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{"created":"2022-01-31T14:17:04.428687+00:00","id":"lit4249","links":{},"metadata":{"alternative":"Philosophische Studien","contributors":[{"name":"St\u00f6rring, Gustav W.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Philosophische Studien 12: 475-524","fulltext":[{"file":"p0475.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Lehre vom Einfluss der Gef\u00fchle auf die Vorstellungen und ihren Verlauf.\nVon\nGustav Wilh. St\u00f6rring.\nMit einer Figur im Text.\nEinleitung.\nDie Gef\u00fchle bilden mit den Affecten und Stimmungen zusammen die verschiedenen Arten der Gem\u00fcthsbewegungen. Da Affecte und Stimmungen in manchen Beziehungen einen deutlicher erkennbaren Einfluss auf die Vorstellungen und ihren Verlauf aus\u00fcben als die einfachen Gef\u00fchle, so wird es zweckm\u00e4\u00dfig sein, die Beziehungen der Gef\u00fchle zu den Affecten und Stimmungen vorweg zu untersuchen, damit man sieht, inwieweit die betreffenden Wirkungen der Affecte und Stimmungen einen R\u00fcckschluss zulassen auf die Wirkungen einfacher Gef\u00fchle.\nDie Affecte unterscheiden sich nun von den einfachen Gef\u00fchlen im wesentlichen in zwei Punkten: Erstens liegen den Affecten Gef\u00fchle st\u00e4rkerer Intensit\u00e4t zu Grunde, welche mit physiologischen Begleiterscheinungen verbunden sind, die selbst wieder Gef\u00fchle erzeugen. Es handelt sich also bei ihnen den einfachen Gef\u00fchlen gegen\u00fcber um complexe Gebilde. Sodann bringen die Affecte eine St\u00f6rung im Vorstellungsverlauf hervor: der Vorstellungsverlauf wird inhaltlich in einseitiger Weise durch sie bestimmt und formell durch sie ver\u00e4ndert (beschleunigt oder verlangsamt).\nDiese Unterschiede sind aber nur Unterschiede des Grades. Sogenannte einfache Gef\u00fchle sind ebenfalls mit physiologischen\nWundt, Philos. Studien. XII.\t32","page":475},{"file":"p0476.txt","language":"de","ocr_de":"476\nGustav With. St\u00f6rring.\nBegleiterscheinungen verbunden, die selbst wieder empfunden werden und gef\u00fchlsbetont sind. Wir brauchen blo\u00df an die Resultate spbygmographischer, plethysmographischer und pneumatographischer Versuche zu erinnern. Es tritt diese Folgeerscheinung hier nur nicht so deutlich hervor als bei den durch st\u00e4rkere Gef\u00fchle bedingten Affecten. Eine einseitige Bestimmung des VorstellungsVerlaufs ist ferner durch einfache Gef\u00fchle gleichfalls gegeben, ebenso wie eine Aenderung der Schnelligkeit der Reproduction.\nEine viel geringere einseitige Bestimmung des Vorstellungsverlaufs tritt dagegen bei den Stimmungen auf. Sie charakterisiren sich n\u00e4mlich den einfachen Gef\u00fchlen und den Affecten gegen\u00fcber dadurch, dass sie nicht an eine bestimmte Vorstellung gebunden sind. Bei einer Analyse der Stimmungen d\u00fcrften sich folgende Componenten ergehen: Bei allen Stimmungen spielen eine gro\u00dfe Rolle die Organgef\u00fchle. Darunter hat man die mit den Organempfindungen verbundenen Gef\u00fchlst\u00f6ne zu verstehen. Mit diesen Gef\u00fchlst\u00f6nen verschmelzen diejenigen Gef\u00fchle, die sich auf die Organempfindungen von den Vorstellungen her \u00fcbertragen. In diese Verschmelzung gehen endlich noch solche mit Vorstellungen verbundene Gef\u00fchle ein, die l\u00e4nger persistiren als ihre Vorstellungen. Diesen ganzen Gef\u00fchlscomplex nennt man Stimmung.\nDa die Gef\u00fchle aus nahe liegenden Gr\u00fcnden einer experimentellen Untersuchung schwieriger zug\u00e4nglich sind als die Empfindungen, so ist es nicht zu verwundern, dass ihre experimentelle Behandlung noch wenig eindeutige Resultate ergeben hat.\nEinen gewissen Ersatz hierf\u00fcr k\u00f6nnen uns jedoch die pathologischen Thatsachen bieten, in denen gewisserma\u00dfen die Natur f\u00fcr uns Experimente anstellt. Am werthvollsten sind nat\u00fcrlich solche F\u00e4lle, in denen nur eine Componente prim\u00e4r ver\u00e4ndert ist. Da zeigen die Folgeerscheinungen, in welche verschiedenen Ur-sachencomplexe diese Componente mit eingeht und welche Ver\u00e4nderung ihre Modification in denselben hervorbringt. Die prim\u00e4ren Aenderungen einer Componente des Seelenlebens sind dabei entweder abnorm starke Grade von auch im gew\u00f6hnlichen Seelenleben auftretenden Modifikationen \u2014 in diesem Falle liegt der Werth der Heranziehung des pathologischen Materials in dem deutlicheren Hervortreten der Wirkungen des betreffenden ver\u00e4nderten Factors,","page":476},{"file":"p0477.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Lehre vom Einfluss der Gef\u00fchle auf die Vorstellungen und ihren Verlauf. 477\n\u2014 oder die Aenderungen finden selbst keine directe Analogie im normalen psychischen Lehen, weil die betreffende Componente hier nicht in gleicher Weise isolirt sich ver\u00e4ndert. In diesem Fall k\u00f6nnen wir den modificirten Factor als mitwirkend in Ursachen-complexen erkennen, in denen wir ihn sonst vielleicht nicht ver-muthet h\u00e4tten. Die Natur kommt uns aber nur in einer geringen Anzahl von F\u00e4llen in solcher Weise entgegen. Der Werth der pathologischen Erscheinungen f\u00fcr die normale Psychologie geht jedoch auch \u00fcber diese F\u00e4lle hinaus. Die pathologischen Erscheinungen k\u00f6nnen n\u00e4mlich noch in zweifacher Hinsicht f\u00fcr die normale Psychologie von Bedeutung sein, einmal indem sie uns Veri-ficationsm\u00f6glichkeiten f\u00fcr psychologische Theorien darhieten \u2014 denn es wird sich doch eine Theorie um so mehr empfehlen, je ungezwungener sie pathologische Thatsachen erkl\u00e4ren kann \u2014, sodann indem sie die Fragestellung f\u00fcr neue Probleme bestimmen.\nWir bemerken noch, dass wir die Frage nach dem physiologischen Correlat der Gef\u00fchle im Folgenden nicht discutirt haben, da sie uns zu weit von dem gegenw\u00e4rtigen Thema entfernt haben w\u00fcrde. Wir denken sie zum Gegenstand einer gesonderten Untersuchung zu machen.\nZuerst wollen wir denjenigen Einfluss der Gef\u00fchle auf die Vorstellungen untersuchen, der auf sie ausge\u00fcbt wird, indem die Gef\u00fchle im Process der Aufmerksamkeit eine Rolle spielen, w\u00e4hrend zugleich die Aufmerksamkeit die Vorstellungen beeinflusst. Wir werden diesen Einfluss im normalen und pathologischen Seelenleben gesondert behandeln. Der letztere interessirt uns hier jedoch nur, soweit er f\u00fcr die normale Psychologie von Bedeutung ist. In einem zweiten Abschnitt soll dann von dem Einfluss der Gef\u00fchle auf die Associations- und Reproductionsprocesse gehandelt werden. Aus praktischen Gr\u00fcnden wollen wir hierbei die Verh\u00e4ltnisse des normalen und pathologischen Seelenlebens im Zusammenhang er\u00f6rtern.\n32*","page":477},{"file":"p0478.txt","language":"de","ocr_de":"478\nGustav Wilh. St\u00f6rung.\nErster Abschnitt.\nEinfluss der Gef\u00fchle auf die Vorstellungen hei den Aufmerk-samkeitsprocessen.\nCapitel I.\nDie Gef\u00fchle in ihrer Wirkung auf die Vorstellungen bei dem Aufmerksamkeitsprocess des normalen Seelenlebens.\n1. G. E. M\u00fcllers Theorie der Aufmerksamkeit.\nDie verschiedenen Autoren denken verschieden \u00fcber die Bedeutung der Gef\u00fchle f\u00fcr die Aufmerksamkeit. Wir wollen hier keine systematische oder historische Uebersicht \u00fcber die verschiedenen Anschauungen geben, sondern nur etwas n\u00e4her auf die Auffassung Gr. E. M\u00fcller\u2019s eingehen, welcher die Bedeutung der Gef\u00fchle f\u00fcr die Aufmerksamkeit negirt. Am ausf\u00fchrlichsten finden wir die neuere Anschauung M\u00fcller\u2019s in der Dissertation von Pilzecker1). Mit ihr stimmen \u00fcberein gelegentliche Aeu\u00dferungen von G. E. M\u00fcller in den G\u00f6ttinger gelehrten Anzeigen XI, 1891 und Pfl\u00fcger\u2019s Archiv 45, S. 54ff., sowie in verschiedenen Recensionen der Ebbinghaus-K\u00f6nig\u2019sehen Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane. G. E. M\u00fcller gr\u00fcndet seine Auffassung der sinnlichen Aufmerksamkeit im wesentlichen auf Thatsachen der physiologischen Optik und Akustik.\nHelmholtz benutzte zur Betrachtung der Doppelbilder bei instantaner Beleuchtung einen schwarz gestrichenen Kasten, der an der vorderen und hinteren Wand von je zwei L\u00f6chern in der Entfernung der Augen durchbohrt war. Durch die vordere Wand sieht der Beobachter, vor der hinteren werden, die stereoskopisch zu vereinigenden Zeichnungen befestigt, die an correspondirenden Stellen mit einem Nadelstich durchbohrt sind. Bei der Betrachtung wird die Stelle des Nadelstiches fixirt. (H. p. 567.)\nBei Bildern, die leicht als Doppelbilder zu erkennen waren, gelang nun diese Erkennung auch beim Licht des elektrischen Funkens.\n1) A. Pilzecker, Die Lehre von der sinnlichen Aufmerksamkeit. M\u00fcnchen\n18S9.","page":478},{"file":"p0479.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Lehre vom Einfluss der Gef\u00fchle auf die Vorstellungen und ihren Verlauf. 479\nHelmholtz sagt hier\u00fcber: \u00bbDer erste Eindruck ist gew\u00f6hnlich der stereoskopisch einfache; wenn man aber in Pausen von etwa 10 Secunden, in denen die Nachbilder vollst\u00e4ndig erl\u00f6schen k\u00f6nnen, die Beobachtung wiederholt, so f\u00e4ngt man an, die Doppelbilder zu sehen, trotzdem man immer denselben Punkt fixirt und jede nachfolgende Lichtwirkung der ersten vollst\u00e4ndig gleich ist. Ja, selbst bei solchen Figuren, wo es mir relativ schwer wird, die Doppelbilder zu sehen, kann ich sie auch hei instantaner elektrischer Beleuchtung sehen, wenn ich mir vorher lebhaft vorzustellen versuche, wie sie aussehen m\u00fcssen. Der Einfluss der Aufmerksamkeit ist hier leichter zu beobachten, weil jede Einwirkung der Augenbewegungen ausgeschlossen ist\u00ab (S. 741).\nUnter den einen Wettstreit der Sehfelder erzeugenden Bedingungen konnte Helmholtz (pop. Vortr. 82) die eine oder die andere Farbe dadurch hervorbringen, dass er sich eine m\u00f6glichst deutliche Vorstellung von dem hervorrief, was er zu sehen w\u00fcnschte.\nAus einem Klang vermag man bekanntlich einen beliebigen Oberton herauszuh\u00f6ren, wenn man ihn vorher f\u00fcr sich hervorbringt oder sich deutlich vorstellt.\nDiese Methoden kommen alle darauf hinaus, \u00bbdass wir durch sie eine m\u00f6glichst deutliche Vorstellung von dem Tone, den wir h\u00f6ren wollen, bekommen\u00ab (M\u00fcller S. 341).\nWir haben nun nach M\u00fcller in den besprochenen F\u00e4llen eine Leistung der willk\u00fcrlichen sinnlichen Aufmerksamkeit vor uns. Gemeinsam ist ihnen die Wiedererzeugung eines Vorstellungsbildes von der betreffenden Qualit\u00e4t (Pilzecker S. 35). Dazu kommt dann noch eine Accommodation der Sinnesorgane an den Keiz. W\u00e4hrend es sich in diesen F\u00e4llen um eine qualitative Concentration der Aufmerksamkeit handelt, liegt auch die M\u00f6glichkeit einer rein localen Concentration der Aufmerksamkeit vor. Dieselbe ist z. B. verwirklicht in der wieder von Helmholtz herr\u00fchrenden Beobachtung, dass man bei instantaner Beleuchtung stereoskopischer Bilder unter den oben angegebenen Versuchsbedingungen im Stande ist, w\u00e4hrend man die beiden Nadelstiche\n1) G. E. M\u00fcller, Zur Lehre von der sinnl. Aufmerksamkeit. 1873.","page":479},{"file":"p0480.txt","language":"de","ocr_de":"480\nGustav With. St\u00f6rring.\nfest fixirt und in Deckung erh\u00e4lt, von den Objecten einer beliebigen Stelle des Gesichtsfeldes einen Eindruck zu erhalten, indem man die Aufmerksamkeit auf diese concentrirt. Hier soll \u00bbein vorbereitender Process durch Erzeugung einer schwachen Erregung im centrosensorischen Leitungsgebiet\u00ab stattfinden (Pilzecker S. 37). Beiden Arten der Concentration der willk\u00fcrlichen sinnlichen Aufmerksamkeit gemeinsam ist eine mehr oder minder vollst\u00e4ndige \u00bbWiedererneuerung desjenigen seelischen Zustandes\u00ab, in welchem sich die \u00bbSeele\u00ab befand, als ihr einmal von au\u00dfen her der entsprechende Reiz zur Empfindung kam (Pilzecker S. 30). Es fragt sich nun: Was haben nach der Meinung G. E. M\u00fcller\u2019s die Gef\u00fchle f\u00fcr diesen Process zu bedeuten? Dar\u00fcber \u00e4u\u00dfert sich Pilzecker in der Darstellung der M\u00fcl 1er\u2019sehen Lehre in folgender Weise:\n\u00bbNebenbei mag hier erw\u00e4hnt sein, dass nach Ribot \u00fcberall affective Zust\u00e4nde der Grund der Aufmerksamkeit sind. In diesem Punkte stimmt er mit Maudsley (a. a. O. cap. Y), ferner mit Horwicz (psychol. Analysen I. S. 530 ff.) und auch mit Wundt \u00fcberein. Man wird indessen schon in Beziehung auf diejenigen Versuche, welche f\u00fcr die Theorie der sinnlichen Aufmerksamkeit von fundamentaler Bedeutung sind (Wahrnehmung der Obert\u00f6ne, Helmholtz\u2019scher Versuch mit instantaner Beleuchtung, Wettstreit der Sehfelder und willk\u00fcrliche Beeinflussung desselben), mit Recht bezweifeln k\u00f6nnen, ob f\u00fcr die bei diesen Versuchen entwickelte Aufmerksamkeit affective Zust\u00e4nde ma\u00dfgebend seien. Wenn man freilich jeden willk\u00fcrlichen Zustand f\u00fcr einen affectiven erkl\u00e4rt und hiermit eine ganz neue Definition des Affectiven gibt, dann ist nat\u00fcrlich auch bei der willk\u00fcrlichen Aufmerksamkeit das affective Moment vorhanden. Im Uebrigen geh\u00f6ren die Motive der Aufmerksamkeit nicht hierher, wie wir \u00fcberhaupt hier an dem Vorgang der willk\u00fcrlichen Aufmerksamkeit nur dasjenige betrachten, was ihr als unterscheidendes Merkmal im Vergleich zu anderen willk\u00fcrlichen Akten zukommt. Eine Untersuchung \u00fcber den Willen \u00fcberhaupt zu geben, liegt nicht in unserer Aufgabe\u00ab (Pilzecker S. 44 und 45).\nBevor wir zur Kritik dieser Anschauung \u00fcbergehen, wollen wir noch kurz auseinandersetzen, was G. E. M\u00fcller \u00fcber die \u00fcbrigen Arten von Aufmerksamkeit sagt.","page":480},{"file":"p0481.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Lehre vom Einfluss der Gef\u00fchle auf die Vorstellungen und ihren Verlauf. 481\nMit der Frage, welche Gesetze den Kampf der eindringenden Sinnesreize aufs Bewusstsein regeln, soll die Frage nach dem Wesen der unwillk\u00fcrlichen sinnlichen Aufmerksamkeit aufgeworfen sein. Sie wird dahin beantwortet, dass die unwillk\u00fcrliche sinnliche Aufmerksamkeit angeregt wird durch gr\u00f6\u00dfere Intensit\u00e4t der Reize, durch gr\u00f6\u00dfere Ausdehnung, durch gr\u00f6\u00dfere Aehnlichkeit mit gegenw\u00e4rtigen Empfindungen und associative Beziehung zu diesen, endlich durch Pl\u00f6tzlichkeit des Eintritts. Der sinnlichen Aufmerksamkeit wird dann ferner die intellectuelle gegen\u00fcber gestellt, welche sich auf Vorstellungen richtet. Von unwillk\u00fcrlicher intellectueller Aufmerksamkeit ist da zu sprechen, wo eine Vorstellung oder ein Complex von Vorstellungen \u00bbvon selbst solche Vorstellungen re-producirt, durch die er appercipirt wird, d. h. seine n\u00e4here Deutung, Erg\u00e4nzung, Unterordnung unter allgemeinere Begriffe findet\u00ab (Pilzecker S. 17). Werden dagegen willk\u00fcrlich solche Vorstellungsgruppen reproducirt und in Bereitschaft gehalten, durch welche die Apperception eintretender oder erwarteter Vorstellungen bezweckt wird, so haben wir es mit willk\u00fcrlicher intellectueller Aufmerksamkeit zu thun.\nDiese Ausf\u00fchrungen gen\u00fcgen, um zu einer Kritik der M\u00fcller-schen Theorie der Aufmerksamkeit \u00fcbergehen zu k\u00f6nnen. Im Falle der von G. E. M\u00fcller behandelten \u00bbwillk\u00fcrlichen sinnlichen\u00ab Aufmerksamkeit kommen wir offenbar deshalb nicht ohne Gef\u00fchle aus, weil die reproducirte Vorstellung, mit der wir an den Sinneseindruck herantreten, so lange wir den Sinneseindruck erwarten, im Bewusstsein festgehalten werden muss. Diese Fixirung der Vorstellung im Bewusstsein kann aber nicht allein durch ihre Intensit\u00e4t bedingt sein, denn sie weicht nicht der st\u00e4rkeren Intensit\u00e4t auf das Bewusstsein eindringender Sinnesreize. Es ist vielmehr in erster Linie die Gef\u00fchlsbetonung, die diese Fixirung bedingt. Ist eine Vorstellung gef\u00fchlsstark, so behauptet sie sich im Bewusstsein im Gegensatz zu schw\u00e4cher betonten Vorstellungen.\nVon diesen Gef\u00fchlen zu unterscheiden sind secund\u00e4r entstehende, die sich an die bei gespannter sinnlicher Aufmerksamkeit auftretenden Muskelempfindungen anschlie\u00dfen. Sie sind nicht so constant wie die ersteren, da bei einer sich auf reproducirte Vor-","page":481},{"file":"p0482.txt","language":"de","ocr_de":"482\nGustav Wilh. St\u00f6rring.\nStellungen richtenden Aufmerksamkeit Muskelempfindungen eine geringe Rolle spielen. Weiter unten werden wir hierauf zur\u00fcck-kommen.\nWie bei der \u00bbwillk\u00fcrlichen\u00ab, so spielt f\u00fcr G. E. M\u00fcller auch bei seiner sogenannten unwillk\u00fcrlichen Aufmerksamkeit \u2014 und wohl erst recht bei dieser \u2014 das Gef\u00fchl keine Rolle. In erster Linie nennt er unter den Eigenschaften der Reize, welche die Aufmerksamkeit auf sich ziehen, die Intensit\u00e4t. Es ist die Frage bis jetzt noch nicht entschieden, ob die Intensit\u00e4t der Reize direct die Aufmerksamkeit zu bestimmen vermag, oder ob die Intensit\u00e4t die Aufmerksamkeit nur bestimmt, sofern sie die Gef\u00fchlsbetonung der entsprechenden Vorstellungen verst\u00e4rkt. Wenn die Gef\u00fchle eine Vorstellung im Blickpunkt des Bewusstseins zu fixiren verm\u00f6gen, im Gegensatz zu der abziehenden Tendenz anderer die Aufmerksamkeit bestimmender Vorstellungen, so muss man ihnen auch die F\u00e4higkeit zuschreiben, im Gegensatz zu anderen Vorstellungen eine stark gef\u00fchlsbetonte Vorstellung in den Blickpunkt des Bewusstseins zu r\u00fccken. Man muss sie eben wegen dieser Leistung als Repr\u00e4sentanten psychophysischer Energie auffassen.\nEs bleibt dann aber noch die Frage offen, ob wir in der Intensit\u00e4t einen zweiten Repr\u00e4sentanten psychophysischer Energie vor uns haben. Bei gef\u00fchlsbetonten Vorstellungen kann man sich jedenfalls die Wirkung der Intensit\u00e4ts\u00e4nderung auf die Aufmerksamkeit durch Erzeugung einer entsprechenden Gef\u00fchls\u00e4nderung verst\u00e4ndlich machen. Bekannt ist die Curve, welche die Empfindungsintensit\u00e4t als Function der Reizintensit\u00e4t darstellt, ebenso die Curve, welche die Gef\u00fchlsintensit\u00e4t als Function der Reizintensit\u00e4t darstellt (Wundt, Physiologische Psychologie I. S. 558). Kennten wir auch die Curve, welche die Intensit\u00e4t der Aufmerksamkeit in Beziehung setzt zur Reizintensit\u00e4t, so w\u00e4re die vorliegende Frage mit Bestimmtheit zu entscheiden. Es w\u00fcrde jedoch, um zu diesem Ziel zu kommen, zun\u00e4chst n\u00f6thig sein, ein Ma\u00df f\u00fcr die Intensit\u00e4t der Aufmerksamkeit zu finden. Aber auch f\u00fcr den Fall, dass es eine selbst\u00e4ndige directe Beziehung der Intensit\u00e4t der Eindr\u00fccke zur Aufmerksamkeit gibt, m\u00fcssen wir nach den \u00fcbrigen Erw\u00e4gungen dem Gef\u00fchl eine wesentliche Rolle f\u00fcr den in Rede stehenden Process beimessen.","page":482},{"file":"p0483.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Lehre vom Einfluss der Gef\u00fchle auf die Vorstellungen und ihren Verlauf. 483\nDass ferner die Aehnlichkeit eines Eindrucks mit einem im Bewusstsein vorhandenen die Chancen, in den Blickpunkt des Bewusstseins ger\u00fcckt zu werden, erh\u00f6ht, ist jedenfalls zum gro\u00dfen Theil ebenfalls als Gef\u00fchlswirkung anzusehen. Eine der herrschenden \u00e4hnliche Vorstellung liegt nat\u00fcrlich dem gegenw\u00e4rtigen Interessekreis n\u00e4her als eine un\u00e4hnliche. Die Wirkung der Pl\u00f6tzlichkeit des Eintritts des Reizes sehen wir aber wesentlich dadurch bedingt, dass der Grad der Pl\u00f6tzlichkeit die Intensit\u00e4t des Gef\u00fchls der Ueberraschung bestimmt. M\u00fcller will die Wirkung des pl\u00f6tzlichen Eintritts darauf zur\u00fcckf\u00fchren, dass einmal durch die vorherige Ruhe der getroffenen Nervenelemente eine h\u00f6here Erregbarkeit bedingt sei, und sodann darauf, dass \u00bbsolche pl\u00f6tzlich eintretende Nervenerregungen eine geringere Schw\u00e4chung durch Abgabe von Erregung an Nebenbahnen erfahren als dies sonst gew\u00f6hnlich der Fall ist\u00ab (Pilzecker S. 26). Es w\u00fcrde sich da also um eine Steigerung der Intensit\u00e4t des Eindrucks handeln, die oben schon erledigt wurde.\nWir m\u00fcssen nun noch au\u00dferdem eine Inconsequenz in der Auffassung der willk\u00fcrlichen und unwillk\u00fcrlichen Aufmerksamkeit bei G. E. M\u00fcller hervorheben. Das Wesen der willk\u00fcrlichen Aufmerksamkeit sieht er, wie wir schon gesehen haben, in dem, was Lewes \u00bbpreperception\u00ab nennt. Die Frage nach dem Wesen der unwillk\u00fcrlichen Aufmerksamkeit hingegen soll beantwortet sein mit der Beantwortung der Frage nach den Gesetzen, welche den Kampf um die Enge des Bewusstseins regeln. Wir haben gesehen, welches diese \u00bbGesetze\u00ab sind. Sie sind kurz so zusammenzufassen, dass gewisse Eigenschaften der Reize und ihre Beziehungen zum gegenw\u00e4rtigen Bewusstseinsbestand f\u00fcr ihren Einfluss auf die \u00bbSeele\u00ab in Betracht kommen. Da muss man doch fragen: was ist denn nun den beiden Arten der Aufmerksamkeit gemeinsam, auf Grund dessen sie beide Aufmerksamkeit genannt werden? Man h\u00e4tte erwarten sollen, dass M\u00fcller hier das, was der preperception der willk\u00fcrlichen Aufmerksamkeit bei der unwillk\u00fcrlichen entspricht, n\u00e4mlich das Auftauchen gewisser Apperceptionsmassen im Sinne Herbart\u2019s, die Einleitung von Assimilationsprocessen im Sinne Wundt\u2019s, als das Wesentliche hervorgehoben h\u00e4tte.","page":483},{"file":"p0484.txt","language":"de","ocr_de":"484\nGustav With. St\u00f6rring.\n2. Eigene Auffassung.\nWir gehen jetzt zur Darstellung unserer eigenen Auffassung vom Einfluss der Gef\u00fchle auf die Aufmerksamkeitsprocesse \u00fcber, soweit dieselbe nicht schon in der Kritik M\u00fcller\u2019s gegeben ist.\nWir haben gesehen, die Gef\u00fchle tendiren dazu, die mit ihnen verbundenen Bewusstseinsinhalte in den Blickpunkt des Bewusstseins zu r\u00fccken und sie in demselben zu fixiren. Diese Fixirung im Blickpunkt des Bewusstseins zieht gewisse Folgeerscheinungen nach sich, durch welche die Vorstellungen ver\u00e4ndert werden (vgl. unten S. 502 ff.). Doch bevor wir auf die Besprechung derselben \u00fcbergehen, m\u00fcssen wir eine genauere Bestimmung der Beziehungen geben, in denen die auf eine Vorstellung ver\u00e4ndernd wirkenden Gef\u00fchle zu diesen stehen.\nSie sind in erster Linie mit diesen Vorstellungen selbst unmittelbar verbundene Gef\u00fchle. Sodann kommen hier aber auch reproducirte Gef\u00fchle in Betracht. Diese reproducirten Gef\u00fchle, welche die ersteren in ihrer Wirkung unterst\u00fctzen, sind im einfachsten Fall solche, die fr\u00fcher mit einer gleichen resp. \u00e4hnlichen Vorstellung verbunden waren; sodann k\u00f6nnen es aber auch Gef\u00fchle sein, die zu anderen Vorstellungsinhalten geh\u00f6ren, welche auf Grund einer associativen Beziehung zu den gegenw\u00e4rtig apper-cipirten reproducirt werden. Diese reproducirten Bewusstseinsinhalte m\u00fcssen nat\u00fcrlich inhaltlich so beschaffen sein, dass sie selbst nicht in den Blickpunkt des Bewusstseins r\u00fccken, was vornehmlich dann der Fall sein wird, wenn die gegenw\u00e4rtige Vorstellung zu der reproducirten im Verh\u00e4ltniss von Besonderem zu Allgemeinem steht \u2014 oder wenn die Fixirung der gegenw\u00e4rtigen Vorstellung zu einem der reproducirten entsprechenden Factum im Verh\u00e4ltniss von Mittel zu Zweck steht. .\nDie Mitwirkung reproducirter Gef\u00fchle tritt sehr deutlich in dem Kampf der Motive hervor. Dass \u00fcberhaupt ein Kampf von Motiven stattfindet, l\u00e4sst darauf schlie\u00dfen, dass die in Betracht kommenden Vorstellungen keine constante Gef\u00fchlsbetonung haben. Denn sonst w\u00fcrde eben die am st\u00e4rksten betonte ein leichtes Spiel haben. Man muss also, um sich den Kampf der Motive verst\u00e4ndlich zu machen, eine wechselnde Unterst\u00fctzung der einzelnen","page":484},{"file":"p0485.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Lehre vom Einfluss der Gef\u00fchle auf die Vorstellungen und ihren Verlauf. 485\ngef\u00fchlsbetonten Vorstellungen durch reproducirte Gef\u00fchle an-nehmen.\nDie reproducirten Gef\u00fchle k\u00f6nnen nun in sehr verschiedenem Grade Repr\u00e4sentanten der von dem Individuum gemachten Erfahrungen sein, und in je h\u00f6herem Grade sie es sind, um so weniger sind sie selbst und mithin auch ihr Einfluss auf die gegenw\u00e4rtigen Zust\u00e4nde im einzelnen Falle analysirbar. Gehen wir von concreten Beispielen aus!\nIch lerne einen Menschen kennen, der mir Sympathie erweckt, weil seine Anschauungen und seine Interessen sich als den meinigen \u00e4hnlich herausstellen. Das so entstehende Lustgef\u00fchl, welches sich mit der Vorstellung dieser Person verbindet, wird gesteigert, wenn ich mit derselben in dauernden Verkehr trete. Dann werden ihre Handlungen und Urtheile in mir einzelne Lustgef\u00fchle erzeugen. Dieselben verbinden sich mit der Vorstellung dieser Person und gehen mit den Lustgef\u00fchlen, die sich zuvor schon mit dieser Vorstellung verbanden, eine Art von Verschmelzung ein, \u00e4hnlich wie die in einem Augenblick in mir vorhandenen Gef\u00fchle zu einem Totalgef\u00fchl verschmelzen. Die einzeln erlebten Lustgef\u00fchle werden in diesem Totalgef\u00fchl reproducirt, ohne dass die einzelnen Erlebnisse reproducirt zu werden brauchen, auf die sie sich beziehen. Nachdem dieser Process l\u00e4ngere Zeit sich vollzogen hat, wird die Vorstellung der Person mit viel kr\u00e4ftigeren Lustgef\u00fchlen sich verbinden als zu Anfang. Diese Vorstellung hat sich so gewisserma\u00dfen zu einem Summationscentrum f\u00fcr die mit ihr jemals verbunden gewesenen Gef\u00fchle gestaltet. In ihm sind, um mich eines Hegel\u2019sehen Ausdrucks zu bedienen, die einzelnen Erfahrungen als_ aufgehobene Momente enthalten. Sofern diese Sum-mationscentren von Gef\u00fchlen f\u00fcr das Wollen in Anspruch zu nehmen sind, repr\u00e4sentiren sie psychische Energiecentren, deren Analyse im einzelnen Fall nicht mehr m\u00f6glich ist, und die deshalb den Eindruck von spontan wirkenden Kr\u00e4ften erwecken.\nEine gro\u00dfe Bedeutung spielen diese Gr\u00f6\u00dfen im moralischen und religi\u00f6sen Leben. Die Theologen unterscheiden gew\u00f6hnlich zwischen peripherer und centraler Moralit\u00e4t. Die centrale Moralit\u00e4t ist f\u00fcr sie dasjenige moralische Handeln, welches aus der Liebe zu Gott entspringt, w\u00e4hrend das anderweitig bedingte moralische Handeln","page":485},{"file":"p0486.txt","language":"de","ocr_de":"486\nGustav With. St\u00f6rring.\nals ein peripheres bezeichnet wird. Man \u00fcbersieht dabei, dass auch die religionslose Moralit\u00e4t durch Beziehung zu gewissen Centren f\u00fcr die moralischen Gef\u00fchle bedingt sein kann. Beim h\u00f6her entwickelten moralischen Menschen bilden die moralischen Principien solche Centren der Summation der moralischen Gef\u00fchle. Diese treten besonders dann in Action, wenn ein starker Conflict der Motive entsteht.\nWir brauchen nicht n\u00e4her auszuf\u00fchren, wie auch auf intellec-tuellem Gebiete solche Summationscentren f\u00fcr die intellectuellen Gef\u00fchle zur Ausbildung gelangen. In der Beziehung auf solche Summationscentren der Gef\u00fchle kommt das innerste Wesen des Individuums zur Geltung.\nEs ist klar, dass nur wenigen reproducirten Gef\u00fchlen an und f\u00fcr sich dieser Charakter von Summationscentren zukommt. Es fragt sich aber, ob die Mith\u00fclfe reproducirter Gef\u00fchle auch bei dem \u00bbin den Blickpunkt Treten\u00ab in Betracht zu ziehen ist. Nun kann ohne Zweifel eine Vorstellung reproducirend wirken, ohne im Blickpunkt des Bewusstseins zu stehen, und daher k\u00f6nnen re-producirte Gef\u00fchle auch diesen Eintritt in den Blickpunkt des Bewusstseins beg\u00fcnstigen.\nDie mit einer Vorstellung unmittelbar verbundenen und die zu diesen hinzukommenden reproducirten Gef\u00fchle bewirken demnach auf Grund der in ihnen repr\u00e4sentirten psychischen Energie eine Fixirung der im Blickpunkt stehenden Vorstellungen, und weiter verm\u00f6gen es diese Gef\u00fchle auch, eine bis dahin noch unbemerkt gebliebene Vorstellung in den Blickpunkt des Bewusstseins zu r\u00fccken.\nF\u00fcr die Fixirung der Vorstellungen im Blickpunkt kommen aber noch weitere Gef\u00fchle als mitwirkend \u2014 in den einzelnen F\u00e4llen in verschieden hohem Grade \u2014 in Betracht; es sind dies die an die Accommodation der Sinnesorgane und die unwillk\u00fcrlich ausgel\u00f6sten Innervationen der willk\u00fcrlichen Muskulatur des K\u00f6rpers sich anschlie\u00dfenden Bewegungs- und Spannungsgef\u00fchle (wir meinen damit die an die Bewegungs- und Spannungsempfindungen gebundenen Gef\u00fchle). Es bieten sich zwei Wege, die Beziehungen dieser Gef\u00fchle zu den ersthezeichneten experimentell zu untersuchen. Einmal k\u00f6nnte man darauf ausgehen, die Beziehungen","page":486},{"file":"p0487.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Lehre vom Einfluss der Gef\u00fchle auf die Vorstellungen und ihren Verlauf. 487\nderselben zu den mit der Accommodation der Sinnesorgane selbst gegebenen Bewegungs- und Spannungsempfindungen festzustellen, andererseits die zu den entsprechenden Empfindungscomplexen der willk\u00fcrlichen K\u00f6rpermuskulatur.\nIch habe mir letzteres, die experimentelle Pr\u00fcfung des Einflusses der Gef\u00fchle auf den willk\u00fcrlichen Bewegungsapparat, zur Aufgabe gemacht.\n3. Versuche \u00fcber den Einfluss der Gef\u00fchle auf die willk\u00fcrlichen Muskeln.\nSchon F\u00e9r\u00e91) untersuchte durch dynamometrische Messungen den Einfluss der Gef\u00fchle auf die Kraftentwickelung des willk\u00fcrlichen motorischen Apparats. Er fand, dass Lust f\u00f6rdernd, Unlust herabsetzend auf die Kraftentfaltung wirkt.\nK\u00f6nnen wir nun deshalb behaupten, dass die Lustgef\u00fchle activen, die Unlustgef\u00fchle passiven Charakter haben? oder dass die Lustgef\u00fchle eine Steigerung der centralen Erregbarkeit, die Unlustgef\u00fchle eine Herabsetzung derselben bedingen? Wir heben hier ausdr\u00fccklich hervor, dass wir die Frage, ob ein Gef\u00fchl auf die centrale Erregbarkeit erh\u00f6hend oder herabsetzend einwirkt, trennen von der, ob es activen oder passiven Charakter hat. Man k\u00f6nnte sich sehr wohl denken, dass ein Unlustgef\u00fchl gr\u00f6\u00dferer Intensit\u00e4t herabsetzend auf die centrale Erregbarkeit wirkte und trotzdem auf Grund der starken in ihm repr\u00e4sentirten Energie eine Erh\u00f6hung des motorischen Effects hervorbr\u00e4chte. In der Wirkung w\u00fcrden eben beide Factoren inter-feriren.\nIn den F\u00e9r\u00e9\u2019schen Versuchen finden wir nun beide Factoren ungeschieden vor. Es ist daraus nat\u00fcrlich nicht zu ersehen, wieviel auf das Conto des einen, wieviel auf das des anderen kommt.\nIn das F\u00e9r\u00e9\u2019sehe Resultat k\u00f6nnen ferner etwaige centrale oder periphere Hemmungsprocesse eingehen. Es muss deshalb das Bestreben einer Untersuchung \u00fcber den Einfluss der Gef\u00fchle auf den willk\u00fcrlichen Bewegungsapparat sein, diese Factoren in ihrer Wirkung zu sondern.\n1) Ch. F\u00e9r\u00e9, Sensation et mouvement. Paris 1887, und Revue philosophique, 1885. T. XX.","page":487},{"file":"p0488.txt","language":"de","ocr_de":"488\nGustav With. St\u00f6rring.\nDa die Bewegungs- und Spannungsempfindungen eine gro\u00dfe M\u00f6glichkeit der Variation der Versuchsbedingungen darbieten, so haben wir mit einer Untersuchung des Einflusses der Gef\u00fchle auf diese begonnen. Am nat\u00fcrlichsten w\u00e4re es nun gewesen, wenn wir zun\u00e4chst den Einfluss der Gef\u00fchle auf die Bewegungsempfindungen bei passiver Bewegung untersucht h\u00e4tten, weil da die eigentliche Bewegungsempfindung geschieden von der Kraftempfindung auf-tritt. Da aber schon Versuche von M\u00fcnsterberg1) \u00fcber die Beziehung der Gef\u00fchle zu Empfindungen hei activer Bewegung vorliegen, von denen wir nach der Art, wie sie angestellt wurden, zweifeln mussten, ob sie zu zuverl\u00e4ssigen Resultaten gef\u00fchrt haben, so begannen wir mit der Untersuchung dieser Beziehungen unter verbesserten Versuchsbedingungen.\nM. beschreibt seine Versuchsanordnung in folgender Weise: \u00bbDie einfachen Versuche, auf die es hier ankommt, bestanden darin, dass aus dem Ged\u00e4chtniss mit der Spitze des Zeigefingers eine Strecke von 10 und eine von 20 cm beschrieben werden sollte, und zwar sowohl in der Richtung vom K\u00f6rper weg als auch zum K\u00f6rper hin. Zuerst benutzte ich nur ein mit Millimetereintheilung versehenes Lineal von 60 cm L\u00e4nge, dass ich mittelst eines Hakens so an meiner Weste befestigen konnte, dass es von der Brustmitte horizontal nach vorn abstand. Es galt jetzt, mit der rechten Hand so, dass der Rand des Lineals zwischen Spitze des Zeigefingers und Spitze des Daumens hinglitt, entweder von der Brust nach au\u00dfen, also centrifugal, oder von der \u00e4u\u00dferen Ecke zur Brust, also centripetal, eine Strecke von 10 und von 20 cm, selbstverst\u00e4ndlich mit geschlossenen Augen, abzutasten und dann den Punkt abzulesen, den der Fingernagel erreicht hat. Sp\u00e4ter machte ich die Versuche, \u00e4u\u00dferlich eleganter, mit einem kleinen Apparat, bei dem ein Faden ohne Ende \u00fcber Rollen l\u00e4uft, an einer Stelle mit einem Metallgriff f\u00fcr Daumen und Zeigefinger versehen und gleichzeitig in Verbindung mit einem Schieber, der auf einer Millimeterscala die Gr\u00f6\u00dfe der Strecke angibt, um welche der Metallgriff mit der Schnur verschoben wurde.\u00ab Es wurden nun die beiden Strecken je in centrifugaler und centripetaler Richtung einge\u00fcbt. Befand M. sich\n1) M\u00fcnsterberg, Beitr. zur exp er im. Psychol. Heft 4. S. 219 ff.","page":488},{"file":"p0489.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Lehre vom Einfluss der Gef\u00fchle auf die Vorstellungen und ihren Verlauf. 489\ndann zuf\u00e4llig in einem Zustande ausgesprochener Lust oder Unlust, so stellte er Fehlstrecken her, die mit Fehlstrecken bei relativ indifferenter Gef\u00fchlslage verglichen wurden. Er findet dahei, \u00bbdass in der Unlust die Streckbewegungen wesentlich zu klein, die Beugebewegungen zu gro\u00df und umgekehrt in der Lust die Beugebewegungen zu klein, die Streckbewegungen zu gro\u00df gemacht werden\u00ab.\nDie Versuchsanordnung leidet an verschiedenen wesentlichen M\u00e4ngeln. Man begeht doch betr\u00e4chtliche Fehler1), wenn man f\u00fcr die Winkelmessung der Excursion lineare Strecken einf\u00fchrt. Sodann ist es sehr bedenklich, dass M. die Versuche an sich selbst anstellt. Endlich ist zu fordern, dass nur die Excursionen eines Gelenks gemessen werden. Sonst hat man keine Uehersicht dar\u00fcber, wieviel Extensions- und wieviel Flexionswirkung ist. Man darf es daher wohl als unm\u00f6glich ansehen, dass Willk\u00fcrbewegungen in solchem Falle nicht durch die vorher fertige Theorie beeinflusst werden sollten.\nWir arbeiteten mit einem wie folgt construirten Apparat.\nAuf einem Grundbrett g (vgl. die Figur) erhebt sich eine massive Holzst\u00fctze ss (53 cm hoch), von der die s\u00e4mmtlichen Theile des Apparats ihren Ausgang nehmen. In der Mitte derselben ist ein halbkreisf\u00f6rmiger Ausschnitt zur Aufnahme des Ellenbogens. Neben ihrem unteren Theil befindet sich auf einem besonderen Ansatzst\u00fcck a die nach oben und unten verschiebbare Schale sa, welche einen Gummiring aufnimmt von solcher Gr\u00f6\u00dfe, dass er dem Con-dylus internus des rechten Oberarms der Versuchsperson bequem zur Auflagerung dienen kann. Die Schale ist um die verticale Achse a leicht und ohne alle seitliche Ausweichung drehbar. Auf der Zeichnung nach links von der Schale erstreckt sich ein mit mehreren concentrischen Gradeintheilungen versehenes Brett B, \u00fcber welches der Arm in horizontaler Bewegung hingleitet und auf dessen Gradeintheilung die Winkelausschl\u00e4ge des Unterarms abgelesen werden k\u00f6nnen. Zwei leicht verstellbare eiserne Anschl\u00e4ge e und el dienen zur Begrenzung der Bewegungsexcursion (beide bei Normalbewegung, und einer von ihnen, der den Ausgangspunkt der Be-\nll Wundt, Physiologische Psychologie. 4. Aufl. I. S. 428.","page":489},{"file":"p0490.txt","language":"de","ocr_de":"490\nGustav With. St\u00f6rring.\nwegung markirende, bei Vergleichsbewegungen). Der Unterarm der Versuchsperson ist bei der Ausf\u00fchrung der Versuche auf einer Schiene von leichtem aber festem Ahornholz (bei S angedeutet) durch Watteb\u00e4usche und Binden fixirt. Der kleine eiserne Fortsatz dieser Schiene i dient einerseits als Anschlag, andererseits als Index f\u00fcr die Ablesung der Winkelgrade, welche der Arm bei erreichter Endstellung durchlaufen hat. Durch passende Erh\u00f6hung oder Erniedrigung der Schale sa kann die Stellung des Armes und des Index seiner Schiene \u00fcber dem Gradbogen so regulirt werden, dass der Index i sich dicht \u00fcber der Gradeintheilung hin- und herbewegt,\nso dass eine sehr sichere Ablesung m\u00f6glich ist. Da jeder Grad in 5 Teile geteilt ist, so k\u00f6nnen mit Sicherheit Zehntelgrade abgelesen werden. \u2014 Die ganze obere Einrichtung, d. h. das Stangenwerk St St' dient zur graphischen Aufnahme der Bewegung und in Versuchen, wo eine graphische Aufnahme nicht stattfindet, zur Sicherung der F\u00fchrung des Armes. Um eine m\u00f6glichst einwandsfreie Verbindung der Leitstange St mit dem Unterarm zu erm\u00f6glichen, musste daf\u00fcr gesorgt werden, erstens dass die Stange keine Zerrung in der L\u00e4ngsrichtung (nach hinten oder nach vorn) erleiden konnte, da solche","page":490},{"file":"p0491.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Lehre vom Einfluss der Gef\u00fchle auf die Vorstellungen und ihren Verlauf. 491\nZerrungen durch die Abweichung der Curve der Armbewegung von der Kreisform herbeigef\u00fchrt werden konnten. Dies wurde dadurch erreicht, dass die Zange Z in der L\u00e4ngsrichtung auf der Leitstange gleiten kann, w\u00e4hrend sie andererseits mit der Schiene S so verbunden ist, dass sie eine senkrechte Lage zu dieser Schiene beibeh\u00e4lt. Zweitens musste die Stange St bei ihrer Bewegung unabh\u00e4ngig sein von etwaigen Hebungen und Senkungen des Unterarmes der Versuchsperson. Dies wurde dadurch erreicht, dass der Stift sti, der mit der Schiene fest verbunden ist, in dem Rohrst\u00fcck der Zange auf- und abgleiten kann. Trotz dieser losen Verbindung der Schiene S mit der Stange St durch Vermittlung der ganz beweglichen Zange Z musste drittens die Stange St und die Zange Z in der durch die Leitstange und ihre Achse gelegten Ebene erhalten bleiben. Dies wird erm\u00f6glicht durch den Rahmen R. Da die Zange Z in diesem Rahmen sich wohl nach der Drehungsachse zu und von dieser weg, nicht aber in irgend einer anderen Richtung bewegen kann, so m\u00fcssen nothwendig Leitstange und Arm immer dieselbe Excursion machen. \u2014 Bei der Ausf\u00fchrung der Versuche muss ferner die Drehungsachse A der Leitstange genau in der Verl\u00e4ngerung der Drehungsachse des Armes liegen. Deshalb ist das Achsenlager der Leitstange auf einem in verschiedenen Richtungen verschiebbaren Schlitten befestigt; die Stellung des Schlittens kann durch zwei kr\u00e4ftige Handschrauben fixirt werden, von denen eine bei H zu sehen ist, die andere ist auf dei; R\u00fcckseite des Apparats. Der nach der rechten Seite des Apparats vorspringende Fortsatz der Leitstange dient zur Aufnahme des Schreibhebels f\u00fcr graphische Versuche. Um die Stellung des Unterarmes zum Oberarm und \u00fcbrigen K\u00f6rper constant zu halten, ist eine Eisenstange N an den Apparat angeschraubt, an welcher die Schulter eine feste Anlehnung findet. \u2014 Sowohl in die graphischen Messungen wie in die directe Ablesung der Ausschl\u00e4ge des Armes geht ein Fehler ein, der durch die Abweichung der Curve der Armbewegung von der Kreisform entsteht. Da ich bisher mit kleinen Excursionen arbeitete, konnte dieser Fehler vernachl\u00e4ssigt werden, zumal da die Bewegung im Ellenbogengelenk von der Kreisform nicht wesentlich abweicht.\nDie Versuche werden nun in folgender Weise angestellt: Nach Fixirung des rechten Unterarmes auf der Schiene wird die solide\nWundt, Philos. Studien. XII.\n33","page":491},{"file":"p0492.txt","language":"de","ocr_de":"492\nGustav With. St\u00f6rring.\nEisenstange der Schiene sti in die f\u00fcr sie passende eiserne H\u00fclse h eingef\u00fchrt und dann der Condylus internus des Oberarmes auf dem in der Schale ruhenden Gummiring aufgelagert. Die Stange sti \u25a0wird dabei fest in den Winkel zwischen dem 2. und 3. Finger eingedr\u00fcckt, und der Unterarm in der Gegend des Handgelenks durch zwei kleine Eisenklemmen (von denen eine hei k angedeutet ist) fixirt. Der Beobachter f\u00fchrt die Armbewegungen bei geschlossenen Augen aus. Ich arbeitete bis jetzt nach der Methode der mittleren Fehler. Es wurde eine Strecke von 10\u00b0 zuerst in der eine Flexion, sp\u00e4ter in der eine Extension des Unterarmes ergehenden Richtung einge\u00fcbt, indem jedesmal eine Normalbewegung mit einer Vergleichsbewegung ab wechselte. Dem Beobachter wurden die Ergebnisse der Einzelversuche, d. h. der Ausfall der Vergleichsstrecken nicht mitgetheilt. Die Zeit der Bewegung wurde durch Metronomschl\u00e4ge constant gehalten. Die Bewegung wurde so einge\u00fcbt, dass sie nach der Aufforderung \u00bbjetzt\u00ab beim n\u00e4chsten mit Klingelschlag verbundenen Metronomschlag begann und hei dem darauf folgenden Klingelschlag mit Metronomschlag endete. Die Zeit der Bewegung betrug 1,5\". Jeder zweite Metronomschlag wurde von einem Klingelschlag begleitet.\nEs wurde diese geringe Excursion gew\u00e4hlt, weil f\u00fcr gr\u00f6\u00dfere die Lageempfindungen der beiden Endstellungen zu sehr hervortreten. Bei gr\u00f6\u00dferen Excursionen scheint die Versuchsperson sich die Anfangs- und Endstellung des Armes zu merken und wesentlich nach der Lageempfindung der erreichten Endstellung die zur\u00fcckgelegte Strecke indirect zu beurtheilen. Bei kleinen Bewegungen wird diese Urtheilsweise dadurch sehr erschwert oder wahrscheinlich sogar ganz ausgeschlossen, dass die Lageempfindungen der Ausgangs- und Endstellung sich zu \u00e4hnlich werden, um als Anhaltspunkte f\u00fcr die Beurtheilung dienen zu k\u00f6nnen.\nZun\u00e4chst wurde die bei einer Versuchsreihe verwendete Bewegungsgr\u00f6\u00dfe sicher einge\u00fcbt und zwar in der Weise, dass bei der NS (Normalstrecke) die Bewegung von Anschlag zu Anschlag nach dem Tempo der Metronomklingel ausgef\u00fchrt wurde. Dann ging die Versuchsperson mit beliebiger Geschwindigkeit zum Ausgangspunkt der NS zur\u00fcck. W\u00e4hrenddessen nahm der Experimentator den zweiten Anschlag weg, und die Versuchsperson hatte bei dem","page":492},{"file":"p0493.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Lehre vom Einfluss der Gef\u00fchle auf die Vorstellungen und ihren Verlauf. 493\nn\u00e4chsten ihr bequem erscheinenden Klingelschlag die Vergleichsbewegung zu beginnen und in der vorgeschriebenen Zeit zu beendigen. Durch das Fehlen des zweiten Anschlags bei der Vergleichsbewegung stellte sich ein constanter Fehler heraus, die Vergleichsbewegung fiel dadurch zu gro\u00df aus. Die au\u00dfer der Einwirkung der Gef\u00fchle angestellten Versuche m\u00fcssen also unter Ber\u00fccksichtigung dieses constanten Fehlers beurtheilt werden. Da die Ursache dieses schon bei den Normalversuchen auftretenden Fehlers ebenfalls constant bleibt, so kann er jedoch f\u00fcr den hier in Betracht kommenden Zweck einfach als Thatsache hingenommen werden.\nNach mehrst\u00fcndiger Ein\u00fcbung wurden die Versuche derart angestellt, dass im Beginn der Versuchsreihen eines Versuchstages zuerst 10 Normalstrecken mit 10 Vergleichsstrecken abwechselten, bei den weiteren Versuchen 5 Normalstrecken mit 5 Vergleichsstrecken, woran sich dann die Aufnahme zuerst von 5 Vergleichsstrecken ohne Einwirkung eines Lust- oder Unlustreizes, dann Vergleichsstrecken unter Einwirkung eines Lust- oder Unlustreizes und zwar eines Geschmacksreizes anschlie\u00dfen. \u2014 Die Zahl der letzteren konnte nicht immer constant gehalten werden, da es von der Dauer des Gef\u00fchls abhing, wieviel Vergleichsstrecken \u00fcberhaupt unter seiner Einwirkung gemacht werden konnten. Es wurden unter dem Einfluss je einer Gef\u00fchlserzeugung bis zu 5 Vergleichsstrecken aufgenommen. Der Beobachter war angewiesen ev. durch eine verabredete Bewegung das Nachlassen des Gef\u00fchls anzuzeigen. Die jedesmalige Versuchsreihe wurde geschlossen durch Vergleichsstrecken, die ohne Gef\u00fchlseinwirkung hergestellt wurden. Der Beobachter hatte ferner besondere w\u00e4hrend der Herstellung einer Vergleichsstrecke f\u00fcr ihn auftretende St\u00f6rungen zu melden. Es wurde dann die betr. Zahl gestrichen. Nach Beendigung eines jeden Versuchs gab der Beobachter an, ob der Grad der Lust oder Unlust schwach, stark oder sehr stark gewesen war.\nAls Unlust erzeugender Geschmacksreiz diente Kochsalzl\u00f6sung. Eine jedesmalige Feststellung des Procentgehaltes erschien mir \u00fcberfl\u00fcssig, da es mir nur auf die Intensit\u00e4t des Gef\u00fchls ankam und die Beziehung derselben zu dem Procentgehalt auch bei demselben Beobachter eine schwankende ist. Als lusterregender Geschmacksreiz diente ein verd\u00fcnnter Himbeersaft. Eine geringe\n33*","page":493},{"file":"p0494.txt","language":"de","ocr_de":"494\tGustav With. St\u00f6rring.\nQuantit\u00e4t der L\u00f6sung wurde w\u00e4hrend der Versuche im Munde behalten.\nEs stellten sich nicht unbetr\u00e4chtliche Schwankungen der Einzelversuche heraus, ebenso wie ein ziemlich betr\u00e4chtlicher constanter Fehler, was darauf zur\u00fcckzuf\u00fchren ist, dass einmal die Bewegungssch\u00e4tzung f\u00fcr so kleine Strecken erschwert ist und dann keine Cor-rectur bei der Ein\u00fcbung erfolgte (der Ausfall der Vergleichsstrecken wurde dem Beobachter nicht mitgetheilt). Die Differenz zwischen dem constanten Fehler bei den Vergleichsversuchen mit Gef\u00fchlsreiz und dem bei Vergleichsversuchen ohne Gef\u00fchlsreiz ist aber eine so betr\u00e4chtliche und constante, dass trotzdem das Resultat v\u00f6llig eindeutig wird.\nWir geben zuerst zur Exemplification einige Tabellen mit Rohzahlen und Mittelwerthen, sodann Uebersichtstabellen von constanten Fehlern unter den verschiedenen Versuchsbedingungen.\nAus den gegebenen Tabellen ergibt sich, dass f\u00fcr Lust bei Flexion ein positiver constanter Fehler, f\u00fcr Unlust bei Flexion ein negativer constanter Fehler entsteht, w\u00e4hrend derselbe\nf\u00fcr Unlust bei Extension wieder positiv wird.\nDie Vergleichung der einzelnen Vergleichsstrecken bei Gef\u00fchlseinwirkung mit den Mittelwerthen der Vergleichsstrecken ohne Gef\u00fchlsreiz ergiebt, dass erstere trotz ihrer Schwankungen diese Mittelwerthe nicht \u00fcberschreiten.\nNebenbei bemerken wir, dass in den Vergleichsversuchen ohne Gef\u00fchlseinwirkung nach Einwirkung des Gef\u00fchls sich bei vorangegangenen starken Unlustreizen eine Contrastwirkung im Sinne der Lust wenigstens f\u00fcr die ersten Bewegungen zeigt, so Tabelle I, 2. Versuch. Bei sehr starken Unlustreizen scheint das Unlustgef\u00fchl zu langdauernde Nachwirkungen zu haben.\nWir finden also das gerade Gegentheil von dem, was M\u00fcnsterberg behauptete, wenigstens bez\u00fcglich der Unlustgef\u00fchle. Unter Einfluss derselben wird die Flexionsbewegung zu klein und die Extensionsbewegung zu gro\u00df gemacht.\nEs fragt sich nun, wie wir uns das Zustandekommen dieses Resultats zu deuten haben.","page":494},{"file":"p0495.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Lehre vom Einfluss der Gef\u00fchle auf die Vorstellungen und ihren Verlauf. 495 Tabelle I.\nZeit des Versuchs: 17./X. 95. Versuchsperson: Herr Singer.\nNr.\tWeite der Excursion\tRichtung der Excursion\tArt und Intensit\u00e4t des Gef\u00fchlsreizes\tVergleichsstrecke nach jedesmaliger Wiederholg. der N-Str.\tVergleichs-Strecke ohne Wiederholung der V-Strecke\t\t\n\t\t\t\t\tohne Gef\u00fchlsreiz vor Einwirkung dess.\tmit Gef\u00fchlsreiz ...\tohne \u2022 Gef\u00fchlsreiz nach Einwirkung dess.\n\t\t\t\t45,2\t44,7\t45,9\t43,7\n\t\t\t\t44,3\t43,2\t46,6\t43,8\n\t10\u00b0 von\t\tschwache\t\t\t\t\nl.\t55\u00b0\u201445\u00b0\tFlexion\tUnlust\t44,9\t45,0\t45,1\t43,9\n\t\t\t\t44,6\t44,1\t45,4\t44,2\n\t\t\t\t44,3\t43,1\t46,3\t44,0\n\t\t\t\t\t44,02\t45,86\t\n\t\t\tstarke\t44,7\t44,3\t46,9\t43,7\n\t\t\tUnlust,\t44,3\t43,9\t47,3\t43,4\n\t10\u00b0 von\t\t\t\t\t\t\n2.\t55\u00b0\u201445\u00b0\tFlexion\tnicht immer\t44,9\t44,8\t47,6\t43,1\n\t\t\tvon gleicher\t45,0\t44,5\t48,6\t43,7\n\t\t\tSt\u00e4rke\t44,4\t44,3\t47,6\t43,4\n\t\t\t\t\t44,34\t47,64\t\n\t\t\tAnfangs\t44,0\t43,2\t41,0\t43,0\n\t\t\tstarke Lust,\t44,5\t43,0\t40,9\t46,0\n3.\t10\u00b0 von\tFlexion\tdie hei der\t45,1\t44,3\t41,6\t45,4\n\t55\u00b0\u201445\u00b0\t\tletzten Bew.\t\t\t\t\n\t\t\tschwach ge-\t44,5\t44,2\t43,0\t45,2\n\t\t\twesen sei\t44,0\t43,0\t\t44,9\n\t\t\t\t\t43,54\t41,65\t\n\t\t\t\t44,3\t44,05\t42,8\t\n\t\t\tKeprodu-\t\t\t\t\n\t\t\t\t43,8\t44,0\t43,3\t\n\t10\u00b0 von\t\tcirte Ge-\t\t\t\t\n4.\t\tFlexion\t\t44,5\t44,6\t\t\n\t55\u00b0\u201445\u00b0\t\tSchmacks-\t\t\t\t\n\t\t\t\t44,9\t43,9\t\t\n\t\t\tlust\t\t\t\t\n\t\t\t\t\t44,5\t\t\n\u2022\t\t\t\t\t44,21\t43,05\t","page":495},{"file":"p0496.txt","language":"de","ocr_de":"496\tGustav With. St\u00f6rring.\nTabelle H.\nZeit des Versuchs: 22./X. 95. Versuchsperson: Herr Singer.\n\t\tRichtung\t\tVergleichs-\tVergleichs-Strecke ohne Wiederholung\t\t\n\tWeite\t\tArt und\tstrecke nach\t\t\t\nNr.\tder\tder\tIntensit\u00e4t des\tjedesmaliger\tohne\t\tohne\n\tExcursion\tExcursion\tGef\u00fchlsreizes\tWiederholg.\tGef\u00fchlsreiz\tmit\tGefuhlsreiz\n\t\t\t\tder IV-Str.\tvor Einwir-\tGef\u00fchlsreiz\tnach Einwir-\n\t\t\t\t\tkung dess.\t\thung dess.\n\t\t\t\t43,8\t43,7\t42,0\t45,9\n\t10\u00b0 von\tFlexion\tschwache\t44,7\t44,4\t42,1\t44,1\nl.\t55\u00b0\u201445\u00b0\t\tLust\t44,0\t43,4\t43,1\t44,7\n\t\t\t\t43,5\t43,4\t\t44,0\n\t\t\t\t43,8\t44,7\t\t\n\t\t\t\t\t43,92\t42,40\t\n\t\t\t\t44,7\t44,5\t47,0\t39,8 i)\n\t10\u00b0 von\t\tsehr starke\t44,7\t42,8\t46,7\t42,0\n2.\t55\u00b0\u201445\u00b0\tFlexion\tUnlust\t44,4\t44,7\t47,8\t44,2\n\t\t\t\t44,2\t43,5\t46,4\t45,3\n\t\t\t\t44,4\t43,0\t47,3\t44,5\n\t\t\t\t\t43,70\t47,04\t\n\t\t\t\t44,9\t44,7\t41,5\t44,2\n\t10\u00b0 von\t\tStarke Lust\t45,3\t44,0\t41,9\t45,2\n3.\t550\u2014450\tFlexion\t\t46,0\t43,8\t41,8\t43,0\n\t\t\t\t45,0\t44,3\t42,6\t43,8\n\t\t\t\t44,1\t45,0\t40,7\t44,7\n\t\t\t\t\t44,36\t41,70\t\n\t\t\tstarke\t44,6\t43,6\t45,9\t42,32)\n\t10\u00b0 von\tFlexion\tU nlust,\t45,4\t45,4\t46,7\t41,8\n4,\t55\u00b0\u201445\u00b0\t\tin der\t44,4\t43,6\t47,4\t42,1\n\t\t\tIntensit\u00e4t\t44,6\t43,4\t47,8\t43,4\n\t\t\tschwankend\t44,2\t43,5\t46,5\t44,9\n\t\t\t\t\t43,90\t46,86\t\n\t\t\t\t\t\t\t\n1)\tDer Beobachter gab an, bei den ersten zwei oder drei von diesen Bewegungen ohne Gef\u00fchlsreiz nach Einwirkung desselben ein Gef\u00fchl der Erleichterung empfunden zu haben.\n2)\tBei den ersten drei Bewegungen dieser Art Gef\u00fchle der Erleichterung.","page":496},{"file":"p0497.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Lehre vom Einfluss der Gef\u00fchle auf die Vorstellungen und ihren Verlauf. 497\nTabelle III.\nZeit des Versuchs: 12./XI. 1895. Versuchsperson: Herr Singer.\nNr.\tWeite der Excursion\tRichtung der Excursion\tArt und Intensit\u00e4t des Gef\u00fchlsreizes\tVergleichs-Strecke nach jedesmaliger Wiederholg. der V-Str.\tVergleichs-Strecke ohne Wiederholung der W-Strecke.\t\t\n\t\t\t\t\tohne Gef\u00fchlsreiz vor Einwirkung dess.\tmit Gef\u00fchlsreiz\tohne Gef\u00fchlsreiz nach Einwirkung dess.\n\t\t\t\t55,8\t55,4\t61,8\t55,8\n\t10\u00b0\t\tSehr starke\t55,4\t55,0\t57,4\t55,9\n1.\tvon 45\u00b0\tExtension\tUnlust\t55,0\t55,1\t56,2\t55,5\n\tbis 55\u00b0\t\t(Schwan-\t55,1\t55,5\t56,8\t55,4\n\t\t\tkungen)\t55,2\t55,6\t59,8\t54,8\n\t\t\t\t\t55,32\t58,40\t\n\t\t\t\t54,7\t55,0\t57,3\t54,9\n\t10\u00b0\t\tSchwaches\t55,2\t55,3\t56,6\t54,4\n2.\tvon 45\u00b0\tExtension\tUnlust-\t54,5\t55,7\t57,3\t53,5\n\tbis 55\u00b0\t\tgef\u00fchl\t. 55,6\t55,5\t56,7\t54,0\n\t\t\t\t55,1\t55,2\t56,2\t53,2\n\t\t\t\t\t55,34\t56,82\t\nUebersichtstabelle der constanten Fehler bei Lustreizen und Flexion, verglichen mit den constanten Fehlern ohne (jefuhlsreize.\nZeit des Versuches\t\t\tConstanter Fehler hei V-Str. ohne Gef\u00fchlsreiz\tConstanter Fehler hei 7-Str. mit Lust\tIntensit\u00e4t der Lust\nI. 17./X.\t3.\tVersuch\t+ 1,46\t+ 3,35\tstark, nachher schw\u00e4cher\nII. 19./X.\t1.\t\u00bb\t+ 0,56\t+ 3,44\tstark\nIII. 21./X.\t1.\t\u00bb\t+ 1,0\t+ 3,51\tstark, nachher schw\u00e4cher\nIV. 21./X.\t2.\t\u00bb\t+ 1,28\t+ 3,50\tstark\nV. 22./X.\t1.\t>\t+ 1,08\t+ 2,60\tschwach\nVI. 22./X.\t3.\t\u00bb\t+ 0,64\t+ 3,30\tstark\nVII. 24./X.\t1.\t\t+ 0,66\t+ 2,23\tmittelstark\nVIII. 24./X.\t2.\t2>\t+ 0,16\t+ 2,30\tschwach\nIX. 24./X.\t3.\t\u00bb\t+ 0,22\t+ 2,27\tmittelstark\nX..24./X.\t4.\t\u00bb\t+ 0,26\t+ 2,90\tstark, sp\u00e4ter schwach\nXI. 26./X.\t1.\t\u00bb\t+ 0,60\t+ 1,35\tsehr schwach\nXII. 26./X.\t2.\t\u00bb\t+ 0,06\t+ 2,16\tschwankende Intensit\u00e4t","page":497},{"file":"p0498.txt","language":"de","ocr_de":"498\nGustav With. St\u00f6rring.\nUebersichtstabelle der constanten Fehler bei Unlustreizen und Flexion, verglichen mit den constanten Fehlern ohne Gef\u00fchlsreize.\nZeit des Versuches\t\t\tConstanter Fehler hei 7-Str. ohne Gef\u00fchlsreiz\tConstanter Fehler hei 7-Str. mit Unlust\tIntensit\u00e4t der Unlust\nI. 15./X.\t1.\tVersuch\t+ 0,88\t\u2014 0,95\tschwach\nII. 15./X.\t2.\t\u00bb\t+ 1,15\t-1,0\tstark\nIII. 15./X.\t3.\t\u00bb\t+ 0,12\t\u2014 0,66\tschwach\nIV. 17./X.\t1.\t\u00bb\t+ 0,98\t\u2014 0,86\tschwach\nV. 17./X.\t2.\t\u00bb\t+ 0,66\t\u2014 2,64\tstark\nVI. 21./X.\t3.\t\u00bb\t+ 0,82\t\u2014 1,58\tstark\nVII. 21./X.\t4.\t\u00bb\t+ 0,77\t\u2014 3,52\tstark, dann sehr stark\nVIII. 22./X.\t2.\t\u00bb\t+ 1,30\t\u2014 2,04\tsehr stark\nIX. 22./X.\t4.\t\u00bb\t+ 1,10\t\u2014 1,86\tstark\nX. 26./X.\t3.\t\u00bb\t+ 0,02\t\u2014 2,90\tstark\nXI. 26./X.\t4.\t\u00bb\t+ 0,02\t\u2014 2,94\tstark\nUebersichtstabelle der constanten Fehler bei Unlustreizen und Extension, verglichen mit den constanten Fehlern ohne Unlust.\nZeit des Versuches\tConstanter Fehler hei 7-Str. ohne Gef\u00fchlsreiz\tConstanter Fehler hei 7-Str. mit Unlust\tIntensit\u00e4t der Unlust\nI. 9./XI.\t+ 0,67\t+ 3,16\tsehr stark\nII. 12./XI. 1. Versuch\t+ 0,32\t+ 3,40\tsehr stark\nIII. 12./XI. 2.\t+ 0,34\t+ 1,82\tschwach\nIV. 18./XI.\t+ 0,54\t+ 2,26\tstark\nV. 19./XI. 1.\t+ 0,08\t+ 2,28\tstark\nVI. 19./XI. 2.\t+ 0,46\t+ 3,42\tsehr stark\nVIL 19./XI. 3.\t+ 0,24\t+ 4,00\tstark\nVIII. 22./XI. 1.\t+ 0,06\t+ 1,30\tschwach\nIX. 22./XI. 2.\t+ 0,46\t+ 1,60\tschwach\nX. 22./XI. 3.\t+ 0,30\t+ 1,32\tschwach\nXL 25./XI. 1.\t+ 0,92\t+ 2,68\tschwach\nXII. 25./XI. 2.\t+ 0,04\t+ 1,25\tschwach","page":498},{"file":"p0499.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Lehre vom Einfluss der Gef\u00fchle auf die Vorstellungen und ihren Verlauf. 499\nAm n\u00e4chsten scheint mir die Annahme zu liegen, dass bei Unlustgefiihlen eine Innervation der Centren der Extensoren stattfindet, die zu einer Aenderung des Muskeltonus der Extensoren f\u00fchrt und damit einen Theil der hei Extension stattfindenden Beizungen der sensiblen Endapparate vorwegnimmt, in Folge dessen dann bei sp\u00e4ter einsetzender Extension bei gleicher Excursion der durch die Bewegung erzeugte Empfindungscomplex noch zu gering zu sein scheint.\nDas umgekehrte Verhalten bei Flexion w\u00e4re auf analoge Weise verst\u00e4ndlich zu machen. Es w\u00fcrde bei Flexion dann die f\u00fcr eine gegebene Excursion ver\u00e4nderte Kraftempfindung die T\u00e4uschung vor allem bedingen, also jedenfalls hier f\u00fcr das Zustandekommen der T\u00e4uschung eine wesentlichere Bolle spielen als bei Extension.\nEs scheint deshalb geboten, die Versuche bei activen Bewegungen mit solchen bei passiven zu vergleichen, damit man so den Antheil der Bewegungsempfindungen von dem der Kraftempfindungen scheidet. Weiter halten wir es f\u00fcr zweckm\u00e4\u00dfig, zur Analyse des Thatbestandes Bewegungsversuche anzustellen, in denen die Aenderung des motorischen Bewegungsapparats von dem des sensiblen geschieden ist, wo also die peripheren Bewegungs- und Kraftempfindungen von dem Beobachter vernachl\u00e4ssigt werden. Das wird der Fall sein, wenn wir den Beobachter zwischen zwei Arretirungen hin- und herfahren lassen und nach Ein\u00fcbung die Schnelligkeit dieser Bewegung mit H\u00fclfe der graphischen Methode (zu deren Anwendung an unserem Apparat der Fortsatz der Leitstange \u00fcber die Achse hinaus dient) mit und ohne Gef\u00fchlseinwirkung pr\u00fcfen.\nWir hoffen so durch sp\u00e4ter auszuf\u00fchrende Versuche eine genaue Analyse des Thatbestandes zu erzielen und die oben ausgesprochene hypothetische Deutung entweder zu best\u00e4tigen oder sie durch eine bessere zu ersetzen.\n.Die Aenderung der Erregbarkeit scheint mir f\u00fcr das in Bede stehende Ph\u00e4nomen eine untergeordnete Bedeutung zu haben, da man doch nicht gut annehmen kann, dass die Aenderung der Erregbarkeit in einem anderen Sinne erfolgt bei den Extensions- als bei den Flexionscentren. Die Wirkung der Aenderung der Erregbarkeit (wenigstens die Herabsetzung derselben) auf die Sch\u00e4tzung","page":499},{"file":"p0500.txt","language":"de","ocr_de":"500\nGustav With. St\u00f6rring.\nvon Bewegungsempfindungen l\u00e4sst sich in Erm\u00fcdungsversuchen bestimmen.\nF\u00fcr M\u00fcnsterberg ergeben sich nat\u00fcrlich dieselben Schwierigkeiten der Deutung wie f\u00fcr uns. Er deutet seinen Befund so, dass er annimmt, dass in der Unlust eine starke Tendenz zur Beugung vorhanden sei, \u00bbdurch welche die Beugebewegungen verst\u00e4rkt werden\u00ab, die Streckbewegungen geschw\u00e4cht, \u2014 und in der Lust eine Tendenz zur Streckung, \u00bbwodurch die Streckbewegungen zu gro\u00df, die Beugebewegungen zu klein ausfallen\u00ab. Mit dieser \u00bbTendenz\u00ab zur Beugung und Streckung ist wohl etwas Aehnliches gemeint als das, was wir als die durch Innervationen der Extensoren resp. Flexoren ver\u00e4nderte Muskelspannung bezeichnet haben. Damit ist aber doch noch nicht erkl\u00e4rt, wie die T\u00e4uschung in der Sch\u00e4tzung entsteht! Das wird von M. ignorirt.\nM. nimmt nun weiter an, dass die durch solche \u00bbTendenzen\u00ab entstehenden Empfindungscomplexe uns als Lust resp. Unlust im-poniren, wenn sie zu den \u00e4u\u00dferen Sinnesinhalten hinzutreten (1. c. 227). Es liegt nahe einzuwenden, dass doch nicht jede Beugung mit Unlust und jede Streckung mit Lust verbunden sei. Diesen Einwand sucht er auf folgende Weise zu entkr\u00e4ften:\n\u00bbSelbstverst\u00e4ndlich liegt mir nichts ferner als die Vorstellung, dass die Gliederstreckung selbst stets angenehm, die Gliederbeugung unangenehm sei. Wird die Muskelempfindung, sei es die der Beugung, sei es die der Streckung, irgendwie selbst zum Object der psychischen Stellungnahme, d. h. geht sie in die localisirte Vorstellung eines bestimmten K\u00f6rpergliedes ein, so ist ihr Gef\u00fchlston selbstverst\u00e4ndlich wie bei jeder anderen Empfindung abh\u00e4ngig von der Intensit\u00e4t, von der Dauer, vom Bewusstseinszustand. Nicht die Streckempfindung, sondern diejenige Empfindung, welche durch reflectorisch ausgel\u00f6ste Streckbewegungen entsteht, ist selbst das, was wir Lust nennen; als Object ist jener Bewusstseinsinhalt emotionell indifferent, als bestimmendes Ma\u00df anderer Objecte ist er Gef\u00fchlston\u00ab (1. c. S. 229 u. 230). Wir glauben, dass diese Auffassung mit den Thatsachen in Widerstreit steht. Wenn die Gef\u00fchle solche zu einem Sinnesinhalt, der \u00bbObject der psychischen Stellungnahme\u00ab ist, hinzutretende Empfindungscomplexe w\u00e4ren, so m\u00fcssten sie doch auch ihren Empfindungscharakter annehmen, wenn sich ihre Stellung","page":500},{"file":"p0501.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Lehre vom Einfluss der Gef\u00fchle auf die Vorstellungen und ihren Verlauf. 501\nim Bewusstsein \u00e4ndert, wenn sie im Bewusstsein nicht als Nebenerscheinungen, sondern an erster Stelle auftreten. Man kann nun von einer gef\u00fchlsbetonten Vorstellung das eine Mal die Vorstellung, das andere Mal das Gef\u00fchl in den Blickpunkt treten lassen. Dabei bleibt jedoch das Gef\u00fchl immer Gef\u00fchl. \u2014\nBevor wir auf die Pathologie der Aufmerksamkeit, soweit sie hier in Betracht kommt, eingehen, m\u00fcssen wir noch kurz die Aenderungen angeben, die eine durch ein Gef\u00fchl fixirte Vorstellung erf\u00e4hrt.\nDie Vorstellung tritt dadurch in g\u00fcnstigere Reproductions-bedingungen. Sie wirkt st\u00e4rker reproducirend und wird sp\u00e4ter leichter reproducirt. Wir werden auf die Erkl\u00e4rung dieser That-sache weiter unten zur\u00fcckkommen. Hier interessirt uns vor allem die Thatsache selbst, dass die Vorstellung jetzt st\u00e4rker reproducirend wirkt. Es wird in Folge dessen eine gr\u00f6\u00dfere Anzahl (besonders \u00e4hnlicher) Vorstellungen reproducirt, die dann das Material f\u00fcr die beziehende Th\u00e4tigkeit abgeben. Die genauere Besprechung dieser Vorg\u00e4nge geht hier \u00fcber unsere Aufgabe. Wir betrachten hier blo\u00df den Effect: Die Vorstellungen werden dadurch l\u00fcckenloser und erlangen Deutlichkeit und Klarheit (Wundt, Phys. Psych. H, 271ff.). Wie die so fixirten Vorstellungen eine gr\u00f6\u00dfere Associabilit\u00e4t mit gleichzeitigen Vorstellungen gewinnen, soll uns weiter unten besch\u00e4ftigen.\nCapitel II.\nDie Gef\u00fchle in ihrer Wirkung auf die Vorstellungen bei den Aufmerksamkeitsprocessen des pathologischen Seelenlebens.\nEs wird uns in der Untersuchung der Bedeutung der Gef\u00fchle f\u00f6r die Aufmerksamkeit und ihre Leistungen weiter f\u00fchren, wenn Wlr die Aenderungen, welche bei Anomalien des Gef\u00fchlslebens an den Aufmerksamkeitsph\u00e4nomenen hervortreten, feststellen. Wir m\u00fcssen dabei in den einzelnen F\u00e4llen nat\u00fcrlich darauf achten, ob die Gef\u00fchle allein ver\u00e4ndert sind, beziehungsweise was als Folge der Aenderung des Gef\u00fchlslebens und was als Folge anderweitiger Aenderung im psychischen Leben aufzufassen ist. Zun\u00e4chst wollen Wlr uns an pathologischen F\u00e4llen klar machen, wie die Aufmerk-","page":501},{"file":"p0502.txt","language":"de","ocr_de":"502\tGustav With. St\u00f6rring.\nsamkeitsprocesse durch Steigerung der Intensit\u00e4t der Gef\u00fchlsbetonung beeinflusst werden.\n1. Einfluss abnorm gesteigerter Geftthlsintensit\u00e4t.\nMit dem ersten Grade einer abnormen Intensit\u00e4t der mit einer Vorstellung sich verbindenden Gef\u00fchle haben wir es bei einer gr\u00f6\u00dferen Zahl von Zwangsvorstellungen zu thun. Gehen wir aus von einem von Krafft-Ebing beschriebenen Fall. Wir w\u00e4hlen aus der sehr langen Krankheitsgeschichte einen charakteristischen Passus aus. Patientin, 33 Jahre alt, ist von Jugend auf sehr impressionabel und emotiv; dabei starke Religiosit\u00e4t. \u00bbMit 16 Jahren \u00fcberstand sie einen schweren typh\u00f6sen Process. Im 13. Lebensjahre Reise nach dem Wallfahrtsorte Mariazell. Auf der Hinreise \u2014ja schon mehrere Tage vor der Abreise \u2014 lebte sie in colossaler innerer Aufregung und in gro\u00dfer Angst aus qu\u00e4lender Furcht \u00bbeine S\u00fcnde bei der in Mariazell abzulegenden Beichte vergessen zu k\u00f6nnen\u00ab. Um sich zu beruhigen, m\u00fchte sie sich ab, ihre S\u00fcnden in einer constanten Reihenfolge sich einzupr\u00e4gen und sie so \u00f6fters im Geiste zu wiederholen. Sie ging unter gro\u00dfer Aufregung zur Beichte \u2014 hatte sie doch vorher \u00f6fters geh\u00f6rt, ein wie gro\u00dfes Vergehen es sei, in der Beichte etwas zu vergessen! In einer noch gesteigerten Unruhe verlie\u00df sie dann den Beichtstuhl.\nDer Gedanke, etwas vergessen haben zu k\u00f6nnen, eine S\u00fcnde zuf\u00e4llig, ja vielleicht gar absichtlich verschwiegen zu haben \u2014 wich nicht aus ihrem Kopfe \u2014 obwohl ihr Gewissen und Ged\u00e4chtniss sagten, dass sie nichts vergessen habe. Sie f\u00fchlte selbst, wie dumm und albern ihre Furcht war, und trotzdem konnte sie dieselbe nicht verscheuchen, trotzdem sich dem furchtbaren Zweifel nicht entwinden.\nAus verschiedenen Briefen, in denen Patientin ihr Leiden klagte, ergibt sich noch folgende Selbstschilderung ihres traurigen Zustandes.\n\u00bbIn der heftigsten inneren Aufregung ging ich nach der ersten Beichte zur Communion. Als der Priester mir die Hostie reichte, schoss mir der Gedanke durchs Gehirn, ich m\u00fcsse in die heilige Hostie bei\u00dfen. \u2014 Als ich nun den Mund schloss, meinte ich in","page":502},{"file":"p0503.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Lehre vom Einfluss der Gef\u00fchle auf die Vorstellungen und ihren Verlauf. 503\nder That, die Hostie zerbissen zu haben \u2014 ich wagte deshalb die Lippen nicht zu \u00f6ffnen aus Furcht, einen Theil derselben auszuspeien. Meine innere Aufregung wurde noch gesteigert durch den Gedanken, dass ich vielleicht absichtlich all\u2019 dieses gethan, dass ich selbst diese Gedanken denken wollte. Ich stand nun die gr\u00e4sslichste Todesangst aus. Der furchtbare Gedanke, ein Sacrilegium begangen zu haben und zwar mit Absicht, occupirte mein ganzes Denken \u2014 um ihn zu verjagen und mich zu tr\u00f6sten, zergliederte ich die ganze Handlung, gr\u00fcbelte nach; doch w\u00e4hrte kaum einen Moment die Ruhe, rasch tauchte wieder, vielleicht noch m\u00e4chtiger der Gedanke in mir auf \u00bbdu hast ein Sacrilegium begangen\u00ab. Obwohl ich andererseits wieder das Absurde meines Gedankenganges vollst\u00e4ndig erkannte \u2014 so verfolgte derselbe mich doch hartn\u00e4ckig bis zum 15. Lebensjahre \u2014 zuweilen qu\u00e4lt er mich sogar jetzt noch. Nach jeder Beichte und Communion folgt seither diese gleiche, hartn\u00e4ckige und entsetzliche Idee.\u00ab Sehr bezeichnend ist folgende Bemerkung der Patientin: \u00bbAndere Menschen m\u00f6gen wohl auch zuweilen nach dem Empfang der Sacramente von solchen Ideen heimgesucht werden, doch haften sie gewiss nicht mit solcher Z\u00e4higkeit im Bewusstsein, mich Arme aber lassen sie nicht los, mich verfolgen sie wie einst die Eumeniden den Orestes, ich f\u00fchle, dass ich wohl ganz anders bin, als andere Menschen\u00ab (Allgem. Zeitschrift f\u00fcr Psychiatrie, Bd. 35, v. Krafft-Ebing, Ueber Geistesst\u00f6rung durch Zwangsvorstellungen).\nDer betreffende Gedanke ist offenbar bei der Patientin mit einem abnorm starken Gef\u00fchl der Be\u00e4ngstigung verkn\u00fcpft. Derselbe erlangt dadurch eine abnorm starke Fixirung im Bewusstsein, f\u00fcr eine gewisse Zeit nimmt er die ganze psychische Energie in Anspruch, neben ihm kann kein anderer sich behaupten, und weiter: die Zeit der Fixirung ist l\u00e4nger als gew\u00f6hnlich. Diese l\u00e4ngere Dauer ist hier jedenfalls zum Theil wieder eine Folge der gr\u00f6\u00dferen Intensit\u00e4t. Es ist aber wohl anzunehmen, dass die Dauer der Gef\u00fchle in solchen pathologischen F\u00e4llen auch prim\u00e4r verl\u00e4ngert ist. Die Ausdrucksmethoden der Pr\u00fcfung der Gef\u00fchle m\u00fcssten hier\u00fcber entscheiden k\u00f6nnen. Eine weitere Folge der abnormen Intensit\u00e4t und der Dauer des Gef\u00fchls ist sodann ihr h\u00e4ufiges Wiederauftreten. Wir haben demnach eine dreifache Aenderung der Gef\u00fchle im Vergleich mit der Norm. Sie sind intensiver, dauernder und leichter","page":503},{"file":"p0504.txt","language":"de","ocr_de":"504\tGustav Wilh. St\u00f6rring.\n\u25a0wieder auftretend. Welche Wirkung hat das f\u00fcr den so bevorzugten Gedanken?\nDie Patientin selbst sagt, dass sie die ganze Handlung, in deren Beurtheilung der in Rede stehende Gedanke besteht, wiederholt zergliedert und dar\u00fcber nachgegr\u00fcbelt habe. Es wird also eine Analyse des betreffenden Gedankens vollzogen. Die Thatsachen, auf die er sich bezieht, werden einzeln in den Blickpunkt des Bewusstseins ger\u00fcckt, sie regen dadurch Assimilations- und Repro-ductionsprocesse an, und der vorliegende Vorstellungscomplex und seine Beurtheilung wird zu den reproducirten Vorstellungen in Beziehung gesetzt (es wird nachgegr\u00fcbelt). Bis hierher k\u00f6nnte man zun\u00e4chst die Wirkung dieser abnorm starken Intensit\u00e4t und Dauer der Gef\u00fchle f\u00fcr die Erzielung intellectueller Leistungen f\u00fcr zweckm\u00e4\u00dfig halten. Es fragt sich aber, ob nicht durch die abnorm starke Intensit\u00e4t und Dauer der Gef\u00fchle eine Verlangsamung der ge-sammten Processe der Fixirung, der Reproduction und der beziehenden Functionen entsteht, so dass allerdings die Fixirung gleichen Schritt mit der Intensit\u00e4t und Dauer der Gef\u00fchle h\u00e4lt, aber die sich daran anschlie\u00dfenden Processe am meisten bei mittlerer Intensit\u00e4t und Dauer der Gef\u00fchle beg\u00fcnstigt sind.\nDas mit dem Vorstellungscomplex verbundene Angstgef\u00fchl nimmt das Bewusstsein ohne Zweifel, wie auch aus der Schilderung hervorgeht, so ein, dass Reproductionen sich nur schwer geltend machen k\u00f6nnen, vor allem wird aber die beziehende Th\u00e4tigkeit dann nicht geh\u00f6rig functioniren k\u00f6nnen, wenn das Angstgef\u00fchl auf seiner H\u00f6he ist. Nur in den Augenblicken, wo es etwas nachl\u00e4sst, werden diese Bewusstseinsprocesse weniger gest\u00f6rt sein. Zum mindesten in der Zeit des st\u00e4rkeren Hervortretens des Angstgef\u00fchls werden also hier die gesammten Processe verl\u00e4ngert werden. Die Reproductionen werden aber weiter auch inhaltlich f\u00fcr die Erzielung intellectueller Leistungen unzweckm\u00e4\u00dfiger verlaufen. Denn sie sind durch ein abnorm starkes Gef\u00fchl einseitig bestimmt. Welcher Art dabei der Causalzusammenhang ist, wird uns weiter unten n\u00e4her besch\u00e4ftigen.\nEin weiterer sehr wesentlicher Nachtheil erw\u00e4chst durch diese abnorm starken Gef\u00fchle dadurch, dass dabei eine abnorm starke Tendenz des betreffenden Vorstellungscomplexes, wieder reproducirt","page":504},{"file":"p0505.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Lehre vom Einfluss der Gef\u00fchle auf die Vorstellungen und ihren Verlauf. 505\nzu werden, entsteht. Er tritt immer wieder von neuem auf zur Qual des Individuums. Es mag sein, dass bei den ersten Wiederholungen noch neue \u00dfeproductionen auftauchen und neue Beziehungen gesetzt werden, nachher sind aber die Processe f\u00fcr die Erzielung intellectueller Leistungen zwecklos.\nEinen h\u00f6heren Grad der Intensit\u00e4t, als man ihn gew\u00f6hnlich bei den Zwangsvorstellungen findet, erreichen die Gef\u00fchle noch in der Ekstase mit ihrer positiven Gef\u00fchlsbetonung, in den Angstanf\u00e4llen der Epileptiker, hei gewissen Formen der Melancholie, bei D\u00e4monomanen und auch als sogenannte transitorische Angstanf\u00e4lle bei sonst geistig Gesunden.\nWir haben hier keine Veranlassung, diese Zust\u00e4nde im Einzelnen zu analysiren. Wir begn\u00fcgen uns, hier den Einfluss der Intensit\u00e4t von Gef\u00fchlen auf das Vorstellungsleben an der Aenderung des letzteren bei den Angstzust\u00e4nden der Epileptiker hervorzuheben. War der Nachtheil der Steigerung der Intensit\u00e4t und der Dauer der Gef\u00fchle bei den Zwangsvorstellungen schon weitgehend, so wird er hier noch augenf\u00e4lliger. Mit der Intensit\u00e4t der Angst verengert sich das Blickfeld des Bewusstseins immer mehr: \u00dfeproductionen k\u00f6nnen bei der Einengung kaum mehr ins Bewusstsein treten, und f\u00fcr beziehende Functionen bleibt keine psychische Energie mehr \u00fcbrig.\nDie Einengung des Bewusstseins durch solche starke Gef\u00fchle denken wir uns zum wesentlichen dadurch bedingt1), dass diese Gef\u00fchle starke k\u00f6rperliche Nebenerscheinungen nach sich ziehen; so dass mit steigender Gef\u00fchlsintensit\u00e4t ein immer gr\u00f6\u00dfer werdende^ Complex von Empfindungen (deren Gef\u00fchlsbetonung mit der des prim\u00e4ren Gef\u00fchls verschmilzt) sich dem Bewusstsein aufdr\u00e4ngt, so dass also die psychische Energie zum gr\u00f6\u00dften Theil durch das Auftreten dieser Nebenerscheinungen ahsorbirt wird. So wird bei starken Angstgef\u00fchlen ein gro\u00dfer Theil der psychischen Energie durch die Perception der behinderten Athmung und durch den Gedanken an das Mittel ihr abzuhelfen, in Anspruch genommen.\n1) Man wird hier leicht geneigt sein, Hemmungen f\u00fcr die Erkl\u00e4rung heranzuziehen. Aber aus methodologischen Gr\u00fcnden suchen wir zun\u00e4chst ohne ihre Annahme auszukommen und greifen erst dann auf sie zur\u00fcck, wenn sich andere Erkl\u00e4rungsm\u00f6glichkeiten nicht empfehlen.","page":505},{"file":"p0506.txt","language":"de","ocr_de":"506\nGustav With. St\u00f6rring.\nEin gebildeter Kranker meiner Beobachtung, der an Anfallen von Angst litt, die mit Wahrscheinlichkeit epileptische Aequivalente waren, sagte mir wiederholt, dass in einem solchen Anfalle sein Bewusstsein ganz eingenommen sei von dem Gedanken an seine Athembeklemmungen, in Folge dessen er dann einen unwiderstehlichen Drang empfinde, davonzulaufen.\nEs kommt weiter noch hinzu, dass die k\u00f6rperlichen Begleiterscheinungen starker Gef\u00fchle zum Theil derart sind, dass durch sie die k\u00f6rperlichen Bedingungen f\u00fcr die psychische Th\u00e4tigkeit in ung\u00fcnstiger Weise modificirt werden k\u00f6nnen. So k\u00f6nnen starke Gef\u00fchle eine Alteration und eine Aufhebung des Bewusstseins herheif\u00fchren.\nSehr interessant f\u00fcr den Einfluss pathologisch ver\u00e4nderter Gef\u00fchle auf die Aufmerksamkeitsprocesse ist das Verhalten gewisser Paralytiker. Bei der Mehrzahl der F\u00e4lle von Dementia paralytica steht die Abschw\u00e4chung des Gef\u00fchlslebens deutlich im Vordergrund. Bei einzelnen F\u00e4llen aber ist eine Steigerung der Intensit\u00e4t der Gef\u00fchle zu beobachten, nur ist die fixirende Wirkung der Gef\u00fchle auf die Vorstellungen herabgesetzt. In diesen F\u00e4llen treten also die Vorstellungen mit verst\u00e4rktem Gef\u00fchlston auf, und trotzdem behaupten sie sich nur kurze Zeit im Bewusstsein. \u2014 Dass solche Paralytiker, bei denen doch die psychische Gesammtenergie vermindert ist, mit st\u00e4rkerem Gef\u00fchl, als es in der Norm vorkommt, einen Vorstellungsinhalt verkn\u00fcpfen, k\u00f6nnte gegen die Anschauung zu sprechen scheinen, dass die Gef\u00fchle Repr\u00e4sentanten psychophysischer Energie sind. Es folgt aus diesem Thatbestande jedenfalls bez\u00fcglich dieser Anschauung, dass die Intensit\u00e4t der Gef\u00fchle zum h\u00f6chsten einen relativen Ma\u00dfstab der aufgewandten Energie abgibt, der nur f\u00fcr die psychischen Acte eines bestimmten Individuums in einem je nach den Verh\u00e4ltnissen gr\u00f6\u00dferen oder geringeren Zeitraum, in dem die in Betracht kommenden Factoren nicht wesentlich ver\u00e4ndert werden, gilt.\nAber diese Anschauungsweise setzt ja auch nicht eine Proportionalit\u00e4t zwischen beiden Gr\u00f6\u00dfen, nicht einmal bei demselben Individuum voraus.\nEine der Ursachen f\u00fcr die geringe Dauer der Fixirung bei Paralytikern ist die Ver\u00e4nderung in der Mitwirkung von Summations-","page":506},{"file":"p0507.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Lehre vom Einfluss der Gef\u00fchle auf die Vorstellungen und ihren Verlauf. 507\ncentren der Gef\u00fchle. Sie werden zun\u00e4chst h\u00e4ufig gar nicht zur Mitwirkung kommen, weil die Reproduction gest\u00f6rt ist. Werden sie aber erregt, so wirken sie mit herabgesetzter Intensit\u00e4t. Die Intensit\u00e4t dieser Gef\u00fchlsmasse h\u00e4ngt auch im normalen Leben ebenso wie die Intensit\u00e4t eines einfachen reproducirten Gef\u00fchls von der im Augenblicke disponiblen psychischen Energie ab. Sind wir erm\u00fcdet, so werden reproducirte Gef\u00fchle mit geringerer Intensit\u00e4t auftreten, als wenn wir uns im Vollbesitz unserer psychophysischen Energie befinden. Bei der Paralyse ist die psychische Energie eine dauernd verminderte, mithin m\u00fcssen auch die Summa-tionscentren der Gef\u00fchle, in Erregung versetzt, eine geringere Energie repr\u00e4sentiren. Weiterhin wird dann die fixirende Wirkung der Gef\u00fchle auf die Vorstellungen bei den Paralytikern dadurch herabgesetzt, dass hier die Gef\u00fchle schneller ablaufen als in der Norm. Es ist bekannt, dass die Stimmung der Paralytiker eine sehr labile ist. Der Wechsel von trauriger und freudiger Stimmung erfolgt h\u00e4ufig so rasch, dass dem Beobachter die Abweichungen von der Norm deutlicher zum Bewusstsein kommen. Es gelingt bei vielen Paralytikern einen solchen Stimmungswechsel spontan auf Zureden hin zu erzeugen. So kann man manchen Paralytiker durch Erzeugung trauriger Vorstellungen zum Weinen bringen und ihn dann durch fr\u00f6hliche Vorstellungen zum Lachen bewegen, w\u00e4hrend noch die Thr\u00e4nen flie\u00dfen. Es ist dagegen viel schwerer, den Ueber-gang vom Lachen zum Weinen hervorzubringen. Eine \u00e4hnliche Differenz in der Schnelligkeit des Ablaufs der Gef\u00fchle bei den einzelnen Individuen existirt wohl auch im normalen Leben. In den pathologischen F\u00e4llen tritt dieselbe nur deutlicher hervor.\nEine gesteigerte Intensit\u00e4t der Gef\u00fchle bei geringer Dauer der Fixirung finden wir ferner aus anderen Ursachen und mit anderer Wirkung f\u00fcrs Vorstellungsleben, als in den besprochenen F\u00e4llen der Paralyse, bei der maniakalischen Exaltation. Eine sch\u00f6ne Schilderung dieses Zustandes findet sich bei Kraepelin.\n\u00bbDie Auffassung \u00e4u\u00dferer Eindr\u00fccke und der Verlauf der Vorstellungen geht mit einer gewissen Leichtigkeit vor sich; das Interesse des Kranken w\u00e4chst nach den verschiedensten Richtungen hin; er erscheint vielfach aufgeweckter, scharfsinniger, leistungsf\u00e4higer, als fr\u00fcher. Namentlich ist es die Gewandtheit in der Erfassung\nWundt, Philos. Studien. XII.\t34","page":507},{"file":"p0508.txt","language":"de","ocr_de":"508\nGustav With. St\u00f6rring.\nentfernter Aehnlichkeiten, die nicht selten dem H\u00f6rer imponirt, weil sie den Kranken zu witzigen Wendungen und Pointen, Wortspielen, \u00fcberraschenden, wenn auch bei genauerer Betrachtung meist wenig stichhaltigen Vergleichen und \u00e4hnlichen, auf gesteigerter Beohachtungs- und Comhinationsgabe beruhenden Leistungen der Phantasie bef\u00e4higt. Alles, was er angreift, wird ihm leicht; er kennt keine Erm\u00fcdung mehr und zeigt eine ihn selbst \u00fcberraschende k\u00f6rperliche und geistige Regsamkeit.\nStets ist jedoch schon hei den leichtesten Graden der St\u00f6rung der Mangel an innerer Einheit des VorstellungsVerlaufes, die Unf\u00e4higkeit zur consequenten Verfolgung einer bestimmten Gedankenreihe, zur ruhigen, logischen Durcharbeitung und Ordnung gegebener Ideen, die Unbest\u00e4ndigkeit des Interesses, das j\u00e4he, unvermittelte Abspringen von einem Gegenst\u00e4nde zum anderen au\u00dferordentlich charakteristisch. Allerdings wissen die Kranken nicht selten mit einiger Anstrengung diese Erscheinungen vor\u00fcbergehend zu verwischen und die Herrschaft \u00fcber ihren z\u00fcgellos gewordenen Vorstellungsverlauf noch f\u00fcr einige Zeit wiederzugewinnen; in Schriftst\u00fccken und namentlich in den oft eifrig betriebenen Reimereien pflegt dann doch eine leichte Ideenflucht regelm\u00e4\u00dfig deutlich hervorzutreten. Die Stimmung des Kranken ist vorwiegend eine gehobene, heitere, durch das Gef\u00fchl der erh\u00f6hten Leistungsf\u00e4higkeit beeinflusste. Er f\u00fchlt sich gl\u00fccklich und froh, nicht selten in etwas \u00fcberschw\u00e4nglicher Weise.\u00ab1)\nWir haben hier also auf der Grundlage einer gehobenen Stimmung eine gesteigerte Intensit\u00e4t der mit den Vorstellungen sich verkn\u00fcpfenden Gef\u00fchle zusammen mit einer verminderten Dauer der Gef\u00fchle und dabei eine in der oben bezeichneten Weise einseitige Leistung f\u00fcr das Vorstellungslehen. Die Verbindung gesteigerter Intensit\u00e4t mit verminderter Dauer der Gef\u00fchle ist hier wahrscheinlich wieder zum Theil einfach darauf zur\u00fcckzuf\u00fchren, dass der Gef\u00fchlsablauf ein prim\u00e4r beschleunigter ist, eine Aenderung, die wir schon oben besprochen haben. Es kommt aber noch ein nicht in dem einzelnen Gef\u00fchl selbst liegender Factor hinzu, der den Ablauf beschleunigt. Es ist dies \u00bbdas gesteigerte Interesse des\n1) Kraepelin, Psychiatrie. 4. Aufl. S. 367 u. 368.","page":508},{"file":"p0509.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Lehre vom Einfluss der Gef\u00fchle auf die Vorstellungen und ihren Verlauf. 509\nKranken nach den verschiedensten Richtungen hin\u00ab. Es erh\u00e4lt also jetzt eine gr\u00f6\u00dfere Anzahl von Vorstellungen eine starke, wir wollen lieber genauer sagen, so starke Gef\u00fchlshetonung, dass sie f\u00fcr den Wettstreit der Vorstellungen um den Eintritt in den Blickpunkt des Bewusstseins mehr in Betracht kommen k\u00f6nnen als gew\u00f6hnlich. Diese gesteigerte Concurrenz der Perceptionen um den Eintritt in den Blickpunkt des Bewusstseins muss die Dauer des Verharrens einer Vorstellung in demselben verk\u00fcrzen; denn sobald eine Schwankung in der Intensit\u00e4t dieses Gef\u00fchlswerthes eintritt, ist in diesem Falle nat\u00fcrlich eine gr\u00f6\u00dfere Wahrscheinlichkeit vorhanden, dass ein Wechsel der Vorstellungen sich vollzieht als in der Norm.\nEs fragt sich noch, worauf das gesteigerte Interesse des Kranken nach den verschiedensten Richtungen hin zur\u00fcckzuf\u00fchren ist. Daf\u00fcr kann nur die vorhandene Leichtigkeit in dem Ablauf psychischer Processe und die gehobene allgemeine Stimmung in Frage kommen. Es ist bekannt, dass die vorhandene Stimmung den Gef\u00fchlscharakter einer Vorstellung mitbestimmt. Ich darf wohl nochmals auf den Paralytiker zur\u00fcckgreifen. Ein solcher Kranker sagte mir wiederholt, wenn er bei guter Stimmung war: \u00bbHerr Doctor, ich bekomme so vorz\u00fcgliches Essen\u00ab; war er dagegen in schlechter Stimmung, so war dasselbe Essen sehr schlecht, ohne Saft und Kraft. Dass die Weite des Interessekreises auch im normalen Leben gro\u00dfen Schwankungen unterworfen ist, brauchen wir nicht n\u00e4her auseinander zu setzen. Hier, wo die Schwankungen gr\u00f6\u00dfer sind, als in der Norm, liegen die Ursachen dieses Zustandes und die Richtungen, nach denen die Wirkungen auf das Vorstellungsleben gehen, klar vor uns.\n2. Einfluss abnorm verminderter Geftthlsintensit\u00e4t.\nWir m\u00fcssen uns hier darauf beschr\u00e4nken, ein paar F\u00e4lle herauszugreifen, und zwar soll uns hier nur der Melancholiker und der Idiot besch\u00e4ftigen, doch auch der erstere nur kurz, da wir weiter unten bei der Reproduction der Vorstellungen noch einmal auf ihn zur\u00fcckkommen. Zugleich m\u00fcssen uns besonders solche F\u00e4lle inter-essiren, wo es sich um melancholische Ver\u00e4nderung der Stimmung ohne Bewusstseinstr\u00fcbung, ohne Wahnideen handelt.\n34*","page":509},{"file":"p0510.txt","language":"de","ocr_de":"510\nGustav Wilh. St\u00f6rring.\nHierbei findet man Herabsetzung der Gef\u00fchlsbetonung der Vorstellungen. Der Kranke klagt selbst dar\u00fcber, dass er sich f\u00fcr nichts interessire. Er achtet nicht auf das, was um ihn vorgeht. Namen von Personen, die sich um ihn besch\u00e4ftigen und die er h\u00e4ufig bei Namen nennen h\u00f6rt, wei\u00df er nicht anzugeben. Es kommen die \u00e4u\u00dferen Eindr\u00fccke wegen mangelnder Gef\u00fchle nicht zur Herrschaft im Bewusstsein. Kommen sie zur Fixirung, so bleiben doch h\u00e4ufig diejenigen Processe aus, welche die Fixirung f\u00fcr das Vorstellungsleben fruchtbar machen: die Assimilation, Reproduction und die beziehenden Functionen. Das Wiedererkennen ist erschwert, es tritt h\u00e4ufig verlangsamt oder es tritt gar nicht auf, in F\u00e4llen, wo es bei normalen psychischen Functionen zu erwarten w\u00e4re.\nUeber die Art der Aenderung der Association und der Reproduction der Vorstellungen sprechen wir weiter unten.\nRibot st\u00fctzt sich in seiner Pathologie der Aufmerksamkeit bez\u00fcglich des Idioten auf ein Cit\u00e2t aus Esquirol: \u00bbLes imb\u00e9ciles, les idiots, dit Esquirol, sont priv\u00e9s de la facult\u00e9 d\u2019attention, ce qui les rend incapables d\u2019\u00e9ducation, j\u2019ai souvent r\u00e9p\u00e9t\u00e9 cette observation sur eux. Voulant mouler en pl\u00e2tre un grand nombre d\u2019ali\u00e9n\u00e9s, j\u2019ai pu le faire pour les maniaques, m\u00eame furieux, et les m\u00e9lancoliques, mais je n\u2019ai pu obtenir des imb\u00e9ciles, qu\u2019ils tinssent les yeux assez longtemps ferm\u00e9s pour couler le pl\u00e2tre, quelque bonne volonte qu\u2019ils apportassent \u00e0 cette op\u00e9ration. J\u2019en ai m\u00eame vu pleurer de ce que le moulage n\u2019avait pas r\u00e9ussi, entreprendre plusieurs fois, mais vainement, de conserver la pose, qu\u2019on leur donnait, et ne pouvoir fermer les yeux plus d\u2019une minute ou deux\u00ab (Ribot, psychologie de l\u2019attention p. 162).\nIch hatte Gelegenheit, an mehreren Idiotinnen zu anderem Zwecke unternommene Intelligenzpr\u00fcfungen anzustellen. Darunter befindet sich eine Art der Pr\u00fcfung, welche ein Ma\u00df f\u00fcr die F\u00e4higkeit, eine Vorstellung zu fixiren, abgibt. Es d\u00fcrfte nicht uninteressant sein, den Grad dieser Leistung mit dem \u00fcbrigen psychischen Status zusammenzustellen.\nEs wurden den Kranken eine gewisse Anzahl verschiedenfarbiger Karten in der Form von Spielkarten vorgelegt. Dann wurde ihnen jedes Mal eine Karte gleicher Beschaffenheit wie eine der ihnen vor-","page":510},{"file":"p0511.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Lehre vom Einfluss der Gef\u00fchle auf die Vorstellungen und ihren Verlauf. 511\ngelegten in die Hand gegeben mit der Anweisung, sie auf die gleich aussehende Karte zu legen. Die einen Kranken sind nun f\u00e4hig, die Identificirung bei einer gr\u00f6\u00dferen Anzahl von vorgelegten Karten richtig zu vollziehen, die anderen nicht. Au\u00dfer verschiedenfarbigen Karten dienten zu dieser Pr\u00fcfung Karten mit verschiedenen Zahlen I, II, III, IV und solche mit verschiedenen Buchstaben A, B, C, D. Was man bei Ueberreichung einer Karte von der Patientin w\u00fcnschte, konnte ihr nat\u00fcrlich nicht mit Worten klar gemacht werden, eine Anweisung wie: \u00bbsuche eine gleiche Karte\u00ab, w\u00fcrde nat\u00fcrlich nicht verstanden worden sein.\nDie Mittheilung meines Wunsches bei Ueberreichung einer Karte erzielte ich so, dass ich der Patientin zun\u00e4chst zwei Karten vorlegte und ihr dann in h\u00e4ufiger Wiederholung eine, der einen der beiden vorliegenden gleiche Karte vorhielt und sie veranlasste, dieselbe zu ergreifen und auf die gleiche Karte zu legen, indem ich ihr die Hand f\u00fchrte. So konnte ich der Patientin meine Absicht kund geben, ohne dass sie den Begriff \u00bbgleich\u00ab kannte. Wir wollen einen Fall n\u00e4her anf\u00fchren.\nB. ist 18 Jahre alt, stark mikrocephal. Vor Beginn der angedeuteten Untersuchung wird festgestellt, ob sie Farben benennen kann. Sie ist dazu nicht im Stande, denn von vor ihr liegenden schwarzen und wei\u00dfen Karten reicht sie auf Aufforderung gerade so h\u00e4ufig die falschen als die richtigen. Dann wird sie in be-zeichneter Weise einge\u00fcbt und leistet darnach Folgendes im Aufsuchen der richtigen Farbe. Bei Vorlegen der Karten \u00bbSchwarz und Wei\u00df\u00ab wird zuerst in sechs F\u00e4llen 1 Fehler gemacht, dann ergeben sich in weiteren zw\u00f6lf F\u00e4llen lauter richtige Beurtheilungen. Sodann werden ihr vorgelegt eine schwarze, wei\u00dfe, rothe, gr\u00fcne, hellgelbe, dunkelgelbe, blaue Karte; jede Karte wird dreimal gereicht (nat\u00fcrlich nicht hinter einander) ; in diesen 21 Beurtheilungen \u2014 f\u00fcnf Fehler, wovon auf schwarz ein, auf gr\u00fcn ein, auf hellgelb ein (Verwechslung mit dunkelgelb), auf dunkelgelb zwei (mit hellgelb) entfallen. Bei Vorlegen von nur vier Farben (roth, gr\u00fcn, wei\u00df, schwarz), die ebenfalls je dreimal gereicht werden, in zw\u00f6lf F\u00e4llen nur eine Fehlbeurtheilung (rothe Karte falsch gelegt).\nSodann weiter in zw\u00f6lf F\u00e4llen lauter richtige Beurtheilungen.\nHierauf werden ihr vorgelegt : wei\u00df, gelb, dunkelgelb (die oben","page":511},{"file":"p0512.txt","language":"de","ocr_de":"512\nGustav With. St\u00f6rring.\nam meisten verwechselt waren). Die Beurtheilung f\u00e4llt jetzt viel g\u00fcnstiger aus : Wei\u00df neunmal richtig, hellgelb achtmal richtig, einmal mit dunkelgelb verwechselt, dunkelgelb achtmal richtig, einmal mit hellgelb verwechselt.\nEndlich werden ihr wieder die obigen sieben Farben vorgelegt. Unter 21 F\u00e4llen sechs Fehlbeurtheilungen, wovon auf schwarz, wei\u00df und blau keine, auf roth zwei, auf gr\u00fcn eine, auf hellgelb eine und auf dunkelgelb zwei entfallen.\nWir sehen also, beim Vorlegen von vier Farben ist diese Idiotin noch im Stande (ein Fehler auf 24 Beurtheilungen), durchgehend richtige Beurtheilungen zu machen, w\u00e4hrend sie bei Vorlage von sieben Farben eine gr\u00f6\u00dfere Zahl von Fehlbeurtheilungen (5 auf 21) machte.\nAuf die verschiedenen Beurtheilungen des wei\u00df, hellgelb, dunkelgelb unter verschiedenen Bedingungen gehen wir hier nicht n\u00e4her ein. Bei Vorlegen von Karten mit den Buchstaben A, B, C, D bei 36 Beurtheilungen 19 Fehlbeurtheilungen (jede Karte neunmal gereicht), wovon auf A sechs, B vier, C drei und auf D sechs entfallen.\n* Bei Vorlegen von Karten mit A und B wird Karte A in neun F\u00e4llen sechsmal richtig, dreimal falsch \u2014 B achtmal richtig, einmal falsch gelegt. Bei Vorlegen von Karten mit C und D wird C sechsmal richtig, D f\u00fcnfmal richtig, einmal falsch gelegt.\nAehnlich ist das R\u00e9sultat bei Vorlegen von Karten mit den Zahlen I, II, III, IV. Es entfallen bei dreimaligem Reichen jeder Karte auf I zwei, auf II zwei, auf III ein und auf IV drei Fehler.\nBei Vorlegen von I und II unter 54 Beurtheilungen zw\u00f6lf Fehlbeurtheilungen, wovon auf I sechs, auf II sechs entfallen.\nBei Vorlegen von III und IV unter 36 Beurtheilungen zehn Fehler, wovon auf drei f\u00fcnf und auf IV f\u00fcnf entfallen.\nIn anderen Beziehungen leistet dieselbe Idiotin Folgendes: Was zun\u00e4chst die Benennung von Dingen angeht, so werden viele Gegenst\u00e4nde des gew\u00f6hnlichen Lebens richtig benannt, f\u00fcr andere ist die Benennung soweit bekannt, dass die Aufforderung, sie unter mehreren Gegenst\u00e4nden auszuw\u00e4hlen und dem Exploriren-den zu reichen, richtig befolgt wird. H\u00e4ufig kommt es vor, dass ein K\u00f6rper mit einem \u00e4hnlichen verwechselt wird. Die niedriger","page":512},{"file":"p0513.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Lehre vom Einfluss der Gef\u00fchle auf die Vorstellungen und ihren Verlauf. 513\nstehenden Idioten benennen jeden unbekannten K\u00f6rper, indem sie ihn mit einem \u00e4hnlichen oder damit in anderer Beziehung stehenden identificiren. Erst h\u00f6her stehende enthalten sich des Urtheils, wenn man sie bei unbekannten K\u00f6rpern fragt, was das sei. nichtig benannt werden z. B. folgende Gegenst\u00e4nde: Lampe, Ball, Schachtel, Buch. Verwechselt werden Klingel = Lampe, nachdem sie in Function gesetzt ist = Klapper, Glas \u2014 Bier, Spiegel = Fenster. Hier mag auch die Pr\u00fcfung des Spiegelbildes erw\u00e4hnt sein. Die Idiotin erkennt es nicht als solches. Auf die Frage, wer ist das? \u2014 antwortet sie: \u00bbSchwester\u00ab. (Sie ist zusammen mit einer ihr gleichenden Schwester in der Anstalt.)\nEigenschaften werden in viel geringerem Ma\u00dfe benannt als Dinge. Wir bemerkten schon, dass die Idiotin nicht einmal der Aufforderung richtig nachkommt, von einer schwarzen und wei\u00dfen Karte die richtige zu reichen. Sie vermag den gr\u00f6\u00dferen oder kleineren von zwei Schl\u00fcsseln zu reichen dann, wenn man sie auffordert \u2014 \u00bbgib mir den kleinen\u00ab, \u00bbgib mir den gro\u00dfen\u00ab. Sie ist aber nicht im Stande richtig zu antworten, wenn man auf einen der beiden vor ihr liegenden Schl\u00fcssel hinweist und sie fragt: \u00bbist dies der gro\u00dfe oder der kleine?\u00ab Wir werden an anderem Orte Gelegenheit haben, auf die Ursache dieser Erscheinung n\u00e4her einzugehen.\nDie Benennungen der Qualit\u00e4ten \u00bbhart\u00ab und \u00bbweich\u00ab sind der Patientin unbekannt. Sie ist nicht im Stande, der Aufforderung, von zwei ihr in die H\u00e4nde gegebenen B\u00e4llen, von denen der eine mit Gyps ausgegossen ist, den \u00bbharten\u00ab oder den \u00bbweichen\u00ab zu reichen, nachzukommen. Ebenso wird die Aufforderung, den \u00bbschweren\u00ab oder \u00bbleichten\u00ab Ball zu reichen, nicht verstanden.\nVon zwei ihr vorgelegten Holzst\u00fcckchen, die sich nur dadurch unterscheiden, dass das eine \u00bbglatt\u00ab, das andere \u00bbrauh\u00ab ist, vermag sie, auch wenn man passiv ihre Finger dar\u00fcber hinf\u00fchrt, nicht das gew\u00fcnschte zu reichen; ebenso wenig von zwei ihr gleichzeitig in die H\u00e4nde gegebenen Reagensgl\u00e4sem mit kaltem und hei\u00dfem Wasser das warme oder kalte zu reichen.\nDie Empfindlichkeit f\u00fcr Geschmacks- und Geruchsreize ist herabgesetzt. Fragt man bei ersteren: \u00bbWie schmeckts?\u00ab, so wird die Frage zuweilen wiederholt, zuweilen auch bei stark bitterem","page":513},{"file":"p0514.txt","language":"de","ocr_de":"514\nGustav With. St\u00f6rring.\nGeschmack \u00bbgut\u00ab beantwortet, w\u00e4hrend das Gesicht verzogen wird, so bei Application einer gro\u00dfen Dosis Tinctura amara. Das Ticken der Uhr wird in gr\u00f6\u00dferer Entfernung geh\u00f6rt. Auf die Frage \u00bbwas ist das?\u00ab \u2014 antwortete sie: \u00bb\u2019s ist \u2019ne Klapper\u00ab.\nZahlen sind ihr unbekannt.\nUeber Zeitverh\u00e4ltnisse ist sie jedenfalls wenig orientirt, sie wei\u00df nicht anzugeben, ob es Abend, Morgen oder Mittag ist. Ueber r\u00e4umliche Verh\u00e4ltnisse ist sie gut orientirt. Sie vermag sich in einem relativ complicirten Geb\u00e4ude zurecht zu finden.\nWas ihr Ged\u00e4chtniss betrifft, so kennt sie die Personen ihrer Umgebung. Sie verlangte auch noch in den ersten Tagen ihres Aufenthalts in der Anstalt nach ihrer Mutter. Sp\u00e4ter sprach sie nie mehr davon. \u2014\nMan sieht hieraus, wie bei geringer anderweitiger Entwickelung sich betr\u00e4chtliche Aufmerksamkeitsleistungen finden k\u00f6nnen. Ich f\u00fchre dies in dem vorliegenden Fall im wesentlichen darauf zur\u00fcck, dass Patientin ein relativ kr\u00e4ftiges Gef\u00fchlsleben hatte (sie zeigte gegen Personen ihrer Umgebung, die sie liebevoll behandelten, starke Sympathie), und dass bei der Ar-muth des Vorstellungslebens die Concurrenz um die Bestimmung der Aufmerksamkeit eine geringe ist.\nZweiter Abschnitt.\nEinfluss der Gef\u00fchle hei den Associations- und Reproductions-processen der Vorstellungen.\nUeber den Einfluss der Gef\u00fchle auf die Association von Vorstellungen k\u00f6nnen wir schnell hinweggehen, da bekannt ist, dass Gef\u00fchle im allgemeinen die Association von Vorstellungen verst\u00e4rken. Hat eine im Blickpunkt des Bewusstseins stehende Vorstellung eine starke Gef\u00fchlsbetonung, so \u00fcbertr\u00e4gt sich diese Gef\u00fchlsbetonung nicht nur auf die mit ihr im Blickpunkt stehenden Vorstellungen, sondern die Association dieser beiden Vorstellungen untereinander wird auch eine innigere. Es wird eben mehr psychophysische Energie auf diese Association verwandt. Dieser Einfluss der in den Gef\u00fchlen repr\u00e4sentirten psychophysischen Energie wird","page":514},{"file":"p0515.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Lehre vont Einfluss der Gef\u00fchle auf die Vorstellungen und ihren Verlauf. 515\naber complicirt durch die durch Gef\u00fchle bewirkte Aenderung der Erregbarkeit der sensorischen Centren. Weiter unten werden wir sehen, dass man mit einer gewissen (dort n\u00e4her anzugebenden) Beschr\u00e4nkung sagen kann, dass Lustgef\u00fchle die Erregbarkeit dieser Centren erh\u00f6hen, Unlustgef\u00fchle sie herabsetzen. Bei Lustgef\u00fchlen wirken also beide Factoren in demselben, bei Unlustgef\u00fchlen im entgegengesetzten Sinne, sie interferiren gewisserma\u00dfen mit einander.\nGenauer m\u00fcssen w\u00fcr auf den Einfluss der Gef\u00fchle auf die Reproductionen eingehen. Es kommt aber hier die Gef\u00fchlsbetonung der reproducirenden und die der reproducirten Vorstellungen in Betracht. Wenn ich von reproducirenden und reproducirten Vorstellungen spreche, so meine ich \u00fcbrigens damit den appercipirten Complex der entsprechenden Empfindungsinhalte, wobei keineswegs ein ganzes \u00bbVorstellungsindividuum\u00ab a als repro-ducirend und b als reproducirt zu denken ist.\n1. Indirecter Einfluss der Ce f\u00fchle auf die Reproduction von Vorstellungen.\nWir haben oben gesehen, wie die Gef\u00fchlsbetonung einen ver\u00e4ndernden Einfluss auf die Verbindung der Vorstellungen aus\u00fcbt. Diese ver\u00e4nderte Verbindung \u00e4ndert nun die Chancen einer Vorstellung reproducirt zu werden und die F\u00e4higkeit einer Vorstellung zu reproduciren nat\u00fcrlich in gleichem Sinne.\nDie Gef\u00fchlsbetonung wirkt aber weiter auch auf die Vorstellungen selbst ver\u00e4ndernd ein. Wir sahen, wie die Gef\u00fchlsbetonung Processe bedingt, durch welche die Vorstellung l\u00fcckenloser wird. Wird aber eine gr\u00f6\u00dfere Anzahl von Bestandtheilen einer Vorstellung zu dem entsprechenden Bestand unseres psychischen Lebens in Beziehung gesetzt, so hat diese Vorstellung nat\u00fcrlich auch mehr Chancen reproducirt zu werden und eine gr\u00f6\u00dfere F\u00e4higkeit Vorstellungen zu reproduciren.\nEine weitere Ver\u00e4nderung der Reproducirbarkeit einer Vorstellung wird dadurch bedingt, dass die Gef\u00fchlsbetonung die Erregbarkeit der von der Vorstellung in Anspruch genommenen Centren \u00e4ndert. Eine Steigerung der Erregbarkeit derselben wird n\u00e4mlich eine gr\u00f6\u00dfere Intensit\u00e4t der eine Vorstellung constituirenden Ein-","page":515},{"file":"p0516.txt","language":"de","ocr_de":"516\nGustav With. St\u00f6rring.\npfindungsinhalte bedingen, eine Verminderung der Erregbarkeit eine geringere Intensit\u00e4t dieser Empfindungsinhalte zur Folge haben. Eine gr\u00f6\u00dfere Intensit\u00e4t dieser Empfindungsinhalte wird aber Repro-ductionen von mit ihnen fr\u00fcher associirten Vorstellungen mit gr\u00f6\u00dferer St\u00e4rke anregen und andererseits die Vorstellung selbst dem psychischen Leben des Individuums tiefer einpr\u00e4gen, so dass sie leichter reproducirt werden kann. Wie \u00e4ndert sich nun aber die centrale Erregbarkeit der sensorischen Centren mit der Qualit\u00e4t und Intensit\u00e4t der Gef\u00fchle?\nDie sphygmographischen, pneumatographischen und plethysmographischen Untersuchungen sind bis jetzt noch etwas vieldeutiger Natur. Ihre Resultate sind aber wohl am ehesten verst\u00e4ndlich zu machen, wenn man annimmt, dass abgesehen von gewissen Complicationen, z. B. motorischen Wirkungen der Lust und Unlust, die centrale Erregbarkeit durch Lustgef\u00fchle gesteigert, durch Unlustgef\u00fchle herabgesetzt wird. Es muss dabei aber gleich bemerkt werden, dass es sich bei solchen Versuchen in der Regel um Lust- und Unlustgef\u00fchle mittlerer Intensit\u00e4t handelt.\nDiese Art der Wirkung der Lust- und Unlustgef\u00fchle sehen wir durch zahlreiche psychiatrische Erscheinungen best\u00e4tigt. Bei melancholischer Verstimmung ist die F\u00e4higkeit zur Auffassung \u00e4u\u00dferer Eindr\u00fccke deutlich herabgesetzt, bei maniakalischer Exaltation findet man eine gegen die Norm erleichterte Auffassungsf\u00e4higkeit. Man muss deshalb annehmen, dass im einen Fall die Erregbarkeit der sensorischen Centren erh\u00f6ht, im anderen erniedrigt ist.\nBei st\u00e4rkeren Graden der Unlust hingegen kann man wohl keine Herabsetzung der Erregbarkeit der Centren annehmen. Man denke nur an die eminente motorische Entladung melancholischer Angst im sogenannten raptus melancholicus. Es erscheint unwahrscheinlich, dass die durch ein st\u00e4rkeres Unlustgef\u00fchl repr\u00e4sentirte st\u00e4rkere Energie die Herabsetzung der Centren in dieser Weise \u00fcbercompensiren sollte. Die Erregbarkeit darf man sich aber in den sensorischen Centren wohl nicht in anderem Sinne ver\u00e4ndert denken als in den motorischen.\nDie Gef\u00fchlsbetonung einer Vorstellung wirkt also ver\u00e4ndernd auf die Chancen, die eine fr\u00fchere Vorstellung","page":516},{"file":"p0517.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Lehre vom Einfluss der Gef\u00fchle auf die Vorstellungen und ihren Verlauf. 517\nhat, reproducirt zu werden, und auf die F\u00e4higkeit eine Vorstellung zu reproduciren, indem durch die Gef\u00fchlsbetonung einmal die Verbindung der Vorstellung mit anderen gegenw\u00e4rtigen Vorstellungen, sodann die Vorstellung selbst durch die Gef\u00fchlsbetonung ver\u00e4ndert wird, und zwar, wie wir sahen, in zweifacher Weise.\nEs fragt sich nun, ob das Gef\u00fchl und eventuell inwiefern es direct, also abgesehen von seinem ver\u00e4ndernden Einfluss auf die Vorstellungen und ihre Beziehung zu einander, die Reproduction von Vorstellungen \u00e4ndern kann \u2014 oder mit anderen Worten, es fragt sich, ob das Gef\u00fchl auch direct reproducirend wirken und reproducirt werden kann.\n2. Directer Einfluss der Gef\u00fchle auf die Reproduction von Vorstellungen.\nEs gibt F\u00e4lle von Reproductionen, die keine andere Deutung zuzulassen scheinen als die, dass das Gef\u00fchl direct reproducirend wirkt. Wenn wir uns in trauriger Stimmung befinden, werden mehr Vorstellungen mit negativem Gef\u00fchlston reproducirt, als ohne directe Reproductionswirkung der Gef\u00fchle anzunehmen w\u00e4re. Das Gegentheil findet man bei fr\u00f6hlicher Stimmung. Doch diese F\u00e4lle der Wirkung trauriger und fr\u00f6hlicher Stimmung sind nicht so eindeutig. Man muss ber\u00fccksichtigen, dass der Gef\u00fchlston, der sich mit einer Vorstellung verkn\u00fcpft, zum Theil von der herrschenden Stimmung abh\u00e4ngt. Wird aber ferner auch eine Vorstellung mit andersartigem Gef\u00fchlston reproducirt, so ist sie weniger im Stande sich im Bewusstsein zu behaupten als bei indifferenterer Ge-m\u00fcthslage.\nWir m\u00fcssen uns deshalb nach eindeutigeren F\u00e4llen umsehen. Jessen berichtet von Melancholischen seiner Beobachtung, welche die feste Ueberzeugung hatten, niemals in ihrem Leben einen gl\u00fccklichen Augenblick gehabt zu haben (Allg. Zeitschrift f\u00fcr Psychiatrie Bd. 22). Der Zornige sieht an der Person, die Gegenstand seines Zornes ist, nur die ung\u00fcnstigen Seiten, die anderen kommen ihm unter Umst\u00e4nden gar nicht zum Bewusstsein.\nIn Tr\u00e4umen finden wir typische F\u00e4lle von Reproductionen, die durch Gef\u00fchle bedingt sind. Wir geben einen Fall von Sully:","page":517},{"file":"p0518.txt","language":"de","ocr_de":"518\nGustav With. St\u00f6rring.\n\u00bbIch tr\u00e4umte, ich w\u00e4re unerwartet in die Lage versetzt, einen Vortrag \u00fcber Herder vor einer Versammlung von jungen Damen halten zu m\u00fcssen. Ich begann z\u00f6gernd mit einigen vagen Allgemeinheiten \u00fcber das Augusteische Zeitalter der deutschen Litteratur, ankn\u00fcpfend an die drei wohlbekannten Namen von Lessing, Schiller und Goethe. Da unterbrach mich meine Schwester, die pl\u00f6tzlich in der Versammlung erschienen war, und sagte, sie meinte, da w\u00e4re noch ein vierter Mann f\u00fcr diese Periode zu nennen. Die Unterbrechung st\u00f6rte mich, ich sagte aber mit triumphirendem Gef\u00fchle, \u00bbich vermuthe, Du meinst Wieland\u00ab, dann appellirte ich an die Versammlung, ob man nicht 20 Menschen, welche die von mir genannten Namen kennten, auf einen rechnen k\u00f6nne, der Wieland kennte. Darauf gerieth die Versammlung in allgemeine Unordnung. Mein Gef\u00fchl von Verlegenheit steigerte sich noch weiter. Die Peinlichkeit der Situation stieg f\u00fcr mich aber aufs h\u00f6chste, als eine gr\u00f6\u00dfere Anzahl ganz junger M\u00e4dchen im Alter von 10 Jahren und noch j\u00fcnger hereinkamen und zuh\u00f6ren wollten.\u00ab (S., illusions p. 167.)\nEs liegen in diesem Gebiete auch Resultate experimenteller Pr\u00fcfung vor. E. W. Scripture1) konnte die reproducirende Wirkung der Gef\u00fchle unter folgenden Versuchsbedingungen consta-tiren :\n\u00bbIn diesen Versuchen wurde Licht von verschiedenen Farben auf eine gro\u00dfe matte Glasplatte geworfen, so dass ein sich im Finstern befindender Beobachter nichts anderes als diese blaue, resp. rothe, gelbe u. s. w. Scheibe sah. Der Beobachter sollte sich passiv verhalten und nach kurzer Zeit die Vorg\u00e4nge in seinem Bewusstsein angeben, welche nach Anblick der Scheibe erfolgten. Bei diesen Versuchen mit Farben stellten sich meist Gef\u00fchlsassociationen ein. Bei einzelnen dieser Versuche tritt nach Aussage des Beobachters das Gef\u00fchl in den Blickpunkt des Bewusstseins, welcher Fall deutlich von dem unterschieden wird, wo ,eine mit Gef\u00fchlston verbundene Vorstellung' auftritt.\u00ab\nIn solchen F\u00e4llen, wo das Gef\u00fchl in den Blickpunkt tritt, hat Scripture nur in zwei F\u00e4llen unter 21 eine selbst\u00e4ndige Repro-\n1) Phil. Stud. VI, S. 537.","page":518},{"file":"p0519.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Lehre vom Einfluss der Gef\u00fchle auf die Vorstellungen und ihren Verlauf. 519\nduction des Gef\u00fchls beobachtet: \u00bbDunkelviolett \u2014 1. Gef\u00fchl des Mystischen, Geheimnissvollen. 2. Wort mystisch\u00ab. \u00bbGr\u00fcn \u2014 1. Gef\u00fchl, Neigung zu Furcht und Schrecken. 2. Vorstellung: Gespenster\u00ab. In den \u00fcbrigen 19 F\u00e4llen zeigt die Reproduction einen r\u00fcckkehrenden Verlauf, \u00bbdie nach dem Gef\u00fchl ins Bewusstsein tretende Vorstellung kn\u00fcpft nicht an das Gef\u00fchl, sondern an die Wahrnehmung an\u00ab.\nSind wir nun bei Anerkennung dieser Thatsachen gezwungen anzunehmen, dass es neben der Reproduction durch Vorstellungen solche durch Gef\u00fchle gibt ? Wir beantworten diese Fragen im Folgenden in verneinendem Sinne. Es sind nicht die Gef\u00fchle selbst, sondern es sind die als Folgeerscheinungen der Gef\u00fchle auftretenden Organempfindungen, welche die Reproduction in eigenth\u00fcmlicher Weise bestimmen.\nSie k\u00f6nnen die Reproduction entweder selbst\u00e4ndig bestimmen, indem die mit dem betreffenden Gef\u00fchl verbundene Vorstellung ihnen gegen\u00fcber in den Hintergrund tritt \u2014 oder sie wirken mitbestimmend auf den Vorstellungsverlauf, indem sich mit ihnen das \u00e4ndert, was man die Constellation der Vorstellungen nennt. Wirkten die Gef\u00fchle selbst ohne dies Zwischenglied reproducirend, so w\u00e4re schwer zu verstehen, woher es kommt, dass sie bei der ihnen entsprechenden psychophysischen Energie in den Scripture\u2019sehen Versuchsbedingungen unter 21 F\u00e4llen nur zweimal selbst\u00e4ndig reproducirend wirkten.\nEs hat diese Annahme aber vor allem methodologische Bedenken gegen sich. Im einen Fall f\u00fchrt man ein neues Erkl\u00e4rungs-princip f\u00fcr Reproductionen ein, im andern f\u00fchrt man die in Rede stehenden Thatsachen auf dasselbe Erkl\u00e4rungsprincip zur\u00fcck, ohne den Thatsachen Gewalt anzuthun oder gewagte H\u00fclfshypothesen zu machen. Dass die Gef\u00fchle von Aenderungen der Organempfindungen begleitet werden, kann Niemand bezweifeln. Dann liegt aber die Annahme nahe, dass die Organempfindungen Associationen mit Vorstellungen eingehen und durch ihre Erinnerungsbilder diese reproduciren k\u00f6nnen.\nDass eine solche Annahme zu Recht besteht, scheinen mir in der That pathologische Erfahrungen darzuthun.","page":519},{"file":"p0520.txt","language":"de","ocr_de":"520\nGustav Wilh. St\u00f6rring.\nMan hat gefunden, dass, wenn man Kranken, besonders Hysterischen, die Zust\u00e4nde alternirenden Bewusstseins mit gleichzeitigem differentem Verhalten der Organempfindungen darboten, die zu dem jedesmaligen psychischen Zustand geh\u00f6rigen Organempfindungsanomalien ansuggerirte, sie auch in den entsprechenden psychischen Zustand \u00fcbergingen.\nAm genauesten beschrieben ist wohl der Fall eines Hysterischen I), der sechs verschiedene Bewusstseinslagen darbot, von denen in der einen Amnesie f\u00fcr die anderen bestand, und bei dem durch suggestive Hervorbringung eines gewissen k\u00f6rperlich anomalen Zustandes die entsprechende Bewusstseinslage reproducirt werden konnte. Eine genauere Wiedergabe des Falles k\u00f6nnen wir uns wohl ersparen, da er von manchen Autoren schon referirt ist. (Binet, les alt\u00e9rations de la personnalit\u00e9 S. 236 ff.; Ribot, Die Pers\u00f6nlichkeit S. 82 ff.; James, The principles of psychology I, S. 388 ff.)\nIn einem Falle meiner Beobachtung tritt spontan eine Aende-rung der Organempfindungen der sexuellen Sph\u00e4re und mit ihr eine ver\u00e4nderte Bewusstseinslage auf. Ich finde in der Litteratur keinen \u00e4hnlichen Fall, ich referire ihn deshalb etwas ausf\u00fchrlicher.\nPatientin M. Z., 24 Jahre alt, ohne Zeichen von Hysterie, litt in Folge von Masturbation an gesteigerter sexueller Erregbarkeit und zu Zeiten an sexuellen Beeintr\u00e4chtigungsideen. Im Laufe von einigen Wochen trat die Steigerung der sexuellen Erregbarkeit allm\u00e4hlich immer mehr hervor, die sexuellen Beeintr\u00e4chtigungsideen traten immer mehr zur\u00fcck.\nZu einer Zeit, wo von den letzteren nichts mehr zu constatiren war, stellte sich kurz vor Eintritt der Menses eine eminente Steigerung des sexuellen Triebs ein. Auf der H\u00f6he der sexuellen Erregung forderte sie Beinkleider, da sie ein Mann sei, sie hei\u00dfe Fritz; dabei trat Aufhebung der Schmerzempfindlichkeit ein. Von Beeintr\u00e4chtigungsideen ist nichts vorhanden. Nach einigen Tagen, als der sexuelle Trieb etwas nachgelassen hat, hei\u00dft sie Elise N., nicht M. Z., will nie in B. gewesen sein, wo sie sich l\u00e4ngere Jahre aufhielt, sondern in Frankfurt und Schweinfurt.\n1) Bourru et Burot, Variations de la personnalit\u00e9. 1888.","page":520},{"file":"p0521.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Lehre vom Einfluss der Gef\u00fchle auf die Vorstellungen und ihren Verlauf. 521\nIn diesem wie in dem vorangegangenen Zustande noch st\u00e4rkerer Erregung ist ihre Aufmerksamkeit nicht schwer durch Fragen zu fixiren.\nNach weiteren zwei Tagen sinkt die Erregung noch mehr. Da entsinnt sie sich nicht mehr, dass sie sich f\u00fcr einen Mann ausgegeben, aber wohl, dass sie E. N. hei\u00dfen wollte. Sie ist wieder orientirt \u00fcber ihre Vergangenheit. Noch etwas Hypalgesie.\nAm folgenden Tage verf\u00e4llt sie wiederum in einen Zustand starker Steigerung des sexuellen Triebs. Sie will jetzt nicht mehr wissen, dass sie gestern gesagt hat, sie hei\u00dfe M. Z. (sie nennt sich wieder mit m\u00e4nnlichem Namen). Ebenso wei\u00df sie nicht mehr, dass sie gesagt hat, sie sei in B. gewesen, dagegen entsinnt sie sich fr\u00fcher angegeben zu haben, ein Mann zu sein, sich in F. und S. aufgehalten zu haben. Auch entsinnt sie sich anderweitiger Ereignisse des fr\u00fcheren abnormen Zustandes. Dieselbe Analgesie wie oben. Die k\u00f6rperliche Untersuchung in leichter Chloroformnarkose ergibt eine starke Hyper\u00e4sthesie des \u00e4u\u00dferen Genitalapparats. Die sexuelle Erregung muss also wohl als peripher ausfo_l\u00f6st aufgefasst werden, zumal wenn man die Aetiologie ber\u00fccksichtigt.\nWir haben hier ein alternirendes Bewusstsein auf der Basis der Aenderung der sexuellen Organempfindungen und m\u00f6glicherweise auch der Organgef\u00fchle vor uns. Dass \u00fcbrigens die ver\u00e4nderten Organempfindungen f\u00fcr die Ver\u00e4nderung der Bewusstseinslage weit mehr in Betracht kommen als die ver\u00e4nderten Organgef\u00fchle, werden wir unten bei der Kritik der Ribot\u2019schen Anschauung sehen. Die Aenderung der Organempfindungen erzeugt hier Amnesie f\u00fcr den normalen Zustand. Es wird uns dies verst\u00e4ndlich, wenn wir annehmen, dass die normalen Organempfindungen zum Ursachen-complex der normalen Reproduction geh\u00f6ren.\nMan k\u00f6nnte sonst noch geneigt sein, die durch den sexuellen Affect gesetzte Einengung des Bewusstseins und die damit gegebene Differenz der Bedingungen der Reproduction f\u00fcr die Amnesie verantwortlich zu machen. Aber die Einengung des Bewusstseins war durchaus nicht eine so betr\u00e4chtliche, dass dadurch die Amnesie verst\u00e4ndlich w\u00fcrde. Patientin war im Stande auch an sie gerichtete Fragen, die nicht im Bereich ihrer sexuellen Triebe lagen, richtig zu percipiren und darauf mit Antworten zu reagiren.","page":521},{"file":"p0522.txt","language":"de","ocr_de":"522\nGustav With. St\u00f6rring.\nRibot nimmt an, dass auf Aenderungen der Gemeingef\u00fchle alle Zust\u00e4nde alternirenden Bewusstseins zur\u00fcckzuf\u00fchren seien, indem die Gemeingef\u00fchle \u00bbAttractionscentren\u00ab (Ribot, das Ged\u00e4chtniss S. 70) f\u00fcr die Bewusstseinsph\u00e4nomene bilden, die mit ihnen zusammen auftreten. Wahrscheinlich meint hier Ribot nicht Gemeingef\u00fchle, sondern Gemeinempfindungen. Wenn er wirklich Gemeingef\u00fchle meinte, so w\u00e4re ihm entgegenzuhalten, dass dann doch die deutlichsten Zust\u00e4nde alternirenden Bewusstseins bei circul\u00e4rem Irresein, wo eine melancholische mit einer maniakalischen Periode (mit oder ohne freies Intervall) ab wechselt, auftreten m\u00fcssten, w\u00e4hrend man thats\u00e4chlich hierbei solche Alteration nur findet, wenn sie durch Nebenerscheinungen bedingt wird. Aber auch unter der Voraussetzung, dass Organempfindungen gemeint sind, unterscheidet sich unsere Anschauung wesentlich von der Ribot\u2019s. Wir messen den Organempfindungen, was die Reproduction betrifft, keine den andern Empfindungen gegen\u00fcber \u00fcbergeordnete Bedeutung bei, ihre Aenderung wirkt, wenn sie nicht selbst in den Blickpunkt des Bewusstseins treten, nur \u00e4ndernd auf die Constellation des psychischen Zustandes ein. Wir erkennen deshalb auch Zust\u00e4nde alternirenden Bewusstseins an, die nicht durch Aenderung der Organempfindungen bedingt sind. \u2014\nWie durch die Gef\u00fchle ohne Vermittelung ihrer Vorstellungen die Reproductionstendenzen dieser reproducirend wirkenden Vorstellungen ver\u00e4ndert werden, so \u00e4ndern sich jedenfalls auch die Chancen reproducirt zu werden f\u00fcr fr\u00fchere mit bestimmten Gef\u00fchlen verbundene Vorstellungen durch diese Gef\u00fchle. Aus pathologischen Thatsachen scheint jedoch hervorzugehen, dass eine die Reproduction f\u00f6rdernde Gef\u00fchlsbetonung st\u00e4rkerer Intensit\u00e4t cet. par. f\u00f6rdernder wirkt, wenn sie sich mit der reproducirenden Vorstellung verbindet, als wenn sie mit der reproducirten verbunden gewesen ist. Man findet z. B. in periodisch maniakalischen Exaltationszust\u00e4nden, dass in der Exaltation die Reproductionsf\u00e4higkeit eine vorz\u00fcgliche ist, sowohl f\u00fcr Ereignisse fr\u00fcherer Exaltation, wie f\u00fcr Ereignisse der freien Intervalle, dass aber in den freien Intervallen die Reproductionsf\u00e4higkeit f\u00fcr Ereignisse der Exaltationsperiode eine herabgesetzte ist. Ich gebe ohne weiteres zu, dass die gegebene Deu-","page":522},{"file":"p0523.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Lehre vom Einfluss der Gef\u00fchle auf die Vorstellungen und ihren Verlauf. 523\ntung nicht die einzig m\u00f6gliche ist. Jedenfalls d\u00fcrfte aber diese Thatsache den Werth haben, dass sie zu einer wichtigen experimentellen Fragestellung f\u00fchrt. Der experimentellen Behandlung dieser Frage bieten sich allerdings nicht geringe Schwierigkeiten. Am ehesten w\u00fcrde man ihr vielleicht durch Ged\u00e4chtnissversuche nach Art der Ebbinghaus\u2019sehen beikommen k\u00f6nnen.\n3. Einfluss der Gef\u00fchlsbetonung auf Verlauf und Ordnung der reproduce ten Vorstellungen.\nDass die Gef\u00fchlshetonung ver\u00e4ndernd auf die Zeit einwirkt, in der Reproductionen zu Stande kommen, lehrt schon die einfachste Selbstbeobachtung. So wirkt eine tr\u00fcbe Stimmung auf den Verlauf der Vorstellungen verlangsamend, eine fr\u00f6hliche beschleunigend. Genauere messende Bestimmungen w\u00e4ren unzweifelhaft leicht durch Erkennungsreactionen zu gewinnen.\nEbenso bekannt ist die ordnende Wirkung der Gef\u00fchlsbetonung auf den Gedankenverlauf (vgl. Waitz, Lehrbuch der Psychologie S. 637). Eine starke Gef\u00fchlsbetonung l\u00e4sst eine gr\u00f6\u00dfere Anzahl von Reproductionen auftauchen, die zu der herrschenden Vorstellung in Beziehung stehen, wodurch der Reproductionsverlauf einen periodisch r\u00fcckl\u00e4ufigen Charakter annimmt, wie wenn z. B. hei der Entwickelung eines l\u00e4ngeren Gedankenzusammenhangs eine bestimmte Fragestellung den ganzen Verlauf der Reproductionen beherrscht.\nDie Aenderung der Gef\u00fchlsbetonung scheint uns endlich auch \u00e4ndernd auf die Vollst\u00e4ndigkeit der zu klarem Bewusstsein kommenden Reproductionskette einzuwirken. Es ist eine bekannte Streitfrage, ob es unbewusste Zwischenglieder in einer Reproductions-kette gibt. Jedenfalls ist zuzugeben, dass h\u00e4ufig einige Glieder einer Reproductionskette, wenn auch nicht unbewusst, so doch unbemerkt bleiben. Dieser Ausfall von Reproductionsgliedem f\u00fcr das klare Bewusstsein scheint sich nun h\u00e4ufiger in deprimirter als in normaler Stimmung zu finden. Man beobachtet bei Melancholischen nicht blo\u00df einen abrupten Gedankenverlauf, wenn man auf ihre Aeu\u00dferungen achtet \u2014 das w\u00fcrde ja noch nicht viel beweisen, da man die Aeu\u00dferungen doch dem Gedankenverlauf selbst nicht gleichsetzen kann \u2014 sondern man h\u00f6rt sie auch h\u00e4ufig dar\u00fcber\nWundt, Philos. Studien. XII.\t35","page":523},{"file":"p0524.txt","language":"de","ocr_de":"524\tGustav With. St\u00f6rring. Zur Lehre vom Einfluss der Gef\u00fchle etc.\nklagen, dass ihr Gedankenverlauf so abrupt sei, dass in ihnen h\u00e4ufig Ideen ohne ersichtliche Beziehung zu andern auftauchen, so dass es ihnen selbst unnat\u00fcrlich vorkommt.\nMan kann hier entweder an frei steigende Vorstellungen oder an unbemerkt gebliebene Zwischenglieder denken. Wir ziehen es aus methodologischen Gr\u00fcnden vor, unbemerkt gebliebene Zwischenglieder anzunehmen, wo wir mit dieser Annahme auskommen. Jedenfalls liegt dem entgegengesetzten Standpunkt in einem solchen Falle die Beweispflicht ob, um so mehr, als uns h\u00e4ufig Reproductionen f\u00fcr den ersten Augenblick als frei steigende erscheinen, f\u00fcr die wir bei einiger Concentration der Aufmerksamkeit Zwischenglieder nachtr\u00e4glich auffinden, und zwar mit dem bestimmten Bewusstsein, dass diese Zwischenglieder die Bindeglieder waren. Eine experimentelle Pr\u00fcfung w\u00fcrde vielleicht nach der Art der Scripture\u2019schen Versuche (Philosophische Studien. VII. S. 76 ff.) vorgenommen werden k\u00f6nnen.\nZu meinen Auseinandersetzungen \u00fcber die Aufmerksamkeit trage ich hier noch nach, dass, indem ich das Wesen der Aufmerksamkeit in dem Acte der Fixirung von Vorstellungen sehe, die Einstellungsph\u00e4nomene f\u00fcr mich Folgeerscheinungen der Aufmerksamkeit sind. \u2014\nDie Ueberlassung des in vorstehender Abhandlung verarbeiteten pathologischen Materials verdanke ich theils meinem fr\u00fcheren Chef, Herrn Oberarzt Dr. Matthaes in Hubertusburg, theils meinem jetzigen Chef Herrn Geh. Medizinalrath Prof. Dr. Flechsig hier-selbst.","page":524}],"identifier":"lit4249","issued":"1896","language":"de","pages":"475-524","startpages":"475","title":"Zur Lehre vom Einfluss der Gef\u00fchle auf die Vorstellungen und ihren Verlauf","type":"Journal Article","volume":"12"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:17:04.428692+00:00"}