, die Farbenharmonie in Analogie zur Tonharmonie zu setzen. Versuche der Art sind verschiedentlich gemacht worden, unter anderen von Unger2), dem sich Zimmermann3) anschlie\u00dft. Man glaubte, eine Analogie zu den Obert\u00f6nen im Mitempfinden der Complement\u00e4rfarbe zu haben, man sprach sogar von farbigen Dur- und Moll-Accorden.\u00ab In eigenth\u00fcmlich abweichender Form findet sich eine verwandte Lehre bei Horwicz4). Dieser h\u00e4lt die Zusammenstellung von Contrastfarben f\u00fcr die wohlgef\u00e4lligste, was er auf eine hier erreichte mittlere Verschiedenheit zwischen den Schwingungszahlen zur\u00fcckf\u00fchrt. Dies setzt er dann weiter in Analogie zur Harmonie der T\u00f6ne. Auf die v\u00f6llige Haltlosigkeit derartiger Meinungen hat Helmholtz5) und haben viele andere nach ihm mit Recht hingewiesen. Es ist kaum n\u00f6thig, die gr\u00fcndliche Verschiedenheit der Farben- und Tonempfindung hier zu er\u00f6rtern. Man findet N\u00e4heres dar\u00fcber z. B. bei vonBezold6). Zutreffend ist wohl auch, was C. Hermann7) sagt: \u00bbJede einzelne Farbe ist mehr an sich etwas Werthvolles und Bedeutsames f\u00fcr uns, w\u00e4hrend der Ton mehr als ein Ganzes oder eine flie\u00dfende Reihe\neinzelner Elemente und Abstufungen einen Werth f\u00fcr uns hat\u00ab-----------\n\u00bbEs h\u00e4ngt dies damit zusammen, dass die Wahrnehmung der Farben wesentlich dem Elemente des Nebeneinander, die des Tons demjenigen des Nacheinander angeh\u00f6rt. \u00ab\nGem\u00e4\u00df der vielfach herrschenden Tendenz, die k\u00f6rperliche Lust auf eine F\u00f6rderung oder eine f\u00f6rdernde Beth\u00e4tigung des betreffenden Organs zur\u00fcckzuf\u00fchren, suchen eine Reihe neuerer Psychologen auch\n1)\tDe la loi du contraste simultan\u00e9 des couleurs. Paris 1839. S. 106.\n2)\tDie bildende Kunst. G\u00f6ttingen 1858.\n3)\tAesthetik. Zweiter systematischer Theil. Wien 1865. S. 247 ff.\n4)\tPsychologische Analysen. Zweiter Theil, zweite H\u00e4lfte. Magdeburg 1878. S. 132 ff.\n5)\tPhysiologische Optik. 1. Aufl. S. 236\u2014237.\n6)\tDie Farbenlehre im Hinblick auf Kunst und Kunstgewerbe. Braunschweig 1874. S. 141 ff.\n7)\tAesthetische Farbenlehre. Leipzig 1876. S. 67.","page":592},{"file":"p0593.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Untersuchungen \u00fcber die Gef\u00fchlsbetonung der Farben etc. 593\ndas Gefallen an Farben und Farbencombinationen zu erkl\u00e4ren. So besonders Spencer1) und nach ihm Guyau2). Andere, wie Waitz3), Lotze4), Bain5) begn\u00fcgen sich, mit gr\u00f6\u00dferer oder geringerer Bestimmtheit einen organischen Einfluss anzunehmen. Eine n\u00e4here Ausf\u00fchrung dieser Vorstellungen hat Grant Allen6) versucht. Er nimmt an, dass das Auge sich fortw\u00e4hrend hin und her bewegt, so dass, wenn benachbarte Stellen in Contrastfarben gehalten sind, nach einander die verschiedenen Fasersorten derselben Netzhautstelle gereizt werden, und dadurch eine normale Th\u00e4tigkeit ohne Erm\u00fcdung aufrecht erhalten wird. Bei nicht allzukleinen an einander grenzenden Fl\u00e4chen m\u00fcsste man eine \u00fcbergro\u00dfe Beweglichkeit und Unruhe des Auges annehmen, um diese Anschauung halten zu k\u00f6nnen. Ueberdies steht siev mit dem, nat\u00fcrlich auch von Grant Allen anerkannten Missfallen an flackernden Eindr\u00fccken in Widerspruch.\nEine bestimmtere Ansicht hat Field7) in seiner Lehre von den chromatischen Aequivalenten aufgestellt. Er nimmt an, dass eine farbige Combination gef\u00e4llt, wenn ihre s\u00e4mmtlichen Glieder in'der verwendeten Intensit\u00e4t und Ausdehnung gemischt Grau ergeben. Es ist wohl allgemein anerkannt, dass diese Lehre theoretisch unbegr\u00fcndet ist und der St\u00fctzen in der Erfahrung entbehrt8).\nWeiter als diese Anschauung hat sich die Lehre verbreitet, dass die sogenannte Farbenharmonie auf den Verh\u00e4ltnissen des simultanen Contrastes beruhe. Sie geht aus von Chevreul9). Dieser entdeckte, dass benachbarte Farben einander f\u00fcr die Empfindung so ver\u00e4ndern, als ob jeder etwas von der Complement\u00e4rfarbe der anderen beigemischt w\u00e4re. Sind also die beiden Farben einander complement\u00e4r, so heben sie einander lediglich, ohne den Farbenton\n1)\tPrincipien der Psychologie. Deutsch von Vetter. Stuttgart 1886. Bd. II. S. 716.\n2)\tLes probl\u00e8mes de l\u2019esth\u00e9tique contemporaine. Paris 1884. S. 60.\n3)\tLehrbuch der Psychologie. Braunschweig 1849. S. 341.\n4)\tMedicinische Psychologie. Leipzig 1852. S. 243.\n5)\tThe Emotions and the Will. III. Aufl. London 1888. S. 229.\n6)\tPhysiological Aesthetics. London 1877. S. 161 ff.\n7)\tChromatics. London 1845.\n8)\tVergl. dazu v. Bezold a. a. O. S. 224 und Br\u00fccke, Physiologie der Farben. S. 234.\n9)\tLa loi du contraste simultan\u00e9 des couleurs. Paris 1839. S. 107 ff. Das Contrastgesetz wird S. 14 aufgestellt.","page":593},{"file":"p0594.txt","language":"de","ocr_de":"594\nJonas Cohn.\nabzulenken. Sind sie aber einander sehr nahe liegend, so entwickelt sich gar kein, oder doch nur ein geringer Contrast. Anders bei mittlerer Verschiedenheit zwischen den beiden Componenten. Setzt man z. B. ein Blau neben ein Gr\u00fcn, so erscheint das Blau nach Violett, das Gr\u00fcn nach Gelb abgelenkt und beide in ihrer S\u00e4ttigung vermindert; es entsteht der sogenannte sch\u00e4dliche Contrast. Diese Verbindungen sind daher schlecht oder doch weniger gut, w\u00e4hrend die Verbindung der Complement\u00e4rfarben am g\u00fcnstigsten wirkt.\nBr\u00fccke1) unterscheidet zun\u00e4chst zwischen kleinen und gro\u00dfen Intervallen. Unter den ersteren versteht er Zusammenstellungen, deren Glieder einander im Farbenkreis nahe liegen. Diese kleinen Intervalle gefallen, wenn die Helligkeitsvertheilung der nat\u00fcrlichen Schattenwirkung entspricht. Wenn man z. B. ein rothes Tuch in Falten legt, so erscheinen die beschatteten Partien purpurn. Bei einer Zusammenstellung Both-Purpur m\u00fcssten also die purpurnen Partien dunkler gew\u00e4hlt werden. F\u00fcr die gutwirkenden gro\u00dfen Intervalle gibt Br\u00fccke2) keine allgemeine Begel, sondern nur specielle Vorschriften. Dagegen f\u00fchrt er die Gr\u00fcnde an, aus denen seiner Ansicht nach eine Combination schlecht sein k\u00f6nnte3). Es sind drei. Entweder die Combination wirkt hart oder grell, was bei starkges\u00e4ttigten Contrastfarben eintreten kann. Oder sie ist mangelhaft, weil eine Farbe fehlt, um die Combination zu Wei\u00df zu erg\u00e4nzen. Besonders stark werde hier das Fehlen von Both empfunden. Oder endlich eine Combination ist schlecht durch sch\u00e4dlichen Contrast.\nvon Bezold4) gibt dem Br\u00fccke\u2019sehen Gesetze der kleinen Intervalle folgende Form: \u00bbBei Zusammenstellung nach kleinen Intervallen m\u00fcssen die beiden Farben in ihrem nat\u00fcrlichen Helligkeitsverh\u00e4ltnisse stehen, oder die Helligkeiten der beiden Farben m\u00fcssen sich in demselben Sinne \u00e4ndern wie auf dem Farbenkreise.\u00ab Die mittleren Intervalle gelten auch ihm als besonders missf\u00e4llig,\n1)\tPhysiologie der Farben f\u00fcr die Zwecke der Kunstgewerbe. Leipzig 1866. S. 176 ff.\n2)\tA. a. O. S. 180 ff. 3) A. a. O. S. 203 ff.\n4) Die Farbenlehre im Hinblick auf Kunst und Kunstgewerbe. Braun-\nschweig 1874. S. 219 ff.","page":594},{"file":"p0595.txt","language":"de","ocr_de":"595\nExperimentelle Untersuchungen \u00fcber die Gef\u00fchlsbetonung der Farben etc.\nwas er einerseits auf ihre unbestimmte Natur \u2014 sie zeigen weder ann\u00e4hernde Gleichheit noch gen\u00fcgenden Gegensatz, andererseits auf den sch\u00e4dlichen Contrast zur\u00fcckf\u00fchrt. Die gr\u00f6\u00dfte Sch\u00f6nheit soll nicht bei Complement\u00e4rfarben erreicht sein, da diese leicht etwas hart wirken, sondern bei einer ein wenig geringeren Verschiedenheit.\nAlfred Lehmann1) sucht auch das Br\u00fccke\u2019sche Gesetz der kleinen Intervalle, welches nach ihm wie nach von Bezold auch f\u00fcr mittlere Intervalle G\u00fcltigkeit hat, auf Contrastverh\u00e4ltnisse zur\u00fcckzuf\u00fchren, da die Helligkeitsdifferenz den sch\u00e4dlichen Contrast vermindert. Au\u00dfer dem Gesetz der Vermeidung des sch\u00e4dlichen Contrastes, dem Inductionsgesetz, wie er es nennt, stellt Lehmann unto dem Namen \u00bb Aequivalentgesetz \u00ab die Regel auf, dass zwei combinirte Farben die Aufmerksamkeit gleichstark fesseln sollen. Dies wird dadurch erreicht, dass man der weniger ges\u00e4ttigten eine entsprechend gr\u00f6\u00dfere Ausdehnung gibt. Lehmann hat zum Beweise dieses Gesetzes 20 Versuche nach der Methode der Herstellung angestellt. 2) Er hat damit weiteren Forschungen einen Weg gewiesen. Aber die Versuche sind viel zu wenig zahlreich, um wirkliche Schl\u00fcsse zu gestatten. In der vorliegenden Arbeit habe ich mir die Untersuchung der r\u00e4umlichen Verh\u00e4ltnisse von Farben-combinationen noch nicht zur Aufgabe gestellt.\nDer weit verbreiteten Lehre, dass die Sch\u00f6nheitsverh\u00e4ltnisse der Farbencombinationen ganz oder doch gr\u00f6\u00dftentheils auf Contrastverh\u00e4ltnisse zur\u00fcckzuf\u00fchren seien, ist Lipps3) mit Entschiedenheit entgegengetreten. Der farbenablenkende Contrast wirke sch\u00e4dlich nur durch Verminderung der S\u00e4ttigung. Nun brauche man nur etwa die Combination Gr\u00fcn-Blau von sehr ges\u00e4ttigten, die Combination Gr\u00fcn-Purpur von viel matteren Componenten herzustellen, um diese S\u00e4ttigungsverminderung mehr als auszugleichen. Trotzdem werde man Gr\u00fcn-Purpur viel wohlgef\u00e4lliger finden. Lipps will die Wohlgef\u00e4lligkeit complement\u00e4rer Paare auf den Gef\u00fchlsgegensatz zwischen den Componenten zur\u00fcckf\u00fchren. Unter diesem\n1)\tFarvernes elementaere Aestetik. Kopenhagen 1884. S. 121\u2014138.\n2)\tA. a. O. S. 81.\t/\n3)\tGrundthatsachen des Seelenlebens. Bonn 1883. S. 273 ff. u. S. 290 ff.","page":595},{"file":"p0596.txt","language":"de","ocr_de":"596\nJonas Gohn.\nGef\u00fchlsgegensatz ist nat\u00fcrlich nicht Lust-Unlust, sondern der schon erw\u00e4hnte Gegensatz des Stimmungscharakters zu verstehen. Es w\u00e4re dieses Gefallen dann in Analogie zu setzen mit der Freude die wir \u00fcberhaupt am geh\u00f6rigen Wechsel gef\u00fchlsm\u00e4\u00dfig entgegengesetzter Eindr\u00fccke haben.\n\u00a7 12. Das Gef\u00fchlsurtheil und seine experimentelle Verwerthung.\nMeine Untersuchungen unterscheiden sich von allen vorliegenden Arbeiten dadurch, dass sie experimentell sind, w\u00e4hrend jene nur h\u00e9obachtend waren. Hier wie \u00fcberall sonst hat das Experiment zun\u00e4chst den gro\u00dfen Vorzug, dass bei fehlerfreier Anstellung die Resultate in objectiven Daten vorgelegt werden k\u00f6nnen und von vorgefassten Meinungen des Experimentators unabh\u00e4ngig sind. Um aber die Tragweite dieser Untersuchungen richtig sch\u00e4tzen zu lernen, wird es n\u00f6thig sein, kurz zu betrachten, was denn hier eigentlich der experimentell geregelten Beobachtung unterworfen wird.\nWenn man einem Beobachter zuerst 2 Farbencombinationen mit gleicher Grundfarbe vorlegt und ihn fragt, welche von beiden ihm besser gefalle, so wird er je nach seiner Individualit\u00e4t sich verschieden verhalten. Der eine wird rasch zugreifend entscheiden, der andere lange hin und; her schwanken, das einmal gegebene Urtheil wieder zur\u00fcckziehen und schlie\u00dflich zu keinem oder doch nur zu einem unsichern Resultat gelangen. H\u00e4ufig h\u00f6rt man gerade im Anfang, dass die Sache doch wohl bedenklich sub-jectiv und unsicher sei, dass man sich der Verwendungs-Associa-tionen gar nicht erwehren k\u00f6nne und dergleichen mehr. Wenn man dann wieder und wieder hervorhebt, dass es sich ja hier nicht um eine Geschmackspr\u00fcfung handele, dass jedes Urtheil gleichwerthig sei, es m\u00f6ge nun ausfallen wie es wolle, dass es nur darauf ankomme, den augenblicklichen, unmittelbaren Gef\u00fchlseindruck wiederzugeben, so gew\u00f6hnt man seine Beobachter allm\u00e4hlich an ein ruhigeres Verhalten. Und diese gleichm\u00e4\u00dfigere Gem\u00fcthslage ist ein unabweisbares Erforderniss zum Gelingen der Versuche. Handelt es sich doch hei denselben um einen ziemlich complicirten psychischen Process. Der Beobachter soll die ihm gebotenen Sinneseindr\u00fccke","page":596},{"file":"p0597.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Untersuchungen \u00fcber die Gef\u00fchlsbetonung der Farben etc. 597\nm\u00f6glichst ohne Reflexion auf sich wirken lassen und er soll dann diesen rein gef\u00fchlsm\u00e4\u00dfigen Vorgang in die intellectuelle Form eines Geschmaksurtheils kleiden. Es besteht also die Gefahr, dass jener intellectuelle Urtheilsvorgang gewisserma\u00dfen vorweg genommen werde, dass der Beobachter sich Theorien mache und unbewusst nach diesen sein Urtheil bilde. Solchen Gefahren beugt man schon dadurch etwas vor, dass man die Beobachter \u00fcber die Ziele und \u00fcber die Anordnung der Versuchsreihen im Unklaren l\u00e4sst, dass man etwa ge\u00e4u\u00dferte theoretische Ansichten mit k\u00fchler Skepsis und geringem Interesse behandelt, sich aber dieselben ruhig notirt. Leider aber muss man noch zu einer anderen Vorsichtsma\u00dfregel greifen, durch welche manche interessante Beobachtung verloren geht. Man darf die Versuchspersonen nicht zur Selbstbeobachtung anregen. Der ganze Urtheilsprocess muss einigerma\u00dfen mechanisirt werden, so dass schlie\u00dflich der Gef\u00fchlseindruck dasjenige ist, was am deutlichsten zum Bewusstsein des Beobachters gelangt. Am Anfang meiner Untersuchung arbeitete ich mit einem Herren, welcher mir ein gro\u00dfes Beobachtungsmaterial zur Verf\u00fcgung stellen zu k\u00f6nnen glaubte. Derselbe charakterisirte jeden Farbeneindruck nach^seinem Stimmungsgehalt, suchte sich eine empirische Scala der absoluten Lust- Unlust-Wirkung zu bilden und so fort. Als ich aber die Reihen dieses Herrn zusammenstellte, ergab sich eine v\u00f6llige Regellosigkeit der Resultate. Damit ist nicht etwa eine starke Abweichung vom Durchschnitt der anderen Herren gemeint, sondern ein v\u00f6lliger Mangel an Uehereinstimmung zwischen den einzelnen Resultaten dieses Beobachters selbst. Durch solche Erfahrungen belehrt, habe ich dann sp\u00e4ter die Herren nicht mehr zur Selbstbeobachtung angehalten, sondern nur gebeten, mir dasjenige mit-zutheilen, was sich gelegentlich ihrer Aufmerksamkeit aufdr\u00e4ngte. Diese Bemerkungen wurden dann notirt und gesammelt.\nWie sich schon aus der Zusammenstellung der Versuchsreihen ergibt, ist das \u00e4sthetische Urtheil im einzelnen Falle ein Product verschiedener zusammenwirkender Fact\u00f6ren. Beruhte doch der Grundgedanke der gro\u00dfen Versuchsreihe des \u00a7 6 auf einer Isolirung zweier solcher Fact\u00f6ren, des Wohlgefallens an der Einzelfarbe als solcher und des Wohlgefallens an der Combination. Es ist wiederholt von den verschiedensten Beobachtern bemerkt worden, dass Wandt, Philos. Stadien. X.\t39","page":597},{"file":"p0598.txt","language":"de","ocr_de":"598\nJonas Cohn.\ndiese beiden Factoren gelegentlich mit einander in Streit gerathen oder einander unterst\u00fctzen. Aber diese beiden Factoren sind nicht die einzigen. Au\u00dferdem wurde gelegentlich der Einfluss der Helligkeit und des Helligkeitscontrastes hervorgehoben ; insbesondere wurde Pi wiederholt als zu dunkel, zu wenig sich vom Hintergrund ab-hebend bezeichnet. Gelegentlich wurden kleine Verschiedenheiten der Beleuchtung oder der Form als st\u00f6rend angegeben. Dem wurde dann, soweit es irgend ging, abgeholfen.\nWas die Associationen betrifft, so bemerkten verschiedene Herren, dass ihre H\u00e4ufigkeit allm\u00e4hlich abnahm. Im Anf\u00e4nge waren besonders Associationen an Flaggen h\u00e4ufig. Bei den ersten Gelatineversuchen dachte ein Beobchter stets an bunte Glasfenster. Ein anderer konnte sich anfangs wechselnder Verwendungs-Associationen schwer erwehren. Nirgends aber bemerkte ich die Associationen als einen constanten, das TJrtheil in regelm\u00e4\u00dfiger Weise beeinflussenden Factor.\nVier verschiedene Beobachter erw\u00e4hnten gelegentlich, dass sie dieses oder jenes Urtheil abg\u00e4ben, weil die betreffende Farbe oder Farbencombination ihrer augenblicklichen Stimmung besser entspr\u00e4che. So wurde auch einmal ein Gleichheitsurtheil durch die Aeu\u00dferung motivirt: \u00bbMan w\u00fcrde je nach der Stimmung bald das eine bald das andere sch\u00f6ner finden ; verschiedener Gef\u00fchlscharakter, darum sehr schwer zu entscheiden\u00ab. Ein Beobachter hob hervor, dass ihm bei guter Stimmung die Unterschiede viel deutlicher zum Bewusstsein gekommen seien, als bei schlechter.\nEin Einfluss der Reihenfolge der Versuche wurde von 2 Beobachtern gelegentlich hervorgehoben. Er schien sich besonders darin zu \u00e4u\u00dfern, dass eine neu auftretende stark verschiedene Farbe oder Combination durch Abwechslung wohlgefiel. Die gew\u00e4hlte Anordnung der Versuche innerhalb jeder Reihe (cfr. S. 565) bewirkte eine m\u00f6glichst gleichm\u00e4\u00dfige Vertheilung derartiger Einfl\u00fcsse. Da sich das einzelne Urtheil als Resultante so vieler Factoren zu erkennen gibt, ist es begreiflich, dass die Gleichheitsurtheile in Wahrheit vielmehr die Bedeutung eines schwankenden Urtheils besitzen. Bei denjenigen Reihen, welche wiederholt wurden, ergab es sich denn auch, dass die Gleichheitsurtheile verh\u00e4ltnissm\u00e4\u00dfig sehr selten in beiden Reihen \u00fcbereinstimmten. Bei denjenigen","page":598},{"file":"p0599.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Untersuchungen \u00fcber die Gef\u00fchlsbetonung der Farben etc. 599\nReihen, deren abweichende Urtheile am Schluss des \u00a7 5 (S. 576) mitgetheilt sind, ergab sich in Bezug auf die Gleichheitsurtheile folgendes : In der Einzelwahlreihe waren bei allen 4 Beobachtern zusammen bei der etsten Vorlegung 66, bei der zweiten 67 Gleichheitsurtheile abgegeben worden. Unter diesen fielen nur 31 beide Male auf dieselben Urtheile, w\u00e4hrend 35, bez. 36 also mehr als 50^ abweichende Urtheile waren. Bei der Combinationsreihe waren unter 27 bez. 21 Gleichheitsurtheilen sogar nur 9 \u00fcbereinstimmende. Dazu kommt, dass die Gleichheitsurtheile bei verschiedenen Beobachtern in sehr verschiedener H\u00e4ufigkeit auftreten, und dass manche Herren, den Ausdruck \u00bbunbestimmt\u00ab im allgemeinen vorziehen. Man ersieht hieraus, dass ich berechtigt war, Gleichheits- und Unsicherheitsurtheile rechnerisch gleich zu behandeln.\nDiese Betrachtungen werden zur Gen\u00fcge dargelegt haben, dass bei unserem \u00e4sthetischen Urtheil neben den constanten Haupteinfl\u00fcssen eine gro\u00dfe Menge variabler und schwer zu \u00fcbersehender Nebeneinfl\u00fcsse mitwirken, deren st\u00f6rende Wirkung die Vermehrung der Versuchszahl beseitigen oder doch vermindern muss. Die Gesetzm\u00e4\u00dfigkeit der Versuchsergebnisse besonders in den Reihen des \u00a7 6 und des \u00a7 8 beweist die M\u00f6glichkeit einer solchen Elimination nach dem Gesetz der gro\u00dfen Zahl.\n\u00a7 13. Zusammenstellung der Resultate.\n1)\tVon zwei N\u00fcancen derselben Farbe gef\u00e4llt die ges\u00e4ttigtere besser (\u00a7 7). Auch unter einer Reihe verschiedener Farben werden im allgemeinen die ges\u00e4ttigteren bevorzugt. Unter ann\u00e4hernd gleichges\u00e4ttigten Farben scheint die Bevorzugung auf rein individuellen Neigungen zu beruhen. Nur das Gelbe d\u00fcrfte f\u00fcr die Mehrzahl hinter den anderen Farben zur\u00fcckstehen, auch wenn es ganz ges\u00e4ttigt ist. Jedoch reichen die vorliegenden Beobachtungen nicht aus, sich ein Urtheil \u00fcber die Tragweite dieser letzteren Behauptung zu bilden (\u00a7\u00a7 5\u20146).\n2)\tGleiche Wohlgef\u00e4lligkeit der Componenten vorausgesetzt, ist eine Combination von 2 Farben um so wohlgef\u00e4lliger, je weiter die Componenten von einander verschieden sind. Wenn man dies Verh\u00e4ltniss in Form einer Curve darstellt, deren Ahscissenachse\n39*","page":599},{"file":"p0600.txt","language":"de","ocr_de":"600\nJonas Cohn.\nder am Orte der Grundfarbe durchgeschnittene Farbenkreis bildet, so zeigt sich, dass dieselbe an ihren beiden Enden steiler aufsteigt als in der Gegend des Maximums (Fig. 2 der Tafel). Die Feststellung des Farbenkreises ist aber im Einzelnen zu willk\u00fcrlich, als dass es lohnen sollte, eine empirische Formel f\u00fcr die Curve zu berechnen (\u00a7\u00a7 4\u20146).\n3)\tZwei farblose Helligkeiten passen um so besser zusammen, je verschiedener sie sind. Die Grenze, innerhalb deren dies gepr\u00fcft werden konnte, bildet die Zusammenstellung eines wei\u00dfen Cartons mit einem mattschwarzen Papier bei Beleuchtung durch diffuses Tageslicht. Dies entspricht etwa einem Helligkeitsverh\u00e4ltniss von 1 zu 401). Bei der Vergleichung einzelner Helligkeiten ergab sich die Bevorzugung von Wei\u00df vor Grau und Schwarz als einziges einigerma\u00dfen deutliches Resultat (\u00a7 8).\n4)\tCombinirt man eine Farbe mit einer farblosen Helligkeit, welche man variirt, oder zwei Farben, von denen man eine in ihrer Helligkeit variirt, so macht sich ebenfalls ein Vorzug des gr\u00f6\u00dferen Helligkeitsunterschiedes vor dem geringeren bemerkbar, doch ist derselbe in Folge anderer entgegenstehender Momente weniger deutlich (\u00a7\u00a7 9 u. 10).\nEs fragt sich nun, in wie weit diese Resultate Allgemeing\u00fcltigkeit besitzen. Sie sind gewonnen an Mitgliedern des psychologischen Instituts, d. h. an gebildeten M\u00e4nnern meist im Alter von 20 bis 30 Jahren. Der Nationalit\u00e4t nach waren 10 der Herren Deutsche, je einer Engl\u00e4nder, Norweger, Belgier und Serbe. Soweit es sich \u00fcberblicken l\u00e4sst, zeigten die Deutschen keine besonderen Eigent\u00fcmlichkeiten den Ausl\u00e4ndern gegen\u00fcber. (Eine Ausnahme bildet nur die in \u00a7 10 mitgetheilte Abweichung des Herrn Dr. Thi\u00e9ry.)\nIn soweit als diese Beobachter \u00fcbereinstimmen, kann man daher ihr Urtheil jedenfalls als allgemein g\u00fcltigen Durchschnitt gebildeter europ\u00e4ischer M\u00e4nner ansehen. Nun sind aber die Regeln, welche sich so ergeben haben, sehr einfacher Natur,. Sie laufen im wesentlichen darauf hinaus, dass auf dem Gebiete des Gesichtssinns die m\u00f6glichst gro\u00dfe Verschiedenheit an einander\n1) Nach Versuchen im Leipziger Laboratorium, deren Resultat Herr Professor K\u00fclpe mir g\u00fctigst mittheilte.","page":600},{"file":"p0601.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Untersuchungen \u00fcber die Gef\u00fchlsbetonung der Farben etc. 601\ngrenzender Eindr\u00fccke das Wohlgef\u00e4lligste ist. Nat\u00fcrlich gilt dies nur f\u00fcr rein sinnliche Wohlgef\u00e4lligkeit ohne weitere Nebenbestim-mungen. Nun gilt die Vorliebe f\u00fcr stark contrastirende Zusammenstellungen im allgemeinen als ein Kennzeichen roherer V\u00f6lker und ungebildeter Berufsklassen. Wenn wir dasselbe f\u00fcr Gebildete, deren Auge in Kleidung etc. an matte Farben und geringe Farbenunterschiede gew\u00f6hnt ist, best\u00e4tigt finden, so haben wir ein gewisses Recht, dies als allgemein g\u00fctig anzusehen. Fr\u00fchere Philosophen und Aesthetiker waren geneigt, gerade die h\u00f6chsten Ideale der Sch\u00f6nheit als allgemein menschlich zu betrachten, das sinnlich Gef\u00e4llige aber als schwankend und von individuellen Launen abh\u00e4ngig anzusehen. Sollte uns nicht vielleicht unsere psychologische Einsicht allm\u00e4hlich zu einem entgegengesetzten Resultat f\u00fchren? Es erscheint durchaus plausibel, dass die sinnliche Constitution des Menschen eine urspr\u00fcngliche und gemeinsame ist, w\u00e4hrend jene complicirten seelischen Beziehungen, auf welchen das h\u00f6here \u00e4sthetische Gefallen beruht, nach Rasse, Bildungsgrad und Culturstufe sich \u00e4ndern. Doch mit diesen Bemerkungen ist bereits das Gebiet des thats\u00e4chlich Erkannten verlassen und zuk\u00fcnftigen Untersuchungen vorgegriffen.\n\u00a7 14. Die theoretische Bedeutung der Resultate.\nIn Bezug auf die Theorie fragt es sich, welches der Grund f\u00fcr das Gefallen gerade der contrastirenden Farben und Helligkeits-combinationen ist. Da sich die bisherigen Theorien im wesentlichen nur mit der Farbencombination abgaben, so wollen auch wir diese zuerst betrachten und erst nachher die Helligkeitscombina-tionen mit heranziehen.\nUnter den \u00e4lteren Theorien werden zwei schon durch die Form der Wohlgef\u00e4lligkeitscurve widerlegt, n\u00e4mlich diejenige, welche sich auf die Analogie mit der musikalischen Harmonie st\u00fctzt, und die, welche alles aus Contrastverh\u00e4ltnissen erkl\u00e4ren will. Bei der musikalischen Harmonie sind wohlgef\u00e4llig die einfachen Verh\u00e4ltnisse der Schwingungszahlen, Quinte, Quarte etc. Die zwischen diesen harmonischen Verh\u00e4ltnissen gelegenen Intervalle sind entschieden missf\u00e4llig, sobald die Abweichung von einem jener Verh\u00e4ltnisse","page":601},{"file":"p0602.txt","language":"de","ocr_de":"602\nJonas Cohn.\neinen gewissen Grad \u00fcberschreitet. Eine diesem Verh\u00e4ltnisse entsprechende Curve m\u00fcsste demnach mehrere scharf abgegrenzte Maxima und Minima zeigen, sie k\u00f6nnte nicht jenen glatten Verlauf haben, den wir an unserer Wohlf\u00e4lligkeitscurve verzeichneten. Indessen ist es ja kaum erforderlich, sich ernsthaft mit jener Anschauung zu besch\u00e4ftigen. Wer sich einmal \u00fcberlegt hat, dass die Luftschwingungen die Cortischen Fasern des Ohres in Schwingungen von gleicher Periode versetzen, w\u00e4hrend die Lichtstrahlen in der Netzhaut einen uns unbekannten chemischen Process erregen, der wird eine solche Vergleichung f\u00fcr unzul\u00e4ssig halten m\u00fcssen.\nErnsthafter ist von vornherein die Contrasthypothese Chevreul\u2019s und seiner Nachfolger zu nehmen.\nNach dieser in \u00a7 12 n\u00e4her dargestellten Theorie beruht der verschiedene Gef\u00fchlswerth der Farbencombinationen auf der Art, wie die Componenten contrastirend aufeinander wirken. Das Maximum l\u00e4ge danach bei Contrastfarben, welche einander in der S\u00e4ttigung verst\u00e4rken. Zwei Minima l\u00e4gen in der Gegend des st\u00e4rksten farhenablenkenden Contrastes. Versuche zur Bestimmung dieses letzteren Punktes liegen nicht vor und w\u00e4ren jedenfalls \u00e4u\u00dferst schwierig. Soviel indessen d\u00fcrfte man schon jetzt angeben k\u00f6nnen, dass er irgend wie in der Mitte zwischen Grundfarbe und Complement\u00e4rfarbe, wahrscheinlich der ersteren n\u00e4her liegt. Jedenfalls m\u00fcssten die kleinsten Intervalle den mittleren vorgezogen werden. Die Gestalt unserer Curve ergibt unzweideutig, dass das nicht der Fall ist. Auch die Aussage der Selbstbeobachtung spricht daf\u00fcr, dass bei F\u00e4rbenzusammenstellungen noch etwas anderes die Wohlgef\u00e4lligkeit beeinflusse, als die S\u00e4ttigung der Componenten, welche durch den Contrast vermehrt oder vermindert wird. Ueberdies ist bei starkges\u00e4ttigten Farben, wie sie besonders zu den Gelatineversuchen verwendet wurden, der Farben contrast recht schwach. Man wird nun fragen, wie es kam, dass eine Reihe ausgezeichneter Forscher den Vorzug kleiner vor mittleren Intervallen behaupten konnte.\nDie L\u00f6sung liegt ziemlich nahe, wenn man sich das Br\u00fccke\u2019sehe Gesetz der kleinen Intervalle n\u00e4her ansieht. Wie schon bemerkt, besagt dasselbe, dass kleine Intervalle dann gefallen, wenn die Helligkeitsverh\u00e4ltnisse beschatteten und belichteten Partien des-","page":602},{"file":"p0603.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Untersuchungen \u00fcber die Gef\u00fchlsbetonung der Farben etc. 603\nselben Gegenstands entsprechen. Nun entnehmen jene Forscher ihr Beobachtungsmaterial meist der ornamentalen Kunst, in welcher es sich so h\u00e4ufig darum handelt, einer Fl\u00e4che einen mehr oder minder r\u00e4umlichen dreidimensionalen Charakter zu ertheilen. Infolge dessen werden oft F\u00e4rbungen gew\u00e4hlt, welche den Eindruck beschatteter und belichteter Partien gew\u00e4hren. Dass das Br\u00fccke\u2019sche Gesetz auch bei mittleren Intervallen eine gewisse G\u00fcltigkeit hat, wie besonders von Bezold hervorhebt, d\u00fcrfte darauf beruhen, dass im allgemeinen die Farben bei verschiedener Helligkeit ihre maximale S\u00e4ttigung erreichen. Jedenfalls scheint es demnach festzustehen, dass die Verschiedenheit der Empfindungen als solche, abgesehen von der Einwirkung der Empfindungen auf einander, lustvoll wirkt. Dadurch ist schon das Gebiet m\u00f6glicher Theorien stark eingeschr\u00e4nkt. Ja es ist sogar in gewisser Weise ein positiver Anfang einer Theorie in dem Satze gegeben : \u00bbAuf dem Gebiete der Gesichtsempfindungen wirkt die Verschiedenheit benachbarter Empfindungen lusterregend um so mehr, je gr\u00f6\u00dfer sie ist\u00ab.\nDieser Satz gilt innerhalb der Grenzen der gew\u00f6hnlich in Betracht kommenden Empfindungen, d. h.' f\u00fcr Helligkeiten zwischen wei\u00dfem Carton und gestrichenem schwarzem Papier, f\u00fcr Farben zwischen ges\u00e4ttigten Complement\u00e4rfarben. Es fragt sich nun, ob der lusterregende Contrast hier im Gegensatz der Empfindungen oder, wie Lipps will, im Gegensatz der begleitenden Gef\u00fchlst\u00f6ne liegt. Nach dem gegenw\u00e4rtig vorliegenden Thatbestand scheint eine endg\u00fcltige Entscheidung hier nicht m\u00f6glich zu sein. Indessen konnte mir die innere Wahrnehmung niemals den Gef\u00fchlsgegensatz deutlich als lusterregendes Moment darstellen. Ich bin daher immerhin geneigt, den Empfindungsgegensatz selbst als Quelle des Wohlgefallens zu betrachten. Stellt man sich vorl\u00e4ufig auf diesen Standpunkt, so k\u00f6nnte man versuchen, durch Hinweis auf die Lust an vielseitiger normaler Beth\u00e4tigung eines Organs Ankn\u00fcpfung an allgemeinere Thatsachen zu gewinnen. Da indessen alle diese Begriffe sich zur Zeit einer exacteren Festsetzung entziehen, und schon die Grundlage zweifelhaft ist, m\u00f6chte es gerathen scheinen, von weiteren Speculationen in dieser Richtung Abstand zu nehmen. Ist doch ohnedies die Gef\u00fchlslehre ein bevorzugter Tummelplatz wenig begr\u00fcndeter Hypothesen.","page":603},{"file":"z0001table1.txt","language":"de","ocr_de":"Wundt, Philosophische Studien, XBund,\nTaf.I.\nFi\u00a7. /.\nstwitpodg sop twvpiy-\nDer Farbenkreis.\nso0 roo\u00b0 120\u00b0 m\"-\n260\u00b0 280\u00b0 300\u00b0\nMittel curve der Reihen des \u00a7 6.\nVerlag v.Wilh.Engelmaim, Leipzig.\nLithAnst. Julius KliuMtardt, Leipzig.","page":0}],"identifier":"lit4222","issued":"1894","language":"de","pages":"562-603","startpages":"562","title":"Experimentelle Untersuchungen \u00fcber die Gef\u00fchlsbetonung der Farben, Helligkeiten und ihrer Combinationen","type":"Journal Article","volume":"10"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T13:12:03.650218+00:00"}