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{"created":"2022-01-31T12:26:05.523483+00:00","id":"lit4254","links":{},"metadata":{"alternative":"Philosophische Studien","contributors":[{"name":"Marbe, Karl","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Philosophische Studien 13: 106-115","fulltext":[{"file":"p0106.txt","language":"de","ocr_de":"Neue Versuche \u00fcber intermittirende Gesichtsreize.\nVon\nKarl Marke.\nMit 3 Figuren im Text.\nI \u00fcr zwei Gesichtsreize, welche successive und periodisch die Netzhaut treffen, gibt es eine gewisse kurze Periodendauer, bei welcher sie eben eine constante Empfindung erzeugen. Diese Periodendauer soll als die kritische bezeichnet werden1). Auch bei denjenigen Periodendauem, die k\u00fcrzer sind als die kritische, erzeugen die beiden Reize constante Empfindungen.\nNach Baader2) w\u00e4chst f\u00fcr zwei farblose Reize die kritische Periodendauer mit abnehmendem Helligkeitsunterschied der beiden Reize. Baader hat diese Thatsache sowohl f\u00fcr den Fall constatirt, wo die mittlere Helligkeit der beiden Reize constant ist, als f\u00fcr denjenigen, wo sie mit zunehmendem Reizunterschied w\u00e4chst. Sichere Schl\u00fcsse quantitativer Art \u00fcber den Verlauf ?der zusammengeh\u00f6rigen kritischen Periodendauern und Reizunterschiede lassen sich aus den Versuchen Baader\u2019s, die ja auch nur qualitative Resultate anstrebten, nicht ziehen. Dagegen gehen eine Anzahl von Experimenten, die von Kleiner ausgef\u00fchrt und in einer in der Z\u00fcricher Vierteljahrsschrift allzu lange vergrabenen werthvollen Arbeit3) mitgetheilt sind, einige\n1)\tDie reciproken Werthe der kritischen Periodendauern sind die Inter-mittenzzahlen. (Filehne, Ueber den Entstehungsort des Lichtstaubes etc., Graefe\u2019s Arch. Bd. XXXI, Abth. 2, S. 20.)\n2)\tBaader, Ueber die Empfindlichkeit des Auges f\u00fcr Lichtwechsel. Diss. Freiburg i. Br. 1891, S. 30 ff.\n3)\tKleiner (Zur Theorie der intermittirenden Netzhautreizung. Z\u00fcricher","page":106},{"file":"p0107.txt","language":"de","ocr_de":"Neue Versuche \u00fcber interinittirende Gesichtsreize.\n107\nAuskunft \u00fcber das fragliche Verh\u00e4ltniss. Die Versuche beziehen sich auf den Fall, wo die mittlere Intensit\u00e4t der beiden Heize mit den Reizunterschieden w\u00e4chst. Sie wurden mit aus zwei gleich gro\u00dfen gectoren* 1) bestehenden r\u00f6hrenden Scheiben ausgef\u00fchrt: der eine Sector war wei\u00df, der andere schwarz und durch sehr dunklen Sammt hergestellt. Bei den Beobachtungen wurden die Scheiben entweder verschieden stark beleuchtet oder der Reihe nach durch graue Gl\u00e4ser von bekannten Absorptionscoefficienten betrachtet.\nAus den vielen Tabellen der Kleiner\u2019schen Arbeit ergibt sich der Satz, dass die kritische Periodendauer mit von Null an zunehmendem Reizunterschied zuerst sehr schnell, dann immer langsamer und zuletzt fast gar nicht mehr abnimmt. Die Curven2) f\u00fcr die Abh\u00e4ngigkeit der kritischen Periodendauern von den Reizunterschieden haben, wie Kleiner fand, unter den Curven von bekannter Gleichung am meisten Aehnlichkeit mit der gleichseitigen Hyperbel.\nBaader hat gezeigt, dass die kritische Periodendauer mit zunehmendem Reizunterschied w\u00e4chst, sei es, dass mit dem Reizunterschied auch die mittlere Helligkeit der beiden Reize zunimmt, sei es, dass sie constant bleibt. Kleiner hatte vor Baader den Verlauf der zusammengeh\u00f6rigen kritischen Periodendauern und Helligkeitsunterschiede f\u00fcr den Fall quantitativ untersucht, wo mit den Reizunterschieden die mittlere Reizintensit\u00e4t zunimmt. Tritt nun die Klei-ner\u2019sche Gesetzm\u00e4\u00dfigkeit unabh\u00e4ngig von dem Verlauf der mittleren Helligkeit der beiden Reize ein, ist sie lediglich bestimmt durch die Reizunterschiede ?\nVierteljahrsschrift, Bd. 19 (1874) p. 105 ff.) nennt die kritischen Periodendauern Intermissionszeiten. \u2014 Die Ausdr\u00fccke Intermittenzzahl und Intermissionszeit haben nur f\u00fcr den speciellen Fall einen Sinn, dass ein Reiz successive und periodisch unterbrochen wird.\n1)\tStatt zwei gleich gro\u00dfer Sectoren wurden ausnahmsweise auch vier gleich gro\u00dfe angewandt, was jedoch wegen des Einflusses der Contourenbewegung eme nicht unerhebliche Fehlerquelle bedeutet. \u2014 Die Thatsachen und die Theorie der Contourenbewegung habe ich in meiner Arbeit \u00fcber die \u00bbTheorie des Taint sehen Gesetzes\u00ab (Philos.'Stud. Bd. XII, S. 279 ff.) behandelt. Auf diese Arbeit\nverweise ich auch hinsichtlich der zur Lehre von der intermittirenden Gesichtsreizung geh\u00f6rigen Litteratur.\n2)\tLeider sind dieselben, obgleich im Text der Kleiner\u2019schen Arbeit fortw\u00e4hrend auf sie verwiesen wird, dem Abdruck in der Z\u00fcricher Vierteljahrsschrift gr\u00f6\u00dftenteils nicht beigegeben.","page":107},{"file":"p0108.txt","language":"de","ocr_de":"108\nKar! Marbe.\nUm diese Frage zu beantworten, ben\u00fctzte ich wie auch zu allen andern im Folgenden mitzutheilenden Versuchen eine Collection von \u00fcber vierzig verschieden hellen grauen Papieren, die ich auf photographischem Wege hergestellt und deren Herstellungsmethode ich fr\u00fcher beschrieben habe *). Das hellste der ben\u00fctzten Papiere (d. i. wei\u00df) reflectirte ungef\u00e4hr dreizehnmal so viel Licht als das dunkelste (d. i. schwarz), was sich aus einer Reihe von Bestimmungen mittelst des Kirschmann\u2019sehen Photometers ergab. Die zwischen Wei\u00df und Schwarz liegenden ben\u00fctzten Helligkeiten der Papiere wurden so bestimmt: Eine wei\u00dfe und eine schwarze Scheibe von je 16 cm Durchmesser wurden auf dem Farbenkreisel (nach Maxwell) combi-nirt. Concentrisch \u00fcber denselben wurde diejenige graue Scheibe (Durchmesser =10 cm) befestigt, deren Intensit\u00e4t gemessen werden sollte. Dann wurden die beiden gro\u00dfen Scheiben so eingestellt, dass sie bei der Rotation dieselbe Helligkeit zeigten, wie die kleine. Bei der Einstellung gingen wir das eine Mal von einem deutlich hellem, das andere Mal von einem deutlich dunklern Werth aus. Die in den folgenden Tabellen mitgetheilten Helligkeitswerthe sind die Mittel aus beiden Ablesungen.\nAuf dem Rotationsapparat wurden nun 180 Grad Wei\u00df mit 180 Grad Grau (bezw. Schwarz) der Reihe nach combinirt: das Wei\u00df war bei den einzelnen Versuchen stets dasselbe, das Grau wurde variirt. Dann wurde im wesentlichen nach fr\u00fcher beschriebenen Methoden1 2) die Geschwindigkeit festgestellt, bei welcher die beiden Reize eine constante Empfindung erzeugten.\nAls treibende Kraft f\u00fcr den Rotationsapparat diente bei diesen sowie bei allen andern noch zu besprechenden Experimenten ein Elektromotor mit einem von Ad. Fick construirten exacten Regulator3).\n1)\tNeue Methode zur Herstellung homogener grauer Fl\u00e4chen von verschiedener Helligkeit. Zeitschr. f. Psychol, u. Physiol, d. Sinnesorg. Bd. XII (1896) S. 62 f.\n2)\tZur Lehre von den Gesichtsempfindungen, die aus successiven Reizen resultiren. Philos. Stud. Bd. IX, S. 389 ff. : \u00bbBei den Versuchen mit constanter Beleuchtung wurde folger^lerm\u00dfen verfahren ...\u00bb Die Ablesungen bezogen sich auf die Zeit f\u00fcr 500 Scheibenumdrehungen.\n3)\tDer Regulator ist beschrieben in der Dissertation von Bradt: lieber die W\u00e4rmebildung bei summirten Zuckungen des Muskels. W\u00fcrzburg, Etlinger\u2019s Buchdruckerei 1893, S. 13 ff.","page":108},{"file":"p0109.txt","language":"de","ocr_de":"Neue Versuche \u00fcber interinittireude Gesichtsreize.\n109\nDie Resultate der Versuche veranschaulicht folgende Tabelle 1 ynd die aus ihr resultirende Curve 1. Die Werthe f\u00fcr die kritischen Periodendauern bedeuten in Tabelle 1 wie in allen folgenden Tabellen Tausendstelsecunden. In Curve 1 sowie in allen folgenden Curven sind die kritischen Periodendauern auf den Ordinaten abgetragen, w\u00e4hrend die ihnen entsprechenden Reizunterschiede (Curve 1) bezw. subjectiven Unterschiede (Curve 2 u. 3) auf den Abscissen abgetragen sind.\nCurve 1.\nTabelle 1.\nBeob.: Prof. K\u00fclpe.\n70,0\nCombinirte Reize\tUnterschied der beiden Reize\tKritische Perioden- dauer\n13 u. 12,7\t0,3\t94,0\n13 u. 10,1\t2,9\t26,0\n13 u. 9,8\t3,2\t24,4\n13 u. 7,5\t5,5\t22,4\n13 u. 4,0\t9,0\t20,0\n13 u. 2,7\t10,3\t19,6\n13 u. 1,7\t11,3\t18,8\n13 u. 1,2\t11,8\t19,2\n13 u. 1,0\t12,0\t19,2\nDer aus den Kleiner\u2019schen Beobachtungen resultirende, oben aufgestellte Satz \u00fcber den Verlauf der zusammengeh\u00f6rigen kritischen Periodendauern und Reizunterschiede gilt, wie aus Tabelle und Curve 1 zu ersehen ist, auch wenn die mittlere St\u00e4rke der beiden Reize mit zunehmendem Reizunterschiede abnimmt. Uebrigens ist die vorstehende Curve den aus den Kleiner\u2019schen Tabellen resultirenden im nncip durchaus \u00e4hnlich. Wir kommen daher zu dem Schluss, dass as Gesetz \u2014 \u00bbwenn der Unterschied zweier Reize von Null an stetig","page":109},{"file":"p0110.txt","language":"de","ocr_de":"110\nKarl Marbe.\nw\u00e4chst, nimmt die kritische Periodendauer zuerst sehr schnell, dann immer langsamer und zuletzt fast gar nicht mehr ab\u00ab \u2014 unabh\u00e4ngig von der mittleren Intensit\u00e4t der beiden Reize gilt.\nWeil nun diese Beziehung unabh\u00e4ngig von der Gr\u00f6\u00dfe der beiden Reize gilt, so muss sie ebenso wie f\u00fcr Reizunterschiede auch f\u00fcr subjective Unterschiede gelten. Dass sie ohne R\u00fccksicht auf die mittlere Reizintensit\u00e4t oder (was dasselbe sagen will) die Thatsachen der Unterschiedsempfindlichkeit besteht, bedeutet nichts anderes, als dass man das fragliche Gesetz ohne einen erheblichen Fehler statt auf die objectiven Unterschiede auf die suhjectiven beziehen kann. Es muss also auch folgender Satz g\u00fcltig sein: Wenn man einen suhjectiven Unterschied von Null an stetig wachsen l\u00e4sst, so nimmt f\u00fcr die den suhjectiven Unterschieden entsprechenden Reize die kritische Periodendauer zuerst sehr schnell, dann immer langsamer und zuletzt fast gar nicht mehr ah.\nDie Richtigkeit dieser Ueberlegung wurde durch Versuche gepr\u00fcft. Auf einer gro\u00dfen wei\u00dfen Fl\u00e4che wurden nach der Methode der mittleren Abstufungen eine ganze Reihe subjectiver Helligkeitsunterschiede von bekanntem Verh\u00e4ltniss hergestellt. Zwischen zwei Reizen wurde der scheinbar in der Mitte liegende Werth gefunden, indem wir in minimalen Abstufungen einmal von dem dunklern, dann von dem hellem der beiden Normalreize ausgingen. Stie\u00dfen wir mittelst dieser Methode auf zwei verschiedene Mittelwerthe, so wurden beide als gleichwerthig betrachtet und beide den weitern Untersuchungen zu Grunde gelegt. Dann wurden zwischen den subjective Helligkeitsunterschiede von bekanntem Verh\u00e4ltniss repr\u00e4sen-tirenden Reizen die kritischen Periodendauem gebildet. Hierbei war der Rotationsapparat vor derselben wei\u00dfen Fl\u00e4che aufgestellt, auf welcher vorher nach der Methode der mittleren Abstufungen die Helligkeitsstufen ausgew\u00e4hlt worden waren. Die Resultate dieser Untersuchungen sind aus folgenden Tabellen (2, 3) und Curven (2, 3) ersichtlich.","page":110},{"file":"p0111.txt","language":"de","ocr_de":"Neue Versuche \u00fcber interinittirende Gesichtsreize.\ntu\nTabelle 2. Beob. : Verfasser.\nCurve 2.\nCombinirte Reize\t\tReiz- unter- schied\tSubjectiv. Hellig- keits- unter- schied\tKritische Perioden- dauer\n1 u.\tb7\t0,7\t1\t29,6\n1 u.\t1,8\t0,8\t1\t26,4\n1 u.\t2,6\t1,6\t2\t26,0\n1 u.\t3,4\t2,4\t3\t24,0\n1 u.\t3,7\t2,7\t3\t23,6\n1 u.\t4,8\t3,8\t4\t23,2\n1 u.\t5,2\t4,2\t4\t22,0\n1 u.\t7,4\t6,4\t6\t21,6\n1 u.\t13,0\t12,0\t8\t21,2\nTabelle 3. Beob.: Verfasser.\nCombinirte Reize\tReiz- unter- schied\tSubjectiv. Hellig- keits- unter- schied\tKritische Perioden- dauer\n13 u. 7,4\t5,6\t2\t23,6\n13 u. 5,2\t7,8\t4\t21,6\n13 u. 4,8\t8,2\t4\t21,6\n13 u. 3,7\t9,3\t5\t21,2\n13 u. 3,4\t9,6\t5\t21,2\n13 u. 2,6\t10,4\t6\t21,6\n13 u. 1,8\t11,2\t7\t21,2\n13 u. 1,7\t11,3\t7\t21,6\n13 u. 1,0\t12,0\t8\t21,6\n1\t\t\t\t\t\n1 1 1 1 l 1\t\t\t\t\t\n\t\t\t\t\t\n1\t\t\t\t\t\n\\\t\\\t\t\t\t\n\t\t\t\t\t\n\tV\t\t\t\t\n\t\t\t\t\t\n\t\t\\\tX\t?\t\n' \u00fb 7\t2 3 V 5 6\t7\t8 a IO 1! 12\nCurve 3.\nTabellen und Curven best\u00e4tigen die Richtigkeit der Ueberlegung, die zu ihrer Mittheilung Veranlassung gab: der aus den Kleiner-schen Tabellen abgeleitete\nSatz besteht in Beziehung auf die subjectiven wie auf die objectiven Unterschiede. Er gilt auch hinsichtlich der subjectiven Unterschiede Unabh\u00e4ngig vom Verlauf der mittleren Intensit\u00e4t; denn diese nimmt","page":111},{"file":"p0112.txt","language":"de","ocr_de":"112\nKarl Marbe.\nin Tabelle 3 mit wachsenden subjectiven Unterschieden ab, w\u00e4hrend sie in Tabelle 2 mit wachsenden subjectiven Unterschieden steigt. Es fragt sich nun, ob die kritischen Periodendauern durch die subjectiven oder durch die objectiven Unterschiede bestimmt werden.\nIn Tabelle 3 wachsen die subjectiven Unterschiede von 2 bis 8, w\u00e4hrend die kritischen Periodendauem von 23,6 bis 21,6 abnehmen. In Tabelle 2 aber entsprechen den zwischen 2 und 8 verlaufenden subjectiven Unterschieden kritische Periodendauern, die zwischen 26,0 und 21,2 liegen. Den gleichen subjectiven Unterschieden entsprechen alstxin Tabelle 3 kleinere und unter sich weniger verschiedene kritische Periodendauern als in Tabelle 2. Die kritischen Periodendauern werden daher nicht durch die subjectiven Unterschiede bestimmt.\nDies zeigt auch folgende Tabelle, die sich auf Versuche bezieht, in denen subjectiv gleiche Unterschiede auf verschiedenen Gebieten der Reizscala hergestellt wurden.\nTabelle 4.\nBeob. : Prof. K\u00fclpe.\nCombinirte Reize\tReizunter- schied\tSubjectiver Helligkeits- unterschied\tKritische Perioden- dauer\n1 u. 3,3\t2,3\t2\t24,8\n3,3 u. 13,0\t9,7\t2\t21,6\n1,4 u. 3,3\t1,9\t1\t24,2\n3,3 u. 6,6\t3,3\t1\t22,0\nWie steht es nun mit den objectiven Unterschieden? In Tabelle 4 nehmen die kritischen Periodendauern mit wachsenden objectiven Unterschieden ab. In Tabelle 3 sind die objectiven Unterschiede gr\u00f6\u00dfer und weniger verschieden als die den gleichen subjectiven Unterschieden entsprechenden objectiven Unterschiede von Tabelle 2. Analog sind in Tabelle 3 die kritischen Periodendauern k\u00fcrzer und im Mittel weniger verschieden als in Tabelle 2. Die kritischen Periodendauern scheinen also eher durch die objectiven Unterschiede bestimmt zu werden.","page":112},{"file":"p0113.txt","language":"de","ocr_de":"Neue Versuche \u00fcber iutermittirende Gesichtsreize.\n113\nDass dies in der That ungef\u00e4hr zutrifft, beweist folgende Tabelle, welche zeigt, dass gleichen Reizunterschieden ungef\u00e4hr gleiche kritische Periodendauern entsprechen.\nTabelle 5.\nBeob. :\tProf. K\u00fclp\te.\nCombinirte Reize\tReiz- unterschied\tKritische Perioden- dauer\n1 u. 7\t6\t22,4\n7 u. 13\t6\t22,2\n1 u. 4\t3\t23,2\n4 u. 7\t3\t23,2\n7 u. 10\t3\t23,0\n10 u. 13\t3\t22,8\nDie kritischen Periodendauern werden daher wesentlich durch die objectiven Unterschiede bestimmt.\nDieses Ergehniss scheint nun im Widerspruch zu stehen mit dem fr\u00fcher von mir vertretenen Satz, dass die Verschmelzung zweier Reize um so leichter eintritt, je gr\u00f6\u00dfer die mittlere Intensit\u00e4t derselben ist1). Ich habe diesen Satz abgeleitet aus der Thatsache, dass es f\u00fcr die Verschmelzung g\u00fcnstiger ist, wenn von zwei successiv-periodischen Reizen der intensivere zeitlich \u00fcberwiegt, als wenn der weniger intensive \u00fcberwiegt, und ich habe ihn aus den Thatsachen der Unterschiedsempfindlichkeit zu erkl\u00e4ren versucht.\nIch muss den alten Satz auch dem neuen Befund gegen\u00fcber theil-weise aufrecht halten. Zwar wird man der Art, wie ich jenen abgeleitet habe, vielleicht entgegenhalten, das zeitliche Ueberwiegen des mtensiveren Reizes k\u00f6nne als solches ein die Verschmelzung beg\u00fcnstigendes Moment bedeuten. Wenn man daher vielleicht meine fr\u00fchere Deduction nicht f\u00fcr \u00fcberzeugend halten wird, so muss man doch weiterhin bedenken, dass ein objectiver Unterschied zwischen Zwei schwachen Reizen in vielen F\u00e4llen deutlich bemerkbar ist, w\u00e4h-rend derselbe objective Unterschied f\u00fcr zwei st\u00e4rkere Reize unter der\n1) Theorie des Talbot\u2019schen Geteszes a. a. O. S. 281.\nW\u00efndt, Philos. Studien XIII.\t8","page":113},{"file":"p0114.txt","language":"de","ocr_de":"114\nKarl Marbe.\nSchwelle liegt. In diesem Fall w\u00fcrde die kritische Periodendauer unendlich gro\u00df (oo) sein, in jenem m\u00fcsste sie einen endlichen Werth haben. Die Thatsachen der Unterschiedsempfindlichkeit m\u00fcssten also hiernach allerdings f\u00fcr den wirklichen Werth der kritischen Periodendauer in Betracht kommen, und mit wachsender Intensit\u00e4t m\u00fcsste die kritische Periodendauer zunehmen.\nDer Widerspruch l\u00f6st sich vielleicht so, dass in speciellen F\u00e4llen (also vielleicht, wenn es sich um zwei intensiv constante Beize handelt, deren relative Dauern variirt werden, oder sicherlich, wenn es sich um Beizunterschiede, die in das Gebiet der Unterschiedsschwelle fallen, handelt) die mittlere Intensit\u00e4t die kritische Periodendauer im angegebenen Sinne beeinflusst. In jedem Fall folgen die kritischen Periodendauern im wesentlichen den objectiven und nicht den subjectiven Unterschieden.\nDieser Satz macht es wahrscheinlich, dass die Thatsachen der intermittirenden Gesichtsreizung in andern Theilen des Nervensystems ihr physiologisches Substrat finden, als die der Unterschiedsschwelle. Nimmt man dies an, so wird man nat\u00fcrlich diese mehr central, jene mehr peripher localisiren. Weil gleichen Beizunterschieden ungef\u00e4hr gleiche kritische Periodendauern entsprechen, wird man vielleicht weiterhin schlie\u00dfen d\u00fcrfen, dass gleichen Beizunterschieden gleiche periphere Erregungen entsprechen, und dass dieses Verh\u00e4ltniss nach dem Centrum hin im Sinne der bekannten Thatsachen der Unterschiedsempfindlichkeit modificirt wird. Indessen m\u00f6chte ich auf diese Ausblicke nicht allzu gro\u00dfen Werth legen.\nZum Schl\u00fcsse fasse ich die thats\u00e4chlichen Ergebnisse dieser Arbeit zusammen:\n1)\tMit zunehmendem Unterschied zweier Beize nimmt die kritische Periodendauer zuerst sehr schnell, dann langsamer und zuletzt fast gar nicht mehr ab.\n2)\tSatz 1 gilt unabh\u00e4ngig davon, ob die mittlere Intensit\u00e4t mit zunehmendem Beizunterschied steigt oder f\u00e4llt. Er gilt ferner nicht nur f\u00fcr Beizunterschiede, sondern auch f\u00fcr subjective Unterschiede und ohne B\u00fccksicht auf die den subjectiven Unterschieden entsprechenden mittleren Beizintensit\u00e4ten.\n3)\tDie Werthe der kritischen Periodendauern werden im wesent-","page":114},{"file":"p0115.txt","language":"de","ocr_de":"Nene Versuche \u00fcber intermiftirende Gesichtsreize.\n115\nliehen durch die objectiven, nicht durch die subjectiven Unterschiede der beiden Reize bestimmt.\n4) Gleichen objectiven Unterschieden entsprechen ungef\u00e4hr gleiche kritische Periodendauem.\nVorstehende Untersuchungen sind im physiologischen Institut der Universit\u00e4t W\u00fcrzburg ausgef\u00fchrt worden. F\u00fcr das allseitige Entgegenkommen des Directors Herrn Prof. Ad. Fick und des Assistenten Herrn Dr. Schenck gestatte ich mir auch an dieser Stelle meinen aufrichtigsten Dank zu sagen.\n8*","page":115}],"identifier":"lit4254","issued":"1898","language":"de","pages":"106-115","startpages":"106","title":"Neue Versuche \u00fcber intermittirende Gesichtsreize","type":"Journal Article","volume":"13"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T12:26:05.523489+00:00"}