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{"created":"2022-01-31T14:28:05.800893+00:00","id":"lit4227","links":{},"metadata":{"alternative":"Philosophische Studien","contributors":[{"name":"Witmer, Lightner","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Philosophische Studien 9: 96-144","fulltext":[{"file":"p0096.txt","language":"de","ocr_de":"Zur experimentellen Aesthetik einfacher r\u00e4umlicher Formverh\u00e4ltnisse.\nVon\nLigktner Witrner.\nMit 2 Figuren im Text.\nEs sind nach Wundt1) zwei Bedingungen der Wohlgef\u00e4lligkeit einfacher r\u00e4umlicher Formen zu unterscheiden: die Gliederung der Gestalten und der Lauf der Begrenzungslinien.\nZur n\u00e4heren Bestimmung der zweiten dieser beiden Bedingungen sind innerhalb der Aesthetik au\u00dfer einem misslungenen Versuche Hogarth\u2019s2) keine weiteren gemacht worden. Nach ihm ist die \u00bbLinie der Sch\u00f6nheit\u00ab (line of beauty) eine den Mantel eines Kegels von der Basis bis zur Spitze einmal umlaufende Spirale. Die Form dieser Linie ist aber durch die H\u00f6he des Kegels und den Durchmesser seiner Grundfl\u00e4che bedingt, und Hogarth gab keine n\u00e4heren Bestimmungen dieser Form an, als dass der Kegel nicht zu hoch, aber auch nicht zu niedrig sein d\u00fcrfe; denn nur diejenigen unter den unendlich vielen m\u00f6glichen Schlangenlinien, oder die durch Projection derselben auf eine Ebene entstehenden Wellenlinien seien von \u00e4sthetischem Werth, die zwischen den allzu flachen und allzu tiefen Biegungen \u00bbdie rechte Mitte\u00ab hielten.\nHinsichtlich der Gliederung der Gestalten, d. h. des Verh\u00e4ltnisses der Theile zu einander ist ein wissenschaftliches Verfahren zuerst von Zeisin g in die Aesthetik eingef\u00fchrt worden. Obzwar schon in alter Zeit der Reiz der Symmetrie erkannt war,\n1) Physiol. Psychol. II3. S. 213.\n2} Analysis of Beauty (1753).","page":96},{"file":"p0097.txt","language":"de","ocr_de":"Zur experimentellen Aesthetik einfacher r\u00e4umlicher Formverh\u00e4ltnisse.\n97\nund die wissenschaftliche Aesthetik seit Baumgarten auch die Proportionalit\u00e4t in ihrer Beziehung zur Idee des Sch\u00f6nen behandelte, so wurde doch die Frage nach bestimmten wohlgef\u00e4lligen Verh\u00e4ltnissen zuerst von Zeising als 1 heil einer systematischen Aesthetik m Angriff genommen. Auch die englischen Aesthetiker, die den directen, objectiven, vom associativen unterschiedenen Factor des \u00e4sthetischen Wohlgefallens mehr betont haben, als die deutschen Vertreter der Aesthetik, sind trotzdem nicht zu einer Feststellung bestimmter Ma\u00dfe f\u00fcr wohlgef\u00e4llige Formverh\u00e4ltnisse gelangt. Vielmehr sind es praktische Aesthetiker, K\u00fcnstler und Baumeister, die zuerst sich mit der \u00e4sthetischen Bedeutung bestimmter Formverh\u00e4ltnisse eingehender besch\u00e4ftigten. Der wichtigste Versuch von dieser Seite ist vielleicht der des englischen D\u00e9corateurs und Malers May1), welcher die einfachen Verh\u00e4ltnisse wohlgef\u00e4lliger conso-nirender Intervalle aus der Musik auf die Proportionen der menschlichen Gestalt \u00fcbertrug und dadurch ihre allgemeine G\u00fcltigkeit f\u00fcr die Aesthetik \u00fcberhaupt zu erweisen suchte.\nSchon vor Hay findet sich bei Joh. Heinr. Wolff2), Professor der Akademie der K\u00fcnste zu Kassel, unter den von ihm aufgestellten Grundgesetzen der plastischen Formen das der Bevorzugung des Gleichheitsverh\u00e4ltnisses 1 : 1 erw\u00e4hnt, welches Wolff von den Meisterwerken griechischer Architectur herleitete. Zu gleicher Zeit legten Heigelin8) und Thiersch3 4 *), \u00e4hnlich wie Hay, den einfachen Verh\u00e4ltnissen \u00fcberhaupt einen \u00e4sthetischen Werth hei, ohne jedoch ihren Standpunkt eingehender zu begr\u00fcnden.\nEine von den bisherigen wesentlich abweichende Art der Untersuchung \u00fcber den \u00e4sthetischen Werth proportionaler Gliederungen r\u00fchrt von Roeber und Lihardzik her, welche durch die\n1)\tThe geometric beauty of the human figure defined; to which is preficed a system of aesthetic proportion applicable to architecture and the other formative arts.\u00ab 1851. \u2014 \u00bbThe natural principles of beauty, as developed in the human figure.\u00ab 1852.\n2)\tBeitr\u00e4ge zur Aesthetik der Baukunst oder die Grunds\u00e4tze der plasti-schen Form, nachgewiesen an den Haupttheilen der griechischen Architectur.\n3)\tLehrbuch der h\u00f6heren Baukunst. 1828.\n4)\tLehrbuch der Aesthetik.\nWundt, Philos. Studien. IX.\t\u201e","page":97},{"file":"p0098.txt","language":"de","ocr_de":"98\nLlghtner Witmer.\nAusdehnung der von ihnen aufgestellten Proportionen auf die ge-sammte Natur und Kunst Zeising wohl am n\u00e4chsten stehen.\nDieselben scheinen aus einer \u00bbnaiven\u00ab Bewunderung der merkw\u00fcrdigen mathematischen Eigenschaften einzelner Proportionen denselben eine in allen Gebilden der Natur geltende Herrschaft zugeschrieben zu haben. Ihre Proportionen gewinnen erst dadurch eine besondere \u00e4sthetische Bedeutung, dass nach ihrer Meinung die Kunst lediglich in einer Nachahmung der Natur besteht.\nRoeber1), Baumeister zu Dresden (1814\u201424), meint, dass das Siebeneck (oder das zur Construction des regelm\u00e4\u00dfigen Siebenecks dienende gleichschenklige Dreieck, in welchem jeder Winkel an der Grundlinie ungef\u00e4hr das Dreifache des Winkels an der Spitze betr\u00e4gt), die Basis des h\u00f6chsten Gestaltungselementes in der organischen Natur sei. Dieses Princip des \u00bbSiebeneck-Dreiecks\u00ab findet er in den Verh\u00e4ltnissen der Gestalt der Pflanzen und des Menschen, insbesondere in dem Planetensystem verwirklicht, und einen Beweis ihrer G\u00fcltigkeit auch f\u00fcr die Aesthetik st\u00fctzt er aut Messungen an \u00e4gyptischen Denkm\u00e4lern und Tempeln. Lihard-zik2) dagegen stellt das Quadrat als die Grundlage aller Proportionalit\u00e4t in der Natur, und das Quadrat aus der Zahl 7 als die \"Ur-idee des menschlichen K\u00f6rperbaues dar. Die \u00e4sthetische Bedeutung dieses Zahlensystems hat Lihardzik nicht speciell betont, allein sie ergibt sich ebenso wie bei Roeber als eine Consecpienz seiner Auffassung der Kunst als Nachahmung der Natur.\nAus Vorstehendem ergeben sich drei Richtungen der Betrachtung \u00e4sthetischer Proportionalit\u00e4t : einmal die der wissenschaftlichen Aesthetik, welche freilich nur eine im allgemeinen noth-wendige Beziehung zwischen r\u00e4umlichen Verh\u00e4ltnissen aus der Idee des Sch\u00f6nen herleitete, ohne dieselben n\u00e4her zu bestimmen, sodann die der praktischen Aesthetiker, die auf Grund einer Messung der Proportionen des menschlichen K\u00f6rpers und k\u00fcnstlicher Bauwerke\n1)\t\u00bbElementar-Beitr\u00e4ge zur Bestimmung der Naturgesetze der Gestaltung\ndes Widerstandes, und Anwendung dieser Beitr\u00e4ge auf Natur und Kunstgestaltung\u00ab. 1834. Siehe insbesondere Nachwort von J. H. G. Heusinger. S. 22\t26.\n2)\tDas Quadrat als die Grundlage aller Proportionalit\u00e4t in der Natur, und - das Quadrat aus der Zahl 7 als die Uridee des menschlichen K\u00f6rperbaues. 1865.","page":98},{"file":"p0099.txt","language":"de","ocr_de":"Zur experimentellen Aesthetik einfacher r\u00e4umlicher Formverh\u00e4ltnisse.\n99\ndie einfachen Verh\u00e4ltnisse \u00fcberhaupt als wohlgef\u00e4llige ansahen, und drittens die der erw\u00e4hnten Zahlenmystiker.\nWir haben diese verschiedenen Richtungen fl\u00fcchtig zu skiz-ziren versucht, weil sie zu Z ei sing\u2019s Proportionslehre in n\u00e4herer Verwandtschaft stehen, insofern Zeising\u2019s Beweismethoden in den Anschauungsweisen dieser drei Gruppen sich schon vorgezeichnet finden.\nI. Die Proportionslelire Zeising\u2019s.\nAuf welchem Wege Zeising zuerst zu seiner Entdeckung der Bedeutung des goldenen Schnitts gelangt ist, ob durch eine aprio-ristische Herleitung aus dem Wesen des Sch\u00f6nen, ob durch eine Betrachtung der mathematischen Eigenschaften des goldenen Schnitts, oder ob durch eine Induction aus den vorhandenen Proportionen sch\u00f6ner Objecte, wissen wir nicht, denn er scheint auf alle drei Verfahren gleich viel Gewicht gelegt zu haben.\nIn erster Linie bestrebt, eine philosophische Begr\u00fcndung seines Proportionsgesetzes zu bieten, leitet er aus der Idee des formal Sch\u00f6nen die \u00e4sthetische Nothwendigkeit jener Proportionalit\u00e4t ab1). Die Sch\u00f6nheit eines Objectes besteht seiner Meinung nach darin, dass in einem und demselben Gegenst\u00e4nde die Unendlichkeit und die Einheit zur Anschauung kommen.\nDie \u00bbEinheit stellt sich als ein Punkt dar\u00ab und findet sich im Innern einer Figur; soll sonach eine r\u00e4umliche Erscheinung den Charakter der Einheit in sich tragen, so muss sie einen Punkt zur Anschauung bringen, der den Blick fesselt und denselben von allen \u00fcbrigen Theilen der Figur als von blo\u00dfem Beiwerk ablenkt. Die Unendlichkeit dagegen liegt in den Umrissen einer Figur und erscheint als \u00bbeine von sich selbst abweichende Linie, durch welche der Blick in Bewegung gesetzt wird\u00ab.\nUm die Idee der Vollkommenheit als wesentlichster Bedingung des Sch\u00f6nen zu erwecken, m\u00fcssen nach Zeising beide Eigenschaften zu einer Gleichheit oder Harmonie des Gegens\u00e4tzlichen verbunden werden und sich entweder als \u00bbRegelung der unendlichen\n1) Aesthetische Forschungen. 1855. S. 172. Neue Lehre von den Proportionen des menschlichen K\u00f6rpers. 1854. S. 133\u2014174.","page":99},{"file":"p0100.txt","language":"de","ocr_de":"100\nLightner Witmer.\nVerschiedenheit zur Einheit d. h. als strenge Regelm\u00e4\u00dfigkeit, oder als Ausbildung der strengen Einheit zur Verschiedenheit d. h. als Proportionali\u00e4t oder Verh\u00e4ltnissm\u00e4\u00dfigkeit darstellen\u00ab.\nSonach besteht in einer in zwei Theile zerlegten Linie die strenge Regelm\u00e4\u00dfigkeit in einer absoluten Gleichheit des V erh\u00e4lt-nisses der beiden Theile einerseits zu einander, anderseits zum Ganzen. Diese Gleichheit des Verh\u00e4ltnisses der Theile zu einander und zum Ganzen ist der mathematischen M\u00f6glichkeit nach nur dann vorhanden, wenn ein Theil, der kleinere von beiden, sich zum andern Theil, dem gr\u00f6\u00dferen, verh\u00e4lt wie dieser letztere zum Ganzen.\nHierdurch gelangt Zeising zur mathematischen Formel der Theilung einer Linie im \u00e4u\u00dferen und inneren Verh\u00e4ltnisse d. i. zur Formel des goldenen Schnitts. In dieser Formel sah er den Ausdruck einer h\u00f6heren \u00e4Hhetischen Gleichheit, als die der strengen Regelm\u00e4\u00dfigkeit oder Symmetrie.\nEin weiterer Vorzug der Theilung eiuer Linie nach dem goldenen Schnitt beruht, wie Zeising ausf\u00fchrlich er\u00f6rtert, darauf, dass bei alleiniger Ber\u00fccksichtigung des Verh\u00e4ltnisses der Theile zu einander der goldene Schnitt zwischen einer allzugro\u00dfen Gleichheit (1 : 1) und einer allzugro\u00dfen Verschiedenheit (1 : 2) die \u00bbrechte Mitte\u00ab halte. \u2014\nDer goldene Schnitt geh\u00f6rt zu den merkw\u00fcrdigsten Verh\u00e4lt-\nnissen der Mathematik. Ein irrationales Verh\u00e4ltniss 1\u2014\u2014\ndas obere Vorzeichen f\u00fcr das Verh\u00e4ltniss des Major zum Minor, das untere f\u00fcr das des Minor zum Major gilt), ist es entweder durch geometrische Construction oder arithmetisch durch das Verh\u00e4ltniss 1 : 1,618 mit gen\u00fcgender Ann\u00e4herung auszudr\u00fccken. In seinen charakteristischen Eigenschaften sieht Zeising einen Beweis f\u00fcr seine \u00e4sthetische Bedeutung1).\nDie Frage, in welchen zwei ganzen Zahlen das irrationale Verh\u00e4ltniss des goldnen Schnitts mit der erforderlichen Genauigkeit auszudr\u00fccken sei, ist nun f\u00fcr die Praxis nicht ohne Wichtigkeit.\n1) R\u00fccksichtlich der mathematischen Eigenschaften dieses Verh\u00e4ltnisses sei hier auf Fechner\u2019s Er\u00f6rterung, Zur experiment. Aesthetik S. 587ff. verwiesen.","page":100},{"file":"p0101.txt","language":"de","ocr_de":"Zur experimentellen Aesthetik einfacher r\u00e4umlicher Formverh\u00e4ltnisse.\n101\nZeising1) glaubte, es w\u00fcrde erst mit dem Verh\u00e4ltnisse 3 : 5 die Abweichung vom Q \u00fcberhaupt f\u00fchlbar, ohne jedoch das Verh\u00e4ltniss 2:3 als Ausdruck eines approximativen goldenen Schnitts v\u00f6llig zu verwerfen. Fechner meinte auf Grund experimenteller Untersuchung2), dass schon 5:8 von dem Verh\u00e4ltnisse des goldenen Schnitts zu unterscheiden sei, denn unter zwei mit schwarzer Tinte auf wei\u00dfem Papier gezeichneten Rechtecken (60 X 96 mm und 60 X 97 mm),\nderen ersteres\ndas Seitenverh\u00e4ltniss von 5 : 8\noder\n1\n1,600\ndarstellt,\nund deren letzteres 60 X 97 sich als eine von dem (T) = \u2014i_________\nw 1,618\nunmerklich abweichendes Verh\u00e4ltniss ^ * ergibt, ist das erstere\nin der Mehrzahl der Urtheile, allerdings nicht ohne viele Verwechselung, als das schlankere richtig erkannt worden.\nMit R\u00fccksicht auf die \u00fcber Gr\u00f6\u00dfensch\u00e4tzungen des Augenma\u00dfes vorliegenden Untersuchungen d\u00fcrfen wir annehmen, dass die Unterschiedsempfindlichkeit einen Werth von etwa 1\u20142 % betragen wird3). Dieses Ma\u00df der U.-E. ist jedoch durch Sch\u00e4tzungen absoluter oder gleicher Gr\u00f6\u00dfen gewonnen worden und nicht unter den Bedingungen der Beurtheilung eines Goldenen-Schnitt-Verh\u00e4ltnisses. Mehr erf\u00fcllt sind diese Bedingungen in den Untersuchungen von\n1) Neue Lehre. S. 166. Nach Fechner bezeichne ich mit dem bequemen Symbol 0 das irrationale Verh\u00e4ltniss des goldnen Schnitts, welches arithmetisch ann\u00e4hernd gleich 1 : 1,618 zu setzen ist.\n2) Zur experimentalen Aesthetik, S. 16.\n3) Die Unterschiedsempfindlichkeit f\u00fcr absolute Gr\u00f6\u00dfen bez. der variable Fehler wird in Procentzahlen angegeben von:\nFechner (Elemente der Psychophysik, Bd. I. S. 217) lolkmann (Elemente der Psychophysik) erster Versuch\nzweiter Versuch\nM\u00fcnsterberg (Beitr\u00e4ge z. exper. Psych. Bd. II. S. 178) Fischer, Halbirung einer Linie in verticaler u. horizontaler Lage Einstellung einer Linie gleich einer gegebenen Linie ; beide Linien in derselben (Richtung\n\u00bb ergleichung horizontaler mit verticalen Linien und umgekehrt (Arch, f\u00fcr Ophthalm. Bd. XXXVII. Abtheil. I. S. 97)\n\u00abVT=1\u201960X\nl\n88,8\n1\n= 1,13 X\n103,1 = 0,93 * 1,IX\u20142,3 % 0,65 X\n1,37 X\n2,16 X","page":101},{"file":"p0102.txt","language":"de","ocr_de":"102\nLightner Witmer.\nVolkmann1), die bei Sch\u00e4tzung einfacher in ganzen Zahlen aus-gedr\u00fcckter Verh\u00e4ltnisse einen Werth der U.-E. von circa 1,00% ergeben haben.\nVersuche \u00fcber die U.-E. des Augenma\u00dfes, deren Bedingungen mit denen des \u00e4sthetischen Urtheils \u00fcber Formverh\u00e4ltnisse \u00fcherein-stimmen, liegen uns jedoch nicht vor, denn das Erkennen des Q beruht im wesentlichen auf der Sch\u00e4tzung einer gegebenen Gr\u00f6\u00dfe als Mittelglied zwischen einer zweiten gegebenen Gr\u00f6\u00dfe und der Summe dieser beiden und es ist nicht unwahrscheinlich, dass die Unterschiedsschwelle in diesem Falle betr\u00e4chtlich gr\u00f6\u00dfer ist als bei dei Sch\u00e4tzung eines Verh\u00e4ltnisses zwischen zwei Gr\u00f6\u00dfen, wo die Ben\u00fctzung eines gemeinsamen Ma\u00dfes erm\u00f6glicht ist. Ein Beweis der Beeinflussung der Unterschiedsempfindlichkeit durch eine geringe Aenderung der Versuchsbedingungen findet sich in den neuen Untersuchungen von Fischer, wonach sich bei Halbirung einer Linie seitens der Versuchsperson ein variabler Fehler von 0,65 %, bei Einstellung einer H\u00e4lfte gleich der gegebenen anderen H\u00e4lfte jedoch ein Fehler von 1,3_^ ergab.\nWeiter kann man eine noch bedeutendere Abschw\u00e4chung der U.-E. erwarten, da bei der \u00e4sthetischen Wahl die Aufmerksamkeit von der Gr\u00f6\u00dfensch\u00e4tzung der Theile einer Figur auf das Gef\u00fchl abgelenkt wird, von dem die Vorstellung der Gesammt-Figur im Bewusstsein begleitet ist. Nach Versuchen mit einer Reihe kleiner und gro\u00dfer Rechtecke glaube ich, dass in der Gegend des goldenen Schnitts die Unterschiedsschwelle bis gegen \"i>% betr\u00e4gt, wenn die Aufmerksamkeit v\u00f6llig auf das \u00e4sthetische Gef\u00fchl gerichtet ist.\nDie Abweichung des Minor des Verh\u00e4ltnisses 3 : 5 von dem Minor des Q betr\u00e4gt 0,09 oder ?,% seiner Gr\u00f6\u00dfe, die seines Major\n1) Ueber das Verm\u00f6gen, Gr\u00f6\u00dfenverh\u00e4ltnisse zu sch\u00e4tzen. Ber. d. li. S. Gesellschaft d. Wiss. Sitzung v. 7. Aug. 1858:\nL\u00e4nge der Strecke\nTheilung u. Verh\u00e4ltniss\nU.-E.\n100 cm\t3/10 = 3:7\t1/33 = 3,03 X\n\t4/10 = 2:3\t1/62 = 1,61 X\n\t5/10 = 1:1\t1/179 = 0,55 X\n120 cm\t1/2 = 1 : 1\t1/166 = 0,60 X\n\t1/3 = 1 : 2\t1/63 = 1,58 X\nHierbei ziehe ich nur\tdie dem \u00a9 am\tn\u00e4chsten liegenden Verh\u00e4ltnisse\nund 1\t2 in Betracht.\n2 : 3","page":102},{"file":"p0103.txt","language":"de","ocr_de":"Zur experimentellen Aesthetik einfacher r\u00e4umlicher Formverh\u00e4ltnisse.\t103\nvon dem Major des Q 0,146 oder 2,9^\u2019 seiner Gr\u00f6\u00dfe; wir werden daher 3:5 als einen f\u00fcr die Praxis verwendbaren approximativen goldenen Schnitt ansehen, d. h. wir nehmen an, dass die Abweichung dieses Verh\u00e4ltnisses 3 : 5 die Schwelle der Gr\u00f6\u00dfen-Unterschieds-empfindlichkeit f\u00fcr Gr\u00f6\u00dfenverh\u00e4ltnisse des \u00e4sthetischen Urtheils nicht erreicht. 3 : 5 wird ebenso leicht als ein Q aufgefasst, als Verh\u00e4ltnisse, welche dem Q n\u00e4her kommen. Letzterer selbst (1:1,618) liegt zwischen 2/3 (= 1:1,500) und 3/5 (= 1,667).\t3/\u00e4\nbildet demnach in der Richtung nach y2 hin ungef\u00e4hr; die Grenze f\u00fcr s\u00e4mmtliche vom Q untermerklich abweichenden Verh\u00e4ltnisse.\nIn der entgegengesetzten Richtung nach 1 : 1 hin bestimmt sich unter Annahme einer nach beiden Seiten gleichen, untermerklichen Abweichung die Grenze als 1:1,570. Alle zwischen 1:1,667 und 1 : 1,570 liegenden Verh\u00e4ltnisse sind also hinsichtlich des \u00e4sthetischen Urtheils gleichbedeutend mit dem Q1).\nDie Bestimmung dieser Grenzen ist nicht nur f\u00fcr die Anwendung dieses Verh\u00e4ltnisses in ganzen Zahlen zum Zweck experimenteller Untersuchung wichtig, sondern auch f\u00fcr die Auffindung des goldenen Schnitts in Natur und Kunst. Zuf\u00e4llige Abweichungen werden sich durch zahlreiche Versuche compensiren, w\u00e4hrend wir einseitige charakteristische Abweichungen, wie sie von Z e i s i n g angenommen wurden, ihrer Gr\u00f6\u00dfe nach nur durch obige Grenzbestimmungen controliren k\u00f6nnen. Denn aus der Irrationalit\u00e4t des \u00a9 folgerte Z ei sing eine f\u00fcr die Praxis principielle Nothwendigkeit der Abweichung von jenem Verh\u00e4ltniss, und er machte von diesem Principe bei allen Formverh\u00e4ltnissen den ausgibigsten Gebrauch. Nicht nur, dass er vielfach 2:3 als goldenen Schnitt ansah und dass er denselben in Verdoppelung, Verdreifachung, Halbirung, Quadrat und Cubus2) in der Natur vertreten fand, vielmehr galt\n1)\tDie Abweichung zweier Verh\u00e4ltnisse ist nicht eine arithmetische, sondern eine geometrische, welche durch das Verh\u00e4ltniss der beiden Verh\u00e4ltnisse auszudr\u00fccken ist.\n2)\tF. W. Hagen (Die mathem. Gestalt des Kopf- und Gehimbaues. Natur,\n1856. No. 21), welcher den \u00a9 in noch h\u00f6heren Potenzen als dem Cubus fand, veranlasst Zeisin g zu einer momentanen Unterbrechung seiner aprioristischen Darlegung durch die Erkl\u00e4rung, dass Hagen\u2019s Ansicht doch vielleicht als willk\u00fcrlich erscheinen k\u00f6nnte; jedoch m\u00fcsse jedes Bedenken wegfallen, wenn man","page":103},{"file":"p0104.txt","language":"de","ocr_de":"104\nLightner Witmer.\nihm jedes m\u00f6gliche Verh\u00e4ltniss, insofern es immer in einer goldenen Schnittreihe zu finden sei, nur als eine geringere oder gr\u00f6\u00dfere Abweichung vom \u00a9. So ergibt sich nach Zeising ein die ganze Welt der Natur und Kunst durchdringendes morphologisches Gesetz, das wiederzufinden ist in dem Planetensystem, in der Gestaltung der Erdoberfl\u00e4che, in den Formen der Krystalle und der Mischung chemischer Substanzen, in dem Bau der Pflanzen und Thiere, in der menschlichen Gestalt, in der Akustik, Musik, Architectur und den verwandten K\u00fcnsten, in der Poesie, Sprache und Ethik. Mit diesem allgemeinen Weltbauprincip entfernt sich Zeising weit von seinem aus der Idee des Sch\u00f6nen hergeleiteten \u00e4sthetischen Proportionsgesetze ; der Zusammenhang mit demselben beruht aber nach seiner Meinung auf dem der ganzen Natur eigenen Streben nach m\u00f6glichst vollkommener Verwirklichung jenes Verh\u00e4ltnisses. Daher finde sich dieses Princip am reinsten beim menschlichen K\u00f6rper, der h\u00f6chsten Sch\u00f6pfung der Natur, und bei den Gegenst\u00e4nden der bildenden Kunst, deren Sch\u00f6nheit in einer Nachahmung der Natur bestehe. So bem\u00fcht sich Zeising mit gr\u00f6\u00dfter Ausf\u00fchrlichkeit das Vorhandensein jenes Verh\u00e4ltnisses durch Messungen haupts\u00e4chlich am menschlichen K\u00f6rper und an den Werken der Architectur aufzuzeigen. Dieser Versuch auf dem eigentlich \u00e4sthetischen Gebiete ist ihm jedoch nur in sehr geringem Grade gelungen, weil er mit zu gro\u00dfer Willk\u00fcr fast alle vorkommenden Verh\u00e4ltnisse als goldene Schnitte ansah, und weil er ferner seine Messungen an viel zu com-plicirten Gegenst\u00e4nden ausf\u00fchrte.\nDie Complicirtheit der Objecte bedingt f\u00fcr die \u00e4sthetische Untersuchung zwei Fehlerquellen: einmal die Abh\u00e4ngigkeit ihrer Sch\u00f6nheit von associativen Factoren und sodann die Willk\u00fcr in der Wahl der Angriffspunkte zum Zwecke der Messung.\nAn einem und demselben Geb\u00e4ude z. B. findet H ei gelin * 1j das Verh\u00e4ltniss 1 : 2 zwischen H\u00f6he und Breite, Zeising2) den\nerw\u00e4ge, dass s\u00e4mmtliche h\u00f6here Potenzen doch stets Glieder der diesen Verh\u00e4ltnissen (n\u00e4mlich dem goldenen Schnitt) entsprechenden Reihe seien. Zeising, Das Verh\u00e4ltniss der ehern, und morphol. Proportionen. 1856. S. 31.\n1)\tLehrbuch der h\u00f6heren Baukunst. Bd. IL S. 41.\n2)\tNeue Lehre von den Proportionen. S. 394. Die Proportionen des Parthenon nach den Penr o s e\u2019schen Messungen. Deutsches Kunstblatt 1857. Jahrgang VIII. No. 48\u201451.","page":104},{"file":"p0105.txt","language":"de","ocr_de":"Zur experimentellen Aesthetik einfacher r\u00e4umlicher Formverh\u00e4ltnisse.\t105\ngoldenen Schnitt. Erheblich steigert sich diese Schwierigkeit hei Messung der menschlichen Gestalt, wo die Wahl der Ausgangspunkte v\u00f6llig der Willk\u00fcr \u00fcberlassen bleibt. Alle Versuche, allgemeine Gesetze der wohlgef\u00e4lligen Proportionen von dem Bau des menschlichen K\u00f6rpers herzuleiten, m\u00fcssen misslingen, weil sie die Sch\u00f6nheit der Formen desselben schon zur Voraussetzung haben. Es k\u00f6nnte ja sein, dass der menschliche K\u00f6rper seiner Form nach h\u00e4sslich und nur associativ sch\u00f6n w\u00e4re : keine formelle Analyse verm\u00f6chte uns dann den \u00e4sthetischen Werth seiner Formverh\u00e4ltnisse darzuthun.\nDer Werth von Zeising\u2019s \u00e4sthetischen Forschungen liegt haupts\u00e4chlich in dem philosophischen Theile derselben und beruht einerseits auf der Auswahl zweier bestimmter Formverh\u00e4ltnisse, n\u00e4mlich der Gleichheit und der Proportionalit\u00e4t, denen er vor allen andern eine \u00e4sthetische Bedeutung zuschriet) ; anderseits auf der Betonung der Grundverschiedenheit dieser beiden Verh\u00e4ltnisse und endlich auf der Entdeckung, dass in einigen F\u00e4llen die wohlgef\u00e4lligste Proportionalit\u00e4t durch die mathematische Formel des \u00a9 auszudr\u00fccken sei.\nII. Fechner\u2019s Begr\u00fcndung der experimentellen Aesthetik,\nFechner hat als der Erste den richtigen Weg einer exacten Bestimmung einfacher, wohlgef\u00e4lligerFormverh\u00e4ltnisse eingeschlagen. Durch die Uebertreibung des Princips des goldenen Schnitts veranlasst1), unternahm er eine ausf\u00fchrliche experimentelle Untersuchung der Bedeutung desselben f\u00fcr die Aesthetik. Nach Messungen an der Sixtini\u2019schen und anderen Rafaelischen Madonnen2) fand er die /ei si n g\u2019sehe Annahme nicht best\u00e4tigt; au\u00dferdem ergab sich aus diesen Versuchen die Nothwendigkeit der Beschr\u00e4nkung solcher Untersuchungen auf m\u00f6glichst einfache Gegenst\u00e4nde. Hierauf und auf der Ausbildung experimenteller Methoden beruht der Erfolg von Fechner\u2019s \u00e4sthetischen Forschungen.\nDie wichtigste seiner experimentellen Untersuchungen und\n1)\tVorschule der Aesthetik. Vorwort. S.V.\n2)\tArchiv f\u00fcr zeichnende K\u00fcnste. XI. 1865. S. 100.","page":105},{"file":"p0106.txt","language":"de","ocr_de":"106\nLightner Witmer.\nzugleich die einzige, die Fechner in abgeschlossener Form heraus-gah, ist der Versuch1) mit zehn aus wei\u00dfem Carton geschnittenen Rechtecken, deren Seiten bei constantem Inhalt in folgenden einfachen Verh\u00e4ltnissen zu einander standen:\n1:1, 6:5, 5:4, 4:3, 29 : 20, 3:2, 34 : 21, 23 : 13, 2:1, 5 : 2.\nDiese Rechtecke wurden auf schwarzem Untergrund in wechselnder Lage 228 m\u00e4nnlichen und 119 weiblichen Individuen vorgelegt, von s\u00e4mmtlichen Versuchspersonen ein Vorzugsurtheil verlangt, d. h. die Auswahl des der betreffenden Person am wohlgef\u00e4lligsten erscheinenden Rechtecks, von der Mehrzahl auch ein Verwerfungsurtheil, d. h. die Auswahl des missf\u00e4lligsten Rechtecks. Das Urtheil sollte sich ausschlie\u00dflich nach dem Eindruck der Figur richten, unter m\u00f6glichster Abstraction von allen Verwendungsassociationen. Konnte eine Person zwischen dem \u00e4sthetischen Werthe zweier oder dreier Verh\u00e4ltnisse nicht unterscheiden, so galt Fechner das Urtheil (1) f\u00fcr jedes einzelne dieser Verh\u00e4ltnisse als xj2 beziehungsweise\nIn einer aus den Resultaten dieser Versuche hergestellten Tabelle ergab sich das Verh\u00e4ltniss 34 : 21 oder der 0 als das wohlgef\u00e4lligste mit 35,16# der Gesammtzahl aller Vorzugsurtheile. Diesem Verh\u00e4ltnisse stehen dem Grade der Wohlgef\u00e4lligkeit nach am n\u00e4chsten 3 : 2 mit einer Procentzahl von 19,77 und 23 : 13 mit 19,31#. Der 0 und die n\u00e4chstliegenden Verh\u00e4ltnisse vereinigen sonach in sich 74,24#, also ungef\u00e4hr 3/i aller Vorzugsurtheile.\nDas Quadrat (1: 1) dagegen mit den angrenzenden Rechtecken und dem nach der andern Richtung hin am weitesten entfernten Rechteck (5 : 2) erhielt die geringste Procentzahl der Urtheile. Die Procentzahlen der Verwerfungsurtheile best\u00e4tigen in ihrem umgekehrten Gange das gewonnene Resultat. Nur das Quadrat scheint nach der Zahl seiner Verwerfungsurtheile einen geringeren Grad der Wohlgef\u00e4lligkeit zu besitzen als nach der Zahl seiner Vorzugsurtheile; denn nach der Tabelle der Vorzugsurtheile geht das Quadrat den n\u00e4chstliegenden Figuren voran, nach der Tabelle der Verwerfungsurtheile dagegen ist es im Vergleich mit den angrenzenden Rechtecken das missf\u00e4lligste. Fechner meinte, letzteres Resultat\n1) Vorschule der Aesthetik. S. 184\u2014202.","page":106},{"file":"p0107.txt","language":"de","ocr_de":"Zur experimentellen Aesthotik einfacher r\u00e4umlicher Formverh\u00e4ltnisse.\n107\nsei das ma\u00dfgebendere, denn die Bevorzugung des Quadrats r\u00fchre von dem Vorurtheile her, es m\u00fcsse das wohlgef\u00e4lligste sein, weil es am regelm\u00e4\u00dfigsten sei.\nBei diesem, wie bei allen \u00e4hnlichen Versuchen, \u00fcbersah Fechner jedoch den Einfluss der optischen T\u00e4uschung; ein objectiv exactes Quadrat wurde wahrscheinlich in der Mehrzahl der F\u00e4lle als ein vom richtigen Quadrat abweichendes Rechteck (\u00bbein verungl\u00fccktes Quadrat\u00ab) aufgefasst. In den \u00fcbrigen F\u00e4llen, wo das Rechteck 1:1 doch als Quadrat angesehen wurde, hat gewiss nur ein Theil der Versuchspersonen das Quadrat einem in der N\u00e4he des goldenen Schnitts liegenden Rechtecke vorgezogen; von denjenigen Personen, die in dem Rechteck 1 : 1 ein abweichendes Quadrat erkannten, haben wahrscheinlich alle dasselbe verworfen. Wie Fechner selbst bemerkte, geh\u00f6ren die vom Quadrat wenig abweichenden Figuren zu den missf\u00e4lligsten, welche \u00fcberhaupt Vorkommen k\u00f6nnen. Sonach k\u00f6nnen Fechner\u2019s Resultate f\u00fcr den Grad der Wohlgef\u00e4lligkeit des Quadrats oder des Verh\u00e4ltnisses 1 : 1 nicht gelten, vielmehr ist derselbe in Wirklichkeit wahrscheinlich viel gr\u00f6\u00dfer.\nDie Resultate seiner Untersuchungen veranlassten Fechner, zwischen Abtlieilungs- und Dimensionsverh\u00e4ltnissen zu unterscheiden. Unter allen Dimensionsverh\u00e4ltnissen, d. h. den Verh\u00e4ltnissen der Seiten einer Figur zu einander, sind der goldene Schnitt und die ihm n\u00e4chstliegenden Proportionen die wohlgef\u00e4lligsten. Das Quadrat hingegen mit den n\u00e4chstliegenden Figuren einerseits und den weit vom goldenen Schnitt abweichenden Verh\u00e4ltnissen anderseits geh\u00f6ren zu den missf\u00e4lligsten.\nUnter Abtheilungsverh\u00e4ltnissen ist nicht der goldene Schnitt, sondern 1:1 bei horizontaler Lage der Theile und ungef\u00e4hr 1 : 2 bei verticaler Lage bevorzugt. Mit andern Worten, wenn die beiden proportionalen Gr\u00f6\u00dfen einen rechten Winkel mit einander bilden, kommt der goldene Schnitt zur \u00e4sthetischen Geltung; liegen sie hingegen in einer geraden Linie, so wird bei horizontaler Lage die Gleichheit oder Symmetrie, bei verticaler das Verh\u00e4ltniss 1 : 2 vorgezogen. Andere einfache rationale Verh\u00e4ltnisse, welche den SchwillgungsVerh\u00e4ltnissen musikalischer Consonanzen entsprechen, Anden den Dissonanzen gegen\u00fcber keine Bevorzugung1).\n1) Vorschule der Aesthetik. S. 191.","page":107},{"file":"p0108.txt","language":"de","ocr_de":"108\nLightner Witmer.\nDurch Messungen an den verschiedensten einfachen rechteckigen Gegenst\u00e4nden f\u00fchrte Fechner seine Untersuchungen nach einer anderen Methode aus: an dem Format von B\u00fcchereinh\u00e4nden, Druckseiten, Visitenkarten, Schreib- und Briefpapier, Wunschkarten u. s. w. Durch die gro\u00dfe Zahl seiner Messungen und die Beschr\u00e4nkung derselben auf m\u00f6glichst einfache Gegenst\u00e4nde vermochte Fechner alle zuf\u00e4lligen und associativen Mitbestimmungen auszuschlie\u00dfen und zu einem sicheren Mittelwerth der gefundenen Formverh\u00e4ltnisse zu gelangen. Das Resultat dieser Untersuchungen stimmte mit dem des experimentellen Versuches \u00fcberein, insofern der Mittelwerth aller gemessenen Verh\u00e4ltnisse dem 0 sich n\u00e4herte : eine genauere Angabe der Ergebnisse behielt sich Fechner indess bis zur Herausgabe des II. Theiles seiner Abhandlungen zur experimentalen Aesthetik vor.\nWeitere experimentelle Untersuchungen hat Fechner unter ver\u00e4nderten Bedingungen \u00fcber die \u00e4sthetischen Proportionen des Kreuzes gemacht, indem die Versuchsperson das wohlgef\u00e4lligste Kreuz selbst herzustellen hatte. Der L\u00e4ngsbalken desselben war auf eine Tafel geklebt, auf welchem die Versuchsperson einen gegebenen Querbalken auf- und abschieben musste, bis die wohlgef\u00e4lligste H\u00f6henstellung gefunden war ; oder es musste aus mehreren St\u00fccken verschiedener Kreuze der wohlgef\u00e4lligste Querbalken f\u00fcr eine vorgeschriebene Stellung ermittelt worden. Hieraus ergab sich weder f\u00fcr die H\u00f6henstellung, d. h. das Verh\u00e4ltniss der Theile des L\u00e4ngsbalkens, noch f\u00fcr das Verh\u00e4ltniss der beiden Balken zu einander eine Bevorzugung des goldenen Schnitts. Je l\u00e4nger der Querbalken war, um so tiefer wurde er eingestellt, um den wohlgef\u00e4lligsten Eindruck zu erwecken. Mit R\u00fccksicht auf diese Abh\u00e4ngigkeit erhielt Fechner folgende Verh\u00e4ltnisse als die des wohlgef\u00e4lligsten Kreuzes \u00fcberhaupt :\nunterer Theil zum oberen Theil wie 1 : 2, Verh\u00e4ltniss des Querbalkens zum L\u00e4ngsbalken wie 5 : 7 oder 5 : 9 ;\n5 : 8 war auch ein wohlgef\u00e4lliges Verh\u00e4ltniss, jedoch nicht das wohlgef\u00e4lligste.\nAus einer Messung vieler Crucifixe, Grab- und Schmuck-Kreuze ergab sich, wie bei der experimentellen Untersuchung, nicht der goldene Schnitt als das h\u00e4ufigste Verh\u00e4ltniss zwischen den","page":108},{"file":"p0109.txt","language":"de","ocr_de":"Zur experimentellen Aestlietik einfacher r\u00e4umlicher Formverh\u00e4ltnisse. 109\nTheilen des L\u00e4ngsbalkens, vielmehr ungef\u00e4hr das Verh\u00e4ltnis 1:2. Interessant war hierbei die Thatsache, dass das Schmuckkreuz sich von der urspr\u00fcnglichen Crucifix-Form durch eine betr\u00e4chtlich tiefet e Stellung seines Querbalkens unterschied. Die Formverh\u00e4ltnisse des Schmuckkreuzes, bei dessen Herstellung der Sch\u00f6nheit jedenfalls in h\u00f6herem Grade Rechnung getragen wird, n\u00e4herten sich dem 0. Dar Grabkreuz nahm in dieser Hinsicht eine mittlere Stellung zwischen Schmuckkreuz und Crucifix ein; diese Form scheint durch eine st\u00e4rkere Association an das Crucifix bedingt zu sein.\nWeitere Versuche mit Ellipsen und mit geraden Linien und dar\u00fcber ruhenden Punkten (i-Versuch) hat Fechner ausgef\u00fchrt, ohne jedoch die betreffenden Resultate ver\u00f6ffentlicht zu haben.\nUm die Wohlgef\u00e4lligkeit des 0 bei relativ complicirten Figuren zu bestimmen, benutzte Fechner die Einschachtelung eines Rechtecks in ein anderes, wobei der goldene Schnitt da, wo er am vollendetsten zur Geltung kam, hinter andern Zusammenstellungen hinsichtlich seiner Sch\u00f6nheit zur\u00fcckstand. Die cons\u00e9quente Durchf\u00fchrung des 0 scheint nach Fechner selbst in einfachen Combi-nationen von Figuren f\u00fcr sich keine Wohlgef\u00e4lligkeit zu begr\u00fcnden1).\nBei der Darlegung der Proportionslehre Zeising\u2019s habe ich es als besonders wichtig hervorgehoben, dass er die Gleichheit und den goldenen Schnitt als die allein wohlgef\u00e4lligen Verh\u00e4ltnisse hinstellt. Die experimentellen Untersuchungen Fechner\u2019s stimmen nicht mit dieser von Zeising auf speculativem Wege gewonnenen Ansicht \u00fcberein; denn obgleich Fechner uns gezeigt hat, dass die verschiedenen einfachen musikalischen Verh\u00e4ltnisse f\u00fcr die Aesthetik r\u00e4umlicher Formen im ganzen keine Bedeutung haben, so lassen sich doch aus den Resultaten seiner Untersuchungen mehrere wohlgef\u00e4llige Verh\u00e4ltnisse aussondern. Fechner\u2019s Ausf\u00fchrungen \u00fcber die Methoden der experimentellen Aesthetik, die ich noch unten eingehender ber\u00fccksichtigen werde, beruhen zwar im ganzen auf der Annahme, dass bei jeder Reihe von Figuren nur ein wohlgef\u00e4lligstes Verh\u00e4ltniss anzutreffen sei, und dass von diesem an in der Reihe der Grad der Wohlgef\u00e4lligkeit stetig\n1} Ueber die Frage des goldenen Schnitts etc. Weigel\u2019s Archiv. 1865. S. 100.","page":109},{"file":"p0110.txt","language":"de","ocr_de":"110\nLightner Wit mer.\nabnehme, aber seine Untersuchungen haben diese Annahme nicht best\u00e4tigt; und dieses riilvrt wohl von der Vernachl\u00e4ssigung der optischen T\u00e4uschung sowie von der hesondern Art seiner Methoden her. Trotzdem bildet seine h\u00f6chst bedeutsame, hier aber noch nicht zu behandelnde Unterscheidung eines directen und eines associativen Factors des \u00e4sthetischen Wohlgefallens und die ausf\u00fchrliche Anwendung experimenteller Methoden und Ma\u00dfbegriffe auf die Untersuchung des directen Factors die Grundlage aller experimentellen Aesthetik.\nIII. Einige noch unver\u00f6ffentlichte Untersuchungen Fechner\u2019s.\nIch bin in der Lage, hier noch einiges aus den von Fechner auf dem Gebiete der Aesthetik Unterlassenen Protokollen und Manuscripten mittheilen zu k\u00f6nnen. Diese werthvollen Schriftst\u00fccke sind mir von Frau Professor Fechner und Herrn Geheimrath Professor Dr. Kuntze in bereitwilligster Weise zur Verf\u00fcgung gestellt worden, und ich m\u00f6chte ihnen an dieser Stelle hierf\u00fcr meinen herzlichsten Dank aussprechen.\nNach einer Durchsicht dieser Protokolle und Manuscripte finde ich, dass Fechner sp\u00e4ter als 1870 keine neuen \u00e4sthetischen Untersuchungen ausgef\u00fchrt hat; alle sind also wenigstens theilweise in seinen bereits erw\u00e4hnten Schriften und Abhandlungen schon besprochen worden und die ^Resultate derselben mit Ausnahme zweier Versuchsreihen ausf\u00fchrlich mitgetheilt. Die eine dieser beiden Versuchsreihen betrifft das wohlgef\u00e4lligste Verh\u00e4ltnis bei Ellipsen, die andere, die sog. i-Versuche, pr\u00fcft das Verh\u00e4ltniss der L\u00e4nge einer Linie zu der H\u00f6he eines Punktes \u00fcber derselben hinsichtlich seines \u00e4sthetischen Werthes. Bei der Ver\u00f6ffentlichung der Abhandlung \u00bbzur experim. Aesthetik\u00ab hielt Fechner diese Versuche zur\u00fcck, um sie vorerst noch weiter auszuf\u00fchren. Sie sind nun zwar, soweit ich es nach den mir vorliegenden Protokollen beurteilen kann, nicht weiter fortgesetzt; trotzdem schien es mir aber doch sehr werthvoll, diese Arbeiten mitzutheilen, zumal sie die verschiedenen Methoden Fechner\u2019s in vortrefflicher Weise illu-striren.","page":110},{"file":"p0111.txt","language":"de","ocr_de":"Zur experimentellen Aesthetik einfacher r\u00e4umlicher Formverhiiltuisse.\n111\nA. Ellipsenversuche.\nZur Bestimmung der wohlgef\u00e4lligen Achsenverh\u00e4ltnisse bei Ellipsen wandte Feclmer zwei Methoden an: die Methode der Wahl und die Methode der Verwendung.\nMethode der Wahl.\nSieben Ellipsen sind auf ein St\u00fcck wei\u00dfen Carton (Seitenlange 112 X 157 mm) gezeichnet. Die Linien sind 0,5 mm dick; die Achsen der sieben Ellipsen haben folgende Gr\u00f6\u00dfen und Verh\u00e4ltnisse :\n\tl\u00e4ngere Achse\tk\u00fcrzere Aclise\tVerh\u00e4ltniss d. Achsen\t\nA\t11,7\t6,2\ti\t: 1,887\nB\t11,2\t6,5\t1 :\t: 1,723\nC\t10,85\t6,7\t1 :\t: 1,619 = \u00a9\nD\t10,4\t7\t1 :\t: 1,485\nE\t10,1\t7,2\t1 :\t: 1,402\nF\t9,65\t7,5\t1 :\t: 1,286\nG\t8,5\t8,5\t1 :\t: 1,000\nDie Ellipsen wurden paarweise mit einander verglichen und zwar A mit B, B mit C, C mit D, D mit E, E mit F, F mit G, und da das wohlgef\u00e4lligste Verh\u00e4ltniss zwischen B und D zu liegen schien, ist auch B mit D verglichen worden. In Bezug auf die Gesammtzahl der Bevorzugungen ergibt sich, wie in Tabelle I zu sehen, als Durchschnittsresultat, dass B )> A, C )> B, C )> I). B^> E, E )> F, F^> G und 1) )> B ist. Das wohlgef\u00e4lligste Verh\u00e4ltniss lag also hei C; es neigte sich aber mehr nach D hin als nach B. C war der goldene Schnitt und D das Verh\u00e4ltniss 2:3.\nIn der Tabelle finden sich die Urtheile der 20 \u00e4lteren und 16 j\u00fcngeren M\u00e4nner, sowie der 20 \u00e4lteren und 20 j\u00fcngeren Frauen, die an den Versuchen Theil nahmen, getrennt angegeben; es stellte sich jedoch f\u00fcr diese 4 Gruppen kein charakteristischer Unterschied heraus. Die Tabelle f\u00fchrt ferner die Resultate f\u00fcr die verschiedenen Lagen der Ellipsen einzeln auf; hierbei bedeutet das Zeichen II ; dass die beiden Ellipsen bei der Vergleichung mit vertical gerichteter Hauptachse nebeneinander, j , dass sie mit vertical gerichteter Hauptachse \u00fcbereinander,----------, dass sie mit horizontal\ngerichteter Hauptachse neben einander lagen. Es tritt hier, wenn a\u2019 ch nicht ganz deutlich, insofern ein Unterschied hervor, als bei","page":111},{"file":"p0112.txt","language":"de","ocr_de":"112\nLightner Witmer,\nverticaler Richtung der Hauptachse D C, bei horizontaler dagegen C^> D gesch\u00e4tzt wurde, d. h. im ersteren Falle w\u00e4hlten die Versuchspersonen eine dickere Ellipse, die also dem Verh\u00e4ltniss 2 : -n\u00e4her lag, als hei letzterer Lage.\nTabelle I.\nSieben Ellipsen. \u2014 Resultate der Versuchsurtheile durch paarweise Vergleichung. Zahl der Versuchspersonen: \u00e4ltere M\u00e4nner 20; j\u00fcngere M\u00e4nner 16; \u00e4ltere Frauen 20 ; j\u00fcngere Frauen 20.\nClasse der Versuchspersonen\tLage\tA mit B\t\t\tB mit C\t\t\tC mit D\t\t\tDmitE\t\t\tE mit F\t\t\tF mit G\t\t\tB mit I)\t\t\n\t\tA\tB\tII\tB\tc\t\u00ab5 II \u00ab3\tC\tD\tc* II o> 11\tJ)\tE\t11\tE\tF\t1!\tF\tG\t03 11\tB\t1)\tIS f\u00f4}\nAeltere M\u00e4nner\t\"\t1\t19\t0\t1\t19\t0\t7\t13\t0 I\t15\t14\t1\t16\t3\t1\t13\t14\t3 j\t2 :\t15\t3\nJ \u00fcngereManner\tii\t7\t7\t2\t5\t9 ;\t2\t6\t9\t1\t12\t2\t2\t11\t5\t0\t9\t6\ti !\t7\t9\t\t0\nAeltere Frauen\tII\t4\t15\t1\t7\t9\t4\t12\t8\t0\t19\t1\t0\t17\t3\t0\t6\t12\t2\t8\t12\t0\nJ\u00fcngere Frauen\t11 1\t6\t14\t0\t5\t15\t0\t11\t9\t0\t16\t3\t1\t16\t3\t1\t12\t7\t1\t3\t15\t\t2\nAlle\tIl 1\t18\t55\t3\t18\t52\t6\t36\t39\t*!\t62\t20\t4\t60\t14\t2\t40\t39\t7\t26 |\t51\t5\nAeltere M\u00e4nner\ti\t2\t15\t3\t3\t16\t1\t7\t12\t1\t13\t4\t3\t15\t4\t1 I\t10\t5\t5\t2\t18\t0\nJ\u00fcngere M\u00e4nner\ti\t3\t12\t1\t3\tn\t2\t7\t8\t1\t7\t8\t1\t10\t4\t2\t10\t6\t0\t5\t10\t1\nAeltere Frauen\tt\t2\t18\t0\t9\t11\t0\t11\t8\t1\t17\t3\t0\t17\t3\t0\t10\t10\t0\t4\t14\t2\nJ\u00fcngere Frauen\tl\t4\t16\t0\t10\t10\t0\t8\t12\t0 1\t14\t4\t2\t13\t7\to 1\t15\t5\t0\t5\t15\t0\nAlle\tI I\t11\t61\t4\t25\t48\t3\t33\t40\t3 I\t51\t19\t6\t55\tts\t3\t45\t26 1 5\t\t16\t57\t3\nVertical\t(!\u00ab\u2022!\t29\t116\t7\t43\t100\t9\t69\t79\t4 !\t113\t39\t10\t115\t32\t5\t85\t65\t12\t36\t10S\t8\nAeltere M\u00e4nner\t=\t4\t15\t1\t1 3\t16\t1\t9\t10\t1\t15\t4\t1\t19\t0\t1\t13\t4\t3\tLi\t11\t1\nJ\u00fcngere M\u00e4nner\t=\t4\t12\t0\t6\t7\t3\t8\t6\t2\t10\t2\t4\t12\t4\t0\t8\t6\t2\tu\t9\t0\nAeltere Frauen\t\u2014\t5\t15\t0\t12\t8\t0\t15\t3\t2\t18\t2\t0\t14\t5\t1\t7\t10\t3\tLa\t13\t1\nJ\u00fcngere Frauen\t=\t5\t14\t1\t1 6\t14\t0\t9\t9\t2\t16\t4\t0\t17\t2\t1\t11\t9\t0\t13\t11\t1\nAlle\t=\t18\t56\t2\t! 27\t45\t4\t41\t28\t7\t59\t12\t5\t62\t11\t3\t39\t29\t8\tI 29\t44\t3\nAeltere M\u00e4nner\t\u2014\t2\t17\t1\t1 5\t14\t1\t9\t9\t2\t18\t1\t! 1\t16\t2\t2\t11\t7\t2\t4\t13\t3\nJ\u00fcngere M\u00e4nner\t\u2014\t6\t8\t2\t9\t7\t0\t8\t6\t2\t9\t6\t1 1\t11\t3\t2\t7\t7\t2\t8\t7\t1\nAeltere Frauen\t\u2014\t7\t12\t1\t6\t14\t0\t13\t7\t0\t19\t1\t0\t18\t1\t1\trr\t12\t0\t9\t11\t0\nJ\u00fcngere Frauen\t\u2014\t3\t15\t2\t1 5\t15\t0\t10\t10\t0\t12\t7\t1\t14\t4\t2\t13\t7\t0\t6\t14\t0\nAlle\t\u2014\t18\t52\t6\t125\t50\t1\t40\t32\t4\t58\t15\t3\t59\t10\t7\tj 39\t33\t4\t27\t45\ti\nHorizontal | =\t-U.\u2014\t36\t108\t8\ti 62\t95\t5\t; 81\t60\t11\t117\t27\t8\t121\t21\t10\t78\t62\t12\t56\t89\t7\nAeltere Manner\talle\t9\t66\t5\t12\t65\t3\t32\t44\t4\t61\t23\t6\t66\t9\t5\t47\t30\t13\t16\t57\t\t\nJ\u00fcngere M\u00e4nner\talle\t20\t39\t5\t23\t34\t7\t29\t29\t6\t38\t18\t8\t44\t16\t4\t34\t25\t5\t27\t35\t2\nAeltere Frauen\talle\t18\t60\t2\t34\t42\t4\t61\t26\t3\t73\t7\t0\t66\t12\t2\t31\t44\t5\t27\t50\t3\nJ\u00fcngere Frauen\talle\t18\t59\t3\t1 26\t54\t0\t38\t40\t2\t58\t18\t4\t60\t16\t4\t51\t28\t1\t22\t55\t\nGesamratresnltat\t\t| 65\t\u2022224\t15\t1 95\t[ 105\t14\tIl50\t139\t15\t230\t66\t18\t'236\t53\t15\t'163\t127\t24\t92\t197\t","page":112},{"file":"p0113.txt","language":"de","ocr_de":"Zur experimentellen Aesthetik einfacher r\u00e4umlicher Formverh\u00e4ltnisse.\t113\nEine zweite Versuchsreihe wurde mit 9 Ellipsen ausgef\u00fchrt, lie der schon besprochenen Reihe von 7 Rechtecken soweit correspondit, als \u00fcberhaupt von einer Uebertragung der Rechteckverh\u00e4ltnisse auf Ellipsen die Rede sein kann. Zwei Reihen von Ellipsen waren respective aus wei\u00dfem und schwarzem Carton ausgeschnitten mit der Hauptachse von constanter L\u00e4nge ; bei einer dritten Reihe aus wei\u00dfem Carton blieb dagegen die kleinere Achse unver\u00e4ndert. Die Gr\u00f6\u00dfe der Achsen, ihre genauen Verh\u00e4ltnisse, sowie die approximativen Werthe dieser Proportionen in einfacheren Zahlen waren folgende:\nGesuchte Verh\u00e4ltnisse\nWirkliche Verh\u00e4ltnisse\nEllipsen mit constantem Minor\nEllipsen mit constantem Major\n1/1 = 1,000\t60 x 60\t= 1,000\t96 x 96\t= 1,000\n6/5 = 1,200\t60,2 x 72,6\t= 1,206\t94,1 x 79,7 = 1,181\n5/4 = 1,25\t60 x 75,5\t= 1,258\t95,3 x 77,3 = 1,233\n4/3 = 1,333\t61 x 81\t= 1,328\t94,8 X 72,1 = 1,315\n3/2 = 1,5\t60 x 89,4\t= 1,490\t95,7 x 64\t= 1,495\nO = 1,618\t59,8 x 96,5\t= 1,613\t95,4 x 59,5 = 1,602\n7/4 = 1,75\t59 x 103,9\t= 1,761\t95 x 54,9 = 1,730\n2/1 = 2,00\t60,6 x 119,8\t= 1,945\t96 x 48\t= 2,000\n5/2 = 2,5\t60,8 x 149,4\t= 2,457\t95 x 37,9 = 2,507\nTabelle II\tzeigt das Resultat aus\t\tden Vorzugsurtheilen '\n73 m\u00e4nnlichen und 59 weiblichen Personen bei beliebiger Achsenrichtung, sowie die Vorzugsstimmen, die bei horizontaler Richtung \u25a01er Hauptachse von 48 m\u00e4nnlichen und 40 weiblichen und hei verticaler Richtung von 45 m\u00e4nnlichen und 40 weiblichen Versuchspersonen abgegeben wurden. Wie man sieht, ist f\u00fcr M\u00e4nner wie Frauen das wohlgef\u00e4lligste Verh\u00e4ltniss 2 : 3 und zwar hat diese Proportion 42,4% aller Bevorzugungen; ihr zun\u00e4chst folgt das Verh\u00e4ltniss des goldenen Schnittes mit der viel kleineren Procentzahl 16.7.\nWundt, Philos. Studien. IX.\n8","page":113},{"file":"p0114.txt","language":"de","ocr_de":"114\nLightner Witmer.'\nTabelle II.\nNeun Ellipsen. V = Seitenverh\u00e4ltniss (ann\u00e4hernd). Zahl der Bevorzugungen in unregelm\u00e4\u00dfiger, in verticaler und in horizontaler Lage, f\u00fcr M\u00e4nner und Frauen getrennt. Z \u2014 Gesammtzahl der\nV orzugsurtheile.\nV\tM\u00e4nner\t\t\t\t(Frauen\t\t\t\tz\tProcent\n\tunregel- m\u00e4\u00dfig\tvertical\thori- zontal\tGes.- Zahl\tunregel- m\u00e4\u00dfig\tvertical\thori- zontal\tGes.- Zahl\t\t\n1/1\t3\tl\t2\t6\t0\ti\t0\tl\t7\t1,2\n6/5\t0\ti\t0\t1\t1\t0\t0\tl\t2\t0,6\n5/4\t7\t3\t4,5\t14,5\t2\t5\t4\th\t25,5\t8,3\n4/3\t11\t12\t6,5\t29,5\t6,5\t4\t5\t15,5\t45,0\t14,7\n3/2\t34\t18,5\t18,5\t71,0\t25\t15\t18,5\t58,5\t129,5\t42,4\nO\t11,5\t8,5\t7\t27\t11,5\t7\t5,5\t24,0\t51\t16,7\n7/4\t6,5\t4\t6,5\t17\t12\t7\t4\t23,0\t40\t13,1\n2/1\t0\t0\t0\t0\t1\t1\t3\t5,0\t5\t1,6\n5/2\t0\t0\t0\t0\t0\t0\t0\t0\t0\t0\nSumma\t73\t48\t45\t\t59\t40\t40\t\t305\t1\t\nMethode der Verwendung.\nAuf Gratulationskarten und eleganten Briefbogen findet man \u00f6fters den Gl\u00fcckwunsch von einer Ellipse umkr\u00e4nzt. Auch kleine Verzierungsbilder zeigen manchmal elliptische Formen und h\u00e4ufig sind sie noch von einem gleichm\u00e4\u00dfig dicken Verzierungsring umgeben. Fechner hat 112 solcher Ellipsen gemessen; von diesen waren 84 mit und 22 ohne Verzierungsring und bei 6 hat Fechner nicht notirt, ob ein solcher vorhanden war. Die ohne Verzierungsring nannte er \u00bbnackte\u00ab Ellipsen; war jedoch ein solcher vorhanden, so unterschied er Kern- und Umrissellipsen. Als Resultat dieser Messungen ergibt sich ein Verh\u00e4ltniss, das mit dem goldenen Schnitt im ganzen \u00fcbereinstimmt; nur die Umrissellipsen sind etwas dicker als die Kernellipsen und weichen ebenso wie die 6 unbestimmten Ellipsen nach dem Verh\u00e4ltniss 2 : 3 hin ab.","page":114},{"file":"p0115.txt","language":"de","ocr_de":"Zur experimentellen Aesthetik einfacher r\u00e4umlicher Formverh\u00e4ltnisse.\n115\nWohlgef\u00e4lligstes Achsenverh\u00e4ltniss\nder 22 nackten Ellipsen\t1 :\t: 1,632\n\u00bb 84 Ellipsen mit Ring\t\t\na) Kernellipse\t1 ;\t: 1,627\nb) Umrissellipse\t1 :\t: 1,531\n\u00bb\t6 unbestimmten Ellipsen\t1 :\t: 1,565\nIn den Umrissellipsen war das Verh\u00e4ltniss der Liniendicke zur kleinen Achse 1 : 5,909, zur l\u00e4ngeren Achse 1 : 9,616.\nB. \u00ab'-Versuche.\nMethode der Wahl.\nAuf einer wei\u00dfen Tafel (I) waren 12 Linien gezeichnet; die Dicke derselben betrug 0,5 mm und sie standen je 20 mm auseinander. Jede Linie hatte eine L\u00e4nge von 32 mm und \u00fcber derselben befand sich ein Punkt von 1 mm Durchmesser in folgenden verschiedenen H\u00f6hen :\na\t5,5 mm\td\t10,5 mm\tg\t19,8 mm\tk\t37,5\tmm\nb\t6,8 \u00bb\te\t12,9\t\u00bb\th\t24,5\t\u00bb\tl\t46,4\t\u00bb\n\u00ab\t8>5\t\u201d\t/\t16,0\t\u00bb\ti\t30,3\t..\tm\t57,4\t\u00bb\nEine zweite wei\u00dfe Tafel (II) enthielt eine \u00e4hnliche Reihe: die L\u00e4nge der Linien war hier ebenfalls constant, doch war dieselbe ebenso wie die H\u00f6he des Punktes \u00fcber der Linie zweimal so gro\u00df, wie bei den entsprechenden Figuren der ersten Tafel ; die Dicke der Linien sowie der Durchmesser des Punktes war hingegen hier geringer. Das Resultat aus den Urtheilen der 41 m\u00e4nnlichen und 28 weiblichen Versuchspersonen weicht stark von dem Verh\u00e4ltniss des goldenen Schnitts ab. (Siehe Tabelle III.) Als das wohlgef\u00e4lligste wurde n\u00e4mlich Fig. f mit einem Verh\u00e4ltniss der Linie zur Punkth\u00f6he von 16 : 32 (1 : 2) bestimmt; das n\u00e4chstfolgende war Fig. e mit dem Verh\u00e4ltniss 12,9 : 32 (1 : 2,48).\nDiese gro\u00dfen Abweichungen vom goldenen Schnitt lassen sich nicht auf den Einfluss optischer T\u00e4uschungen zur\u00fcckf\u00fchren, wie dieses bei den Versuchen mit Kreuzen m\u00f6glich war; denn meine weiter unten mitgetheilten Untersuchungen (siehe Reihe 7) zeigen,\n8*","page":115},{"file":"p0116.txt","language":"de","ocr_de":"116\nLightner Witmer.\ndass die Uebersch\u00e4tzung des obern Theiles einer Linie durch die entgegenwirkende Untersch\u00e4tzung einer leeren Strecke neben einer ausgef\u00fcllten fast compensirt wird.\nTabelle III.\nResultate der \u00ab-Versuche Tafel I u. II. Z \u2014 Gesammtzahl der Vorzugsurtheile. 41 M\u00e4nner, 28 Frauen.\nFigur No.\tM\u00e4nner\t\t\tFrauen\t\t\tz\tProcent \u00df\n\tI\tII\tSu mme I u. II\tI\tII\tSumme 1 u. II\t\t\na\t0\t0\t0\t0\t0\t0\t0\t0\nb\tl\t0\t1\t0,5\t1\t1,5\t2,5\t1,8\nc\t3\t3,5\t6,5\t2\t0\t2\t8,5\t6,1\nd\t11\t5,5\t16,5\t3,5\t4\t7,5\t24\t17,3\ne\t9,5\t16,0\t25,5\t7,5\t8\t15,5\t41\t29,7\nf\t12,5\t10,5\t23\t11\t9\t20\t43\t31,1\n9\t3,5\t5,5\t9\t2\t6\t8\t17\t12,3\nh\t0,5\t0\t0,5\t1\t0\t1\t1,5\t1,0\ni\t0\t0\t0\t0,5\t0\t0,5\t0,5\t0,3\nSumme\t41\t41\t82\t28\t28\t56\t138\t\nMethode der Herstellung.\nAuf wei\u00dfem Papier (Seitengr\u00f6\u00dfe 260 X 170 mm) zeichnet Fechner 4 Linien von 0,5 mm Dicke und 15, 24, 36 resp. 53,7 mm L\u00e4nge. Diese Tafel wurde den Versuchspersonen vorgelegt, welche einen Punkt in der ihnen wohlgef\u00e4lligsten Entfernung \u00fcber der Linie hinzuzuf\u00fcgen aufgefoTdert waren. Die untenstehenden Resultate sind die Durchschnittswerthe aus den Einstellungen von 49 M\u00e4nnern und 36 Frauen; zugleich ist hier die mittlere Abweichung (mv) der Einzelnen angegeben.","page":116},{"file":"p0117.txt","language":"de","ocr_de":"Zur experimentellen Aesthetik einfacher r\u00e4umlicher Formverh\u00e4ltnisse.\n117\nL\u00e4nge d. Linie\t\tH\u00f6he des Punktes\t\t\t\tVerh\u00e4ltniss\n\tM\u00e4nner\t\tFrauen\t\tDurchschnittswert!!\t\n\tH\u00f6he\tmv\tH\u00f6he\tmv\t\t\n16\t6,6\t1,6\t8,1\t2,3\t7,35\t1 : 2,176\n24\t9,6\t2,5\t10,4\t2,7\t10\t1 : 2,400\n36\t13,5\t3,7\t14,2\t4,3\t13,85\t1 : 2,599\n53,7\t20,1\t9,8\t19,5\t6,3\t19,8\t1 : 2,914\nDas wohlgef\u00e4lligste Verh\u00e4ltniss zwischen Linienl\u00e4nge und Punkth\u00f6he \u00fcberschreitet immer das Verh\u00e4ltniss 1 : 2, und zwar findet sich, dass je gr\u00f6\u00dfer die Linie, desto gr\u00f6\u00dfer die Abweichung des wohlgef\u00e4lligsten Verh\u00e4ltnisses von dein goldenen Schnitt in der Richtung des Verh\u00e4ltnisses 1 : 2 ist. Dieses deutet darauf hin, dass hei der Einstellung des Punktes nicht nur das Verh\u00e4ltniss zwischen Linienl\u00e4nge und Punkth\u00f6he in Betracht gezogen wurde, sondern dass die absolute Entfernung des Punktes von der Linie ma\u00dfgebend oder jedenfalls mitbestimmend war. Diese Fehlerquelle wird unten bei Serie I, 7 vorstehender experimenteller Untersuchungen wieder zur Besprechung kommen.\nIV. Fechner\u2019s experimentelle Methoden und Mafsbegriffe.\nNach Fechner stehen uns zum Zweck \u00e4sthetischer Untersuchungen drei Methoden zur Verf\u00fcgung: die Methode der Wahl, die Methode der Herstellung und die Methode der Verwendung1).\n\u00bbNach der ersten l\u00e4sst man viele Personen zwischen den hinsichtlich ihrer Wohlgef\u00e4lligkeit zu vergleichenden Formen oder Form Verh\u00e4ltnissen w\u00e4hlen; nach der zweiten das nach ihrem Geschmack wohlgef\u00e4lligste durch sie selbst herstellen ; nach der dritten misst man im Gebrauche vorkommende Formen oder Formverh\u00e4ltnisse. \u00ab Beispiele aller drei Methoden finden sich in dem unmittelbar vorangegangenen Abschnitt. \u00bbJede der beiden ersten Methoden kann mit der dritten gewisserma\u00dfen verbunden werden, insofern man statt der Wahl oder Herstellung abstracter Formen ohne R\u00fccksicht auf Verwendung ausdr\u00fccklich die Wahl oder Herstellung mit dem Gedanken concreter Anwendung vornehmen l\u00e4sst\u00ab, wonach\n1) Siehe Zur experimentellen Aesthetik, Cap. IV. Principien der experimentalen Untersuchung, Ma\u00df und Methoden. S. 41\u201466.","page":117},{"file":"p0118.txt","language":"de","ocr_de":"118\nLightner Witmer.\nFechner abstracte und concrete Methoden der Wahl und Herstellung, oder auch reine Methoden und Methoden mit Verwendung unterscheidet.\nDer Werth der Verkn\u00fcpfung der \u00bbVerwendung\u00ab mit den beiden ersten Methoden scheint fraglich, denn ein Haupterforderniss solcher Untersuchungen besteht in der m\u00f6glichst gro\u00dfen Abstraction von allen mitwirkenden associativen Bestimmungen; je reiner die Methode, desto reiner die directe Wohlgef\u00e4lligkeit des nach der betreffenden Methode erhaltenen Verh\u00e4ltnisses. In der That hat Fechner selbst keinen Gebrauch von seinen concreten, d. h. mit Verwendung verkn\u00fcpften Methoden gemacht, vielmehr st\u00fctzt er alle seine theoretischen Betrachtungen ausschlie\u00dflich auf die drei ersten.\nMit H\u00fclfe dieser Methoden gewann Fechner eine Reihe von Verh\u00e4ltnissen, unter denen jedem eine gr\u00f6\u00dfere oder geringere Zahl von Bevorzugungen durch Wahl oder Herstellung oder Verwendung zukommt. Ein Verh\u00e4ltniss bezeichnet er mit v und die Zahl der darauf fallenden Bevorzugungen mit z. Je gr\u00f6\u00dfer im allgemeinen die Wohlgef\u00e4lligkeit eines v, desto gr\u00f6\u00dfer das z, das ihm zukommt. Nach zahlreichen Versuchen wird durch die Ausgleichung zuf\u00e4lliger Mitbestimmungen das auf ein v fallende z ein relatives Ma\u00df der Wohlgef\u00e4lligkeit derselben; denn je gr\u00f6\u00dfer diese Wohlgef\u00e4lligkeit an sich ist, desto weniger werden gegenwirkende zuf\u00e4llige Mitbestimmungen die Wirksamkeit der Wohlgef\u00e4lligkeit eines Verh\u00e4ltnisses \u00fcberbieten und das Urtheil von demselben auf andere ablenken k\u00f6nnen.\nMit R\u00fccksicht auf den Geschmack oder den Mangel an Geschmack werden die Resultate nur innerhalb der Klasse gelten k\u00f6nnen, aus der die Versuchspersonen entnommen sind, da \u00bbes nat\u00fcrlich weder zu behaupten, noch zu erwarten ist, dass Kindern oder rohen Negern dasselbe, was Erwachsenen oder gebildeten Europ\u00e4ern, ja nicht einmal, dass Frauen durchschnittlich dasselbe was M\u00e4nnern am besten gef\u00e4llt.\u00ab\nDie Unterschiede des Geschmackes verschiedener Klassen von Menschen nach Alter, Geschlecht, Rasse, Stand, Bildung, Klima, Zeitalter sind nicht zu \u00fcbersehen, sondern sie zu verfolgen ist eine wesentliche Aufgabe der experimentellen Aesthetik. Doch kann nach Fechner nur ein Verh\u00e4ltniss, das Gebildete f\u00fcr das wohlge-","page":118},{"file":"p0119.txt","language":"de","ocr_de":"Zur experimentellen Aesthetik einfacher r\u00e4umlicher Formverh\u00e4ltnisse.\t119\nf\u00e4lligste halten, Anspruch machen, als \u00e4sthetisches Normalverh\u00e4ltniss zu gelten. Innerhalb dieser Klasse aber wollte Fechner keine \u00bb\u00e4ngstliche\u00ab Auswahl der Versuchspersonen vornehmen. Mag auch die Empf\u00e4nglichkeit und Uebung f\u00fcr die Auffassung des \u00e4sthetischen Werthes so einfacher Verh\u00e4ltnisse nicht gleichg\u00fcltig sein, so kann man doch nicht von der Voraussetzung einer specifischen Vorbildung Gebrauch machen. Kunstkenner weichen vielfach in Folge mitbestimmender Vorurtheile ebenso sehr von dem Normal Verh\u00e4ltnisse ab als Kunstlaien durch eine m\u00f6glicherweise vorhandene Geschmacklosigkeit. Zwischen \u00bbgeschmacklosen und geschmackvollen\u00ab Laien k\u00f6nnen wir nicht unterscheiden, ohne unter dem Einfl\u00fcsse eigner Vorurtheile zu stehen. Der minder gute Geschmack wird vielleicht ebenso sehr nach der einen, wie nach der anderen Seite schwanken, und der Umfang solcher Abweichung ist durch den Grad der \u00e4sthetischen Urtheilsf\u00e4higkeit der Klasse der gebrauchten Versuchspersonen bedingt. Die Beschr\u00e4nkung der Versuche auf Personen mit m\u00f6glichst ausgebildetem Geschmack hat aber den Vortheil, dass man mit einer geringeren Zahl von Personen ein verh\u00e4ltnissm\u00e4\u00dfig sicheres Resultat erreichen kann. Das wohlgef\u00e4lligste Verh\u00e4ltniss war f\u00fcr Fechner dasjenige, worauf die meisten Stimmen der Gebildeten fielen, eine Mitte also zwischen nach beiden Seiten hin abweichenden Verh\u00e4ltnissen, denen eine um so geringere Zahl von Vorzugsstimmen zukamen, je weiter sie von jener Mitte entfernt waren. Fechner nannte letztem den \u00bbKernpunkt\u00ab, die ihm n\u00e4chstliegenden Verh\u00e4ltnisse die \u00bbKerngrenzen\u00ab.\nDieselben bestimmte er wie folgt: \u00bbMan ordnet die erhaltenen Werthe v nach ihrer Gr\u00f6\u00dfe und z\u00e4hlt von den Enden der Reihe herein auf jeder Seite ein Viertel der Werthe ab, so dass in der Mitte die H\u00e4lfte der gesammten Werthe als Kern bleibt\u00ab. Die Ausdehnung der Kerngrenze ist einerseits durch die Sicherheit des Geschmackes der zugezogenen Personen, anderseits durch den Grad der unmittelbaren Wohlgef\u00e4lligkeit des Kernpunktes bedingt.\nObwohl man bei einem Verh\u00e4ltniss die unmittelbare Wohlgef\u00e4lligkeit selbst nicht messen kann, da ein Ma\u00df der Einzel-Lust und -Unlust noch fehlt, so meinte Fechner doch auf Grund vorstehender Betrachtungen ein Ma\u00df der Wohlgef\u00e4lligkeit f\u00fcr die Aesthetik gewonnen zu haben. Dieses Ma\u00df, das er ein Ma\u00df der \u00bbextensiven","page":119},{"file":"p0120.txt","language":"de","ocr_de":"120\nLightner VVitmer.\nWohlgef\u00e4lligkeit\u00ab nannte, \u00bbist zu unterscheiden von einem erst noch zu findenden Ma\u00dfe der intensiven Wohlgef\u00e4lligkeit, oder intensiven Ma\u00dfe der Wohlgef\u00e4lligkeit, welches direct auf den Grad der Lust (oder auf Unterschiede im Grade der Lust) geht, die durch eine gegebene Ursache bei den Einzelnen oder im Durchschnitt der Einzelnen erweckt wird, ein Ma\u00df, welches nach den S. 43 gef\u00fchrten Betrachtungen als in Abh\u00e4ngigkeit von der Zahl der Bevorzugungen, hiemit vom extensiven Ma\u00dfe der Wohlgef\u00e4lligkeit anzusehen, aber ihm deshalb doch nicht proportional zu setzen ist. Man kann hoffen, dass es noch gelingen wird, nach jener Abh\u00e4ngigkeit das intensive Durchschnittsma\u00df selbst aus dem extensiven Ma\u00dfe abzuleiten, und ich glaube den Weg dazu durch die Betrachtung S. 43 mit R\u00fccksicht auf die Wahrscheinlichkeitsgesetze des Zufalls vorgezeichnet zu sehen, behalte mir aber erst noch eine bestimmtere Untersuchung und Erkl\u00e4rung dar\u00fcber vor\u00ab1).\nEine solche Erkl\u00e4rung ist nie ver\u00f6ffentlicht worden; es ist schwer begreiflich, auf welche Weise Fechner zur Ableitung seines Ma\u00dfes gelangen konnte. Die sp\u00e4ter erschienenen Resultate (aus Versuchen mit Vierecken) gestatten uns nicht, ein solches Ma\u00df der Wohlgef\u00e4lligkeit aufzustellen. Denn nach den Resultaten, die sich in der \u00bbVorsch. d. Aesthetik\u00ab zu einer Tabelle zusammengestellt finden, l\u00e4sst sich, wie Fechner andeutet, keine Curve der Wohlgef\u00e4lligkeit construiren; man m\u00fcsste hierf\u00fcr die ungerechtfertigte Voraussetzung machen, dass die Abnahme der Wohlgef\u00e4lligkeit dieser zehn Verh\u00e4ltnisse der Abnahme der Procentzahl ihrer Bevorzugungen proportional sei. (N\u00e4heres hier\u00fcber \u00bbZur exp. Aesth. p. 46 u. 47 Anmerk.) Im n\u00e4chsten Theil hoffe ich zu zeigen, w'ie sich durch Anwendung einer neuen Methode ein solches intensives Ma\u00df f\u00fcr relative Verschiedenheiten der Einzel-Lust und -Unlust direct feststellen l\u00e4sst und wie man nach den Resultaten der Untersuchung eine Curve des \u00e4sthetischen Wohlgefallens construiren kann.\nDie besprochenen Versuche von Fechner, die von allen seinen Versuchen am weitesten ausgef\u00fchrt sind, stimmen nicht ganz mit seinen obigen Betrachtungen \u00fcberein. Letztere n\u00e4mlich reden von Kerngrenze und Kernpunkt und verlangen daher eine stetige Reihe\n1) Zur experiment. Aesthetik. S. 46 f.","page":120},{"file":"p0121.txt","language":"de","ocr_de":"Zur experimentellen Aesthetik einfacher r\u00e4umlicher Formverh\u00e4ltnisse. 121\nvon Verh\u00e4ltnissen ; hier\u00fcber aber warFechner beim Beginn seiner Lnter suchungen sich nicht ganz klar; und die Reihe, die er pr\u00fcfte, war nicht nach irgend einem Prineip der Verh\u00e4ltnissgr\u00f6\u00dfe selbst zusammengestellt, sondern ber\u00fccksichtigte nur die gew\u00f6hnlichen, einfachen (musikalischen) Verh\u00e4ltnisse r\u00e4umlicher Formgr\u00f6\u00dfen. Bei dieser Versuchsanordnung war es m\u00f6glich, dass das wohlgef\u00e4lligste Verh\u00e4ltniss gar nicht vorhanden war, und in diesem Falle mussten alle Vorzugsstimmen, welche die fehlende Figur h\u00e4tte erhalten sollen, auf die n\u00e4chstliegenden wirklich vorhandenen Verh\u00e4ltnisse fallen. Das z, das einem v zugeh\u00f6rt, gilt dann eigentlich f\u00fcr ein bestimmtes Gebiet, dessen Gr\u00f6\u00dfe ungef\u00e4hr durch Halbirung der Abst\u00e4nde eines r von den beiden benachbarten \u00bb erhalten wird. Den Abstand zweier r nannte Fechner das Zwischenintervall, und die Grenzen, zwischen denen das z eines v gleichm\u00e4\u00dfig zu vertheilen ist, das Umkreisintervall. Je enger die vorhandenen \u00bb stehen oder je geringer das Zwischenintervall, desto kleiner ist das Umkreisintervall, und desto genauer ist das Resultat der Ausdruck f\u00fcr die Wohlgef\u00e4lligkeit des \u00bb. Bei den Rechteckversuchen enth\u00e4lt das Umkreisintervall des wohlgef\u00e4lligsten Verh\u00e4ltnisses (21 : 34 = 1 : 1,619) alle Verh\u00e4ltnisse zwischen 1 : 1,558 und 1 : 1,692, so dass der Versuch nicht eine \u00e4sthetische Proportion, sondern nur ein Gebiet als das wohlgef\u00e4lligste bestimmt, und zwar \u00fcberschreitet der Umfang dieses Gebietes sogar die angenommenen Grenzen derjenigen Verh\u00e4ltnisse, die vom mathematischen goldenen Schnitt nicht zu unterscheiden sind. Dieses ist ein Mangel in der Methode der Wahl, die Fe chn er daher durch die Methoden der Flerstellung und Verwendung controliren und erg\u00e4nzen zu m\u00fcssen glaubte. Die Vortheile sowie die Nachtheile der Methode der Herstellung werde ich im n\u00e4chsten Theile besprechen, und hoffe dabei zu zeigen, wie das Ziel Fechner\u2019s eben so gut, wenn nicht besser, durch hinreichende Verkleinerung des Zwischenintervalls je zweier Verh\u00e4ltnisse einer Reihe erreicht werden kann.\nDer dritten Methode, derjenigen der Verwendung, kann ich als selbst\u00e4ndiger Methode keinen gro\u00dfen Werth zuschreiben. Eine Messung von Gebrauchsgegenst\u00e4nden kann uns zu keinem sichern Resultat f\u00fchren, weil bei der Herstellung der meisten solcher Gegenst\u00e4nde zweckm\u00e4\u00dfige und associative Mitbestimmungen ma\u00dfgebend sind. Fechner glaubte jedoch durch eine Auswahl der einfachsten","page":121},{"file":"p0122.txt","language":"de","ocr_de":"122\nLightncr Witmer.\nGegenst\u00e4nde, deren Form fast ausschlie\u00dflich durch die R\u00fccksicht auf Wohlgef\u00e4lligkeit bedingt und also von Idee, Zweck, Bedeutung und Zusammenstellung mit andern Formen unabh\u00e4ngig ist, einen mittleren Werth finden zu k\u00f6nnen. Dass man eigentlich bei keinem Gegenstand beweisen k\u00f6nne, dass der directe Factor allein ma\u00dfgebend gewesen sei, gab Fechner selbst zu, meinte aber, dass bei den einfachsten Gegenst\u00e4nden die Abweichung von einem Normalver-verh\u00e4ltniss sehr gering sei und eben so oft nach der einen wie nach der andern Seite hin stattfinde ; unterz\u00f6ge man daher viele Gegenst\u00e4nde der Messung, so m\u00fcssten sich diese Abweichungen wieder ausgleichen und es w\u00fcrde sich ein Normalverh\u00e4ltniss heraussteilen. Visitenkarten, welche sich nach der L\u00e4nge des Namens zu erstrecken haben, sollen sich z. B. mit den Adresskarten der Kaufleute und Fabrikanten, in denen mehrere kurze Zeilen \u00fcber einander stehen, ausgleichen. So k\u00f6nnten sogar nationale Verschiedenheiten des Geschmackes sich gegenseitig aufheben; deutsche Spielkarten z. B. seien l\u00e4nger als der goldene Schnitt, franz\u00f6sische dagegen k\u00fcrzer. Diese gegenseitige Compensation ist aber immer bedenklich : denn man kann nie sicher sein, eine gen\u00fcgende Zahl von Verh\u00e4ltnissen gepr\u00fcft zu haben, um einen Durchschnittswerth zu gewinnen. Alle Gegenst\u00e4nde zu messen ist unm\u00f6glich, und auch die compli-cirteren m\u00fcssen ausgeschlossen werden; denn Fechner hat selbst darauf hingewiesen, dass die Messungen an complicirten Gegenst\u00e4nden keine brauchbaren Resultate ergeben. Es bleibt also v\u00f6llig der Willk\u00fcr des Untersuchenden \u00fcberlassen, wo die Grenze zu setzen ist, wie viele und wie complicirte Gegenst\u00e4nde ber\u00fccksichtigt werden sollen. Ein wohlgef\u00e4lligstes Normalverh\u00e4ltniss l\u00e4sst sich kaum nach dieser Methode ermitteln. Erst nachdem ein Normalverh\u00e4ltniss anderweitig festgestellt ist, mag eine Untersuchung der Formen vorhandener Gebrauchsgegenst\u00e4nde wichtige und interessante Aufschl\u00fcsse \u00fcber den Einfluss von Nebenmomenten auf die Abweichung vom Normalverh\u00e4ltniss darbieten.\nV. Ueber eine neue Methode der Wahl.\nVorliegende Untersuchungen sind in der Weise angestellt, dass die den Versuchspersonen zur \u00e4sthetischen Beurtheilung vorgelegten Figuren nicht eine beschr\u00e4nkte Anzahl, sondern eine vollst\u00e4ndige","page":122},{"file":"p0123.txt","language":"de","ocr_de":"Zur experimentellen Aesthetik einfacher r\u00e4umlicher Formverh\u00e4ltnisse.\t123\nReihe von Gr\u00f6\u00dfenverh\u00e4ltnissen in stetiger Abstufung bildeten. F\u00fcr die Ausdehnung dieser Reihe, sowie f\u00fcr die Gr\u00f6\u00dfe des Zwischenintervalls je zweier benachbarter Glieder waren nat\u00fcrlich praktische Bed\u00fcrfnisse ma\u00dfgebend.\nBezeichnet 1 : x das allgemeine Verh\u00e4ltniss zweier in einer einfachen Figur, z. B. einem Viereck, enthaltenen linearen Gr\u00f6\u00dfen, so gewinnt man die vollst\u00e4ndige Reihe dieser Proportionen, wenn man x einerseits von 1 bis oo stetig anwachsen, anderseits von 1 1\nbis \u2014 stetig abnehmen l\u00e4sst1). Bezeichnet man das Verh\u00e4ltniss v\u00f6lliger Gleichheit (wo also x \u2014 1 ist) als die Mitte dieser stetigen Reihe, so sind die in gleicher Entfernung von dieser Mitte liegenden\nVerh\u00e4ltnisse zwar einander gleich, z. B. 3:1 = 1:^-; die ihnen\n\u00f6\nentsprechenden Figuren unterscheiden sich aber durch ihre Lage im Raum. Sei z. B. 1 die H\u00f6he und x die Breite eines Rechtecks, so ist f\u00fcr x = 3 die Breite der Major und die H\u00f6he der Minor,\n1\numgekehrt aber f\u00fcr x \u2014 \u2014 die H\u00f6he der Major und die Breite der Minor.\nDie stetige Reihe dieser Proportionen erstreckt sich vom absoluten Gleichheitsverh\u00e4ltniss aus nach beiden Seiten ins Unendliche, und es w\u00e4re nat\u00fcrlich unm\u00f6glich, alle entsprechenden Formen herzustellen. Dieses ist aber auch f\u00fcr die experimentelle Untersuchung unn\u00f6thig, denn schon f\u00fcr x = 3 wirken die meisten Figuren \u00e4sthetisch unangenehm, und Stichproben haben f\u00fcr a;> 5 \u00fcberhaupt kein wohlgef\u00e4lliges Verh\u00e4ltniss ergehen.\nVon der unendlichen Reihe m\u00f6glicher Proportionen kommt daher nur ein geringer Ausschnitt in Betracht. \u2014 Es ist ferner unm\u00f6glich und unn\u00f6thig, alle Figuren, die dieser beschr\u00e4nkten Reihe f\u00fcr ein stetig wachsendes x entsprechen, herzustellen : die Thatsache n\u00e4mlich, dass unsere Unterschiedsempfindlichkeit f\u00fcr r\u00e4umliche Gr\u00f6ssen eine Schwelle hat, gestattet Intervalle zu machen. Es fragt sich nur, wie gro\u00df die Differenz je zweier aufeinander folgenden Proportionen sein darf.\n1) Siehe hier\u00fcber Wundt, Physiol. Psychol. II3. S. 214.","page":123},{"file":"p0124.txt","language":"de","ocr_de":"124\nLightner Witmer.\nSchon oben habe ich diese Frage erledigt, indem ich zeigte, dass mit R\u00fccksicht auf die theilweise Ablenkung der Aufmerksamkeit bei solchen Yersuchen eine Ab- oder Zunahme des Minor um\nbei constantem Major unter der der \u00fc.-E.-Schwelle bleibt. Es wird sonach hei zwei Figuren, deren Major beide = 50 mm und deren Minor 30 resp. 30,9mm messen, ein Gr\u00f6\u00dfenunterschied bei dem \u00e4sthetischen Ertheil nicht empfunden werden. Und hier, wo es sich speciell um die Vergleichung \u00e4sthetischer Gef\u00fchle handelt, ist durch Versuche gefunden worden, wie man auch von vorn herein vermuthen durfte, dass die \u00fcnterschiedsempfindlichkeit des \u00e4sthetischen Gef\u00fchls noch viel geringer, etwa 2\u20143 mal so klein, als die der Sch\u00e4tzung reiner Gr\u00f6\u00dfenverh\u00e4ltnisse ist. Eine Reihe von Figuren, in der bei constantem Major der Minor jedesmal um nicht mehr als w\u00e4chst, w\u00fcrde daher dem Gef\u00fchl als eine stetige erscheinen und so dem Zwecke experimenteller Untersuchung vollst\u00e4ndig gen\u00fcgen.\nEine solche Reihe sollte nun keine arithmetische, sondern eine geometrische Progression bilden ; denn der Abstand je zweier Glieder\n(A und B) wird nicht als Summe, sondern als Quotient\tauf-\nzufassen sein. Bei meinen Reihen benutze ich jedoch eine gemischte Progression der Verh\u00e4ltnisse, die durch jedesmalige Addition meiner constanten Gr\u00f6\u00dfe zum Major oder Minor leicht herzustellen ist; die Progression ist f\u00fcr die Herstellung der Figuren die bequemste, und dabei der geometrischen Progression gen\u00fcgend gen\u00e4hert.\nDie Methode dieser Untersuchung besteht also darin, der Versuchsperson zur \u00e4sthetischen Beurtheilung eine Reihe von Figuren ' vorzulegen, worin, soweit es dem Zwecke der Untersuchung entspricht, alle m\u00f6glichen Verh\u00e4ltnisse in stetiger Abstufung vorhanden sind. Die Auswahl ist somit eine unbeschr\u00e4nkte, und gerade hierin glaube ich einen nicht unerheblichen Vorzug gegen\u00fcber der Art, wie Fechner die Methode der Wahl anwandte, erblicken zu d\u00fcrfen.\nIn seinem Versuch mit Vierecken war die Wahl auf zehn Figuren beschr\u00e4nkt, in manchen andern auf noch weniger, und es war leicht m\u00f6glich, dass gerade das wohlgef\u00e4lligste Verh\u00e4ltniss dieser* Reihe fehlte. Fechner nimmt zwar an, dass, wenn in einer Reihe","page":124},{"file":"p0125.txt","language":"de","ocr_de":"Zur experimentellen Aesthetik einfacher r\u00e4umlicher Formverh\u00e4ltnisse.\t125\na, b, c, d . . . das wohlgef\u00e4lligste Verh\u00e4ltniss zwischen c und d liegen w\u00fcrde, in der Reihe jedoch nicht wirklich vorhanden ist, die Anzahl der Bevorzugungen, die dem nicht vorhandenen Verh\u00e4ltniss zuk\u00e4me, sich auf die benachbarten Verh\u00e4ltnisse c und d vertheilen w\u00fcrde. Diese Annahme erscheint mir jedoch ungerechtfertigt und gewissen Thatsachen zu widerstreiten; sie setzt voraus, dass der Grad der Wohlgef\u00e4lligkeit einer Figurengruppe eine stetige Function der Gr\u00f6\u00dfenproportion sei.\nEs ist aber sehr wohl denkbar, dass c und d nicht so angenehm sind wie z. B. das entferntere a, wodurch das Resultat der Auswahl einer einzigen Figur als der wohlgef\u00e4lligsten zu dem falschen Schl\u00fcsse f\u00fchren w\u00fcrde, dass a die wohlgef\u00e4lligste aller m\u00f6glichen Figuren zwischen a und d sei. Gerade das Quadrat z. B. ist eine solche Figur, hei der die ihrer Proportionalit\u00e4t nach n\u00e4chst gelegenen Rechtecke entschieden im Sinne der Unlust wirken, und zwar st\u00e4rker als die entfernteren. Dieser Fehler der Versuchsanordnung sowie auch die Vernachl\u00e4ssigung der optischen T\u00e4uschung brachte es mit sich , dass F e c h n e r dem Quadrat einen zu geringen \u00e4sthetischen Werth heilegte.\nEs ist ferner nicht ohne Bedeutung, in welcher Weise man die Figuren den Versuchspersonen vorlegt. Entweder kann man sie je 2 Figuren mit einander vergleichen lassen; oder man gibt ihnen die ganze Reihe auf einmal und zwar entweder in unregelm\u00e4\u00dfiger Folge, oder so geordnet, dass die Gr\u00f6\u00dfenverh\u00e4ltnisse der Figuren stetig ab- resp. zunehmen. Von diesen drei Versuchsanordnungen ziehe ich die letzte vor; denn dieselbe hilft nicht nur in der Ausschlie\u00dfung st\u00f6render Nebenassociationen, sondern macht auch die Wahl bequemer und leichter und steigert endlich die Intensit\u00e4t des Gef\u00fchls seihst. Ich m\u00f6chte diese Vorz\u00fcge kurz erl\u00e4utern.\nDie Untersuchung soll den \u00e4sthetischen Werth eines bestimmten Factors, n\u00e4mlich der Gr\u00f6\u00dfenverh\u00e4ltnisse einfacher Figuren feststellen. Es wird daher besonders darauf zu achten sein, dass dieser Factor rein zur Geltung gelange, d. h. dass die Urtheile der Versuchsperson einzig und allein durch ihn bestimmt werden. Hierzu ist erforderlich, dass die Aufmerksamkeit sich ungetheilt den Verh\u00e4ltnissen der Figur zu wende, denn nur dann sind associa-","page":125},{"file":"p0126.txt","language":"de","ocr_de":"126\nLightner Witmer.\ntive Mitbestimmungen, welche die Reinheit der Resultate st\u00f6ren w\u00fcrden, ausgeschlossen. Dieses ist aber, wenn man ihr einzelne Figuren vorlegt, fast unm\u00f6glich. Ein einziges Rechteck ist f\u00fcr sie kein blo\u00dfes Rechteck mit so und so gro\u00dfen Seiten, sondern es verwandelt sich in eine Visitenkarte, in das Format einer Spielkarte, eines Bilderrahmens. Oder es tauchen allerlei phantastische und individuelle Erinnerungen auf und beeinflussen den Gef\u00fchlston. Eine Versuchsperson z. B. konnte kein Kreuz sehen, ohne es in Gedanken mit Blumen zu umwinden ; eine andere denkt dabei vielleicht an das Kreuz, das auf dem Markte ihrer Vaterstadt steht. Oder gar ein Dreieck erinnert an die Flagge auf dem Mastbaum eines Botes. Einige schwarze Tintenstriche haben ja an sich gar keine Bedeutung; wir sind aber durch Gew\u00f6hnung geneigt, sie als Symbole zu fassen, die etwas ausdr\u00fccken sollen. Selbst eine Person ohne lebhafte Phantasie wird daher ganz unwillk\u00fcrlich in die einfache Figur einen Sinn hinein zu legen suchen.\nEine Figur, d. h. ihr reines Gr\u00f6\u00dfenverh\u00e4ltniss, kommt also nie allein ins Bewusstsein, sondern sie bringt entweder etwas mit oder findet etwas vor, das die \u00e4sthetische Beurtheilung beeinflussen kann. Der Einfluss solcher Bestimmungen wird nur dann fortfallen, wenn es gelingt, das Gr\u00f6\u00dfenverh\u00e4ltniss der Figur so selbst\u00e4ndig hervorzuheben, diesen Factor so zu betonen, dass er die Aufmerksamkeit ganz f\u00fcr sich in Anspruch nimmt. Und dieses wird durch die Anordnung der Figuren in einer progressiven Reihe erm\u00f6glicht.\nGeh\u00f6rt n\u00e4mlich die einzelne Figur einer Reihe an, so fragt die Versuchsperson nicht mehr nach ihrer Bedeutung; der Sinn derselben liegt dann eben darin, dass sie ein Glied dieser Reihe bildet. Dazu fesselt die stetige Ver\u00e4nderung einer Dimension schon von seihst die Aufmerksamkeit und fordert zum Vergleiche der Gr\u00f6\u00dfenverh\u00e4ltnisse auf; dieser Factor des Figurenbildes kann sich daher energisch und fast ausschlie\u00dflich im Bewusstsein geltend machen und somit den \u00e4sthetischen Werth allein bestimmen. Treten trotzdem noch ganz individuelle Beurtheilungen auf, wie z. B. dass Jemand ein bestimmtes Kreuz f\u00fcr sch\u00f6n h\u00e4lt, weil es ihn an ein Crucifix seiner Heimath erinnert \u2014 so wird ihre Zuf\u00e4llig-","page":126},{"file":"p0127.txt","language":"de","ocr_de":"Zur experimentellen Aesthetik einfacher r\u00e4umlicher Formverh\u00e4ltnisse.\t127\nkeit leicht bemerkt ; denn diese Werthe fallen aus einer der Figurenreihe correspondirenden Gef\u00fchlscurve vollst\u00e4ndig heraus ; und man sichert dann die Reinheit des Gesammtresultates einfach dadurch, dass man diese Sch\u00e4tzungen streicht. \u2014 Auch diese Anordnung schlie\u00dft allerdings nicht aus, dass sich eine Association mit der ganzen Reihe verkn\u00fcpft. Die ganze Reihe kann an eine Serie von Crucifixen oder Visitenkarten, Flaggen oder Fensterrahmen erinnern. Es wird aber, wenigstens wie ich hei meinen Experimenten beobachtet habe, die H\u00e4ufigkeit solcher allgemein mitbestimmenden Elemente vermindert; ich glaube \u00fcbrigens \u2014 und werde darauf sp\u00e4ter etwas n\u00e4her eingehen, \u2014 dass sie f\u00fcr den Zweck dieser Untersuchung nicht besonders sch\u00e4dlich sind.\nDie Anordnung der Figuren in ^stetiger Reihe bietet zweitens den Vorzug, dass die Versuchsperson mit einem fl\u00fcchtigen Blick wenigstens ein Gebiet wohlgef\u00e4lligster Gestalten auffinden und abgrenzen kann, oft auf 2 oder 3 Einzelfiguren. Hierdurch wird nicht nur Zeit erspart \u2014 ein immerhin nicht ganz werthloses Moment, \u2014 sondern es tritt auch weniger leicht Erm\u00fcdung bei der Versuchsperson ein, und der Grad ihrer Aufmerksamkeit sowie ihre Unterschiedsempfindlichkeit erh\u00e4lt sich daher leichter constant. Endlich tr\u00e4gt die Schnelligkeit, mit der die Wahl ausgef\u00fchrt wird, auch wieder dazu bei, associative Mitbestimmungen zu verhindern; denn je k\u00fcrzere Zeit eine Figur angesehen wird, desto mehr verschwindet die M\u00f6glichkeit einer Association. \u2014 Drittens scheint diese Methode sogar eine Steigerung der \u00e4sthetischen Wirkung seihst herbeizuf\u00fchren. Wenigstens machen sich die Unterschiede im Grade der Wohlgef\u00e4lligkeit entschiedener geltend, und die Wahl ist daher eine weit bestimmtere als hei unregelm\u00e4\u00dfiger Reihenfolge oder paarweiser Absch\u00e4tzung.\nUm die Methode regelm\u00e4\u00dfiger mit der Methode unregelm\u00e4\u00dfiger Figurenanordnung zu vergleichen, habe ich einige Versuche ausgef\u00fchrt, deren Resultat entschieden zu Gunsten der ersteren spricht. Es wurde in beiden F\u00e4llen dasselbe Verh\u00e4ltniss als das sch\u00f6nste ausgew\u00e4hlt ; nur war bei der ungeordneten Reihenfolge das Urtheil schwankender, die mittlere Variation also gr\u00f6\u00dfer, ja oft war die V ersuchsperson so unentschieden, dass sie auf eine Beurtheilung ganz verzichtete. Dazu erforderte diese Methode eine intensivere","page":127},{"file":"p0128.txt","language":"de","ocr_de":"128\nLightner Witmer.\nAnspannung der Aufmerksamkeit, was in kurzer Zeit Erm\u00fcdung herbeif\u00fchrt. Es treten hierbei ferner leicht sch\u00e4dliche Contrast-wirkungen ein: der Lustwerth einer Figur kann durch den Gegensatz einer sehr h\u00e4sslichen Figur neben ihr so gesteigert werden, dass sie sch\u00f6ner erscheint als eine dritte in ung\u00fcnstiger Lage, selbst wenn sie bei directer Vergleichung letzterer entschieden nachgesetzt werden m\u00fcsste. Auch k\u00f6nnen bei dieser Versuchsanordnung optische Contrastt\u00e4uschungen entstehen, deren sch\u00e4dlicher Einfluss dann oft nicht eliminirt werden kann. Ich glaube daher, dass diese Methode wegen der Unsicherheit ihrer Ergebnisse ziemlich werthlos ist.\nGegen die Methode paarweiser Vergleichung l\u00e4sst sich rein theoretisch nicht so viel ein wenden. Sie ist aber insofern unpraktisch, als sie zu viel Zeit in Anspruch nimmt; denn erst aus einer sehr gro\u00dfen Zahl von Versuchen l\u00e4sst sich auf diesem Wege ein sicheres Resultat erlangen. Ich habe in Folge dessen diese Versuchsweise nur dazu benutzt, die Ergebnisse der oben bevorzugten Methode zu controliren. Denn auch letztere ist nicht ganz einwurfsfrei; man k\u00f6nnte gegen sie geltend machen, dass eine Figur vielleicht ausgew\u00e4hlt wird, nicht w'eil sie an sich die sch\u00f6nste sei, sondern weil ihre zuf\u00e4llige Stellung in der stetigen Reihe sie besonders hervortreten lasse. Das sch\u00f6nste erscheint z. B. meistens als die Mitte zwischen zwei h\u00e4sslichen Extremen, und es lie\u00dfe sich daher wohl annehmen, dass der Mittelfigur einer Reihe schon ihrer Stellung wegen eine besondere Bedeutung beigelegt wird.\nIch habe dieses Moment durch einige Versuche gepr\u00fcft. Aus einer progressiven Reihe habe ich 5 nebeneinandergelegene Figuren herausgehoben und diese der Versuchsperson vorgelegt. Waren es die Nummern 7, 8, 9, 10 und 11, so wurde 9 bevorzugt; aus den Nummern 8, 9, 10, 11 und 12 dagegen wurde 10 und aus den Nummern 9, 10, 11, 12 und 13 wurde 11 als die wohlgef\u00e4lligste Figur ausgew\u00e4hlt. Hier zeigte sich also in der That ein deutlicher Einfluss der Mitte; aber dieser erreichte bald seine Grenze. Schon bei der Gruppe 11, 12, 13, 14 und 15 erhielt nicht mehr die Mitte, sondern 11 den Vorzug. Dazu ist noch in Betracht zu ziehen, dass bei dieser Reihe das Intervall der einzelnen Figuren ihren proportionalen Gr\u00f6\u00dfen nach ein sehr geringes war; es stand","page":128},{"file":"p0129.txt","language":"de","ocr_de":"Zur experimentellen Aesthetik einfacher r\u00e4umlicher Formverh\u00e4ltnisse.\n129\neben auf der Schwelle der Gr\u00f6\u00dfenunterschiedsempfindlichkeit, die, wie oben erw\u00e4hnt, bedeutend feiner ist als die Empfindlichkeit f\u00fcr Gef\u00fchlsunterschiede; der Lustwerth der einzelnen Nummern 9, 10 und 11 wird daher ungef\u00e4hr derselbe gewesen sein. Diese Versuche beweisen also jedenfalls, dass der Einfluss der Mitte kein sehr bedeutender ist und bald seine Grenze erreicht.\nUm aber \u00fcber den Werth der Resultate, welche die Methode der stetigen Reihenanordnung liefert, ganz sicher zu sein, stellte ich mit zwei Personen A und M Control versuche nach der Methode der paarweisen Vergleichungen an1). A hatte schon vorher an Versuchen, die nach der Methode der regelm\u00e4\u00dfigen Figurenanordnung angestellt waren, mehrfach Theil genommen; M dagegen noch gar nicht. Die Figurenreihe, deren ich mich bei dieser Untersuchung bediente, bestand aus 16 Rechtecken. Die Breite bildete den constanten Major und betrug 50 mm, w\u00e4hrend die H\u00f6he von 23 bis auf 38 mm an wuchs und zwischen je zwei Figuren um 1 mm differirte2).\nDiese Reihe wurde nun zun\u00e4chst ganz und in progressiver Anordnung der \\ ersuchsperson A vorgelegt. Es fanden im ganzen <* Versuche statt; aber diese Wiederholungen vertheilten sich auf einen Zeitraum von 6 Monaten, um einen Einfluss der Erinnerung zu vermeiden. Das Resultat war folgendes:\nConst. Maj.\tWohlgef. Min.\tMV\tZahl d. Versuche\n59 mm\t25 mm\t0\t6\nAls das gef\u00e4lligste Rechteck dieser Reihe ist also mit auffallender Sicherheit dasjenige gew\u00e4hlt, dessen H\u00f6he 25 mm betr\u00e4gt, dessen Seiten sich also objectiv verhalten wie 1 : 2. Ziehen wir noch den Einfluss der optischen T\u00e4uschung in Betracht, so ergibt sich als wohlgef\u00e4lligste Proportion diejenige, welche von dem Ver-h\u00e4ltniss 1 : 2 ein wenig in der Richtung des goldenen Schnittes abweicht. Ich k\u00f6nnte hier noch erw\u00e4hnen, dass A auch bei\n1)\tBiese Buchstaben bedeuten nicht etwa die Anfangsbuchstaben der Namen der Versuchspersonen; vielmehr sind letztere ganz willk\u00fcrlich durch Buchstaben der Reihenfolge des Alphabets nach bezeichnet.\n2)\tDie Glieder 23 : 50, 25 : 50 und 30 : 50 der Reihe sind in Fig. 1\u20143 der\n(lern 2. Theil der Arbeit beigegebenen Tafel abgebildet. (Siehe auch Tab. XVII Reihe 36 u. 37.)\t\u2019\nWundt, Philos. Studien. IX.","page":129},{"file":"p0130.txt","language":"de","ocr_de":"Lightner Witmer.\n130\nanderen Untersuchungen stets dasselbe Verh\u00e4ltniss mit sehr geringen Abweichungen vorgezogen hat.\nZur Contr\u00f4le lie\u00df ich nun A 400 Versuche nach der Methode der paarweisen Vergleichung machen. Es wurden also immer nur je 2 von den 16 Figuren zusammengehalten, und die Combination zu einem Paar geschah dabei vollst\u00e4ndig regellos. Die 400 Vergleichungen wurden in 5 Versuchsreihen ausgef\u00fchrt und fielen selbstverst\u00e4ndlich niemals auf denselben Tag, wie die Versuche nach der ersten Methode. Die Ergebnisse stelle ich in folgenden Tabellen zusammen. In Tabelle IV bezeichnen die Zahlen 23 bis 38, welche die erste horizontale und verticale Reihe ausf\u00fcllen, den Minor der Rechtecke. Die kleineren Zahlen gehen in verticaler Reihe die Anzahl der Bevorzugungen, in horizontaler die Anzahl der Verwerfungsurtheile an. Z. B. bedeutet die Zahl 4 unter dem Minor 24 und rechts von dem Minor 23, dass ein Rechteck mit mit einem Seitenverh\u00e4ltniss von 24 : 50 einem anderen mit dem Verh\u00e4ltniss 23 : 50 4 mal vorgezogen wurde. Z\u00e4hlt man die Zahlen einer verticalen Reihe zusammen, so erh\u00e4lt man die Ge-sammtsumme der Bevorzugungen eines Minor, und ebenso ergeben die horizontalen Reihen die Summe der Verwerfungsurtheile. Schon nach einem fl\u00fcchtigen Blick auf die Tabelle l\u00e4sst sich ein wohlgef\u00e4lliges Gebiet herausheben und zwar in der N\u00e4he von 25. Dieses Gebiet k\u00f6nnen wir abgrenzen auf die Verh\u00e4ltnisse zwischen 23 und 28; denn mit Ausnahme nur eines widersprechenden Ur-theils (Min. 31 dem Min. 30 vorgezogen) wird jedes Verh\u00e4ltniss \u00fcber 27 hinaus dem vorhergehenden nachgesetzt. Wenn wir das so begrenzte Gebiet wohlgef\u00e4lliger Figuren (Tab. IV eingeschlossener Theil und Tab. V) n\u00e4her betrachten, so finden wir, obwohl es hier auch einige Widerspr\u00fcche gibt, doch, dass 25 mit 17 Be-vorz. und nur 4 Verw. als der wohlgef\u00e4lligste Minor anzusehen ist; dass ferner der Grad der Wohlgef\u00e4lligkeit nach beiden Seiten hm abnimmt, sodass 23 ungef\u00e4hr 27 gleichzusetzen w\u00e4re. 24 dagegen scheint einen Vorzug vor 26 zu haben; man m\u00fcsste daraus vielleicht schlie\u00dfen, dass der H\u00f6hepunkt der Wohlgef\u00e4lligkeit ein wenig von 25 nach 24 zu abweicht. Aber im allgemeinen ist die Uebereinstimmung dieses Resultats mit dem Ergebniss der ersten Methode deutlich erkennbar.","page":130},{"file":"p0131.txt","language":"de","ocr_de":"Zur experimentellen Aesthetik einfacher r\u00e4umlicher Form Verh\u00e4ltnisse.\n131\nTabelle IV.\nResultate 400 paarweiser Vergleichungen mit 16 Rechtecken. Major = 50. Versuchsperson A. Vorzugsurtheile vertical, Verwerfungs-urtheile horizontal; gleich beurtheilt =.\t\u00b0\n\t\u00dc |i 23\t24\t! 25 1\t26\t27\t28\t29\t30\t31\t32\t33\t34\t35\t36\t37\t38\n\t\t\t\t\t\u2014 2\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\n23\t\t4\t2\t2\t1\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\n24\t\t\t5\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\n25\t\t2\t\t1\t1\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\n26\t\t2\t6\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\n27\t1\t2\t4\t2\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\n28\t2\t2\t1\t4\t4\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\n29\t5\t1\t4\t1\t3\t1\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\n30\t2\t5\t5\t2\t1\t4\t4\t\t1\t\t\t\t\t\t\t\n31\t4\t2\t3\t2\t4\t5\t2\t5\t\t\t\t\t\t\t\t\n32\t2\t6\t1\t8\t3\t3\t5\t2\t5\t\t\t\t\t\t\t\n33\t2\t3\t1\t9\t2\t7\t3\t2\t\tY\t\t\t\t\t\t\n34\t1\t2\t4\t4\t3\t1\t5\t4\t3\t3\t6\t\t\t\t\t\n35\t6\t4\t1\t1\t3\t6\t5\t1\t4\t4\t2\t6\t\t\t\t\n36\t2\t6\t3\t1\t4\t3\t6\t5\t3\t3\t2\t1\t3\t\t\t\n37\t5\t3\t1\t3\t7\t2\t3\t4\t6\t2\t3\t4\t1\t3\t\t\n38\t5\t3\t5\t2\t3\t3\t2\t3\t1\t2\t7\t3\t3\t5\t3\t\nTabelle V.\nVorzugs- und Verwerfungsurtheile von 5 Rechtecken der Tabelle IV.\n\t23\t24\t25\t26\t27\nBevorzugungen\t1\t10\t17\t5\t2\nVerwerfungen\t9\t5\t4\t8\t9\n9*","page":131},{"file":"p0132.txt","language":"de","ocr_de":"132\tLightner VVitmer.\nTabelle YI.\n400 paarweise Yergleichimgen mit 16 Rechtecken.\nMajor = 50. VersuchspersonM. Vorzugsurtheile vertical, Verwerfungs-urtheile horizontal. Gleich beurtheilt =.\n\t23\t24\t25\t26\t27\t28\t29\t30\t31\t32\t33\t34\t35\t36\t37\t38 |\tSumma /erw.-Urth.\n23\t\t1\t3\t3\t=2 3\t5\t7\t4\t1\t1\t2\t\t\t\t\t\t30\n24\t\t\t1\t2\t2\t2\t4\t2\t5\t2\t3\t2\t1\t1\t\t\t31\n25\t\t\t\t4\t6\t2\t= 1 3\t=2 2\t4\t4\t2\t3\t\t\t\t\t30\n26\t\t\t\t\t2\t3\t2\t5\t=1 5\t3\t4\t2\t\t\t1\t\t26\n27\t\t\t\t\t\t=1 3\t=1 2\t3\t1\t2\t1\t\t\t\t\t\t12\n28\t\t\t\t=1\t\t\t2\t3\t2\t1\t1\t\t\t\t\t\t9\n29\t\t\t\t\t\t\t\t=1 2\t2\t1\t\t\t\t\t\t\t5\n30\t\t\t\t\t\t\t1\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t1\n31\t\t\t\t\t=1\t1\t\t= 1\t\t1\t1\t1\t\t\t\t\t4\n32\t\t\t\t1\t1\t=1\t= 1 3 2\t4 2\t=1 =3\t4\t\t\t\t\t\t\t9\n33\t=3\t2\t1\t1\t=1\t2\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t14\n34\t=1 1 =1\t=2 2\t=1 1\t2 =3\t4 =1 3\t1 =1 2\t2\t4\t4\t2\t=1 1\t\t\t\t\t\t24\n35\t\t=2 2\t=2 1\t\t\t\t4\t2\t8\t3\t4\t=1 2\t\t\t\t\t31\n36\t=1 1\t=1 2\t2\t2\t4\t7\t2\t7\t1\t5\t2\t5\t1\t\t\t\t41\n37\t4\t6\t3\t2 2\t1 =1 3\t7\t4 3\t2\t1\t3\t5\t4\t1\t2\t\t1\t45\n38\t=1 2\t=1\t=5 1 2\t\t\t3\t\t3\t5\t4\t2\t1\t5\t4\t3\t\t42\nSumma jVorz.-TIrtli\t1 8\t15\t!14\t19\t30\t38\t41\t45\t39\t36\t28\t20\t8\t7\t4\t1\t","page":132},{"file":"p0133.txt","language":"de","ocr_de":"Zur experimentellen Aesthetik einfacher r\u00e4umlicher Formverh\u00e4ltnisse. 133\nUm dem Einwurf zu begegnen, dass A durch vorhergehende Uebung beeinflusst sei, habe ich dieselben Versuche mit der Versuchsperson M ausgefuhrt. Diese hatte sich noch niemals an derartigen Untersuchungen betheiligt; ihre Sch\u00e4tzungen mussten also vollst\u00e4ndig \u00bb naiv (t sein. Zuerst wurde die Methode paarweiser Vergleichung angewandt; die Resultate finden sich in Tabelle VI. Vergleicht man diese Ergebnisse mit den correspondirenden der Versuchsperson A m Tab. I, so l\u00e4sst sich der Einfluss der Uebung auf die Sicherheit der Wahl deutlich erkennen. Widersprechende Urtheile, die bei A selten vorkamen, sind hier zahlreich, und zwar traten sie, wie ich beobachten konnte, in der ersten Zeit h\u00e4ufiger auf als sp\u00e4ter. Trotz-\u00b0m lasst Slch auch hier leicht ein Gebiet gr\u00f6\u00dfter Wohlgef\u00e4lligkeit erausheben, und m diesem bestimmt sich 30 mit 45 Bevorzugungen und nur 1 Verwerfungsurtheil als Kernpunkt. 28 und 29 auf der einen Seite, 31 und 32 auf der anderen haben ungef\u00e4hr denselben \u00e4sthetischen Werth. Von 27 bez. 33 an nimmt der Grad der Wohl-gefalligkeit stark ab.\nErst nach Beendigung dieser Versuche wandte ich die Methode der progressiven Reihe an. Dabei ergab sich folgendes Resultat:\nConst. Maj. Wohlgef. Min.\tMV Zahl d. Versuche\n50 mm\t30,3 mm\t0,7 mm\t6\nTrotz der Schwankungen der Einzelurtheile, die auch hier wohl nur auf Mangel an Uebung beruhen, ist die Uebereinstimmung mit dem nach der andern Methode gewonnenen Resultat eine auffallende. Dass die Versuchsperson M das Verh\u00e4ltniss des goldenen Schnittes (30,09 : 50) fast genau getroffen hat, w\u00e4hrend A die Proportion 1 : 2 bevorzugte, darauf werde ich erst sp\u00e4ter n\u00e4her eingehen k\u00f6nnen: hier handelt es sich nur um die Contr\u00f4le der Methode.\nZu gleichem Zweck habe ich noch eine zweite Serie von Ver-sucnen mit B angestellt. Die hierbei benutzten Figuren sind mit schwarzer Tinte auf wei\u00dfes Papier gezeichnet. Auf 50 mm langen Horizontalen steht eine Linie von 20 mm senkrecht. Die 19 Figuren sind m der Reihenfolge 1 \u2014 19 numerirt und unterscheiden sich nur lurch die Lage des Schnittpunktes auf der Horizontalen1). Ordnet\n1) Siehe unter Tab. XII, Serie III, Reihe 16 und A' der Tafel II.\nEinige Figuren in Fig. 4 A","page":133},{"file":"p0134.txt","language":"de","ocr_de":"134\nLightner Witmer.\nTabelle VII.\n200 Vergleichungen der Figuren Reihe 16. Versuchsperson M. Paarweise Vergleichung. Vorzugsurtheile vertical; Verwerfungs-urtheile horizontal. Gleichheitsurtheile =.\nNummer\t19\t18\t17\t16\t15\t14\t13\t12\t11\t10\tSumma\nder Figur in der Reihe\t1\t2\t3\t4\t5\t6\t7\t8\t9\t\tVerw.-Urtli.\n19\t\t5\t5\t5\t6\t2\t5\t4\t4\t4\t40\n1\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\n18\t\t\t3\t5\t4\t4\t4\t5\t5\t4\t34\n2\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\n17\t\t\t\t4\t5\t4\t4\t4\t= i\t4\t26\n3\t\t\t\t\t\t\t\t\ti\t\t\n16\t\t\t\t\t4\t= 2\t4\t= 1\t= i\t2\t20\n4\t\t\t\t\t\t6\t\t2\t2\t\t\n15\t\t\t2\t\t\t5\t1\t= 1\t= 1\t4\t14\n5\t\t\t\t\t\t\t\t\t2\t\t\n14\t\t\t\t\t\t\t4\t= 2\t2\t1\t8\n6\t\t\t\t\t\t\t\t1\t\t\t\n13\t\t\t\t\t\t= 3\t\t2\t\t5\t7\n7\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\n12\t\t\t\t2\t2\t= 1\t= 1\t\t\t= 1\th\n8\t\t\t\t\t\t1\t3\t\t\t3\t\n11\t\t= i\t= 1\t\t3\t= 1\t2\t2\t\t8\t18\n9\t\t\t2\t\t\t1\t\t\t\t\t\n10\t\t\t\t\t\t\t2\t2\t\t\t4\nSumma Vorz.-Urth.\t0\t5\t12\t16\t24\t23\t29\t22\t16\t35\t\nTabelle VIII.\n162 Versuche. 9 Figuren verglichen mit allen andern der Reihe.\nVersuchsperson M.\n\t3\t7\t8\t9\t10\t11\t12\t13\t17\nBevorzugt\t5\t14\t13\t4\t18\t9\t14\t17\t3\nVerworfen\t13\t4\t5\t14\t0\t9\t4\t1\t15","page":134},{"file":"p0135.txt","language":"de","ocr_de":"Zur experimentellen Aesthetik einfacher r\u00e4umlicher Formverh\u00e4ltnisse.\t135\nman sie in progressiver Reihe, so ist der Fu\u00dfpnnkt der Senkrechten bei der ersten Figur 2,5 mm vom Ende der Curve entfernt, bis er schlie\u00dflich, hei der letzten Figur, eine Entfernung von 47,5 mm erreicht. Wurde die ganze Reihe auf einmal und zwar in der angegebenen Ordnung der Versuchsperson vorgelegt, so w\u00e4hlte sie die Figur 10, in welcher die Verticale genau in der Mitte steht, die Abschnitte der Horizontalen also 25 mm betragen und einander gleich sind. Zuerst meinten alle Personen, mit denen ich denselben Versuch wiederholte, alle anderen Figuren seien gleich missf\u00e4llig; aber nach genauer Betrachtung gelang es, verschiedene Abstufungen zu bemerken. Denn auf die Frage, ob etwa die Wohlgef\u00e4lligkeit von Fig. 10 an nach beiden Seiten der Reihe hin stetig abnehme, fanden sie, dass 9 und 11, bei denen das Verh\u00e4ltniss der horizontalen Abschnitte dem Gleichheitsverh\u00e4ltniss sehr nahe steht, bedeutend missf\u00e4lliger seien als die entfernteren Figuren 8 und 12. Und es ergab sich, dass die Wohlgef\u00e4lligkeit in Fig. 10 ihr Maximum besitzt, von da aus nach beiden Seiten zuerst steil abf\u00e4llt und dann wieder zunimmt, um in Nummer 7\u20148 resp. 12\u201413, wo das Verh\u00e4ltniss dem goldenen Schnitt nahe kommt, einen zweiten H\u00f6hepunkt zu erreichen; von diesem sinkt sie dann wieder allm\u00e4hlich herab1).\nEs fiel weiter, was ich als eine interessante Thatsache besonders hervorhehen m\u00f6chte, den meisten Versuchspersonen auf, dass die Stellung der Verticalen rechts vom Mittelpunkt der Figur gef\u00e4lliger erscheine als die Verschiebung derselben nach links. Hierdurch werden die Abschnitte der Gefiihlscurve rechts und links vom Maximum unsymmetrisch, w\u00e4hrend die entsprechenden Figuren rechts und links von Nummer 10 symmetrisch liegen. Obgleich alle diese Gef\u00fchlsdifferenzen gering sind, so muss doch, falls sie von der Reihenfolge unabh\u00e4ngig sind, das n\u00e4mliche Resultat auch bei Anwendungen eines anderen Verfahrens sich ergeben.\nIch habe daher Versuchsperson M mit denselben Figuren noch 200 Versuche nach der Methode der paarweisen Vergleichung machen lassen. Die Resultate derselben finden sich in Tab. VII zusammengestellt. Die Figuren sind hier nach ihrer Stellung in der Reihe numerirt; bei 1 ist also der Fu\u00dfpunkt der Verticalen 2,5 mm\n1) Vergl. im 2. Theil dieser Abhandlung Tab. XII.","page":135},{"file":"p0136.txt","language":"de","ocr_de":"136\nLiglitncr Witmer.\nvom linken Ende, bei 19 2,5 mm vom rechten Ende der Horizontalen entfernt. Diese Tabellen ber\u00fccksichtigen nur das Verh\u00e4ltniss der beiden Abschnitte zu einander, in welche die Horizontale durch die Senkrechte zerlegt wird, einerlei ob der kleinere Abschnitt rechts und der gr\u00f6\u00dfere links liegt oder umgekehrt; es sind daher immer die Resultate von je zwei gleichweit von der Reihenmitte entfernte Figuren zusammengefasst. Man bemerkt leicht, dass Fig. 10 am meisten bevorzugt ist; ihr am n\u00e4chsten kommen Fig. 7 und 13, die 29 Bevorzugungen und nur 7 Verwerfungsurtheile erhalten haben.\nUm weiter zu untersuchen, ob die Stellung der Verticalen rechts oder links vom Mittelpunkte auch bei Anwendung dieser Methode ihren Einfluss geltend mache, habe ich eine kleine Versuchsreihe ausgef\u00fchrt, deren Ergebnisse Tab. VIII veranschaulicht. Jede von den neun Figuren, die in der oberen Columne angegeben sind, wurde successive mit allen anderen Figuren der Reihe verglichen. Nummer 10 zeigt sich wieder als das gef\u00e4lligste Verh\u00e4ltniss mit 18 Bevorzugungen und keinem Verwerfungsurtheil. Betrachtet man aber die Zahlenverh\u00e4ltnisse der anderen Nummern, so stellt sich in der That heraus, dass die Figuren 3, 7, 8 und 9, bei denen die Verticale links vom Mittelpunkte liegt, den Figuren 11, 12, 13 und 17, bei denen sie nach rechts liegt, an \u00e4sthetischem Werth nachstehen: erstere Gruppe ist zusammen 36mal bevorzugt und 36 mal verworfen; letztere dagegen hat 43 Bevorzugungen und nur 29 Verwerfungsurtheile erhalten. Dasselbe zeigt sich auch bei den einzelnen Figuren: Nummer 9 erhielt 4 Bevorzugungen und 14 Verwerfungsurtheile; die correspondirende Nummer 11 dagegen 9 Bevorzugungen und 9 Verwerfungsurtheile. Aehnlich verhalten sich auch die Figuren 8 und 12, 7 und 13. Eine einzige Ausnahme bildet das Figurenpaar 3 und 17: 17 hat 3 Bevorzugungen und 15 Verwerfungsurtheile, w\u00e4hrend 3 5 Bevorzugungen und 13 Verwerfungsurtheile erhielt. Doch ist dieser Widerspruch ohne Bedeutung; er entstand n\u00e4mlich infolge einer eigenartigen Association, deren sich die Versuchsperson auch bewusst war: sobald die Verticale nahe ans Ende r\u00fcckte, dachte M sich unwillk\u00fcrlich die Endpunkte der Linien mit einander verbunden, wodurch die Figuren sich in Dreiecke verwandelten, deren Vergleichung nat\u00fcrlich aus dem Rahmen dieser Untersuchung herausfiel. \u2014 Es zeigt sich also, dass auch die Me-","page":136},{"file":"p0137.txt","language":"de","ocr_de":"Zur experimentellen Aesthetik einfacher r\u00e4umlicher Formverh\u00e4ltnisse.\t137\nthode paarweiser Vergleichung keine neuen Resultate zu Tage f\u00f6rdert: es kam nichts mehr und nichts weniger heraus, als was sich schon nach der Methode der progressiven Reihenanordnung viel bequemer ergeben hatte.\nDurch alle diese Control versuche glaube ich die Bedenken, die sich gegen die von mir bevorzugte Modification der Wahlmethode erheben, hinl\u00e4nglich beseitigt zu haben.\nNach dieser Methode nun habe ich den Versuchspersonen eine Reihe von Figuren vorgelegt und sie aufgefordert, bei Durchmusterung der einzelnen Verh\u00e4ltnisse genau auf die Intensit\u00e4tsschwankungen ihres Gef\u00fchles zu achten. Bezeichnet 1 : x das allgemeine Dimen-sionsverh\u00e4ltniss dieser Figuren, so war den Versuchspersonen die Aufgabe gestellt, zu pr\u00fcfen, 1) oh bei einer stetigen Ver\u00e4nderung von x auch der \u00e4sthetische Werth der entsprechenden Figuren einer stetigen Ver\u00e4nderung unterliege, und 2) welche Grade im besondern das Gef\u00fchl f\u00fcr bestimmte Werthe von x annehme.\nEs fiel allen Versuchspersonen, und zwar bei jeder Art von Figuren, sehr leicht, die Missf\u00e4lligkeit derjenigen Verh\u00e4ltnisse, in denen x am gr\u00f6\u00dften ist, zu constatiren. Von diesem Gebiete aus steigt der Gef\u00fchlston, mit Abnahme des Werthes von x, und zwar stetig bis zu einer gewissen H\u00f6he, nimmt f\u00fcr kleiner werdendes x wieder stetig ab, um noch einmal bei dem Verh\u00e4ltniss 1 : \\{x = 1 ), und zwar pl\u00f6tzlich, aufzusteigen. Es ergibt sich also in der That, dass die Gef\u00fchlsh\u00f6he eine stetige Function der ver\u00e4nderlichen x bildet, also bei einer stetigen Aenderung des Dimensionsverh\u00e4ltnisses einer Figur stetig w\u00e4chst oder abnimmt \u2014 nur mit einer einzigen Ausnahme : in dem Moment n\u00e4mlich, wo das stetig kleiner werdende x den Werth 1 erreicht, tritt eine discontinuirliche Aenderung des Gef\u00fchles ein. Es kommt hier nicht darauf an, ob etwa die ganze Reihe h\u00e4sslich ist und also auch die bevorzugten Figuren immer noch missfallen, sondern es handelt sich lediglich um relative Gef\u00fchlsschwankungen. Enthalte nun die AbscissenachSe eines Coordi-natensystems alle Werthe von x, so trage man die den verschiedenen Werthen von x entsprechenden Gef\u00fchlsh\u00f6hen als Ordinaten auf, und zwar die Lustwerthe als positive, die \u00fcnlustwerthe als negative Ordinaten: durch Verbindung der Endpunkte der Ordinaten erh\u00e4lt man dann eine \u00bbCurve des \u00e4sthetischen Gef\u00fchls\u00ab. Diese","page":137},{"file":"p0138.txt","language":"de","ocr_de":"138\nLightner Witmer.\nCurve steigt, wenn man bei den gr\u00f6\u00dften Wer then von x beginnt, zuerst schnell und dann langsamer bis zu einem Maximum empor, f\u00e4llt von hier ziemlich steil ab und bildet bei x = 1, ohne Ueber-gang, weil hier ein pl\u00f6tzlicher Umschlag des Gef\u00fchls stattfindet, einen isolirten Punkt. Es kann Vorkommen, dass die Curve in ihrem ganzen Verlauf unterhalb der Abscissenachse bleibt, oder auch dass alle Ordinaten positiv liegen. Wenn aber die den gr\u00f6\u00dften Werthen von x entsprechenden Figuren missf\u00e4llig sind und der erste H\u00f6henpunkt des Gef\u00fchls \u00fcber der Abscissenachse liegt, so muss die Curve jedenfalls einmal die 2-Achse durchschneiden, wo dann die Ordinate = 0 wird, d. h., es muss in der Reihe eine Figur gehen, der weder ein Lust-, noch ein Unlustwerth zukommt, sondern die \u00e4sthetisch indifferent ist.\nTabelle IX.\nResultate eines Versuchs mit Rechtecken zur Feststellung einer Curve der \u00e4sthetischen Wohlgef\u00e4lligkeit. Zahl der Versuchspersonen 10.\n\tVerh\u00e4ltniss\t\tMV\nAnfangsfigur der Reihe\ti\t5,760\t\u2014\nIndifferenzpunkt der Wohlgef\u00e4lligkeit\tl\t2,417\t0,211\nWohlgef\u00e4lligstes Verh\u00e4ltniss (0)\tl\t1,651\t0,084\nScheinbares Quadrat (1 \u2022 1)\tl\t1,030\t0,008\nFigur von gleicher Wohlgef\u00e4lligk. mit demselben\ti\t1,452\t0,093\n\u00bb \u00bb \u00bb \u00bb )) \u00bb\tl\t2,201\t0,180\n\u25a0Maximum\u2014der Wohlgef\u00e4lligk. zwischen 0 u. 1 : 1\tl\t1,181\t0,049\nZweites Minimum von gleicher Wohlgef\u00e4lligkeit\tl\t3,090\t0,743\nF\u00fcr den Verlauf einer solchen Curve ist es also besonders wichtig festzustellen, wo der Indifferenzpunkt und wo das Maximum liegt, wie tief ferner die Curve sinkt, wenn x sich dem Werthe 1 n\u00e4hert, und wie hoch der isolirte Punkt hei x \u2014 \\ liegt. Ich gehe hier in Tabelle IX die Resultate einer solchen Versuchsreihe, lediglich zu dem Zweck, die Lageverh\u00e4ltnisse dieser Hauptpunkte an einem concreten Beispiel zu verdeutlichen. Die Figurenreihe","page":138},{"file":"p0139.txt","language":"de","ocr_de":"Zur experimentellen Aesthetik einfacher r\u00e4umlicher Formverh\u00e4ltnisse.\n139\nenthielt 20 Rechtecke aus wei\u00dfem Carton; das Seitenverh\u00e4ltniss derselben bewegte sich von 1 : 5,760 bis 1:1, und zwar in der Weise, dass der Inhalt der Rechtecke immer constant blieb: betrugen daher bei der ersten Figur die Seiten 25 resp. 144 mm, so mussten sie in der letzten Figur beide gleich V25 . 144 = 60 mm sein. Die Tabelle gibt den Durchscbnittswerth der gew\u00e4hlten Verh\u00e4ltnisse an nebst der mittleren Abweichung derselben vom Durchschnittswerthe. Diese Untersuchung ist bei einer nur geringen Anzahl von Personen ausgef\u00fchrt worden; trotzdem ist die mittlere Variation auffallend klein und scheint ungef\u00e4hr dem Werthe von x direct proportional zu sein. Dass sich bei dem Gleichheitsverh\u00e4ltniss eine so geringe mittlere Variation findet, beruht wahrscheinlich darauf, dass es nicht nach dem Gef\u00fchl, sondern nach dem Augenma\u00df ausgesucht wurde. Aus dieser Tabelle ergibt sich als \u00e4sthetisch indifferent das Ver-h\u00e4ltniss 1 : 2,417, w\u00e4hrend 1 : 1,651 die wohlgef\u00e4lligste Proportion bildete. Als Quadrat wurde in Folge der optischen T\u00e4uschung ein Rechteck von dem durchschnittlichen Verh\u00e4ltniss 1 : 1,030 angesehen; und dieses subjective Gleichheitsverh\u00e4ltniss erschien allen Versuchspersonen weniger angenehm als die wohlgef\u00e4lligste Proportion 1 : 1,651. Daraus kann man schlie\u00dfen, dass es zwei Verh\u00e4ltnisse, und zwar eins auf jeder Seite der wohlgef\u00e4lligsten Proportion geben muss, die dem scheinbaren Quadrat an \u00e4sthetischem Werth gleich kommen. Es gelang in der That, solche zu finden, und zwar verhielten sich die Seiten der betreffenden Rechtecke wie 1 \u2022 1,452 resp. 1 : 2,201. Zwischen der wohlgef\u00e4lligsten Proportion und dem subjectiven Quadrat erreichte das Gef\u00fchl bei dem Verh\u00e4ltniss 1 : 1,181 ei\u00fc Minimum mit entschiedenem Unlustcharakter; ihm gleich an Missf\u00e4lligkeit stand das Verh\u00e4ltniss 1 : 3,090.\nF\u00fci die \u00e4sthetische Gef\u00fchlscurve dieser Figurenreihe sind somit 7 Hauptpunkte ihrer Lage nach bestimmt und zwar : der Indifferenzpunkt, das Maximum, der Punkt der subjectiven Gleichheit nebst 2 \u00e4sthetisch gleichwerthigen Punkten rechts und links vom Curvenh\u00f6hepunkt und endlich das Minimum nebst seinem Aequi-valenzpunkt. Durch einfache Verbindung dieser Punkte ist eine Curve zu gewinnen, welche Fig. 1 wiedergibt. Diese veranschaulicht also ungef\u00e4hr die Abh\u00e4ngigkeit des Gef\u00fchls von dem Verh\u00e4ltniss der Dimensionen dieser Figuren. Aber ich muss sogleich darauf","page":139},{"file":"p0140.txt","language":"de","ocr_de":"140\nLightner Witmer.\naufmerksam machen, dass der Lauf dieser Curve in der N\u00e4he des Gleichheitsverh\u00e4ltnisses dem thats\u00e4chlichen Verhalten des Gef\u00fchles nicht entspricht. Denn wie wir schon oben erw\u00e4hnten, \u00e4ndert das Gef\u00fchl sich hier nicht continuirlich. Dasjenige Rechteck, welches\n3.090\n: t.030\nFig. 1.\nals Quadrat erscheint, wirkt im Sinne der Lust; das ihm n\u00e4chstgelegene dagegen, welches nicht mehr als Quadrat erscheint, missf\u00e4llt entschieden. Zwei benachbarte Punkte der Abscissenachse haben also, der eine eine positive, der andere eine negative Ordinate, und es ist sogleich zu sehen, dass die Endpunkte dieser Ordinaten sich unm\u00f6glich ber\u00fchren k\u00f6nnen. Die Curve wird daher an dieser\nFig. 2.\nStelle in ihrem stetigen Lauf unterbrochen, und es entsteht ein isolirter Punkt. \u2014 Aber es ist noch ein zweites zu ber\u00fccksichtigen. Das Verh\u00e4ltniss 1 : 1,030 ist nicht das einzige, welches als Quadrat angesehen wurde, sondern es ist nur ein Durchschnittswerth. Denn","page":140},{"file":"p0141.txt","language":"de","ocr_de":"141\nZur experimentellen Aesthetik einfacher r\u00e4umlicher Formverh\u00e4ltnisse.\nauch von den benachbarten Rechtecken wurden mehrere, namentlich wenn die Aufmerksamkeit intensiv auf die Sch\u00e4tzung der Gef\u00fchle gerichtet und dadurch f\u00fcr die Gr\u00f6\u00dfensch\u00e4tzung die Unterschiedsempfindlichkeit sehr verringert war, f\u00fcr gleichseitig angesehen, und diese waren daher hinsichtlich des \u00e4sthetischen Werthes dem Verh\u00e4ltniss 1 : 1,030 \u00e4quivalent. In der graphischen Darstellung muss sich also in Folge der geringen Unterschiedsempfindlichkeit der oben erw\u00e4hnte isolirte Punkt zu einer kleinen wagerechten Linie ausdehnen; auch diese liegt immer noch isolirt, denn zwischen dem Rechteck, welches noch als Quadrat angesehen wird und daher gefallt, und demjenigen, welches nicht mehr als Quadrat aufgefasst wird und stark missf\u00e4llt, kann es keine \u00dceberg\u00e4nge geben. Fig. 2 zeigt, wie sich unter Ber\u00fccksichtigung dieser Momente der Verlauf der Curve gestalten muss. Die Gef\u00fchlswerthe, die dem Quadrat, oder vielmehr den scheinbaren Quadraten zukommen, fallen somit aus der stetigen Reihe der \u00fcbrigen Gef\u00fchlswerthe vollst\u00e4ndig heraus; und schon diese Discontinuit\u00e4t der Curve weist darauf hin, dass wir es bei der anscheinend einheitlichen Figurerireihe doch mit zwei disparaten Gruppen zu thun haben. Theoretische Erw\u00e4gungen sowie die Selbstbeobachtung aller Versuchspersonen bei der \u00e4sthetischen Vergleichung f\u00fchren zu demselben Resultat, n\u00e4mlich, dass die Wohlgef\u00e4lligkeit eines Quadrats ganz anderer Art ist als die eines ungleichseitigen Rechtecks. Diese Verschiedenheit gilt auch f\u00fcr alle anderen Arten von Figuren ; die Gleichheit l\u00e4sst sich zwar begrifflich als ein Verh\u00e4ltniss auffassen, aber in der Anschauung fallen Gleichheit und Proportionalit\u00e4t als g\u00e4nzlich verschieden auseinander und ganz andere Factoren bestimmen bei dieser den \u00e4sthetischen Gef\u00fchlston als bei jener. Das Quadrat ist sch\u00f6n, weil die Seiten gleich sind und weil man sieht, dass sie gleich sind. Die Versuchspersonen waren sich deutlich bewusst, dass sie diese Figuren wegen ihrer Regelm\u00e4\u00dfigkeit bevorzugten. Die Wohlgef\u00e4lligkeit eines l\u00e4nglichen Rechteckes hingegen r\u00fchrt daher, dass die unmittelbare Wirkung seiner Form eine angenehme ist, einen Grund f\u00fcr die Bevorzugung gerade dieser Form wusste aber keine der Versuchspersonen anzugeben.\nA'och deutlicher kommt diese Verschiedenheit der Gleichheitsund der Ungleichheitsverh\u00e4ltnisse bei der Ellipse zum Ausdruck\u00bb","page":141},{"file":"p0142.txt","language":"de","ocr_de":"142\nLighter Witraer.\nStellt man eine stetige Reihe von Ellipsen in der Weise her, dass die eine Achse von n bis 1 abnimmt, w\u00e4hrend die andere constant = \u00ce bleibt, so erh\u00e4lt man als Endglied dieser Reihe einen Kreis. Logisch l\u00e4sst 'sich gegen diese Reihe nichts einwenden : der Begriff \u00bbKreis geh\u00f6rt mathematisch betrachtet unter den Gattungsbegriff \u00bbEllipse\u00ab. Aber das Bild eines Kreises ist f\u00fcr das Gef\u00fchl ganz anderer Art als das einer Ellipse; zwischen zwei beliebigen Ellipsen wird man eine weit geringere Verschiedenheit als zwischen einer Ellipse und einem Kreise finden.\nDer Kreis erscheint daher schon auf den ersten Blick als eine fremde Figur in der Ellipsenreihe. Man kann ja immerhin einen Kreis und eine Ellipse hinsichtlich ihres \u00e4sthetischen Werthes mit einander vergleichen, aber nicht, wie man eine Ellipse mit einer Ellipse, sondern etwa wie man eine Ellipse mit einem Viereck vergleicht. \u2014 Will man daher durch eine Curve ausdr\u00fccken. wie sich mit dem Dimensionsverh\u00e4ltniss einer Figurengattung der Gef\u00fchlston \u00e4ndert, so m\u00fcssen in derselben die \u00e4sthetischen Werthe der Figuren mit scheinbar gleichen Dimensionen unber\u00fccksichtigt bleiben. Ohne die wagrechte Linie bildet daher Fig. 2 eine Curve des \u00e4sthetischen Wohlgefallens an r\u00e4umlichen Formverh\u00e4ltnissen im allgemeinen oder anders ausgedr\u00fcckt eine Curve der \u00e4sthetischen r\u00e4umlichen Proportionalit\u00e4t. F\u00fcr den Verlauf einer solchen Curve der \u00e4sthetischen Proportionalit\u00e4t bleiben nur noch drei Hauptpunkte bestimmend: das Maximum, der Indifferenzpunkt des aufsteigenden und das Minimum des absteigenden Curvenschenkels. Auch die \u00fcbrigen Punkte der Curve Av\u00fcrden sich leicht gewinnen lassen, und wenn man ber\u00fccksichtigt, dass es f\u00fcr jeden Punkt des einen Schenkels einen gleichwerthigen Punkt auf dem anderen Schenkel geben muss, so ist es nur n\u00f6thig, die relative Lage der Punkte eines Schenkels festzustellen: die des anderen findet man dann sehr leicht durch Vergleichung.\nF\u00fcr eine exacte Darstellung des Curvenverlaufs w\u00fcrde es aber nicht gen\u00fcgen zu wissen, dass die Gef\u00fchlsordinate eines Verh\u00e4ltnisses gr\u00f6\u00dfer resp. kleiner ist als die eines anderen Verh\u00e4ltnisses, sondern man m\u00fcsste den Unterschied beider genau angeben k\u00f6nnen ; es m\u00fcsste ein festes Ma\u00df geben, in welchem die Gef\u00fchlsh\u00f6hen sich zahlenm\u00e4\u00dfig ausdr\u00fccken lie\u00dfen. Vielleicht k\u00f6nnte man einen solchen","page":142},{"file":"p0143.txt","language":"de","ocr_de":"Zur experimentellen Aesthetik einfacher r\u00e4umlicher Formverh\u00e4ltnisse.\n143\nMa\u00dfstab auf folgende Weise gewinnen. Bezeichnet in Fig. 2 A das Verh\u00e4ltniss mit einem Nullwerthe des \u00e4sthetischen Wohlgefallens oder den Indifferenzpunkt, und B dasjenige Verh\u00e4ltniss, dem ein ebenmerklicher Lustwerth zukommt, so wird die Entfernung AB von der Unterschiedsempfindlichkeit abh\u00e4ngig und dieser umgekehrt proportional sein. Errichtet man nun in B eine Ordinate von beliebiger H\u00f6he = B B', so wird diese die Gr\u00f6\u00dfe des ebenmerklichen positiven Gef\u00fchls ausdr\u00fccken. Unter der Voraussetzung \u2014 die Berechtigung derselben zu pr\u00fcfen, ist hier nicht der Ort \u2014 dass alle ebenmerklichen Gef\u00fchlsunterschiede einander gleichzusetzen seien, w\u00fcrde man dann BB' als Ma\u00dfeinheit der Gef\u00fchlsordinaten benutzen k\u00f6nnen.\nHat man nun f\u00fcr eine Reihe bestimmter Figuren die Abh\u00e4n-gigkeit des Gef\u00fchls von dem Verh\u00e4ltniss der Dimensionen in der angegebenen Weise experimentell festgestellt, so erhebt sich die krage, ob diese Curve auch f\u00fcr jede andere Figurengattung gelte. Liegen etwa bei einer Reihe von Ellipsen, von Dreiecken, Kreuzen u. s. w. das Maximum, das Minimum und der Indifferenzpunkt immer bei demselben Verh\u00e4ltniss? Eine solche Curve \u00e4sthetischer Proportionalit\u00e4t \u00fcberhaupt l\u00e4sst sich nicht ohne weiteres annehmen ; es w\u00e4re sehr wohl denkbar, dass die besondere Gestalt der Figur die Lage des H\u00f6hepunktes beeinflusse ; ja vielleicht gibt es sogar Reihen mit mehreren H\u00f6hepunkten, und bei Abweichung des Maximums w\u00fcrde sich nat\u00fcrlich auch der \u00fcbrige Verlauf der Curve verschieben. Die obige Frage kann aber, wie schon aus den vorangegangenen Er\u00f6rterungen hervorgeht, nur auf experimentellem Wege gel\u00f6st werden.\nIn dem zun\u00e4chstfolgenden Abschnitt meiner Arbeit theile ich nun die Resultate einer experimentellen Untersuchung \u00fcber das \u00e4sthetische Maximum bei verschiedenen Arten von Figuren mit. Es war hierbei besonders zu untersuchen:\n1)\tob etwa bei einigen Figurenarten die Gef\u00fchlscurve mehrere Maxima besitze ;\n2)\twenn dieses nicht der Fall sein sollte, ob dann die Curve immer bei demselben Verh\u00e4ltniss ihren H\u00f6henpunkt erreicht;\n3)\twelches der mathematische Ausdruck f\u00fcr das wohlgef\u00e4lligste Verh\u00e4ltniss sei, ob etwa die Formel des goldenen Schnittes oder <he einer andern Proportion.","page":143},{"file":"p0144.txt","language":"de","ocr_de":"144 Lightner Witmer. Zur experimentellen Aesthetik einfacher r\u00e4umlicher Formverh\u00e4ltnisse.\nAuf die Untersuchung anderer Curvenpunkte habe ich mich nicht einlassen k\u00f6nnen. Vielleicht w\u00e4re noch der Indifferenzpunkt des aufsteigenden sowie das Minimum des absteigenden Curven-schenkels zu ber\u00fccksichtigen gewesen; doch w\u00fcrde dieses den Umfang vorliegender Arbeit zu weit ausgedehnt haben. Die Feststellung der noch \u00fcbrigen Punkte ist vielleicht schon weniger werthvoll und stie\u00dfe m\u00f6glicherweise auch auf gro\u00dfe praktische Schwierigkeiten.\n(Schluss folgt im n\u00e4chsten Heft.)","page":144}],"identifier":"lit4227","issued":"1893","language":"de","pages":"96-144","startpages":"96","title":"Zur experimentellen Aesthetik einfacher r\u00e4umlicher Formverh\u00e4ltnisse","type":"Journal Article","volume":"9"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:28:05.800898+00:00"}